Baccara Exklusiv Band 56

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EIN STRIP... NUR FÜR DICH von FOSTER, LORI
Jeden Abend tanzt Georgia spärlich bekleidet auf der Bühne der schäbigen Bar. Die Gesichter der Männer, die sie lauthals anfeuern, nimmt sie längst nicht mehr wahr. Bis sie Jordan Sommerville bemerkt. Die Welt scheint stillzustehen. Gibt es Liebe auf den ersten Blick?

ES GESCHAH IN JENER NACHT von FETZER, AMY J.
Heiße Küsse beim Tanzen, erregende Berührungen im Aufzug und im Hotelzimmer dann die Explosion der Leidenschaft! Dass Melanie in dieser Nacht ein Kind empfing, erfährt Jack erst Monate später. Auf der Stelle will er sie heiraten - aber Melanie lehnt ab …

SÜSSES SPIEL UNSERER LIEBE von ELLIOTT, ROBIN
Ihre Liebe zu William erschien Bailey immer wie ein Traum - aus dem sie nun langsam erwacht: Als Williams Ehefrau soll sie sich nur noch um Haushalt und Familie kümmern. Ein wahrer Albtraum für die erfolgreiche Geschäftsfrau! Auch das Ende einer großen Leidenschaft?


  • Erscheinungstag 08.04.2009
  • Bandnummer 56
  • ISBN / Artikelnummer 9783862956302
  • Seitenanzahl 384
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Amy J. Fetzer, Robin Elliott, Lori Foster

BACCARA EXKLUSIV, BAND 56

AMY J. FETZER

Es geschah in jener Nacht

Vergeblich hat Melanie versucht, ihn nach ihrer leidenschaftlichen Nacht zu erreichen. Jack Singer war unterwegs in geheimer Mission – und erfährt erst Monate später, dass er eine kleine Tochter hat. Obwohl er in ihr immer noch stürmische Gefühle weckt, lehnt Melanie Jacks Heiratsantrag ab. Sie will den Geliebten ganz – nicht nur als Namensgeber für ihr Kind.

ROBIN ELLIOTT

Süsses Spiel unserer Liebe

In der faszinierenden Bailey hat William die Frau seiner Träume gefunden, die er so schnell wie möglich heiraten will. Leider hat die engagierte Geschäftsfrau so gar keine Lust, sich für ihn in eine brave Hausfrau zu verwandeln. Können sie einen Kompromiss für ihre Liebe finden – oder werden die zärtlichen Nächte bald nur noch eine Erinnerung sein?

LORI FOSTER

Ein Strip … nur für dich

Nur mit einem durchsichtigen Body bekleidet, bewegt sich Georgia aufreizend im Rhythmus der Musik. Auf den ersten Blick ist Jordan fasziniert von der Tänzerin mit der erotischen Ausstrahlung. Heißes Begehren flammt in ihm auf. Doch als er sie nach Hause bringt, erlebt er eine Überraschung, die ihn beschämt. Er hat sich in Georgia gründlich getäuscht …

1. KAPITEL

Herzlichen Glückwunsch! Es ist ein Mädchen!

Lieutenant Jack Singer blinzelte und las die Postkarte noch einmal. Die Karte zeigte eine alte Plantage, und die Handschrift gehörte seiner Schwester.

„He, ich bin Onkel geworden. Ich habe eine Nichte!“

Jacks SEAL-Kamerad Reese Logan lächelte. „Toll! Richte Lisa und Brian meine Glückwünsche aus.“

Ein Mädchen. Jack runzelte die Stirn. Mehr hatte Lisa nicht geschrieben. Sehr merkwürdig, dass seine Schwester, die eine Fotonärrin war, keine Fotos geschickt hatte. Und noch merkwürdiger, dass sie nicht einmal erwähnt hatte, dass sie schwanger war. Zwar hätte sie ihn auch gar nicht erreichen können, außer durch sein Postschließfach. Bei seinem fünfzehnmonatigen Sondereinsatz war jeder Kontakt zur Außenwelt verboten gewesen. Das war das Schwierigste daran, zu den SEALS, der Eliteeinheit der Navy, zu gehören. Dass man oft für längere Zeit keine Verbindung zur Außenwelt hatte oder gezwungen war, sie so einzuschränken, dass einen die Freunde oft vergaßen.

So wie Melanie Patterson es offenbar getan hatte.

Er ging hastig seine Post durch, fand aber leider nicht, was er erhofft hatte: einen Brief, der ihm gezeigt hätte, dass die Frau, mit der er nach der Hochzeit seiner Schwester die unglaublichste Nacht seines Lebens verbracht hatte, ihn nicht völlig aus ihrem Leben verdrängt hatte. Jack schloss sein Postfach zu und steckte den Schlüssel ein. Danach ging er zur Kommandozentrale. Er hatte zwei Monate Urlaub, und er wusste genau, wo er die verbringen würde. Er würde die Zeit nutzen, um seine Schwester und seine kleine Nichte zu besuchen – und dann würde er vielleicht auch Melanie finden und sie fragen, warum sie ihn mit der Präzision eines Skalpells aus ihrem Leben entfernt hatte.

Plötzlich traf ihn die Möglichkeit wie ein Schlag, dass sie ihn vielleicht schlicht und einfach vergessen hatte.

Das wäre wirklich sehr übel, um es milde auszudrücken, weil seine Erinnerungen an die Hochzeit seiner Schwester vor allem mit Melanie verbunden waren. Sie war eine der Brautjungfern gewesen, Lisas beste Freundin und drei Jahre älter als sie. Und sie gehörte zu den Frauen, die einen Mann froh sein ließen, dass er ein Mann war.

Jack ging zu einer der Telefonzellen und wählte Lisas Nummer. Er sagte sich, dass er eigentlich viel aufgeregter über seine neue Nichte sein und nicht ständig daran denken sollte, wie er Lisa über Melanie Patterson ausfragen konnte. Das war kein gutes Zeichen – eigentlich sollte er froh darüber sein, dass die Frau nichts von ihm wollte. Aber er war es nun mal nicht.

Als er es vor einigen Monaten geschafft hatte, an ein Telefon zu kommen, hatte er feststellen müssen, dass Melanies Telefon abgestellt worden war. Es war, als hätte sie nie existiert. Er hatte seine Schwester befragt, aber auch sie hatte seit Monaten nichts mehr von Melanie gehört. Er machte sich Sorgen und war gleichzeitig wütend.

Warum wollte sie nicht mit ihm sprechen? Sie passten gut zusammen, vor allem im Bett, aber auch sonst. Jack dachte wohl zum millionsten Mal an jene Nacht zurück. Schon die Erinnerung daran, wie er mit Melanie geschlafen hatte, reichte aus, um ihn wahnsinnig zu machen.

„Keine Post von ihr?“

Jack schüttelte den Kopf und lauschte dem Klingeln am anderen Ende der Leitung, während die anderen SEALS sich die Ausrüstung abnahmen und die teuersten Teile dem Bedarfsoffizier übergaben.

„Gib’s auf, Kumpel. Ich habe die Botschaft deutlich verstanden, auch wenn du dich weigerst, sie zu kapieren.“

Jack sah Reese finster an. „Ich gebe nicht so schnell auf.“

„Man soll auch nicht aufgeben, solange noch eine Chance besteht, aber die Frau hat ihre Gefühle für dich ganz deutlich gemacht, wenn du mich fragst.“

Jack schüttelte den Kopf und fragte sich, warum seine Schwester nicht den Anrufbeantworter angestellt hatte. „Melanie Patterson ist die Mühe wert.“

Reese grinste. „Greif dir eine Schwimmweste, Lieutenant, denn dein Schiff ist schon dabei, abzusaufen.“

Jack achtete nicht weiter auf ihn, aber er musste zugeben, dass er beunruhigt war. Er hätte nie gedacht, dass es ihn so schwer erwischen könnte. Sicher, er hatte sehr oft an Melanie denken müssen, und er wollte wieder mit ihr Kontakt aufnehmen. Aber es war mehr als das. Sie hatten in so vielen Bereichen zueinander gepasst, nicht nur im Bett, und er wollte sie wiedersehen, um herauszufinden, ob diese Verbindung echt war oder nur reines Wunschdenken.

Fünfzehn Monate vorher

Die Hochzeit war vorbei.

Anstelle seines verstorbenen Vaters hatte Jack seine kleine Schwester zum Altar geführt und sie dem Mann übergeben, den sie liebte, und sie dann vor ein paar Minuten beide zu der wartenden Limousine begleitet und sie ihr neues Leben beginnen lassen. Seine Mutter war mit ihren Freunden abgezogen, und jetzt konnte er sich endlich ganz auf den Menschen konzentrieren, der ihn seit zwei Wochen keine Ruhe mehr ließ – die Ehrenbrautjungfer Melanie Patterson.

Schon ihre Nähe machte es ihm schwer, klar zu denken. Ganz davon zu schweigen, welche Wirkung sie sonst noch auf ihn hatte. Er kämpfte schon seit über 336 Stunden gegen seine Leidenschaft an, seit dem Moment, als er die beste Freundin seiner Schwester zum ersten Mal gesehen hatte.

Sie hatte die längsten Beine, die man sich vorstellen konnte, war eigenwillig und so verdammt sexy, dass er darauf brannte, sie zu berühren. Wenn er nicht gerade damit beschäftigt war, ein Problem aus der Welt zu schaffen, das den wichtigsten Tag seiner kleinen Schwester ruinieren könnte, war er mit Melanie zusammen und plauderte mit ihr bis spätnachts oder segelte mit ihr auf dem Fluss, wenn sie dem Chaos der Hochzeitsvorbereitungen für kurze Zeit entfliehen konnten. Wenn sie nicht bei ihm war, dachte er an sie und an die Möglichkeit, den schicken Rotschopf irgendwann an einen Ort zu locken, wo sie völlig ungestört waren. Um herauszufinden, ob sie so gut küsste, wie sie aussah. Er wettete einen ganzen Monatslohn, dass sie unvergleichlich war.

Aber es war nicht nur er, der völlig durcheinander war. Das wusste er genau, sonst hätte er sich zusammengerissen und sich von ihr ferngehalten. Die Signale, die er von ihr empfing, die sie ihm schickte, waren eher ein sehr zarter Wink, aber sie trafen ihn mit voller Wucht ins Herz und verstärkten sein Verlangen nach ihr.

Während die Limousine davonfuhr, winkte er seiner Schwester nach und sah Melanie an. „Melanie?“

Sie lächelte. „Hi, Lieutenant. Habe ich dir schon gesagt, wie hinreißend du in deiner weißen Uniform aussiehst?“

„Nein, aber du darfst gern jetzt damit anfangen.“

„Ein Navy-SEAL mit einem stark ausgeprägten Selbstwertgefühl“, neckte sie ihn. „Wie selten.“

Um sie herum begann der Partyservice mit dem Aufräumen. Die Band spielte noch ein letztes Lied, und während die letzten Gäste sich zerstreuten, nahm Jack Melanie in die Arme und zog sie auf die Tanzfläche.

„Du hast heute Morgen wunderschön ausgesehen.“

„Aber jetzt nicht mehr?“

Er lächelte. Sie hielt ihn auf Trab, das musste er ihr lassen. „Du warst die Ballkönigin, das weißt du doch, oder?“

„Vielen Dank. Ich bin auch so nett und verrate deiner Schwester nicht, dass du das gesagt hast.“

Er zog sie dichter an sich, und ihr Körper so dicht an seinem entfachte ein heftiges Feuer in ihm.

