Heißer als die Wüstensonne

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Vor acht Jahren hat Roxanne Prinz Haidar verlassen, obwohl es ihr das Herz zerriss. Die Intrigen seiner Mutter waren schon schlimm, aber viel schlimmer wog der Vertrauensbruch des stolzen Wüstensohns. Nun steht Roxanne ihm als Diplomatin gegenüber und ist geblendet von seiner männlichen Aura. Wieder gibt sie seinem Werben nach und vergeht fast vor Lust. Denn Haidar weckt ein Verlangen in Roxanne, das nur er stillen kann. Doch kann sie seinen Liebesschwüren diesmal glauben - oder braucht er sie nur, um auf den umkämpften Thron seiner Heimat zu kommen?


  • Erscheinungstag 22.04.2014
  • Bandnummer 1816
  • ISBN / Artikelnummer 9783733720384
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

PROLOG

Vor vierundzwanzig Jahren

Der Schlag traf Haidars Gesicht mit voller Wucht.

Doch ehe er auch nur Luft holen konnte, fing er schon die zweite Ohrfeige ein, diesmal mit dem Handrücken. Dabei schrammte der kostbare, geschliffene Stein eines Rings über seine Wange und hinterließ einen blutigen Kratzer. Benommen hörte Haidar die Vorwürfe, die auf ihn niederprasselten, und sein Kopf flog hin und her von den Schlägen, die er empfing. Einer davon ließ ihn zu Boden gehen. Tränen brannten in der frischen Wunde und mischten sich mit Blut.

Von oben kam eine ruhige Stimme: „Wenn du weiterheulst, Haidar, lasse ich dich in den Turm werfen. Für eine ganze Woche.“

Er schluckte und sah auf zu jenem Menschen, den er mehr als alles auf der Welt liebte. Warum tat sie ihm das an?

Bisher hatte seine Mutter ihn noch nie geschlagen. Nicht einmal einen Klaps auf die Hand hatte sie ihm gegeben oder ihn am Ohr gezwickt, wie sie es mit seinem Zwillingsbruder Jalal zu tun pflegte. Er war ihr erklärter Liebling, und sie bevorzugte ihn offen in jeder Hinsicht.

Doch seit einiger Zeit reagierte sie oft ungehalten auf ihn, obwohl er sich keiner Schuld bewusst war oder sich sogar eingebildet hatte, etwas ganz besonders Lobenswertes getan zu haben. Ihr Verhalten verwirrte ihn. Nichts jedoch hatte ihn auf diesen Ausbruch von eiskalter Wut vorbereitet, der ihn nun traf. Dabei hatte er angenommen, dass seine Mutter voller Lob für ihn sein würde.

Aus ihrer majestätischen Höhe schaute sie auf ihn herab und kam ihm vor wie eine Rachegöttin. „Hör auf mit dem Gejammer. Dummheit muss bestraft werden. Steh auf und bekenne dich zu dem, was du getan hast, wie es dein Zwillingsbruder auch getan hätte. Mit Würde und Mut.“

Fast wäre Haidar mit der Wahrheit herausgeplatzt – dass es nämlich Jalal und Cousin Rashid waren, die bestraft werden müssten. Er hatte die beiden vor dem „Experiment“ gewarnt, bei dem sie das Zimmer im Palast in Brand gesetzt und die Party zum zehnten Geburtstag der Zwillingsbrüder ruiniert hatten.

Jalal und Rashid waren wild und ungezogen, ganz im Gegensatz zu ihm selbst, und hatten längst jede Chance auf mildernde Umstände bei den Eltern verspielt. Ihre Strafe wäre hart gewesen. Da Haidar sich fast nie etwas zuschulden kommen ließ, hatte er vorgegeben, das Feuer verursacht zu haben. Sein Vater hatte ihn wie üblich nur gemaßregelt und die Sache damit als erledigt betrachtet. Mit der heftigen Reaktion seiner Mutter hatte Haidar nicht gerechnet.

