Vorsicht, Liebesgefahr!

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Lucas Wheeler ist der perfekte Mann - für eine Scheinehe. Und die braucht die schöne Cia, damit sie an ihr Erbe kommt. Auch für den Playboy-Tycoon ist die Heirat ideal, um seinen Ruf als unverbesserlicher Womanizer zu retten. Ihr Deal ist simpel: Sechs Monate Vernunftehe - ohne Pflichten, ohne Romantik, ohne Sex. Ganz! Ohne! Sex! Doch kaum hat Lucas sie über die Schwelle getragen, tobt ein Kampf in Cia. Eigentlich wollte sie ihr Herz niemals wieder in Gefahr bringen - aber gegen Lucas’ entwaffnenden Charme und seinen Traumkörper ist selbst die entschlossenste Frau machtlos …


  • Erscheinungstag 22.04.2014
  • Bandnummer 1817
  • ISBN / Artikelnummer 9783733720391
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Andere fünfundzwanzigjährige Single-Frauen träumten von heiratsfähigen Männern und Traumhochzeiten, doch Cia Allende träumte von einer Scheidung.

Und Lucas Wheeler war der Mann, der ihr diesen Traum erfüllen sollte.

Cia betrachtete ihr sehr männliches, sehr blondes und sehr breitschultriges Zielobjekt, das mitten in dem vollen Ballsaal stand. Der Reichtum, der hier von den unzähligen Gästen, die zwischen ihr und Lucas standen, zur Schau gestellt wurde, war unglaublich. Eine alte Schachtel neben ihr trug einen Ring, der vermutlich so teuer war, dass man mit dem Geld ein Jahr lang die Fixkosten des Frauenhauses hätte finanzieren können, für das Cia ehrenamtlich arbeitete.

Doch wäre Cia nicht mit dem angeborenen Talent gesegnet, zahlungskräftigen Wohltätern dieses Geld zu entlocken, wäre sie auch nicht hier, auf diesem gesellschaftlichen Ereignis mitten in Dallas, wo sie definitiv nicht hingehörte. Aber es ging darum, Plan B ins Spiel zu bringen.

Denn Plan C gab es nicht.

Sie trank den letzten Schluck ihres Chichi-Getränks, das ihr irgendein Kellner in die Hand gedrückt hatte. Nachdem sie es geschafft hatte, auf den letzten Drücker eine Einladung zu Mrs Wheelers Geburtstagsparty zu bekommen, war das Mindeste, was sie tun konnte, mitzuspielen und an den langweiligen Drinks zu nippen, von denen der Black Gold Club behauptete, es sei Alkohol drin. Sollte es ihr gelingen, die geplante Abmachung in trockene Tücher zu bringen, würde Mrs Wheeler ihre zukünftige Schwiegermutter werden. Deshalb wollte Cia auch ein gutes Bild abgeben.

Na ja, eigentlich war Mrs Wheeler ihre zukünftige Ex-Schwiegermutter, deshalb musste dieses Bild auch nicht zu perfekt sein.

Als irgendein Kerl an der Bar versuchte, Augenkontakt mit ihr herzustellen, ging Cia weiter. Heute würde sie sich nur auf einen Mann konzentrieren, und der stand just in diesem Moment neben seiner Mutter, die gerade die Gäste begrüßte. Cias unbequeme Schuhe und das knielange Kleid zwangen sie, langsamer zu gehen.

„Herzlichen Glückwunsch, Mrs Wheeler.“ Cia schüttelte der stilvoll gekleideten Frau um die Fünfzig die Hand und lächelte. „Die Party ist wunderbar. Dulciana Allende. Ich freue mich, Sie kennenzulernen.“

Mrs Wheeler erwiderte das Lächeln. „Cia Allende. Meine Güte, wo ist die Zeit geblieben? Ich kannte Ihre Eltern. Es ist so tragisch, dass Sie beide gleichzeitig verloren haben.“ Sie nahm einen mütterlichen Ton an.

Gegen Cias Willen wurde ihr Lächeln plötzlich unsicherer. Natürlich hatte Mrs Wheeler ihre Eltern gekannt. Sie wusste nur nicht, dass Cia ganz flau im Magen wurde, immer wenn jemand über ihren Tod sprach.