Sie atmete tief ein. „Jack.“ Sie versuchte sich seinem festen Griff zu entziehen.

„Pscht“, machte er und fing an, mit ihr auf der Tanzfläche herumzuwirbeln. „Du fühlst es doch auch, oder?“

„Oh ja“, flüsterte sie und legte den Kopf an seine breite Schulter.

Er liebte es, sie so nah bei sich zu haben. Sie passte perfekt in seine Arme. Und er wusste, dass sie auch in jeder anderen Hinsicht perfekt zu ihm passen würde. „Gut. Ich hatte gehofft, dass ich nicht allein diese Qualen durchstehen muss.“

„Nein.“ Sie strich ihm sanft über den Rücken.

Er wünschte nur, er würde ihre Hände direkt auf seiner Haut spüren und dass sie beide nackt in seinem Bett lägen. „Du bringst mich langsam, aber sicher um den Verstand, weißt du das?“, flüsterte er dicht an ihrem Ohr.

Sie erschauerte. „Davon habe ich nichts gemerkt.“

„Es wäre ja auch nicht das Beste gewesen, wenn ich der Ehrenbrautjungfer nachsteige, während Lisa wegen der Blumen einen Nervenzusammenbruch hat, oder?“

„Dann muss ich Sie wirklich zu Ihrer Zurückhaltung beglückwünschen, Lieutenant.“

„Nein, bei den Gedanken, die mir durch den Kopf gingen, hätte man mich besser vor ein Kriegsgericht stellen sollen.“

Melanie hob den Kopf von seiner Schulter und betrachtete sein attraktives Gesicht. Sie sah Leidenschaft und Verlangen in seinen Augen, genau dieselbe Botschaft, die sie schon seit vierzehn Tagen darin las.

Jack Singer war in Lisas Wohnzimmer gekommen, das vollgestopft war mit Metern von Tüll- und Satinstoff, und ein einziger Blick von ihm hatte Melanie bis ins Innerste getroffen. Es lag gar nicht so sehr daran, dass er gut aussah – er sah sogar sehr gut aus – und auch nicht daran, dass seine Uniform wie angegossen saß und jede Frau bei seinem Anblick weiche Knie bekam. Es waren vielmehr seine Augen, die es ihr sofort angetan hatten, Augen, die so viel von seinen Gefühlen verrieten.

Sie erinnerte sich an die Art, wie er Lisa heute Morgen in ihrem Hochzeitskleid angesehen hatte. Seine dunkelblauen Augen hatten sich mit Tränen der Rührung gefüllt. Wer hätte gedacht, dass ein so starker Mann mit einem so gefährlichen Beruf dahinschmelzen würde beim Anblick einer Braut? Aber dann erinnerte sie sich auch an den Blick, den er dem Blumenhändler zugeworfen hatte, der fast den großen Tag seiner Schwester verdorben hätte. Wenn Blicke töten könnten …

„Was waren das denn für Gedanken?“, fragte sie ihn plötzlich.

„Das ist ein gefährliches Terrain“, warnte er sie und ließ genießerisch den Blick über sie wandern.

„Ich lebe gern gefährlich.“

„Mit mir? Jetzt?“

Sie legte ihm die Arme um die Schultern und eine Hand in den Nacken, um seinen Kopf zu sich herunterzuziehen. Es kam ihr vor, als hätte sie es schon unzählige Male vorher getan, als würde sie ihn seit Tausenden von Jahren kennen.

„Ich habe mich schon gefragt, wann du endlich in die Gänge kommst“, sagte sie leise.

Im nächsten Moment presste er wild den Mund auf ihre Lippen und drückte sie dicht an sich. Es war umwerfend, genau, wie er es sich vorgestellt hatte. Viel zu heiß und intim, um in aller Öffentlichkeit weiterzumachen. Jack war hart geworden und wusste nicht mehr, wo ihm der Kopf stand.

„Wow, Singer!“, hörte er jemanden aus einiger Entfernung sagen und löste sich widerwillig von Melanie. Sein Atem kam unregelmäßig.

„Halt die Klappe, Reese“, sagte er zu seinem Freund, ohne den Blick von Melanies Gesicht zu nehmen.

„Jawohl, Sir“, gab Reese amüsiert zurück.

„Lass uns von hier verschwinden, Melanie.“

Sie atmete tief ein und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. „Was tun wir dann noch hier?“

Er lächelte und wartete, während sie ihre Tasche holte. Mit einer Geschwindigkeit, als wäre der Teufel hinter ihnen her, verließen sie den schicken Club, wo die Hochzeitsfeier stattgefunden hatte. Während der Taxifahrt zum Hotel berührte Jack Melanie nicht und küsste sie auch nicht, weil er sich nicht zutraute, die Grenzen des Anstands nicht zu überschreiten, wenn er erst mal damit anfing. Er hielt nur ihre Hand, und es kam ihm wie das Erotischste vor, das er je getan hatte. Ihre Finger waren miteinander verflochen, die Handflächen lagen dicht aneinander. Er fand das intimer als so manche Nacht, die er mit anderen Frauen verbracht hatte.

Vor dem Hotel stieg er aus dem Taxi, bezahlte den Fahrer und nahm wieder Melanies Hand, als sie in die Rezeptionshalle gingen und dann den Aufzug betraten. Er sah Melanie nicht an, aber er spürte immer noch ihren Körper dicht an seinem, fühlte ihre Wärme und ihren Duft. Und er hielt sich nur mit größter Anstrengung zurück.

Die Menschen lächelten und nickten. Ein Mann erwähnte, dass er auch bei der Marine gewesen war, und Jack hoffte, dass er eine passende, respektvolle Antwort gab, aber er erinnerte sich später nicht mehr daran. Menschen stiegen ein und aus, und der Aufzug bewegte sich stetig, aber viel zu langsam weiter. Und dann waren sie endlich allein, die Einzigen, die zu den obersten Stockwerken des Hotels wollten. Jack hielt es nicht länger aus. Er drehte sich abrupt zu Melanie um.

Sie lächelte und streckte ihm die Arme entgegen. Er drängte sie gegen die Wand und küsste sie wie ein Verhungernder. Und sie erwiderte seinen Kuss mit derselben Verzweiflung.

Jack verlor jede Selbstbeherrschung. Als Melanie seine Hand nahm und sie sich auf den Schenkel legte, genau unter den hohen Seitenschlitz ihres Abendkleides, stöhnte er auf und fuhr begierig höher, zuerst zum Spitzenrand ihres halterlosen Seidenstrumpfs und dann zu ihrer zarten, warmen Haut. Er packte ihren festen Po und zog sie dichter an sich. Sie stieß kleine erstickte Laute der Lust aus, aber er wollte noch viel mehr von ihr hören – ihren Aufschrei, wenn er sie zum Gipfel der Leidenschaft brachte.

Er schlüpfte mit der Hand zwischen ihre Schenkel und begann sie zu streicheln. Melanie schnappte erregt nach Luft und krallte die Finger in seine Schultern, während seine Finger sie liebkosten.

Sie unterbrach den Kuss. „Was wir tun, ist sehr gewagt.“

Jack lächelte. „Ja, ich weiß. Ich werde es nie vergessen.“ Und dann schob er die Hand unter ihren Seidenslip und drang mit einem Finger tief ein.

„Oh, Jack“, brachte sie atemlos hervor und bog sich ihm unwillkürlich entgegen.

Jack liebkoste ihre empfindlichste Stelle. Melanie warf schwer atmend den Kopf nach hinten und schrie leise auf, als er mit einem zweiten Finger eindrang.

„Oh, du meine Güte!“

„Oh, ja“, flüsterte er und küsste ihren Hals. Es war so schön, sie zu streicheln und ihre heftige Reaktion zu spüren. Dann klingelte der Aufzug, und die Tür öffnete sich. Melanie und Jack stöhnten frustriert auf und lösten sich voneinander. Jack nahm sofort Melanies Hand und ging eilig den Flur zu seinem Zimmer hinunter.

Jack fummelte mit der Chipkarte an der Tür herum. Melanie riss ihm die Karte aus der Hand und steckte sie in den Schlitz, ohne Jack aus den Augen zu lassen. Die Tür sprang auf, und Jack zerrte Melanie hinein, stieß die Tür zu und drängte Melanie gegen sie.

Sie lachte über seine Ungeduld, und er küsste sie tief und wild. Mit zitternden Fingern knöpfte Melanie sein Hemd auf und schleuderte ihre Sandaletten von sich. Auch Jack befreite sich von seinen Schuhen, dann folgte seine Uniformjacke. Melanie drehte sich um, die Hände an die Tür gestützt, damit Jack den Reißverschluss in ihrem Rücken öffnen konnte. Er atmete tief ein, als er den fliederfarbenen BH und den dazu passenden Slip sah. Er verteilte heiße Küsse entlang ihrer Wirbelsäule und schob sanft das Kleid von ihren Schultern, sodass es auf den Boden glitt. Dann drehte er Melanie zu sich herum und musterte sie.

„Bist du schön!“, brachte er nur hervor.

Sie hob neckend die Augenbrauen und öffnete den Verschluss ihres BHs. Jacks Puls beschleunigte sich. Hastig streifte er sein Unterhemd ab.

Melanie legte seine Hände auf ihre Brüste, aber Jack brauchte keine Ermunterung. Er war jetzt mehr als bereit für sie. Das war er schon seit zwei Wochen. Jedes Mal wenn sie beide sich zufällig berührt hatten, hatte er das Gefühl gehabt, einen elektrischen Schlag zu bekommen. Jedes Mal wenn sie gelacht oder gelächelt hatte, hatte er sich lebendiger und glücklicher gefühlt.

Er streichelte ihre Brüste, spürte, wie die rosigen Spitzen sich aufrichteten, und konnte es kaum erwarten, sie mit dem Mund zu liebkosen. Und genau das tat er dann voller Gier, schloss den Mund um eine Knospe und saugte hingebungsvoll an ihr.

Melanie hob ein Bein und schlang es um seinen Schenkel. In ihrem Kopf schien sich alles zu drehen, so berauschend war das Lustgefühl, das Jack in ihr weckte. Ihr Puls raste, während er sie weiterhin mit der Zunge liebkoste, zuerst ihre Brust, dann ihre Rippen, ihren Bauch.

Er schlüpfte mit den Daumen unter den Bund ihres Spitzenslips und zog ihn herunter, während er vor ihr in die Knie ging. Er berührte und küsste ihre Schenkel, ihre Knie, ihre Waden. Dann hob er eins ihrer schlanken Beine und legte es sich über die Schulter. Er hielt inne und sah zu ihr auf. Sie lächelte und fuhr ihm mit einem Finger über die Lippen.

Und dann drückte er den Mund auf ihren empfindlichsten Punkt, und Melanie fühlte sich, als würde in ihr ein Feuerwerk der Lust explodieren.

„Jack“, stöhnte sie auf.

Seine Zunge drang gierig vor, und Melanie schrie leise auf. Sie wollte viel mehr von ihm. Sie war hungrig nach diesem Mann, nach allem, was er ihr geben konnte. Aber sie wusste, dass er sie verlassen würde, weil sein Job sein Leben war. Es gab nur das Jetzt für sie, und sie wollte es bis zur Neige auskosten, wollte alles genießen, was er ihr geben konnte.

