Blitzhochzeit im Wüstenpalast?

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Ein hochriskanter Plan: Als Chauffeurin verkleidet, entführt Miranda den mächtigen Scheich Zamir in der königlichen Limousine – an seinem Hochzeitstag! Sie will verhindern, dass ihre Cousine eine arrangierte Ehe mit dem befehlsgewohnten Wüstenherrscher eingehen muss. Doch kaum erkennt ihr Passagier, was hier gespielt wird, ist Mirandas Schicksal besiegelt. Denn für die friedliche Zukunft seines Landes braucht Zamir sofort eine Königin! Beim lodernden Feuer in seinem Blick beginnt Miranda zu ahnen, auf was sie sich eingelassen hat …


  • Erscheinungstag 14.05.2024
  • Bandnummer 2648
  • ISBN / Artikelnummer 9783751524711
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Zamir kniff in seine Nasenwurzel, als er das klimatisierte Foyer des Hotels verließ und in den sengend heißen Sonnenschein trat, der seine hämmernden Kopfschmerzen noch verstärkte. Erst in diesem Moment merkte er, dass er seine Sonnenbrille vergessen hatte.

Die letzten paar Tage waren nicht lang genug gewesen, um all das zu schaffen, was er tun musste. Aber wenn dieser Tag vorüber war, würde sich alles von selbst ergeben. Ein Gedanke, der wie die Aussicht auf Leben spendendes Wasser in der Wüste aufleuchtete.

Er stieß einen erschöpften Seufzer der Zufriedenheit aus. Die letzten Wochen waren die Hölle gewesen, doch er hatte sich keine Zeit für Trauer zugestanden. Denn er hatte stark sein müssen für seine Familie und sein Land. Und jetzt stand er kurz davor, all das zu erreichen, was er seinem sterbenden Onkel versprochen hatte.

Sich die Krone zu sichern und damit die Stabilität seines Heimatlandes Qu’sil zu gewährleisten.

Und den Weg zu ebnen, Qu’sil und das benachbarte Aboussir wieder zu einer Nation zu vereinen.

Wenn das geschafft war, würden in beiden Ländern Jubelfeste stattfinden. Selbst die hartnäckigsten Nationalisten auf beiden Seiten hatten zugestimmt, dass dies der Weg in die Zukunft sein würde. Allerdings waren die Verhandlungen zeitaufwändig und schwierig gewesen, weil beide Seiten gleich viel Gewicht haben wollten.

Nun gab es nur noch einen Punkt, der abgehakt werden musste, bevor das Ganze ins Rollen kommen konnte.

Der entscheidende Punkt überhaupt.

Ohne aus dem Tritt zu geraten marschierte Zamir zu der wartenden Limousine, sein Handy am Ohr, während sein Finanzminister ihm detailliert von einem unvorhergesehenen Problem bezüglich des Haushaltsplanes berichtete.

Die Wagentür wurde von einem Chauffeur offen gehalten. Zamirs Augenbrauen zuckten, als er sich fragte, warum seine Gastgeber darauf bestehen sollten, dass der Fahrer Handschuhe trug – unnötig bei dieser Hitze – und nicht dafür sorgten, dass seine Uniform passte. Selbst die Mütze, die sein Gesicht verschattete, wirkte zu groß.

Aber Zamir hatte anderes im Kopf. Mit einem gemurmelten Dank an den Chauffeur stieg er ein, konzentrierte sich auf das Telefonat mit seinem Minister, streckte die Beine aus und griff nach einer Flasche Mineralwasser.

Ein paar Minuten später beendete er das Gespräch und nahm einen weiteren Anruf von seinem Security-Chef entgegen. Hassan hatte es nicht gefallen, dass Zamir sich ohne seinen üblichen Geleitschutz in einem anderen Land bewegte, selbst nicht die kurze Strecke vom Hotel bis zum Zielort. Aber genau das war der Punkt. Zamir wollte seinen Gastgebern und dem Volk von Aboussir – den Menschen, die einmal seine Untertanen sein würden, wenn die Formalitäten abgeschlossen waren – demonstrieren, dass er vollstes Vertrauen in sie hatte.