„Lucas, kennst du Cia?“, wandte sich Mrs Wheeler an ihren Sohn. „Ihrem Großvater gehört ‚Manzanares Communications‘“.

Cia blickte dem Mann, den sie entschlossen war zu heiraten, in die Augen, und überließ sich dem Sog, der von Lucas Wheeler ausging. Er war so … er war alles gleichzeitig. Schön. Lebendig. Legendär: Qualitäten, die ihr das Internet so nicht vermittelt hatte.

„Miss Allende.“ Mit einer altmodischen – und sehr wirksamen – Geste führte Lucas ihre Hand an die Lippen und versetzte Cia wieder in eine Art Taumel, der sich dieses Mal aber in ihrer unteren Körperhälfte bemerkbar machte. Nein, nein, nein. Anziehungskraft war hier strikt verboten! Fühlte Cia sich von jemandem angezogen, wurde sie unsicher. Und wenn sie unsicher wurde, nahm sie eine Abwehrhaltung an.

„Wheeler.“ Rasch entzog sie ihm die Hand. „Ich glaube, ich bin noch nie einem Mann begegnet, der wie Barbies Mann Ken aussieht.“

Seine Mutter plauderte gerade mit einem anderen Gast und bekam von Cias losem Mundwerk Gott sei Dank nichts mit. Höfliche Plaudereien waren nicht Cias Stärke, vor allem dann nicht, wenn es um Männer ging. Wieso war sie nur auf die Idee gekommen, diese Situation meistern zu können?

Lucas verzog keine Miene. Stattdessen musterte er sie mit einem Blick, der sie ins Schwitzen brachte. Mit hochgezogener Braue sagte er amüsiert: „Oh, im Gegensatz zu Ihnen ist mir das noch gar nicht aufgefallen.“

Als sie ausatmete, entfuhr ihr ein charmantes Lachen. Dabei wollte sie Lucas gar nicht sympathisch finden. Oder attraktiv. Cia hatte ihn sich ja gerade deshalb ausgesucht, weil sie gedacht hatte, dass er sie völlig kalt lassen würde. Nachdem sie unzählige Artikel über Lucas gelesen hatte, war sie zu dem Schluss gekommen, dass er bestimmt einer von diesen kleinen Casanovas war, mit denen sie sich während ihrer High-School-Zeit verabredet hatte: hübsch und oberflächlich.

Lucas war nichts weiter als ein Mann, der dafür bestimmt war, unzählige Frauenleben zu retten. Diese Ehe würde vielen notleidenden Frauen helfen. Und falls ihn dieses Argument nicht überzeugen würde, würde Cia ihm noch ein paar zusätzliche Anreize anbieten, damit er einschlug.

Dieser Gedanke ermutigte sie, und das Lächeln, das er ihr schenkte, bestärkte sie. Bei der Sache mit Lucas Wheeler ging es nur um eins – ums Geschäft. Und wenn sie von einer Sache etwas verstand, dann davon. Wenn doch bloß ihre Hände aufhören würden zu zittern. „Um ehrlich zu sein, in dem Anzug sehen Sie viel besser aus als Ken.“

„Ich könnte schwören, das war ein Kompliment.“ Er beugte sich vor und legte den Kopf schief. „Wie kommt’s, dass wir uns noch nie über den Weg gelaufen sind, obwohl unsere Eltern sich kannten?“

Seine raue Stimme unterstrich den leicht texanischen, lässigen Akzent und ließ einen sofort an Cowboys und Ausritte in der staubigen Wüste denken. Sie blickte ihm in die graublauen Augen. „Ich gehe nicht viel aus.“

„Tanzen Sie?“ Er nickte in Richtung Tanzfläche, wo sich auf dem Parkett eine Menge Paare zu den Klängen der Jazzband drehte, die auf einer Bühne spielte.

„Nicht in der Öffentlichkeit.“

Als es in seinen Augen leicht aufflackerte, hatte Cia das Gefühl, dass er in diesem Moment an einen Klammerblues in den eigenen vier Wänden dachte. Mit geschürzten Lippen fragte er: „Sind Sie sicher, dass wir uns vorher noch nie begegnet sind?“

„Absolut.“

Cia wünschte sich, ihm unter anderen Umständen begegnet zu sein, um gemeinsam herauszufinden, ob sie sich nicht vielleicht doch kannten. Männer wie Lucas – die eine Frau verrückt machten, bevor sie sich rechtzeitig zurückziehen konnte – waren gefährlich für jemanden wie sie, die nicht in der Lage war, ihr Herz aus allem herauszuhalten.

