Heiße Küsse in New Orleans

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Manche mögen’s heiß! Callie Labeau ist Hochzeitsplanerin mit Leib und Seele, und je verrückter die Ideen ihrer Kunden, desto rauschender gestaltet sie das Fest! Kein Wunder, dass der smarte Arzt Matt sie engagiert … denn seinem Bruder will er nicht nur irgendeine Hochzeit schenken - sondern die perfekte Party! Dass er bei den Vorbereitungen der blonden Callie viel zu nahe kommt, möchte Matt gerne verdrängen, schließlich geht es um das Glück seines Bruders. Dabei treibt nicht nur die Hitzewelle, die New Orleans fest im Griff hat, seinen Puls in schwindelerregende Höhen …


  • Erscheinungstag 26.05.2015
  • Bandnummer 0011
  • ISBN / Artikelnummer 9783733701703
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

PROLOG

Lieber Ex-Factor,

ich brauche ganz dringend einen guten Rat. Meine beste Freundin heiratet meinen Exfreund, und sie hat ausgerechnet mich gebeten, ihre Trauzeugin zu werden. Mein Ex und ich waren mehr als drei Jahre zusammen, und jeder hatte erwartet, dass wir irgendwann heiraten würden. Die Trennung war ziemlich hässlich, doch als er sich in meine beste Freundin verliebt hat, haben wir einen Weg gefunden, miteinander auszukommen. Ich freue mich für meine Freundin, und natürlich möchte ich an ihrem großen Tag an ihrer Seite sein, aber mir graut vor all den Kommentaren der anderen Gäste. Was soll ich tun?

Callie:

Erst einmal herzlichen Glückwunsch, dass ihr drei es geschafft habt, trotz der Umstände Freunde zu bleiben. Und nun zu deiner Frage: Ich weiß genau, wovon du sprichst, denn ich bin in einer ähnlichen Situation gewesen. Schließlich habe ich die Hochzeit meines Exfreundes organisiert, auch wenn er meine wunderbare Planung letztendlich mit einer Invasion von Zombies ruiniert hat. Wenn du dich für die Braut und den Bräutigam freust, werden die meisten Gäste das spüren. Ärgerlicherweise gibt es immer ein paar Menschen, die taktlose Bemerkungen machen. Darauf solltest du vorbereitet sein. Ich empfehle dir, ein paar allgemeine Formulierungen parat zu haben, damit du auf peinliche Fragen souverän reagieren kannst.

Ein Ex, der weiß, wovon er spricht:

Meiner Meinung nach brauchst du nur eine einzige Formulierung: „Ich bin eigentlich nur hier, weil es gutes Essen und Freibier gibt.“ Und falls du vorhast, die Feier mit einer Zombie-Invasion etwas lustiger zu gestalten, solltest du der Hochzeitsplanerin auf gar keinen Fall vorher davon erzählen.

1. KAPITEL

Was für ein Aufwand, nur um in den Hafen der Ehe einzulaufen!

Matt bahnte sich den Weg durch die Besucher, die gerade den prachtvollen Ballsaal des historischen Riverway-Herrenhauses bewunderten. Einst hatte die Plantage zu den wichtigsten Baumwollproduzenten der Welt gehört, heute aber wurde das hochherrschaftliche Gebäude nur noch am Wochenende für Veranstaltungen und Führungen genutzt. Schon auf dem Weg in den weitläufigen Garten, wo die offizielle Begrüßung der Hochzeitsgäste stattfand, entdeckte Matt zwei Südstaaten-Schönheiten in historischen Kleidern.

Er fand es geschmacklos, den amerikanischen Bürgerkrieg zum Thema einer Hochzeit zu machen. Aber vielleicht gefiel dem Brautpaar gerade diese Anspielung? Unabhängig davon hätten das Herrenhaus und die prachtvollen Kostüme der Gäste Scarlett O’Hara in Vom Winde verweht zur Ehre gereicht. Die Hochzeitsplanerin war entweder genial oder komplett verrückt. Matt vermutete eher das Letztere, wenn er die Szenerie so überblickte. Schließlich hätte sie seinen Vorschlag rundheraus abgelehnt, wenn sie eine vernünftige, berechenbare Frau wäre. Dann wäre sein Plan, hierher zu fliegen, das Problem zu lösen und das nächste Flugzeug zurück zu nehmen, gescheitert. Und er wäre keinen Schritt weiter gewesen.

