Bianca Exklusiv Band 257

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PHOEBES GEHEIMNIS von LENNOX, KARA
Wer hätte gedacht, dass der neue Nachbar zum Verlieben ist? Wyatts Küsse schmecken so süß, und bei jeder seiner Berührungen fängt Phoebes Haut fast Feuer! Doch sie darf ihrer Sehnsucht nicht nachgeben: Sie hat Pläne für die Zukunft. Und in denen ist kein Platz für Wyatt!

ICH WILL SIE NICHT VERLIEREN von LEIBER, VIVIAN
In jeder atemlosen Nacht, wenn er Susan in den Armen hält, weiß Dean, dass er die Liebe seines Lebens nicht verlieren will. Auch wenn er sie dafür belügen muss! Denn Dean ist nicht der, für den Susan ihn hält. Und wenn sie das erfährt, wird sie ihn verlassen …

ZÄRTLICHE GEFÜHLE von JAMES, ARLENE
"Mein Engel!" Mit letzter Kraft küsst er sie, bevor er ohnmächtig wird - und weckt damit zärtliche Gefühle in Merrily! Als Royce Lawler erwacht, bittet er sie, ihn nach seinem Sturz zu pflegen. Sie zieht zu ihm - und merkt, dass sie sich auch um sein Herz kümmern will ...


  • Erscheinungstag 24.04.2015
  • Bandnummer 0257
  • ISBN / Artikelnummer 9783733730185
  • Seitenanzahl 384
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Kara Lennox, Vivian Leiber, Arlene James

BIANCA EXKLUSIV BAND 257

KARA LENNOX

Phoebes Geheimnis

Durchnässt und halbnackt steht seine sexy Nachbarin vor ihm und stammelt etwas von einem Rohrbruch. Wyatt hilft ihr – und verliebt sich Hals über Kopf in Phoebe. Doch auch wenn sie seine Gefühle erwidert: Immer wieder lässt sie ihn ohne ein Wort allein. Wyatt will Phoebes Geheimnis unbedingt lüften – obwohl er damit ihre Liebe in Gefahr bringt ...

VIVIAN LEIBER

Ich will sie nicht verlieren

Ein Blitzschlag verändert alles! Zwar überlebt Susan, aber ihr Gedächtnis leidet. Sie weiß noch, dass sie Dean und die beiden Kinder über alles liebt und auf dem Landsitz ein sicheres Zuhause gefunden hat. Doch etwas ist merkwürdig – als wäre das Leben, das sie führt, gar nicht ihres, und der reiche Geschäftsmann Dean auch nicht ihr Ehemann …

ARLENE JAMES

Zärtliche Gefühle

Wann hatte sich das letzte Mal eine Frau so liebevoll um ihn gekümmert wie Merrily? Royce kann sich nicht mehr daran erinnern. Seine Exfrau war kalt und unbarmherzig und er hatte sich nach der Scheidung geschworen, niemals wieder sein Herz zu verlieren. Doch die süße Krankenschwester bringt seinen Entschluss ins Wanken … Ist sie eine Frau, der er vertrauen kann?

1. KAPITEL

Phoebe Lane klopfte bei ihrer Nachbarin an, und sogleich war das Miauen vieler Katzen zu hören. „Frannie?“, rief sie. „Bist du zu Hause?“

„Einen Moment“, kam Frannies Stimme durch die Tür. „Ich ziehe mir nur schnell etwas an.“

Kurz danach öffnete sie die Tür und begrüßte Phoebe. Sie sah verschlafen aus, und ihre Haare waren zerzaust.

„Es tut mir leid, ich wollte dich nicht wecken.“

„Schon gut, komm schnell rein, bevor die Katzen rauslaufen.“

Die Katzen hatten jedoch gar nicht die Absicht, den Ort zu verlassen, an dem sie versorgt wurden. Mit bittendem Blick folgten sie Frannie, als sie in die Küche ging, um Kaffee zu kochen. „Ich musste sowieso aufstehen, um meine Kleinen hier zu füttern. Warum bist du denn schon so früh auf?“, wollte Frannie wissen.

„Das liegt an unserem neuen Nachbarn. Sein Auto steht vor der Tür, und ich wollte ihn mir mal von deiner Terrasse aus anschauen.“

„Der mysteriöse Wyatt Madison. Warum kannst du ihn nicht vom Hof aus sehen?“

„Weil deine riesigen Palmen die Aussicht verdecken.“

„Wieso sollte er ausgerechnet heute Morgen auf dem Balkon sein?“

„Ist das Wetter nicht schön?“ Phoebe ließ den Kopf hängen. „Schon gut, das ist wohl keine besonders gute Idee. Hast du eine bessere?“

„Hm.“ Frannie verteilte das Katzenfutter an ihre Lieblinge und zog die Stirn in Falten. Dann lächelte sie plötzlich. „Ja, habe ich.“

Neugierig beobachtete Phoebe, wie Frannie eine kleine Siamkatze hochhob und an sich drückte. Der Katze gefiel es gar nicht, dass sie am Fressen gehindert wurde. „Igor klettert sehr gern auf Bäume, nicht wahr, mein Liebling?“ Sie nahm eine Dose mit Katzenleckerbissen vom Kühlschrank. „Komm mit.“

Phoebe war gespannt, was ihrer findigen Nachbarin eingefallen sein mochte. Frannie wusste alles über die Bewohner von „Mesa Blue“, dem Apartmentkomplex, in dem sie lebten. Wyatt Madison, der die Wohnung seiner Großeltern hütete, während sie verreist waren, bildete eine große Herausforderung. Niemand hatte ihn bisher gesehen. Man wusste nur, dass er vor Kurzem von Chicago nach Phoenix gezogen war, um eine Talkshow mit dem Namen Heads Up zu produzieren.

„Du wirst doch freundlich zu Wyatt sein, ja?“, hatte die achtzigjährige Helen Madison gebeten, als Phoebe ihr beim Packen für die schon lange geplante Europareise half.

„Er ist sehr nett. Und er braucht eine weibliche Hand, wenn du weißt, was ich meine.“

Genau deshalb war Phoebe so neugierig auf diesen Mann.

„Ich kann gut verstehen, warum du Wyatt sehen willst, bevor die anderen ihn sich schnappen. Es ist höchste Zeit für etwas Romantik in deinem Leben“, meinte Frannie, während sie zu dem großen Innenhof ging, wo noch weitere Katzen in der Sonne dösten.

Phoebe lachte. „Ich bin nicht an einer Romanze mit Wyatt Madison interessiert!“

„Probier es doch mal aus“, schlug Frannie vor und klimperte mit den Wimpern. „Erst durch einen aufmerksamen Mann fühlt sich eine Frau jung und attraktiv. Natürlich gilt das nicht für dich. Du bist ohnehin jung und attraktiv.“

„Mit dieser Last muss ich leben“, scherzte Phoebe, wobei es ihr fast ernst war.

„Wenn du ihn nicht für dich willst …“

„Ich bin nur neugierig“, erwiderte Phoebe. Sie wollte sich über Wyatt informieren, aber nicht für sich selbst. Eine ihrer besten Freundinnen, Daisy Redford, suchte einen Mann. Phoebe und Elise Foster, eine andere gute Freundin, wollten Daisy unbedingt bei der Suche helfen, und sie wollten nichts unversucht lassen.

Frannie stand jetzt auf der Terrasse, setzte den Kater ab, öffnete die Dose mit Katzenfutter und ließ Igor daran schnuppern. „Lecker“, meinte sie. Dann nahm sie ein Stück aus der Dose und warf es in die Richtung von Wyatts Balkon.

„Das darf doch nicht wahr sein!“, meinte Phoebe lachend. „Das klappt niemals.“

„Warte ab.“

Nach einigen Versuchen hatte Frannie das Ziel erreicht, und ein Stück Katzenfutter war auf Wyatts Balkon gelandet. Der Kater hatte alles genau beobachtet.

Daraufhin hielt Frannie den Kater an den Stamm einer Palme, und Igor wusste sofort, worum es ging. Er grub seine Krallen in den Baum und kletterte behände die Palme hoch.

„Woher wusstest du, dass er so reagieren würde?“, wollte Phoebe wissen.

„Ich sagte doch, dass Igor gerne Bäume hochklettert. Leider kommt er nie von selbst herunter, und wir müssen Mr Madison um Hilfe bitten.“

Phoebe und Frannie warteten, bis der geschmeidige Kater seine Mission erfüllt hatte, und eilten dann selbst zur dritten Etage, wobei sie die Treppe bevorzugten.

Als sie vor Wyatts Tür standen, begann Phoebes Herz wild zu klopfen. „Ganz ehrlich sind wir ja nicht.“

„Natürlich nicht. Aber wie sollen wir sonst den Kater holen?“

„Wer ist da?“, fragte eine tiefe, gedämpft klingende Stimme auf ihr Klopfen hin.

„Ihre Nachbarinnen, Frannie und Phoebe“, antwortete Frannie munter.

„Kommen Sie herein, die Tür ist offen.“

Ohne Zögern trat Frannie ein. Phoebe folgte ihr, und gemeinsam überlegten sie, woher die Stimme gekommen war.

„Mr Madison?“, rief Frannie.

„In der Küche.“

Die beiden Frauen folgten dem Klang der Stimme, und Phoebe hielt den Atem an, als sie plötzlich ein wohlgeformtes männliches Hinterteil vor Augen hatte. Schnell wurde klar, warum Wyatts Stimme so gedämpft geklungen hatte. Er befand sich mit seinem Oberkörper unter der Spüle.

„Ich kann jetzt nicht aufhören, denn sonst setze ich die Küche unter Wasser“, erklärte er freundlich. „Was kann ich für Sie tun?“

Frannie, die wie gebannt auf den knackigen Hintern starrte, brachte kein Wort heraus. Phoebe reagierte jedoch.

„Frannies Kater ist auf Ihren Balkon geklettert und kommt nicht mehr herunter. Vielleicht könnten Sie ihn holen.“

„Das geht jetzt schlecht.“ Wyatt schien mit einem Rohr zu kämpfen. Als er die Rohrzange ansetzte, wölbten sich seine Muskeln.

„Wie lange brauchen Sie noch?“

„So, wie es jetzt aussieht, noch Stunden. Warum gehen Sie nicht auf meinen Balkon und holen den Kater selbst?“

So war das allerdings nicht geplant! Phoebe schaute Frannie an, die mit den Schultern zuckte. „Wir können es versuchen“, erwiderte Phoebe.

Draußen fanden sie einen regelrechten Dschungel vor. Helen hatte einen grünen Daumen, und sie zog Farne und Kakteen auf ihrer großzügigen Terrasse. Alle Pflanzen machten einen gepflegten Eindruck, als würde Wyatt gut für sie sorgen.

Zwei neue Kakteen fielen Phoebe auf, und im gleichen Moment sah sie Igor auf einer Palme in Reichweite. Verflixt! Er miaute mitleiderregend, und Frannie holte ihn vom Baum und streichelte ihn. „Mein armes Baby. Mama war gemein zu dir, lass uns jetzt nach Hause gehen und eine Belohnung holen.“

„Jetzt können wir wohl nicht mehr hier bleiben“, stimmte Phoebe zu.

In der Küche war Wyatt immer noch mit seinen Klempnerarbeiten beschäftigt. Zumindest wussten sie jetzt, dass er über ein ansehnliches Hinterteil und eine nette Stimme verfügte.

„Haben Sie den Kater?“, fragte er.