Und er gab ihr alles. Er liebkoste und reizte jede empfindliche Stelle ihres Körpers mit einer Meisterschaft, die Melanie in Flammen aufgehen ließ. Jack spürte die Schauer, die sie durchzuckten, das Anspannen ihrer Muskeln, das Verlangen. Er spreizte ihre Beine noch mehr und drang mit zwei Fingern ein. Melanie keuchte auf und klammerte sich an ihn, um nicht zu fallen.

„Jack!“, rief sie.

Er wollte ihr noch mehr Lustschreie entlocken, er wollte der einzige Mann sein, bei dem sie die Kontrolle über sich verlor, ja, er wollte der einzige Mann in ihrem Leben sein. Aber er durfte nicht an so etwas denken, wenn er schon in wenigen Stunden Tausende von Meilen von ihr entfernt sein konnte. Also genoss er nur den Augenblick, wie er es schon seit Jahren tat und wie er es auch noch die nächsten Jahre tun würde.

Er richtete sich auf, und sie lehnte sich erschöpft an ihn, aber nur einen Moment lang. Dann legte sie die Arme um ihn, küsste ihn feurig und schlüpfte mit der Hand zwischen sie beide, um seinen Gürtel zu öffnen und den Reißverschluss aufzuziehen. Jack stützte sich an der Tür hinter sich ab und unterdrückte mühsam ein Aufstöhnen, als sie die Hand in seine Hose schob.

„Jetzt bist du an der Reihe“, flüsterte sie.

„Oh nein.“

„Was ist los, Lieutenant? Geht dir schon die Puste aus?“

„Nein, aber ich fürchte, es könnte vorbei sein, ehe es begonnen hat.“

Sie lachte und verstärkte den Druck ihrer Finger um ihn, streichelte ihn aufreizend langsam und schob seine Hose nach unten. Jack befreite sich hastig ganz von der Hose und zog Melanie an sich. Der Aufprall von nackter Haut auf nackter Haut nahm beiden den Atem.

Jack streichelte Melanie begierig, wollte jeden Zentimeter ihres Körpers erkunden. Aber auch Melanie blieb nicht untätig. Ihre Liebkosungen machten ihn wahnsinnig. Noch nie war er so hart gewesen vor Verlangen. Schnell nahm er sie auf die Arme und ging mit langen Schritten auf sein Bett zu. Er setzte sie in der Mitte ab, und sie zog ihn zu sich herunter.

Wieder umschlang Jack sie mit seinen muskulösen Armen, und Melanie dachte nur, dass es noch nie in ihrem Leben für sie so aufregend mit einem Mann gewesen war. Als er etwas aus der Schublade neben dem Bett holte, nahm Melanie es ihm geschickt weg.

Er hob fragend die Augenbrauen.

Sie lächelte, stieß ihn zurück, sodass er auf dem Rücken landete, und setzte sich rittlings auf seine Schenkel. Jack setzte sich auf. Sie öffnete die Folie und brachte Jack fast um den Verstand, als sie ihm das Kondom ganz langsam überstreifte.

„Melanie, hab Erbarmen!“

„Kommt nicht infrage“, erwiderte sie und rutschte etwas höher.

Er lachte leise, umfasste ihre Brüste und richtete sich leicht auf, um eine Brustspitze in den Mund zu nehmen. Melanie schloss sekundenlang die Augen. Sie liebte es, wenn er das tat. „Oh, Jack, das machst du so gut.“

„Es ist mir ein Vergnügen, Ma’am.“

Sie lächelte, küsste ihn und erhob sich leicht. „Mein Held.“

Er brachte sich in die richtige Stellung, und Melanie hielt sich an seinen Schultern fest, als sie sich langsam auf ihn senkte, den Blick in seinen getaucht. Und dann füllte er sie groß und hart aus. Jack glaubte, so viel mehr zu fühlen als nur ihren Körper. Aber er konnte nicht verstehen, was es war. Er warf aufkeuchend den Kopf zurück, und sie strich ihm das feuchte Haar aus der Stirn.

„Melanie …“

„Pscht“, sagte sie. „Nicht jetzt.“ Auch sie spürte, dass ihre Verbindung sehr viel mehr war als Sex. Die wilde, hastige Begierde war jetzt vergessen. Das hitzige Drängen hatte einer süßen Intensität Platz gemacht. Es war fast, als hätte das Schicksal sie zusammengeführt, weil jeder in dem anderen das gefunden hatte, was ihm fehlte.

Melanie bewegte sich langsam auf ihm, ließ ihn fast ganz aus sich herausgleiten und nahm ihn wieder tief in sich auf, als könnte sie so einen Mann für sich beanspruchen, der nie wirklich ihr gehören konnte. Er war wie ein wilder Mustang, frei und edel. Und sie würde es nie wagen, ihn festzubinden oder ihn zu bitten, bei ihr zu bleiben. Obwohl sie den Gedanken nicht ertragen konnte, ihn zu verlieren, wo sie ihn doch gerade erst gefunden hatte. Zwei Wochen waren nicht genug.

Jack packte ihre Hüften, den Blick immer noch mit ihrem verschmolzen. Geschickt drehte er sich zur Seite, ohne sich von ihr zu lösen, und nun lag Melanie unter ihm. Sie schlang die Beine um ihn, als wollte sie ihn gefangen nehmen, und er ging nur zu gern darauf ein.

Ihr Herz klopfte wild, und bei jedem seiner Stöße bäumte sie sich voller Verlangen auf, um ihn willkommen zu heißen. Und Jack wusste, dass er diese Nacht niemals vergessen würde, dass er sie unzählige Male wieder durchleben und sich wünschen würde, sie hätte nie geendet.

Immer unkontrollierter, immer kraftvoller bewegte er sich. Melanie schrie auf vor Erregung. Jack steigerte sein Tempo, und schließlich wurden sie beide von einer Welle heißer Lust gepackt. Ein letztes Mal drang Jack in ihre feuchte Tiefe vor, und er sah Melanie vor Glück lächeln. Und als sie ihn in ihrer Ekstase ganz fest umarmte, wurde er von einer Wärme erfasst, die das Innerste seines Herzens erreichte.

Melanie flüsterte ihm mit kehliger Stimme seinen Namen ins Ohr und küsste ihn dann mit einer Hingabe, wie er sie noch nie erlebt hatte. Und da wusste er, dass er nie aufhören würde, sie zu begehren. Nur gut, dass die Nacht noch nicht zu Ende war …

Das Telefon klingelte um sechs Uhr früh, und es dauerte ein paar Momente, bevor Jack zum Hörer griff.

„Ich hoffe, du hast eine gute Ausrede, Reese.“ Sonst würde sein guter Freund sich auf ein blaues Auge gefasst machen müssen.

„Lieutenant Singer? Hier spricht Colonel Walsh.“

Jack war sofort hellwach und setzte sich auf. „Ja, Sir.“

„Es gibt neue Pläne. Melden Sie sich so schnell wie möglich zurück.“

„Ja, Sir.“

„Wie war die Hochzeit, mein Sohn?“

Jacks Blick wanderte zu dem schmalen nackten Rücken der Frau, die sich an ihn schmiegte. „Unvergesslich, Sir.“

„Hervorragend. Ich sehe Sie dann also in ein paar Stunden.“

Der Colonel legte auf.

Stunden? Verdammt!

Melanie drehte den Kopf zu ihm um. „Du musst gehen, nicht wahr?“

Er nickte, legte sich wieder hin und nahm Melanie in die Arme. Sie rollte sich auf ihn und legte die Arme auf seine Brust.

„Ich wusste, dass das passieren würde“, sagte sie, und Tränen stiegen ihr in die Augen. Er würde ihr so sehr fehlen. „Ich hatte nur gehofft, dass wir wenigstens ein paar Tage zusammen haben würden.“

Er strich ihr über den Rücken. „Ich auch.“

Sie küsste ihn. „Bitte mich nicht, auf dich zu warten, Jack. Ich glaube nicht, dass ich es ertragen könnte, nicht zu wissen, wann oder ob du wieder zurückkommst.“

„Ich komme zurück, und wenn ich wieder da bin, möchte ich …“

Sie schüttelte den Kopf.„Gib kein Versprechen, das du nicht halten kannst. Ich tue es auch nicht.“

„Warum nicht?“

„Weil ich dich nicht nur gern hab.“ Himmel, sie hatte sich in so kurzer Zeit total in ihn verliebt. „Und ich kann meine Hoffnungen nicht auf einen Mann setzen.“

Jack runzelte die Stirn. Ihm wurde klar, wie wenig er über diese Frau und ihre Vergangenheit wusste. Sein Instinkt sagte ihm, dass man sie sehr verletzt hatte.

Melanie wollte sich nicht an Jack klammern oder sonst einen Mann. Sie war viel zu oft im Stich gelassen worden in ihrem Leben, und sie musste in die Zukunft blicken, ohne sich dabei von Jack abhängig zu machen. Sie musste so tun, als hätte er ihr Herz nicht so tief berührt, als wären sie nie so intim miteinander vereint gewesen.

Es war fast ein Segen, dass er gezwungen war, so bald schon zu gehen. Noch zwei Wochen mit Lieutenant Jack Singer, und sie würde ihr Herz völlig an ihn verlieren. Und das war gefährlich, denn wohin sollte das führen?

Er schob sie sanft auf den Rücken. „Ich gehöre nicht zu den Männern …“

„Pscht“, unterbrach sie ihn. „Komm zu mir, Jack“, flüsterte sie und versuchte, sich ihre Verzweiflung nicht anmerken zu lassen. „Bevor du zu unbekannten Zielen aufbrichst und für wer weiß wie lange fortbleibst, gib mir alles, was du mir geben kannst.“

Da brauchte sie ihn nicht lange zu bitten, und für kurze Zeit drängte ihre Leidenschaft alles andere in den Hintergrund.

2. KAPITEL

Die Vordertür wurde aufgestoßen, und im nächsten Moment starrte Jacks Schwester ihn streng an. „Das ist aber nicht die herzliche Begrüßung, die ich von meiner einzigen Schwester erwartet hätte“, sagte Jack.

„Ich frage mich, ob ich dich noch als meinen Bruder anerkennen soll.“ Lisa verzog das Gesicht zu einer Grimasse, drehte sich auf dem Absatz um und ging ins Wohnzimmer voraus. Jack kam herein und folgte ihr verwirrt.

„He, was ist los? Hat das Baby dir die Hölle heiß gemacht? Ich bin übrigens ganz wild darauf, die Kleine kennen zu lernen.“

„Ach ja?“

„Ja, natürlich. Onkel Jack möchte seine kleine Nichte verwöhnen. Ich habe schließlich ein Recht dazu, oder?“ Er holte einen Koalabären aus Plüsch hinter dem Rücken hervor.

Lisas Gesichtsausdruck wurde ein wenig weicher, aber nicht sehr lange. Sie machte eine ausholende Armbewegung. „Siehst du hier irgendwelche Babysachen herumliegen?“

Er sah sich um. Das gemütliche kleine Haus seiner Schwester war blitzsauber und aufgeräumt. Nichts deutete darauf hin, dass hier ein Kind lebte. Jack runzelte die Stirn. „Das begreife ich nicht.“

„Ich habe kein Baby, Jack.“

Er trat unwillkürlich einen Schritt zurück. „Warum hast du mir dann die Karte geschickt?“

Lisa wich seinem Blick aus, was sie sonst nie tat.

„He, Kleines? Was ist hier los?“, fragte er sie liebevoll.