In ihrem Blick las er, dass sie genau wusste, wer den Unfug angezettelt hatte. Also erwartete er Lob statt Tadel. Jetzt prasselten Schläge auf ihn ein, die auch sein Vater, König von Zohayd, der sich einmischen wollte, nicht verhindern konnte.

Zitternd stand Haidar auf und fasste sich an die blutende Wange. Seine Mutter schlug seine Hand weg.

„Geh zu deinem Bruder und deinem Cousin und bitte sie um Verzeihung, weil du deine Tat nicht gleich gestanden hast. Fast hätten sie statt deiner die Strafe erleiden müssen.“

Ungläubig und zutiefst erschüttert sah er zu ihr auf. Sich entschuldigen? Vor allen Anwesenden? Vor den Eltern, den Dienstboten, den anwesenden … Mädchen?

Seine Mutter packte mit harter Hand sein Kinn. „Los, wird’s bald?“ Sie schubste ihn in Richtung Jalal und Rashid, die betreten dastanden. „Jalal! Rashid! Schaut Haidar ins Gesicht.“ Alles Mütterliche war von Königin Sondoss von Zohayd abgefallen. Ihre Stimme hallte durch den Festsaal. „Er soll um eure Vergebung flehen müssen, und zwar in aller Öffentlichkeit.“

Die beiden Jungen sahen verlegen zu Haidar, der jetzt von seiner Mutter einen Schlag auf den Hinterkopf erhielt, damit er sich in Bewegung setzte. „Los, bitte sie um Entschuldigung und erkläre, dass du nie mehr so etwas Idiotisches tun wirst.“

Mit hochroten Wangen trat er vor seinen Zwillingsbruder und seinen Cousin und wiederholte stockend die Worte seiner Mutter.

„Ich war es doch gar nicht!“, rief Haidar, während seine Mutter den Kratzer auf seiner Wange verarztete. Allein mit ihr in ihrer Palastsuite, war er entschlossen, sich von der Schuld, die auf ihm lastete, reinzuwaschen.

Sie lächelte ihn liebevoll an und küsste die Wunde, die sie ihm zugefügt hatte. „Das weiß ich doch. Ich weiß alles. Zumindest über euch drei.“

„Aber … aber warum?“

Zärtlich umfasste sie sein Kinn. „Ich musste dir eine Lektion erteilen, Haidar. Weder dein Bruder noch dein Cousin sind dir zu Hilfe gekommen. Jetzt weißt du, dass niemand verdient hat, dass du für ihn in den Ring springst. Du darfst keinem trauen, hörst du? Und außerdem kennst du jetzt das Gefühl der Erniedrigung und wirst in Zukunft alles vermeiden, was dich noch einmal in so eine Situation bringen könnte.“

In seinem Kopf wirbelten die Gedanken durcheinander, und er versuchte, ihre Worte zu verstehen. Alles in ihm widerstrebte ihren Argumenten – aber hatte sie nicht immer recht?

Sie kniete sich neben ihn und nahm ihn in die Arme. „Du bist mein Ein und Alles, und ich werde zu verhindern wissen, dass dir jemand wehtut. Wenn du groß bist, wirst du ein Mann sein, der alles bekommt, was er will. Die Welt wird dir zu Füßen liegen. Verstehst du nun, weshalb ich dich schlagen musste?“

Die großartige Zukunft, die sie für ihn ausmalte, verlockte und verwirrte ihn gleichermaßen. Schließlich nickte er, aber nur, um endlich allein sein zu dürfen. Denn er musste nachdenken.

Sanft strich sie ihm übers Haar und flüsterte: „So ist es recht, mein Junge.“

Vor acht Jahren

„Du bist genau wie Mutter.“

Haidar wäre bei diesen Worten fast schmerzlich zusammengezuckt. Offenbar kannte Jalal genau seinen wunden Punkt. Schon lange hatten er und sein Bruder begriffen, was ihre Mutter in Wirklichkeit gewesen war. Eine dämonische Frau. Die böse Königin. Daran konnten auch seine tiefen, ehrlichen Gefühle für sie nichts ändern. Ihren Titel „Dämonin“ hatte sie sich verdient.

