Dir kann ich nicht widerstehen, Darling!

– oder –

Im Abonnement bestellen
 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

Sie ist eine Betrügerin! Davon ist Andreas Karelis überzeugt, als er die betörende Isla zum ersten Mal sieht. Offenbar ist die sexy Blondine hinter seinem Vermögen her. Dennoch kann der Playboy-Milliardär sich ihrer erotischen Anziehung nicht entziehen. Sie verbringen eine leidenschaftliche Nacht miteinander, die nicht ohne Folgen bleibt. Nur um seinem Sohn eine sichere Zukunft zu bieten, willigt Andreas ein, Isla zu heiraten. Doch ihr vertrauen - niemals! Aber dann passiert etwas, das Andreas niemals für möglich gehalten hätte …


  • Erscheinungstag 22.09.2020
  • Bandnummer 2458
  • ISBN / Artikelnummer 9783733714406
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

„Was sagst du zu der Neuigkeit, dass Papa mit der Eiskönigin verlobt ist? Isla hat sich ihn gekrallt, da kannst du sicher sein.“

Abrupt blieb Andreas Karelis ein paar Schritte vom Helikopter entfernt stehen, der ihn nach Louloudi gebracht hatte, der Privatinsel seiner Familie. Er starrte seine Schwester an, die durch den Garten zu ihm gelaufen war. Nefelis schrille, wütende Stimme übertönte sogar das Geräusch der langsamer werdenden Rotorblätter.

Bedeckt von Zedernwald und Olivenhainen, ähnelte die Insel von der Luft aus einem Smaragd inmitten der azurblauen Ägäis. Andreas hatte hier als Junge seine glücklichste Zeit erlebt, fernab von den Erwartungen, die seine Eltern sonst an den Karelis-Erben gestellt hatten. Er besaß Häuser in Kalifornien und an der französischen Riviera sowie ein Penthouse in Athen, doch Louloudi war der einzige Ort, den er sein Zuhause nennen würde.

„Ich habe nichts von Stelios gehört“, antwortete er kurz angebunden, worauf seine Schwester ihn mit großen Augen ansah. Normalerweise behielt Andreas seine Gefühle streng unter Kontrolle. Und niemand, nicht einmal Nefeli, der einzige Mensch, dem er überhaupt nahestand, wusste, was er dachte. Allerdings mochte er keine Überraschungen, ob gute oder schlechte, und dies war eindeutig eine schlechte.

„Ich dachte, Papa hätte dich vielleicht angerufen. Er hat die Bombe platzen lassen, als ich hier angekommen bin.“ Nefeli warf ihre dunklen Locken über die Schultern. Sie war klein und hatte ein aufbrausendes Temperament – im Gegensatz zu Andreas, der seine große, athletische Figur seiner kalifornischen Großmutter mütterlicherseits verdankte und als Kind schon früh gelernt hatte, seine Gefühle zu unterdrücken.

„Morgen wird eine Presseerklärung herausgegeben, in der Papas Verlobung mit Isla offiziell verkündet wird, aber er wollte die Neuigkeit erst seiner Familie mitteilen. Allmächtiger!“ Nefelis Stimme hatte sich noch eine Oktave höher geschraubt. „Sie ist seine Haushälterin und jung genug, um seine Tochter zu sein. Was denkt Papa sich nur dabei?“

Unbekümmert zuckte Andreas die Schultern, um nicht zu zeigen, wie sehr ihm die geplante Ehe seines Vaters missfiel. Dass er so heftig darauf reagierte, überraschte ihn. Schließlich konnte Stelios tun und lassen, was er wollte. Alter schützt vor Torheit nicht, besonders nicht bei einem verwitweten älteren Milliardär, der einer schönen jungen Frau hörig ist, dachte er spöttisch.

Unruhe erfasste ihn, als er an die Frau dachte, die nun offenbar Stelios’ Verlobte war. Isla Stanford war zweifelsohne schön. Wie eine englische Rose mit ihren goldenen Haaren und der hellen Haut. Aber sie hatte etwas Unberührbares, das Andreas normalerweise abschreckend fand. Er bevorzugte Frauen, die nichts gegen Sex hatten. Deshalb fand er es verwirrend, dass er bei den wenigen Gelegenheiten, bei denen er sie getroffen hatte, so stark auf sie reagierte.

„Papa hat sie mit nach Louloudi genommen, und sie wird auch an meiner Geburtstagsparty am Samstag teilnehmen“, sagte Nefeli beleidigt. Sie hängte sich bei ihrem Bruder ein, als sie zur Villa gingen. „Du musst etwas tun, Andreas.“

„Und was schlägst du vor?“, meinte er mit seinem typischen Zynismus, der verbarg, was er wirklich dachte. Doch seine Unruhe wurde stärker, als Nefeli weitersprach.