Es war nicht schwierig, die beiden Damen in ihren ausladenden Kleidern aus dem 19. Jahrhundert einzuholen. Ihre Reifröcke erwiesen sich als äußerst hinderlich bei dem Versuch, die Türen zur Terrasse zu öffnen. Und danach scheiterten sie daran, dass sie gemeinsam durch die Tür gehen wollten.

Matt verkniff sich ein Grinsen und versuchte, die Müdigkeit zu bekämpfen. Er war seit sechsunddreißig Stunden auf den Beinen und hatte im Flugzeug nur zwei Stunden geschlafen. Galant öffnete er den zweiten Flügel der Tür, um den beiden Frauen hinauszuhelfen.

Die eine, in einem hässlichen gelben Kleid, schenkte ihm ein strahlendes Lächeln. „Vielen Dank.“

„Es ist bestimmt eine Qual, in diesem Aufzug auf die Toilette zu müssen“, sagte Matt.

Die andere – sie trug ein lavendelfarbenes Kleid – lachte. „Sie ahnen nicht, wie sehr!“

„Wissen Sie zufällig, wo ich Callie LaBeau finde?“, erkundigte er sich.

Die Lavendel-Lady deutete auf den Empfangstresen, der im Garten aufgebaut war. „Vorhin war sie dort an der Bar.“

Eine gute Nachricht, befand Matt. Alkohol würde die Hochzeitsplanerin vielleicht ein bisschen milder stimmen.

„Sie ist die Einzige in einem blauen Kleid“, ergänzte die Gelbe, und Matt meinte, einen Anflug von Neid in ihrer Stimme zu hören.

Matt trat hinter den beiden Damen durch die Flügeltüren hinaus in den parkähnlichen weiten Garten. Es roch nach frisch gemähtem Gras. Auf den mit weißem Leinen gedeckten Tischen standen stilechte Gaslampen, in den mächtigen alten Eichen baumelten kleine Laternen. Die Kronen der Bäume bildeten einen schützenden Baldachin über der Szenerie.

Er hoffte nur, die Flammen der Lampen waren nicht echt, denn sonst würde das malerische Ambiente wahrscheinlich in kürzester Zeit vom leuchtenden Orange unzähliger Feuerwehruniformen überlagert.

Zum Glück war es trotz der Beleuchtung so dämmerig, dass Matt in seinen dunklen Hosen und dem weißen Hemd leicht für einen der Ober gehalten werden konnte, denn die männlichen Gäste waren als Soldaten verkleidet. Matt musterte die farbenfrohen Ballroben der Damen und hielt Ausschau nach einem blauen Kleid. Endlich entdeckte er es an einem historischen Leiterwagen, der zu einer Bar umfunktioniert worden war.

Erleichtert entspannte er sich. Der Vier-Stunden-Flug nach New Orleans war turbulent und heiß gewesen, er hatte kein Auge zugetan, und ein Bier würde seine Lebensgeister jetzt wecken.

Er steuerte auf die improvisierte Bar zu und lehnte sich gegen das Holz. „Callie LaBeau?“

Die Frau in Blau drehte sich um, und ihr Anblick raubte Matt den Atem. Sie hatte honiggolden schimmerndes Haar, große braune Augen und einen schlanken Körper, dessen Rundungen ihr Kleid dennoch perfekt ausfüllten. Ein plötzliches Verlangen übermannte ihn, doch er ignorierte es.

„Matt Paulson“, stellte er sich vor.

„Colin hat mich schon angerufen und mir mitgeteilt, dass Sie kommen werden.“

Kurz und fest drückte sie seine Hand. Ihr für den Süden typischer schleppender Tonfall ließ Matt an schwüle Nächte denken, an heiße Haut und verlockend zarte Schenkel.

