Collection Baccara Band 261

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NUR EINE KURZE AFFÄRE? von MOLAY, MOLLIE
Sie ist süß, wenn sie zornig ist - und einfach hinreißend, wenn sie ihn zärtlich berührt. Obwohl Tom Eldridge geschworen hat, sich niemals mit einer Angestellten einzulassen, erliegt er Lilis erotischer Ausstrahlung. Er denkt nur an eine Affäre - aber wovon träumt Lili?

SO SCHÖN UND SO VERFÜHRERISCH von MARSH, NICOLA
Sein durchtrainierter Körper, die schwarzen Haare und der Blick aus seinen tiefblauen Augen: zum Dahinschmelzen sexy. Diesen tollen Mann will die junge Malerin Ariel zeichnen - nackt wie Gott ihn schuf. Wer Cooper in Wirklichkeit ist, ahnt sie nicht …

HALTE MICH, LIEBE MICH von THACKER, CATHY GILLEN
Von der ersten Sekunde an fühlt Amy sich magisch zu dem attraktiven Nick hingezogen. Eigentlich wollte sie sich nie wieder binden, aber zu einem heißen Abenteuer ist sie bereit. Doch je näher sie Nick kommt, desto größer wird ihre Sehnsucht, ihn für immer zu erobern ...


  • Erscheinungstag 04.03.2008
  • Bandnummer 0261
  • ISBN / Artikelnummer 9783863495695
  • Seitenanzahl 384
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

NICOLA MARSH

So schön und so verführerisch

In seiner Nähe rast ihr Herz, ihn zu berühren weckt Wünsche: Doch die junge Malerin Ariel Wallace will stark bleiben – auch wenn es ihr bei Cooper Vance noch so schwer fällt. Denn sie spürt: Der attraktive Bauunternehmer begehrt sie zwar heiß – aber bemüht er sich nur um sie, um sie zum Verkauf ihrer Galerie zu bewegen?

MOLLIE MOLLAY

Nur eine kurze Affäre?

Noch nie zuvor hat Tom Eldridge eine Frau so begehrt wie Lili, seine hinreißend temperamentvolle Grafikerin. In einer leidenschaftlichen Nacht entführt er sie auf den Gipfel der Lust – trotzdem zögert er, von einer gemeinsamen Zukunft zu sprechen. Lili ist Mutter von zwei kleinen Kindern! Und eigentlich sucht Tom nur eine Geliebte und keine Familie ...

CATHY GILLEN THACKER

Halte mich, liebe mich

Im Bett harmonieren sie perfekt: Amy und Nick! Längst vergessene Sehnsüchte erwachen in Amy: Nicks Zärtlichkeiten machen Lust auf mehr. Von starken Gefühlen überwältigt, gibt sie sich in seinen Armen ganz ihrem Verlangen hin. Doch will Nick sich erneut binden? Amy befürchtet, dass er den tragischen Tod seiner Frau noch nicht verwunden hat ...

1. KAPITEL

„Kommen Sie herein, und ziehen Sie sich aus.“

Ariel Wallace schnitt eine Grimasse. Das klang vielleicht ein wenig zu forsch. Sie versuchte es noch einmal.

„Gehen Sie einfach nach hinten durch, da können Sie Ihre Sachen hinhängen.“

Auch nicht besser.

„Wahrscheinlich haben Sie das schon hundertmal gemacht. Gehen Sie schnell da hinein und ziehen Sie Ihre Sachen aus, damit wir anfangen können.“

Es war hoffnungslos!

Ariel legte die Hände vors Gesicht und schüttelte den Kopf. Ihre Wangen waren ganz heiß, was sie nicht sonderlich überraschte, und der vertraute Terpentingeruch an ihren farbverschmierten Händen beruhigte sie heute auch nicht.

Sie schaffte das einfach nicht.

Eine Künstlerin bekam spontane Kreativitätsausbrüche, verteilte mit kräftigem Pinselstrich fantastische Farbmuster auf der Leinwand. Aber sie bestellte nicht irgendeinen Kerl zu sich, den sie nicht kannte, und ließ ihn die Klamotten ausziehen, damit sie ihn malen konnte.

Selbst nicht für eine fette Gage.

Sie würde einen andern Weg finden, um „Colour by Dreams“ am Laufen zu halten. Sie musste. Denn sie hatte ihrer Tante Barbara, die diese wunderbare Galerie gegründet hatte, versprochen, dass sie ihr Erbe bewahren würde.

Und dafür war sie zu allem bereit, denn Tante Barbara, liebevoll „Aunt Barb“ genannt, hatte sie praktisch großgezogen, und Ariel hatte ihr unendlich viel zu verdanken.

Das leise Bimmeln des Windspiels über der Eingangstür zeigte ihr an, dass soeben jemand die Galerie betreten hatte. Einen Moment lang stand sie da wie erstarrt, dann tat sie einen tiefen Atemzug, um sich für die bevorstehende Begegnung zu stärken. Sie wusste aus eigener Erfahrung, wie sehr man als Student auf Geld angewiesen ist, und so einem armen Jungen einfach abzusagen, ging ihr gegen den Strich.

Wenn irgendjemand wusste, was arm sein bedeutete, dann Ariel.

Und deshalb musste sie jetzt einen Akt malen, was sie seit der Kunsthochschule nicht mehr getan hatte. Sie hatte keine andere Wahl.

„Hallo? Niemand da?“

„Bin in einer Sekunde bei Ihnen“, rief Ariel und warf einen sehnsüchtigen Blick auf die Hintertür, durch die sie sich jetzt liebend gern verdrückt hätte.

Stattdessen strich sie ihren Lieblingsrock, einen ockerfarbenen Baumwollrock, glatt, band ihr Paisley-Tuch fester um die unbändigen Locken, setzte einen geschäftsmäßigen Blick auf und trat durch den Perlenvorhang, der ihren Arbeitsbereich von der Galerie abgrenzte.

„Miss Wallace? Ich bin Cooper …“

„Hi, Cooper. Mein Atelier ist hinten. Gehen Sie schon mal durch, ich schließe nur kurz ab und bin dann gleich bei Ihnen.“

In einer Mischung aus Nervosität, Verlegenheit und Schock waren ihr die Worte einfach so aus dem Mund gepurzelt. Eigentlich hatte sie einen jungen, dürren, gammelig angezogenen Typen erwartet, der verlegen hereingeschlurft kam und wahrscheinlich genauso unsicher war wie sie.

Stattdessen musste sie sich Mühe geben, den Mann vor ihr nicht mit offenem Mund anzustarren. Seinen Nachnamen wollte sie gar nicht wissen, denn mit jemand, der gleich im Adamskostüm vor ihr stehen würde, wollte sie nicht allzu persönlich werden.

Nackt.

Sie schluckte, unfähig, dieses Wort mit dem Mann vor ihr in Verbindung zu bringen. Wenn sie sich schon schämte, einen verlotterten, halb verhungerten Studenten ohne Kleidung zu malen, wie sollte das erst mit Cooper werden? Bei dem Gedanken, dass dieser große, breitschultrige Mann mit den blauen Augen, den dunklen Haaren und dem unwiderstehlichen Lächeln gleich splitternackt vor ihr stehen würde, bekam sie Schweißausbrüche.

„Ich war nicht sicher, ob Sie das überhaupt machen wollen“, sagte er. Seine Augen blitzten schalkhaft, was im gedämpften Licht wie ein Funkeln aussah und sie wie ein Stromschlag durchzuckte.

„Ich habe keine andere Wahl.“

Es überraschte sie, dass er so locker und selbstverständlich mit der Sache umging. War der Typ denn nicht das kleinste bisschen verlegen, wo er sich doch gleich vor einer Fremden ausziehen sollte?

„Man hat immer die Wahl, Miss Wallace.“ Seine tiefe Stimme war genauso sexy wie der ganze Mann und füllte den hohen Raum mit ihrem sonoren Klang.

Wie sollte das erst werden, wenn er seine Sachen nicht mehr anhatte?

„Für mich nicht. Man hat mir ein kleines Vermögen für diesen Auftrag angeboten. Wenn ich Sie nicht auf die Leinwand bringe, verliere ich die Galerie an einen von diesen widerlichen Immobilienhaien, die schon fast die ganze Straße aufgekauft haben.“

Einen Momentlang schien er verwirrt, sein Lächeln verschwand, und er runzelte leicht die Stirn.

Na super, sie war dabei, ihr fantastisches Aktmodell zu vergraulen, bevor sie überhaupt angefangen hatte.

Sie blies sich eine Haarlocke aus der Stirn. „Hören Sie, tut mir leid, dass ich Ihnen das alles an den Kopf werfe. Wenn ich nervös bin, rede ich manchmal zu viel. Ehrlich gesagt, habe ich schon lange keinen Akt mehr gemalt. Ich glaube, ich bin ein bisschen verlegen.“

Sie wandte sich ab und durchquerte den Raum, wobei ihre perlenbesetzten Flipflops über den polierten Eichenboden klapperten. Auf keinen Fall wollte sie, dass er sie anstarrte, als käme sie von einem andern Stern, oder sich gar lustig über sie machte.

„Sie glauben also, dass ich Ihnen Modell sitzen will.“

Sie schloss die Ladentür ab und drehte das Schild auf „Geschlossen“, ehe sie sich ihm überrascht zuwandte. „Wollen Sie das etwa nicht?“

Sie ließ den Blick über seinen Körper schweifen, von seinem fast schwarzen Haar, das er ein wenig zu lang trug, sodass es sich am Kragen seines marineblauen Polohemds kräuselte, über seine breite Brust bis zu seinen langen, schlanken Beinen, die in ausgewaschenen Jeans steckten.

Kein Zweifel, der Mann war hervorragend als Aktmodell geeignet. Ihn zu malen, wäre eine Wonne, sofern sein Körper unter der Kleidung tatsächlich so beeindruckend war, wie sie vermutete. Trotzdem war etwas an ihm … irgendetwas Merkwürdiges, als ob er nicht hierher gehörte.

Er sah sie direkt an, eine Spur zu intensiv, als überlege er, was er tun soll.

Nun, sie würde ihm die Entscheidung erleichtern. Schließlich hatte sie nicht den ganzen Abend Zeit, und auch wenn sie sich innerlich sträubte, je eher sie anfingen, desto besser.