Aber Cia hätte sich jedes Opfer auferlegt, um ein neues Frauenhaus zu eröffnen und die Vision ihrer Mutter wahr werden zu lassen. Und wenn sie dafür diesen Mann heiraten würde, der so viel Sinnlichkeit ausstrahlte wie die Werbung für ein Gemisch aus Wodka und einem Aphrodisiakum. „Ich bin lediglich hier, weil ich Ihnen ein außergewöhnliches Angebot machen möchte.“

Ein tödlich attraktives Lächeln machte sich auf seinem Gesicht breit. „Ich mag außergewöhnliche Angebote.“

Als sie eine leichte Gänsehaut bekam, wusste sie augenblicklich, dass es dieses Lächeln war, das Lucas Wheeler so anziehend machte. Es war extrem gefährlich, und er zögerte keine Sekunde, Gebrauch davon zu machen.

Dios, sie konnte es nicht ausstehen, wenn sie sich ablenken ließ. Vor allem von einem Mann, der hoffentlich einer rein platonischen Ehe mit ihr zustimmen würde. „Es ist nicht das, was Sie denken. Sie ahnen ja nicht, wie wenig mein Angebot mit dem zu tun hat, was Sie vermutlich im Kopf haben.“

„Entweder ich bin interessiert, oder ich bin es nicht.“ Mit dem Finger fuhr er sich ganz leicht über die Lippen, beugte sich einen Zentimeter zu weit zu Cia hinüber und hüllte sie mit seinem holzig-markanten Duft ein. „Aber das entscheide ich.“

Der Mann hatte alles, was man sich von einem Mann erträumte, keine Frage. Frauen warfen sich ihm sicher nicht regelmäßig vor die Füße, nur weil er ein As im Pokerspiel war.

„Sie sind interessiert“, versicherte sie ihm und trat vorsichtshalber einen Schritt zurück. Wenn sie richtig lag, konnte er es sich kaum leisten, nicht interessiert zu sein. Sie hatte sich einen Haufen Heiratskandidaten herausgefischt und jeden davon mit ihrer besten Freundin Courtney unter die Lupe genommen, bevor sie sich für diesen hier entschieden hatte.

Natürlich war sie nicht davon ausgegangen, dass er sie eiskalt erwischen würde.

„Also“, fuhr sie fort, „ich komme direkt zum Punkt. Unzählige Frauen müssen tagtäglich häusliche Gewalt erleiden, und mein Ziel ist es, ihnen dabei zu helfen, an einem neuen Ort ein neues Leben aufzubauen. Weit weg von den Männern, von denen sie regelmäßig verprügelt wurden. Das hiesige Frauenhaus ist völlig überfüllt, und wir brauchen dringend ein weiteres. Ein größeres. Eins, das mehr kostet. Und genau an diesem Punkt kommen Sie ins Spiel.“

Im Haus lebten mittlerweile mehr Frauen als erlaubt. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis die Behörden davon erfahren würden. Lucas Wheeler sollte dem Frauenhaus eine Zukunft ermöglichen.

Sein Gesichtsausdruck veränderte sich, und Lucas schüttelte den Kopf. „Sie versuchen, den falschen Wohltäter anzuzapfen.“

„Ich habe es nicht auf Ihr Geld abgesehen. Geld habe ich selbst.“

Als sie bemerkte, wie harsch ihr Ton war, zuckte sie leicht zusammen. Was hatte der Mann an sich, dass er sie dazu brachte, die Krallen auszufahren?

„Also, Darling, für mich klingt das ganz so, als werde ich hier nicht mehr gebraucht. Sollte Ihr Angebot in eine andere Richtung gehen, stehe ich Ihnen jederzeit gern zur Verfügung.“ Lucas machte sich davon und ging direkt auf eine gertenschlanke Prominente in einem Glitzerkleid zu, die nur darauf zu warten schien, sich den begehrtesten Mann des Abends zu schnappen.