„Ja, kann ich Ihnen zum Dank einige Schokoladenkekse bringen?“

„Ich habe doch gar nichts gemacht. Gegen Schokolade bin ich allergisch, aber vielen Dank.“

Frannie und Phoebe sahen sich ratlos an. „Nun, dann gehen wir jetzt, oder brauchen Sie Hilfe?“

„Nein danke, ich habe es fast geschafft.“

Mit den Worten „Mission gescheitert“ verabschiedete Phoebe sich an der Treppe von Frannie.

Nachdem die beiden Frauen gegangen waren, blieb Wyatt noch ein wenig unter der Spüle, um seine Reparatur zu beenden. Er hätte gern einen Blick auf die junge Phoebe geworfen. Von seinen Großeltern hatte er gehört, dass sie sehr attraktiv, nett und solo wäre. Es war kein Geheimnis, dass sie ihn gern verheiratet sähen und Urgroßeltern werden wollten.

Er hatte immer vorgehabt, irgendwann zu heiraten, aber der Tag war noch nicht gekommen. Wyatt war jetzt neununddreißig, aber er hatte es nicht eilig. Vielmehr war er während eines sechzehnstündigen Arbeitstages damit beschäftigt, Heads Up zum Erfolg zu bringen. Und an einer platinblonden Schönheit war er erst recht nicht interessiert, da die Schönen immer nur Ärger machten und man ihnen nicht trauen konnte.

Phoebes Stimme hatte ihm allerdings gefallen, und anschauen würde sicher nicht schaden.

Nach vollendeter Arbeit bewunderte er sein Werk. Das Abflussrohr funktionierte wieder perfekt. Als Belohnung holte er eine Flasche Orangensaft aus dem Kühlschrank und ging auf den Balkon. Seit er nach Phoenix gezogen war, hatte er sich nur im Fernsehstudio aufgehalten. Endlich mal konnte er den Frühling genießen.

Er setzte sich auf einen Liegestuhl und nahm einen Schluck Saft, aber es fiel ihm schwer, sich zu entspannen. Erst sah er braune Blätter an einem Farn, die entfernt werden mussten, dann erspähte er etwas Orangefarbenes auf dem Boden. Er hob das undefinierbare Teil auf und roch daran. Fisch, Katzenfutter.

Offensichtlich wandte Phoebe Tricks an, um in seine Wohnung zu gelangen. Wahrscheinlich wollte sie sich nicht einfach vorstellen.

Enttäuscht seufzte er. Warum sollte Phoebe Lane auch anders sein als die vielen attraktiven Frauen, die er schon getroffen hatte? Egal, wie sehr sie sich anstrengte, er würde sie nicht ins Fernsehen bringen.

Im zweiten Stock klopfte Phoebe bei Elise an.

„Komm herein, die Tür ist offen“, rief Elise. In „Mesa Blue“ war das so üblich, da jeder jeden kannte. Mit Ausnahme von Wyatt Madison natürlich. Ein Sicherheitsdienst sorgte in dem Komplex rund um die Uhr für die Bewachung, sodass man sich hier wie in einer kleinen Stadt fühlen konnte. Phoebe hatte die Wohnung von ihrer Großmutter geerbt. Überrascht und dankbar, da sie die Mutter ihres Vaters kaum gekannt hatte, hatte sie Hollywood den Rücken gekehrt und sich in der warmen, freundlichen Umgebung von „Mesa Blue“ niedergelassen.

Ihre Freundin lag auf dem Sofa und las gerade eine Hochzeitszeitschrift. Sie trug das hellbraune Haar zu einem Pferdeschwanz gebunden und sah aus, als hätte sie gerade Sport getrieben.

„Nimm dir Kaffee und setz dich“, begrüßte Elise sie.

Phoebe nahm die Einladung gern an, denn Elises Apartment mit den gemütlichen Möbeln, den vielen Büchern, Bildern und Pflanzen gefiel ihr sehr gut. Es war genau die richtige Wohnung für Elise, die an der Arizona State University Französisch unterrichtete.

Leider würde Elise in wenigen Monaten ausziehen, aber da sie in James Dillon einen wunderbaren Mann gefunden hatte, freute Phoebe sich für sie.

„Hast du Wyatt Madison inzwischen kennengelernt?“, wollte Elise wissen.

„Deswegen bin ich hier. Ich habe kläglich versagt, aber er hat einen tollen Hintern.“

Elise hob die Brauen. „Wirklich?“

„Und eine angenehme Stimme.“

„Vielleicht sollte ich nicht weiter fragen.“

„Er hatte seinen Kopf unter der Spüle. Selbst Frannie konnte ihn nicht hervorlocken. Wir brauchen einen Plan.“

Ihre Freundin legte die Zeitschrift beiseite. „Wenn das so ist …“ Sie ging zum Bücherregal und kam mit einem Taschenbuch zurück.

„Warum habe ich daran nicht selbst gedacht?“, meinte Phoebe, als Elise sich hinsetzte und durch das Buch 2001 Ways to Wed blätterte. Das Buch war ein großer Erfolg bei vielen Frauen, die schon gedacht hatten, dass sie ihr Leben als Single verbringen müssten. Überall lobte man die guten Ratschläge, mit deren Hilfe viele Frauen einen Ehemann gefunden hatten.

Elise war selbst eine dieser Frauen, obwohl sie nicht nach einem Ehemann gesucht hatte, als sie James kennenlernte. Sie hatte nur einen Begleiter für eine Hochzeitsfeier gesucht, der so tun sollte, als sei er mit ihr verlobt.

„Das Buch enthält wirklich sehr gute Tipps“, meinte Elise.

„Steht auch drin, wie man einen arbeitssüchtigen Einsiedler aus seinem Versteck locken kann?“, wollte Phoebe wissen. „Wenn die Madisons nicht erzählt hätten, dass er so ein guter Fang wäre, würde ich mich überhaupt nicht bemühen.“

„Ein ganzes Kapitel. ‚Vergessen Sie Ihren Nachbarn nicht‘ beschäftigt sich damit, einen geeigneten Mann ganz in der Nähe zu finden.“

Phoebe legte die Beine auf Elises Couchtisch. „Was rät denn die Autorin?“

„Manchmal führt der Weg zum Herzen eines Mannes durch den Magen“, las Elise vor. „Backen Sie ihm Schokoladenkekse als Willkommensgeschenk.“

„Frannie hat das schon versucht, aber er ist gegen Schokolade allergisch.“

„Was ist hiermit? ‚Liebt der Mann Tiere? Sie könnten ganz zufällig Ihren Hund oder Ihre Katze bei ihm verlieren …‘“

„Schon versucht. Er hat Frannies Kater nicht aus der Palme geholt.“

„Ein schwerer Fall“, stellte Elise fest, während sie das Buch nach weiteren Ratschlägen durchblätterte. „Hier ist noch einer … ‚Wenn Sie im Haus einen Notfall haben, dann rufen Sie statt Elektriker oder Installateur beim nächsten Mal Ihren Nachbarn zu Hilfe. Wenn Sie Glück haben, zeigt er Ihnen gern, wie gut er mit seinem Werkzeug umgehen kann. Selbst wenn es dann nicht mit Ihnen klappt, haben Sie viel Geld für Reparaturkosten gespart‘.“

„Du vergisst Bill“, erinnerte Phoebe die Freundin. Bill White war der Hausmeister in „Mesa Blue“, und er hielt das Gebäude in tadellosem Zustand.

„Du hast recht. Niemand würde seinen Nachbarn belästigen, wenn Bill da ist. Noch ein Vorschlag. ‚Machen Sie eine Party und laden Sie ihn ein. Wenn er allein kommt, gut für Sie. Bringt er eine Partnerin mit, seien Sie freundlich zu beiden. Sie könnten nette Freunde gewinnen. Wenn er nicht kommt, machen Sie so viel Lärm, dass er nicht umhin kann, an dem Spaß teilzunehmen‘.“

„Das ist es! Warum habe ich nicht früher daran gedacht?“

„Ich dachte, du verabscheust Partys“, meinte Elise. „Du hattest doch angeblich so viele in L. A., dass du für immer genug hast.“

In Erinnerung daran rümpfte Phoebe die Nase. Als sie nach Kalifornien gezogen war, schienen die Partys in Hollywood aufregend zu sein. Erst gefiel es ihr, dass sich viele Leute um sie bemühten und ihr sagten, wie schön sie sei.

Als sie die Rolle der Vanessa Vance in der Fernsehserie Skin Deep bekam, hörte das Werben um sie auf. Jeder dachte, dass sie mit dem gut aussehenden Produzenten geschlafen hätte, um die Rolle zu bekommen.

Wenn sie erklärt hätte, warum sie mit Joel Spinner zusammen war, hätte man sie ausgelacht. Sie hatte gedacht, sie wäre in ihn verliebt und konnte nicht ahnen, worauf sie sich eingelassen hatte. Joel hatte in kürzester Zeit alles über ihre Affäre ausgeplaudert, und schon bald dachte der junge Star der Show, dass sie auch mit ihm schlafen würde. Als sie sich weigerte, verbreitete er Lügen über sie.

Einige Wochen lang hatte sie in Hollywood den Ruf, sie sei leicht zu haben. Leider war sie nicht ganz unschuldig daran. Nachdem sie sich von Joel getrennt hatte, war sie bei der Auswahl ihrer Freunde nicht immer klug gewesen.

Dennoch war sie niemals mit jemandem ins Bett gegangen, um eine Rolle zu bekommen. Nachdem bekannt geworden war, dass das Gerücht nicht stimmte, ging es mit ihrer Karriere bergab. Vanessa Vance kam bei einem Autounfall ums Leben. Die Fernsehserie wurde eingestellt, und ihr Agent erwartete, dass sie erneut an Partys teilnahm. Dieses Mal wurde alles schwieriger, denn sie war nicht länger neu in der Stadt.

Deshalb entschloss sie sich – zur Enttäuschung ihrer Mutter –, Hollywood zu verlassen.

„Meine Party wird ganz anders als die in L. A.“, verkündete Phoebe. „Warum bin ich nicht schon früher darauf gekommen, für meine beste Freundin und James eine Verlobungsparty zu geben?“

„Das habe ich aber nicht gemeint“, wehrte Elise ab.

„Egal, die Idee ist glänzend. Fangen wir mit der Gästeliste an. Deine große Familie, James Familie und alle Nachbarn. Wir feiern am Pool!“

„Mesa Blue“ war hufeisenförmig angelegt und verfügte über einen riesigen Pool, der es Phoebe auf den ersten Blick angetan hatte. Sie schwamm für ihr Leben gern. Während sie ihre Bahnen zurücklegte, lernte sie chemische Formeln. Am Pool konnte man gut feiern, und alle Bewohner konnten ihn nutzen.

„Die Idee ist wirklich gut“, stimmte Elise zu. „Jeff könnte den Barkeeper spielen.“ Jeff Hawkin kümmerte sich um den Pool und die Außenflächen des Gebäudekomplexes. Außerdem arbeitete er zeitweise als Barkeeper im Grillrestaurant „The Prickly Pear“, wo Phoebe, Elise und Daisy sozusagen ihr zweites Zuhause hatten.

„Toll, vielleicht kann ‚The Prickly Pear‘ sogar den Partyservice übernehmen.“

Bald waren Phoebe und Elise völlig in ihre Pläne vertieft. Auf der Gästeliste standen auch einige interessante Männer für Daisy.