Halt dich an deinen Plan, Paulson. Konzentriere dich auf dein Problem und sieh zu, dass du wieder verschwindest.

Sie ließ seine Hand los und verzog leicht die Lippen. „Er hat jedoch nicht erwähnt, dass Sie so schnell kommen.“

Es war keineswegs ein erstaunter Tonfall, sondern der eines Menschen, der wusste, dass das Leben Überraschungen bereithielt, und damit würdevoll umgehen konnte. Matt fand sie auf Anhieb sympathisch.

„Colin sagte mir, dass ich Sie hier finden würde.“ Er ließ den Blick über die Gästeschar schweifen. „Allerdings habe ich gedacht, Sie sehen sich das Herrenhaus für eine geplante Veranstaltung an. Ich hatte keine Ahnung, dass ich hier mitten in eine Hochzeitsgesellschaft platze.“

„Colin ist ein sehr guter Freund, und ich verdanke ihm viel. Aber er ist ein Spieler“, gab sie mit einem vielsagenden Schulterzucken zurück.

Matt wusste, was sie meinte. In den vergangenen zwei Jahren hatte er gelernt, dass die Computerwelt auf den Schultern derer aufgebaut worden war, deren Leben sich ausschließlich um Spiele drehte. Sie hatten oft gar keine sozialen Kontakte außerhalb dieser Szene mehr. Sein eigener Bruder arbeitete für Colin und hatte unendlich viel Zeit damit verbracht, das Computerspiel Das Verlies des Zhorg zu entwickeln. Mit dieser Leidenschaft war es Tommy gelungen, sich von einer anderen Sucht zu befreien, und Matt hoffte nur, dass das auch so bleiben würde. Dass die Drachen und Trolle den Konsum von Crystal Meth langfristig besiegen konnten.

Unweigerlich machte sich wieder der alte Schmerz breit, als Matt sich an die Zeit erinnerte, in der sein Bruder ausgemergelt und verwirrt gewesen war. Er hatte förmlich zusehen können, wie Tommy sein Leben wegwarf.

Er riss sich zusammen. „Wollen wir uns lieber morgen treffen, oder haben Sie eine Minute Zeit?“

„Samstag bin ich den ganzen Tag unterwegs. Wie lange bleiben Sie in New Orleans?“

„Bis Sonntagmorgen.“

Amüsiert lachte sie auf. „Tja, dann haben wir wohl keine Wahl.“

Als Callie in ihr Mieder griff und er sah, wie sie mit ihren schlanken Fingern ihr Dekolleté berührte, war seine Kehle wie zugeschnürt. Eine absolute Überreaktion, die nur daher rührt, dass ich vollkommen übermüdet bin, sagte er sich voller Selbstironie.

Mit einem leichten Lächeln zog sie eine winzige Taschenuhr hervor.

„Ich versuche, meine Verkleidung so authentisch wie möglich zu gestalten, aber gleichzeitig muss ich aufpassen, dass alles perfekt nach Zeitplan läuft.“ Sie schaute auf die Uhr und blies sich eine vorwitzige Strähne ihres honigblonden Haares aus dem Gesicht. „Meine Assistentin kann hier kurzfristig übernehmen. Sie haben genau zwanzig Minuten, dann muss ich mich darum kümmern, dass die Hochzeitstorte angeschnitten wird.“

Zwanzig Minuten waren nicht wirklich viel Zeit, um jemanden zu überzeugen, das Unmögliche zu wagen.

Er bestellte ein Bier, Callie nahm ein Wasser. Dann gab sie ihrer Assistentin einige Anweisungen. Sie trug das gleiche Kleid wie ihre Chefin, bemerkte Matt, allerdings in Rot, und sie wirkte weitaus nervöser als die Hochzeitsplanerin. Nachdem Callie alles geregelt hatte, steuerte sie eine Sitzecke auf der Rückseite des Hauses an, wo sie ungestört waren.