„Hören Sie, das Ganze ist wahrscheinlich für uns beide etwas peinlich. Wie wär’s, wenn ich uns erst mal einen schönen Ingwertee mit Honig mache? Währenddessen können Sie dort hinter der Trennwand Ihre Sachen ablegen. Bin sofort zurück.“

Ariel wirbelte herum und lief in ihr Atelier. Den erstaunten Ausdruck in Coopers blauen Augen konnte sie nicht deuten. Als er ihr nicht folgte, begriff sie plötzlich.

Sein Zögern konnte nur eins bedeuten: Er hatte das vorher noch nie gemacht.

Und sie hatte geglaubt, sie sei als Einzige nervös!

Im Türrahmen drehte sie sich um und sah ihn an. „Wenn Sie wollen, können Sie Ihre Unterwäsche ruhig anlassen.“ Sie lächelte ihm aufmunternd zu. Jetzt, wo sie wusste, dass er genauso verlegen war wie sie, fühlte sie sich schon viel besser.

Cooper rührte sich nicht.

Er konnte nicht.

Seine Füße waren wie angewurzelt. Er sah zu, wie diese Exotin hinter einem Vorhang von schimmernden dunkelroten Glasperlen verschwand, wobei sie ihm ein Lächeln zuwarf, das einen Mann völlig behexen konnte und ihn ernsthaft über seine Karriere nachdenken ließ.

In seinem Kopf herrschte ein völliges Durcheinander. Von Melbournes größtem Bauunternehmer war er plötzlich zum Aktmodell geworden! Und das nur durch das Lächeln eines äußerst verführerischen Mundes.

Er musste völlig den Verstand verloren haben.

Wahrscheinlich hatten die vielen Überstunden bei Vance Corporation sein Gehirn ausgetrocknet. Ganz offensichtlich ein Fall von Identitätsverlust.

Je schneller er die Sache aufklärte, sein Anliegen vorbrachte und dann schleunigst wieder ins Büro zurückfuhr, desto besser.

„Cooper, der Tee ist fertig. Kommen Sie?“

Er straffte die Schultern und marschierte durch den lächerlichen Perlenvorhang, wobei er sich in den Schnüren verhedderte.

„Hier lang.“

Nachdem er sich befreit hatte, blickte er sich um. Er befand sich in der Höhle Aladins! Zumindest fühlte er sich so.

In den Ecken des großen Raums hingen hauchdünne Schleier aus Goldgewebe von der Decke herab und fielen in Wellen zu Boden. An zwei gegenüberliegenden Wänden standen zwei weinrote Sofas, bedeckt mit blauen und dunkelroten Samtkissen. Kerzen in allen Größen, Formen und Farben standen auf jeder freien Fläche, und an den Wänden hingen Ölgemälde verschiedenster Kunstrichtungen.

Das Ganze wirkte freundlich und einladend und gefiel ihm ausgesprochen gut. Was möglicherweise auch mit der hinreißenden Frau zusammenhing, die in der Mitte dieses ungewöhnlichen Raumes stand, mit einem seltsam verletzlichen Lächeln auf den vollen Lippen.

„Hier, nehmen Sie. Der Tee wird Ihnen guttun.“

Er griff nach der handgetöpferten Tasse, die sie ihm hinhielt, und suchte krampfhaft nach den richtigen Worten. Vielleicht sollte er ihr einfach die brutale Wahrheit sagen. Dass er einer von diesen widerlichen Immobilienhaien war, die die ganze Straße aufkaufen wollten. Das wäre doch was.

Vorsichtig probierte er einen Schluck von dem pfeffrig schmeckenden Gebräu und versuchte, die Frau nicht zu unverblümt anzustarren, die plötzlich zwischen ihm und seiner Firma stand.

„Schmeckt Ihnen der Tee?“

„Mhm.“ Normalerweise trank er Espresso und hasste das ganze Kräuterzeugs. Aber er war überrascht, wie angenehm der heiße, würzige Ingwer-Honig-Tee ihm über die Zunge lief und seine Geschmacksnerven reizte.

„Wenn Sie fertig sind, fangen wir an.“

Er gab sich wirklich große Mühe, sie nicht ständig anzustarren, aber diese Ariel Wallace hatte etwas an sich, das seinen Blick magisch anzog.

Mit ihrem verrückten bunten Tuch auf den blonden Locken, ihrem herzförmigen, ungeschminkten Gesicht, der kecken Nase und den wachen grünen Augen war sie eigentlich keine Schönheit im klassischen Sinn. Was ihren Körper anbelangte, so konnte er sich kein Urteil erlauben, denn mit ihrem weiten geblümten Rock, der zu ihrem Kopftuch passte, und der lose fallenden weißen Bluse war davon nicht viel zu erkennen.

Obwohl also außer ihrem reizvollen Gesicht und der ungewöhnlichen Kleidung nicht viel von ihr zu sehen war, fesselte ihre exotische Erscheinung seine Aufmerksamkeit. Komisch, wo er sonst eher auf elegant gekleidete Frauen stand. Seine weiblichen Bekanntschaften trugen meistens Schwarz und dazu teuren Schmuck.

„Gut. Wenn Sie dann rasch hinter der Trennwand Ihre Sachen ablegen, kann’s losgehen.“

Ihr bestimmender Ton entlockte ihm ein Lächeln, das er geschickt hinter seiner Tasse verbarg. Es hörte sich an, als würde sie ihn beauftragen, den Müll wegzubringen.

Noch war es Zeit, die Sache richtigzustellen.

„Miss Wallace, ich glaube nicht, dass das funktioniert. Ich fürchte, es liegt ein Irrtum …“

„Nein!“ Mit großen Schritten kam sie quer durch den Raum auf ihn zu und stellte sich so dicht vor ihn, dass ihre Schuhspitzen sich berührten. „Es ist kein Irrtum. Ich habe keine Zeit, mir ein anderes Modell zu suchen. Das Gemälde muss schnellstens fertig werden, das heißt, Sie bleiben gefälligst hier, auch wenn Sie nervös sind, verstanden?“

Wenn sie ihm ein Messer in die Brust gerammt hätte, wäre er nicht verblüffter gewesen.

„Und nennen Sie mich Ariel.“

Ihre auffallend grünen Augen waren so dicht vor ihm, dass er die kleinen goldenen Flecken darin erkennen konnte. Aber er hatte nicht vor, auf ihren herausfordernden Blick einzugehen.

„Ich bin nicht nervös.“

Obwohl diese verrückte Person einen schon nervös machen konnte. Anscheinend war sie zu allem bereit, falls er es ablehnte, seine Klamotten auszuziehen.

„Aber ich bin auch nicht der, für den Sie mich halten.“

Angriffslustig zog sie eine Augenbraue hoch, was seine Aufmerksamkeit wieder auf ihre außergewöhnlichen Augen lenkte, sodass er völlig vergaß, weshalb er eigentlich hergekommen war. Er wollte mit ihr einen Kaufvertrag abschließen, damit er endlich sein Büro, seinen Vater und alle Erinnerungen ein für alle Mal hinter sich lassen konnte.

„Hören Sie, Cooper. Mir ist es ganz egal, wer Sie sind. Von mir aus können Sie der Kronprinz von Transsylvanien sein oder sonst was. Was ich von Ihnen will, ist, dass Sie sich ohne Klamotten auf diesen Stuhl setzen, aus dem Fenster gucken und still sitzen bleiben, bis ich Ihnen erlaube, sich zu bewegen. Klar?“

„So was Verrücktes“, murmelte er und bewunderte im Stillen ihre Dreistigkeit. Wenn er ihr die Wahrheit über sich erzählte, würde sie ihm wahrscheinlich an die Gurgel gehen.

Jedenfalls war er bereits derart von ihr gefesselt, dass er ernsthaft überlegte, ob er ihr nicht gehorchen sollte. Wahrscheinlich hatte ihr betörender Duft, eine aufregende Mischung aus Sommerblumen und Orangen, ihm bereits völlig die Sinne verwirrt.

Offenbar hatte sie sein Gemurmel verstanden. „Nein, Sie sind verrückt, wenn Sie glauben, ich würde Sie gehen lassen, ohne dass ich wenigstens eine Skizze von Ihnen gezeichnet habe. Also los, worauf warten wir?“

Bevor sie zu der Staffelei in der Ecke hinüberging, warf sie ihm noch einen auffordernden Blick zu, dann machte sie sich mit Kohlestiften und Zeichenpapier zu schaffen, um ihm Gelegenheit zum Ausziehen zu geben.

Ich muss völlig verrückt sein, dachte Cooper. Total neben der Spur.

Aber er musste diese Galerie unbedingt haben, denn sie war das einzige Objekt in der Brunswick Street, das ihm noch fehlte, um endlich von der Firma seines Vaters loszukommen. In Anbetracht dieser Tatsache war es vielleicht gar nicht so abwegig, sich für die spleenige Lady auszuziehen.

„Sind Sie fertig?“, fragte sie, ohne sich umzudrehen.

„Gleich.“

Cooper lächelte schief und verschwand hinter dem japanischen Paravent.

Bisher hatte er es noch nie nötig gehabt, sich nackt auszuziehen, um an einen Auftrag zu kommen.

Aber schließlich war es nicht seine Schuld. Er hatte versucht, die Sache aufzuklären, doch diese Ariel Wallace wollte einfach nicht zuhören. Sie brauchte dringend ein Aktmodell, und es sah so aus, als sollte er das sein.

Er hoffte nur, sie würde nicht mit dem erstbesten Pinsel nach ihm werfen, wenn sie herausfand, dass er hergekommen war, um ihr die Galerie wegzunehmen.

2. KAPITEL

„Nicht bewegen!“

Ariel nahm bereits das dritte Kohlestück zur Hand und neigte den Kopf zur Seite, um Coopers beeindruckendes Muskelspiel besser beobachten zu können. Dann flogen ihre Finger wieder über das Papier. Ihr tat schon das Handgelenk weh, aber sie wollte unbedingt noch die wesentlichen Merkmale an ihrem Modell herausarbeiten.

Das war leichter gesagt als getan, denn noch nie hatte sie einen so fantastisch gebauten Mann nackt gesehen. Alles an ihm war vollkommen, seine Gliedmaßen, seine Muskulatur, die glatte, gebräunte Haut.

Einfach umwerfend.