Als Wyatt den farbigen Umschlag öffnete, den er unter seiner Tür gefunden hatte, kamen ihm sofort Hintergedanken. Die flüssige, weibliche Handschrift war schon ein deutlicher Hinweis. Sicher, es handelte sich nur um die Verlobungsparty für seine Nachbarin Elise Foster. Seine Großeltern hatten sie schon häufig erwähnt. Die Anmerkung der Gastgeberin Phoebe Lane bestätigte jedoch seinen Verdacht.

„Jeder möchte Sie gern kennenlernen“, las er jetzt laut. „Ich hoffe sehr, dass Sie kommen.“

Natürlich reizte ihn die Einladung. Seine Kollegen im Studio hatten ihn schon häufig gebeten, mit ihnen nach der Arbeit auszugehen, aber er hatte immer abgelehnt. Zu viel Arbeit. Nach und nach würde er mehr Verantwortung abgeben können, wenn er loyale und kompetente Mitarbeiter eingestellt hatte. Momentan fühlte er sich noch verpflichtet, sich um jede Einzelheit persönlich zu kümmern. Das Befragen der Studiogäste nahm viel Zeit in Anspruch, aber er bestand darauf, dass jeder, der in der Show auftrat, genau überprüft wurde. Heads Up sollte auf keinen Fall eine dieser primitiven Talkshows werden, in denen die unmöglichsten Leute auftraten.

Seine Großeltern hätten ihn sicher gedrängt, zu der Party zu gehen. Oft genug hatten sie ihm gesagt, welch nette Nachbarn sie in „Mesa Blue“ hatten.

Durch Phoebes Einladung könnte Wyatt neue Leute kennenlernen. Eine Freundin wäre auch nicht schlecht, denn er war schon lange Single. Auf einer Party war es aber nicht leicht, Freunde zu finden. Seiner Erfahrung nach versammelten sich dort vor allem Menschen, die alles versuchten, um ins Fernsehen zu kommen.

In Chicago, wo er eine morgendliche Talkshow produziert hatte, war es schon schlimm genug gewesen. Aber seit Heads Up die ersten Erfolge verbuchen konnte, kamen die Möchtegernberühmtheiten aus allen Löchern.

Wenn nicht schon jeder über seinen Job beim Fernsehen Bescheid wüsste, könnte er vielleicht zu der Party gehen. Aber wie er seine Großeltern kannte, hatten sie wahrscheinlich schon allen von ihm vorgeschwärmt. Nach dem plötzlichen Tod seiner Eltern hatten sie ihn großgezogen, und aus unerklärlichen Gründen hielten sie ihn für perfekt.

Damit wäre alles geklärt. Mit leichtem Bedauern warf er die Einladung in den Mülleimer.

2. KAPITEL

Phoebe freute sich, wie schnell sie die Party für Elise und James organisiert hatte. Im Hof würde ein mexikanisches Büffet von „The Prickly Pear“ aufgebaut werden. Jeff hatte sich bereit erklärt, den Barkeeper zu spielen, obwohl Phoebe den Verdacht hatte, dass es ihm in erster Linie darum ging, den Pool im Auge zu behalten, den er mit so viel Liebe pflegte. Fast alle Geschwister von Elise wollten kommen, sowie einige Mitglieder aus James Familie und dessen Haushälterin.

Eine Temperatur von 25°C war ideal für das Fest, und Phoebe musste sich nur noch zurechtmachen. Dabei half ihr die Erfahrung als Model und Schauspielerin. In kürzester Zeit konnte sie sich umziehen, frisieren und schminken. Da ihr noch Zeit blieb, hatte sie eine Gesichtsmaske aus Avocado, Honig und Joghurt aufgetragen. Sie hatte dieses Rezept selbst entwickelt und erzielte damit große Erfolge bei dem Kosmetikinstitut „Sunrise Spa“, wo sie arbeitete.

Jetzt saß sie in einem gemütlichen Sessel und las in einem Buch über Organische Chemie. Wegen der Vorbereitungen zur Party war sie mit ihren Studien etwas im Rückstand, und am Montag sollte sie einen Test schreiben. Gut, dass sie am nächsten Tag noch lernen konnte. Obwohl ihre Chefin nicht glücklich darüber war, hatte sie sich den Sonntag freigenommen.

Nach einigen Minuten war es Zeit für die Dusche. Sie wollte gerade vorsichtig ihren Unterrock ausziehen, damit er keine Avocadoflecken bekäme, als sie ein Geräusch hörte, das wie tosendes Wasserrauschen klang. Es kam aus ihrem Waschraum.

Sie rannte durch die Küche und schlitterte bis zur Tür des kleinen Raumes, in dem ihre Waschmaschine stand. Hinter ihrer Waschmaschine hatte sich eine Fontäne gebildet, und das Wasser spritzte überall hin.

„Oh nein!“ Phoebe lief zurück in die Küche und wählte Bill Whites Nummer, aber es meldete sich nur der Anrufbeantworter.

Sie wusste nicht, was sie als Nächstes tun sollte. Da sah sie, wie das Wasser schon auf den Küchenboden lief. Wenn das so weiter ging, wäre bald der Wohnzimmerteppich an der Reihe.

Wen konnte sie bloß … Wyatt! Natürlich. Hatte er nicht vor ein paar Tagen an seiner Spüle gearbeitet? Ohne weiter nachzudenken, lief sie zu seiner Wohnung und hämmerte mit den Fäusten gegen die Tür.

„Wyatt, Hilfe, ich brauche Sie!“

Das gibt es nicht jeden Tag, dachte Wyatt, als er eine verführerische Stimme hörte, die um Hilfe rief.

Wenn er jetzt die Tür öffnete, würde eine reizende Frau vor ihm stehen und ihm eine tolle Geschichte erzählen. Ein Kakerlak in der Küche, ein Glas, das geöffnet werden musste, oder vielleicht etwas im Auge?

Fast hätte er die Rufe ignoriert. Er wohnte schon zwei Wochen in „Mesa Blue“ und hatte es bisher geschafft, seinen Nachbarn aus dem Weg zu gehen. Die Frau rief aber immer noch, und die Stimme klang panisch. Was wäre, wenn wirklich etwas nicht stimmte. Seine Großeltern würden ihm nie verzeihen, wenn Phoebe Lane etwas zustieß.

Schnell öffnete er die Tür. Davor stand ein Wesen, das bestimmt nicht darauf aus war, ihn zu beeindrucken. Die Bekleidung stimmte zwar, denn eine Frau im Unterrock erregte natürlich die Aufmerksamkeit eines Mannes. Besonders diese Frau, die fantastisch gebaut war. Groß und schlank, schmale Hüften, volle Brüste und Beine bis zum … Ab dem Hals aufwärts erinnerte sie jedoch an ein Ungeheuer mit erbsengrüner Schmiere im Gesicht.

Wyatt musste sich ein Lachen verkneifen. Sie griff ihn am Arm und zog ihn zu ihrer Wohnung.

„Sie machen doch Installationsarbeiten, nicht?“, fragte sie atemlos. „Ich sah Sie neulich unter der Spüle. Kennen Sie sich mit Wasserleitungen aus?“

„Nun, ja.“

Aus ihrer Wohnung hörte man ein Rauschen. Phoebe zeigte auf die Küche, aus der das Wasser auf den Wohnzimmerteppich lief.

Wyatt rannte zum Waschraum, wo er die Ursache des Übels vermutete. Der Schlauch der Waschmaschine war geplatzt. Entschlossen griff Wyatt hinter die Maschine und drehte das Ventil zu. Der Wasserfall versiegte.

„Vielen Dank, ich wusste nicht, was zu tun war, und Bill ist nicht da.“

„Haben Sie Eimer?“

„Eimer?“ Sie schaute ihn aus riesigen blauen Augen an. Mit der grünen Masse im Gesicht ähnelte sie einem Frosch.

„Und Aufnehmer. Bevor das Wasser in den unteren Stock dringt, müssen wir es aufwischen.“

Sofort suchte Phoebe nach den verlangten Utensilien. „Elise würde mich umbringen. Sie möchte ihre Wohnung verkaufen.“

„Ist sie diejenige, die heiraten wird?“ Er nahm einen Eimer, schöpfte Wasser auf und schüttete es in die Spüle. Phoebe half mit einem Aufnehmer.

Wyatt dachte über Elises Wohnung nach. Seit er nach Phoenix gezogen war, hatte er sich nach einem Haus umgesehen, aber in „Mesa Blue“ zu leben, wäre sicher nicht schlecht. Hier wäre er außerdem nahe bei seinen Großeltern. Sie waren zwar noch fit und reisten viel, aber sie waren schon über achtzig, und er würde sich gern um sie kümmern.

„Wie viel möchte sie für die Wohnung haben?“, fragte Wyatt, während er einen Blick auf Phoebes wohlgeformtes Hinterteil warf. Er musste zugeben, dass er bei Frauen auf den Po achtete, und Phoebe war zwar schlank, hatte aber an den richtigen Stellen weibliche Rundungen. Was trug sie wohl unter dem Unterrock? Einen Tanga oder … nichts?

Er bekam einen trockenen Mund und zwang sich, zur Seite zu sehen. Gut, dass er kaltes Wasser abbekommen hatte. Es war nicht fair, eine Frau im Unterrock anzustarren, die durch die Überschwemmung völlig durcheinander war und bestimmt vergessen hatte, dass sie unpassend angezogen war.

Im Stillen entschuldigte er sich dafür, dass er gedacht hatte, sie hätte das alles inszeniert, um seine Aufmerksamkeit zu erregen.

„Ich weiß nicht, wie viel sie haben möchte“, erwiderte Phoebe. „Heute Abend auf der Party können Sie sie fragen. Ihre Großeltern wären sicher begeistert, wenn Sie hier einzögen. Ich habe mich noch nicht mal vorgestellt. Ich bin Phoebe Lane.“

„Die mit der entlaufenen Katze“, meinte Wyatt.

„Das war Frannies Kater. Ich habe nur geholfen.“

Das meiste Wasser war nun aufgewischt. „Freut mich, Sie kennenzulernen, Phoebe.“ Wyatt streckte die Hand aus. Ihre Hand war weich und trotzdem kräftig mit langen, gepflegten Fingernägeln, die zartrosa lackiert waren. Jetzt bemerkte er auch ihr Haar. Obwohl sie es mit einem Gummi zurückgebunden hatte, konnte er sehen, dass es bis zur Taille reichte und glatt über den Rücken fiel.

„Jetzt komme ich allein klar“, meinte Phoebe. „Sie möchten sich bestimmt für die Party fertig machen.“

Wyatt strich über sein unrasiertes Kinn. Vielleicht hätte er Phoebes Erscheinung nicht so vorschnell kritisieren sollen. Er sah auch nicht gerade attraktiv aus. Heute Morgen hatte er zwar geduscht, aber er trug alte, löcherige Jeans und ein verwaschenes T-Shirt.

„Ich komme nicht zur Party“, erklärte er, und das Bedauern in seiner Stimme war fast echt. Er hätte gern gesehen, wie Phoebe aussah, wenn sie zurechtgemacht war.

„Das ist schade. Alle wollten … nun, Ihre Großeltern haben so viel von Ihnen erzählt, aber wir haben Sie noch nicht kennengelernt.“

„Ich muss noch einiges erledigen.“

„Arbeiten Sie beim Fernsehen?“

Das war ein heikles Thema. „Ja, bei WBZZ“, murmelte er und hoffte, dass sie annahm, er sei für die Beleuchtung zuständig. Vielleicht hatten seine Großeltern schon alles erzählt.