„Entspann dich, Hassan. Ich bin auf dem Weg. Bis bald.“ Er sah aus dem Fenster auf die belebten, engen Straßen der alten Stadt, in der der Verkehr sich im Schneckentempo fortbewegte. „Mach dir keine Sorgen, wenn ich ein bisschen zu spät komme. Die Straßen hier sind nicht so modern wie zu Hause.“ Er stieß ein leises Lachen aus. „Wenigstens werden sie mit der Feier nicht ohne mich anfangen.“ Damit beendete er den Anruf und warf einen Blick auf den Ladezustand seines Handys.

Trotz der getönten Scheiben musste er die Augen gegen die helle Sonne zusammenkneifen. Die Tabletten, die er wegen der Kopfschmerzen eingenommen hatte, wirkten noch nicht. Er hätte sich Zeit für ein anständiges Frühstück nehmen sollen, doch trotz all der Vorbereitungen hatte nach dem Tod seines Onkels eine Menge Arbeit auf ihn gewartet.

Aber bald … Wenn dieser Tag vorbei war, könnte Zamir sich wenigstens in dieser Nacht Ruhe gönnen.

„Der Akku in meinem Handy ist bald leer“, sagte er zu dem Fahrer. „Ich muss ihn aufladen.“ Was er normalerweise vor dem Schlafengehen machte, doch letzte Nacht hatte er nicht geschlafen.

„Natürlich, Sire.“

Sire? Was für ein altmodisches Wort. Auf der anderen Seite war Aboussir traditioneller als sein Land. Dort sprachen sie ihn meistens mit „Sir“ an. Bald dann mit Majestät, wenn er offiziell als Scheich und Oberhaupt des Staates anerkannt werden würde.

Zamirs Mundwinkel gingen nach unten. Er hatte gewusst, dass sein Onkel nicht ewig leben würde. Doch er vermisste den alten Mann.

„Wenn Sie mir das Handy geben, Sire, werde ich mich darum kümmern.“

Die Stimme des Mannes klang hell und sehr jung.

Aber solange er den Weg kannte, spielte das keine Rolle. Und tatsächlich bahnte er sich geschickt den Weg an den Autos, dem Vieh und den Fußgängern vorbei.

„Danke.“ Er übergab dem Fahrer das Handy und schloss die Augen, weil ihm plötzlich schummrig war. Er hätte sich wirklich ein wenig ausruhen sollen. „Wie lange dauert es, bis wir da sind? Fünfzehn Minuten?“

„Länger, tut mir leid. Es gab einen schweren Verkehrsunfall. Wir müssen von der Hauptstraße abbiegen. Aber ich bringe Sie dorthin, wohin Sie müssen.“

Zamir nickte, ohne die Augen zu öffnen. Dieser Termin war von größter Wichtigkeit. Er würde ein Nickerchen machen, um neue Energie zu schöpfen, damit er dann in Bestform sein würde.

Obwohl sie einen Wagen mit Klimaanlage fuhr, war Mirandas Haut feuchtklamm. Nicht von der Temperatur, sondern wegen ihrer Nerven.

Nerven? Eher doch, weil sie schreckliche Angst hatte.

Selbst für sie, die von ihrer Familie so oft als leichtsinnig und verantwortungslos bezeichnet wurde, war das, was sie heute machte, völlig inakzeptabel.

Wie hatte sie je glauben können, Erfolg damit zu haben? Es war eine Tat, geboren aus Verzweiflung. Nicht ihre Verzweiflung, sondern die ihrer Cousine. Miranda konnte Sadia in ihrem Elend nicht im Stich lassen.

