Ausgerechnet er!

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Nach dem Tod ihres Mannes macht Elaine eine unangenehme Entdeckung nach der anderen: Dass Guy sie ständig betrog war kein Geheimnis - von seinen leichtfertigen Spekulationen hat Elaine jedoch nichts gewusst. Der Preis ist hoch: Ihre Firma macht Bankrott! Und der eiskalte Geschäftsmann Mitch Rath, Experte für den Aufkauf von maroden Unternehmen, hat sich ihre Firma unter den Nagel gerissen. Elaine schäumt vor Wut, bis sie Mitch persönlich kennen lernt. Seine männliche Ausstrahlung wirkt so stark auf sie, das Elaine seinen überraschenden Vorschlag sofort annimmt…


  • Erscheinungstag 01.11.2012
  • Bandnummer 1539
  • ISBN / Artikelnummer 9783864947513
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

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1. KAPITEL

“Mr. Dexter wird Sie jetzt empfangen.”

Lily Stone nahm ihren Terminplaner und folgte der Sekretärin. In New Orleans war es heiß Mitte August, und Lily wünschte, sie könnte irgendwo draußen in der Sonne liegen, statt sich in diesem klimatisierten Raum aufhalten zu müssen.

Sie hatte mindestens zwei Tage für den Versuch vergeudet, Mr. Dexter zu treffen, und sie war entschlossen, heute Nachmittag in seinem Büro zu bleiben, bis er auftauchte.

Ihre Absätze versanken in dem dicken Teppich, als sie das Büro des Vorstandsvorsitzenden von “Dexter Resort & Spa” betrat, einer internationalen Hotelkette. Der Raum war mit eleganten Möbeln aus Glas und Chrom eingerichtet, und der imposante Schreibtisch war von der Art, die dazu gedacht ist, jeden einzuschüchtern, der davor saß. Und es funktionierte.

Ihr lederner Aktenkoffer kam ihr plötzlich bleischwer vor. Er schlug gegen ihr Bein, als sie zu dem riesigen Schreibtisch ging. Seit sie zwanzig war, führte sie erfolgreich das Unternehmen ihrer Familie, trotzdem fühlte sie sich jetzt wie bei ihrem ersten großen Kunden. Sie trug ihr bestes Kostüm, eine modische Kombination in Schwarz und Rot, in der sie laut Aussage ihrer Assistentin Mae schick und professionell aussah.

Preston Dexter erhob sich, um ihr zur Begrüßung die Hand zu schütteln. Seine Hand fühlte sich warm an; zwischen seinen langen, sorgfältig manikürten Fingern wirkte ihre Hand klein und zerbrechlich. Genau so, wie Lily sich jetzt vorkam.

Er duftete dezent nach Aftershave, nicht unähnlich ihren Brüdern. Dieser Gedanke half ihr, sich zu entspannen. Es spielte keine Rolle mehr, dass dieser Mann ihr Haus und ihr Unternehmen mit dem Kleingeld in seiner Hosentasche kaufen konnte. Er war nur ein Kerl wie Dash und Beau.

Allerdings war da etwas Undefinierbares an ihm, das ihn von Dash und Beau unterschied. Einen Moment lang sah sie in seine grauen Augen. Ein kühl berechnender Ausdruck lag in ihnen, ein Zynismus, den ihre Brüder nicht hatten.

“Miss Stone, bitte nehmen Sie Platz. Es tut mir leid, dass ich Sie habe warten lassen.”

Sie bezweifelte, dass es ihm wirklich leidtat. Wahrscheinlich bedauerte er, dass sie den Nachmittag damit verbracht hatte, in seiner Lobby zu warten, aber wenn sie jetzt nicht redeten, würden sie ein Problem bekommen. Zwei ihrer Entwürfe zur Verschönerung der Zimmer im “White Willow House” hatte er bereits abgelehnt, und langsam wurde die Zeit knapp. Das Hotel würde am ersten Januar eröffnen.