Sie stieß einen Seufzer aus. „Ich habe dir die Karte geschickt, damit du nach Hause kommst und die Verantwortung übernimmst.“

Eine Sekunde lang erstarrte er. „Was für eine Verantwortung?“

„Deine Verantwortung deiner Tochter gegenüber, Jack.“

Er wurde blass. „Ich habe keine Tochter. Ich bin kein Vater.“

„Ach, ja? Nun, sie ist sechs Monate alt und heißt Juliana. Und sie hat dein Haar und deine Augen.“

Jack rang nach Luft. Es gab ein Baby von ihm? Plötzlich traf ihn die Wirklichkeit wie ein Faustschlag in den Magen. „Wo ist Melanie? Ich habe versucht, sie anzurufen.“

„Du hast angerufen?“

Er warf Lisa einen ungeduldigen Blick zu. „Selbstverständlich habe ich das. Wofür hältst du mich? Ich habe ihr sogar ein paar Zeilen geschickt, als ich noch auf See war, aber sie konnte mir nicht antworten.“ Es war ihm nicht erlaubt, mehr Einzelheiten preiszugeben. „Aber als ich wieder zu erreichen war, kam immer noch nichts von ihr. Kein Anruf, kein Brief, einfach nichts.“

Lisa kaute nachdenklich auf ihrer Unterlippe. „Du hast sie also angerufen. Als sie sagte, sie wolle nicht, dass du etwas erfuhrst, dachte ich, es ist nur … Na ja, dass sie ihre Gefühle vor mir verbergen wollte.“

„Meinst du nicht, dass ich das Recht habe, Bescheid zu wissen?“

„Aber natürlich! Deswegen habe ich dir ja auch die Karte geschickt. Lieber Himmel, Jack, ich dachte, du hättest dich nicht mit ihr in Verbindung setzen wollen. Jedenfalls hat Melanie mir diesen Eindruck vermittelt.“

„Wie hast du das mit dem Kind herausgefunden?“

„Brian und ich waren für einen kurzen Urlaub in Charleston, und ich bin in die Bank gegangen, um einen Scheck einzulösen. Melanie war die Filialleiterin. Sie ist jetzt wieder hierhergezogen, aber sie möchte dich nicht zurückhaben.“

„Sie bekommt mich aber, verdammt noch mal“, sagte er leise und steuerte auf die Tür zu.

„Jack, warte! Das wird ihr nicht gefallen.“ Lisa stöhnte auf und schlang die Arme um sich. „Was willst du jetzt tun?“

„Ich will mit ihr reden, sie heiraten, meiner Tochter meinen Namen geben. Mein Kind wird nicht aufwachsen wie ich, Lisa.

Ich lasse es nicht zu.“ Er stieß gereizt den Atem aus. „Sag mir, wo sie wohnt.“

Jack ging den schmalen Weg zu dem kleinen Haus hinauf, das sich inmitten vieler Bäume befand, weit genug von der Straße entfernt, um Ruhe zu bieten, und umgeben von einem kleinen Lattenzaun, der ein Kind vor dem Straßenverkehr schützen würde.

Er hielt kurz inne. Nicht ein Kind – sein Kind. Melanie hatte sein Kind zur Welt gebracht. Ganz allein, ohne ihn. Ohne dass er überhaupt gewusst hatte, dass er Vater war. Und seine Tochter war schon sechs Monate alt! Er hatte so viel verpasst. Er wusste nicht, wie Melanie ausgesehen hatte mit einem runden Bauch, er hatte die Geburt nicht miterlebt. Er hatte auch das erste Lächeln seiner Tochter nicht gesehen, den ersten stolzen Blick ihrer Mutter. Verdammt! Innerlich kochte er vor Wut, aber gleichzeitig wurde er von einem Gefühl unglaublicher Freude erfüllt.

Er war Vater. In diesem Haus lebte ein Kind, das er mit Melanie in jener unvergesslichen Nacht gezeugt hatte. Und Melanie hatte versucht, ihm die Existenz seines Kindes vorzuenthalten und ihm dieses unvergleichliche Glück zu rauben.

Er klopfte heftig an die Tür.

Gleich darauf wurde sie weit aufgerissen. Jack bekam sekundenlang keine Luft.

Melanie war wunderschön. Sein Herz klopfte wie wild, hungrig wanderte sein Blick über ihren Körper. Keine Frau sah so hinreißend aus in einer schlichten Jeans wie sie. Ihr rotes Haar fiel ihr in weichen Wellen auf die Schultern, und wenn er nicht so sehr damit beschäftigt gewesen wäre, ihren Körper zu bewundern, hätte er den Ausdruck von Überraschung und Ärger in ihren Augen bemerkt.

Doch dann sah er ihn. Na und?, dachte er trotzig. Sie war die Lügnerin hier. Sie war diejenige, die ihm seine Rechte vorenthalten wollte. „Wie ich höre, hast du etwas, das du mir zeigen solltest.“

Sie presste kurz die Lippen zusammen. „Ich werde deine Schwester verprügeln, dass du’s nur weißt.“ An dem Tag, als sie in Charleston zufällig Jacks Schwester getroffen hatte, war ihre ganze Welt zusammengebrochen. Melanie hatte sich damals so einsam gefühlt, und als sie so unverhofft ihre beste Freundin wiedergesehen hatte, hatte sie sich ihren ganzen Kummer von der Seele geredet. Erst da hatte sie erkannt, was sich alles in ihr aufgestaut hatte. Jack hatte ihr so sehr gefehlt.

„Das lässt sich nicht mit dem vergleichen, was ich mit dir tun werde, Melanie.“

Sie lächelte misstrauisch. „Vielleicht kommst du besser wieder zurück, wenn du dich ein wenig beruhigt hast.“

„Ich bin sehr ruhig.“

Sie hob eine Augenbraue, während sie sich alle Mühe gab, sich nicht ihre eigene Aufregung anmerken zu lassen. „Mach mir nichts vor, Jack. Du machst den Eindruck, als wärst du bereit, in die Schlacht zu ziehen.“

Er kam näher und lächelte zufrieden, als sie abrupt den Atem anhielt. „Ich bin immer bereit dazu, denn das ist mein Job. Oder hast du das auch vergessen?“

Melanie hatte nichts vergessen. Weder den Ausdruck in seinen Augen, wenn er sie begehrte, noch den Ausdruck, wenn er wütend auf sie war. Und er war sehr wütend.

„Bittest du mich herein, oder muss ich mir meinen Eintritt erkämpfen?“

Sie sagte nichts, sondern trat zurück und machte ihm Platz. Als er hereingekommen war, schloss sie die Tür hinter ihm. Er stand viel zu dicht neben ihr, und Melanie wünschte sich in diesem Moment nichts mehr, als ihn zu küssen und seine Arme um sich zu fühlen. Da das viel zu gefährlich war, entschloss sie sich, vernünftig zu sein.

„Ich habe nicht versucht, es vor dir zu verheimlichen, Jack.“

Der sanfte Ton ihrer Stimme und die plötzlich tränenfeuchten Augen machten ihn trotz seines Ärgers betroffen. „Wie kommt es dann, dass ich der Letzte bin, der es erfährt?“

„Ich konnte dich nicht erreichen. Du bist ein SEAL.“ Sie ging ihm voraus ins Wohnzimmer. „Was du auch tust, es ist streng geheim. Ich habe deine Einheit angerufen und habe mit einem Lieutenant Frostig gesprochen …“

„Frostig?“, unterbrach er sie.

„Ja, weil sein Verhalten so war.“

Jack versuchte, ein Lächeln zu unterdrücken. Sie hat also doch angerufen, dachte er, nahm seine Mütze ab und steckte sie in seinen Gürtel. Melanie hatte versucht, sich mit ihm in Verbindung zu setzen. Dieser Gedanke dämpfte seine Wut ein wenig.

„Er sagte, da ich weder deine Frau noch eine Verwandte sei, könne ich nicht mit dir sprechen. Selbst Lisa hat versucht, dich auf meine Bitte hin zu erreichen, aber da niemand gestorben war oder so, wollten sie ihr nicht den Gefallen tun.“ Sie zuckte die Achseln. „Irgendwie wollten wir dir nicht einfach über einen Dritten die Nachricht übermitteln lassen, dass du Vater eines Mädchens geworden bist.“

Sie blieb hinter dem Sofa stehen und klopfte automatisch ein Kissen zurecht. Und plötzlich sah Jack sie vor sich, wie sie damals gewesen sein musste, schwanger, den Hörer am Ohr und im Streitgespräch mit dem überkorrekten Lieutenant, um Jack die Neuigkeit mitzuteilen. Aber sie konnte ihn nicht erreichen.

„Also wartete ich ab.“

„Ich habe auch ein, zwei Mal bei dir angerufen und dir dann auch geschrieben. Die Briefe kamen ungeöffnet zurück, deine neue Adresse war unbekannt.“

Sie nickte. „Ich war umgezogen, um in der Nähe meiner Eltern zu sein. Aber es hat mir immer hier gefallen, also bin ich mit der Kleinen zurückgekommen.“ Sie würde keiner Menschenseele anvertrauen, dass sie das wegen Jack getan hatte. Sie war wunderbar ohne ihn zurechtgekommen. Sie hatte auch ihr Baby ganz allein bekommen, oder? Aber dann war sie wieder zurückgekehrt, weil er seine Tochter hier finden konnte, wenn er es wollte. Wirklich mutig, dachte sie kläglich.

Jack sah sich neugierig um. Die Einrichtung war gemütlich und bequem, und die hellen Farben der Teppiche und Gardinen hatten eine beruhigende Wirkung auf ihn.

Auf dem Sofa und dem Boden lagen große Kissen mit Troddeln an den Ecken. Elegant und doch gemütlich, sagte er sich und stellte fest, dass es ihm sehr gefiel.

Und dann fielen ihm die Spielsachen auf. Sein Herz klopfte wieder aufgeregt, und er bückte sich, um eine Puppe aufzuheben. Er strich mit dem Daumen über den Bauch der Puppe und versuchte sich vorzustellen, wie seine kleine Tochter damit spielte.

„Wo ist sie?“

„Sie schläft.“

„Ich möchte sie sehen.“

„Ich wecke sie nicht auf für einen Fremden, Jack.“

„Ich bin kein Fremder.“

„Für sie schon.“

„Du brauchst sie ja nicht aufzuwecken. Ich möchte sie nur ansehen.“

„In ein paar Minuten, okay?“

Solange sie ihm nur versprach, dass er nicht zu gehen brauchte, ohne vorher einen Blick auf seine Tochter zu werfen, war ihm alles recht. „Was hast du zu deinen Eltern gesagt?“

„Nur so viel, wie sie zu wissen brauchten.“ Und als Juliana dann da war, wurden sie die besten Großeltern, die ein Kind sich nur wünschen konnte.

Plötzlich stieg wieder Wut in ihm auf. „Sie glauben also, dass ich irgendein Mistkerl bin, der ihre Tochter im Stich lässt, sodass sie ihr Kind allein zur Welt bringen musste.“

„Nein, das glauben sie überhaupt nicht. Sie haben die Situation verstanden.“

Tatsächlich war ihr Vater am schwierigsten zu kontrollieren gewesen. Wenn Melanie es ihm erlaubt hätte, hätte er Berge versetzt, um Jack zu finden, ihm ein blaues Auge zu verpassen und ihn zu zwingen, seine Tochter zu heiraten. Und das war das Letzte, was Melanie wollte.

