Begehren wie am ersten Tag

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Sängerin Jessie traut ihren Augen nicht: Gideon Johns ist bei ihrem Konzert! Sofort fängt ihr Herz an zu rasen. Als Teenager war sie unsterblich in ihn verliebt, doch damals hat er sie abgewiesen. Jetzt steht der sexy Milliardär vor ihr, und sein Blick sagt: Ich will dich! Auf der Stelle erwacht in ihr das alte Begehren, und bald verbringt sie sinnliche Nächte in Gideons Armen. Schon nach kurzer Zeit kann sie sich ein Leben ohne ihn nicht mehr vorstellen. Bis sie plötzlich eine schwere Entscheidung treffen muss - zwischen ihm und ihrer Karriere …


  • Erscheinungstag 03.03.2020
  • Bandnummer 2123
  • ISBN / Artikelnummer 9783733726089
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Jessie Humphrey scrollte auf dem Handy durch ihre Kontakte, bis sie die Nummer fand, die sie suchte.

Ihre Liste mit weltberühmten Produzenten war nur kurz, und Chase Stratton stand ganz oben. Er arbeitete mit den Toptalenten der Branche – sowohl mit Künstlern, die sich auf dem Höhepunkt ihrer Karriere befanden, als auch mit solchen, die noch am Beginn ihrer Laufbahn standen.

Nervös lief Jessie in ihrer kleinen Wohnung in SoHo auf und ab und knabberte an den Fingernägeln. Ihre gesamte Zukunft hing hiervon ab.

Schließlich ließ sie sich auf einen Stuhl im Wohnzimmer fallen, auf dem sie meistens saß, wenn sie ihre Songs schrieb.

Ihre Plattenfirma hatte ihr einen neuen Vertrag angeboten. Sehr zum Missfallen ihres Agenten hatte sie das Angebot jedoch abgelehnt. Das Studio wollte, dass sie weichgespülte Popmusik machte statt der gefühlvollen Lieder über Liebe und Verlust, die ihre Stärke waren.

Seit Jahren schon schrieb sie für einige der größten Stars des Labels. Sie selbst hatte ebenfalls bereits zwei Alben herausgebracht, die immer mehr Fans begeisterten. Auch einige reiche und einflussreiche Menschen wie Matt Richmond, der ihr eine großzügige Gage gezahlt hatte, damit sie auf seiner exklusiven Veranstaltung in ihrer Heimatstadt Seattle auftrat. Das Geld aus dem lukrativen Auftrag hatte sie gut gebrauchen können. Es brachte sie ihrem Ziel – kreative Unabhängigkeit in Form eines eigenen Labels – ein ganzes Stück näher.

Chase hatte bereits vielen Künstlern den Weg an die Spitze geebnet, doch Jessie musste ihn noch davon überzeugen, ihrem Indie-Projekt eine Chance zu geben.

Zwar war es nicht einfach gewesen, doch es war ihr gelungen, an die Telefonnummer von Chases persönlicher Assistentin zu kommen. Die wählte Jessie jetzt.

„Lita hier.“

„Hallo, Lita, hier ist Jessie Humphrey. Ich habe Chase eine Reihe von Demo-Tapes geschickt …“

„Die haben wir bekommen. Vielen Dank. Aber Chases Terminkalender ist im Augenblick dicht.“

„Das wundert mich nicht. Schließlich ist er im Moment der Produzent.“ Jessie ließ sich von dem Versuch der Frau, sie abzuwimmeln, nicht abschrecken. „Ich weiß, ich gehöre nicht unbedingt zu den Künstlern, mit denen er normalerweise arbeitet, und ich habe für dieses Projekt auch nicht die Unterstützung eines großen Studios …“

„Ihnen ist schon klar, dass Sie gerade Werbung gegen sich und die Weitergabe Ihrer Demos an Chase machen, oder?“ Lita lachte.