„Ich würde alles darum geben, mich jetzt entspannt zurücklehnen zu können“, stöhnte Callie und warf einen sehnsüchtigen Blick auf einen Sessel. „Aber es ist leider unmöglich, sich in diesem Kleid irgendwo gemütlich hinzusetzen.“

„Ihre Aufmachung sieht nicht wirklich bequem aus“, stimmte Matt zu.

„Die Unterröcke sind steif, und das Korsett erlaubt es kaum, Luft zu holen.“ Aufseufzend lehnte sie sich an die leere Theke. „Also, erzählen Sie mir von Ihren Hochzeits-Fantasien, Mr Paulson.“

Unwillkürlich lachte er auf. Himmel, bevor er so weit gehen würde, musste er erst mal lange genug an einem Ort bleiben, um jemanden näher kennenzulernen. Und das würde ganz sicher nicht so bald geschehen. Wenn überhaupt.

Wie oft hatte er schon versucht, eine Wochenendbeziehung zu führen? Es war jedes Mal schiefgegangen. Er schaffte es ja nicht mal, überhaupt eine Beziehung zu führen. Guter Sex war das Eine, aber damit hielt man eine Frau nicht. Er hatte Verpflichtungen Tommy gegenüber, und die Frauen fühlten sich schnell als fünftes Rad am Wagen. Früher oder später war noch jede seiner Freundinnen gegangen.

Matt räusperte sich. „Eigentlich bin ich nicht hier, um über meine Fantasien zu sprechen.“

Fantasien.

Seine zweideutige Wortwahl traf ihn selbst unvorbereitet und ließ ihn zusammenzucken. Im Moment hatten seine Fantasien ausschließlich mit einer dunkeläugigen Schönheit zu tun, die ein historisches Kleid mit einem unfassbar breiten Reifrock trug. Die Vorstellung, das Korsett aufzuschnüren, war erstaunlich … heiß.

Er lehnte sich neben ihr an die Theke. „Es geht um die Hochzeit meines Bruders.“

Hatte er da gerade eine Spur von Interesse in ihren Augen aufflackern sehen?

Ehe er sich vergewissern konnte, hatte sie den Blick gesenkt. Sie nahm einen kleinen Schluck von ihrem Drink und stellte dann ihr Glas langsam wieder ab. „Und warum ist er dann nicht selbst gekommen?“

„Er hat sich nicht freinehmen können.“

Um genau zu sein, konnte Tommy es sich nicht leisten, schon wieder einen Job zu verlieren.

„Und die zukünftige Braut?“, hakte sie nach.

Eine ähnlich unangenehme Geschichte wie beim Bräutigam. Vielleicht sogar noch schlimmer.

„Sie hat anderweitige Verpflichtungen“, wich Matt aus und schenkte Callie ein bitteres Lächeln, das nicht gerade zu weiteren Fragen ermutigte. „Ich habe gerade ein paar Tage frei, und deshalb habe ich angeboten, die Vorbereitungen ins Rollen zu bringen.“

Prüfend musterte die Hochzeitsplanerin ihn. „Wie freundlich von Ihnen.“

Matt verzog den Mund. Sie hatte ja keine Ahnung.

„In Wirklichkeit bin ich ein Albtraum von einem Bruder“, sagte er schulterzuckend und sah sie an. Sie war gut einen Kopf kleiner als er, und seine Perspektive eröffnete einen wunderbaren Blick auf ihr reizvolles Dekolleté. Die Korsage brachte ihre Brüste perfekt zur Geltung.

Mann! Er fuhr sich mit der Hand über die Augen. Die Müdigkeit machte ihn fertig. Er hatte zwei Zwölf-Stunden-Schichten hinter sich, die Notaufnahme war voller Patienten gewesen – genauso, wie er es eigentlich liebte. Er genoss es, wenn das Adrenalin durch seine Adern rauschte, und er wusste, dass er ein guter Arzt war.

Nach seinem zweiwöchigen Dienst in einer der gefragtesten Notaufnahmen von Los Angeles hatte er eigentlich nach Michigan fliegen und sich um Tommy kümmern wollen. Doch dann hatte sein Bruder ihn angerufen und ihm von seinen Hochzeitsplänen erzählt. Also hatte Matt stattdessen einen Flug nach New Orleans gebucht, um die Hochzeitsvorbereitungen für Tommy und Penny in die Hand zu nehmen.