Sie wollte nicht, dass Jack wegen des Babys zu ihr zurückkehrte. Aber Jack war ein ehrenhafter Mann, und obwohl er noch nicht dazu gekommen war, war Melanie sicher, dass ihr der nächste große Kampf noch bevorstand.

Er verschränkte die Arme vor der Brust und stellte sich breitbeinig hin. „Dann klär mich bitte auf. Wie konnte das passieren?“

Sie blinzelte ihn unschuldig an. „Vielleicht haben wir ein Mal vergessen, ein Kondom zu benutzen? Was meinst du?“

„Werd nicht frech, Melanie. Das war mir klar. So was passiert, und ich weiß, dass ich genauso willig war wie du. Ich bedaure es auch nicht.“ Er hob fragend eine Augenbraue, ohne die Frage direkt auszusprechen.

Melanie musste an ihre gemeinsame Nacht denken, und ihr wurde ganz heiß. Sie würde nichts lieber tun, als sich ihm wieder in die Arme zu werfen, wenn er sie so ansah. „Ich auch nicht, Jack.“

Seine Miene wurde sanfter. „Wenn das stimmt, warum hast du dir dann nicht vorstellen können, dass ich gern von deiner Schwangerschaft erfahren hätte, um dir zu helfen?“

„Abgesehen davon, dass ich dich nicht erreichen konnte?“, sagte sie trocken. „Nun, ich brauchte dich nicht.“

„Und das rechtfertigt deine Entscheidung?“

„Vielleicht nicht, vielleicht doch.“ Sie ging in die Küche und machte ihnen einen Kaffee.

Sie hatte geglaubt, sie täte ihm einen Gefallen, wenn sie ihn in Ruhe ließ. Ein Mann mit einem so gefährlichen Job konnte es sich nicht leisten, sich um eine Frau und ein Kind zu sorgen. Er musste sich darauf konzentrieren, am Leben zu bleiben. Der Gedanke, sie könnte ihn ablenken, während er in der Schusslinie stand, verursachte ihr Albträume und hatte sie davon abgehalten, zu seiner Einheit zu laufen und einfach zu verlangen, dass er sich sofort mit ihr in Verbindung setzte. Mit der Zeit gewöhnte sie sich daran, alles allein zu tun. Aber als ihr Bauch sich immer mehr rundete, fragte sie sich immer öfter, was Jack wohl sagen würde zu ihrer großen Überraschung, und sehnte sich verzweifelt danach, seine Stimme zu hören.

Er folgte ihr in die Küche. „Und was ist mit mir und was ich brauchte, Melanie?“

Sie sah über die Schulter. „Du brauchst eine Tochter?“

„Woher soll ich das wissen? Ich hatte nie eine. Und wenn es nach dir ginge, hätte ich nie von ihr erfahren.“

Melanie sah den Flur hinunter. „Sei leise.“ Sie stellte die Kaffeemaschine an.

Jack kam zu ihr und packte sie bei den Armen. „Sprich mit mir, Melanie.“

Sie hatte ihn verletzt, dass konnte sie jetzt sehen. Sehr viel mehr, als sie gedacht hatte.

„Du hast mein Baby vor mir geheim gehalten“, fuhr er fort. „Das lässt sich nicht so leicht entschuldigen.“

„Ich habe nur getan, was ich tun musste, und mit den Mitteln, die mir zur Verfügung standen. Du warst unerreichbar. Sie wollten mir nicht einmal verraten, ob du im Land warst.“

Nein, das war er nicht gewesen, aber das durfte er ihr nicht sagen. „Hast du auch nur ein Mal an mich gedacht?“

Sie sah ihn verletzt an, stieß ihn von sich und trat zurück. „Wie kannst du so etwas fragen? Ich war schwanger von dir, Jack. Ich habe ständig an dich gedacht. Auch während der Geburt habe ich an dich gedacht. Und wollte dich windelweich prügeln, wenn du’s genau wissen willst.“

Sie senkte den Blick. Erregung schnürte ihr die Kehle zu. Sie wusste noch, wie wütend sie auf ihn gewesen war, weil er nicht da war, um die Geburt seiner Tochter mitzuerleben und um die Verantwortung gemeinsam mit ihr zu übernehmen. Aber dann hatte sie sich klargemacht, dass er nichts dagegen tun konnte. Er musste seinen Job erledigen. Sie hatte gewusst, dass sie sich nicht mit ihm hätte einlassen dürfen. Nicht wegen Juliana, ohne die sie sich ihr Leben nicht mehr vorstellen konnte, sondern weil Jacks Berührung sie bis ins Innerste ihrer Seele getroffen hatte.

„Wenn ich es gewusst hätte, hätte ich mich nicht gewehrt, glaub mir.“

„Aber die Navy hätte es nicht zugelassen. Ein Kind ist schließlich nicht so wichtig für die harten Männer in der Armee. Frauen bringen ihre Kinder ständig allein zur Welt. Aber ich wusste, dass du kommen würdest, sobald Lisa alles ausplauderte.“

„Und jetzt wo ich hier bin, werden wir heiraten.“

„Oh, die Kavallerie greift rettend ein, was? Mache ich auf dich den Eindruck einer Jungfrau in Not?“

„Du bist die Mutter meines Kindes, und dieses Kind braucht meinen Namen.“

„Mein Name hat mir in all meinen neunundzwanzig Jahren gereicht, also wird er auch für meine Tochter gut genug sein.“

„Warum bist du so stur?“

„Ich will nicht, dass man mich wegen eines Kindes heiratet.“

„Warum nicht? Kommt dir das so altmodisch vor?“

„Ja.“ Sie konnte unmöglich ein Leben mit einem Mann beginnen, den sie kaum kannte. Und sie wollte nicht mit der ständigen Unsicherheit leben, ob er sie selbst haben wollte oder nur bei ihr war, weil sie die Mutter seines Kindes war. Oder noch schlimmer, weil er seine Pflicht erfüllen wollte.

Jack ließ sie los und fuhr sich mit der Hand durch das Haar. „Du bist die seltsamste Frau, die ich kenne.“

„Ist das nicht der Grund, weswegen du mit mir geschlafen hast? Weil ich dir nicht wie alle anderen Frauen zu Füßen lag?“

„Nein, und wenn du das nicht siehst, ist es wahrscheinlich besser, dass ich nicht hier war, als du von deiner Schwangerschaft erfuhrst.“

„Warum?“

„Weil ich dafür gesorgt hätte, dass du meine Gefühle für dich begreifst, Melanie.“

„Du liebst mich nicht, Jack, also behaupte es auch nicht.“

„Nein, denn das wäre nicht wahr.“

Ihr Herz bekam einen kleinen Knacks. Wenigstens ist er ehrlich, dachte sie kläglich.

„Aber was es auch ist, was ich für dich empfinde, es ist so stark, dass ich seit Monaten ständig an dich denken muss.“ Er ging in den Flur zurück, während Melanie noch damit beschäftigt war, seine Worte zu verdauen.

„Entschuldige bitte, aber wohin gehst du?“

„Ich möchte mein Kind sehen.“

„Jack, warte.“

Er blieb abrupt stehen und sah sie finster an. „Ich habe gewartet. Ich habe schon sechs Monate ihres Lebens verpasst und möchte keine einzige Minute mehr verpassen.“

Ein leises Geräusch war zu hören, und Jack erstarrte.

„Jetzt hast du’s geschafft“, fuhr Melanie ihn an, ging an ihm vorbei und lief den Flur hinunter.

Als Jack sich umdrehte, um ihr zu folgen, war sie schon nicht mehr zu sehen. Er lauschte auf Geräusche und ging ihnen nach, bis er ein kleines Zimmer mit rosa Tapete betrat, die mit Märchenfeen bedruckt war. Aber im Moment konnte er weder auf die hellen Möbel noch die lustigen Mobiles achten, die ebenfalls Feen zeigten, denn seine ganze Aufmerksamkeit galt der Frau neben dem Kinderbett.

Er spürte eine unsichtbare Wand zwischen sich und ihr, und Melanie tat ihr Bestes, um diese Distanz aufrechtzuerhalten. Tat sie es, um ihn von seiner Tochter fernzuhalten oder von ihr selbst? Im Moment war die ganze Angelegenheit noch viel zu delikat, als dass Jack hätte viel tun können, um ihre Beziehung zu ändern, aber er war entschlossen, sich nicht fortschicken zu lassen. Er war in seiner Einheit für seine Geduld bekannt, und er hatte vor, sie hier auszuüben. Weil Melanie es immer noch schaffte, ihn so in Erregung zu versetzen, dass er an sich halten musste, um sie nicht in die Arme zu reißen und zu küssen, bis ihr schwindlig wurde. Aber er unterdrückte sein Verlangen, das seit fast anderthalb Jahren in ihm brodelte. Geduld, sagte er sich und ließ noch einen letzten Blick über ihren Körper gleiten.

Er hielt den Atem an, als sie sich über das Kinderbett beugte. Sie hob das Baby hoch, das lebhaft mit den pummeligen Beinchen strampelte. Es protestierte laut, und Melanie drückte es beruhigend an sich.

Jacks Herz zog sich schmerzhaft zusammen, als er zum ersten Mal seine Tochter sah. „Juliana“, flüsterte er, und Melanie sah ihn erstaunt an. „Lisa hat mir ihren Namen verraten und …“ Er wies auf den Namen, der in großen Stoffbuchstaben an der Wand hing, gehalten von zwei rosa Feen. Er kam näher. Juliana hatte ein niedliches rundes Gesicht, dunkles Haar wie er und Augen, die seinen ähnelten, aber die Schönheit hatte sie von ihrer Mutter. Sie schmiegte sich an Melanie und sah ihn mit großen kornblumenblauen Augen an. In diesem Augenblick verlor er sein Herz.

„Hallo, Prinzessin.“

Melanie betrachtete Jack nachdenklich. Er näherte sich seiner Tochter mit einem zärtlichen Zögern, das sie zutiefst rührte.

„Sie ist wunderschön.“ Er streichelte Julianas Ärmchen mit einem Finger, und das Baby sah ihn nur weiter aufmerksam an, als wollte es sich mit seinem Gesicht vertraut machen.

Jack kam so nah, wie er konnte. „Schau dir doch bloß an, was wir zusammen geschaffen haben, Melanie.“ Er neigte den Kopf, um Juliana aufs Haar zu küssen, und atmete den Duft nach Babypuder ein, der die Kleine umgab.

Melanie spürte, dass ihr Widerstand schmolz. Sie war so lange allein mit Juliana gewesen, dass es ein eigenartiges Gefühl war, sie jetzt mit Jack zu teilen. Sie hatte nicht gewusst, was sie von Jack Singer, einem harten SEAL-Offizier, erwarten konnte, aber sie hatte jedenfalls nie für möglich gehalten, dass er sich Hals über Kopf in seine kleine Tochter verlieben würde.

„Ich möchte sie halten, aber wahrscheinlich werde ich ihr Angst einjagen“, sagte er leise.

„Sie ist noch ganz verschlafen.“

„Es tut mir leid, wenn ich sie aufgeweckt habe.“

„Schon gut“, erwiderte Melanie, während er Juliana immer noch streichelte. Aber als seine Fingerspitzen dabei leicht ihre Brust berührten, überlief sie ein heißer Schauer.