„Sie zeichnen jetzt schon eine Stunde. Ich bekomme langsam einen Krampf. Ich muss unbedingt die Beine ausstrecken.“

„Oh nein, das werden Sie nicht.“

Sie warf ihm einen durchdringenden Blick zu. Von dieser ersten Sitzung wollte sie so viel wie möglich profitieren. Je seltener sie Coopers atemberaubenden Körper zu Gesicht bekam, desto besser.

„Sie sind grausam.“ Er setzte sich ein wenig zurecht, sodass das Licht über seine rechte Schulter fiel und faszinierende Schatten auf seinem Oberkörper hervorbrachte.

Wunderbar.

Wenn Sofia Montessori, die Grande Dame der Melbourner Gesellschaft, mit dieser Arbeit nicht zufrieden war, dann war ihr nicht mehr zu helfen.

„Ich bin Geschäftsfrau, da muss man manchmal hart sein.“ Sie fixierte sein rechtes Schlüsselbein und hoffte, sie würde den genauen Winkel treffen. Bisher hatte sie ihre ganze Aufmerksamkeit auf seinen Oberkörper gerichtet und die untere Hälfte ignoriert.

Obwohl er kurze schwarze Boxershorts anhatte, brach ihr bei dem Gedanken, ihn in voller Größe zeichnen zu müssen, der Schweiß aus. Heute Abend würde sie das nicht mehr schaffen. Seine obere Hälfte hatte sie bereits völlig aus der Fassung gebracht.

„Ihnen gehört also der Laden?“

Froh, von ihren irritierenden Gedanken abgelenkt zu werden, erwiderte sie: „Faktisch ja. Meine Tante hat die Galerie vor vielen Jahren eröffnet und sie mir überlassen, als sie starb. Aber die laufenden Kosten sind derart gestiegen, dass es für mich immer schwieriger wird, die Galerie zu halten. Miete, Versicherungsbeiträge, Steuern, all das ist kaum noch zu bezahlen. Zu allem Überfluss ist vor kurzem ein Teil des Lagers abgebrannt.“

Allerdings hatte sie noch nie ernsthaft daran gedacht, die Galerie zu schließen. Das könnte sie ihrer verstorbenen Tante nicht antun.

„Tut mir leid, dass Ihre Tante gestorben ist.“

In seinen Augen hatte sie ein mitfühlendes Flackern bemerkt, ehe er schnell woanders hinsah. Ein unbehagliches Kribbeln lief ihr über den Rücken. Er wirkte beinahe schuldbewusst. Das konnte doch nicht sein. Weshalb sollte jemand, der sie überhaupt nicht kannte, sich ihretwegen schuldig fühlen?

Wahrscheinlich spielte ihre Erschöpfung ihr einen Streich. Außerdem hatte ihr sein atemberaubender Körper einen ziemlichen Schock versetzt.

„Danke. Barb war eine erstaunliche Frau. Da können Sie jeden in der Straße fragen.“

„Wie war sie denn?“

„Sie hat junge Talente gefördert und sich für die Straßenkinder im Viertel eingesetzt. Von ihrem Gewinn hat sie kaum etwas für sich behalten, sondern enorme Summen an wohltätige Organisationen gespendet.“

Und sie hat eine achtjährige kleine Streunerin namens Ariel bei sich aufgenommen und ihr ein Zuhause gegeben. Etwas, das Ariel nie gekannt hatte. „Sie war eine Ikone der Brunswick Street.“

„Scheint wirklich eine beeindruckende Frau gewesen zu sein.“

Die Bewunderung in Coopers Stimme regte Ariel zum Weiterplaudern an. „Deshalb ist dieses Bild für mich so wichtig. Ich brauche das Geld dringend, sonst verliere ich womöglich die Galerie. Tut mir leid, wenn ich vorhin etwas schroff zu Ihnen war.“

„Künstler sind eben temperamentvoll.“

„Sie sagen es.“

Ariel betrachtete Coopers Gesicht. Sein scherzhafter Ton hatte ihr gefallen. Mit Männern hatte sie sonst wenig Kontakt, sie ging überhaupt selten aus. Die Galerie nahm ihre ganze Zeit in Anspruch, aber das machte ihr nichts aus. Auf die Arbeit war Verlass, was man von Menschen nicht unbedingt behaupten konnte.

Weshalb war sie dann von diesem Mann so angetan? Warum erweckte er Wünsche in ihr, von denen sie bisher nichts gewusst hatte? Nach einem humorvollen Gefährten, bei dem sie nach einem harten Tag ihre Sorgen loswerden konnte. Der ihr einfach aufmunternd zulächelte, wenn sie es brauchte.

„So, das war’s“, sagte sie abrupt und klappte ihren Farbkasten zu. Dann rieb sie sich über die Augen, zum einen weil sie müde war, aber vor allem, damit sie Cooper nicht mehr ansehen musste.

Jetzt, wo die Arbeit beendet war, wirkte sein halbnackter Körper viel zu intim. Und die Worte „nackt“ und „intim“ wollte sie absolut nicht mit ihm in Zusammenhang bringen.

Schließlich würde sie noch mindestens vier Sitzungen brauchen, bis das Bild fertig war. Als er vom Stuhl aufstand, blickte sie schnell woanders hin.

„Ist es fertig?“

„Was denn?“

Froh, dass er endlich hinter der Trennwand verschwunden war, ließ Ariel sich in ihren ergonomischen Stuhl sinken und blies unwillig die Locke weg, die ihr immer wieder ins Gesicht fiel. Selbst mit Gel oder Haarklammern war sie kaum zu bändigen.

„Das Bild. Sie brauchen mich doch jetzt wohl nicht mehr, oder?“

Die Stimme, die hinter der Trennwand hervorkam, klang so tief und sonor, dass Ariel sehnsüchtig die Augen schloss.

Sie sollte nicht nur häufiger ausgehen, sondern ihr Atelier auch besser lüften. Anscheinend hatte der Terpentingeruch ihr völlig die Sinne vernebelt. „Sie haben das anscheinend noch nie gemacht, oder?“

„Hm … nein.“

Als er wieder neben der Trennwand auftauchte, war sie von neuem von seiner Erscheinung fasziniert. Seine Attraktivität hatte durch die Kleidung nicht im Mindesten abgenommen. Im Gegenteil, jetzt, wo sie wusste, was darunter verborgen war, erschien er ihr umso reizvoller.

„Dann will ich es Ihnen mal erklären. Sie sitzen Modell, und ich skizziere, zeichne, male oder was sonst nötig ist, bis das Bild fertig ist. Heute Abend habe ich nur eine grobe Skizze angefertigt. Es gibt also noch eine Menge zu tun.“

„Ich denke nicht …“

„Fürs Denken werden Sie auch nicht bezahlt, sondern fürs Modellsitzen. Wie wär’s mit morgen Abend?“

Er verzog so schmerzlich das Gesicht, als würde ihm ohne Narkose ein Weisheitszahn gezogen. Fand er es denn wirklich so schlimm, ihr Modell zu sitzen? Schnell redete sie weiter, um ihm keine Gelegenheit zu geben, ihren Vorschlag abzulehnen.

„Sie haben nichts dagegen? Also abgemacht. Kommen Sie dann morgen Abend um sieben wieder her.“

Sie brachte ihn zur Tür und schloss hinter ihm ab. Dann ging sie in ihr Atelier zurück, das plötzlich seltsam still, fast bedrückend wirkte.

Seufzend löschte sie das Licht und wandte sich zur Treppe, die nach oben zu ihrem Apartment führte. Doch aus einem plötzlichen Impuls heraus machte sie kehrt und ging zu ihrer Staffelei zurück, um sich die Skizze noch einmal anzusehen. Üblicherweise betrachtete sie ihr Werk immer erst am nächsten Morgen, mit ausgeruhtem Blick, doch diesmal war es anders.

Irgendetwas zog sie magisch zu der Staffelei hin. Allerdings bereute sie es sofort, ihrem Impuls nachgegeben zu haben, denn jetzt war es mit ihrer Seelenruhe endgültig vorbei.

Normalerweise war sie eher bescheiden, was ihre Arbeit anging, aber diesmal musste sie sich selbst eingestehen, dass sie fantastisch gearbeitet hatte. Alles war perfekt getroffen, Coopers Kinnpartie, die hohen Wangenknochen, die Schultern und Arme.

Sie zog scharf den Atem ein. Fast sah es aus, als würde der skizzierte Mann gleich lebendig werden und aus dem Papier hervortreten. Mitten hinein in ihr einsames Leben.

Was sie beunruhigte, war weniger der Gedanke, dass ein Mann wie Cooper in ihr Leben treten könnte, sondern die Tatsache, dass sie daran Gefallen finden könnte.

„Na, wie lief’s mit der kleinen Wallace? Bist du weitergekommen?“

Cooper nickte und reichte seinem Vater eine Tasse starken schwarzen Kaffee, wie Eric Vance ihn mochte.

„Ja, so einigermaßen.“

Schnell hielt er sich seinen Kaffeebecher vors Gesicht, weil er sich das Lachen nur mühsam verkneifen konnte. Noch immer konnte er kaum glauben, was gestern Abend passiert war.

„Was soll das heißen? Verkauft sie, oder verkauft sie nicht? Diese Frau raubt mir seit einem Jahr den letzten Nerv, und wenn du es nicht schaffst, sie zu überreden, muss ich mir jemand anders suchen.“ Eric warf ihm einen ärgerlichen Blick zu, während er seinen Kaffee in einem Zug hinunterstürzte. Dann zog er seinen Ledersessel hinter dem Schreibtisch hervor und ließ sich hineinfallen.

„Ich will sie nicht vor den Kopf stoßen. Ich mache es auf meine Weise.“

Zum Glück war er kein so harter Geschäftsmann wie sein Vater. So wollte er auch nicht werden, und deshalb musste er so schnell wie möglich seine eigene Firma gründen.

„Zeitverschwendung“, schimpfte Eric und spielte ungeduldig mit seinem goldenen Kugelschreiber. „Diese blöde Zicke führt uns bloß an der Nase herum, damit sie mehr rausholen kann.“

Cooper machte sich steif. Zwar kannte er Ariel kaum, aber so geldgierig, wie sein Vater behauptete, war sie bestimmt nicht. Angefangen von ihren wirren Locken bis hinunter zu ihren hellblau lackierten Fußnägeln, schien sie ein echt nettes Mädchen zu sein. Eine Künstlerin, die entschieden ihr Ziel verfolgte: die Galerie, die ihr die Tante hinterlassen hatte, zu erhalten.