Erstaunlicherweise fragte sie nicht weiter nach.

„Sie müssen doch etwas essen. Kommen Sie kurz vorbei, und probieren Sie etwas von unserem mexikanischen Büffet. Besondere Kleidung brauchen Sie nicht, es ist alles ganz leger.“

„Ich glaube nicht …“

„Sagen Sie doch Ja. So viele nette Leute wohnen in ‚Mesa Blue‘. Daisy Redford, zum Beispiel.“

„Wer?“

„Daisy Redford, eine hervorragende Künstlerin mit tollem, kastanienbraunem Haar. Ich wundere mich, dass Ihre Großeltern sie nie erwähnt haben, denn sie isst häufig mit ihnen.“

Man hatte von ihr gesprochen. Fast so oft wie von Phoebe. Seine Großeltern waren aber wohl nicht die Einzigen, die ihn verkuppeln wollten. Phoebe war nicht gerade dezent. War sie selbst etwa nicht an ihm interessiert?

„Danke für die Einladung, aber ich habe für Feste keine Zeit.“

Nun wirkte sie fast kühl. „Dann sollten Sie besser gehen. Nett, dass Sie mir geholfen haben.“

„Kein Problem. Hoffentlich bekommen Sie das Zeug von Ihrem Gesicht noch rechtzeitig ab.“

„Was?“ Sie berührte ihr Gesicht und riss dann entsetzt die Augen auf.

Er wartete erst gar nicht auf die unvermeidlichen Schreie, sondern zog sich schnell zurück.

Phoebe eilte ins Bad und betrachtete sich im Spiegel. Schlimmer, als sie gedacht hatte. Sie hatte nicht nur ihre Gesichtsmaske vergessen, sondern lief nur im Unterrock herum! Vor lauter Panik wegen der Überschwemmung hatte sie ihr Aussehen völlig vergessen. Als sie dann noch diesen Wyatt Madison zum ersten Mal ganz gesehen hatte, war alles andere verdrängt.

Sein Hinterteil hatte sie ja schon beeindruckt, aber der Rest war auch nicht schlecht: breite Schultern, gut ausgeprägte Brustmuskeln, Waschbrettbauch. Alles gut zu sehen durch das nasse T-Shirt. Das Gesicht war ebenso umwerfend. Fein gemeißelte Züge, faszinierende dunkelgraue Augen, gleichmäßige weiße Zähne. Viele der Typen, mit denen sie beim Fernsehen gearbeitet hatte, würden Wyatt um sein Aussehen beneiden, und es überraschte Phoebe, dass er hinter der Kamera agierte und nicht davor.

Nachdem Phoebe geduscht hatte, musste sie immer noch an Wyatt Madison denken. Er war älter, als sie gedacht hatte, eher vierzig als dreißig. Die Madisons hatten ihr ein Foto von seinem Highschoolabschluss gezeigt. Obwohl Phoebe nicht davon ausgegangen war, dass er noch so aussah, hatte sie nicht angenommen, dass er schon graue Haare hatte. Nach den Erzählungen der Madisons war er eher ein sorgloser Playboy als ein langweiliger Fernsehproduzent.

Nun ja, langweilig war er nicht gerade. Er sah fantastisch aus. Daisy suchte doch einen reiferen Mann, der bereit war, sich niederzulassen. Pflichtbewusst hatte Phoebe sie erwähnt, aber es war ihr nicht leicht gefallen, da ihr dieser Wyatt selbst gut gefiel.

„Unmöglich“, sagte sie zu ihrem Spiegelbild. Die meisten Männer, denen sie begegnete, fanden sie attraktiv. Das lag wohl an ihrem nordischen Typ. Bei Wyatt hatte sie aber kaum etwas Positives ausgelöst, nachdem er sie mit grünem Gesicht und nur mit Unterrock bekleidet gesehen hatte.

Gerade richtig. Eigentlich brauchte sie im Moment keinen Mann, vor allem keinen aus der Filmbranche. Sie hatte genug von den falschen Typen. Fast jeder in L. A., der auch nur die kleinste Verbindung zur Filmwelt hatte, hatte versucht, sie in sein Bett zu kriegen.

Musik erinnerte sie daran, dass die Party ohne sie losging, und sie war die Gastgeberin! Schnell lief sie nach draußen.

Daisy wartete schon auf sie. „Wo warst du?“

„Ein Wasserschaden. Hier sieht ja alles gut aus!“ Sie musste laut sprechen, damit ihre Stimme trotz der Mariaschi-Musik zu hören war. Als sie die Gruppe bestellt hatte, hatte sie nicht gedacht, wie laut die Musik sein würde. Da aber fast alle Bewohner zur Party eingeladen waren, dürfte sich niemand beschweren.

Höchstens Wyatt Madison, der Eigenbrötler.

„Du musst dir unbedingt das Kleid von Elise anschauen“, schwärmte Daisy. „Sie sieht wunderbar aus, und du hast sie toll geschminkt.“

„Vorher sah sie auch nicht gerade schlecht aus“, meinte Phoebe.

„Wann machst du mich denn mal schön?“, wollte Daisy wissen. „Ich suche schließlich einen Mann.“ Da konnte Phoebe nur lachen, denn Daisy war mit ihren kastanienbraunen Haaren und den grünen Augen eine Schönheit, an der Phoebe nichts mehr verändern wollte. Heute Abend trug sie ein grünes Kleid, das wahrscheinlich von ihrer Mutter entworfen worden war. Jadeschmuck machte das Bild perfekt. Daisy leitete eine Galerie mit einheimischen Kunstgegenständen, und sie war eine begnadete Töpferin, die viel zu bescheiden war.

Die Männer müssten eigentlich Schlange stehen, um sie zu heiraten, aber bis jetzt hatte sich für Daisy kein passender Mann gefunden.

„Heute Abend gibt es vielleicht einige Kandidaten“, vermutete Phoebe, und nahm sich etwas vom Büffet. „Wenn Elises Verwandtschaft kommt …“

„Nur Frauen bis auf einen, aber der kommt wahrscheinlich nicht.“

„Ach der Anwalt, wie heißt er?“

„Keine Ahnung, als er damals zu Elise kam, war ich nicht dabei. Ich versteckte mich in meinem Schlafzimmer mit Lockenwicklern und grünem Zeug im Gesicht.“

Bei dem Hinweis auf die Gesichtsmaske musste Phoebe an die Demütigung denken, die sie erst eine Stunde zuvor erlitten hatte.

„Was ist mit Wyatt Madison?“, wollte Daisy wissen, als ob sie Phoebes Gedanken gelesen hätte. „Wollte er nicht kommen?“

Phoebes Herz schlug schneller. „Ich wollte dir noch sagen, dass er nicht kommt.“

„Schade“, meinte Daisy, aber es schien sie nicht wirklich zu stören. „Ich würde gern wissen, wie er in echt ist. Er kann doch nicht so perfekt sein, wie seine Großeltern ihn beschreiben.“

„Richtig“, entgegnete Phoebe.

„Verbirgst du etwas vor mir?“

„Heute Abend habe ich ihn getroffen. Er ist schon alt.“

„Alt?“ Daisy war verblüfft. „Wie alt kann er denn sein? Er hat doch noch seine Großeltern.“

„Mindestens achtunddreißig. Außerdem hat er graue Haare.“

„Wirklich? Ich mag graue Haare. Einige Männer sehen sehr distinguiert damit aus.“

Phoebe hätte das Wort „distinguiert“ nicht verwendet, um Wyatt zu beschreiben. Vielleicht seinen Großvater, und eines Tages würde Wyatt sicher so aussehen wie er. Aber im Moment sah er eher gefährlich als distinguiert aus.

„Wie hast du ihn kennengelernt?“

Kurz schilderte Phoebe das Drama.

Daisy lachte, bis ihr die Tränen kamen. „Diese grüne Maske ist mit einem Fluch behaftet. Wenigstens brauche ich von dir keine Konkurrenz zu befürchten. Du bist jetzt für ihn die Avocadofrau mit dem Wasserproblem.“

Phoebe befürchtete, dass Daisy recht hatte. „Egal, ich suche ja nicht.“

„Das spielt keine Rolle, die meisten Männer fliegen auf dich. Wer träumt nicht davon, mit einem Filmstar auszugehen?“

„Eine Rolle in einer schlechten Seifenoper macht noch keinen Filmstar aus mir“, antwortete Phoebe. „Da kommt Bill, ich muss ihm von meinem Wasserschaden berichten.“

„Möchtest du auch einen Margarita-Cocktail?“

Phoebe nickte. Nach ihrem Erlebnis konnte sie einen Drink gut gebrauchen.

„Hallo, Phoebe“, begrüßte Bill White sie. „Du siehst gut aus, wie immer.“

„Danke“, erwiderte Phoebe automatisch. „Wo warst du vor einer Stunde. Ich hätte dich dringend gebraucht.“

Bill warf Frannie einen heimlichen Blick zu. Sie saß am selben Tisch, schien ihn aber nicht zu beachten. „Unterwegs, was ist passiert?“

„Morgen erzähle ich es dir“, erwiderte Phoebe, die erkannte, dass Bill, der immer zur Verfügung stand, wenn es Schwierigkeiten gab, sein Funkgerät ausgestellt hatte, weil er mit Frannie zusammen gewesen war. Schon seit Jahren hatten Bill und Frannie sich angehimmelt, aber beide waren zu schüchtern, um den ersten Schritt zu wagen. Elise hatte vor einigen Wochen eine Verabredung der beiden arrangiert, und jetzt waren sie ein Paar.

Die nächsten zehn Minuten redete Phoebe mit James Freunden und Familie, sowie mit der netten Haushälterin MaryBelle, die er wie eine liebe Tante behandelte.

„Sie kommen mir bekannt vor“, meinte MaryBelle sofort. „Ich weiß, Vanessa Vance! Sie sehen aus wie die Frau in Skin Deep!“

„Das war ich“, gab Phoebe zu. Sie war inzwischen daran gewöhnt, dass man sie erkannte, aber nachdem Skin Deep nicht mehr fortgesetzt wurde, geschah das immer seltener.

„Ich war wirklich sauer, als sie Vanessa sterben ließen“, meinte sie ruhig. „Sie waren die Beste in der Serie, und sie wurde abgesetzt, nachdem Sie gegangen waren.“

Heute konnte Phoebe darüber lächeln.

„Warum haben Sie nicht woanders mitgespielt? Sie waren doch gut.“

„Ich habe es versucht“, entgegnete Phoebe. Sie hatte häufig vorgesprochen, aber sie wurde nur für Werbespots eingeladen. „Ich war wohl nicht mehr bei der Sache, und ich bin froh, dass ich nicht mehr in Hollywood bin.“

MaryBelle tätschelte ihre Hand und sprach dann mit Elises Schwester. Elise kam zu Phoebe, die auf dem Tisch einiges ordnete.

„Du siehst durstig aus“, bemerkte sie.

„Daisy wollte mir etwas zu trinken bringen, aber sie ist verschwunden.“

„Ich gehe mit dir zur Bar“, schlug Elise vor. „Gibt es schon eine Spur von unserem geheimnisvollen Nachbarn?“, flüsterte sie.

Noch ein weiteres Mal erzählte Phoebe ihre Geschichte, während sie zur Bar gingen.

„Also kommt er nicht“, meinte Elise enttäuscht.