„Ich stelle nur das Offensichtliche klar.“ Erneut hatte Jessie begonnen, auf und ab zu laufen. „Aber er sollte auch meine wachsende Fangemeinde in Betracht ziehen. Denen ist es egal, ob ein großes Studio hinter dem Album steht. Ihnen ist nur wichtig, dass …“

„Passen Sie auf, meine Liebe, nicht jeder kann ein unabhängiges Überraschungsalbum produzieren, das sofort an die Spitze der Charts schießt. Ich weiß, Beyoncé und Chance the Rapper lassen es so einfach aussehen, aber das ist es nicht. Und Chase gibt sich nur noch mit Topprojekten ab. Also, wenn jemand aus Ihrem Studio uns kontaktiert …“

„Mein Vertrag ist ausgelaufen, und ich bin nicht daran interessiert, einen neuen zu unterschreiben. Ich möchte endlich frei arbeiten.“ Als Lita nichts entgegnete, fuhr Jessie fort: „Ich habe eine Reihe von sehr erfolgreichen Radio-Hits geschrieben. Ich weiß, was sich verkauft.“

„Hören Sie, Jessie … Ich bin ein großer Fan. Aber Chase hat sehr viel bedeutendere Projekte im Auge. Und ohne Unterstützung eines Studios …“ Die Frau senkte die Stimme. „Es hat schon seinen Grund, dass Chase so erfolgreich ist. Er wählt seine Projekte sehr sorgfältig aus, damit nichts schiefgeht. Ich habe mir Ihr Demo-Band angehört. Die Lieder sind toll, genau wie Ihre Stimme. Aber Chase ist ohne die Unterstützung durch ein Studio nicht bereit, das Risiko einzugehen, mit Ihnen zu arbeiten.“

„Ich verstehe.“ Jessie blieb stehen, und Tränen schossen ihr in die Augen.

„Ich behalte Ihr Band auf jeden Fall hier. Wenn Chase einen neuen Songwriter braucht, werde ich Sie empfehlen. Und, wer weiß, vielleicht führt eine solche Zusammenarbeit dazu, dass er Ihrem Indie-Projekt eine Chance gibt.“

„Wenn ich vielleicht persönlich mit ihm reden könnte …“

„Tut mir leid, Jessie. Mehr kann ich im Augenblick leider nicht für Sie tun. Chase wird in den kommenden Wochen an der Westküste arbeiten. Aber ich merke Sie mir vor, für den Fall, dass er einen neuen Songschreiber braucht. Versprochen.“

„Lita, warten Sie …“

Doch die Frau hatte den Anruf bereits beendet. Frustriert setzte Jessie sich an das Klavier, das den Großteil ihres Wohnzimmers einnahm.

Sie musste einen anderen Weg finden, um Chase persönlich zu treffen. Sie war wild entschlossen, authentische Musik zu machen, und würde sich nicht länger vom Studio dazu drängen lassen, seichte Songs zu schreiben, die schnell in Vergessenheit gerieten.

Dabei ging es ihr nicht um Geld oder Ruhm. Nein, durch die Arbeit gelang es ihr, Gefühle zu verarbeiten. Wenn sie am Klavier saß und über eine gescheiterte Liebe sang, half ihr das, über den Schmerz eines gebrochenen Herzens hinwegzukommen. Und anscheinend half es auch ihrem Publikum, das ihre Lieder mit Tränen in den Augen mitsang. Es war diese Verbindung zu ihren Fans, die ihr am meisten bedeutete.

Das war es, was sie mit der Welt teilen wollte.

Und Chase Stratton war genau der Mann, der ihr helfen konnte, das zu erreichen. Er verhalf jedem Künstler zum Erfolg, während er den einzigartigen Sound eines jeden Einzelnen respektierte.

Also würde sie einen anderen Weg finden, an Chase heranzukommen. Und wenn es so weit war, wollte sie bereit sein.

Jetzt nahm sie einen Stift vom Couchtisch und stieß dabei versehentlich einige Zeitschriften zu Boden. Als sie sie wieder aufhob, fiel ihr Blick auf das Cover einer Finanzzeitschrift. Es zeigte den unglaublich gut aussehenden Gideon Johns.