Er sah sie mit einer Intensität an, die sie innerlich aufwühlte. „Ich bin jetzt hier, und ich werde bleiben, ob du es willst oder nicht.“

„Ich weiß.“

„Es gefällt dir aber nicht.“

„Nein.“

Er hob eine Augenbraue und strich Juliana sanft über das Haar. „Dann erklärst du mir also den Krieg? Ich glaube, du vergisst, wie es zu dieser Situation gekommen ist.“

„Wir waren beide scharf aufeinander.“

Er verzog den Mund zu einem trockenen Lächeln, und Melanie hielt erschrocken den Atem an, so gefährlich wirkte er in diesem Moment.

„Ja, sicher.“ Er küsste sie ganz sanft auf den Mund. Melanie versuchte, sich zu befreien, aber er schlang die Arme um sie und hielt sie fest. Ihre Tochter strampelte ein wenig und packte sein Hemd mit ihrer kleinen Faust. Jack verstärkte den Druck seiner Lippen, und als Melanie seinen Kuss mit einem kleinen Seufzer erwiderte, hätte er vor Freude am liebsten einen Triumphschrei ausgestoßen.

Gleich darauf löste er sich von ihr. Sie atmete heftig, ihr Blick war verhangen. Der Sieg war ihm sicher. Er brauchte nur etwas Geduld. „Rechne fest mit mir, Melanie. Von jetzt an bin ich ein beständiger Teil deines Lebens.“ Er lächelte. „Daddy ist nach Hause gekommen.“

Er strich Juliana wieder über das Köpfchen und wusste plötzlich, dass dieses kleine Mädchen das Schönste war, was ihm je passiert war. Aber Melanie war wie eine Löwin, die glaubte, ihr Junges verteidigen zu müssen. Da sie so misstrauisch war und in Verteidigungsstellung ging, versuchte er gar nicht erst, seine Tochter in die Arme zu nehmen, sosehr er sich auch danach sehnte, ihren kleinen Körper an seiner Brust zu spüren, Herz an Herz.

„Wir sehen uns bald wieder, wir drei“, sagte er nur, drehte sich um und verließ das Zimmer.

Melanie hielt sich am Kinderbett fest, weil ihr plötzlich die Knie zitterten. Sie sah zu Juliana, die fröhlich gluckste. „Das war Daddy. Was hältst du von ihm?“

Juliana lächelte. „Ja, das ist seine übliche Wirkung auf Frauen“, murmelte sie. „Er wird uns noch ganz schön auf den Nerv gehen, Süße. Was sollen wir nur tun?“

Ihre Tochter wusste keine Lösung, und Melanie hatte auch keine. Sie wusste nur, dass Jack Singer sie mit einem Blick völlig durcheinanderbrachte. Und mit einem Kuss. Was diesen Mann anging, war sie bemitleidenswert schwach.

Aber sie würde ihn nicht heiraten. Also war es besser, ihn ganz aus ihrem Leben herauszuhalten. Große Sprüche und nichts dahinter, dachte sie kläglich. Gerade eben hat seine Nähe dich völlig aus der Fassung gebracht. Nun, sie durfte das einfach nicht wieder zulassen, und sie musste ihm klarmachen, dass er sich den Gedanken an eine Heirat abschminken konnte. Ihre Vorstellung von einer glücklichen Zukunft ließ sich nicht mit einer Vernunftehe vereinbaren. Sie und Juliana würden wunderbar auch ohne Jack zurechtkommen.

Aber er würde wiederkommen, so viel war klar. Sie wusste zwar nicht sehr viel über ihn, aber eins war sicher: Er hatte ihr gerade den Krieg erklärt, und sie fürchtete seinen ersten Angriff. Jack Singer, Navy-SEAL und umwerfend attraktiv, war ein Gentleman, aber Melanie zweifelte keinen Moment daran, dass er schweres Geschütz auffahren würde, wenn es um etwas ging, das er unbedingt haben wollte.

3. KAPITEL

Jack fuhr etwa eine Stunde mit seinem Sportwagen in der Stadt herum, ohne ein bestimmtes Ziel zu haben. Er dachte kurz daran, seinen Freund Reese anzurufen, entschied sich aber dann dagegen. Er wollte nicht, dass irgendjemand eine falsche Vorstellung von Melanie und seinem Baby bekam. So wie es ihm geschehen war, als er ein Kind war.

Er packte das Steuer fester, fuhr schließlich zu seinem Hotel zurück und stellte den Motor ab. Er stieg nicht aus, weil er noch darüber grübelte, wie er es schaffen sollte, von jetzt an im Leben seiner Tochter eine Rolle zu spielen.

Und im Leben ihrer Mutter.

Er stöhnte leise auf und fuhr sich mit der Hand müde über das Gesicht. Melanie Patterson sah ganz und gar nicht wie eine Mutter aus. Er hatte es nicht für möglich gehalten, dass sie noch besser aussehen könnte als in der Nacht nach der Hochzeit, aber sie war ihm heute noch anziehender vorgekommen. Und ihr Kuss war noch aufregender und süßer gewesen. Ein seltsames Gefühl erfasste ihn. Sehnsucht?

Wollte er vor allem wegen des Babys bei ihr bleiben?

Nein, denn er hatte in den vergangenen fünfzehn Monaten immer wieder an sie denken müssen, und da hatte er nichts von dem Baby geahnt. Dass er all die Zeit nicht mit ihr hatte reden können, hatte ihn geschmerzt. Doch er wäre wahrscheinlich verrückt geworden, wenn er gewusst hätte, dass sie schwanger war. Er hätte bei ihr sein wollen, und er hätte alles gegeben, um es tun zu können, was bei seinem Job jedoch unmöglich gewesen wäre. Er konnte nicht einfach verschwinden, wenn sein Commander ihn rief.

Aber er war unglaublich enttäuscht, dass er die Geburt seiner Tochter verpasst hatte. Er seufzte resigniert, stieg aus dem Wagen und ging in das Haus seiner Schwester. Es fiel ihm nicht auf, dass einige Nachbarinnen ihm bewundernd nachschauten. Er sah nur Melanie vor sich, die ihre Tochter an die Brust drückte und ihren Rücken streichelte. Er hatte sich so danach gesehnt, das kleine Geschöpf in die Arme zu nehmen und seine Verantwortung zu spüren, aber er brauchte das Baby nicht zu berühren, um sich seiner Verantwortung bewusst zu sein. Juliana war seine Tochter, sein Fleisch und Blut. Und er würde ihr alles geben, was er nie bekommen hatte. Und das bedeutete vor allem, dass er ihr den Namen ihres Vaters geben würde.

Melanie sah Lisa mit einem schiefen Lächeln an. „Ich weiß, dass es dir leidtut. Vergiss es.“

„Na ja, du hättest dir mehr Mühe geben sollen, es ihm zu sagen“, sagte Lisa und seufzte. „Aber mein großer Bruder ist schon recht anstrengend, was?“

Melanie verdrehte die Augen. Ihre beste Freundin war hoffnungslos romantisch, Melanie aber nicht. Damit hatte sie aufhören müssen, als ihr zweiter Verlobter die Verlobung auflöste. Ein Mal war schon schwer genug, aber noch ein zweites Mal sitzen gelassen zu werden? Melanie schaffte es immer irgendwie, sich in Männer zu verlieben, die sich erst dann in die richtige Frau verliebten, wenn sie schon fest mit Melanie zusammen waren. Es war demütigend, und es war auch der Grund, weswegen sie von keinem Mann mehr ein Versprechen akzeptieren würde. Männer konnten ihre Versprechen einfach nicht halten. Es lag in ihrer Natur. Und Jack war da auch nicht anders. Na ja, vielleicht ein wenig. Immerhin wusste er wenigstens, was Ehre hieß.

Als sie ihn vor Monaten kennen lernte, hatten sich die Frauen regelrecht um ihn gerissen. Er hatte sie zwar alle ignoriert und sich allein auf Melanie konzentriert, aber dennoch. Lisa hatte einmal erwähnt, dass er ein paar Freundinnen vor ihr gehabt hatte, aber welchem Mann, der aussah wie Jack, lagen die Frauen nicht in Scharen zu Füßen?

Na schön, sie selbst hatte auch zu seinen Fans gehört. Er hatte ihr sofort gefallen, und sie hatte ihn haben wollen. Fünfzehn Monate lang hatte sie versucht, ihn sich aus dem Kopf zu schlagen, aber es hatte nicht viel genützt. Sie wollte ihn immer noch haben. Allerdings war es eine Sache, ihn in ihr Bett einzuladen, und etwas ganz anderes, wenn er Teil ihres Lebens wurde.

Das Telefon klingelte, und Melanie stand auf. Sie lächelte, als sie die vertraute Stimme in der Leitung hörte. „Mom, wie geht’s euch?“

„Oh, uns geht’s gut. Und wie geht’s meiner Enkelin?“

Melanie lächelte ihrer Tochter zu, die in ihrem Kinderstuhl saß. „Sie isst Cornflakes und verteilt eine Menge davon auf meinem Küchenboden.“ Ihre Mutter lachte. „Was gibt’s Neues? Wir haben doch erst gestern miteinander gesprochen.“

„Das war, bevor Jack anrief.“

„Was?“

„Ja, gerade eben. Er hat mit deinem Vater geredet.“

Melanie stöhnte auf und lehnte sich an die Wand. „Und was hat Daddy zu ihm gesagt?“

„Ich weiß nicht genau. Ich weiß nur, dass er recht glücklich war, als er aus dem Arbeitszimmer herauskam, weil er lachte. Er hat den schnurlosen Apparat genommen und ist in die Garage gegangen, während er noch mit Jack redete. Offenbar vertragen dein Vater und Jack sich ganz gut. Wusstest du, dass Jack Möbel baut?“

Na, wunderbar. Ihr Vater stellte auch Möbel her. Er besaß jedes Werkzeug, das je für die Holzbearbeitung erfunden worden war, und jetzt im Ruhestand baute er mehr Möbel, als ihre Eltern oder Melanie unterbringen konnten. Also nahm er inzwischen auch Bestellungen von Freunden und Verwandten an. Und wie es aussah, hatten er und Jack jetzt auch noch miteinander Freundschaft geschlossen. Klasse!

„Möbel, hm? Nein, das wusste ich nicht.“ Sie sah Lisa vorwurfsvoll an, als wäre es ihre Schuld, dass Melanies Vater und Jack etwas gemeinsam hatten. Melanie wollte mit ihrem Vater reden, aber er war nicht zu Hause. „Bitte ihn, mich anzurufen, Mom, ja?“

„Ich glaube nicht, dass er dir verraten wird, was sie besprochen haben, Kleines. Er wollte es ja nicht mal mir sagen.“

Das ist wirklich hinterhältig, dachte Melanie. „Jack hofft, er kann euch schöntun, damit ihr mich zu seinen Gunsten beeinflusst.“

„Oh, er hat nichts dergleichen getan, Melanie. Er stellte sich uns nur vor und sagte, dass er bis jetzt nichts von Juliana gewusst hat.“

„Was noch?“

„Er sagte, er würde sich um dich und seine Tochter kümmern.“

„Nun, Jack Singer wird bald erfahren, dass ich sein Geld nicht brauche.“

Ihre Mutter klang sehr zufrieden, als sie sagte: „Ich glaube nicht, dass er Geld meinte, Kleines.“

Die Worte ließen Melanie erschauern. Was für eine Taktik hatte der Mann sich ausgedacht? Sie verabschiedete sich hastig und legte auf, dann setzte sie sich wieder und umfasste ihren Kaffeebecher mit beiden Händen, als würde ihr die Wärme Trost schenken.