„Wie wollen wir ihn jemals mit Daisy verkuppeln, wenn er sich in seiner Wohnung versteckt wie ein Bär im Winterschlaf?“

„Ich glaube, er ist nicht der Richtige für Daisy“, meinte Phoebe. „Er ist ein Workaholic und einfach zu alt.“

„Zu alt?“, wiederholte Elise.

„Mindestens achtunddreißig.“

Elise lachte. „Komm schon. Daisy ist dreißig. Wo ist da das Problem?“

„Ich weiß nicht.“

„Du willst ihn wohl selbst haben, was?“, neckte Elise die Freundin.

„Nein!“, protestierte Phoebe sofort.

Neugierig blickte Elise sie an.

„Du weißt doch, dass ich viel zu beschäftigt bin, um einen Mann überhaupt nur anzuschauen. Selbst wenn ich Zeit hätte, würde ich mich nicht für ihn interessieren. Er arbeitet schließlich beim Fernsehen. Und du weißt, dass ich es nicht ertrage …“

Phoebe hielt inne, denn Elise grinste sie nur an.

Noch ein weiteres Mal gab Wyatt die Zahlen in seinen Rechner ein, und erhielt wieder ein anderes Ergebnis. Wie sollte er sich bei der verfluchten Mariaschi-Musik konzentrieren?

Hoffentlich wiederholten sich diese Partys nicht ständig. Wie hielten seine Großeltern das bloß aus?

Aber die Antwort kannte er. Wenn sie nicht gerade verreist waren, wären sie mitten im Geschehen und würden vermutlich einen Tanz anführen. Seine Großeltern mussten allerdings am Montag früh auch keinen Finanzplan für Heads Up vorstellen.

Wyatt versuchte noch ein weiteres Mal, sich auf seine Rechnung zu konzentrieren, aber es gelang ihm nicht. Jetzt versuchte der Sänger der Gruppe, Julio Iglesias zu imitieren. Jemand musste dem Krach ein Ende bereiten.

Er legte seine Unterlagen beiseite, zog sich Schuhe an und ging zur Tür. Natürlich könnte er auch von seinem Balkon aus herunterrufen, aber das schien ihm zu banal und würde auch sicher seinen Großeltern nicht gefallen.

Phoebe müsste die so genannten Musiker bitte, aufzuhören, oder er würde die Polizei anrufen.

Seine Kleidung war deplatziert, aber er zog sich nicht mehr um, da er sich ja nicht lange aufhalten wollte.

Draußen waren so viele Gäste, dass er Phoebe kaum finden würde.

Sein Blick fiel auf eine hübsche Frau mit dunkelrotem Haar, die allein am Pool saß.

In diesem Moment schaute sie auf und lächelte ihn warm an. Da sich sonst niemand um ihn kümmerte, wollte Wyatt sie nach Phoebe fragen.

„Sie sind sicher Wyatt, setzen Sie sich.“

Er hatte nicht vorgehabt, auf der Party zu bleiben, aber die Rothaarige wirkte einsam.

„Woher kennen Sie mich?“

„Sie sehen aus wie Ihr Großvater. Nun, so wie er wahrscheinlich vor vierzig Jahren aussah. Er ist ein attraktiver Mann.“

„Danke.“

„Ich wollte nicht …“ Sie errötete. „Sie denken sicher, ich will mit Ihnen flirten.“

„Wäre das so schrecklich?“

„Nein, ich meine, ja, denn ich flirte normalerweise nicht. Phoebe hat Sie sicher zu mir geschickt, oder?“

„Nein, Ihr Lächeln hat mich hierher geführt.“

„Na, wer flirtet denn hier jetzt?“

Vielleicht war es so. Bei der Rothaarigen fühlte er sich wohl. Sicher war sie hübsch mit diesem wunderbaren Haar, aber er merkte sofort, dass es zwischen ihnen nicht funkte. Sie könnten höchstens Freunde werden.

„Ich bin Daisy Redford. Phoebe meinte, sie kämen nicht.“

Daisy Redford! Die Alarmglocken läuteten. Von ihr hatte Phoebe vorhin gesprochen.

„Will Phoebe uns verkuppeln?“, fragte Wyatt ganz direkt.

Daisy riss die Augen auf. Sie versuchte, alles zu leugnen, aber sie war keine gute Lügnerin. „Ich sollte Sie kennenlernen“, gab sie kleinlaut zu.

„Warum?“

Daisy zuckte mit den Schultern und sah verlegen aus. „Warum nicht?“ Dann lachte sie. „Es war keine gute Idee. Phoebe hat mich schon mal verkuppelt. Mit einem Zahnarzt, aber es klappte nicht richtig. Meine Freundinnen sind sicher nicht glücklich, wenn ich ihre Pläne für uns beide vereitele.“

„Sie sehen nicht aus, als müssten Sie verkuppelt werden“, meinte Wyatt. „Das ist die Wahrheit, und ich flirte jetzt nicht.“

„Das ist nett von Ihnen. Warum sind Sie denn doch vorbei gekommen?“

Jetzt hörte Daisy sich nicht mehr schüchtern an. Nachdem eine Romanze zwischen ihnen ausgeschlossen war, fühlte sie sich besser.

„Um mich über den Lärm zu beschweren.“

„Die Band ist ziemlich laut“, stimmte Daisy ihm zu. „Wir können mit Phoebe reden, wenn Sie möchten.“ Sie wollte aufstehen, aber Wyatt hielt sie zurück.

„Nein, das ist nicht nötig. Ich habe meine Meinung geändert. Heute werde ich nicht mehr arbeiten, sondern mich amüsieren. Wo ist die Gastgeberin eigentlich?“

Da entdeckte er sie auch schon. Mit ihrem langen blonden Haar war sie nicht zu übersehen. Sie stand an der Bar und lachte mit dem Barkeeper, den Wyatt als den Mann erkannte, der sich um den Pool kümmerte.

Ohne grünen Matsch im Gesicht, war sie das schönste Wesen, das er je gesehen hatte. Keinerlei Ähnlichkeit mit einem Frosch.

„Sie haben sie wohl entdeckt“, bemerkte Daisy mit einem wissenden Blick.

3. KAPITEL

Wyatt schloss den Mund. Er hatte Phoebe wie ein verliebter Schuljunge angestarrt.

„Sie ist kaum zu übersehen“, meinte Daisy. „Ich verstehe nicht, warum sie in Hollywood keine Traumrolle bekommen hat.“

„Ist sie Schauspielerin?“, fragte Wyatt entsetzt. Das hatten seine Großeltern ihm nicht erzählt.

„Ja, kennen Sie sie nicht? Vanessa Vance aus Skin Deep“. Als Wyatt keine Reaktion zeigte, fügte sie hinzu: „Die berühmte Fernsehserie vor einigen Jahren.“

„Solche Serien schaue ich mir normalerweise nicht an.“

„Viel verpasst haben Sie nicht. Die Serie war schrecklich, aber Phoebe war sehr gut. Nachdem sie ihre Rolle verloren hatte, sanken die Quoten, und die Serie wurde eingestellt.“

„Schauspielerin“, wiederholte er. Er konnte förmlich spüren, wie er in sich eine Mauer errichtete. Möchtegernschauspielerinnen und Exstarlets hatten ihm gerade noch gefehlt.

Phoebe wusste garantiert, womit er sein Geld verdiente. Seine Großeltern hatten es ihr bestimmt gesagt. Warum versuchte sie dann nicht, über ihn ins Fernsehen zu kommen? Ein kurzer Auftritt in Heads Up könnte ihre Karriere wieder beleben.

„Sie arbeitet nicht mehr in dem Beruf“, plauderte Daisy jetzt weiter. „Sie st…“ Daisy unterbrach sich. „Sie verschönert die Kundinnen im ‚Sunrise Spa‘. Meines Erachtens vergeudet sie ihr Talent. Sie ist viel zu intelligent.“

Die Begriffe „Schauspielerin“ und „intelligent“ passen nicht zusammen, dachte Wyatt. Vielleicht würde Phoebe noch eine weitere raffinierte Taktik anwenden, um über ihn ins Fernsehen zu kommen. Etwas, das besser funktionierte, als Katzenfutter auf seinen Balkon zu werfen.

An der Bar unterhielt Phoebe sich mit Elise und genoss die letzten Tropfen ihrer Margarita. Weil es warm war, hätte sie gerne noch ein Glas getrunken, aber am folgenden Morgen musste sie viel lernen, und sie wollte einen klaren Kopf behalten.

„Kann ich bitte eine Cola haben?“, fragte sie Jeff.

„Natürlich, Süße. Was bekomme ich dafür?“

Phoebe schnaubte. Jeff war zweiundzwanzig und flirtete ständig. Aber er war harmlos. Wenn sie tatsächlich auf seine offensichtliche Anmache reagieren würde, wäre er augenblicklich über alle Berge verschwinden.

„Ich sollte mich den Gästen widmen“, meinte sie zu Elise, als Jeff ihr die Cola reichte.

„Und ich sollte meinen Verlobten suchen. Es war schwer genug, ihn zu finden, jetzt darf ich ihn nicht mehr verlieren.“

Sie wollten beide losgehen, als ein Mann hinter Elise auftauchte und ihr die Augen zuhielt. „Wer bin ich?“

Nach einem kurzen Moment erkannte Phoebe Elises Bruder Chance. Anfang der Woche hatte er abgesagt.

„Chance! Was machst du denn hier?“, wollte Elise wissen und umarmte ihren Bruder. In einer lässigen kakifarbenen Hose mit passendem Polohemd sah er ausgesprochen gut aus. Phoebe gefiel es, wenn ein Mann gut gekleidet war. Wyatt in seinem alten T-Shirt fiel dagegen stark ab.

Warum musste sie dann ständig daran denken, wie sich Wyatts Muskeln unter dem T-Shirt abzeichneten und wie die ausgewaschene Jeans sich um sein Gesäß spannte?

„Mein Termin ist ausgefallen“, erklärte Chance. „Hallo, Phoebe, hoffentlich ist es okay, dass ich ohne Vorwarnung auftauche.“

„Kein Problem.“

„Elise“, fragte er leise, „wer ist die tolle Frau, die am Pool sitzt?“

Sie schaute in die Richtung, in die Chance zeigte, sah aber niemanden. „Wer?“

Chance blinzelte mehrere Male, als ob seine Augen ihm einen Streich gespielt hätten. „Vor einer Minute war sie noch da. Kannst du sie mir vorstellen, wenn ich sie finde?“

Elise gab ihm einen leichten Klaps auf den Arm. „Du machst dich an keine meiner Freundinnen ran. Du wirst ihr nur das Herz brechen, und dann werde ich dafür verantwortlich gemacht.“

„Ist ja schon gut!“

Er rieb seinen Arm, aber Phoebe war sicher, dass Elise ihm nicht wehgetan hatte. Für einen Anwalt hatte er recht gute Muskeln.

„Dann stelle ich mich eben selbst vor.“ Mit einem spitzbübischen Lächeln machte er sich auf die Suche nach der Frau vom Pool.

Elise rollte die Augen. „Ein hoffnungsloser Fall.“

„Er ist doch niedlich. Warum stellen wir ihn Daisy nicht vor?“, schlug Phoebe vor.

Elise schüttelte den Kopf. „Chance ist definitiv nicht der Richtige. Außerdem ist Daisy anderweitig beschäftigt. Mit wem spricht sie da eigentlich?“

Phoebe schaute nach ihrer Freundin, die mit dem rötlichen Haar gut zu erkennen war. Sie unterhielt sich angeregt mit einem Mann.