Selbst nach all den Jahren verspürte Jessie immer noch einen Stich im Herzen, wenn sie an Gideon dachte. Und seit sie neulich für Matt Richmonds Veranstaltung nach Seattle zurückgekehrt war, hatte sie ständig an ihn denken müssen. Einerseits hatte sie gehofft, Gideon nach über zehn Jahren wiederzusehen, andererseits hatte sie sich davor gefürchtet.

Gideon war der Grund für ihr erstes Lied gewesen. Ein Lied über gebrochene Herzen und unerwiderte Liebe. Es war einer der Songs auf dem Demo-Tape gewesen, der Jessie ihren ersten Songwriter-Gig bei einer kleinen Plattenfirma eingebracht hatte. Statt Gideon seine Zurückweisung also übelzunehmen, sollte sie ihm dafür danken, dass er ihr das Herz gebrochen hatte.

Zwischen ihnen war damals nicht wirklich etwas passiert. Und auch in Zukunft würde nichts zwischen ihnen laufen. Warum also konnte sie nicht aufhören, an ihn zu denken?

Jessie warf die Zeitschriften wieder auf den Stapel und ging zurück zum Klavier.

Es nervte sie, dass dieser Mann, dem sie eindeutig nichts bedeutet hatte, noch immer ihre Gedanken beherrschte. Doch sich deswegen Vorhaltungen zu machen, war nicht sonderlich produktiv. Stattdessen wollte sie ihren Frust nutzen, um ein neues Lied zu schreiben.

Sie kritzelte ein paar Noten, die ihr schon den ganzen Tag lang durch den Kopf gingen, aufs Papier. Anschließend spielte sie die Melodie auf dem Klavier und begann zu singen.

Gideon Johns lehnte sich gegen seinen Schreibtisch, verschränkte die Arme und musterte seinen Assistenten Landon Farmer. Der hatte etwas zu sagen, und was auch immer es sein mochte, es war offensichtlich, dass es Gideon nicht gefallen würde.

„Kommen Sie, Landon, reden Sie nicht um den heißen Brei herum … raus damit. Wir haben beide viel zu tun.“

„Unsere beiden Topinvestoren haben sich aus dem Deal in den Vereinigten Arabischen Emiraten zurückgezogen.“ Die Worte sprudelten nur so aus Landon heraus.

„Was?“, brüllte Gideon. Er hatte nicht vorgehabt, so laut zu werden, und da Landon aussah, als wolle er am liebsten flüchten, tat es ihm sofort leid. Trotzdem war es eine natürliche Reaktion darauf, zu erfahren, dass man gerade die Hälfte des Kapitals verloren hatte, auf das man bei einem Bauprojekt von zwei Milliarden gezählt hatte.

„Was, zum Teufel, ist passiert? Als ich das letzte Mal mit ihnen gesprochen habe, konnten sie es kaum erwarten, in das Projekt einzusteigen.“

„Beide machen die Unbeständigkeit in ihren eigenen Branchen geltend.“

„Wissen die überhaupt, wie viel bei diesem Projekt für mich auf dem Spiel steht? Das ist unser erstes Projekt in Dubai. Wenn sich rumspricht, dass der Deal geplatzt ist …“

„Dann dürfen wir halt nicht zulassen, dass er platzt.“ Landon richtete sich auf.

„Und wo, schlagen Sie vor, sollen wir innerhalb von zwei Monaten fast eine Milliarde Dollar auftreiben?“ Gideon hob eine Augenbraue.

„Die Firma hat beträchtliche Rücklagen. Sie wissen, dass …“

„Nein.“ Das war nicht verhandelbar.

„Aber Sir …“

„Eigenes Geld in dieses Projekt zu investieren, ist keine Option.“ Gideon setzte sich hinter seinen Schreibtisch. Seine Schläfen begannen zu pochen.

„Aber Sie haben selbst gesagt, wie schädlich es wäre, wenn das Projekt platzen würde …“

„Es platzt nicht. Ich treibe das Geld auf.“ Herausfordernd sah Gideon ihn an.