Er fand das sehr ehrenwert, allerdings, wo blieb er dabei? Er durfte nicht schwach werden, und wenn er Ariel und ihre Geradlinigkeit noch so sehr bewunderte.

Auch er hatte seine Träume und Ziele, und um die zu verwirklichen, brauchte er genau den Laden, den Ariel zu retten versuchte.

„Ich habe die Sache im Griff“, entgegnete Cooper. Um dem abschätzigen Blick seines Vaters auszuweichen, ging er zu der breiten Fensterfront hinüber, von wo aus man Flinders Street Station und dahinter das Art Centre Spire überblicken konnte.

Er liebte Melbourne, mochte die pulsierende, kosmopolitische Atmosphäre dieser Stadt, die vielen ausländischen Restaurants, die Architektur. Nachdem er sein Betriebswirtschaftsstudium abgeschlossen hatte, war er gleich gut ins Geschäft gekommen. Zahlreiche Gebäude hatte er bereits aufgekauft und umgebaut, und jeder abgeschlossene Vertrag verschaffte ihm außerordentliche Befriedigung.

Warum war ihm dann der Ankauf dieses letzten begehrten Objekts in der schicken Brunswick Street plötzlich verleidet?

Hinter sich hörte er das ironische Lachen seines Vaters, das ihn auch nicht unbedingt in seinem Vorhaben bestärkte. „Aha, du hast die Sache also im Griff. Wir haben ja auch so viel Zeit.“

Cooper ballte die Fäuste. Er hasste es, wie sein Vater ihn ständig schikanierte, und fand es schrecklich, dass es so weit gekommen war.

„Du weißt, dass ich selbst das größte Interesse daran habe. Denn sobald der Vertrag abgeschlossen ist, werde ich mich selbstständig machen. Wir haben oft genug darüber gesprochen.“

„Verrückte Idee! Wir können doch zusammenarbeiten, und wenn ich in Rente gehe, gehört die Firma dir.“

Eric war allerdings ein äußerst vitaler Mittfünfziger und würde sich wohl so schnell nicht zurückziehen. Außerdem hatte Cooper die Nase voll von seinem alten Dad.

„Es wird Zeit, dass ich meinen eigenen Weg gehe. Das wissen wir beide.“

Erics Augen verengten sich zu kalten, harten Schlitzen. Cooper kannte diesen Gesichtsausdruck zur Genüge. Den setzte Eric jedes Mal auf, wenn Cooper anderer Meinung war. „Du hast einen Zweijahresvertrag unterschrieben, als du hier angefangen hast. Davon ist erst knapp ein Jahr um. Ich könnte dir Schwierigkeiten machen.“

Cooper musste an sich halten, um seinen Vater nicht anzubrüllen. Seit einer Woche stritten sie sich ständig wegen dieser Sache. Angefangen hatte es damit, dass Eric mit dem Ankauf der Galerie nicht weiterkam und Cooper das als Möglichkeit erkannt hatte, von seinem Vertrag loszukommen.

„Lass doch die leeren Drohungen. Ich schließe den Brunswick-Vertrag ab, und du entlässt mich aus meinem Vertrag. Das hatten wir so besprochen, falls du dich erinnerst.“

„Sicher erinnere ich mich. Ich bin noch nicht senil. So, und jetzt habe ich genug von deinen Hirngespinsten. Setz dich her und erzähl mir, wie weit du mit dem Docklands-Vertrag gekommen bist.“

Kopfschüttelnd wandte Cooper sich vom Fenster ab und setzte sich in den Sessel vor dem Schreibtisch seines Vaters. Sein Gegenüber fixierte ihn stirnrunzelnd und mit einem ärgerlichen Ausdruck in den blauen Augen.

Früher waren sie sich so nah gewesen, er und sein Dad. Sie hatten viel Spaß zusammen gehabt und sich für dieselben Dinge begeistert: Fußball, alte Western, Segeln.

Damals hatte sein Vater noch viel gelacht. Über jeden gelungenen Geschäftsabschluss hatte er sich riesig gefreut und seinen Erfolg mit Cooper geteilt. Oft hatten sie nach der Arbeit ein Bier getrunken, waren am Wochenende zum Angeln gefahren oder hatten zusammen Urlaub gemacht. Zwei richtige Kumpels waren sie gewesen.

Dann war Cooper in die Firma eingetreten und hatte seine ersten Erfolge im Immobiliengeschäft erzielt. Seitdem hatte sein Vater sich verändert.

„Der Docklands-Vertrag ist kurz vor dem Abschluss. Nur die Formalitäten müssen noch erledigt werden. Wenn ich dann Ariel Wallace herumgekriegt habe, kommt auch bald der Brunswick-Vertrag unter Dach und Fach, und dann habe ich meine Arbeit getan.“

Für eine Sekunde blitzte so etwas wie Bedauern in den Augen seines Vaters auf, doch gleich darauf setzte er wieder seine gewohnte missmutige Miene auf.

„Du wirst es nie alleine schaffen.“

Abrupt stand Cooper auf. Er wollte so schnell wie möglich zurück in sein eigenes Büro, wo er vor Erics bissigen Bemerkungen seine Ruhe hatte. Er hatte keine Lust, sich noch weiter mit seinem Vater zu streiten.

„Wir werden sehen“, sagte er knapp, ehe er die Tür hinter sich zufallen ließ. Mehr denn je war er nun entschlossen, den Vertrag mit Ariel Wallace so schnell wie möglich abzuschließen.

3. KAPITEL

Ciao, bella. Na, wie geht’s denn meiner Lieblingsmalerin heute?“

Sofia Montessori kam in die Galerie gerauscht, von Kopf bis Fuß in Rot gekleidet, sodass sie aussah wie eine reife Tomate. Da Ariel Farben über alles liebte, freute sie sich jedes Mal über Sofias Anblick.

„Mir geht’s gut. Wie läuft’s denn bei dir?“

„Ich kann nicht klagen. Du weißt ja, wie das ist. Auf Partys gehen, Leute treffen, Männer becircen.“

„Nein, weiß ich eigentlich nicht“, erwiderte Ariel, während Sofia sie überschwänglich an sich drückte und ihr schmatzende Küsse auf beiden Wangen verpasste. Ariel musste lächeln, als sie das bekannte unternehmungslustige Funkeln in Sofias dunklen Augen bemerkte, und fügte schnell hinzu: „Aber mir gefällt es so.“

Sofia riss die Arme hoch und verdrehte die Augen in Richtung Decke. „Santa Maria! Du bist jung, du bist schön. Du musst auf Partys gehen, junge Männer treffen, die Nächte durchtanzen …“

„Lieber male ich die ganze Nacht“, unterbrach Ariel Sofias Redeschwall, denn sie wusste, wenn Sofia so richtig in Fahrt kam, würde sie so schnell nicht wieder aufhören. „Übrigens habe ich gestern Abend mit deinem Auftrag angefangen. Willst du einen Blick darauf werfen?“

„Klar will ich das Aktgemälde sehen, das meine Schwester unbedingt haben will. Kannst du dir das vorstellen, ein nackter Mann im Esszimmer? Haha! Dafür lasse ich glatt meine Ravioli stehen. Aber Maria wird schließlich vierzig, und seit sie in der National Art Gallery war, redet sie von nichts anderem mehr. Und was meine kleine Schwester will, soll sie bekommen.“

Sofia blies theatralisch die Wangen auf und rollte mit den Augen. Ariel musste lachen, denn sie wusste genau, wie verrückt die reiche Italienerin nach jungen Männern war. Wahrscheinlich würde sie gleich noch einen Akt für sich selbst bestellen, wenn sie Ariels Skizze sah.

„Ich habe die Formen nur kurz angerissen, aber ich finde, man bekommt schon einen Eindruck, wie es mal werden soll.“ Ariel ging voraus in ihr Atelier und hielt den Perlenvorhang für Sofia auf. Sie war gespannt, wie ihre Kundin reagieren würde.

Selten nur zeigte sie ihre Arbeiten vor der Fertigstellung, aber diesmal war es anders. Sofia zahlte ihr ein kleines Vermögen, und Ariel wollte vermeiden, dass etwas schiefging.

„Da drüben.“

Ariel hätte gar nicht darauf zu deuten brauchen, denn sie merkte sofort an Sofias Blick, dass sie die Skizze von Cooper entdeckt hatte.

Mamma mia! Wer ist das denn?“

„Dein Geschenk an Maria.“

Bella, ich weiß, was das ist. Ich will wissen, wer es ist.“

Ariel musste über das lüsterne Glitzern in Sofias weit aufgerissenen Augen lachen. „Der Mann heißt Cooper. Mehr weiß ich nicht.“

Das war allerdings gelogen, denn sie wusste weit mehr von ihm. Zum Beispiel dass er geheimnisvolle blaue Augen hatte und dass er sich anscheinend ein wenig schämte, nackt Modell zu sitzen. Außerdem wusste sie, wie seine Muskeln sich bewegten. Und welche Wirkung seine tiefe Stimme auf sie hatte. Und dass sie für ein kleines Lächeln von ihm glatt ihre ganzen Verpflichtungen und alles andere vergessen könnte.

Himmel, sie musste unbedingt eine Atemschutzmaske aufsetzen, damit der Farbgeruch ihr nicht noch mehr das Gehirn vernebelte!

Bellissimo! Dieser Cooper ist doch umwerfend, no?“

„Nein. Ja. Ach, du weißt schon, was ich meine.“ Rasch wandte Ariel die Augen von der Skizze ab, bevor sie so rot wurde wie Sofias Kleid.

Sie wollte nicht gerne zugeben, dass sie Cooper auch umwerfend fand. Für sie war er ein Aktmodell, ein Mittel zum Zweck. Sie hoffte nur, daran würde sie sich heute Abend erinnern, wenn sie seine untere Hälfte zeichnete.

„Gibt es noch mehr zu sehen?“ Sofia wackelte anzüglich mit den gezupften Augenbrauen, und Ariel wusste genau, was mit „mehr“ gemeint war.

„Nein, bis zu diesem Teil bin ich noch nicht gekommen.“

Jetzt schoss ihr doch die Röte in die Wangen.