„Das ist doch Wyatt Madison.“

„Du machst Witze. Ich dachte, er wollte nicht kommen.“

„Das hat er gesagt. Warum ist er dann hier?“

„Wie es aussieht, amüsiert er sich. Schau dir Daisy an, sie lacht sogar.“

„Meine Güte.“

„Was stimmt nicht mir dir? Das wollten wir doch. Vielleicht ist er ideal für Daisy.“

„Er ist zu alt für sie“, erwiderte Phoebe. „Als Paar sehen sie einfach nicht gut aus.“

„Phoebe!“, entrüstete sich Elise.

„Vielleicht hätten wir sie nicht zusammenbringen sollen. Was ist, wenn …“

„Das haben wir doch gar nicht getan, sie haben sich selbst gefunden.“

„Ich meine, Chance wäre besser für sie. Er sieht toll aus, ist nett, verdient gut …“

„Daran ist überhaupt nicht zu denken. Ich liebe Chance sehr, aber er ist ein echter Schuft. Daisy sucht einen Ehemann, falls du dich erinnerst. Einen möglichen Vater für ihr Kind. Das Letzte, was sie brauchen kann, ist ein Mann, für den das Wort ‚Ehefrau‘ ein Fremdwort ist.“

„Nun, ich glaube, er wäre besser als Wyatt Mad…“ Phoebe hielt inne und traute ihren Augen nicht. Nach nur einer Margarita konnte sie doch nicht schon unter Sinnestäuschungen leiden.

„Was ist los?“, fragte Elise.

„Daisy und Wyatt. Sie sind verschwunden.“ Am Büffet, wo sie die beiden vor wenigen Augenblicken gesehen hatte, stand niemand mehr.

„Tatsächlich. Vielleicht hat es zwischen ihnen gefunkt, und sie haben sich an einen ruhigen Ort zurückgezogen“, vermutete Elise.

„Halt deinen Mund.“

„Phoebe!“

„Was wissen wir denn schon über Wyatt Madison? Nur, was seine Großeltern berichtet haben, und die sind parteiisch. Er arbeitet in der Unterhaltungsbrache, und das spricht schon mal gegen ihn. Du hast keine Ahnung, welche Typen beim Fernsehen arbeiten. Er könnte ein Mörder sein.“

Elise schaute sie genervt an. „Als ich eben sagte, dass du Wyatt für dich haben wolltest, habe ich nur Spaß gemacht. Wenn du so weitermachst, glaube ich wirklich, dass du ihn willst.“

„Mach dich nicht lächerlich.“

„Alles Ausreden.“

Phoebe hätte noch mehr Argumente ins Feld geführt, aber da kam Elises Verlobter, der nur Augen für seine zukünftige Frau hatte.

„Ich habe dich schon überall gesucht“, meinte er und küsste sie auf die Wange.

Phoebe seufzte leise. Es war schön gewesen zu sehen, wie Elise und James sich verliebten. Elise war noch nie so glücklich gewesen. James war der Beweis dafür, dass es noch gute Männer gab. Aber nach Phoebes Erfahrung waren die ausgesprochen rar.

Ihre Mutter hatte ihr immer gesagt, dass sie alles hätte, um einen guten Ehemann zu finden: ein wunderschönes Gesicht und eine Traumfigur. Phoebe fand jedoch, dass ihre Mutter unrecht hatte. Nach dem Fiasko in Hollywood dachte sie nicht mehr über Männer nach. Sie wollte sich ihre eigene Zukunft aufbauen, bei der es nicht an ihrem Sex-Appeal lag, ob sie Erfolg hatte.

„Du siehst zu schön aus, um hier allein herumzustehen“, meinte Jeff. „Sollen wir von hier verschwinden und für Action sorgen?“

Phoebe lächelte. „Du musst arbeiten, und ich bin die Gastgeberin. Ich kann nicht einfach weggehen. Ansonsten würde ich deine Einladung annehmen.“

Jeff zuckte mit den Schultern. „Probieren kann man es ja mal.“

Am nächsten Morgen fühlte sich Phoebe unausgeschlafen und unruhig. Das lag an Wyatt und Daisy, die sie am Abend nicht mehr gesehen hatte.

Daisy war im Moment sehr verletzlich. Erst vor Kurzem hatte sie von ihrem Arzt erfahren, dass sie an Endometriose litt. Wenn sie jemals Kinder haben wollte, müsste sie bald schwanger werden, da sie später unfruchtbar werden könnte. Daisy wollte unbedingt Kinder, aber sie wollte dazu auch den passenden Ehemann. Sie selbst war ohne Vater aufgewachsen und wollte das ihren eigenen Kindern nicht antun.

Sie war jetzt so damit beschäftigt, den richtigen Mann zu finden, dass ihr Urteilsvermögen vielleicht beeinträchtigt war. Wenn Wyatt daraus einen Nutzen gezogen hatte, dann würde Phoebe ihn sich vorknöpfen!

Nach einer kurzen Dusche, zog Phoebe einen Overall sowie ein lilafarbenes T-Shirt an und wählte Daisys Nummer.

Keine Antwort. Selbst der Anrufbeantworter war nicht angestellt. Das war ein schlechtes Zeichen.

Phoebe ging auf den Flur und schlich an Wyatts Tür vorbei. Seine Zeitung lag noch davor.

Sie hielt genau vor der Tür und presste das Ohr dagegen. Nichts, verdammt. In „Mesa Blue“ war alles sehr gut isoliert.

In diesem Moment wurde die Tür geöffnet, und Phoebe stürzte nach vorn. Starke Arme verhinderten, dass sie auf der Nase landete.

„Einen schönen guten Morgen“, begrüßte Wyatt sie freundlich.

„Oh, …“ Denk nach, Phoebe! Sie sollte sich schnellstens eine Ausrede einfallen lassen. Sie spürte aber nur die kräftigen Arme, die sie festhielten, und ihr fiel absolut nichts ein.

Wyatt, der nur Shorts trug, hob die Zeitung auf.

„Könnten Sie mir etwas Kaffee leihen?“, bat Phoebe schließlich. „Ich habe keinen mehr, und ohne Kaffee bin ich morgens zu nichts nütze.“

Er lächelte sie an, als würde er ihr kein Wort glauben. „Ich trinke keinen Kaffee und meine Großeltern auch nicht.“

Phoebe schaute in seine Wohnung, weil sie Daisy dort vermutete. Wyatt versperrte ihr jedoch den Blick mit seiner muskulösen Statur, von der sie kaum den Blick lassen konnte.

„Orangensaft kann ich anbieten.“

„Nein, danke. Tut mir leid, wenn ich Sie gestört habe.“

Phoebe floh regelrecht. Angesichts dieser überwältigen Männlichkeit blieb ihr nichts anderes übrig. Ohne zurückzuschauen, eilte sie in ihre Wohnung und knallte die Tür zu.

Verflixt! Warum mussten ihre Hormone ausgerechnet jetzt verrückt spielen? Schon seit Jahren hatte sie nicht mehr daran gedacht, sich mit einem Mann einzulassen, und das gefiel ihr. Über schöne romantische Erlebnisse konnte sie nicht berichten. Die wenigen Beziehungen, die sie hatte, waren nie über das Oberflächliche und Körperliche hinausgegangen. Für die Männer waren nur ihre erogenen Zonen interessant, ansonsten wollten sie nichts über sie wissen.

Und ausgerechnet jetzt hatte ihr Körper reagiert, und das auf Wyatt Madison. Hatte Elise doch recht? Wünschte sie nicht, dass Daisy und Wyatt zusammenkamen, weil sie ihn für sich wollte?

Nein, sagte sie bestimmt. Wahrscheinlich ist Wyatt kein Mörder, und er hat nette Großeltern, aber das bedeutet noch lange nicht, dass er Daisy ungestraft an ihrem ersten Treffen verführen kann. Phoebe musste unbedingt herausfinden, was wirklich passiert war, und Daisy gegebenenfalls unterstützen.

Mit neuer Energie ging sie zu Frannie. Sie wollte noch ein weiteres Mal einen Blick auf Wyatts Balkon werfen. Wenn er einen Übernachtungsgast hatte, könnte es sein, dass die beiden auf dem Balkon saßen.

Frannie war ebenfalls nicht zu Hause. Ob sie bei Bill war?

Phoebe ließ sich nicht entmutigen. Erneut ging sie zum dritten Stock und klopfte an Wyatts Tür.

Nach einem kurzen Moment öffnete er. Noch immer in derselben Bekleidung.

Erstaunt und ein wenig verärgert starrte er sie an. „Ja?“

„Wo ist sie?“

Nun schien er verwirrt. „Wer?“

„Sie wissen, wer. Daisy.“

„Daisy“, wiederholte er.

„Die Rothaarige? Grünes Kleid?“ Vielleicht hatte er Daisy nicht nach ihrem Namen gefragt.

„Ich weiß nicht, wo sie ist“, sagte er schließlich. „Waren Sie schon in ihrer Wohnung?“ Er öffnete die Tür noch weiter, sodass Phoebe eintreten konnte.

In der Absicht, eine gründliche Durchsuchung vorzunehmen, trat Phoebe ein. Daisy wäre sicher nicht erfreut über ihr Verhalten, aber irgendwer musste doch auf die Frau aufpassen.

„Sie ist nicht zu Hause“, erklärte Phoebe und sah sich um. Nirgends ein Zeichen für einen Übernachtungsgast. Keine Kleider, die auf dem Boden lagen. Kein Frühstück für zwei im Esszimmer.

Sie drehte sich nach Wyatt um. „Sie waren gestern Abend mit ihr zusammen. Sie haben noch nicht mal die Gastgeberin begrüßt, obwohl sie zuerst abgesagt hatten. Aber mit solchen Nebensächlichkeiten konnten Sie sich wohl nicht abgeben, weil sie ganz schnell mit der armen Daisy verschwinden wollten.“

„Arme Daisy?“, wiederholte er ungläubig.

„Sie ist im Moment sehr empfindlich“, beharrte Phoebe. „Einen Typen, der ihr falsche Versprechungen macht und doppelt so alt ist wie sie, kann sie nicht gebrauchen.“

„Doppelt so alt? Dann müsste sie erst neunzehn sein. Für wie alt halten Sie mich eigentlich?“

Phoebe holte tief Luft. „Gut, mit dem Alter habe ich übertrieben.“

„Schauen Sie mich an, denn ich will sicher sein, dass Sie mir zuhören.“

Das wollte sie nicht. Mit seinen grauen Augen sah er einfach zu viel.

Er trat an sie heran, bis sie seine Körperwärme spürte. „Ich habe Ihre Freundin Daisy nicht angemacht und sie entführt. Sie hat aber mit jemandem die Party verlassen.“

„Mit wem?“, fragte Phoebe misstrauisch.

„Keine Ahnung, ich kenne hier niemanden.“

„Wie sah er aus?“

Wyatt zuckte mit den Achseln und trat einen Schritt zurück.

„Woher soll ich das wissen? Ich schaue mir Männer nicht so genau an.“

„Nur Frauen?“.

„Wie kommen Sie darauf?“, wollte Wyatt verwundert wissen. Er setzte sich auf das Sofa und ordnete die Zeitung. „Haben meine Großeltern vielleicht gesagt, dass ich ein Casanova bin?“

„Nein, sie haben nur Gutes über Sie erzählt.“

„Warum dann? Seit ich hier eingezogen bin, habe ich mich ganz für mich gehalten.“

„Sie arbeiten fürs Fernsehen“, warf Phoebe ein, merkte aber, dass ihr Argument nicht gerade überzeugend klang.