„Daran zweifle ich nicht, Mr. Johns.“ Landon zog seine Krawatte gerade. „Aber was ist, wenn es Ihnen nicht gelingt? Wäre es dann nicht besser, wenn unsere eigene Firma investiert, als dass wir zugeben müssen, dass wir das Kapital nicht zusammenbekommen haben?“

„Immobiliengeschäfte mit dem Geld anderer Leute abzuwickeln, ist seit zehn Jahren meine Firmenpolitik. Wenn Investoren herausfinden, dass ich eigenes Geld zuschießen muss, schadet das dem guten Ruf, den ich mir aufgebaut habe.“

„Wir könnten es diskret machen“, schlug Landon vor.

„Auch Transparenz gehört zu meiner Firmenpolitik.“ Gideon verzog das Gesicht. „Außerdem würde es Aufsehen erregen, wenn ich versuche, so viel Geld flüssig zu machen.“

„Alles richtig.“ Landon stand auf und massierte sich den Nacken. „Ich werde mal unseren Datenbestand durchforsten und schauen, wer als potenzieller Investor für das Projekt noch in Frage käme.“

„Versuchen Sie, einen dicken Fisch an Land zu ziehen. Und konzentrieren Sie sich auf die, die schnell so viel Geld parat haben. Wir sollten an unserem ursprünglichen Zeitplan festhalten, sonst fangen womöglich die restlichen Investoren an, sich Sorgen zu machen.“

„Es gibt da einen möglichen Investor, der mir sofort einfällt.“

„Ja, ich weiß. Matt Richmond.“

Matt war ein Freund, der schon länger darüber nachdachte, in eins von Gideons Projekten zu investieren, es bisher aber noch nie getan hatte.

Gideon hatte es sich zur Angewohnheit gemacht, keinen seiner potenziellen Investoren zu bedrängen. Stattdessen präsentierte er die Möglichkeiten und die zu erwartenden Renditen und hoffte, dass seine bisherigen Erfolge und sein guter Ruf für sich sprachen. Das Timing war nicht gerade gut, aber er würde Matt ansprechen und hören, ob er ernsthaftes Interesse an einer Investition hatte.

Dieses Projekt hatte das Potenzial, für sie alle einen Haufen Geld abzuwerfen. Noch nie hatte Gideon ein Projekt angefangen, vom dem er nicht von ganzem Herzen überzeugt war. Und schon gar nicht würde er jemals einen Freund oder einen anderen Investor zu einem zweifelhaften Deal überreden. Doch jetzt musste er ausnahmsweise einmal ein wenig direkter vorgehen.

„Matt übernehme ich und sehe zu, dass ich einen Termin in der nächsten Woche bekomme.“ Gideon öffnete sein E-Mail-Programm, um eine Nachricht an seinen Freund zu schicken. Dabei stach ihm eine eingegangene Mail ins Auge.

Es war der Google Alert, den er auf die Sängerin Jessie Humphrey angesetzt hatte. Sie war schön, brillant, talentiert … und die kleine Schwester seiner Ex, Geneva Humphrey, der Frau, die er vor Ewigkeiten hatte heiraten wollen. Bis zu dem Moment, als sie ihm das Herz gebrochen hatte.

Inzwischen war er längst über Geneva hinweg und hatte auch erkannt, dass es richtig von ihr gewesen war, die Sache zu beenden. Doch seine Beziehung zu Jessie war etwas komplizierter.

Zwei Jahre nach der Trennung von Geneva war Jessie überraschend bei ihm aufgetaucht und hatte mehr als nur Freundschaft gewollt.

Weil sie die Schwester seiner Ex war, hatte er sie fortgeschickt. Aber den Tag hatte er nicht vergessen können. Und auch Jessie hatte sich in seinem Kopf eingenistet.

Und als er Jessies Stimme zum ersten Mal im Radio gehört hatte, hatte er sich riesig für sie gefreut. Denn seit er sie kannte, war sie schon mit Kopfhörern herumgerannt und hatte sich das Herz aus dem Leib gesungen. Und obwohl ihre Eltern sie stets gedrängt hatten, etwas „Ordentliches“ zu lernen, hatte Jessie einfach nur ihr Talent mit der Welt teilen wollen.