Jahrelang hatte sie ihre Schönheit, ihre Intelligenz und ihre vielfältigen Talente nur als tödliche Waffen im Spiel um die Macht eingesetzt. Das Wort Gnade kannte sie nicht. Anstatt ihre Qualitäten einzusetzen, um loyale Mitstreiter zu gewinnen und Gutes zu tun, arbeitete sie mit Einschüchterung, Zwang und Bestechung. Dass sie sich viele Feinde machte, schien ihr zu gefallen. Und dass ihr Ehemann, der König, zu ihren größten Feinden gehörte, war für sie bloß eine Herausforderung. Früher hatte Haidar sich oft gefragt, ob sie überhaupt ein menschliches Wesen war.

Schlimmer jedoch war, dass er mit der Zeit herausfand, wie sehr er ihr in vielem ähnelte. Es war ihr gelungen, das Gift ihres Herzens auch in seines zu träufeln, und er fürchtete sich davor, dass es ihm eines Tages nicht mehr gelingen würde, die schlechten Seiten in ihm zu unterdrücken.

Nun warf ihm Jalal vor, der getreue Sohn seiner Mutter zu sein, und das zu einem Zeitpunkt, an dem er gehofft hatte, ihrem Dunstkreis endlich entronnen zu sein. Denn seit er Roxanne kannte, hatte sich alles in seinem Leben verändert …

„Nein, es stimmt nicht“, fuhr Jalal fort. „Du bist schlimmer als sie. Dabei dachte ich, das sei gar nicht möglich.“

„Du redest, als sei sie ein Monster.“

Äußerlich waren sich die beiden Zwillinge sehr unähnlich, und auch ihre Persönlichkeit war sehr verschieden. Bisher hatten sie nur selten über ihre Mutter gesprochen, eigentlich redeten sie sowieso kaum noch miteinander.

Jalal zuckte die Achseln. Es war eine nonchalante Geste, doch die geballte Wut, die dahintersteckte, war unverkennbar und erinnerte Haidar daran, dass sein Bruder im Gegensatz zu ihm ab und zu die Fäuste zu Hilfe nahm.

„Trotzdem liebe ich sie“, sagte Jalal. „Einfach, weil sie meine Mutter ist. Dagegen kann ich mich nicht wehren. Gegen dich schon. Hier lasse ich dir deine Herzlosigkeit nicht durchgehen.“

Der alte Konkurrenzkampf, der zwischen den Zwillingsbrüdern immer bestanden hatte, gewann die Oberhand, und Haidar antwortete scharf: „Ist das deine Strategie? Getreu dem alten Sprichwort ‚Schrei deinen Feind so lange an, bis er dich schlägt‘?“

„Du bist doch derjenige, der nach dem Motto handelt: ‚Hau drauf und renn heulend weg, greif an und schrei um Hilfe‘.“

Jalals Kritik traf ihn. „Ich hätte nicht gedacht, dass du ein so schlechter Verlierer sein würdest. Roxanne hat mich genommen, akzeptier das doch einfach.“

„Du hast nur gewonnen, weil du mit unlauteren Mitteln gearbeitet hast. Sie ist die Betrogene.“

Nur mit Mühe konnte Haidar sich beherrschen. „Eine sehr schwache Ausrede dafür, dass du versucht hast, sie mir auszuspannen. Wir wissen beide, dass ich jede Frau haben kann.“

„Roxanne hättest du nicht bekommen, denn sie weiß genau, wie eiskalt du bist. Was hast du ihr vorgespielt, dass sie irgendwann dachte, du seist der Märchenprinz?“

Obwohl in einem männlich dominierten Umfeld aufgewachsen, hatte Haidar nie körperliche Gewalt angewandt, um einen Streit auszutragen. Immer unterdrückte er sein Temperament und bediente sich stattdessen kalter Überlegenheit, um seine Gegner auszumanövrieren. Jetzt allerdings sehnte er sich danach, in Jalals attraktives Gesicht einen gezielten Faustschlag zu platzieren.