Entscheidungen mussten getroffen und Antiquitäten gefunden werden, um sie für sein neuestes Hotel zu kopieren. Ihr Antiquitätengeschäft “Sentimental Journey” hatte schon einigen alten Herrenhäusern in Louisiana den letzten Schliff gegeben, doch so etwas brauchte die entsprechende Zeit.

“Kein Problem.”

Lily war es seit langem gewohnt, auf eigenen Füßen zu stehen, und noch nie war sie durch die Gegenwart eines anderen Menschen so aufgewühlt gewesen, schon gar nicht durch die eines Mannes. Doch diese grauen Augen verzauberten sie. Dort, verborgen in den kalten Tiefen, war etwas, das das Bedürfnis in ihr weckte, ihn zu trösten, so wie sie ihre Brüder getröstet hatte, wenn sie von einem Mädchen einen Korb bekommen hatten.

Er trug seinen Armani-Anzug mit einer Natürlichkeit, die ihn völlig von den Männern unterschied, die sie kannte. Die trugen alle Jeans und Overalls. Es waren Männer aus der Arbeiterklasse mit schwieligen Händen und schmutzigen Fingernägeln.

“Was kann ich für Sie tun, Miss Stone?” Dexter lehnte sich in seinem teuren Sessel zurück, bildete mit seinen Fingern ein Dach vor der Brust und wartete auf ihre Antwort.

Seine Lippen wirkten hart, und unwillkürlich fragte sie sich, wie sie sich an ihren anfühlen würden. Die ersten Anzeichen von Erregung durchströmten sie. Ihre Brustspitzen richteten sich unter dem Spitzentop auf, das sie unter ihrer Kostümjacke trug. Ihr Puls beschleunigte sich, und sie rutschte nervös in ihrem Sessel hin und her.

Verdammt! Was war denn los mit ihr? Dies war ein berufliches Treffen, für das sie anderthalb Wochen gekämpft hatte.

Sie zwang sich, ihr Verlangen zu ignorieren und sich stattdessen wieder auf ihre vorbereiteten Worte zu konzentrieren. “Danke, dass Sie mich heute Nachmittag empfangen haben, Mr. Dexter. Wie ich Mr. Rohr bereits sagte, möchte ich die Leute kennen, denen die Häuser gehören, die ich mit Antiquitäten einrichte.”

“Kein Problem. Wie Sie wissen, habe ich nicht vor, White Willow House zu meinem Zuhause zu machen. Es ist nur das neueste Hotel in der Dexter Resort & Spa-Kette.”

Sie schlug die Beine übereinander und merkte, wie sich der Schlitz in ihrem Rock teilte. Sie zog ihn wieder zusammen, da es ihr unangenehm war, so viel Oberschenkel zu zeigen. “Mr. Rohr erwähnte das mir gegenüber. Ich möchte ein Image kreieren, das zur Unternehmenskultur der Dexter-Kette passt. Da Sie meine beiden Entwürfe zurückgeschickt haben, dachte ich, es sei das Beste, wenn wir uns einmal persönlich treffen.”

“Ich kann Ihre Fragen etwa fünfzehn Minuten lang beantworten. Leider habe ich eine Verabredung zum Dinner auf der anderen Seite der Stadt. Ich bin nach wie vor überzeugt, dass Ihre Firma einen ausgezeichneten Job bei der Inneneinrichtung machen wird.”

Lily entspannte sich, denn die Unterhaltung drehte sich nun um das Berufliche. Dexter war ein viel beschäftigter Mann und ein wenig ungeduldig mit ihr, weil sie ein persönliches Treffen verlangt hatte. Tatsächlich hatte er dieses Treffen schon zwei Mal verschoben, doch ein drittes Mal hatte sie sich nicht vertrösten lassen. Als Chef von Dexter hatte er genaueste Kenntnisse über die inneren Strukturen des Unternehmens und seiner Kultur. Lily brauchte diese Informationen, die sie nicht aus einem Jahresbericht oder Prospekt bekommen konnte. Sie wollte nicht bloß eine Hotellobby mit Antiquitäten kreieren, sondern eine behagliche, anheimelnde Atmosphäre.