Und genau das tat sie jetzt, was ihn unheimlich stolz auf sie machte.

„Ist das alles, Chef?“, unterbrach Landon seine Gedanken.

„Ja, danke.“ Gideon wartete, bis sein Assistent die Tür hinter sich geschlossen hatte, ehe er auf den Link in der E-Mail klickte. Der zeigte das Video eines Auftritts von Jessie in einem kleinen Club.

Sie war umwerfend. Wer hätte gedacht, dass sie sich zu solch einer schönen, selbstbewussten jungen Frau und aufstrebenden Künstlerin entwickeln würde?

Jessie besaß eine unglaublich kräftige Stimme mit einem einzigartigen Klang, und auch wenn Geneva sie immer aufgezogen hatte, weil sie unablässig sang, hatte Gideon ihr gern zugehört. Schon damals hatte er ihr gesagt, dass sie eines Tages berühmt sein würde. Und er hatte recht behalten.

Noch zwei Mal sah er sich das Video an. Obwohl er regen Anteil an Jessies Karriere nahm, hatte er sich entschieden, sie nicht zu kontaktieren. So wie er sich damals verhalten hatte, bezweifelte er, dass Jessie Wert darauf legte, ihn wiederzusehen. Und er konnte gut und gern darauf verzichten, sich womöglich von noch einer Humphrey-Schwester das Herz brechen zu lassen.

Es war sicherer, Jessie aus der Entfernung zu bewundern.

Was eigentlich eine Schande war, denn er hätte sie gern wiedergesehen.

2. KAPITEL

Teresa St. Claire hatte sich den Großteil der Woche in ihrem Büro verschanzt und sich nur herausgewagt, wenn es absolut notwendig war.

Ja, sie war die Chefin, fühlte sich allerdings jämmerlich, wie eine Angestellte, die die gesamte Firma in Gefahr gebracht hatte.

Jedes Mal, wenn sie die Augen schloss, sah sie wieder die schrecklichen Schlagzeilen vor sich, die seit einer Woche durch die Medien geisterten.

Die heiße Affäre des Wirtschaftsmoguls mit der Geliebten seines Vaters endet abrupt, nachdem herausgekommen ist, dass sie überraschend erbt.

Man hatte sie als Goldgräberin abgestempelt, die eine Affäre mit dem kürzlich verstorbenen Linus Christopher gehabt und jetzt die Angel nach dem Erben Liam ausgeworfen hatte. Die üblen Gerüchte, meist begleitet von unvorteilhaften Videos und Fotos, wurden überall verbreitet und verfolgten sie seit Tagen. Klatschkolumnisten und Blogger lauerten ihr auf. Es war sogar eine Reporterin, die sie immer als seriös eingestuft hatte, bei ihr zu Hause aufgetaucht und hatte sie nach ihrem Verhältnis zu Vater und Sohn ausgefragt.

Die Auswirkungen, die die Gerüchte auf ihre Firma hatten, waren schon schlimm genug. Aber die zusätzliche Spannung, die dadurch zwischen ihr und Liam entstand, war kaum auszuhalten. Wie es ihm wohl erst dabei ging?

Teresa kämpfte mit den Tränen, als sie an Liams Gesichtsausdruck dachte, nachdem er sie mit den Gerüchten konfrontiert hatte. Er hatte sogar die Frechheit besessen, anzudeuten, dass sie selbst dahinterstecken könnte. Andererseits waren da diese Wärme und Leidenschaft zwischen ihnen gewesen … obwohl er ihr misstraute.

Sie seufzte. Draußen im Büro war es ungewöhnlich ruhig. Abgesehen von den Anrufen der Klatschreporter klingelte das Telefon nur noch selten. Und ihre Angestellten verhielten sich äußerst zurückhaltend, statt wie sonst vor Energie zu strotzen.