„Lassen Sie sich nicht zu sehr ablenken, Mr Paulson.“

Matt riss seinen Blick von dem beeindruckenden Ausschnitt los.

„Alles nur gemogelt. Sie sind nicht so üppig, wie die Korsage vorgibt.“

Amüsiert über das Eingeständnis hob er eine Augenbraue. „Wer sagt, dass ich abgelenkt war?“

Selbst ihre Art zu lachen entlarvte sie als Südstaatlerin. „Das muss niemand erwähnen, Mr Paulson. Ich sehe doch, wohin Ihr Blick geht.“

Matt fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. „Entschuldigen Sie. In den vergangenen sechsunddreißig Stunden habe ich nicht besonders viel geschlafen, und ich bin ein bisschen neben der Spur. Außerdem finde ich, Sie sollten mich Matt nennen.“ Er grinste. „Nachdem Sie mich dabei ertappt haben, dass ich Ihr Dekolleté bewundere, können wir auf Förmlichkeiten verzichten, oder? Wie viel Zeit habe ich noch?“

Wieder griff sie in ihre Korsage. „Es ist Viertel vor acht. Sie haben noch zehn Minuten.“ Fragend sah sie ihn an. „Haben Sie keine Uhr?“

„Doch, schon. Aber ich genieße es, wenn Sie auf Ihre schauen“, gab er unumwunden zu.

Ihr warmes, ehrliches Lachen ließ ihn entspannen. Lässig lehnte er sich an den Tresen.

„Also, dann erzählen Sie mir von den Hochzeitsfantasien Ihres Bruders.“

Sie wandte sich zu ihm um und stützte sich mit den Ellbogen auf die Theke. Matt fragte sich, ob ihr bewusst war, dass sie ihren Busen dadurch noch besser in Position brachte. Doch ihre Miene sagte ihm, dass sie nicht mit ihren weiblichen Reizen spielte, sondern sich voll und ganz auf ihre Rolle als professionelle Hochzeitsplanerin konzentrierte. Er zwang sich, den Blick von der nackten Haut ihrer Schultern und der zarten Linie zwischen ihren Brüsten abzuwenden.

„Das ist ganz einfach“, begann er. „Die Fantasien meines Bruders betreffen ausschließlich die Welt der Computerspiele.“

Callie stöhnte auf. „Deshalb also hat Colin Sie zu mir geschickt.“

„Tommy und Penny träumen von einer Hochzeit in der Welt von Das Verlies von Zhorg hier in New Orleans“, erklärte Matt. „Allerdings fand ich es wichtig, erst einmal abzuklären, ob es rechtliche Probleme geben kann, Elemente aus dem Spiel zu übernehmen. Deshalb hatte ich Kontakt zu Colin aufgenommen.“

„Solange Sie keine Karten verkaufen, dürfte das kein Thema sein. Ich gehe davon aus, dass es sich um eine rein private Feier handelt?“

„Mehr oder weniger.“

Sie runzelte die Stirn. „Was genau bedeutet das?“

Genau hier fing die Geschichte an, kompliziert zu werden.

Unruhig suchte Matt nach einer bequemeren Position. „Sie möchten ihre Hochzeit mit einer LARP-Feier verbinden, zu der die Zhorg-Fans eingeladen werden sollen. Sie wissen schon, ein …“

„Live-action role-playing, ein Rollenspiel, in dem die Spieler ihre Lieblingsfigur verkörpern. Ja, natürlich kenne ich das. Schließlich bin ich lange genug mit Colin zusammen gewesen, um die Sprache der Computerfreaks zu beherrschen.“

Überrascht sah Matt sie an.