Den Plan hatte sie eher halb im Scherz vorgebracht, aber Sadia hatte die Idee sofort aufgegriffen. Ausnahmsweise hatte ihre schüchterne Cousine sich keine Sorgen um Anstand oder Konsequenzen gemacht.

Warum sollte sie sich auch Sorgen machen, wenn du das ganze Risiko auf dich nimmst?

Das war unfair. Sadia konnte es nicht selbst machen. Man hätte sie vermisst, hätte sie sich an diesem Morgen weggeschlichen. Wie auch immer, wenn die Sache schiefging, müssten sie beide zahlen.

Berichtigung. Sie würden so oder so zahlen, ob Miranda erfolgreich war oder nicht. Sie könnten nicht verbergen, was sie getan hatten.

Doch wenn es klappte, wäre das all die Konsequenzen wert. Sadia im Stich zu lassen, das war unmöglich. Sie waren schon ihr ganzes Leben lang Freundinnen, selbst während der Jahre, in denen Miranda nicht in Aboussir gewesen war.

Während sie durch einen Torbogen fuhr, der in den neuen Teil der Stadt führte, warf sie einen Blick in den Rückspiegel. Der Mann sah aus, als würde er schlafen. Zurückgelehnt saß er da, der Kopf zur Seite gelehnt, die langen Beine ausgestreckt.

Er war der eindrucksvollste Mann, den sie je gesehen hatte. Die Fotos wurden ihm nicht gerecht, auch wenn sie einen attraktiven Mann zeigten. In natura hatte er ein unfassbares Selbstbewusstsein an sich, eine Aura von so elementarer Männlichkeit, die die Luft elektrisierte und sie dazu brachte, sich ihres eigenen Geschlechts sehr bewusst zu sein.

In Anbetracht dessen, dass sie so viel Zeit mit Männern verbrachte, auch gut aussehenden, war sie schockiert, wie sie auf ihn reagierte.

Ein Schauer lief über ihren Rücken. Es war eine Sache, diesen unerhörten Plan auszubrüten, während sie um Mitternacht zusammen in Sadias Zimmer gesessen hatten. Eine ganz andere jedoch, ihn umzusetzen.

Ihr Mut hatte einen herben Dämpfer verpasst bekommen, als sie über Scheich Zamirs scharfen Verstand und seine Fähigkeiten sowohl in Bezug auf Staatsführung als auch sportliche Betätigungen gelesen hatte. Die Presse stellte ihn als einen Mann dar, der sich um sein Land und sich selbst kümmern konnte, egal unter welchen Gegebenheiten. Es würde nicht einfach sein, mit ihm fertig zu werden.

Miranda war wie erstarrt gewesen vor Angst und Aufregung, als Scheich Zamir aus dem Hotel trat, um zu dem Wagen zu gehen. Das Herz hatte ihr bis zum Hals geklopft, als sie seinen lässigen und doch entschlossenen Gang bemerkte. Die breiten Schultern unter dem traditionellen Gewand. Die leuchtenden, tiefschwarzen Augen in dem harten, attraktiven Gesicht.

Mirandas Stiefvater sah auch gut aus, genauso wie seine Polo spielenden Freunde. Sie war an den Anblick gut aussehender Sportler gewöhnt, die so taten, als gehöre ihnen die Welt.

Aber Scheich Zamir war eine Klasse für sich.

Sie ignorierte die Hitze, die sie bei diesem Gedanken erfasste, und warf schnell einen Blick in den Rückspiegel. Aber der Scheich hatte sich nicht bewegt. Ihr Herz schlug schneller, als sie beschleunigte und darauf wartete, dass er mit seiner tiefen Stimme nachfragen würde, warum sie sich von ihrem Zielort entfernten.

Kein Protest war zu hören. Vielleicht war er tatsächlich eingeschlafen.

Trotzdem war ihr schlecht vor Sorge.