Wenn es so weiterging, konnte sie Limitless Events in einigen Wochen ganz dichtmachen, und das wäre allein ihre Schuld.

Als es klopfte, fuhr sie in ihrem Chefsessel auf. „Herein.“

Corinne, ihre Assistentin, betrat das Büro und sah sie stirnrunzelnd an.

„Noch eine Absage?“ Teresa hielt die Luft an. Das wäre dann schon die dritte in dieser Woche. Und noch ein paar weitere Partys, die sie planen sollten, standen auf der Kippe.

Corinne nickte. „Maggie Ellington hat angerufen. Es täte ihr leid, aber sie hat Angst, dass sich der Skandal bis zur Hochzeit ihrer Tochter nicht gelegt hat.“

„Verständlich.“ Teresa versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr die Absage sie mitnahm. „Sie möchte sicherstellen, dass ihre Tochter und ihr Schwiegersohn im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen, nicht ich.“

„Du meinst, sie will sicherstellen, dass keiner ihr die Schau stiehlt. Nicht einmal die Braut.“

„Stimmt.“ Teresa lachte. „Aber wir beide würden an ihrer Stelle genauso handeln. Ich kann es ihr wirklich nicht verübeln. Auch den anderen, die abgesagt haben, nicht.“

„Ich schon.“ Seufzend ließ Corinne sich auf den Stuhl vor dem Schreibtisch fallen. „Das sind doch alles Heuchler. Die meisten von ihnen treiben an einem gewöhnlichen Dienstag weitaus skandalösere Dinge, als du es getan hast. Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass die ganze Geschichte nichts weiter als großer Schwachsinn …“

„Ich hab’s verstanden, Corinne“, versuchte Teresa sie zu beruhigen.

Corinne war eine treue Seele und äußerst resolut. Sie wusste, wie man Sachen erledigt bekam, und ließ sich auch nicht so leicht abschrecken. Das machte sie zu einer unschätzbaren Assistentin. Aber es bedeutete auch, dass ihr diese Situation gar nicht gefiel.

„Das mag alles sein“, fuhr Teresa fort. „Aber wir können sie ja nicht zwingen, unsere Dienste in Anspruch zu nehmen.“

„Was machen wir also in der Zwischenzeit? Das Telefon ist praktisch stumm. Wenn weitere Klienten abspringen …“ Corinne errötete.

„So weit lassen wir es nicht kommen“, antwortete Teresa entschlossen. „Ich versuche, neue Kunden zu gewinnen. Und zwar solche, die nicht beim ersten Anzeichen eines Skandals das Weite suchen.“

„Reality Stars?“, fragte Corinne und verdrehte die Augen, als Teresa nickte. „Himmel, das sind die Schlimmsten.“ Erneut seufzte sie. „Aber hey, wenn’s nicht anders geht …“

„Gleichzeitig müssen wir versuchen, möglichst viele Klienten zu halten. Versichere ihnen, dass das alles nur ein großes Missverständnis war und sich die Wogen bald glätten werden. Apropos Klienten, hast du was von Matt Richmond gehört?“

Limitless Events hatte eine exklusive Veranstaltung für Matt Richmond geplant – den unglaublich gut aussehenden und reichen Geschäftsführer von Richmond Industries. Das Ganze hatte letzte Woche im Opulence, einem Luxushotel in der Nähe von Seattle, stattfinden sollen, stand jetzt aber leider aus all den falschen Gründen in den Schlagzeilen.

Sintflutartige Regenfälle hatten eine Schlammlawine ausgelöst, die wiederum zu einem Stromausfall geführt und das Hotel massiv beschädigt hatte. Matt Richmonds Veranstaltung hatte das Meisterstück von Limitless Events werden sollen. Stattdessen war sie zu einer Katastrophe für die gut ein Dutzend Gäste geworden, die etwas früher angereist waren. Auch wenn Teresa nichts für das Wetter konnte, fühlte sie sich mitverantwortlich für die Katastrophe.