Sofias breites Grinsen machte es nur noch schlimmer. „Ah … aber ich bin sicher, du kannst es kaum erwarten. Wenn dieser Teil genauso beeindruckend ist wie der Rest, werden wir alle unseren Spaß haben, no?“

„Nein!“

Sofia legte kichernd einen Arm um Ariels Schulter, wobei ihre Duftwolke aus teurem Parfum und Haarspray Ariel in der Nase kitzelte.

„Du bist ein süßes Mädchen, bambina. Warum nimmst du nicht einfach Geld von mir, statt Männerhintern zu malen?“

„Darüber haben wir doch schon so oft geredet.“ Ariel befreite sich aus Sofias erstickender Umarmung und trat ans offene Fenster. „Du bist eine wunderbare, liebenswürdige Frau, aber ich kann kein Almosen von dir annehmen. Ich muss das alleine schaffen.“

Sofia schüttelte missbilligend den perfekt frisierten Kopf, wobei sie wieder eine Haarspraywolke freisetzte. „Barb hätte nicht gewollt, dass du dich kaputt machst, nur um die Galerie weiterzuführen. Dazu hat sie dich viel zu sehr geliebt.“

„Und genau deshalb will ich ihre Arbeit fortsetzen. Nächste Woche eröffne ich die erste Ausstellung von Chelsea Lynch. Sie ist genau der Typ von lokaler Künstlerin, den Barb gefördert hätte. Chelsea hatte eine schwere Kindheit, aber sie hat es geschafft, sich aus dem Sumpf zu befreien und etwas aus ihrem Leben zu machen. Ich muss für sie da sein, für alle aus dem Viertel.“

Genau wie Aunt Barb für sie selbst da gewesen war.

Was die großherzige Frau an dem rebellischen achtjährigen Straßenkind gefunden hatte, würde Ariel nie erfahren. Von dem Moment an, als Barb sie schlafend am Hinterausgang der Galerie entdeckt hatte, hatte Ariel von ihr nur Verständnis, Geduld und Liebe erfahren.

Sie hatte damals Glück gehabt, und deshalb wollte sie jetzt anderen helfen, die weniger Glück hatten.

„Du bist eine Heilige.“ Sofia küsste ihre Fingerspitzen und blies den Kuss in Ariels Richtung.

„Findest du? Bei dem Preis, den ich für deinen Auftrag verlange?“

Unwillkürlich fiel ihr Blick auf die Skizze von Cooper, und sie fragte sich, ob es vielleicht ein Geschenk des Himmels war, dass Cooper gestern Abend ihren Laden betreten hatte.

Für sie hatte Kunst mit Schönheit zu tun, und obwohl Aktbilder in vielerlei Formen vorkamen, wusste sie genau, dass sie von einem so perfekten Modell wie Cooper mehr inspiriert wurde, als wenn sie einen ungepflegten, knochigen Kerl vor sich hätte.

Und wer weiß, wenn ein so schönes Aktbild im Haus einer der reichsten Frauen von Melbourne hing, würde sie vielleicht mit Aufträgen überhäuft und könnte noch mehr Klassen unterrichten und Ausstellungen geben und noch mehr für das Viertel tun.

„Du bist sehr gut, bambina. Du könntest noch mehr verlangen. Doch, doch!“ Sofia hob abwehrend die Hand, als Ariel zum Widerspruch ansetzte. „Ich will nichts mehr davon hören. Du malst das Bild für mich, und dann reden wir weiter. So, jetzt muss ich gehen. Antonio führt mich heute in diese göttliche neue Trattoria in der Lygon Street.“

„Wer ist denn Antonio?“

„Ein ganz süßer Junge.“ Sofia klapperte mit ihren langen getuschten Wimpern, und Ariel musste lachen. Bestimmt war Antonio jung, hübsch und willig. „Ciao, bella. Viel Spaß mit deinem Modell, no?“

„Nein“, murmelte Ariel und erwiderte Sofias Wangenküsse. Sie hoffte, das Bild in Rekordzeit fertigzustellen. Spaß mit ihrem Modell zu haben, war das Letzte, woran sie interessiert war.

Zumindest sollte es so sein.

Cooper stand draußen vor der Galerie und betrachtete anerkennend die großen Fenster, die cremefarben getünchte Hauswand und die grüne Holzverkleidung. Bestimmt hundertmal war er in den letzten Monaten hier vorbeigekommen – auch schon, als sein Vater noch versucht hatte, über den Gemeinderat an das Grundstück zu kommen.

Colour by Dreams.

Schöner Name.

Ein Name, mit dem man Hoffnung, Fantasie und Kreativität verband.

Schade, dass das alles abgerissen werden musste.

Noch nie hatte er Skrupel gehabt, was seine Geschäfte anbelangte, und es gab keinen Grund, jetzt damit anzufangen. Auch wenn die Galeriebesitzerin noch so attraktiv war.

Beim Eintreten musste er sich bücken, um dem lächerlichen Windspiel auszuweichen, das sein Erscheinen ankündigte. Hoffentlich war Ariel gut gelaunt, denn er wollte ihr unbedingt reinen Wein einschenken, bevor diese Farce noch lange weiterging.

„Hi, Sie sind ja superpünktlich.“

Ariel kam von hinten in die Galerie geschlendert, ohne sich von den Perlenschnüren behindern zu lassen. Cooper zögerte, denn ihr gewinnendes Lächeln und ihre funkelnden Augen brachten seinen guten Vorsatz ins Wanken.

Heute trug sie eine weiße, geraffte Bluse, eine pflaumenfarbene Samtweste, schwarze Shorts und pinkfarbene Plateauschuhe, wodurch ihre Beine unglaublich lang wirkten. Eine ziemlich verrückte Aufmachung, die bei jeder anderen Frau lächerlich ausgesehen hätte, aber bei Ariel wirkte es wie der neueste Modetrend. Fehlte nur, dass sie noch eine schwarze Augenklappe zu ihrem verwegenen Piratenlook tragen würde. Er musste lächeln.

„Was ist denn so komisch?“

„Ich bewundere nur Ihr Outfit.“

Zu seiner Überraschung errötete sie, ein zartes Pink, das das Grün ihrer Augen und das Gold ihrer Locken noch unterstrich. Die Haare hatte sie heute zu einem Pferdeschwanz gebunden.

Bei ihrem forschen Auftreten hatte er nicht damit gerechnet, dass sie auch rot werden könnte.

„Sie mögen meinen Geschmack? Das kann ich kaum glauben. Aber genug jetzt mit dem Geplänkel. Fangen wir an.“

Verflixt, das würde schwerer werden, als er gedacht hatte.

Er räusperte sich. „Eigentlich wollte ich deswegen mit Ihnen reden.“

„Oh nein, nicht schon wieder!“ Sie verdrehte die Augen, ließ sich auf einen Stuhl hinter der Ladentheke fallen und legte das Kinn in die aufgestützten Hände. „Haben wir das Thema gestern Abend nicht schon zur Genüge durchgekaut?“

Cooper starrte sie an und wusste nicht, ob er lachen oder endlich Klartext mit ihr reden sollte. Aber jedes Mal, wenn er versuchte, ihr die Wahrheit zu sagen, unterbrach sie ihn oder kam ihm mit irgendeiner oberschlauen Bemerkung.

Ein einziges Mal würde er es noch versuchen. Wenn sie ihm wieder nicht zuhörte, würde er die Sache erst einmal auf sich beruhen lassen und den Abend nutzen, um ein paar Informationen aus ihr herauszulocken, die er für seine Zwecke verwenden könnte. Danach war immer noch Zeit, sie mit seinen Plänen zu konfrontieren.

Und wenn es so weit war, würde er kein Nein akzeptieren, wie bezaubernd auch immer dieses Wort aus ihrem süßen Mund klingen würde.

„Ich finde, Sie sollten noch etwas mehr von mir wissen. Wenn Sie mir nur einen Moment zuhören …“

„Nein, tut mir leid.“

Sie sprang vom Stuhl auf, wobei ihr Pferdeschwanz wie eine fröhliche Schiffsflagge hin und her wippte. „Bitte verstehen Sie mich nicht falsch, aber ich bin nicht daran interessiert, Sie näher kennenzulernen. Ich bin überhaupt nicht an Ihnen interessiert. Ich brauche Sie für meine Arbeit, das ist alles. Sie sitzen, ich male. Schluss, aus.“

Sie rauschte an ihm vorbei, wobei sie ihn in eine Wolke ihres fremdartigen, betörenden Duftes hüllte, und schloss die Ladentür ab.

Also gut. Wenn Madame ihm absolut nicht zuhören wollte, würde er eben nach Plan B vorgehen.

„Im Gegenteil, die Sache fängt jetzt erst an“, murmelte er, während er ihr gut gelaunt nach hinten folgte.

Der Mann war einfach anstrengend.

Je mehr sie versuchte, sich auf das Zeichnen zu konzentrieren, desto mehr lächelte er. Oder zappelte herum. Oder wollte plaudern.

Sie hätte ihn erwürgen können!

Aber so nah wollte sie ihm ja gar nicht kommen, schließlich hatte er nichts an – außer seinen Boxershorts. Auf denen hatte sie bestanden.

Feigling, der sie war.

„Erzählen Sie mal, was Sie mit dem Gemälde machen. Wo soll es denn später hängen?“

Ariel fluchte leise, denn sie war mit ihrem Kohlestift abgerutscht. Cooper hatte genau in dem Moment angefangen zu reden, als sie seine Hüftrundung aufs Papier brachte. Aber allzu lange wollte sie sich ohnehin nicht mit dieser Körperpartie aufhalten. Dazu war bei der nächsten Sitzung auch noch Zeit. Oder bei der übernächsten …

„Es ist ein Privatauftrag, ein Geschenk für die Schwester einer Freundin. Das Bild wird in ihrem Haus hängen.“

„Sie können mir ja viel erzählen. Ich wette, es ist für Ihre Privatsammlung bestimmt“, frotzelte er.

Ariel biss die Zähne zusammen und fragte sich, ob irgendeine Gewerkschaft wohl etwas dagegen hatte, wenn man einem Modell den Mund mit Heftpflaster zuklebte.

„Tut mir leid, Sie enttäuschen zu müssen. Aber das ist nicht mein Stil.“

„Sondern?“

So ein Mist. Normalerweise war sie nicht auf den Mund gefallen. Schließlich war sie auf der Straße groß geworden. Aber dieser Typ war noch schlagfertiger als sie.