Colin war also ihr Ex. Matt hatte sein Urteil über den Spieleentwickler ziemlich schnell gefällt, als er den Erfinder von Das Verlies von Zhorg am späten Freitagabend in seinem Büro angetroffen hatte. Zum Glück hatte der Mann kein Problem mit Tommys und Pennys Plänen. Und ihm gefiel der Gedanke, dass die Zeitungen darüber berichten würden, denn das war gute Werbung für seine Firma. Matt sah die Schlagzeile schon vor sich.

„Durch die Liebe gerettet – Das Verlies von Zhorg bringt ehemaligen Drogenabhängigen das große Glück.“

Jeden würde diese Geschichte zu Tränen rühren. Matt liebte sie jetzt schon.

Er wünschte nur, er könnte glauben, dass Tommys jetziger Zustand sich als stabil erweisen würde.

Die Sorge um seinen kleinen Bruder belastete ihn so plötzlich und real, als wenn ein Container mit schweren Kisten direkt auf ihm entladen worden wäre. Verdammt. Wenn er irgendwas über Tommys Abhängigkeit gelernt hatte, dann dass es am besten war, nicht weiter als bis zum nächsten Tag zu denken. Manchmal war sogar das schon zu weit.

Und nicht immer reichte es, wenn er sein Bestes gab.

Matt schob den Gedanken beiseite und konzentrierte sich auf ein weitaus attraktiveres Thema – Callie. „Anscheinend haben Sie und Ihr Ex es geschafft, wirklich gute Freunde zu bleiben. Sonst hätte er mir Ihre Agentur wohl kaum empfohlen.“

Sie lächelte amüsiert, und in ihren Augenwinkeln bildeten sich winzige Lachfältchen. „Er hat mir ziemlich viel zu verdanken. Aber das würde er niemals zugeben. Da würde es Ihnen sogar eher gelingen, seinen eisigen Händen den Controller für seine Computerspiele zu entwinden, wenn gerade die Totenstarre eingesetzt hat.“ Callie kicherte. „Ich habe ihm geholfen, seine große Liebe Jamie ausfindig zu machen, nachdem sie wie vom Erdboden verschluckt war. Mittlerweile sind sie verheiratet.“

Sie sah Matt offen an. „Außerdem ist es ihm wichtig, dass bei dieser Hochzeit jedes Detail aus dem Zhorg-Spiel stimmt.“ Ihr Tonfall verriet ihm, dass sie am liebsten die Augen verdreht hätte. „Aber so schwierig wird das schon nicht sein.“

„Na ja, immerhin muss das komplette Wochenende geplant werden“, wandte er ein.

„Moment.“ Sie straffte sich. „Ich dachte, Sie brauchen mich nur für die Hochzeit selbst. Sie wollen, dass ich dieses ganze Liverollenspiel organisiere?“

Aus seiner jahrelangen Erfahrung als Arzt in der Notaufnahme kannte Matt das Geheimnis der Autorität: Man durfte sein Gegenüber niemals spüren lassen, dass man selbst unsicher war.

Er hielt ihren Blick und legte all seinen Charme in seine Stimme. „Genau. Aber das ist keine große Sache. Wir bauen ein paar Zelte auf und bieten kleine Snacks an. Die Gäste haben ihre eigenen Kostüme dabei, darum muss sich niemand kümmern. Der Aufwand hält sich in Grenzen.“

Ihm war bewusst, dass er Tommys und Pennys Erwartungen für dieses Wochenende gerade total herunterspielte, aber Matt fand sowieso, dass die beiden ziemlich übertriebene Vorstellungen hatten.

Sie hob die Augenbrauen und sah ihn wortlos an, während die Sekunden verrannen. „Wie viel Zeit habe ich?“, erkundigte sie sich schließlich.

„Zwei Monate.“

„Sie machen Witze.“

„Keineswegs.“

„Das ist unmöglich. Tut mir leid, Mr Paulson, dann müssen Sie sich jemand anders suchen.“ Völlig unvermittelt griff sie nach seinem Handgelenk, drehte es um, schaute auf seine Uhr und schenkte ihm ein freundliches Lächeln. „Unsere Besprechung ist zu Ende.“

Wie versteinert stand er da und sah ihr nach, während sie in der Menge verschwand. Dann erst reagierte er und folgte ihr, bis er sie eingeholt hatte. „Die Hochzeit zum Zauberer von Oz, die Sie ausgerichtet haben, war wundervoll“, sagte er und blieb an ihrer Seite. „Und die Idee, den Standesbeamten auf der Alice im Wunderland – Hochzeit im Kostüm des verrückten Hutmachers auftreten zu lassen, war einfach grandios.“

Hörte er sich genauso einfältig an, wie er sich fühlte?