Doch er riss sich zusammen. „Fakt ist – Roxanne gehört mir.“

„So behandelst du sie auch. Wie deinen persönlichen Besitz. Schlimmer noch – wie ein schmutziges Geheimnis. Du zwingst sie sogar, eure Beziehung vor ihrer Mutter geheim zu halten und zuzusehen, wie du mit all den anderen Frauen ausgehst, die du angeblich mit einem Fingerschnippen haben kannst. Du behauptest, das tätest du nur, um Roxanne zu schützen, aber ich nehme an, es bringt sie fast um, selbst wenn sie dir deine Lügen glaubt. Wie müsste es sie dann erst treffen, wenn sie wüsste, dass sie nur ein Spielzeug für dich ist, eines, das du benutzt, um dein monströses Ego zu bedienen?“

Fast wäre Haidar explodiert, doch dann erwiderte er nur kühl: „Und du weißt alles über ihre Gefühle, weil du ja ihr selbstloser, selbst ernannter ‚bester Freund und Vertrauter‘ bist? Weiß sie, dass du ihr nur deswegen so geduldig zuhörst und mit ihr Squash spielen gehst, weil du hoffst, sie ins Bett zu kriegen? Kannst du vergessen, Jalal, denn Roxanne bevorzugt mein Bett. Dauerhaft.“

„Sehr galant von dir, es in alle Welt hinauszuposaunen.“

„Nicht in alle Welt. Du weißt sowieso, dass wir miteinander schlafen. Trotzdem versuchst du, sie anzumachen.“

„Du willst sie gar nicht wirklich“, fuhr Jalal ihn aufgebracht an. „Du hast sie doch nur verführt, weil du mir eins auswischen wolltest. Sie ist bloß eine Schachfigur in einem deiner vielen Machtspielchen.“

„Hast du vergessen, dass du es warst, der dieses ganz spezielle Spiel begonnen hat?“

„Ich hatte diese blödsinnige Wette sofort wieder vergessen. Aber du nicht. Du hast so getan, als hinge alles davon ab, dass du gewinnst. Wie immer. Und dann hast du Roxanne belagert, bis du sie hattest.“

„Und jetzt willst du sie vor mir retten? Damit sie mit dir glücklich werden kann? Gibst du das zu?“

Jalal zischte: „Du wirst sie nicht länger missbrauchen.“

Wut und über all die Jahre gut genährte Rivalität mit seinem Zwillingsbruder übermannten Haidar fast. Aber er beherrschte sich, und statt zuzuschlagen, forderte er Jalal heraus. „Wie willst du das verhindern?“

Jalal warf ihm einen feindseligen Blick zu. „Ich sage ihr die Wahrheit.“

„Viel Glück“, war alles, was Haidar darauf erwiderte. Schon oft hatte er gespürt, wie tief Jalals Abneigung gegen ihn ging. Aber so wie heute hatte er ihn noch nie erlebt.

„Du bist ein Zerstörer, Haidar. Leider hast du von unseren beiden Familien nur die schlechtesten Eigenschaften geerbt. Du bist intrigant und neiderfüllt, kalt und herrschsüchtig, und das treibt dich dazu, um jeden Preis gewinnen zu wollen, egal, was es kostet. Es wird Zeit, dass du Roxanne dein wahres Gesicht zeigst.“

Haidar ballte die Fäuste. „Dein Plan hat einen kleinen Schönheitsfehler. Wenn du Roxanne dazu bringst, mich zu hassen, wird sie auch dich nie wiedersehen wollen.“

„Damit kann ich leben, wenn ich sie nur aus deinen Fängen befreie.“

An diesem Punkt verlor Haidar die Beherrschung. „Wenn du es ihr sagst, dann sieh dich vor, dass du mir nie wieder unter die Augen kommst, Jalal!“, brüllte er seinen Bruder an.

„Auch damit kann ich leben“, gab Jalal kühl zurück.

Eine Tür wurde geräuschvoll geschlossen, und die Brüder fuhren herum.

Roxanne.