„Das geht Sie gar nichts an, Sie Schlaumeier. Überhaupt, das haben wir gern. Sich erst zieren und dann die Klamotten nicht schnell genug loswerden.“

„Hey, das ist unfair. Sie haben mich ja praktisch hinter die Trennwand gescheucht. Ich hatte Angst, Sie würden mir die Kleider vom Leib reißen, wenn ich sie nicht sofort ausziehe.“

Wenn er lächelte, spürte sie ein Kribbeln im Bauch und merkte bei dieser Gelegenheit, dass sie noch nicht zu Abend gegessen hatte. Bevor Cooper kam, hatte sie etwas essen wollen, aber die Vorstellung, gleich wieder diesen atemberaubenden, gebräunten nackten Körper vor sich zu sehen, war ihr gründlich auf den Magen geschlagen.

„Reines Wunschdenken“, erwiderte sie und wollte ihn dabei streng ansehen, aber als sich ihre Blicke über der Staffelei trafen, fing es plötzlich zwischen ihnen an zu knistern, als wäre da eine unsichtbare Stromleitung.

„Müssen Sie eigentlich immer reden?“

Kurz und scharf durchschnitt Ariels Frage die aufgeladene Stille. Rasch duckte sie sich hinter die Staffelei und versuchte, ruhig durchzuatmen, denn ihr Herz klopfte wie verrückt.

„Es ist ziemlich langweilig, die ganze Zeit still dazusitzen. Warum soll man sich nicht mit Reden die Zeit vertreiben?“

Das hörte sich ganz ernsthaft an, aber sie warf ihm trotzdem einen verstohlenen Blick zu, um sicherzugehen, dass er sich nicht wieder über sie lustig machte. Dummerweise fing er ihren flüchtigen Blick auf und zwinkerte ihr zu, was ihre Verlegenheit noch steigerte.

Irgendwann würde sie ihm den Hals umdrehen. Aber vorher würde sie seinen exquisiten Körper festhalten – natürlich nur auf der Leinwand.

„Waren Sie schon immer Malerin?“

Ariel griff nach einem neuen Kohlestück, entschlossen, seine Frage zu ignorieren. Aber diesmal hatte es absolut ernsthaft geklungen, so, als ob ihn die Antwort wirklich interessierte.

„Schon als Kind habe ich gerne gemalt. Mit Kreide, auf der Schultafel oder auf dem Bürgersteig. Wenn die andern Gummitwist spielten, habe ich ihre Gesichter gemalt. Später habe ich dann Kunst studiert, damit ich auch unterrichten kann, aber eigentlich habe ich immer nur mit Barb zusammengearbeitet. Wir haben diese Arbeit geliebt …“

Erschrocken hielt sie inne. Wie kam sie eigentlich dazu, einem Wildfremden so viel über sich zu erzählen? Auch wenn die heimelige Atmosphäre am Abend im Atelier dazu einlud, vertraulicher zu reden, durfte sie nicht vergessen, dass Cooper kein Freund war, sondern nur für sie arbeitete.

„So, das wär’s. Mehr wollte ich heute nicht zeichnen. Ich habe einen harten Tag hinter mir.“

Während sie sich die Hände an einem Stofflappen abrieb, drehte sie ihm den Rücken zu und hoffte, er würde sich mit dem Anziehen beeilen, damit sie ihn möglichst schnell loswurde.

Dafür dass sie ihn kaum kannte und auch nicht kennenlernen wollte, hatte Cooper sie bereits ganz schön eingewickelt. Sie beantwortete Fragen, die sie normalerweise ignoriert hätte, aber sie merkte auch, dass es ihr guttat, sich einem Menschen anzuvertrauen, denn sie hatte nur wenige wirkliche Freunde.

Eigentlich traurig.

„Ariel?“

„Ja?“

Sie sah ihn an, froh, dass er wieder in Jeans und weißem T-Shirt vor ihr stand.

„Was auch immer passiert, Sie können stolz auf das sein, was Sie hier geschaffen haben.“

„Danke“, sagte sie, überrascht von seinem ernsten Gesichtsausdruck, aber auch ein wenig irritiert von dieser Bemerkung.

Doch sie war zu müde, um weiter darüber nachzudenken, geschweige denn, ihn zu fragen, wie er das meinte. Eilig lief sie ihm voraus zur Eingangstür, drehte den Schlüssel um und riss die Tür auf, als könne sie es kaum erwarten, ihn von hinten zu sehen.

Doch plötzlich kam ein so heftiger Windstoß, dass sie den Türgriff nicht mehr halten konnte. Im selben Moment passierten mehrere Dinge gleichzeitig.

Ihr Schützling, Chelsea Lynch, kam hereingerauscht, in eine Wolke aus türkisfarbenem Stoff gehüllt.

Cooper trat höflich zurück, nickte Chelsea zu und wandte sich dann an Ariel. „Wir sehen uns morgen. Dann muss ich unbedingt mit Ihnen reden.“

Ariel warf ihm ein etwas gezwungenes Lächeln zu und dachte dabei, dass sie das Reden mit diesem gut aussehenden Mann besser bleiben lassen sollte, wenn sie das Porträt noch bei klarem Verstand fertigstellen wollte.

Plötzlich sah sie, dass Chelsea mit weit aufgerissenen Augen und offenem Mund zwischen Cooper und ihr hin und her blickte und dann ihren Zeigefinger anklagend in Coopers Richtung stieß. „Was macht der denn hier?“

„Cooper ist mein Modell.“

„Von wegen Modell!“ Chelsea schälte sich ungeduldig aus ihrem Schal, wobei sie Cooper mit ihren braunen Augen wütend anfunkelte. „Das ist der Dreckskerl, der gerade dabei ist, die ganze Straße aufzukaufen, und ich wette, die Galerie ist sein nächstes Objekt.“

Ariel wollte protestieren, aber dann sah sie den gequälten, schuldbewussten Ausdruck auf Coopers Gesicht.

Wortlos stieß sie ihm ihre Hand vor die Brust und schob ihn hinaus. Doch als sie ihm die Tür ins Gesicht knallen wollte, steckte er blitzschnell seinen Fuß dazwischen. Ariel fand den Gedanken, ihm den Fuß zu amputieren, zwar verlockend, aber einen Prozess konnte sie sich neben ihren vielen anderen Problemen nicht auch noch leisten.

„Raus!“ Sie stemmte sich gegen die Tür.

„Ich kann das Ganze erklären …“

„Was denn erklären?“

Als sie noch ein Straßenkind war, hatten die Leute sie immer für dumm gehalten, weil sie dachten, jemand der so schlampig angezogen ist, könne doch nicht intelligent sein. Sie war darüber sehr gekränkt gewesen und hatte es jedem heimgezahlt, der so von ihr dachte.

Dasselbe würde sie jetzt mit Cooper – oder wie immer er hieß – tun. Aber vorher würde sie ihm so gründlich die Meinung sagen, dass er noch lange an sie denken würde.

„Ich habe mehrmals versucht, Ihnen die Wahrheit zu sagen, aber jedes Mal haben Sie mich abblitzen lassen. Entweder sind Sie mir ins Wort gefallen oder haben gar nicht zugehört.“

Ariel verdrehte die Augen. „Also, das ist ja wohl das Letzte! Typen wie Sie lassen sich doch von nichts abhalten, wenn sie die Leute einwickeln wollen. Ich soll also schuld sein, dass Sie es nicht geschafft haben? So einen Schwachsinn habe ich ja noch nie gehört. Sie haben schön den Mund gehalten, weil Sie sich nämlich bei mir einschleimen wollten. Habe ich recht?“

„Ja, gib’s ihm“, feuerte Chelsea sie an, aber Ariel gab ihr mit einem wütenden Blick zu verstehen, dass sie sich da raushalten sollte.

Obwohl sie ihrer talentierten Schülerin dankbar war, dass sie diese fiese Ratte entlarvt hatte, kämpfte Ariel doch lieber selbst für ihre Interessen. So, wie sie es immer getan hatte.

„Können wir uns unter vier Augen unterhalten?“ Cooper sah sie eindringlich an.

Ariel schüttelte den Kopf. Sie hatte keine Lust, sich noch länger seine Lügen anzuhören. „Was Sie mir zu sagen haben, interessiert mich nicht die Bohne. Und jetzt nehmen Sie gefälligst den Fuß aus meiner Tür. Ich habe zu tun.“

„Wir sehen uns wieder“, sagte Cooper mit zusammengepressten Lippen und trat vor die Schwelle.

„Wenn Sie meinen.“ Ariel schlug die Tür zu, froh, dass sie aus Sicherheitsglas war. Durch die Glasscheibe konnte sie noch Coopers verdattertes Gesicht sehen. Fast hätte man denken können, er sähe beschämt aus.

Aber das konnte ja wohl nicht sein. Typen wie er besaßen kein Gewissen, und sie akzeptierten kein Nein. Rücksichtslos boxten sie sich nach oben, und die kleinen Leute, die dabei draufgingen, interessierten sie überhaupt nicht.

Nun, sie brannte förmlich darauf, es mit ihm aufzunehmen. Über ihre Schwelle würde dieser Kerl jedenfalls keinen Fuß mehr setzen. Von so einem würde sie sich doch nicht ihre Zukunft ruinieren lassen.

Sollte er sich doch in Timbuktu einkaufen.

„Dem hast du’s aber gegeben“, sagte Chelsea und schlug Ariel anerkennend auf die Schulter.

Plötzlich war Ariel müde. Sie sah noch, wie Cooper die Straße hochging, vorbei an den Bioläden, den vegetarischen Imbissbuden und dem nepalesischen Keramikladen, bevor er um die Ecke bog, wo er wahrscheinlich seinen Sportwagen geparkt hatte.

Diese falsche Schlange.

Hatte sich bei ihr eingeschlichen und war ihr schon nach zwei Treffen unter die Haut gegangen.

Doch das Allerschlimmste war, dass sie das Bild jetzt anhand der Skizze und aus der Erinnerung heraus fertig malen musste. Dabei hatte sie nicht die geringste Lust, ständig an diesen Dreckskerl erinnert zu werden, egal wie fantastisch er auf der Leinwand aussehen würde.

„Bist du wieder okay?“ Chelsea wedelte ihr mit der Hand vor den Augen herum.