„Ich bin noch nicht fertig.“ Cia verschränkte die Arme vor der Brust, folgte ihm und warf Mrs Super-Promi einen durchdringenden Blick zu, bei dem die Dame klugerweise den Rückzug antrat. „Mein Geld ist durch ein Treuhandkonto abgesichert. Ich habe erst Zugriff darauf, wenn ich fünfunddreißig werde, was noch eine Ewigkeit dauert. Oder wenn ich heirate. Dauert die Ehe mindestens sechs Monate, und ist mein Ehemann derjenige, der die Scheidung einreicht, gehört das Geld mir. Sie werden gebraucht, weil ich möchte, dass Sie mein Ehemann werden.“

Lucas gab einen amüsierten Laut von sich. Allerdings, und das musste man ihm lassen, schien Cia ihn nicht aus der Fassung gebracht zu haben. „Wieso ist bloß jede Frau so besessen von dem Gedanken an Ehe und Geld? Eigentlich bin ich ziemlich enttäuscht von Ihnen, denn Sie sind auch nicht anders als die anderen.“

„Ich bin nicht wie die anderen.“ Andere Frauen wollten ihre Männer behalten. Sie hingegen wollte ihn so schnell wie möglich wieder loswerden, damit sie nicht die Kontrolle über ihr Leben verlor. Außerdem war das die einzige Möglichkeit, sich davor zu schützen, dass jemand ihr einen Widerhaken ins Herz rammte. „Sie brauchen mich genauso wie ich Sie. Die Frage ist bloß, können Sie das zugeben?“

Als er die Augen rollte, spiegelten sich darin hunderte Blautöne. „Sehr originell. Ich brenne darauf, den Grund zu hören.“

„Na gut. Ist schon etwas länger her, dass Sie mal wieder irgendwelche lukrativen Immobiliengeschäfte gemacht und protzige Anwesen verkauft haben, oder, Wheeler?“

Augenblicklich nahm er in seinem maßgeschneiderten Anzug eine kerzengerade Haltung an. Der Anblick widerstrebte ihr. Denn bedauerlicherweise war Lucas äußerst gut gebaut.

Na und? Anders als die meisten ihrer Geschlechtsgenossinnen hatte sie ihre Hormone absolut im Griff. Sein Prachtkörper konnte sie nicht beeindrucken.

„Was haben meine Immobiliengeschäfte mit Ihrem Treuhandkonto zu tun?“

Cia zuckte mit den Schultern. „Sie sind in einer etwas unangenehmen Situation und müssen Ihren Ruf wiederherstellen. Ich muss heiraten, damit sich jemand von mir scheiden lassen kann. Wir würden beide von einer Scheinehe profitieren, und ich werde dafür sorgen, dass es sich für Sie lohnt.“

Im gesamten Bundesstaat gab es keinen besseren männlichen Single für diese Aufgabe. Und ganz ehrlich? Cia hatte auch gar nicht die Nerven, sich noch einen Kandidaten vorzuknöpfen, denn Männer waren schnell von ihr eingeschüchtert. Das ersparte ihr zwar eine Menge Herzeleid, ließ sie allerdings auch null Erfahrung in weiblichem Geschick sammeln.

„Moment mal, Süße.“ Lucas winkte einen Ober heran und nahm zwei Drinks vom Tablett. „Nun haben Sie meine ganze Aufmerksamkeit. Lassen Sie uns doch nach draußen gehen. Ich habe das plötzliche Bedürfnis nach frischer Luft. Und nach einer kugelsicheren Weste angesichts des Gewehrs, das Sie mir in den Rücken gestoßen haben.“

Lucas konnte die Gewehrmündung förmlich spüren, während er geschickt einen Weg durch die Menge bahnte.

Sein Bruder und Geschäftspartner Matthew, der gerade mit ein paar Herren der feinen Gesellschaft im Gespräch vertieft war, wahrscheinlich um neue Kunden an Land zu ziehen, blickte auf, als Lucas an ihm vorbeiging.

Lucas grinste ihn an. Immerhin musste er den Schein wahren. Ein kleiner, schneller Quickie auf dem Balkon hätte zwar nicht seinem Stil entsprochen, aber das war es vermutlich, woran Matthew dachte, als er ihn und Cia sah.