„Er hat deinen Vater angerufen“, sagte Lisa erstaunt. Melanie nickte. „Ein mutiger Mann, mein Bruder. Das muss ja ein interessantes Gespräch gewesen sein.“

Ein kleines Lächeln spielte um Melanies Lippen. „Da möchte ich wetten.“

„Du weißt doch, dass Jack ein großartiger Kerl ist, oder?“

„Ich nehme das Recht in Anspruch, zu schweigen.“

„He, er hat nichts Falsches getan.“

Melanie seufzte. „Nein, er hat mir nur gedroht.“

„Was?“

„Er sagte, er würde bei mir bleiben, und ich könnte nichts dagegen tun.“

Lisa schnitt Grimassen für die kleine Juliana, und das Baby versuchte, sie nachzumachen. „Was wirst du also tun?“

Melanie zuckte die Achseln. Wenn es um Jack Singer ging, fühlte sie sich hilflos.

„Brian hat mich gebeten, ihn bei seiner nächsten Geschäftsreise zu begleiten, und ich glaube, genau das werde ich tun.“

Melanie hob eine Augenbraue. „Die Ratten verlassen das sinkende Schiff?“

„Nein. Ich versuche nur, mir zu erhalten, was ich habe. Eine wunderbare Freundin und einen liebevollen Bruder. Ich möchte nicht zwischen euch wählen müssen.“

„Wer sagt denn, dass du das musst?“ Aber Melanie sah ein, dass Lisa in einer schwierigen Lage war, und sie wollte sie nicht noch schwieriger für sie machen. „Okay, geh ruhig. Ich werde schon mit Jack fertig.“

Lisa stand auf, küsste Juliana und lächelte Melanie zu. „Viel Glück.“

„Wenn diese eine Nacht mit ihm nun alles war, was uns bleibt, Lisa?“, fragte Melanie leise, als Lisa die Tür erreichte. Wie sollte sie es ertragen, wenn er ihr noch einmal das Herz brach?

Lisa sah sie verständnisvoll an. „Du wirst euch die Chance geben müssen, das herauszufinden, nicht wahr, Mel?“

Bevor Melanie einwenden konnte, dass sie dieses Risiko nicht mehr eingehen wollte, war Lisa schon gegangen. Melanie wandte sich seufzend ihrer Tochter zu, klaubte Cornflakeskrümel aus ihrem Haar und sah ihr dabei zu, wie sie mit ihren kleinen Patschhändchen auf das Brett ihres Kinderstuhls klatschte. Es gab keinen Zweifel daran, dass Juliana Jacks Kind war. Sie hatte seine Augen, seine intelligenten blauen Augen.

„He, Jules“, sagte sie, und die Kleine sah auf, lächelte sie strahlend an und bot ihr eine Hand voll eingeweichter Cornflakes an. Melanie beugte sich vor und tat so, als nähme sie einen Bissen. „Ich liebe dich so sehr, mein Schatz.“

Melanie drängte die aufsteigenden Tränen zurück und fragte sich, was wohl aus ihnen werden würde. Sie hatte ihre Zukunft so schön vorausgeplant, und jetzt war Jack da und warf alles über den Haufen. Sein Gesicht erschien vor ihrem inneren Auge, und sie drückte Juliana an sich, um Trost zu finden. Warum konnte Jack nicht einfach wieder verschwinden? Sie hatte Craigs Verrat überstanden, der zu seiner alten Liebe zurückgekehrt war, und sie hatte auch Andys Verhältnis mit seiner hohlköpfigen Sekretärin verwunden.

Aber sie würde sich niemals davon erholen, wenn Jack sie auch irgendwann fallen ließ wie eine heiße Kartoffel. Da war sie absolut sicher. Und sie würde ihr ganzes Leben lang seine Tochter vor Augen haben, die sie ständig an ihr Versagen erinnern würde. Nein, es war schon besser, wie sie es sich gedacht hatte. Kein Risiko, keine Schmerzen.

Juliana wartete ungeduldig auf ihr Abendessen. Melanie war damit beschäftigt, noch schnell die Schmutzwäsche einzusammeln, um noch eine Ladung zu waschen. Mein freier Tag, dachte sie. Ein lautes Klopfen war zu hören, und Juliana unterbrach einen Moment ihr Quengeln und sah genau wie Melanie zur Haustür.

„Wahrscheinlich ein Vertreter“, sagte Melanie und ging durch das Wohnzimmer, um die Tür zu öffnen.

„Jack.“

„Ach, du erinnerst dich noch an mich? Das ist gut.“

Als ob sie ihn vergessen könnte. „Warum bist du gekommen?“ Ihre Stimme klang doch ganz ruhig, oder?

„Lisa und Brian sind weggefahren, und ich war allein und hungrig.“

„Wie ich sie kenne, hat Lisa dir bergeweise Essen zurückgelassen.“

Jack musterte sie aufmerksam. Sie sah hinreißend, aber müde aus. „Dann bist du nicht an einer schönen Mahlzeit interessiert?“ Er hielt zwei Tüten von einem chinesischen Restaurant hoch.

Melanie atmete den verführerischen Duft ein und unterdrückte ein Stöhnen. Sie aß für ihr Leben gern chinesisch. Er fährt wirklich schweres Geschütz auf, dachte sie. „Nein, danke. Wir brauchen nichts.“ Ausgerechnet diesen Augenblick wählte Juliana, um ihre Lungen zu trainieren. „He, ein bisschen Geduld, ja? Es ist gleich warm.“

„Was ist gleich warm?“

„Ihr Fläschchen. Danach wird sie gebadet, und dann geht’s ab ins Bett.“

„Und was machst du dann, Melanie? Allein vor dem Fernseher sitzen?“

Sie grinste spöttisch. „Ich muss noch aufräumen und meine Sachen für die Arbeit bügeln. Dann ruh ich mich aus.“

„Nicht leicht, so allein, was?“

Sie straffte die Schultern. Da war sie ihm doch direkt in die Falle gelaufen. „Ich schaffe es schon. Und ich werde auch weiterhin ohne deine Hilfe auskommen.“

„He, ich will hier nicht das Kommando übernehmen. Ich habe uns nur etwas zum Essen gebracht.“ Sie hob skeptisch eine Augenbraue, aber er erwiderte ihren Blick gelassen und lächelte. „Wirst du mich die ganze Nacht zum Ergötzen deiner Nachbarn hier stehen lassen, oder was?“ Er hob die Tüten mit dem Essen hoch. „Außerdem habe ich Hunger.“

Es war so verführerisch. Beides, Jack und das Essen. Aber wenn sie ihn jetzt hereinließ, würde er glauben, dass er kommen konnte, wann immer ihm danach war. „Dann geh doch nach Hause und iss.“ Melanie war viel zu müde, um sich jetzt mit ihm auseinanderzusetzen.

„Hör zu, Melanie. Juliana ist auch meine Tochter, und ich habe noch nicht mal die Gelegenheit gehabt, sie richtig zu sehen.“

Sie unterdrückte die aufsteigenden Schuldgefühle. „Sie hat alle zehn Finger und Zehen und ist bei bester Gesundheit. Je länger du mich aufhältst, desto saurer wird sie werden, weil sie noch kein Abendessen bekommen hat.“

Jack schlüpfte entschlossen an ihr vorbei. „Dann solltest du dich besser an die Arbeit machen, meinst du nicht?“

„Jack …“

„Iss mit mir zu Abend, Melanie. Wir müssen reden.“

Es lag nur an dem Duft dieser chinesischen Köstlichkeiten, nicht an seinem Lächeln und nicht an dem flehenden Blick, den sie noch nie an ihm gesehen hatte. Und er hatte ja Recht, dass sie reden mussten. Es musste alles sozusagen auf den Tisch, dann würde Jack auch endlich einsehen, dass sie ihn nicht heiraten konnte.

Melanie nickte also, und er lächelte, ging in die Küche und stellte die Tüten auf den Tisch. Melanie folgte ihm auf den Fersen.

Er drehte sich um und nahm ihr den Wäschekorb ab. „Das mache ich.“

„Ich kann das allein.“

„Daran zweifle ich keinen Moment. Aber Ihre Hoheit sieht aus, als würde sie gleich einen Wutschrei von sich geben, der uns durch Mark und Bein gehen wird.

Melanie drehte sich um. Juliana versuchte, den Laufstuhl zu bewegen, aber da ihre kleinen Beinchen noch zu kurz waren, um den Boden zu erreichen, konnte sie nur wütend herumstrampeln. Sie sah zu Melanie auf und streckte die Arme aus. Melanies Herz zog sich mitleidig zusammen. Sie gab Jack den Korb und eilte zu ihrer Tochter. „Komm, Krümelchen, gleich gibt’s happihappi.“

Jack sah ihr einen Moment zu, wie sie Juliana beruhigte, ihr einen kleinen Keks gab und sie dann in den Hochstuhl am Tisch setzte. Sie unterhielt sich mit ihr, als wären sie die beiden einzigen Menschen auf der Welt, und Jack fühlte sich auf einmal ausgeschlossen. Er machte sich auf den Weg in die Garage, wo er die Waschmaschine und den Trockner vermutete. Er hatte Recht. Also machte er sich daran, die Waschmaschine zu füllen und anzustellen, und ging dann wieder in die Küche zurück. Melanie fütterte das Baby.

Jack sah fasziniert zu. Schon der Anblick, wie Mutter und Tochter etwas so Alltägliches taten, war für ihn wunderschön. Dann sah Juliana an der Schulter ihrer Mutter vorbei und lächelte ihn an. Sein Herz machte einen Sprung, und er warf ihr eine Kusshand zu. Sie lächelte noch immer und spuckte ein wenig von ihrem Brei aus, während sie ihr Bestes tat, mit ihm zu sprechen. Melanie drehte sich um und sah ihn mit einem kleinen Grinsen an.

„Ich glaube, die Kleine und ich, wir verstehen uns“, bemerkte er.

„Das sagt nicht sehr viel Gutes über deine Intelligenz aus.“

Er schüttelte den Kopf. „Du bist ganz schön griesgrämig.“

„Tut mir leid, aber ich bin eine Mutter. Um diese Tageszeit sind alle Mütter etwas genervt. Es gehört sozusagen mit dazu.“

Jack lachte und machte sich daran, ihr chinesisches Abendessen zu servieren. „Bist du bereit für dein Essen?“

„Später, aber du kannst gern schon anfangen.“

Er sah sie fragend an.

„Ich muss zuerst Juliana baden. Sie schläft dann besser.“

Jack nickte. „Dann warte ich auf dich. Aber …“ Er holte ein paar Frühlingsrollen aus der Tüte, schnitt sie in kleine Stücke und reichte sie Melanie auf einem Teller. „Vorspeise gefällig?“

Sie nahm einen Happen und steckte ihn sich in den Mund. Jack setzte sich neben sie und sah zu, wie sie den Teller leerte, während sie das Baby fütterte. Dann stellte sie den Teller weg und nahm Juliana auf die Arme.

„Zeit für dein Bad“, sagte sie zu ihr und zu Jack: „Es wird ein bisschen dauern.“

Ein direkter Hinweis, sie mit ihrer Tochter in Ruhe zu lassen. Jack lehnte sich in seinem Stuhl zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich habe nichts anderes vor.“

„So ein Mist. Wieder eine Hoffnung dahin“, sagte sie und ging hinaus.