Sie konzentrierte sich darauf, auf einen imaginären Punkt oberhalb seiner einen Schulter zu blicken, um nicht auf sein Kinngrübchen zu achten oder die Art, wie seine Augen durch ihre Kleidung hindurchzusehen schienen.

“Ich möchte, dass die Zimmer, die ich einrichte, die Persönlichkeit einer Familie oder eines Unternehmens widerspiegeln.”

“Dabei helfe ich Ihnen gerne. Ich war beeindruckt von Ihrer Arbeit im ‘Seashore Mansion’ auf Hilton Head”, erwiderte er und lächelte ihr zu. Er besaß unbestreitbar Charisma. Nicht wie die Hollywoodgrößen, deren Ausstrahlung oft nur Schein war. Nein, seine Begeisterung für sein Unternehmen ließen ihn auf eine Weise lebendig wirken, wie sie es selten bei einem Mann erlebt hatte.

“Woher wissen Sie, dass ich das Seashore eingerichtet habe?” Diese Arbeit war ein Gefallen für eine ehemalige Mitstudentin und deren neuen Ehemann gewesen, ihr erster gewerblicher Auftrag.

Preston kniff die grauen Augen zusammen und richtete den Blick auf ihren Mund. Hatte sie da etwas? Oh, verdammt, wahrscheinlich war ihr Lippenstift auf ihren Zähnen verschmiert.

“Der Besitzer ist ein Freund von mir”, antwortete er.

Lily fuhr sich mit der Zunge über die Zähne, in der Hoffnung, die Lippenstiftspuren wegzuwischen. Er kannte Kelly?

“Ich habe sechs Wochen dort verbracht, in denen ich mit Brit und Kelly redete, ehe wir mit der Arbeit begannen. Ihr Zeitplan, Mr. Dexter, ist allerdings ein wenig enger.”

Sie nahm ihren Terminplaner aus dem Aktenkoffer und fing an, sich Notizen zu machen. Der Terminplaner war so etwas wie ein Rettungsseil für sie, an das sie sich klammern konnte. Über den ersten Termin dieses Tages hatte sie “entspann dich” geschrieben. Sie musste lächeln, als sie das jetzt las. Sie hatte außerdem eine Liste mit Fragen erstellt, da sie schon vermutet hatte, dass Dexter ihr nicht die dreißig Minuten gewähren würde, um die sie gebeten hatte.

“Nun, was möchten Sie über Dexter Resorts wissen? Wir sind eine aus einem Familienunternehmen entstandene Firma, die seit den frühen zwanziger Jahren beständig wächst.”

“Ich habe Ihren Jahresbericht gelesen und Ihre Werbeprospekte. Erzählen Sie mir etwas über sich und worauf Sie besonderen Wert legen, wenn Sie in einem Hotel wohnen.”

Erneut kniff er die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen. Lily hatte Gelegenheit, sein Gesicht genauer zu betrachten. Seine Kinnpartie war besonders stark ausgeprägt, und wenn sie hinsichtlich ihrer beruflichen Qualifikation kein Selbstbewusstsein gehabt hätte, wäre sie aufgestanden und gegangen.

“Was haben meine Vorlieben mit der Hotellobby oder den Gästezimmern zu tun?”

Sie wartete des Effekts wegen. Offenbar war Dexter es gewohnt, dass die Leute sprangen, wenn er es wünschte. Andererseits war sie das ebenfalls gewohnt. “Dadurch kann ich die Auswahl eingrenzen.”

“Kaufen Sie, was Rohr Ihnen gesagt hat”, meinte er kühl.

“Wenn Sie nicht mehr von mir wollen, als dass ich nach einer fertigen Liste Antiquitäten einkaufe, Mr. Dexter, sollten Sie sich vielleicht nach einem anderen Inneneinrichter umschauen.”

“Ich will den gleichen Service, den Sie dem Seashore haben zukommen lassen.”

Sie lächelte. “Tja, dann werde ich einige Antworten brauchen.”

“Haben Sie Brit auch diese Fragen gestellt?” Er hob eine Braue. Also kannte er nicht Kelly, sondern Brit.