Ariel blickte das junge Mädchen an. „Ja. Woher wusstest du, wer er ist?“

„Ich habe ihn in letzter Zeit öfters im Viertel gesehen. Der smarte Typ arbeitet für eine von den Firmen, denen wir es zu verdanken haben, dass unser Tante-Emma-Laden verschwunden ist und das kleine italienische Café und der alte irische Pub. So was nennt man dann Stadtsanierung. Ich hasse diese Typen. Die gehen über Leichen. Kennen unser Viertel überhaupt nicht und haben keine Ahnung davon, wie wir leben, weil sie sich nur in ihren Kreisen bewegen. Du musst mir versprechen, dass du denen nicht die Galerie in den Rachen wirfst.“

Chelsea breitete die Arme aus und drehte sich um die eigene Achse. „Ich liebe diesen Laden. Alle hier lieben ihn. Du darfst nicht zulassen, dass er in die Hände von diesen Blutsaugern fällt.“

Ariel brachte nur ein schiefes Lächeln zustande. Chelseas Begeisterung tat ihr gut, aber sie hatte plötzlich richtig Angst. Natürlich war ihr klar, dass die Immobilienhaie, die fast die gesamte Brunswick Street aufgekauft hatten, auch hinter ihrer Galerie her waren, aber jetzt, wo Chelsea es so drastisch ausgedrückt hatte, wirkte die Situation noch viel bedrohlicher.

„Keine Sorge, ich werde Colour by Dreams mit Zähnen und Klauen verteidigen.“

Chelsea klatschte fröhlich in die Hände. „Sehr gut. In einer Woche will ich nämlich hier ausstellen, und alle, alle sollen kommen und sehen, wie gut ich bin.“

Ariel musste über Chelseas kindliches Eigenlob lachen. „Komm, ich mache uns erst mal einen schönen Tee, und dabei besprechen wir alles.“

Sprühend vor Vitalität, bahnte Chelsea sich den Weg nach hinten ins Atelier. Ariel folgte ihr. Noch immer war ihr beklommen zumute.

„Wow!“

Wie gebannt, blickte Chelsea auf die Skizze, die Ariel von Cooper angefertigt hatte.

„Ich nehme das als Kompliment für meine künstlerischen Fähigkeiten, und nicht für das Objekt meiner Zeichnung“, bemerkte Ariel, während sie sich in der Teeküche zu schaffen machte. Hoffentlich genügte ihr die Skizze, um das Porträt auf die Leinwand zu übertragen.

Chelsea lächelte breit und riss sich für einen Moment von Coopers Anblick los. „Versteh mich bitte nicht falsch. Für mich bist du die beste Malerin im Viertel, aber, oh Mann! Der Typ mag ja ein fieser Schleimer sein, aber er ist verdammt gut gebaut.“

„Wäre ja auch zu schön gewesen, um wahr zu sein“, murmelte Ariel, während sie vorsichtig zwei Becher mit dampfendem Tee füllte. Ihre Hand zitterte, so wütend war sie, dass Cooper sie reingelegt hatte.

„Schade, dass du nicht alles draufbekommen hast“, sagte Chelsea und griff augenzwinkernd nach ihrer Tasse.

Ariel nippte vorsichtig an ihrem Pfefferminztee, und sofort stieg ihr die Hitze in die Wangen. „Das macht nichts. Ich kann gut improvisieren.“ Dabei war ihr klar, dass ihre Fantasie begrenzt war, zumindest in dieser Richtung.

„Wenn du meinst.“ Achselzuckend ließ Chelsea sich auf einem der weinroten Sofas nieder, zog die langen Beine hoch und umfasste ihre Tasse mit beiden Händen.

„So, Chelsea, jetzt erzähl mal. Was führt dich her?“

Ariel hoffte, es würden keine zusätzlichen Probleme auf sie zukommen, denn das konnte sie im Moment wirklich nicht gebrauchen.

„Findest du eigentlich, dass ich Talent zum Malen habe?“ Chelsea blickte Ariel zweifelnd mit ihren großen rehbraunen Augen an, und Ariel musste lächeln. Dieses Problem war leicht zu lösen.

Sie setzte sich neben das junge Mädchen. „Traust du meinem Urteil?“

„Ja.“

„Du weißt, wie schwer es ist, in Melbourne eine Galerie zu finden, wo man seine Bilder ausstellen kann?“

Chelseas Mundwinkel senkten sich nach unten. „Ja.“

„Und du weißt auch, dass ich sehr beschäftigt bin?“

Chelsea nickte.

„Also. Du bist doch ein cleveres Mädchen. Glaubst du im Ernst, ich würde meine Zeit verschwenden, wenn ich nicht überzeugt wäre, dass du so viel Talent und Kreativität besitzt, dass du ganz groß rauskommen wirst?“

„Denkst du das wirklich?“ Chelsea nahm Ariel die Tasse aus der Hand und stellte sie neben ihre eigene auf den Boden, dann schlang sie ihr die Arme um den Hals. „Du bist wunderbar! Ich bin so froh, dass du Barbs Galerie weiterführst.“

„Ich auch“, murmelte Ariel und musste blinzeln, um ihre Tränen zurückzuhalten.

Wenn es ihr nur gelang, Cooper und Konsorten davon abzuhalten, ihr den einzigen Ort wegzunehmen, wo sie jemals zu Hause gewesen war.

„Und, wie weit sind wir mit der Galerie?“

Cooper riss sich zusammen, um seinen Vater nicht wütend anzugiften. Schließlich saßen Bauunternehmer und Architekten rund um den Konferenztisch. Er hatte ihm doch gesagt, er hätte die Sache im Griff.

Und was war gestern Abend, höhnte eine innere Stimme.

Innerlich fluchend, legte Cooper die verstreut vor ihm liegenden Blätter zu einem Stapel zusammen, bevor er sich den neugierigen Blicken um ihn herum stellte. Diese Männer hatten bereits Millionen in das Projekt investiert.

Er würde ihnen Rede und Antwort stehen und danach tun, was er für richtig hielt.

„Wie Sie alle wissen, will Ariel Wallace nicht verkaufen. Ich habe sie allerdings gestern und vorgestern besucht und bin zuversichtlich, dass sie ihre Meinung bald ändern wird.“

Was sie hoffentlich tun würde, damit er bald frei war von seinem dominanten Vater.

„Warum bist du so sicher, dass dir gelingen wird, was ich so lange vergeblich versucht habe?“

Diesmal konnte Cooper den wütenden Blick auf seinen Vater nicht verhindern. Musste er ihn hier vor versammelter Mannschaft bloßstellen?

Aber er schluckte seinen Ärger hinunter und richtete seine Antwort ganz bewusst an alle Versammelten. „Wir alle wissen, dass du fantastisch gut verhandeln kannst, Eric, aber ich habe ein gutes Verhältnis zu Miss Wallace.“

In der Tat waren sie sich ziemlich nahe gekommen, als sie ihn aus der Tür geschubst hatte. „Ich werde am Ball bleiben und bin überzeugt, dass sie zustimmen wird.“

Der Tag, an dem Ariel den Vertrag unterschrieb, würde für ihn ein Festtag werden. Dann wäre er befreit von seinem Job, von der Vance Corporation und von den vorwurfsvollen Augen seines Vaters.

„Gut.“ Eric neigte leicht den Kopf in Coopers Richtung, bevor er sich wieder den andern zuwandte. „Ich habe mit verschiedenen Eigentümern Verträge abgeschlossen, und die Galerie ist das letzte Objekt in dem Block, den wir bebauen wollen.“

Er drückte auf eine Fernbedienung, und hinter ihm an der Wand öffnete sich eine Power-Point-Präsentation. „So sehen die vorläufigen Pläne aus. Sobald wir die Galerie haben, können wir mit den Abbrucharbeiten beginnen. Dann wird der gesamte Block mit den alten Häusern abgerissen, und wir bauen dort ein sechsstöckiges Apartmenthaus. Bei den hohen Mietpreisen in den Vierteln rund um die Innenstadt wird das für uns alle ein lohnendes Geschäft.“

Eric warf Cooper einen verachtungsvollen Blick zu, als wolle er sagen: Und all das willst du wegschmeißen? Glaubst du wirklich, du kannst mir das Wasser reichen? Mich womöglich mit meinen eigenen Waffen schlagen?

„Noch Fragen?“

Cooper sah seinem Vater direkt in die Augen. „Die Pläne sehen gut aus. Mir liegt ebenso viel wie dir daran, dass das Projekt gelingt. Wenn alles gut läuft, können wir uns schon nächste Woche wieder zusammensetzen.“

Eine Woche sollte genügen, um mit der widerspenstigen, kapriziösen Galeriebesitzerin, die ihn gestern so unverschämt rausgeworfen hatte, Klartext zu reden.

„Gut. Die Sitzung ist beendet.“ Eric steuerte geradewegs auf die Bar in der Ecke des Konferenzzimmers zu, wo er sich, wie Cooper wusste, mit seinen Geschäftsfreunden einen Bourbon oder auch zwei hinter die Binde gießen würde.

Für ihn war das nichts. Er hatte Wichtigeres zu tun, zum Beispiel Ariel zu überreden.

Wäre er eine Spielernatur, würde er hundert zu eins wetten, dass sie ihm nicht einmal die Tür aufmachen, geschweige denn ihm zuhören würde.

Nun, das sollte sich bald ändern. Und er würde gleich jetzt damit anfangen.

4. KAPITEL

„Du niederträchtiger Schuft!“ Ariel klatschte ihren Pinsel auf die Leinwand, während sie auf die Zeichnung von Cooper starrte.

Den ganzen Vormittag versuchte sie schon, die Skizze auf die Leinwand zu übertragen. Ihre Schultern und ihr Nacken waren schon völlig verspannt, und sie hatte bereits drei Leinwände verbraucht.

Offensichtlich hatte ihre Muse sie verlassen. Ariel hegte den heimlichen Verdacht, dass sie sich auf den breiten Schultern des besagten niederträchtigen Schufts niedergelassen hatte und mit ihm durch die Tür verschwunden war.

Alles hatte sie versucht: ihre Zitronen- und Mandarinen-Duftöle erwärmt, um sich besser konzentrieren zu können, sich den Puls mit Orangenblütenparfum, ihrem Lieblingsduft, eingerieben, um sich zu beruhigen. Außerdem hatte sie sich ihr Glücksband um den Kopf geschlungen und fünf Minuten meditiert, was normalerweise Wunder wirkte, wenn ihre Inspiration versagte.