Als sie das Zimmer durchquerte, beschleunigte sich Haidars Puls. Er brauchte sie bloß zu sehen, um sie zu begehren, und sein Verlangen wurde von Mal zu Mal stärker. Dabei hatte er angenommen, dass es nur eine Affäre sein würde, eine, die sich abnutzte wie alle anderen zuvor. Ehe er Roxanne begegnet war, hatte er überhaupt keine Ahnung gehabt, wie tief seine Gefühle für eine Frau sein konnten, wie stark die gegenseitige Anziehungskraft, wie leidenschaftlich jede Vereinigung.

Diese Frau war so heiß und so schön, so temperamentvoll und so erfolgreich in ihrem Job. Und sie gehörte ihm.

Jetzt war der Moment, da er es ein für alle Mal beweisen musste.

Dass Roxanne vielleicht heimlich in Jalal verliebt sein könnte, brachte ihn fast um den Verstand. Die Bemerkung über Jalals Vertrautheit mit Roxanne, die seine Mutter neulich hatte fallen lassen, überschattete seitdem jedes seiner Treffen mit der Geliebten. Panik hatte ihn allerdings erst ergriffen, als er herausfand, dass Roxanne sich Jalal auf eine Weise anvertraut hatte, wie sie es ihm gegenüber niemals tat. An diesem Punkt sah er rot und beschloss, die beiden mit seinem Verdacht zu konfrontieren.

Jalal hatte nun die Karten auf den Tisch gelegt.

Doch das war Haidar gleichgültig, solange Roxanne sich für ihn entschied. Wie es unweigerlich geschehen würde.

Forschend suchte er in ihrem Blick nach jener Leidenschaft, die immer aufblitzte, sobald sie sich begegneten. Doch sie schaute durch ihn hindurch und zu Jalal.

Haidar stürmte auf sie zu und packte ihren Arm. „Sag Jalal, dass er sich nicht zwischen uns drängen darf, egal, was er für dich empfindet. Sag ihm, dass du mir gehörst.“

Mit versteinerter Miene schaute sie ihn an, dann schlug sie seine Hand weg. „Hast du mir deswegen befohlen, mich nicht mehr mit Jalal zu treffen? Wie kannst du nur so ekelhaft sein!“

„Ekelhaft? Weil ich gemerkt habe, dass Jalal verliebt in dich ist und sich eingebildet hat, er könne dich mir wegnehmen? Ich musste das im Keim ersticken.“

„Es ist mir völlig egal, was du gemerkt zu haben meinst. Was fällt dir ein, mich herzubeordern, als sei ich einer deiner Lakaien? Glaubst du etwa, du kannst mir befehlen, wen ich zu mögen, mit wem ich mich zu verabreden habe? Ich werde niemals nachbeten, was du mir vorschreibst. Und wenn du denkst, du hättest irgendeinen Anspruch auf mich, dann irrst du dich gewaltig.“

„Ich habe einen Anspruch auf dich, Roxanne. Schließlich teilst du das Bett mit mir. Du hast gesagt, du liebst mich.“

„Erinnere dich bitte an die Situation, in der mir das herausgerutscht ist“, fauchte sie ihn an. Er hatte sie mehrmals bis zur Ekstase geliebt, und sie war fast verrückt vor Lust gewesen. „Aber danke, dass du jetzt für Klarheit sorgst. Ich werde in die Vereinigten Staaten zurückkehren und hatte mich schon gefragt, wie ich es dir schonend beibringen kann. Männer wie du nehmen es immer so persönlich, wenn es die Frau ist, die geht. Ich vermutete, du als Prinz zweier Königreiche und mit einem doppelt so großen Ego gesegnet, würdest ziemlichen Stress machen.“

Er schüttelte den Kopf. „Hör auf.“

„Genau“, bemerkte sie gelassen. „Hören wir auf. Du warst ein prima Kandidat für eine nette Affäre. Da ich aber nach Hause zurückkehre, ist unser kleines Intermezzo nun zu Ende. Meine Bedürfnisse im Bett sind, wie du weißt, sehr groß, und egal, wie gut du als Liebhaber bist, habe ich nicht vor zu warten, bis du mal vorbeikommst. Ich werde mir einen neuen Lover suchen. Oder zwei. Oder drei.“