“Nein, ich habe Kelly gefragt. Haben Sie eine Frau?” Diese persönliche Frage verblüffte ihn anscheinend, denn er lehnte sich zurück und sagte eine Minute lang gar nichts.

“Nein.”

Lily kritzelte etwas auf die leere Seite in ihrem Planer. Wie hatte sie ihm eine solche Frage stellen können? “Tut mir leid. Ich hätte meine Nase nicht in Ihr Privatleben stecken dürfen.”

“Schon gut”, sagte er. “Ich habe Sie ja dazu getrieben. Wieso haben Sie nicht klein beigegeben?”

Zum ersten Mal seit Beginn ihrer Unterhaltung sah sie ihm direkt in die Augen. An Stelle der Reserviertheit waren Neugier und unverblümtes männliches Interesse getreten.

“Würden Sie an meiner Stelle klein beigeben?”, fragte sie und drehte so den Spieß einfach um. Preston Dexter hatte etwas an sich, das sie vermuten ließ, er würde sie manipulieren, wenn sie nicht Acht gab.

“Nein, aber ich es gewohnt, dass die Leute springen, wenn ich es ihnen befehle.”

“Ich auch”, erwiderte sie belustigt.

Dexter lachte, und einen Moment lang schüchterte er sie nicht mehr ein. Sein Gesicht verriet eine Spur Verletzbarkeit und Heiterkeit. Sie grinste, wohlwissend, dass das Eis gebrochen war. Lachen erleichterte es sehr, Vertrauen zu entwickeln.

“Wo haben Sie gelernt, Befehle zu erteilen?”, erkundigte er sich.

“Ich habe meine beiden jüngeren Brüder großgezogen. Die hätten jeden niedergetrampelt, der sich nicht zu behaupten weiß.”

Sie merkte, dass er weitere Fragen über ihre Herkunft stellen wollte, doch er beherrschte seine Neugier und begann ihr von seinen Vorlieben bei der Einrichtung eines Hotels zu erzählen. Er war ein kultivierter Mann, aber sein Geschmack war simpel.

“Ich will nicht das Gefühl haben, mich in einem Museum zu befinden, wo ich nichts anfassen darf oder dass, wenn ich mich auf einen Stuhl setze, er jeden Moment zusammenbrechen könnte”, sagte er, und Lily begann diesen kühlen, harten Mann hinter dem Schreibtisch zu mögen, und das machte ihr Angst. Denn er kam ihr vor wie ein einmaliges Abenteuer, und sie war absolut kein abenteuerlustiger Mensch.

Gewöhnlich gab Preston den Launen eines Dekorateurs, der ihn zu sprechen verlangte, nicht nach. Er zog es vor, diese Arbeit von Jay Rohr leiten zu lassen, einem seiner Direktoren. Er vertraute auf Jays Meinung, weil er ihm ein Spitzengehalt zahlte. Eine der Lektionen, die er in seiner Kindheit von seiner Mutter gelernt hatte, war, dass man bekommt, wofür man bezahlt.

Als Jay ihn gebeten hatte, sich mit der Dekorateurin zu treffen, war Preston verärgert gewesen und hatte nur widerwillig zugestimmt. Jetzt war er froh, dass er es getan hatte. Er hatte damit gerechnet, dass sie fordernd und penetrant sein würde. Die rechthaberische Sorte Frau, die einen seiner leitenden Angestellten manipuliert hatte, damit er Jay dazu brachte, etwas zu tun, was er normalerweise nicht machte.

Preston hatte nicht damit gerechnet, dass Lily Stone ihn als Frau ansprechen könnte. Alle anderen Dekorateurinnen, die er bei den Eröffnungen seiner Hotels kennengelernt hatte, waren eher reife, matronenhafte Frauen gewesen. Lily Stone hingegen besaß eine Frische, der er noch nie vorher begegnet war. Oh, sie war auch elegant, und dennoch unterschied sie sich von den modebewussten Frauen, die er in der Vergangenheit kennengelernt hatte.