„Woher wissen Sie das alles?“

„Colin hat mir eine Ihrer Broschüren gegeben. Er behauptet, Sie seien die Beste in der Branche.“

Callie lächelte ihn von der Seite an, doch sie verlangsamte ihren Schritt nicht. „Versuchen Sie, mir zu schmeicheln, um Ihr Ziel zu erreichen?“

„Darauf können Sie wetten“, gab er unumwunden zu. „Und, habe ich Erfolg?“

„Bisher nicht. Aber versuchen Sie es ruhig weiter.“

Die drei Musketiere waren spektakulär“, fuhr er fort, während er zwei Südstaatenschönheiten und einem Soldaten der Konföderation auswich.

Ihr Blick war vernichtend. „Piraten“, berichtigte sie ihn. „Es war eine Piratenhochzeit.“

„Wie auch immer. Wer könnte eine Hochzeit zum Verlies von Zhorg ausrichten, wenn nicht Sie?“

Callie betrachtete die Gäste, die in dem weitläufigen Park flanierten, sich hier und da zu kleinen Grüppchen zusammensetzten und die Appetithäppchen genossen, die gereicht wurden. Auf ihrer Stirn hatte sich eine steile Falte gebildet – ein Zeichen dafür, dass sie ernsthaft über den Auftrag nachdachte, hoffte Matt. Sie biss sich auf die Lippen, die danach dunkelrot schimmerten, was ihn gleich wieder auf ganz andere Gedanken brachte.

Oh Mann, wenn er so einfach aus dem Gleichgewicht zu bringen war, wurde es anscheinend Zeit, dass er sich mal wieder mit einer Frau verabredete. Oder vielleicht brauchte er auch einfach nur ein bisschen Schlaf.

„Okay, vielleicht geht es ja wirklich. Es ist verrückt, aber möglich“, ergänzte sie und ließ den Blick über die Szenerie schweifen. „Und Verrücktheiten sind nun einmal meine Spezialität.“

Zum ersten Mal, seit Tommy ihn in seine Hochzeitspläne eingeweiht hatte, lächelte Matt wirklich entspannt. Diese Feier konnte im kompletten Chaos versinken. Aber vielleicht wurde sie auch großartig.

Callie erwiderte sein Lächeln, und er bemerkte, dass in ihren Augen ein kurzes Glitzern aufleuchtete. Wieder durchzog ihn ein unbestimmtes Gefühl von Begehren.

Zu dumm, dass er schon Sonntag zurückflog. Er war schon seit zwei Wochen nicht mehr zu Hause gewesen, in seinem Elternhaus, in dem er gemeinsam mit Tommy lebte, seit dessen erster Entzug vor vielen Jahren gescheitert war.

Matt räusperte sich. „Fantastisch“, sagte er.

Mission erfüllt. Problem erkannt, Lösung gefunden und genügend Zeit, um alles in die Wege zu leiten. Alles lief besser, als er gehofft hatte. Und nun wartete eine Nacht auf ihn, in der er erstmals wieder durchschlafen konnte.