Sie verließen das bebaute Gebiet, und als sie erneut in den Spiegel sah, merkte sie, dass er sich rührte, sich jedoch nicht aufsetzte und wissen wollte, wohin sie fuhren. Vielmehr machte er es sich auf dem Ledersitz noch gemütlicher.

Miranda warf einen Blick auf die Uhr. Es fühlte sich an, als würde sie schon stundenlang fahren, aber wenn sie jetzt umdrehte, würden sie nicht einmal zu seinem Termin zu spät kommen.

Entschlossen konzentrierte sie sich auf die Straße und all die Gründe, warum sie dies machte.

Denn sie hasste Tyrannen. Und Sadia war zu kostbar, um so schlecht behandelt zu werden. Was dieser Mann vorhatte, war falsch. Auch wenn es genau genommen Sadias Vater sein mochte, der sie zur Einwilligung gezwungen hatte, geschah es doch auf Geheiß dieses Mannes. Und wenn niemand anders den Mut hatte, ihm die Stirn zu bieten, dann musste Miranda es eben tun.

Der Wagen näherte sich einer Kreuzung mit drei Schnellstraßen. Miranda warf einen Blick auf den Rücksitz, ehe sie ihr Fenster einen Spalt öffnete. Schnell griff sie nach seinem Handy und warf es nach draußen.

Falls seine Leute versuchen sollten, ihn über sein Handy zu orten, hätten sie keine Chance.

Hätte sie doch nur daran gedacht, als sie noch in der Stadt gewesen waren. Dann wüsste niemand, ob sie immer noch in der Hauptstadt waren.

Miranda lächelte verhalten und machte sich im Geiste eine Notiz. Für den Fall, dass sie je wieder einen Scheich entführen würde.

2. KAPITEL

Zamir fühlte sich benommen und hatte einen schlechten Geschmack im Mund. Die Medikamente. Er hatte sie erst einmal genommen, vor Jahren, und vergessen, wie lethargisch sie ihn gemacht hatten.

Wenigstens pochte sein Kopf nicht mehr, was er als Gewinn verbuchte.

Dann merkte er, dass der Wagen angehalten hatte. Er riss die Augen auf, denn er wollte nicht, dass man ihn dösen sah statt hellwach, bereit für dieses wichtige Ereignis.

Er brauchte lange, um zu verarbeiten, was er sah.

Da war kein Chauffeur, kein herzlicher Gastgeber, keine vertrauten Gesichter seines Gefolges. Statt des Palasteingangs sah er steinigen Boden. Es gab keine Gebäude, und die einzige Straße war eine Schotterpiste, die sich hinter einem Hügel verlor.

Offensichtlich hatten sie die Stadt verlassen, aber er hatte keine Ahnung, wo er war.

Angestrengt lauschte er auf ein Geräusch, das ihm Aufschluss geben könnte. Eine Stimme, Schritte. Ein Gewehr, das geladen wurde.

Der Stand der Sonne verriet ihm, dass Stunden verstrichen waren, seit er das Hotel verlassen hatte. Was auch immer geschehen sein mochte, war der Fahrer daran beteiligt. Wenigstens hatte der Mann bei der Hitze den Wagen offen gelassen und die Fenster heruntergekurbelt.

Er drehte den Kopf herum und sah, dass der Wagen im Schatten stand. Dahinter erhob sich eine hohe Steinwand mit geschlossenen Fenstern.

Zamirs Herz schlug schneller. Wo war er?

Er stieg aus dem Wagen, ein wenig unsicher auf den Beinen, während er sich auf einen Angriff vorbereitete.

Nichts geschah. Er stand da und lauschte, hörte jedoch nur das Seufzen einer Nachmittagsbrise, die um die massive Wand strich. Was war das für ein Ort?

Und noch wichtiger, warum war er hier?

Hastig warf er einen Blick auf seine Uhr, die verriet, was er ohnehin wusste. Er war Stunden zu spät für seinen Termin.