Ihre langen, sexy Beine ließen ihn an sinnliche Nachmittage im Bett denken, was für ein geschäftliches Treffen völlig unpassend war. Es gefiel ihm, dass sie ständig am Saum ihres Rocks zupfte.

Als sie den Raum betreten hatte, hatte sie Professionalität ausgestrahlt, in die sich jedoch eine echte Freundlichkeit mischte, die selten war in der Welt des Big Business. Er nahm sich vor, sich über ihr Unternehmen zu erkundigen. Woher stammte sie?

Beim Händeschütteln war ihm aufgefallen, wie weich ihre Haut war. Sie hatte gepflegte Hände, mit praktischen kurzen Nägeln. Unwillkürlich stellte er sich diese Hände auf seinem Körper vor. Sofort überlief ihn ein Schauer der Erregung.

Du darfst nicht so auf sie reagieren, tadelte er sich erneut. Aber sie faszinierte ihn nun mal.

Sein Büro hätte sie einschüchtern müssen. Er hatte schon erlebt, wie kluge Geschäftsleute die Fassung verloren, sobald sie diesen Raum betraten. Er hatte es bewusst so eingerichtet, um bei allen Besprechungen die Oberhand zu behalten.

Doch auf Lily hatte die kühle, elegante Atmosphäre offenbar nur wenig Wirkung. Das hatte sie ihm dadurch bewiesen, wie sie sich gegen ihn behauptete. Und das wiederum führte ihn in Versuchung, sie noch einmal auf die Probe zu stellen.

Ihr Selbstbewusstsein gefiel ihm. Er mochte das Funkeln in ihren blauen Augen und die Art, wie sie sich ihm entgegenstellte. Sie wagte sich in private Bereiche vor, in die sonst niemand eindrang, weil er die Gehälter zahlte und niemand es sich leisten konnte, ihn zu verärgern.

Miss Stone schien davor allerdings keine Angst zu haben. Eigentlich hätte ihn das wütend machen müssen, aber das tat es nicht. Wahrscheinlich weil er von ihrem Aussehen so fasziniert war.

Sie besaß nicht die übertriebene Schlankheit eines Fotomodells. Stattdessen hatte sie sinnliche Kurven und eine schmale Taille, die durch ihr Kostüm betont wurde. Ihre Beine waren lang und von einer hauchzarten schwarzen Strumpfhose umhüllt, und Preston fragte sich unwillkürlich, wie es wäre, wenn diese Beine sich um seine Hüften schlingen würden. Was würde sie tun, wenn er sie bitten würde, sich auf die Schreibtischkante zu setzen, damit er sich zwischen diese langen Beine stellen und sie küssen konnte?

Wahrscheinlich würde sie ihn wegen sexueller Belästigung anzeigen. Und zu Recht. Trotzdem tauchten in seiner Fantasie weiterhin erotischen Szenen von ihm und ihr auf, die eigentlich nicht sein durften.

Ihre Nase war keck und an der Spitze ein wenig nach oben gebogen. Die roten Haare waren kurz und schmeichelhaft geschnitten, was ihr bezauberndes Gesicht hervorhob. Sie kam ihm vor wie aus einer anderen Welt. Eine, in der er sich nicht auf Dauer wohl fühlen würde, die er aber gern einmal besuchen würde – mit Lily.

Seitdem sie sein Büro betreten und sich unbeholfen den Aktenkoffer gegen das Bein geschlagen hatte, verspürte er eine körperliche Reaktion. Ihre anfängliche Nervosität war ihr weder am Ton noch an der Haltung oder im Gespräch anzumerken. Aber ihr Körper hatte sie verraten.

Die viel sagende Bewegung hatte ihm jenen Vorteil verschafft, den er brauchte. Sein Büro mochte vielleicht keine Wirkung auf sie haben – er als Mann schon. Aber er wollte sie nicht einschüchtern. Ihr Gesicht strahlte eine Natürlichkeit aus, von der er schon fast vergessen hatte, dass sie überhaupt existierte. Und er wollte diese Frau zu seiner Geliebten machen.