Zum Glück jedoch gab Matt Richmond nicht ihr die Schuld. Unbeeindruckt von dem Rückschlag, hatte er beschlossen, die Veranstaltung schnellstmöglich nachzuholen. Allerdings hatte er noch nicht – wie versprochen – angerufen, um die Planung in Gang zu bringen.

Hatte er ihre Anrufe nicht erwidert, weil sie in die Schlagzeilen geraten war? Oder hatte Liam, Matts bester Freund, ihn davon abgebracht, weiter mit ihr zusammenzuarbeiten?

„Ich habe ihn noch nicht ans Telefon bekommen, sondern wurde immer nur von seiner Assistentin vertröstet.“ Corinne zuckte mit den Achseln. „Vielleicht sollten wir Nadia anrufen. Schließlich arbeitet sie für dich.“

„Als freie Mitarbeiterin“, stellte Teresa klar. „Und ich möchte es nicht ausnutzen, dass sie mit Matt verheiratet ist. Das ist nicht der Grund, warum sie für mich arbeitet.“

„Dann sollte ich vielleicht mal bei ihm im Büro vorbeischauen.“

„Nein … tu’s nicht.“ Teresa schüttelte den Kopf, weil sie fürchtete, dass das womöglich nach hinten losging. „Ich versuche später noch mal, ihn zu erreichen. Was macht die Suche nach einer neuen Location?“

Corinne verzog das Gesicht. „Sieht nicht gut aus. Schon gar nicht, wenn Richmond darauf besteht, die Veranstaltung in naher Zukunft nachzuholen. Die Örtlichkeiten, die in den nächsten Monaten überhaupt frei wären, entsprechen nicht unseren Anforderungen an Eleganz und Luxus.“

„Das habe ich befürchtet.“ Teresa seufzte. „Ich weiß, es ist schwer, aber versuch es weiter. Bitte all die, die ganz oben auf unserer Liste stehen, sofort Bescheid zu sagen, falls bei ihnen jemand absagt.“

„Mach ich.“ Corinne sprang auf. „Noch was?“

„Nein.“ Teresa wühlte in den Papieren auf ihrem Schreibtisch und warf dabei das Foto von ihr und ihrem Bruder Joshua um. Schnell stellte sie es wieder auf. „Hast du was von meinem Bruder gehört? Er hat mir ein paar Nachrichten hinterlassen, als mein Telefon letzte Woche den Geist aufgegeben hat, aber seitdem habe ich ihn nicht mehr erreichen können.“

„Nein, ich habe keine Anrufe von ihm entgegengenommen.“ Besorgt sah Corinne sie an. „Soll ich versuchen, ihn zu erwischen?“

„Nein, du hast genug auf dem Zettel. Wahrscheinlich ist es wie immer, Joshua ist nun mal Joshua. Wenn er dazu bereit ist, wird er schon wiederauftauchen.“

Corinne nickte und ging hinaus.

Teresa lehnte sich auf ihrem gemütlichen Chefsessel zurück, den sie sich gegönnt hatte, als sie das Büro eröffnet hatte. Jetzt konnte sie nur hoffen, dass sie nicht gezwungen war, ihre Türen zu schließen und ihn zusammen mit all den anderen Dingen zu verkaufen.

Sie gab ihr Bestes, um es nicht so weit kommen zu lassen, aber ihre ganze Welt geriet gerade aus den Fugen. Erst die verunglückte Veranstaltung von Matt Richmond, dann die üblen Gerüchte und jetzt noch das Verschwinden ihres Bruders. Am meisten schmerzte jedoch Liams Zurückweisung.

Zwischen all dem Wahnsinn am letzten Wochenende mit dem furchtbaren Wetter und einem Baum, der ins Hotel gekracht war und ihr fast den Garaus gemacht hätte, hatte es Momente gegeben, die ihr den Atem geraubt hatten. Jedes Mal, wenn sie an die heiße Begegnung im Spa dachte, begann ihr Körper zu prickeln. Und ihr Herz krampfte sich zusammen, wenn sie sich an seinen sorgenvollen Blick erinnerte, als Liam sie unter dem Baum hervorgezogen und sich um ihren verletzten Knöchel gekümmert hatte.