Diese aufregende – und verrückte – Kämpferin mit dem unwiderstehlich langen, dunklen Haar folgte ihm auf die Terrasse des Clubs. Gerade als er die Drinks abstellte, schritt Cia durch die Tür, ohne darauf zu warten, dass er sie für sie aufhielt.

Seufzend nahm Lucas wieder die beiden Gläser und überlegte ernsthaft, beide auszutrinken, bevor er sich zu der kurvigen, spanischen Schönheit auf dem Balkon gesellte. Doch dazu war er viel zu gut erzogen.

„Drink?“ Er bot Cia ein Glas an, das sie – Überraschung – tatsächlich annahm.

Fünfundzwanzig Stockwerke weiter unten heulte eine Polizeisirene, während sich ein kühler Frühlingshauch auf Lucas’ heißen Nacken legte. Zumindest war er dem überfüllten Ballsaal entkommen. Obwohl er die leise Ahnung hatte, dass die Person, wegen der er die Piranhas dort verlassen hatte, die noch viel schärferen Zähne hatte.

„Danke. Das ist viel besser als dieses zuckrige Gebräu von vorhin.“ Sie nippte am Bourbon und sammelte damit einige Punkte bei ihm. „Schön. Jetzt, wo ich Ihre Aufmerksamkeit habe, sollten Sie mir gut zuhören. Ich werde Ihnen ein rein geschäftliches Angebot machen. Wir heiraten nur auf dem Papier, und in sechs Monaten reichen Sie die Scheidung ein. Das wär’s. Sechs Monate sind genug Zeit, um Ihr Ansehen wiederherzustellen. Und ich kann endlich auf mein Geld zugreifen.“

Ansehen. Wenn er doch laut loslachen und ihr sagen könnte, wie wenig es ihn kümmerte, was andere über ihn dachten.

Doch er war ein Wheeler. Sein Ur-Urgroßvater hatte vor Jahrhunderten „Wheeler Family Partners“ gegründet und fast ganz allein zu einem Begriff im Norden von Texas gemacht. Tradition, Familie und Handel standen für den Namen Wheeler und waren alles, was zählte.

„Sie machen Witze, oder?“ Er verzog den Mund. „Mit meinem Ansehen ist alles in Ordnung. So schlimm steht’s nicht um mich, dass ich so was nötig hätte.“

Das Energiebündel in dem ebenso verhüllenden wie verlockenden Kleid blickte ihn aus funkelnden Augen an. „Tatsächlich? Für wie dumm halten Sie mich? Sollte diese Scheinehe funktionieren, dann seien Sie sich sicher: Ich werde keinen Buckel vor dem männlichen Y-Chromosom machen. Ich werde nicht zögern, Ihnen meine Meinung zu sagen. Und glauben Sie mir, ich habe gründlich recherchiert. Gestern erst ist Ihnen der Deal um das Rose-Gebäude geplatzt. Also behaupten Sie nicht, Ihre Kunden würden sich nicht nach einem neuen Geschäftspartner umsehen, der den Reißverschluss seiner Hose zulassen kann. Dieses Argument zieht nicht.“

„Ich wusste doch gar nicht, dass sie verheiratet war.“

Großartig, Wheeler. Erzähl ihr doch gleich, wie reizvoll Lana gewesen war, weil sie nur ab und zu angerufen und sich locker mit ihm getroffen hatte. Und weil sie nie über Nacht hatte bleiben wollen.

Erst im Nachhinein war ihm aufgefallen, was für ein riesengroßer Idiot er gewesen war, diese Zeichen falsch zu deuten.

„Aber sie war es. Ich biete Ihnen die Chance, Gras über den Skandal wachsen zu lassen. Mit einer netten Ehefrau an Ihrer Seite, die nach genau sechs Monaten wieder verschwinden wird. Außerdem bestehe ich auf einen Ehevertrag. Ich werde Sie nicht darum bitten, mit mir zu schlafen. Ich werde Sie nicht einmal darum bitten, mich zu mögen. Unterschreiben Sie einfach ein Stück Papier, und nach sechs Monaten noch eins.“

Seine Schläfe begann zu pochen.