“Gut, jetzt habe ich eine bessere Vorstellung davon, was in der Lobby, den Suiten und Gästezimmern gemacht werden muss. Es wird nicht dem Stil des Seashore Mansion ähneln, aber ich denke, Ihre Gäste werden sich bei Ihnen ebenso wohl fühlen”, erklärte sie und kritzelte erneut etwas in ihren Terminplaner.

“Ich hätte gern die zeitlose Eleganz, die das Van Benthuysen-Elms Mansion hat. Waren Sie mal dort?”

“Ja, mehrmals. Was gefällt Ihnen daran?”

Ihr geschäftsmäßiger Ton reizte ihn. Mit seinen Reaktionen begab er sich auf eine sehr persönliche Ebene, und er wollte, dass sie es auch tat. Plötzlich war Preston froh, dass er die Kunst des Flirtens von einem Meister gelernt hatte – seinem Vater.

“Haben Sie Zeit, mit mir dort vorbeizuschauen? Mein Meeting findet dort im Speisesaal statt.”

“Jetzt?”

“Ja.”

“Lassen Sie mich meine Termine überprüfen.” Sie sah erneut in ihren Terminplaner. “Ich glaube, ich kann Sie noch dazwischenquetschen”, sagte sie mit einem Glitzern in den Augen.

“Ziehen Sie mich auf, Miss Stone?”

“Ja, das tue ich, Mr. Dexter.”

Es war lange her, dass ihn jemand so geneckt hatte wie sie. Er konnte sich nicht daran erinnern, dass ein Geschäftspartner sich ihm gegenüber je so verhalten hatte. Er stellte in der Geschäftswelt eine solche Macht dar und stammte aus einer seit Generationen reichen Familie, dass andere in seiner Gegenwart entsprechend zurückhaltend waren. Nicht so Lily Stone.

“Wir können unser Gespräch im Wagen fortsetzen.”

“Was mache ich mit meinem Wagen?”

“Ich werde einen meiner Angestellten beauftragen, uns in Ihrem Wagen zu folgen, dann können Sie vom Hotel zurückfahren. Was für einen Wagen fahren Sie?”

“Mein 59er Chevy Pick-up ist möglicherweise eine Stufe unterhalb dessen, was Ihre Angestellten zu fahren gewohnt sind.”

“Kein Problem.” Preston rief in der Lobby an, damit sein Wagen aus der Garage heraufgebracht wurde, und wies einen seiner Sicherheitsleute an, ihnen in Lilys Wagen zu folgen. “Es ist alles arrangiert, Miss Stone.”

“Nennen Sie mich Lily”, sagte sie, und ihre blauen Augen funkelten.

“Ich heiße Preston”, erwiderte er mit einem Lächeln, das, wie man ihm versichert hatte, auf Frauen unwiderstehlich wirkte.

“Keine Spitznamen?”, fragte sie.

Er war nicht sicher, ob ihm die Art gefiel, wie sie versuchte, die Unterhaltung zu kontrollieren, denn schließlich war er der Verführer. Doch gleichzeitig hatte er das Gefühl, geschickt eingefangen worden zu sein. “Nein.”

“Warum nicht?”, fragte sie, ehe er das Gespräch in eine andere Richtung lenken konnte.

Er versuchte sich an jemanden zu erinnern, der ihm möglicherweise mal einen Spitznamen gegeben hatte. Aber ihm fiel niemand ein. Er war nicht der Typ Mann, der andere dazu inspirierte, ihn mit einem Spitznamen zu versehen. Er war immer so ernst gewesen und darauf bedacht, in seinem Leben noch größeren Erfolg zu haben als sein Vater. “Ich bin einfach nicht zwanglos genug im Büro.”

Er stand auf und nahm seinen Aktenkoffer. Lily schob ihren Terminplaner in ihren Aktenkoffer und stand ebenfalls auf. Preston gratulierte sich dazu, diese lästige Befragung beendet zu haben.

“Was ist mit Ihren Freunden?”, wollte sie wissen, als sie sein Büro verließen.