Sie holte tief Luft, bevor sie zum Todesstoß ausholte: „Einen Tipp gebe ich dir allerdings – vermeide es bei deiner neuen Spielgefährtin, Besitzansprüche zu stellen. Das törnt voll ab. Mir zum Beispiel fällt es schwer, mich freundlich von dir zu verabschieden. Du denkst, du hättest Macht über mich. Und genau das ekelt mich so an, dass ich dich nie wiedersehen will.“ Damit drehte sie sich um und verließ mit gemessenen Schritten den Raum.

Sobald sich die Tür des Penthouse hinter ihr geschlossen hatte, bemerkte Jalal: „Na, so was. Die Dame ist schlauer, als ich dachte. Offensichtlich hat sie dich auch nicht wirklich ernst genommen. Ich hätte mir wegen ihr keine Sorgen machen müssen.“

Haidar konnte sekundenlang keinen klaren Gedanken fassen. Dann schaute er Jalal fest in die Augen. „Aber um dich solltest du dir Sorgen machen. Und zwar genau dann, wenn du mir das nächste Mal über den Weg läufst.“

Sein Zwillingsbruder erwiderte den Blick kühl und erwiderte mit tödlichem Ernst: „Keine Angst. Höchste Zeit, mein Leben zu entgiften, indem ich mich von deiner Bekanntschaft befreie.“

Noch lange, nachdem Jalal gegangen war, starrte Haidar blicklos ins Leere. Es konnte doch nicht so enden!

Warum hatte Jalal ihm nicht einfach versichert, Roxanne sei tabu für ihn? Und warum hatte Roxanne seine Befürchtungen nicht einfach zerstreut? Dann wären er und sein Bruder jetzt nicht für immer entzweit, und er hätte nicht die Frau seines Lebens verloren. Beide waren ihm so wichtig, und beide hatten ihn verlassen.

Du darfst keinem trauen, hörte er die Worte seiner Mutter wie ein fernes Echo aus Kindertagen. Sie hatte recht gehabt.

Er hatte ihren Rat in den Wind geschlagen und war dafür hart bestraft worden. Dies würde ihm nie wieder passieren.

Niemals.

1. KAPITEL

In der Gegenwart

Es geschah nicht jeden Tag, dass einem Mann ein Königreich angeboten wurde. Und in Haidars Fall hätte es auch niemals geschehen dürfen. Doch die Bürger von Azmahar – oder zumindest jene Clans, zu denen ein Großteil der Bevölkerung gehörte – hatten genau das getan. Sie hatten ihre geschicktesten Vertreter zu Haidar gesandt, um ihn zuerst zu fragen, dann zu überreden, schließlich anzuflehen, als Kandidat in das Rennen um den frei gewordenen Thron des Königreichs einzusteigen.

Er dagegen hatte das alles zunächst überhaupt nicht ernst genommen, sondern nur so getan, als fühlte er sich geschmeichelt. Mit besorgter Miene hatte er sich die Argumente angehört, Fragen gestellt, Vorschläge für eine Wahlkampagne gemacht, die dem Königreich, das am Rand des Ruins stand, wieder eine gute Führung und eine Zukunft verschaffen sollte.

Als er endlich begriff, dass die Abgesandten ihm jedes Wort glaubten, war er wütend geworden. Denn – so schleuderte er ihnen entgegen – wie konnten sie einem Mann den Thron von Azmahar anbieten, dessen nächster Verwandter mütterlicherseits das Land an den Abgrund geführt hatte? Und dessen Verwandte väterlicherseits alles getan hatten, um auch den übrig gebliebenen Rest noch zu zerstören? Wie kamen sie auf die Idee, dass irgendjemand in Azmahar Interesse daran haben könnte, ihn, Haidar, auf dem Thron zu sehen?

Die Gesandten hingegen beteuerten, man würde ihn wie einen Retter willkommen heißen.