Hassan würde außer sich sein. Nicht nur Hassan. Die ganze Maschinerie des Königshofs würde in den Notfallmodus wechseln, wenn er nicht ankam.

Als er sich hinunterbeugte und vorne in den Wagen sah, wurde ihm bestätigt, was er bereits befürchtet hatte. Sein Handy war verschwunden. Trotzdem suchte er alles gründlich ab. Nichts.

Sein Magen verkrampfte sich, als er darüber nachdachte, welche Konsequenzen es haben würde, dass er den Termin heute versäumt hatte. Es war eine Katastrophe. Welcher Staatsfeind hatte dies geplant?

Und warum hatte man ihn allein und unverletzt zurückgelassen? Diese bizarre Situation wurde mit jedem Moment seltsamer.

Schnell lief er an der Wand entlang und blieb an der Ecke stehen. Immer noch war keine Menschenseele zu sehen, doch auf dieser Seite entdeckte er einen Eingang. Ein großes Rundbogentor aus massivem Holz, mit Eisenbeschlägen und alten Scharnieren. Türen, die dazu gedacht waren, Plünderer fernzuhalten. Sein eigener Palast verfügte über etwas Ähnliches, nur größer und in besserem Zustand.

Bemerkenswert war, dass ein Flügel des Tors offen stand. Als Einladung oder aus Versehen?

Zamir hob einen faustgroßen Stein auf und trat ein.

Mirandas Hände zitterten auch jetzt noch so sehr, dass sie stehen bleiben und erst einmal tief durchatmen musste.

Es ging ihm sicher gut. Er schlief nur. Doch als sie versucht hatte, ihn zu wecken, hatte er sich nicht gerührt.

Weil du es kaum gewagt hast, ihn zu berühren. Weil du dich, ist er erst einmal wach, den Konsequenzen deiner Tat stellen musst.

Miranda machte sich Sorgen, weil sie ihn in der Nachmittagshitze hatte zurücklassen müssen, denn bei ihrem genialen Plan hatte sie nicht berücksichtigt, wie groß er war. Und viel zu muskulös für sie, um ihn fortbewegen zu können.

Sie redete sich ein, dass es ihm gutging. Es war ja kein Hochsommer, wenn die Hitze in der Wüste tödlich sein konnte. Eine leichte Brise war durch den Wagen geweht, und sie würde Wasser und ein nasses Tuch holen, um ihm Kühlung zu verschaffen.

Sobald ihre Finger es schafften, den festsitzenden Riegel am Badezimmerschrank zu lockern.

Sie hätte nie gedacht, dass er so lange schlafen würde. Mit jedem Kilometer, den sie sich aus der Stadt entfernten, hatte sie damit gerechnet, dass er aufwachen und von ihr verlangen würde umzudrehen.

Wenigstens war Sadia in Sicherheit.

Mit feuchten Händen strich sie über die zu große Uniformjacke und griff erneut nach dem Riegel. Endlich gelang es ihr, den Schrank zu öffnen. Sie wollte gerade hineingreifen, als ihr ein Prickeln über den Rücken lief.

Sie war nicht allein.

Auch wenn sie kein Geräusch hörte, spürte sie, dass etwas anders war.

„Ziehen Sie langsam Ihre Hand zurück, und drehen Sie sich um.“

Der harte, autoritäre Ton ließ beinahe Panik in ihr aufsteigen.

Mit hämmerndem Herzen sah Miranda über die Schulter.

Es war der Scheich, und er war sehr lebendig. Er sprühte förmlich vor Energie. Seine leicht zusammengekniffenen Augen leuchteten in einer Weise, die ihr den Atem raubte.

Mit seinen tiefschwarzen Augen musterte er sie, und ihre Haut brannte, als hätte er sie berührt.

Seine Miene glich einer Gewitterwolke, und seine Nasenflügel bebten voller Verachtung. Es schien, als würde er dem Raum jeden Sauerstoff entziehen.