Sie verliert etwas von ihrem Charme, dachte er. Er bevorzugte Frauen, die hübsch aussahen und wenig sprachen. Lily hingegen machte ihn auf etwas aufmerksam, was er lieber verdrängte – dass es eine große Leere in seinem Privatleben gab, die schon immer da gewesen war.

“Brit nennt mich Preston. Und andere Freunde, die nicht zugleich auch Geschäftspartner sind, habe ich nicht.” Selbst Brit war ein Geschäftspartner. Preston war stiller Teilhaber des Seashore Mansion.

“Das ist seltsam.”

“Eigentlich nicht. Meine Arbeit ist mein Leben.” Und er hatte schon früh gelernt, dass die meisten Leute sich eine Gegenleistung von einer Freundschaft mit ihm versprachen – gewöhnlich Geld, geschäftlichen Rat oder gesellschaftliche Kontakte.

Sie dachte einen Moment darüber nach und nagte an ihrer Unterlippe. Die natürliche Farbe ihrer Lippen war ein helles Pink, das ihn an die Rosen erinnerte, die seine Mutter stets für das Frühstückszimmer bestellt hatte. Würden Lilys Lippen sich so zart anfühlen wie die Rosenblätter?

“Mir ist mein Unternehmen auch wichtig, und trotzdem habe ich Freunde, die damit nichts zu tun haben”, erklärte Lily.

Es war auf charmante Weise naiv von ihr, ihren kleinen Betrieb mit einem internationalen Unternehmen zu vergleichen. Es gefiel ihm, dass ihr nicht ganz klar war, welchen Einfluss er in der Hotelbranche hatte.

Es gefiel ihm jedoch nicht, über sein Privatleben zu reden oder über das Fehlen enger Bekanntschaften. Stattdessen wollte er die Unterhaltung wieder auf sie lenken. Wieso hatte sie zwei jüngere Brüder großgezogen?

“Unsere Lebensstile sind offenbar sehr verschieden.”

Sie lachte. “Das kann man wohl sagen.”

Es war nicht gut, sie auch noch zu mögen, denn er begehrte sie, und emotionale Verwicklungen behandelte man besser wie geschäftliche Transaktionen.

“Jemandem wie Ihnen bin ich noch nie begegnet.”

“Ist das gut oder schlecht?”, entgegnete sie.

Preston wurde klar, dass es gut für ihn sein würde, Lily zu verführen, weil sie ihn mit ihrem unschuldigen Charme an ein besseres Leben erinnerte. Und verführen würde er sie, denn zum ersten Mal seit langer Zeit fühlte er sich lebendig. Er freute sich darauf, diese dreiste Frau zu bändigen.

“Ich weiß nicht.”

Der Fahrstuhl kam an, und sie fuhren schweigend hinunter in die Lobby. Joshua, einer der Sicherheitsleute, hatte den Jaguar vorgefahren und wartete darauf, dass Lily ihm die Wagenschlüssel gab. “Wir fahren zum Van Benthuysen-Elms Mansion in der St. Charles Street.”

“Ja, Sir.”

Lily war damit beschäftigt, ihre Wagenschlüssel aus der Handtasche zu kramen. Sie reichte sie Joshua, und er ging davon.

“Na schön, ich bin bereit”, sagte sie.

Preston umfasste ihren Ellbogen und führte sie hinaus zu seinem wartenden Wagen. Auch wenn sie keck und selbstbewusst war, würde sie ihm trotzdem erliegen. Es war lange her, dass jemand ihn in irgendeiner Form herausgefordert hatte. Und noch länger war es her, dass ihn eine Frau dermaßen fasziniert hatte.

2. KAPITEL

Lily musste vorübergehend den Verstand verloren haben, dass sie sich einverstanden erklärt hatte, mit diesem Mann irgendwo hinzufahren. Prestons Wagen hatte Ledersitze, einen Navigationscomputer, der ihre Route berechnete, um Verkehrsstaus zu entgehen, und Vivaldi im Sourround-Sound. Prestons Berührung war ihr durch und durch gegangen, wie ein Blitz, der den Nachthimmel durchzuckte. Ein heftiges, kurzes Aufblitzen, und dann nichts außer dem Grollen des nachfolgenden Donners.