Jack schüttelte den Kopf. Sie war genauso entschlossen, ihn auf Abstand zu halten, wie er, ihr näherzukommen. Aber sie kannte ihn eben noch nicht. Was er allerdings zu ändern gedachte.

Eine halbe Stunde später schloss Melanie die Tür zu Julianas Zimmer und ging ins Bad, um aufzuräumen. Sie war absolut fertig. Gerade jetzt hatte sie wirklich keine Lust, sich auch noch mit Jack herumzuschlagen. Als sie in den Spiegel blickte, stöhnte sie auf. Ihr Haar hatte sich halb aus dem Pferdeschwanz gelöst, kein Hauch Make-up war übrig geblieben, und ihre Bluse war voller Babybrei.

Ja, ja, du kommst prima allein zurecht, sagte sie sich spöttisch, schlüpfte in ihr Schlafzimmer, fuhr sich mit der Bürste durchs Haar und zog eine saubere Bluse an.

Als sie wieder herauskam, erreichte sie der Duft der köstlichen chinesischen Gerichte, und das Wasser lief ihr im Mund zusammen. Etwas anderes als nur ihr mütterlicher Instinkt ließ sie an Julianas Tür innehalten. Sie hörte Jacks Stimme, leise und tief wie entferntes Donnerrollen.

Vorsichtig öffnete Melanie die Tür.

Er stand über das Kinderbett gebeugt und streichelte Julianas Rücken. „Nein, ich schwöre dir, Prinzessin, dass dir nie etwas Kummer bereiten wird. Ich bin für dich da, auch wenn deine Mommy es nicht will. Ich gehe nicht weg. Und ich werde dich beschützen, darauf kannst du dich verlassen.“

Melanies Herz zog sich zusammen.

„Ich werde jeden Drachen töten, der dir Böses will, Prinzessin. Darauf gebe ich dir mein Ehrenwort.“

Melanies Augen füllten sich mit Tränen.

„Und wenn sie es mir erlaubt, werde ich auch die Drachen erschlagen, die deine Mom quälen.“

Melanie musste schlucken. Jack bückte sich und küsste Juliana auf die weichen braunen Locken. Das Nachtlicht beleuchtete seine ernsten Züge. Ihre Tochter hatte einen Beschützer gewonnen. Melanie schloss leise die Tür. Aber das hieß nicht, dass sie ihn heiraten musste. Sie und Juliana kamen auch ohne ihn gut zurecht. Sie ging ins Wohnzimmer und ließ sich aufs Sofa fallen.

Kurz darauf kam Jack herein. „Hallo.“

„Hallo.“ Er sah einfach umwerfend aus in der engen Jeans und dem schwarzen T-Shirt, das die Muskeln seiner Arme und die breiten Schultern betonte. Melanie sehnte sich danach, ihn zu berühren und mehr von ihm zu erkunden, als sie es in der einen Nacht gekonnt hatte.

Er kam auf sie zu und setzte sich neben sie. Ihr Herz setzte einen Schlag aus. Wusste der Mann eigentlich, wie sexy er sich bewegte? Er ließ den Blick langsam über ihr Gesicht und den Ausschnitt ihrer Bluse gleiten. Melanie spürte, wie ihre Brustspitzen sich sofort zusammenzogen.

„Wenn du mich weiter so ansiehst, wird unser chinesisches Abendessen kalt“, sagte er leise.

„Ich bin am Verhungern“,erwiderte sie hastig und wünschte sich im selben Moment, sie hätte den Mund gehalten, weil es so übereifrig klang.

„Ich auch. Aber ich bin nur hungrig auf dich.“

Melanie schmolz innerlich dahin. „Jack, bitte nicht.“

„Soll ich nicht ehrlich sein? Soll ich dir nicht sagen, dass ich oft an dich gedacht habe?“

„Das hilft uns im Moment nicht weiter.“

„Deine Weigerung, mich anzuhören, tut das aber auch nicht“, entgegnete er und beugte sich zu ihr, sodass sein Mund nur Zentimeter von ihrem entfernt war.

Melanie musste daran denken, wie wundervoll es war, von ihm geküsst zu werden. Sie hatte nicht mehr die Kraft, ihm zu widerstehen. Unwillkürlich lehnte sie sich an ihn, doch kurz bevor ihre Lippen sich trafen, klingelte das Telefon.

Sie sprang auf, um den Hörer abzunehmen, bevor Juliana aufwachte.

„Hallo“, meldete sie sich mit ziemlich heiserer Stimme und räusperte sich. „Oh, hi, Michael.“

Jack kniff die Augen zusammen, und Melanie dachte, dass Michaels Anruf der Eimer kaltes Wasser war, den sie und Jack gerade nötig hatten. Nur ein wenig später, und sie wäre wieder in Jacks Armen gelandet.

„Beschäftigt? Nun ja, ich habe tatsächlich gerade beide Hände voll zu tun.“ Sie sah Jack lieber nicht an. „Natürlich. Byebye.“ Sie legte auf.

„Wer war das?“

„Ein guter Freund.“

„Wie gut?“

Der Ärger in seiner Stimme war nicht zu überhören. „Ich arbeite mit Michael zusammen.“

„Wollte er mit dir ausgehen?“

„Ich nehme an, das war seine Absicht.“

„Du würdest mit diesem Mann ausgehen?“

Nein, aber das musste sie Jack nicht auf die Nase binden. „Gibt es einen Grund, weswegen ich es nicht tun sollte?“

„Ja, das kann man wohl sagen. Ich kann dich nicht einmal dazu bringen, mit mir zu reden, und wir haben ein Kind zusammen.“

Aber du bist gefährlicher für mich, als Michael es je sein könnte, dachte Melanie. Sie konnte sich kaum an seine Augenfarbe erinnern, während es an Jack nichts gab, was sie jemals vergessen würde. „Was willst du mir sagen, Jack? Abgesehen von deinem Heiratsantrag.“

„Du willst ihn offenbar nicht einmal in Betracht ziehen.“

„Nein, aber danke für das Angebot.“

„Du tust so, als wüsste ich nicht, was ich tue, Melanie.“

Sie zog die Beine unter und lehnte sich zurück. „Dein Heiratsantrag ist wahrscheinlich nichts weiter als eine instinktive Reaktion, Jack. Du fühlst dich dazu verpflichtet. Aber ich möchte keinem Mann zur Last fallen.“

„Wer sagt denn, dass ich dich nicht wirklich will?“

„Wenn Juliana nicht wäre, wärst du dann zu mir gekommen?“

„Ich bin erst seit drei Tagen im Land, und zwei davon war ich fast ständig bei dir. Was denkst du wohl?“

„Ich denke, dass du anständig sein willst, und das kann ich auch verstehen. Aber es ist wirklich nicht nötig. Und ich will keinen Mann heiraten, der mich nur nimmt, weil ich zufällig ein Kind von ihm habe. Eine Ehe ist schon schwierig genug, ohne dass man sie mit so niedrigen Erwartungen beginnt.“

„Ich habe keine niedrigen Erwartungen, sondern du. Ich werde ein sehr guter Vater sein.“

„Oh, das weiß ich“, lenkte sie sanft ein. „Aber du brauchst mich nicht zu heiraten, um ein guter Vater zu sein.“

Jack dachte an seinen eigenen Vater. Er hatte Jacks Mutter nicht geheiratet und war nie für seinen Sohn da gewesen, als der jung und verletzlich war. Später hatte seine Mutter sich in David verliebt, der ein großartiger Mann war, und sie hatten geheiratet. Lisa wurde in dieser Ehe geboren. Jack hatte David Dad genannt, und David war wunderbar zu ihm gewesen. Aber Jack nahm seinem leiblichen Vater sein Verhalten sehr übel. Er würde Juliana nie so etwas antun. Sie sollte nie glauben, dass ihr Vater sie nicht haben wollte. Selbst wenn es zwischen ihm und Melanie nicht klappen sollte, würde er seine Tochter nie im Stich lassen.

Er überlegte, ob er Melanie sagen sollte, dass Juliana nur einer der Gründe war, weswegen er sie heiraten wollte. Melanie selbst war der wahre Grund, aber sie würde ihm nicht glauben. Sie würde ihm sagen, dass er sich das einbildete und in Wirklichkeit nur nicht den gleichen Fehler wie sein Vater machen wollte.

Die Aufgabe, die vor ihm lag, schien schwieriger zu sein, als er geglaubt hatte.

4. KAPITEL

Melanie stieß die Tür auf, erleichtert, endlich wieder zu Hause zu sein. Die Füße taten ihr weh, und ihr schien der Kopf platzen zu wollen. Den ganzen Tag über hatte sie darüber nachgegrübelt, was gestern Abend zwischen ihr und Jack vorgefallen war.

Sie war im wahrsten Sinn des Wortes auf ihm eingeschlafen. Und das während eines Gesprächs, das sie mit größter Aufmerksamkeit verfolgen sollte. Heute Morgen war sie in ihrem Bett aufgewacht. Allein. Die Türen waren geschlossen und die Reste vom Abendessen aufgeräumt. Und kein Zeichen von Jack.

Und sie war froh gewesen, denn er hätte nur wieder Erinnerungen in ihr wachgerufen an das herrliche Gefühl, in seinen Armen zu liegen und seine Stärke zu spüren.

Sie hatte kaum ihre Aktenmappe abgestellt, da stieg ihr ein köstlicher Duft in die Nase, der ihr das Wasser im Mund zusammenlaufen ließ. Hatte ihr Babysitter Diana etwas gekocht? Das wäre nicht ungewöhnlich, da die ältere Dame mehr tat, als nur auf Juliana aufzupassen.

„Diana, Sie hätten sich nicht die Mühe zu machen brauchen.“

„Habe ich auch nicht, meine Liebe“, erwiderte Diana, gerade als Melanie die Küche betrat. „Das ist alles sein Werk.“

Melanie blieb erschrocken stehen. „Jack!“

„Ja“, sagte er ruhig mit dem Rücken zu ihr, während er in einer Pfanne rührte.

„Was machst du hier?“

Er drehte sich immer noch nicht zu ihr um. „Und ich hatte gedacht, unsere Tochter hat die Intelligenz von dir.“ Er würzte, was immer in der Pfanne köchelte, und warf ihr nur ganz kurz ein charmantes Lächeln zu.

Ihr wurde ganz warm ums Herz. Wie machte er das nur? Sie gab ihrer Tochter einen Kuss und sah Diana fragend an.

Juliana gab kleine glucksende Laute von sich, die ihre Begeisterung ausdrückten, aber Diana wich Melanies Blick aus und sagte schnell: „Er ist etwas früher herübergekommen, um ein bisschen mit Juliana zusammen zu sein.“

„Schon gut, Diana. Ich bin sicher, Jack hat Sie geschickt überredet, ihn reinzulassen.“

„Im Gegenteil. Er wollte nicht hereingekommen, bevor Sie zu Hause waren, und wir haben in der Bank angerufen, aber Sie waren nicht da.“

„Ich war fast den ganzen Tag zu Konferenzen in der Zentrale.“

„Und dann ist er außerdem der Vater des Kindes.“

In Dianas Feststellung schwang eine unausgesprochene Frage mit, und Jack sah über die Schulter zu Melanie herüber, als erwartete er, dass diese Tatsache abstreiten würde. „Ja, das ist er natürlich. Aber es ist mein Zuhause, Jack.“

Autor

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