„Und deshalb mache ich mich an jede Frau ran, die ich treffe?“

„Ich rede aus eigener Erfahrung.“

Wyatt wusste nicht, was er mit der Bemerkung anfangen sollte. Er sah sie nicht an, sondern fuhr fort, die Zeitung zusammenzulegen.

„Na schön“, lenkte Phoebe schließlich ein, „vielleicht habe ich voreilig falsche Schlüsse gezogen.“

„Ich kann Ihnen versichern, dass ich nicht im Entferntesten daran denke, mir ständig neue Bettgefährtinnen zu suchen. Mein Job ist eine große Herausforderung für mich, und ich habe nur einige Wochen Zeit, um mich zu beweisen. Wenn die Show ein Erfolg wird, liegt mir die Welt zu Füßen. Wird sie ein Flop, kann ich weiter Kochsendungen oder Werbespots produzieren. Jede freie Minute beschäftige ich mich mit dieser verdammten Show.“

Jetzt sah Phoebe sich Wyatt genauer an. Plötzlich glich er nicht mehr den anderen Typen aus der Filmbranche. Seine Arbeit war ihm wirklich wichtig. Er schien tatsächlich zu arbeiten und nicht stundenlang zu telefonieren oder auf Firmenkosten essen zu gehen.

„Es tut mir leid, ich weiß nicht, warum ich das alles zu Ihnen gesagt habe.“

Obwohl sie nicht verstehen konnte, warum, lächelte er sie an. Er hätte sie rauswerfen können.

„In Wahrheit habe ich jetzt keine Zeit für Frauen. Aber wenn mich jemand in ‚Mesa Blue‘ interessieren würde, dann wären Sie das. Daisy sieht gut aus, aber langbeinige Blondinen gefallen mir besser.“

Phoebes Herz raste. Hatte sie gerade noch positive Gedanken für ihn gehabt? Hatte sie sich für ihre Worte nicht soeben entschuldigt? Sein Lächeln ließ sie im Stillen alles wieder zurücknehmen.

„Vielen Dank“, erwiderte Phoebe kühl. „Im Moment habe ich keine Zeit für Männer, also trifft sich das gut.“

Wyatt nickte. „Sehr günstig.“

„Dann sollte ich jetzt wohl gehen.“

„Wir haben uns alles gesagt.“

„Nun, auf Wiedersehen.“

„Auf Wiedersehen.“ Er griff nach der Zeitung und begann zu lesen.

Der hatte Nerven!

Phoebe gelang es endlich, die Wohnung zu verlassen, und wunderte sich über ihr zögerliches Verhalten. Eigentlich hatte sie sich mit einer besonders geistreichen Bemerkung verabschieden wollen. Als sie wieder in ihrer Wohnung war, musste sie zugeben, dass Wyatts Kompliment ihr gefallen hatte. Fast hätte sie mit ihm geflirtet.

Wyatt warf die Zeitung auf den Boden, da er sich nicht mehr konzentrieren konnte. Er war zu angespannt.

Er sollte froh sein, dass Phoebe nicht auf seine Bemerkung eingegangen war, mit der er sie hatte testen wollen. Wenn sie ihn dazu hätte benutzen wollen, ihre Karriere aufzufrischen, dann hätte er ihr die perfekte Möglichkeit dazu gegeben.

Ihre Reaktion fiel jedoch ganz anders aus. Sie hatte deutlich Distanz gewahrt. Ja, sie hatte ihm zu verstehen gegeben, dass sie nichts mit ihm zu tun haben wollte. Sie hielt ihn für alt! Dabei war er mit seinen neununddreißig Jahren im besten Alter.

Keinesfalls war er erleichtert gewesen, als Phoebe auf seinen Flirt nicht eingegangen war, nein, er war eindeutig enttäuscht. Was hätte er denn gemacht, wenn sie reagiert hätte? Gern würde er glauben, dass er sie höflich, aber bestimmt nach Hause geschickt hätte. Leider war er sich sicher, dass er ihr gerne nähergekommen wäre, hätte er auch nur die kleinste Chance dazu gehabt.

„Wenn das nicht meine drei besten Kundinnen sind!“, begrüßte sie George, Poebes Lieblingskellner, im Restaurant „The Prickly Pear“. Das gehobene Lokal mit Bar war nicht weit von „Mesa Blue“ entfernt, und die Freundinnen aßen dort mindestens ein Mal wöchentlich.

George gab Elise, Daisy und Phoebe automatisch die richtigen Getränke, denn er war mit ihren Gewohnheiten vertraut. Sie nahmen immer den gleichen Tisch, damit George sie bedienen konnte.

„Guten Abend, George“, grüßte Phoebe lächelnd, als er sie auf die Wange küsste. Wie bei Jeff waren seine Flirts harmlos, denn er war glücklich verheiratet.

„Wollt ihr Süßen das Übliche?“, fragte er.

Alle nickten und bestellten je einen großen gemischten Salat mit Hühnchen.

Zwei Tage waren vergangen, seitdem Phoebe Wyatt getroffen hatte. Immer wieder musste sie an ihre Begegnung denken und überlegte ständig, was wohl passiert wäre, wenn sie auf seine Anmache anders reagiert hätte.

Elise räusperte sich deutlich. „Hörst du uns überhaupt zu, Phoebe?“

„Hm?“

„Du bist schon wieder in Gedanken“, bemerkte Daisy.

„Heute ist ein bedeutender Abend, und ich brauche eure Aufmerksamkeit“, bat Elise.

„Entschuldigung.“ Phoebe konzentrierte sich. Bedeutend? Hatte sie einen Geburtstag vergessen? „Was ist los?“

„Als ich James kennenlernte, habt ihr beide mir sehr geholfen. Deshalb bitte ich euch heute, meine Brautjungfern zu werden.“

Phoebe und Daisy waren gerührt. Beide standen auf und umarmten ihre Freundin.

„Ich dachte, dass du bei deinen vielen Schwestern keine Brautjungfern mehr brauchst“, meinte Phoebe.

„Es soll meine erste und einzige Hochzeit sein, und ich kann so viele Brautjungfern haben, wie ich will.“

„Hochzeiten sind wunderbar“, meinte Daisy seufzend. „Ich freue mich sehr für dich, Elise, aber ich wünschte, es wäre meine.“

„Für dich finden wir auch noch jemanden“, tröstete sie Elise. „In der Fremdsprachenabteilung gibt es übrigens einen neuen spanischen Assistenten. Er gleicht Antonio Banderas und ist noch Single.“ Elise zog eine Karte aus ihrer Tasche und gab sie Daisy. „Er sagt, du kannst ihn anrufen.“

Ohne große Begeisterung nahm Daisy die Karte.

„Wie alt ist er?“, fragte sie misstrauisch.

„Das weiß ich nicht.“

„Wahrscheinlich ist er jünger als ich“, vermutete Daisy.

„Vielleicht ein wenig, aber das macht doch nichts. Er ist sehr nett, ein echter Gentleman.“

Daisy seufzte. „Für mich gibt es nur noch mittellose Assistenten.“

„Er ist nicht mittellos“, warf Elise ein. „Außerdem hat dich der reiche Typ, mit dem du dich vor ein paar Monaten getroffen hast, nur genervt.“

Jetzt stöhnte Daisy. „Der Zahnarzt. Warum lasse ich auch zu, dass ihr mich ständig mit jemandem verkuppelt?“

„Die Masse macht’s“, erwiderte Elise. „Du musst schon viele Frösche küssen, bevor du einen Prinzen findest. Außerdem haben sie vielleicht nette, alleinstehende Freunde.“

„Vielleicht braucht Daisy unsere Hilfe gar nicht mehr, weil sie selbst schon jemanden gefunden hat“, meinte Phoebe.

„Wie bitte?“, warf Daisy ein. „Phoebe, ich sagte doch schon, dass Wyatt und ich nur Freunde sind. Wir haben uns zehn Minuten unterhalten, und das war alles.“

„Nicht Wyatt“, meinte Phoebe. „Der andere, mit dem du die Party verlassen hast.“

„Verrat uns, wer es ist“, bat Elise.

Daisy nahm einen großen Schluck Eistee. „Hast du schon die Farben ausgesucht?“

Das klappt nicht, dachte Phoebe enttäuscht. Sie hatte gehofft, dass Daisy verraten würde, mit wem sie die Party verlassen hatte. Wahrscheinlich gab es eine einfache Erklärung, aber offensichtlich wollte Daisy nicht darüber reden.

„Ich bin noch nicht sicher, welche Farben ich nehmen soll“, antwortete Elise. „Vielleicht wäre Zartgelb eine schöne Farbe für die Kleider der Brautjungfern.“

„Nur wenn du willst, dass ich wie eine Leiche aussehe“, meinte Phoebe vorlaut, und wünschte sich sofort, dass sie den Mund gehalten hätte. Elise sollte jede Farbe auswählen können, die sie wollte. Egal, ob Phoebe in Gelb bleich aussah und ihr Haar wie Stroh wirkte.

„Stimmt, du siehst schrecklich in Gelb aus. Ich wollte dich nicht beleidigen.“

„Kein Problem, mach dir deswegen keine Sorgen. Nimm die Farbe, die dir am Besten gefällt.“

„Wie wäre es denn mit Rosa?“

„Rosa? Bei meinem roten Haar?“, fragte Daisy entsetzt.

„Du hast recht, ich denke noch mal darüber nach“, meinte Elise.

„Lass uns auf Wyatt zurückkommen“, meinte Daisy, „was wirst du unternehmen, Phoebe?“

„Ich?“ Phoebe hoffte, dass die Freundinnen ihre Verlegenheit nicht bemerkten. „Was sollte ich seinetwegen unternehmen?“

„Der Mann ist völlig begeistert von dir“, erklärte Daisy. „Auf der Party hatte er nur Augen für dich.“

4. KAPITEL

Wyatt hatte einen besonders schrecklichen Tag. Er fragte sich, ob er sich je daran gewöhnen würde, launische Gäste in der Show zu haben. Heads Up war keine übliche Talkshow. Es ging um Trends – alles vom neuesten Filmstar bis zum aktuellsten Stand der Genforschung. Die Show wurde von einem jungen Paar moderiert, das auch privat zusammen war. Sie konnten sich gut auf die unterschiedlichsten Gäste einstellen. Auf Grund der umfangreichen Themen erzielte die Show gute Einschaltquoten aus allen Bevölkerungsschichten.

Heute hatte Wyatt jedoch Zweifel, ob die Show bestehen würde. Einer der Gäste, der sechzehnjährige Star einer neuen Abendserie, war mit seiner Selbstüberschätzung unerträglich. Das Moderatorenpaar hatte sich gestritten, und eine der Maskenbildnerinnen wollte das Handtuch werfen.

„Wenn dieser kleine sexsüchtige Kerl noch ein Mal meinen Busen anfasst, dann schlage ich ihm ein blaues Auge!“, drohte Carmen.

„Du kannst unsere Gäste nicht tätlich angreifen, egal, wie schlecht sie sich benehmen.“

„Das würdest du nicht sagen, wenn er nach dir grapschen würde.“

„Ich werde mit ihm reden.“

„Nein, ich will, dass Jean ihn schminkt.“

Jean war die Maskenbildnerin, die sich um das Make-up für Kelly und Kurt, die Gastgeber der Show, kümmerte.