Normalerweise reagierte sie nicht so stark auf Männer, die sie gerade erst kennengelernt hatte. Preston hingegen wühlte sie so auf, dass ihre Haut prickelte und das Blut schneller durch ihre Adern strömte.

Er war ungeduldig mit ihr gewesen, und da sie schon öfters mit viel beschäftigten Chefmanagern zu tun gehabt hatte, war ihr klar, dass er vorgehabt hatte, sie in den ersten fünf Minuten abzuwimmeln. Diese Manager verlangten stets Topqualität, waren aber nur selten bereit, die dazu nötige Zeit zu investieren.

Aber dann war etwas Seltsames zwischen ihnen geschehen. Sie hatte eine Verbindung zu diesem Mann verspürt, denn trotz dem, was sie ihm gesagt hatte, war ihre Arbeit auch ihr Leben.

Sie spürte seinen Blick auf ihren Beinen, als sie versuchte, ihren Rock glatt zu streichen. Nie mehr würde sie sich ein Kostüm kaufen, ohne es vorher anzuprobieren. Prestons Blick auf ihre Beine brachte die Unsicherheiten aus ihrer Teenagerzeit zurück.

Das war lächerlich, da sie eine erwachsene Frau von fünfundzwanzig Jahren war. Sie führte eine erfolgreiche, auf Antiquitäten spezialisierte Innenausstattungsfirma, und zwar allein, seit ihre Großmutter sich vor einem Jahr mit ihrem langjährigen Lebensgefährten Humberto in Florida zur Ruhe gesetzt hatte.

Lily konnte nicht denken, wenn er sie beobachtete. Alles, woran sie denken konnte, war, dass dieser Wagen mehr kostete als Dashs und Beaus Studiengebühren zusammen.

“Das ist ein tolles Auto.”

“Ich weiß. Ich habe das Design mitgestaltet.”

“Tatsächlich?” Das Einzige, was sie außer Inneneinrichtungen je gestaltet hatte, war eine Werbeanzeige im Telefonbuch.

“Ja, ich habe dem Autohändler eine Liste mit Extras gegeben, die ich mir wünschte.”

Er hörte sich an wie einer ihrer Brüder, wenn sie genau das Weihnachtsgeschenk bekommen hatten, das sie sich gewünscht hatten. Lily musste lächeln. Was war das nur mit Männern und Autos? “Wie funktioniert so was? Bieten amerikanische Autohersteller einen solchen Service an?”

“Die meisten, wenn der Preis stimmt. Alles ist möglich, wenn man bereit ist, dafür zu zahlen.”

“Was Sie natürlich sind.”

“Geht es Ihnen nicht auch so, dass die Dinge, die Sie sich am sehnlichsten wünschen, den höchsten Preis haben?” Er sah sie an, während er vor einer roten Ampel bremste. Lily betrachtete die faszinierenden Fältchen um seine Augen. Offenbar verbrachte er viel Zeit in der freien Natur.

“Nein.”

“Nennen Sie mir eine lohnenswerte Sache, die nicht kostspielig ist”, forderte er sie auf.

Sie zögerte. Sobald die Unterhaltung erst einmal diese Richtung eingeschlagen hatte, würde ihre Beziehung keine oberflächliche Geschäftsbekanntschaft mehr sein. Doch etwas in seinen Augen zwang sie, aufrichtig zu antworten. “Liebe.”

Die Ampel sprang auf Grün um, und er gab Gas. Der neben ihm stehende Wagen blieb hinter ihnen zurück. “Liebe ist eine Kinderfantasie. Nennen Sie mir etwas Reales.”

Autor

Renee Roszel

Renee ist mit einem Ingenieur verheiratet, was einen großen Vorteil und einen kleinen Nachteil hat. Der Vorteil: Wann immer ihre Kinder Probleme in Mathe haben, kann er helfend einspringen, denn Renee könnte es ganz sicher nicht! Der Nachteil: Seine Liebeserklärungen tendieren dazu, sehr sachlich zu sein – er ist und...

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