Selbst eine Scheinehe würde Aufsehen erregen und bestand aus weitaus mehr als bloß aus zwei Unterschriften. Seine Mom würde vermutlich einen Herzinfarkt bekommen, wenn er sich nach sechs Monaten von der Schwiegertochter, die er ihr geschenkt hatte, scheiden ließ. Nach dem Tod ihrer ersten Schwiegertochter war sie ja bereits im Krankenhaus gelandet, obwohl die Ehe zwischen seinem Bruder Matthew und Amber gerade einmal ein Jahr gedauert hatte.

Eine Scheidung würde seinen Ruf als schwarzes Schaf nur noch verfestigen. Es wäre reiner Selbstmord, mit einem solchen Schritt seine Entgleisung mit Lana wiedergutmachen zu wollen. Warum sollte er den kleinen Fortschritt, den er bis jetzt erzielt hatte, verspielen?

„Darling, Sie sind nicht mein Typ. Eine Kampf-Barbie ist einfach nicht mein Fall.“

Der vernichtende Blick, mit dem sie ihn ansah, ging ihm fast unter die Haut. „Das ist ja genau das Interessante an diesem Deal. Kein Körperkontakt, keine amourösen Verstrickungen. Einfach nur ein Zeitvertrag zwischen zwei gleichrangigen Parteien. Ich verstehe nicht, warum Sie diese Möglichkeit in den Wind schlagen.“

Weil es sich um eine Ehe handelte. Für ihn lag eine Ehe in weiter, weiter Ferne und war etwas, das vielleicht irgendwann auf ihn zukommen würde, sollte er der richtigen Frau begegnen.

„Noch einmal zum Mitschreiben“, sagte er bestimmt. „Es schmerzt, zu hören, dass meine Anziehungskraft offenbar gleich Null ist. Trotzdem kann es nicht so einfach sein, wie Sie es schildern. Was, wenn es jemand herausfindet? Haben Sie dann immer noch Anspruch auf das Geld?“

„Niemand wird es herausfinden, denn ich werde keinem davon erzählen. Wir müssen einigen Menschen einfach nur weismachen, dass wir uns wie verrückt lieben, damit mein Großvater mir die Geschichte abkauft. Hinter geschlossenen Türen kann dann jeder machen, was er will.“

Wie verrückt lieben? Es war etwas zu viel verlangt, das vorzutäuschen. Schließlich war er noch nie verliebt gewesen. „Wieso bekommen Sie das Geld erst nach einer Scheidung? Das ist wirklich die verrückteste Klausel, von der ich jemals gehört habe.“

„Ganz schön neugierig, was?“

Er hob eine Augenbraue. „Also, Darling, Sie waren diejenige, die mir einen Antrag gemacht hat. Ich habe das Recht, ein paar Fragen zu stellen.“

„Mein Großvater ist sehr altmodisch. Als meine Eltern starben …“ Sie presste die Lippen aufeinander. „Er will, dass ich in guten Händen bin, und seiner Meinung nach klappt das nur mit einem Ehemann. Ich bin also quasi gezwungen, mich zu verlieben, zu heiraten und Babys zu bekommen. Das Geld ist so etwas wie ein Sicherheitsnetz. Hätte ich einen Ehemann, wäre ich in der Lage, meinen Großvater davon zu überzeugen, die Summe auszuzahlen. Oder dieser Ehemann trennt sich von mir.“

„Aber Ihr Großvater hat Sie in seinem Leben schon mal gesehen, oder?“ Er grinste. „Fünf Minuten mit Ihnen, und ich käme niemals auf die Idee, dass Sie nicht für sich selbst sorgen können. Und warum erst mit fünfunddreißig? Sie machen nicht den Eindruck, als würden Sie das Geld bis dahin für Kokain und Glücksspiel verpulvern.“

„Ich habe das gesamte Erbe meiner Eltern in das Frauenhaus gesteckt, für das ich arbeite“, sagte sie in einem so scharfen Ton, dass er gar nicht erst auf die Idee kam, etwas dagegen einzuwenden. „Und glauben Sie jetzt bloß nicht, dass ich um Almosen bitte. Mein Großvater hat das Treuhandkonto eröffnet und mir eine großzügige Summe für meinen Lebensunterhalt überwiesen. Ich habe also mehr als genug zum Überleben. Aber eben nicht genug, um ein neues Frauenhaus zu errichten. Er hofft, dass ich mit fünfunddreißig Jahren meinen Enthusiasmus, für die Frauen zu kämpfen, verloren habe.“