Ihr Selbstschutzinstinkt drängte Miranda davonzulaufen und sich zu verstecken. Nur dass sie sich nirgendwo verstecken konnte, weil er die einzige Tür blockierte.

Zitternd schnappte sie nach Luft.

Zeit, Farbe zu bekennen.

Er war Herrscher eines Königreiches und es zweifellos gewohnt, dass man jedem seiner Wünsche gehorchte. Er war sehr stark, und er war erbost. Und das konnte sie ihm kaum verübeln, nach dem, was sie getan hatte.

„Ich will sehen, was Sie in der Hand haben. Aber langsam.“

Miranda nickte, und die zu große Mütze rutschte noch tiefer in ihre Stirn, als sie ihren Arm aus dem Schrank zog. Doch die geflochtene Borte am Ärmel verfing sich an dem lästigen Riegel und hielt sie zurück. Sie hob die andere Hand, um den Ärmel zu befreien.

Miranda mühte sich immer noch ab, als sie umgedreht und gegen die Wand gedrückt wurde. Verzweifelt schnappte sie nach Luft und merkte, dass er nach Zedernholz und Gewürzen roch.

Schließlich zog Scheich Zamir von Qu’sil sich so weit zurück, dass er sie betrachten konnte – und sie ihn.

Miranda hatte geglaubt, er sei eindrucksvoll, arrogant. Doch aus der Nähe entdeckte sie noch etwas anderes in seiner strengen Miene, was sie einen verwirrenden Moment vergessen ließ, dass sie Feinde waren.

„Eine Frau?“

Es war unnötig, darauf eine Antwort zu geben. Er kannte nun die Form ihrer Brüste und ihrer Hüften, und seine Hitze schien sie zu versengen.

Blinzelnd sah sie hoch. Der Scheich war bisher für sie nur ein Problem gewesen, das sie lösen musste. Nicht ein sehr lebendiger Mann, dessen Körper eine ungewohnte Reaktion in ihr geweckt hatte.

„Ich wurde von einer Frau entführt?“

Er riss ihre Mütze herunter und starrte auf ihre abgeschnittenen Locken.

Langsam lockerte er den Griff um ihr Handgelenk, das vor Schmerz prickelte.

„Sie wollten mich mit einem Handtuch angreifen?“

Er entwand ihr das Handtuch, das sie umklammert hatte, als ihr Ärmel sich verfing, und sie versuchte, die Gelegenheit zu nutzen, um sich zu befreien. Doch er hielt sie mit verstörender Leichtigkeit fest.

Miranda schluckte. Das, was er tat, hatte nichts Sinnliches, trotzdem spürte sie Hitze in ihrem Schoß.

Sie räusperte sich. „Ich wollte Sie selbstverständlich nicht angreifen, sondern nur ein Handtuch herausholen.“

„Selbstverständlich ist hier gar nichts.“

Als er ihrem Blick begegnete, blieb ihr erneut die Luft weg. Vor Angst, nicht deshalb, weil sie sich seiner so bewusst war.

Sie atmete schneller, und er trat noch ein kleines Stück zurück.

„Wo stecken Ihre Komplizen?“

„Ich habe keine.“

Das war keine Lüge. Sadia kannte den Plan, hatte mitgeholfen, ihn zu entwerfen, doch Miranda allein führte ihn aus. Selbst jetzt konnte sie kaum glauben, dass sie so lange damit durchgekommen war.

Vielleicht stimmte das gar nicht. Vielleicht war das nur ein verrückter Traum, aus dem sie gleich aufwachen würde.

Nur dass dieser Mann zu real war. Selbst ihre lebhafte Fantasie hätte jemanden wie ihn nicht hervorzaubern können.