„Jean ist nicht mehr da“, erklärte Wyatt.

„Dann jemand anderes.“

„Wyatt!“, schrie Kelly Cupps, die Moderatorin. „In meiner Garderobe ist kein Wasser mehr!“

Er legte eine Hand auf Carmens Schulter. „Bitte, Carmen, du musst nur …“

Sie wich einen Schritt zurück. „Ihr Männer seid alle gleich, ständig fasst ihr uns an. Ich bin es leid! Ich gehe!“

Ungläubig blickte Wyatt hinter ihr her.

„Was ist mit meinem Wasser?“, brüllte Kelly.

Verdammt, er war der Produzent und kein Laufbursche. Er schnappte sich einen Techniker. „Tu mir einen Gefallen, und besorge einige Flaschen Wasser.“

„Das verstößt gegen die Regeln der Gewerkschaft, Mann. Tut mir leid.“

Da holte Wyatt die Flaschen von seinem eigenen Vorrat im Büro. Mit mehreren Telefonaten versuchte er, eine neue Maskenbildnerin zu bekommen. Leider hatte er in Phoenix nur wenige Kontakte.

Er wollte schon selbst Hand an das Make-up legen, als ihm jemand einfiel.

Sorgfältig entfernte Phoebe die Lockenwickler aus dem feinen, kastanienbraun getönten Haar von Mrs Cooper.

„Ich weiß nicht“, meinte die etwa sechzigjährige Frau bei einem Blick in den Spiegel. „Ist die Farbe wirklich gut für mich, ich war ja schließlich mal rothaarig?“

Das wusste Phoebe schon, denn Mrs Cooper hatte ihr das in den letzten Tagen ständig erklärt, während Phoebe sämtliche Haarfarben für sie ausprobierte.

„Warum gewöhnen Sie sich nicht einige Tage an die neue Farbe?“, schlug Phoebe vor. „Sie steht Ihnen gut.“

„Ich entscheide, was gut aussieht, Fräulein“, meinte Mrs Cooper schnippisch. „Schließlich zahle ich eintausend Dollar pro Tag.“

Phoebe unterdrückte ein Stöhnen. Nicht alle reichen Frauen, für die sie arbeitete, verhielten sich so. Die meisten waren sehr nett und dankbar, wenn Phoebe sie verschönerte.

Aber es gab auch Frauen wie Mrs Cooper, die nie schön sein würden, weil sie nie lächelten. Sie behandelten Phoebe wie eine Dienstbotin.

Das Summen der Sprechanlage unterbrach ihre trüben Gedanken. „Telefon für dich“, erklang die Stimme von Pam, der Rezeptionistin.

„Während der Behandlung nehme ich keine Anrufe entgegen“, erinnerte Phoebe Pam freundlich. Jede Kundin, sogar Mrs Cooper, verdiente ihre hundertprozentige Aufmerksamkeit.

„Entschuldige, aber er sagt, dass es sich um einen Notfall handelt.“

Sofort dachte Phoebe an ihre Mutter. Eigentlich war Olga Phelps sehr fit. Vielleicht war ihr etwas passiert? Phoebe entschuldigte sich bei Mrs Cooper und nahm den Hörer auf.

„Phoebe Lane.“

„Phoebe, hier ist Wyatt Madison.“

Ihr Herz machte einen Satz. „Ist Ihren Großeltern etwas passiert?“

„Nein, sie sind okay. Möchten Sie schnell mal dreihundert Dollar verdienen?“

„Was?“

„Meine Maskenbildnerin hat gerade gekündigt. Die Show läuft in fünfundvierzig Minuten an, und Sie sind meine letzte Hoffnung.“

Zuerst wollte Phoebe ablehnen, denn sie hatte kein Interesse mehr an der Unterhaltungsbranche. Außerdem wusste sie nicht, wie sie reagieren würde, wenn sie Wyatt wieder sah.

„Vierhundert Dollar“, bot er an, als ihr Schweigen andauerte.

„Was wäre meine Aufgabe?“ Sie konnte nicht glauben, dass sie sein Angebot überhaupt in Erwägung zog.

„Unsere beiden Gäste schminken. Das dürfte nicht länger als eine halbe Stunde dauern. Kelly und Kurt sind schon fertig“, fügte er hinzu.

Wahrscheinlich müsste sie Kelly und Kurt kennen, aber sie hatte keine Zeit zum Fernsehen.

„Fünfhundert“, bot Wyatt mit verzweifelter Stimme an. „Mein letztes Angebot.“

„Unter einer Bedingung“, erklärte sie sich einverstanden. Eine Summe wie fünfhundert Dollar konnte sie nicht ablehnen. Zwar hatte sie keine großen finanziellen Bedürfnisse, aber hier verdiente sie nicht viel, und das Studium war teuer.

„Welche?“

„Sie müssen mir versprechen, dass es keine Bemerkungen wie ‚langbeinige Blondine‘ mehr gibt. Als ich von L. A. wegging, habe ich mir geschworen, nie mehr …“

„Das war doch nicht so gemeint, ich wollte sie doch nur testen.“

So eine Ausrede hatte Phoebe noch nie gehört.

„Als Daisy mir sagte, dass sie Schauspielerin seien, dachte ich, dass Sie über mich an Rollen herankommen wollten.“

„Wie kommen Sie denn darauf?“

„Frühere Erfahrungen. Der gleiche Grund, warum Sie glauben, ich wolle mich an Frauen heranmachen.“

Jetzt fühlte sie sich ertappt.

„Sie haben von mir nichts zu befürchten“, versprach er.

Phoebe ärgerte sich über das Gefühl der Enttäuschung, das sie verspürte. Fand er sie so wenig attraktiv?

„Helfen Sie mir?“

„Habe ich Ihren Test bestanden?“

Er lächelte. „Mit wehenden Fahnen. Es ist schon lange her, dass mein Selbstbewusstsein so angeknackst war.“

„Dann komme ich sofort ins Studio.“

Wenn sie nicht der Meinung wäre, dass er wirklich in Not war, hätte sie sich nicht bereit erklärt, ihm zu helfen. Helen und Rolland Madison würden ihr nie verzeihen, wenn sie ihrem wunderbaren Enkel nicht aus der Klemme half.

„Mrs Cooper, ich …“ Sie unterbrach sich, denn Mrs Cooper war fort. Phoebe war so in ihr Gespräch vertieft gewesen, dass sie nicht bemerkt hatte, dass die Kundin aufgestanden war. Da flog die Tür des Behandlungszimmers auch schon auf. Madelaine Fitzhugh, ihre Chefin, stürmte wütend herein.

„Was haben Sie mit Mrs Cooper gemacht?“, wollte Madelaine wissen, und verschränkte die Arme unter ihrem üppigen Busen.

„Außer ihre Haare zum fünften Mal zu färben?“

„In dem Ton brauchen Sie nicht mit mir zu reden, Phoebe.“

Phoebe hasste es, wie ein Schulmädchen getadelt zu werden, aber sie versuchte, sich den Ärger nicht anmerken zu lassen. „Ich habe ungefähr drei Minuten telefoniert.“

„Sie behauptet, Sie hätten mit Ihrem Freund geschäkert.“

Jetzt musste Phoebe beinahe lachen. Wie kam Mrs Cooper denn darauf? „Nein, es war ein Freund, dem ich helfen muss.“ Sie zog ihren Kittel aus.

„Sie gehen?“

„Die nächste Kundin kommt erst um vier Uhr“, versicherte Phoebe. Sie wurde nach Kundinnen und nicht nach Stunden bezahlt.

„Ich brauche Sie aber, weil Flora Cummings sofort eine Maniküre möchte.“

„Madelaine, Sie wissen doch, dass ich von elf bis drei nicht arbeiten kann.“

„Nur unter besonderen Umständen. Und das ist jetzt der Fall.“

„Wir hatten abgemacht, dass ich das einen Tag vorher wissen muss.“ Phoebe hatte am Nachmittag ihre Vorlesung in organischer Chemie. Sie konnte auf keinen Fall eine Maniküre machen.

„Für wen arbeiten Sie?“, wollte Madelaine wissen.

„Für eine Fernsehshow.“

Phoebe konnte spüren, dass Madelaine verärgert war. „Mir scheint, Sie brauchen den ‚Sunrise Spa‘ gar nicht. Bemühen Sie sich also nicht, zurückzukommen.“

„Madelaine“, begann Phoebe ungläubig, „jetzt machen Sie doch kein Drama daraus.“ Sie hatte jedoch keine Zuhörerin mehr, denn Madelaine war gegangen.

„Na, super“, murmelte Phoebe, während sie zur Tür ging. Noch ein Grund, sich über Wyatt aufzuregen, denn nun war sie seinetwegen gefeuert worden. Zwar nur indirekt, aber trotzdem …

Fünfzehn Minuten vor Sendebeginn betrat Phoebe das Studio. Als Wyatt sie sah, fühlte er sich gleichzeitig zutiefst erleichtert und erregt. Welcher Mann würde sich nicht nach ihr sehnen? In ihrem eng anliegenden Top und der engen schwarzen Hose war sie die Verkörperung eines erotischen Traums.

„Es tut mir leid, dass ich so spät komme“, entschuldigte sie sich. „Der Verkehr war schrecklich.“

„Schon okay“. Er nahm ihren schweren Koffer und führte sie zu den Garderoben. An einer Tür klopften sie an, und eine weibliche Stimme bat sie, einzutreten.

„Phoebe, das ist Muriel Topper. Sie schrieb …“

„Das Diätbuch!“, rief Phoebe freudig überrascht aus. „Wir verkaufen es in dem Kosmetiksalon, in dem ich arbeite, und wir müssen es ständig nachbestellen. Ich bin Phoebe Lane.“

Muriel, die für eine Siebzigjährige noch sehr gut aussah, streckte die Hand aus. „Schön, Sie kennenzulernen. Ich hoffe, Sie haben in Ihrem Koffer etwas, das gegen die Ringe unter meinen Augen hilft.“

„Ich habe etwas dabei, aber ich sehe keine Ringe“, fügte Phoebe schnell hinzu.

„Sie haben nur noch fünfzehn Minuten Zeit“, erinnerte Wyatt sie. „Danach schminken Sie bitte unseren anderen Gast. Er tritt erst um halb zehn auf.“

„Kein Problem“, erwiderte Phoebe munter und griff nach ihren Schminkartikeln. „Wer ist denn der andere Gast?“

„Ein Schauspieler.“

„Das sagt mir viel.“

„Taylor Shad.“

„Soll das ein Witz sein?“

Autor

Arlene James
Arlene James schreibt bereits seit 24 Jahren Liebesromane und hat mehr als 50 davon veröffentlicht. Sie ist Mutter von zwei wundervollen Söhnen und frisch gebackene Großmutter des, wie sie findet, aufgewecktesten Enkels aller Zeiten. Darum hat sie auch im Alter von 50 plus noch jede Menge Spaß. Sie und ihr...
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Kara Lennox
Kara Lennox hat mit großem Erfolg mehr als 50 Liebesromanen für Harlequin/Silhouette und andere Verlage geschrieben.
Vor ihrer Karriere als Liebesromanautorin verfasste sie freiberuflich Hunderte Zeitschriftenartikel, Broschüren, Pressemitteilungen und Werbetexte. Sogar Drehbücher hat sie geschrieben, die das Interesse von Produzenten in Hollywood, New York und Europa weckten.
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