Absurd. Denn immerhin behauptete sein Zwillingsbruder, von dem er sich entfremdet hatte, er besäße sämtliche negativen Gene seiner Eltern, und in ihm wären diese Eigenschaften dazu noch auf übelste Weise mutiert. Die offiziellen Vertreter des Königreichs beharrten hingegen darauf, dass seine Abstammung mütterlicherseits aus Azmahar und väterlicherseits aus Zohayd ihn dafür prädestiniere, das Land aus dem Elend zu führen.

„König Haidar ben Atef al Shalaan“, murmelte er probeweise.

Es hörte sich vollkommen schwachsinnig an, und zwar nicht nur der Titel König. Auch der Rest schien falsch, als gehörte der Name al Shalaan schon lange nicht mehr zu ihm. Seine älteren Brüder aus der ersten Ehe seines Vaters, ja, die waren al Shalaans. Und sein Zwillingsbruder Jalal sah seinem Vater, dem König von Zohayd, wenigstens ähnlich. Er selbst dagegen hatte von Vaterseite nichts geerbt. Sowohl äußerlich als auch charakterlich war er eindeutig ein Spross der al Munsooris, jener Familie, der seine Mutter entstammte. Seine Mutter, die Dämonin.

Allerdings mittlerweile eine Dämonin außer Dienst.

Schade, dass man als Sohn nicht auch „außer Dienst“ gehen konnte. Schon seit seiner Geburt hatte seine Mutter dafür gesorgt, dass die al Shalaans keinen Einfluss auf ihn nehmen konnten. Der Clan, in den sie eingeheiratet hatte, war ihr Feind Nummer eins. Doch ihr kostbarer Sprössling, der ihr so ähnlich sah, sollte als ein al Munsoori aufwachsen.

Seinen Vornamen wählte sie daher mit Bedacht, während sie völlig vergaß, seinem wenige Minuten später geborenen Zwilling einen Namen zu geben. Das blieb ihrem Mann, dem König von Zohayd überlassen, und er nannte ihn Jalal, was so viel wie „Der Ruhmreiche“ bedeutete. Haidar war „Der Löwe“, und seine Mutter setzte alles daran, ihm den Weg zum Herrscher dreier Reiche zu ebnen. Durch Intrigen, durch Bestechung, durch Propaganda. Denn da sie selbst kein Mitglied der weitverzweigten Königsfamilie von Zohayd war, aus der sich die Ehefrauen der Könige meist rekrutierten, hatten ihre Söhne keinen Anspruch auf den Thron.

Ihr Plan war daher, Zohayd führungslos zu machen und sich selbst zur Regentin zu erheben. Neue Gesetze, die sie dann erlassen konnte, würden es ihren Söhnen ermöglichen, den Thron zu besteigen. Da Haidar der Ältere war, hatte er den Vorrang.

Noch zwei Jahre, nachdem ihre Verschwörung aufgeflogen war, schockierte Haidar die Rücksichtslosigkeit, mit der sie vorgegangen war. Sie hatte das Land an den Rand eines Kriegs gebracht!

Zunächst hatte sie die Kronjuwelen von Zohayd gestohlen, die Insignien der Macht, und hatte vorgehabt, sie Prinz Yusuf al Waaked zu geben, dem Herrscher des Nachbarstaates Ossaylan. Damit hätte er Anspruch auf den Thron von Zohayd gehabt. Ihr Mann wäre abgesetzt worden, Prinz Yusuf hätte sie geheiratet, die Macht übernommen, und da er nur eine Tochter besaß, wären Haidar und Jalal die Thronfolger geworden. Die Gefahr, dass Prinz Yusuf noch Kinder zeugte, bestand nicht, da er durch einen Unfall unfruchtbar geworden war. Die Dämonin hatte sich vergewissert.

Haidar nahm an, dass sie Yusuf hätte beiseiteschaffen lassen, sobald er König von Zohayd geworden war. Dann hätte sie ihren Bruder, den König von Azmahar, dazu getrieben, abzudanken – wie er es vor Kurzem tatsächlich getan hatte –, und hätte ihrem Erstgeborenen auf diese Weise ein Mega-Königreich verschafft: Zohayd, Azmahar und Ossaylan.