Alles ohne Erfolg.

Zu allem Überfluss hatte Sofia angerufen und ihr wortreich berichtet, dass sie eine lustige Party im Haus ihrer Schwester veranstalten wolle, wo alle einflussreichen Leute das Porträt bewundern und Ariel mit Aufträgen überschütten würden, und deshalb solle es bitte eine Woche früher fertig werden.

Sie hatte also noch genau sechs Tage Zeit.

Mit einem normalen Modell wäre das ein Klacks, aber nicht mit diesem größenwahnsinnigen Bauunternehmer, der bereit war, sich auszuziehen, um das zu bekommen, was er wollte. So ein verrückter Typ.

Am liebsten hätte sie dem Kopf auf der Skizze Teufelshörner und Vampirzähne verpasst, aber es war ihre einzige Vorlage. Ziemlich dürftiges Material.

Seufzend lehnte sie sich zurück und versuchte, Coopers Bild in ihrer Fantasie heraufzubeschwören. Tiefblaue Augen, etwas zu langes schwarzes Haar, kräftiges Kinn, breite Brust, flacher muskulöser Bauch, schlanke Taille, lange Beine. Einfach überwältigend …

Das Windspiel über der Ladentür klimperte, und Ariel fuhr erschrocken zusammen. Sie merkte, dass noch ein leises Lächeln auf ihren Lippen schwebte, und rieb sich energisch über den Mund, als könne sie damit auch das allzu verführerische Bild von Cooper aus ihrem Kopf vertreiben.

„Was kann ich …?“ Der Satz blieb unvollendet, denn das Objekt ihrer lebhaften Fantasie kam hereinstolziert. Der Inbegriff des smarten Geschäftsmannes: eleganter Anzug, weißes Hemd, blaue Krawatte in der Farbe seiner Augen. Er sah beeindruckend aus, aber in Jeans und T-Shirt gefiel er ihr besser.

Bist du verrückt?

Nein, er gefiel ihr überhaupt nicht.

„Bitte gehen Sie.“ Sie stemmte beide Hände auf die Ladentheke und starrte ihn so verachtungsvoll an, wie sie nur konnte.

Cooper stellte sich direkt vor die Theke, und Ariel wünschte, die Glasfläche wäre breiter.

Er war viel zu nah, viel zu männlich, viel zu … alles.

„Ich möchte Ihnen ein Angebot machen.“

„So? Und Sie glauben, ich würde darauf eingehen.“

Er lächelte selbstbewusst. „Ja, weil ich Sie für eine clevere Geschäftsfrau halte. Im Interesse Ihres Geschäfts sollten Sie mich anhören.“

„Falsch gedacht.“ Sie war wütend. Wütend, weil er sie angelogen und ihren Auftrag, der so wichtig für ihr Geschäft war, ruiniert hatte. Aber vor allem war sie wütend auf sich selbst, weil ihr Herz einen Freudensprung getan hatte, als sie den Perlenvorhang beiseitegeschoben und festgestellt hatte, dass er zurückgekommen war.

Er ignorierte ihren empörten Einwand. „Es dauert nur fünf Minuten. Glauben Sie mir, es ist wichtig für Sie.“

Selbst wenn er der einzige Mann auf der Welt gewesen wäre, hätte sie ihm nicht geglaubt. Und dennoch war etwas in seinem Blick … Jedenfalls zuckte sie mit den Schultern und bat ihn nach hinten.

„Fünf Minuten“, sagte sie und setzte sich in ihren ergonomischen Stuhl, ohne ihm einen Platz anzubieten.

„Was haben Sie denn da für ein Band im Haar?“

Hmm … so hatte er eigentlich nicht anfangen wollen, aber mit einer Frau, die ein so lächerliches Ding auf dem Kopf hatte, konnte er doch nicht vernünftig reden, auch wenn sie es trug wie eine Königin ihr Diadem.

Ariel griff sich stirnrunzelnd an den Kopf, dann fiel es ihr ein. „Ach, das ist mein Glücksband, das binde ich oft zum Malen um.“

„Sieht aus wie eine Faschingsdekoration.“

Statt ihren Kopfschmuck verschämt abzunehmen, wie er erwartet hatte, schob sie ihn zurecht, sodass er wie ein verrückter Heiligenschein auf ihren Locken thronte.

„Hab ich selbst gemacht, als ich zum ersten Mal mit Aunt Barb Weihnachten gefeiert habe.“

Cooper wünschte, er hätte die Verletzlichkeit in ihren Augen nicht bemerkt.

Er war geschäftlich hier und wollte ihr einen Vorschlag machen, der ihnen beiden gerecht würde. Von dieser Aunt Barb, die Ariel so in den Himmel hob, wollte er nichts hören, und auch keine Gewissensbisse spüren, weil er vielleicht ihre Träume zerstörte, indem er seine eigenen verwirklichte.

Sie war jung und würde darüber hinwegkommen. Sie würde das Geld nehmen und irgendwo neu anfangen.

„Ihre fünf Minuten sind bald vorbei. Also sagen Sie am besten schnell, was Sie zu sagen haben.“ Ariel blickte ihn mit ihren grünen Augen abweisend an, die Lippen fest zusammengepresst.

Freundlich erwiderte Cooper ihren kühlen Blick, denn er war überzeugt, dass es besser war, es auf die sanfte Tour zu versuchen. „Zunächst möchte ich mich entschuldigen, dass ich Ihnen nicht sofort die Wahrheit gesagt habe. Sie haben recht, ich hätte Gelegenheit genug gehabt, Ihnen zu sagen, wer ich wirklich bin.“

„Und warum haben Sie es nicht getan?“

„Soll ich ehrlich sein? Weil Sie mich fasziniert haben. Bevor ich einen klaren Gedanken fassen konnte, hatten Sie mich schon in Ihr Atelier gelotst und gesagt, ich soll mich ausziehen. Wahrscheinlich hat das meinen uralten männlichen Instinkt aus der Steinzeit geweckt, denn plötzlich fing die Sache an, mir Spaß zu machen. Ich fand die ganze Situation aufregend, und dann, als wir anfingen zu reden, konnte ich nicht mehr so einfach mit der Wahrheit herausplatzen.“

Er zog es vor, ehrlich zu sein, in der Hoffnung, sie würde ihn verstehen, aber anscheinend hatte er damit keinen Erfolg, denn ihre Miene veränderte sich kein bisschen.

„Ich glaube eher, dass Sie gar nicht mehr die Wahrheit sagen wollten, weil Sie gemerkt haben, dass Sie besser zum Ziel kommen, wenn Sie sich bei mir einschmeicheln.“

„Vielleicht stimmt das zum Teil. Auf jeden Fall hätte ich Ihnen alles erzählt, auch wenn das Mädchen nicht damit herausgeplatzt wäre.“

Ariel verdrehte die Augen und sah auf die Uhr. „Noch drei Minuten.“

„Okay, ich möchte Ihnen ein Geschäft vorschlagen, aber dafür werden wir wohl länger brauchen. Ich hatte gehofft, dass Sie mir mehr Zeit geben.“

„Nein.“

Kurz und scharf kam die Antwort. Aber er wäre kein erfolgreicher Geschäftsmann, wenn er sich davon entmutigen lassen würde.

„Ich bezahle Ihnen Ihre Zeit.“

„Wie bitte?“

Ihre Augenbrauen schossen so hoch, dass er Angst hatte, sie würden gleich in ihrem verrückten Kopfschmuck hängen bleiben, der immer noch auf ihrer Lockenmähne thronte.

„In der Geschäftswelt wird jeder für seine Zeit bezahlt, vom Anwalt bis zum Architekten. Ihre Zeit ist für mich genauso wertvoll, und ich bin bereit, Ihnen die Stunden zu bezahlen, die Sie bereit sind, mir zuzuhören.“

„Wie großzügig.“ Der Sarkasmus in ihrer Stimme war nicht zu überhören.

„Mir geht es einfach nur darum, dass Sie mit diesem Laden Ihr Geld verdienen und dass Ihre Zeit genauso wertvoll ist wie die von jedem anderen Geschäftsmann und jeder Geschäftsfrau.“

Das kam offenbar schon viel besser an, denn ihre starre Haltung wurde weicher.

„Ich will Ihr Geld nicht.“

„Aber Sie hören mich trotzdem an?“

Mit angehaltenem Atem wartete er auf die Antwort dieser exotischen Schönheit und wünschte, dass seine Zukunft nicht in ihren farbbeklecksten Händen läge. Sie musste ihm zuhören, und er musste sie überreden. Es war seine einzige Chance.

Plötzlich hellte sich Ariels Miene auf. Ihre Augenbrauen senkten sich, ihre Mundwinkel bogen sich nach oben, und ihre Augen blitzten unternehmungslustig.

Oh, oh, das bedeutete garantiert nichts Gutes. Den Blick kannte er schon. Damit hatte sie ihn am ersten Abend in ihr Atelier gelockt und ihm befohlen, sich auszuziehen.

„Ihr Geld will ich nicht. Aber wir können eine Art Tauschgeschäft machen.“

„Klingt vernünftig“, stimmte er zu, obwohl ihm das selbstzufriedene Lächeln auf ihrem schönen Gesicht überhaupt nicht passte.

Die angespannte, unsichere Ariel gefiel ihm wesentlich besser als ihre freche Doppelgängerin, die ihn dazu bringen wollte, dass er seine Geschäftsinteressen draußen vor der Tür ablegte und mit ihr auf irgendeinen verrückten kreativen Trip ging.

„Und an was dachten Sie?“

Zu seiner Überraschung kam Ariel auf ihn zu, legte ihm einen Finger unters Kinn und schob seinen Kopf in verschiedene Richtungen.

„Ja!“

Dann senkte sie ihre Hand, trat zurück und fuhr fort, ihn wie einen Preisbullen zu begutachten.

„Perfekt!“

Sie klatschte in die Hände und lächelte ihn an. Das Lächeln von ihr hätte selbst den härtesten Kerl erweicht. „Sie sitzen mir so lange Modell, bis mein Bild fertig ist, und ich höre mir dabei Ihren langweiligen Vorschlag an. Na, ist das ein fairer Deal? Ein paar Stunden Modell sitzen dafür, dass ich mir ein paar Stunden Ihr Gebrabbel anhöre?“

Autor

Cathy Gillen Thacker
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