„Warum lächeln Sie?“

„Ich lächle nicht, ich bin verwirrt.“

Immer noch sah er sie mit abweisender Miene an. „Das sollte ich eigentlich sagen. Ich bin nämlich derjenige, der entführt wurde. Was wollten Sie hier drin?“

„Ich habe mir Sorgen gemacht, weil Sie nicht aufgewacht sind. Ich wollte Wasser und ein nasses Handtuch für Sie holen.“

„Sie wollten sich um mich kümmern?“

Miranda hielt seinem aufgebrachten Blick stand. „Ich habe mir Sorgen gemacht, dass es Ihnen vielleicht nicht gut geht.“ Sie schluckte schwer. „Aber es tut mir nicht leid, dass ich Sie gekidnappt habe.“

Zamir sah, dass sie auf eine trotzige Art das Kinn hob, die eigentlich lächerlich sein sollte.

Aber so war es nicht. Stattdessen war er fasziniert.

Er würde ihr absurdes Verhalten sogar als fesselnd beschreiben, hätte es nicht solch eine Katastrophe verursacht.

Auch wenn er ihren schnellen Puls spürte, blieb sie kühl. Sie war mutig, das musste er ihr lassen.

Aber wie gefährlich war sie? Und mit wem müsste er noch fertig werden?

Er musterte sie, von dem offen stehenden Kragen der offensichtlich geliehenen oder gestohlenen Uniform bis zu den rötlichbraunen Haaren. Ihre Haut hatte einen hellen olivgoldenen Ton, der sich auf bezaubernde Weise von den graublauen Augen abhob.

Bezaubernd? Diese Medikamente mussten seinen Verstand beeinträchtigen.

Sie wirkte unauffällig, aber trotzdem ansprechend. Oder würde so wirken, hätte sie nicht eigenhändig all das zerstört, wofür er und so viele andere gearbeitet hatten.

Erneut von einer Welle wütender Energie erfasst, trat Zamir zurück und sah, wie sie ihre Jacke glatt strich und sich von der Wand löste. Er könnte sie abtasten, um ganz sicher zu sein, dass sie keine verborgenen Waffen bei sich trug, aber er hatte genug von ihr berührt, um annehmen zu können, dass sie keine unmittelbare Gefahr darstellte.

Trotzdem stellte er sich neben die offene Tür, weil er von dort aus sehen konnte, ob sich jemand näherte. „Warum sind wir hier? Mit wem treffen wir uns?“

„Mit niemandem.“

Sie drückte den Rücken durch, sodass ihre Brüste sich deutlich unter der Jacke abzeichneten. Ihre Bewegung erinnerte ihn daran, sollte er sich dessen nicht bereits sehr bewusst sein, dass sie eine junge, attraktive Frau war.

Attentäter und Fanatiker gab es in allen Formen und Größen, rief er sich in Erinnerung. Deshalb achtete er nicht nur genau auf jede ihrer Bewegungen, sondern auch auf die Stille draußen, um im Voraus zu wissen, ob ihre Komplizen sich näherten.

„Warum sind wir dann hier?“

„Ich musste Sie irgendwo hinbringen, um Sie von der Bildfläche verschwinden zu lassen, damit Sie nicht schnell wieder in die Stadt zurückkönnen.“ Aufrecht stand sie da. „Es gibt hier kein Telefon. Ich weiß, Sie glauben mir nicht, aber es stimmt. Ihr Handy habe ich weggeworfen.“

Zamir würde das mit dem Telefon natürlich selbst überprüfen. „Und jetzt haben Sie mich hier. Wer stellt die Lösegeldforderung?“

Sie zog die dunklen Augenbrauen zusammen. „Es gibt keine Lösegeldforderung. Ich habe das getan, was ich mir vorgenommen habe. Sie haben die Zeremonie verpasst, und es ist zu spät zurückzukehren, das ist alles, was zählt.“

Sie hatte recht. Das war alles, was gezählt hatte.