Die Dämonin war überzeugt, das einzig Richtige zu tun. Und das teilte sie Haidar auch mit, eiskalt und in freundlichstem Ton, als er sie bat, ihm zu sagen, wo sie die Kronjuwelen versteckt hatte. Haidar wollte sie zurückgeben und Frieden schaffen. Er sei auserwählt, behauptete sie, die Königreiche zu neuer Blüte zu führen. Und wenn dieses neue Goldene Zeitalter nur durch Chaos und Zerstörung erreicht werden könnte, dann sollte es eben so sein.

Vor den Konsequenzen ihres Handelns, falls sie scheitern sollte, fürchtete sie sich nicht im Geringsten. Alles, was sie tat, tat sie nur für ihren geliebten Haidar. Und er, da war sie sicher, würde sie in allem übertreffen.

Nun, laut Jalal hatte er das bereits erreicht.

Er hatte seiner Mutter viele Schändlichkeiten zugetraut, aber das Ausmaß ihrer „Maßnahmen“, die ihn zum König dreier Länder machen sollten, hatte ihn dann doch entsetzt. Ganz selbstverständlich ging sie davon aus, dass er voll auf ihrer Seite stand und ihr dankbar sein würde für alles, was sie für ihn tat, denn sie war überzeugt, dass auch er sich zu wahrhaft Großem berufen fühlte.

Fast hätte sie es geschafft. Nicht einmal Amjad, sein ältester Halbbruder und der jetzige König von Zohayd, der eigentlich krankhaft misstrauisch war, hatte etwas geahnt. Alle waren davon ausgegangen, dass sie als Frau des Königs kein Interesse daran haben konnte, dass er sein Land verlor.

Es stimmte, dass Haidar ihre kühl kalkulierende Art, ihren unbedingten Willen und ihre Fähigkeit, Dinge zu durchschauen und für sich zu nutzen, geerbt hatte. Doch er selbst verwendete diese Begabungen nur im Rahmen seiner Geschäfte. Nicht umsonst war er mit Hightech-Unternehmen und Investmentfirmen im Handumdrehen reich geworden. Seine Mutter hingegen unterschied niemals zwischen privat und dienstlich, was ihre Methoden anging.

„Bitte legen Sie jetzt Ihren Sicherheitsgurt an, Eure Hoheit“, ertönte eine samtweiche, verführerische Stimme neben ihm.

Haidar blickte zu der Stewardess auf. Seine Grübeleien hatten ihn fast vergessen lassen, dass er sich an Bord seines Privatflugzeugs befand.

In den Augen der bildhübschen Brünetten las er ein eindeutiges Angebot, doch er ignorierte es mit einer Miene, die schon die größten Wirtschaftsbosse und aufdringliche Journalisten zur Räson gebracht hatte.

Sie errötete. „Wir landen in wenigen Minuten.“

Während er den Metallverschluss des Gurtes einrasten ließ, bemerkte er kühl: „Das habe ich verstanden.“

Doch so schnell gab sie nicht auf. „Benötigen Sie noch etwas?“

„La, shukran“, lehnte er dankend ab. Damit wandte er sich ab und beendete die Konversation.

Autor

Olivia Gates
Olivia Gates war Sängerin, Malerin, Modedesignerin, Ehefrau, Mutter – oh und auch Ärztin. Sie ist immer noch all das, auch wenn das Singen, Designen und Malen etwas in den Hintergrund getreten ist, während ihre Fähigkeiten als Ehefrau, Mutter und Ärztin in den Vordergrund gerückt sind.
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Olivia Gates war Sängerin, Malerin, Modedesignerin, Ehefrau, Mutter – oh und auch Ärztin. Sie ist immer noch all das, auch wenn das Singen, Designen und Malen etwas in den Hintergrund getreten ist, während ihre Fähigkeiten als Ehefrau, Mutter und Ärztin in den Vordergrund gerückt sind.
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