Instinktiv bewegte Teresa ihren Knöchel, der noch immer schmerzte.

Sie war dankbar gewesen, dass Liam sich ihr in jener Nacht geöffnet und ihr erklärt hatte, warum es ihm so schwerfiel, Menschen zu vertrauen. Aber nach allem, was sie durchgemacht hatten, und nach all den sinnlichen Momenten, die sie geteilt hatten … wieso vertraute er ihr da noch immer nicht?

Das Telefon auf ihrem Schreibtisch klingelte. „Ja?“

„Ich habe noch mal Richmonds Büro angerufen. Seine Assistentin war nicht am Platz, und er hat selbst abgenommen“, verkündete Corinne triumphierend. „Ich habe ihn jetzt in der Leitung.“

Teresa atmete tief durch. „Danke, Corinne. Bitte stell ihn durch.“

„Hallo, Matt, ich weiß, dass du schwer beschäftigt bist, also fasse ich mich kurz“, sagte Teresa munter. „Letzte Woche hast du angedeutet, dass du deine Veranstaltung so schnell wie möglich nachholen möchtest. Ich wollte kurz mit dir sprechen, damit wir mit der Planung loslegen können.“

Es folgte ein Moment unangenehmen Schweigens. Teresas Puls raste.

Oh nein. Er will auch absagen.

„Wann steht das Opulence wieder zur Verfügung?“, fragte er schließlich. „Weißt du das?“

„Nicht in absehbarer Zeit, fürchte ich. Und wenn sie wieder aufmachen, sind sie für mehrere Monate im Voraus ausgebucht. Möchtest du so lange warten?“

„Nein. Die Veranstaltung war aus Anlass unseres fünften Firmenjubiläums gedacht, daher möchte ich sie so schnell wie möglich nachholen. Mir ist natürlich klar, dass nicht alle Leute, die eigentlich eingeladen waren, bei einem neuen, kurzfristig festgesetzten Termin kommen können. Also müssen wir unsere Gästeliste erweitern.“

„Sag deiner Assistentin einfach, dass sie diese Namen an Corinne weiterleiten soll, dann kümmern wir uns um den Rest.“

„Also hast du schon einen neuen Veranstaltungsort im Auge?“, fragte er zweifelnd.

„Noch nicht“, gab sie zu. „Aber meine Leute arbeiten unermüdlich daran, eine Location zu finden, die so kurzfristig frei ist und trotzdem unseren und deinen Ansprüchen genügt. Ich melde mich, sowie ich ein paar Möglichkeiten aufgetan habe.“

„Und was ist mit dem Stargast? Ist Jessie Humphrey gewillt, noch mal zu kommen?“

Oh Mist! Darüber hatte sich Teresa noch gar keine Gedanken gemacht. „Ich setze alle Hebel in Bewegung, um sie erneut zu buchen. Gleiche Konditionen?“

„Ja. Ich hoffe also, dass ich von dir höre, sobald du die Einzelheiten geklärt hast.“

Ihr Handy zeigte eine Textnachricht an.

„Ich habe dir gerade die Daten der beiden Wochenenden geschickt, die zeitlich am besten passen.“

Teresa musste sich bemühen, nicht in Panik zu verfallen. Beide Termine wären schon in wenigen Wochen. „Okay, ich kümmere mich sofort darum.“

„Gibt es sonst noch was?“, fragte er.

Teresa umklammerte den Hörer. Verzweifelt sehnte sie sich danach, Matt zu fragen, wie sein bester Freund mit all dem Gerede umging, das sie hervorgerufen hatte. Aber hier ging es ums Geschäft. Außerdem wollte sie Matt da nicht mit hineinziehen.

Autor

Reese Ryan

Reese Ryan schreibt Liebesgeschichten, die nicht nur sexy und gefühlvoll sind, sondern in denen sie auch von kleineren Familiendramen erzählt. Reese ist im Mittleren Westen der Vereinigten Staaten geboren und aufgewachsen, ihre Familie hat aber auch Wurzeln in Tennessee.

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