„Na ja, sieht nicht unbedingt danach aus, wenn Sie mich fragen.“

„Nein.“ Sie lockerte die Arme, die sie entschlossen vor der Brust gekreuzt hatte. „Sehen Sie, ich zwinge Sie ja nicht, Ihr Geld in ein Hütchenspiel zu investieren. Hier geht es darum, das Leben von misshandelten Frauen zu retten, die nicht wissen, wohin sie gehen können. Betrachten Sie es als gute Tat. Oder sind Sie zu selbstsüchtig?“

„Nun machen Sie mal halblang. Ich bin Mitglied im Verein für Menschenrechte. Ich zahle meine zehn Prozent.“

Gegen seinen Willen begann es, in ihm zu arbeiten.

Sechs Monate waren eigentlich keine lange Zeit, opferte man sie einer guten Sache. Missbrauch war etwas zutiefst Abstoßendes und eine wohltätige Aktion, mit der man den Opfern half, absolut unterstützungswürdig. Er betrachtete Cias temperamentvolle Erscheinung und fragte sich, woher ihr Feuereifer kam. Sparte sie sich ihr Temperament für ihren Kreuzzug auf, oder setzte sie es grundsätzlich in Gesprächen unter vier Augen ein?

Durch die Glastür, die Balkon und Ballsaal voneinander trennte, sah er, wie seine Großeltern im Kreise der Familienfreunde tanzten. Brachte er es fertig, diese Scheinehe glaubwürdig erscheinen zu lassen und gleichzeitig dafür zu sorgen, dass seine Familie nicht darunter leiden würde? Er musste sich eingestehen, dass eine Ehe tatsächlich hilfreich sein konnte, die Probleme, die Laras Ehemann ihm machte, loszuwerden. Vermutlich war es gar nicht mal so schlecht, den Frauen eine Zeit lang abzuschwören. Wenn er Cia, so gut es ging, von seiner Familie fernhielt, würde seine Mutter irgendwann sogar die abwesende Schwiegertochter vergessen.

Nein. Bei dem Gedanken wurde er ganz nervös.

Seine Mutter würde niemals zulassen, dass er ihr seine Ehefrau vorenthielt, ganz gleich, was er beabsichtigte. Sollte Cia sich also einen anderen suchen, während er mit Matthew einen strengen Blick auf die Kundenliste von „Wheeler Family Partners“ werfen würde. „So … interessant das auch klingt, aber ich kann Ihnen leider nicht zusagen.“

„Nicht so schnell.“ Der Blick, mit dem sie ihn anstarrte, spiegelte ihre Kratzbürstigkeit wider. „Mein Großvater verkauft demnächst die Mobiltelefon-Produktion und zieht mit dem restlichen Unternehmen auf ein kleineres Gelände. Ich nehme an, Sie kennen den derzeitigen Standort?“

Und ob. Vier große Gebäude, die um einen Park herumgebaut worden waren. Sehr zentral gelegen und noch keine zehn Jahre alt. Entworfen von einem britischen Designer, hatte der Mix aus alter und neuer Architektur schon viele Preise eingeheimst. Es war ein Riesengrundstück mit eigenem Anschluss an die DART, die Dallas Rapidbahn.

„Kaum.“

„Mein Großvater wäre entzückt, meinem Ehemann exklusiv den Kaufvertrag anbieten zu können.“

Sie wartete, doch in seinem Kopf ratterte bereits die Rechenmaschine.

Die Provision für den Manzanares-Standort wäre um ein Vierfaches höher als die des Rose-Gebäudes, das er gerade versuchte loszuwerden. Und das Ansehen könnte „Wheeler Family Partners“ neue Kunden einbringen. Anstatt der Wheeler, der alles vermasselt hatte, wäre er der Retter der Familie.