„Lassen Sie mich wissen, wenn Sie einen Vorschuss brauchen. Ich gebe Ihnen meine E-Mail-Adresse, dann können Sie mir alle Rechnungen direkt schicken.“ Er zog sein Portemonnaie aus der Jacketttasche und nahm eine Visitenkarte heraus. Dann schrieb er noch etwas auf die Rückseite. „Das sind Tommys und meine Handynummern, falls Sie noch Fragen haben …“

„Stopp.“ Mit großen Augen sah sie ihn an. „Sie wollen jetzt aber nicht etwa gehen, oder?“

Bedauern machte sich in ihm breit. „Ich habe ein heißes Date mit dem Kingsize-Bett in meinem Hotelzimmer – eine Verabredung, auf die ich mich wirklich freue. Und am Sonntag muss ich zurück.“

Callie beugte sich vor, sodass er wieder diese sagenhafte Aussicht auf ihr Dekolleté hatte. „Hören Sie zu, Mr Paulson.“

Wie sollte er zuhören, geschweige denn, sich konzentrieren können, bei diesem Anblick? Außerdem sprach sie ihn wieder mit Nachnamen an. Er hatte gehofft, sie wären schon weiter.

„Sie haben großes Glück, dass ich diesen Auftrag noch dazwischenschiebe. Das funktioniert nur, weil ich eine hervorragende Assistentin habe. Aber“, fügte sie hinzu, „Sie können das nicht alles mir überlassen. Es gibt eine Menge Entscheidungen zu treffen, und zwar zügig. Ich übernehme nicht die Verantwortung dafür, wenn etwas schiefläuft. Irgendjemand muss vor Ort sein.“

„Mein Bruder und ich sind jederzeit erreichbar.“

„Das genügt nicht. Wir können nicht ständig am Telefon hängen. Nicht, wenn wir nur so wenig Zeit haben und viele wichtige Entscheidungen zu treffen sind.“

„Welche Entscheidungen?“

„Nun, wo die Hochzeit stattfinden soll, zum Beispiel. Das geht nicht überall. Wir brauchen ein großes Außengelände und genügend Parkplätze. Und nach allem, was ich über LARP weiß, brauchen wir auch Videoleinwände.“

„Ach, solche Details sind Tommy und Penny nicht so wichtig“, wiegelte er ab.

Und ob sie das waren. Extrem wichtig sogar. Nur eingefleischte Fans kamen überhaupt auf die Idee, ein Computerspiel zum Thema ihrer Hochzeit zu machen, und dann musste alles passen, minutiös.

„Ich hatte schon mal eine Kundin, die behauptete, ihr sei alles egal. Später stellte sich heraus, dass das ganz und gar nicht stimmte“, erklärte Callie. „Das Brautpaar war total begeistert, meine Kundin aber überhaupt nicht. Und sie war es, die die Rechnung bezahlen sollte.“ Fragend sah sie Matt an. „Wer zahlt in Ihrem Fall?“

„Ich.“

In ihren Augen lag ein Ausdruck, den er nicht deuten konnte. Eine Mischung aus Fragen und einer Meinung darüber, was sie davon hielt, wenn der Bruder des Bräutigams die Rechnung für die Hochzeit beglich. Üblich war das nicht. Aber es gab niemanden sonst, der dieses Fest hätte finanzieren können.

Schon lange nicht mehr.

Doch Callie stellte keine Fragen, und das rechnete er ihr hoch an. „Dann sind Sie offiziell mein Chef. Wenn ich die Planungen tatsächlich übernehmen soll, dann muss gewährleistet sein, dass Sie zumindest so lange vor Ort sind, bis die wichtigsten Entscheidungen getroffen sind.“

„Wie lange wird das dauern?“

„Das hängt davon ab, wie lange wir nach einem passenden Gelände suchen müssen. Genau kann ich es nicht sagen. Eine Woche vielleicht.“

Verdammt. Das bedeutete, er würde Tommy fast einen Monat lang nicht sehen und sich nicht überzeugen können, dass er clean war. Das letzte Mal, als er ihn über einen solch langen Zeitraum nicht gesehen hatte, waren ihm erste Anzeichen dafür entgangen, dass Tommy wieder Drogen nahm.

Autor

Aimee Carson
Mit 11 Jahren verließ Aimee Carson zum ersten Mal die Kinderbuchabteilung der Bibliothek, landete in einer Reihe mit Liebesromanen und zog einen aus dem Regal. Seit dem Moment war sie diesem Genre verfallen, und ihre Leidenschaft für Liebesgeschichten begleitete sie auf ihrem Weg von Florida nach Alaska, Seattle und schließlich...
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