Selbst jetzt konnte Zamir noch nicht glauben, wie solch ein vielversprechender Tag in einem derartigen Desaster enden konnte. Die Kopfschmerzen, die ihn morgens geplagt hatten, meldeten sich erneut. „Für wen arbeiten Sie?“

Sein Land hatte an sich keine Feinde, aber einige Menschen waren eifersüchtig auf seine ungeheuren finanziellen Erfolge. Vielleicht waren auch ein paar neidisch auf die Stabilität, den inneren Frieden und dass sein Land als leuchtendes Beispiel für andere galt. Dieser Erfolg würde noch größer werden, wenn Qu’sil und Aboussir sich wieder zusammenschließen würden.

Nur dass dies nicht mehr möglich zu sein schien. Die Zeit lief davon. Dank dieser Frau. Er biss die Zähne aufeinander.

„Für niemanden, das habe ich bereits gesagt.“

Sein Puls hämmerte schmerzhaft in seinen Schläfen. Langsam streckte er die Hand aus. „Ich möchte jetzt die Autoschlüssel haben.“

Sie schluckte und befeuchtete ihre Unterlippe.

Zamir könnte schwören, dass es eine instinktive Geste war. Er sah auf ihre vollere, sinnliche Unterlippe und spürte, dass seine Körpertemperatur stieg.

„Das geht nicht. Ich habe die Schlüssel sofort in den Brunnen im Hof geworfen, weil ich Sie heute nicht in die Stadt zurückfahren lassen kann.“

Nun klang sie nicht mehr trotzig. War ihr verspätet bewusst geworden, wie verwundbar sie nun war?

Trotzdem musste sie irgendeine Absicherung haben, abgesehen von ihrer Angeberei. Denn offensichtlich rechnete sie mit seinem Zorn, nach dem, was sie getan hatte.

Der Herrscher von Qu’sil, überlistet und verschleppt von einer Frau von Anfang zwanzig.

Es war lächerlich. Absurd.

Katastrophal.

Denn es war nicht nur sein Stolz, der auf dem Spiel stand, sondern die Zukunft seiner Nation.

Zamir trat vor, doch als sie zurückwich, zögerte er.

Sie war jetzt unsicher, straffte aber trotzdem die Schultern.

„Wie weit ist es bis zum nächsten bewohnten Haus?“, wollte er wissen.

„Zu weit zu Fuß. Es wäre dunkel, bevor Sie dort sind, und wahrscheinlich würden Sie sich verirren. Ich bezweifle, dass es hier draußen irgendwelche Fackeln gibt. Wobei Sie mir sicher nicht glauben.“

Er nickte. Denn er glaubte ihr nicht.

Doch die Aussicht aus dem Fenster hinter ihr schien zu bestätigen, was sie gesagt hatte. Trotzdem würde er es versuchen müssen, nachdem er nach dem versteckten Telefon gesucht hatte. Denn er konnte sich nicht vorstellen, dass sie hier keine Art der Kommunikation hatte.

Er verschränkte die Arme. Das hier war wirklich ein idealer Ort, um einen Gefangenen zu verstecken. Er vermutete, dass sie sich in einem abgelegenen Gebiet nahe der Grenze ihrer zwei Länder befanden. Doch sein Instinkt sagte ihm, dass es noch einen anderen Grund geben musste, warum sie ihn hierher verschleppt hatte.

„Was ist das für ein Gebäude? Wem gehört es?“

„Mir. Aber ich bin schon seit Jahren nicht mehr hier gewesen.“

Autor

Annie West
Annie verbrachte ihre prägenden Jahre an der Küste von Australien und wuchs in einer nach Büchern verrückten Familie auf. Eine ihrer frühesten Kindheitserinnerungen besteht darin, nach einem Mittagsabenteuer im bewaldeten Hinterhof schläfrig ins Bett gekuschelt ihrem Vater zu lauschen, wie er The Wind in the Willows vorlas. So bald sie...
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