Völlig unerwartet löste sich der gefühlte fünfzig Kilo schwere Brocken, der auf seinen Schultern lastete, in nichts auf. „Wenn ich sagen würde, dass mir diese kranke Idee gefällt, dürfte ich Sie dann Dulciana nennen?“

„Nein. Mein Name ist Cia, der zufälligerweise nicht wie Darling klingt. Merken Sie sich das. Also, sind wir im Geschäft?“

Sollte er ihr etwa auf der Stelle antworten? Offenbar hielt Cia nichts von Lucas Wheelers Lebensphilosophie – alles, was es wert ist, getan zu werden, sollte mit Bedacht getan werden. „Wieso ich?“

„Sie mögen zwar sehr umtriebig sein, aber meinen Recherchen nach behandeln Sie Frauen fair und respektvoll, was mir wichtig ist. Außerdem steht in allem, was ich über Sie gefunden habe, dass Sie Ihr Wort halten, was sehr selten geworden ist. Leider darf ich die Scheidungspapiere nicht selbst ausfüllen, also muss ich Ihnen vertrauen können, damit Sie es tun.“

Seltsam, ihr Vertrauen berührte ihn. Trotzdem stimmte das Gefühl noch nicht. „Haben Sie keinen Freund, der dafür infrage käme?“

„Nein, keinen. Meiner Meinung nach sind Männer nur zu einer Sache zu gebrauchen.“ Als sie ihn provozierend anblickte, löste sich die Spannung in ihm. Plötzlich ließ das indirekte Licht der Terrassenbeleuchtung ihr Gesicht strahlen und Cias Züge sanfter aussehen. Der dünne Stoff ihres Kleides schien auf einmal verheißungsvoll durchschimmern zu lassen, was sich darunter verbarg.

Dann beendete sie den Satz. „Nämlich, um Möbel zu schleppen.“

Das war der Grund, warum diese exotische Schönheit keinen Freund hatte, der auf sie wartete. Jeder Kerl, der Miss Allende den Hof machte, musste sich total ins Zeug legen, um überhaupt Erfolg zu haben. Doch diese Anstrengung wäre kein Mensch wert. Nicht einmal diese grimmige, kleine Kämpferin mit den unpassenden Ohrringen, die mit einem bewusst langsamen Gang, an dem er sich gründlich sattgesehen hatte, in den Black Gold Club hineinspaziert war. „Ich rufe Sie an, Cia.“

Sie kniff die Augenbrauen zusammen. „Ach, kommen Sie, Wheeler. Sie haben doch nichts zu verlieren und können nur gewinnen, wenn Sie mich heiraten. Ja oder nein?“

Sie war voller Feuer und Leidenschaft. Was für ein Jammer, dass sie die Liaison bloß auf dem Papier eingehen wollte. Doch er mochte es, wenn seine Frauen unkompliziert waren. Also war es wohl das Beste, es bei einem Geschäft zu belassen.

Er stöhnte auf. Wann hatte er eigentlich damit angefangen, ernsthaft über diese hirnrissige Idee nachzudenken, mit einer Frau, die er bis vor kurzem nicht einmal gekannt hatte, eine Scheinehe einzugehen? Es mochte verrückt sein, aber er hatte sich immer vorgestellt, eine Menge Sex mit der Frau zu haben, die er einmal heiraten würde … in weiter, weiter Zukunft.

Wenn er ihr wirklich hinterherjagen wollte, müsste er sich ziemlich anstrengen, um Miss Allende in sein Bett zu bekommen. Das klang nicht besonders reizvoll, und der Deal wäre schon anstrengend genug.

Also ein reines Geschäft mit jeder Menge Vorzüge.

Der Manzanares-Vertrag war zum Greifen nahe. Die Chance, frischen Wind in sein Familienunternehmen zu bringen, konnte Lucas sich einfach nicht entgehen lassen. Klar, Matthew würde an Lucas’ Seite bleiben und kämpfen, aber das musste er nicht. Der Schlamassel war ganz allein auf Lucas’ Mist gewachsen. Da kam die wundersame Möglichkeit, sich aus ihm zu befreien, gerade recht.

„Nein“, sagte er.

„Nein?“ Cias weit aufgerissener Mund war beachtlich. „Das heißt, Sie weisen mich ab?“

Autor

Kat Cantrell
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