„Warum verführst du sie nicht? Ich bin sicher, dass du das leicht hinbekommen würdest. Die Frauen liegen dir doch immer zu Füßen. Und wenn Papa merkt, dass die Eiskönigin nur wegen seines Geldes Interesse an ihm geheuchelt hat, wird er sie davonjagen, und alles ist wieder normal.“

Mit normal meinte Nefeli vermutlich, dass Stelios sich wieder wie ein Mann von Ende sechzig verhalten würde, der sich auf seinen Ruhestand vorbereitete, statt eine blonde Tussi zu begehren, die es nur auf sein Geld abgesehen hatte. Nur dass Isla nicht so eine Tussi war. Es wäre viel einfacher, wenn es so wäre, überlegte Andreas.

„Ich will mir keine Frostbeulen holen“, spottete Andreas, aber innerlich fluchte er. Er hatte nichts dagegen, dass sein Vater sich eine Frau nahm. Er könnte sich jede Frau der Welt nehmen. Aber nicht sie. Nicht Isla. Warum konnte der alte Mann auch nicht einfach eine Frau in seinem Alter heiraten? Eine mollige Witwe, die den Lebensabend mit Stelios verbrachte, statt einer eiskalten Blondine mit intelligenten grauen Augen und einem Mona-Lisa-Lächeln, das Andreas zum Wahnsinn trieb.

Er dachte daran, wie er vor achtzehn Monaten in das Haus in Kensington zitiert worden war, das sein Vater kurz nach dem Tod seiner Frau sechs Monate zuvor gekauft hatte. Es war eine Überraschung gewesen, dass Stelios beschlossen hatte, nach London zu ziehen. Und nachdem Andreas dem Butler seine regennasse Jacke überreicht hatte und ins Wohnzimmer geführt worden war, wollte er seinen Vater eigentlich fragen, warum er in einem Land mit so einem schrecklichen Klima leben wollte.

Doch in seinem Kopf herrschte nur noch Leere, als sein Blick von der Frau angezogen wurde, die dicht neben Stelios auf dem Sofa saß. Viel zu nah, verdammt, war Andreas’ erster Gedanke gewesen, gefolgt von dem Drang, sie von seinem Vater loszureißen. Anmutig und geschmeidig wie eine Ballerina erhob sie sich und legte ihre Hand unter Stelios’ Arm, nachdem der ebenfalls aufgestanden war. Dass sie sich so besorgt um seinen Vater zeigte, ärgerte Andreas.

„Andreas, endlich hast du Zeit gefunden, mir einen Besuch abzustatten.“

Stelios’ Begrüßung enthielt auch Kritik, wie Andreas es erwartet hatte, und er biss die Zähne zusammen, als er vortrat, um seinem Vater einen Kuss auf die Wange zu geben. „Schön, dich so wohlauf zu sehen, Papa.“

Tatsächlich sah sein Vater müde aus, doch das bemerkte Andreas kaum, weil seine Aufmerksamkeit der Frau an seiner Seite galt. Wer war sie? Vielleicht Stelios’ persönliche Assistentin? Ihr Äußeres gab keinen Hinweis darauf, welche Rolle sie in Stelios’ Leben spielte. Sie trug ein Kleid mit Dreiviertelärmeln und einem leicht ausgestellten Rock, der knapp unterhalb ihrer Knie endete. Dazu einen schmalen schwarzen Gürtel und schwarze Stöckelschuhe. Ihre Haare, von der Farbe hellen Honigs, waren zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, der bis unter ihre Schulterblätter fiel. Sie sah züchtig aus wie eine Nonne, doch ihre vollen Lippen und die festen Brüste deuteten auf eine subtile Sinnlichkeit hin.

Andreas konnte den Blick nicht von ihr abwenden und zuckte zusammen, als sein Vater trocken bemerkte: „Darf ich dir meine Haushälterin Miss Stanford vorstellen? Isla, das ist mein Sohn Andreas.“

„Freut mich, Sie kennenzulernen“, murmelte sie.

Bei ihrer Stimme musste Andreas an einen kühlen Bergbach denken. Und in diesem Moment wäre er auch zu gerne in eisiges Wasser gesprungen, um das Feuer zu löschen, das in ihm wütete.

„Das Vergnügen ist ganz meinerseits, Miss Stanford.“ Er hatte süffisant klingen wollen, doch das Wort Vergnügen hing in der Luft und gab seiner Begrüßung etwas Sinnliches und auch Herausforderndes. Er bemerkte die leicht roten Flecken auf ihren Wangen. Ihre Augen weiteten sich ein wenig, und Andreas sah seine eigene Verwirrung in ihrem Blick.

Aber da war noch ein anderes Gefühl. Er spürte, dass sie sich seiner sehr bewusst war, bevor sie die langen Wimpern senkte. Die Zeit schien stillzustehen. Andreas hörte, dass sie unregelmäßig atmete, doch als sie ihn wieder ansah, wirkte ihre Miene undurchdringlich.

Sie wandte sich an Stelios. „Ich gehe Tee machen.“

„Danke, meine Liebe.“ Der alte Mann und seine Haushälterin tauschten einen Blick, den Andreas nicht entschlüsseln konnte. Er war verwirrt. Seit wann trank sein Vater, der ein Leben lang süchtig nach Kaffee gewesen war, Tee?

„Ich hätte lieber Kaffee“, sagte Andreas, was Stelios mit einem Stirnrunzeln quittierte.

„Selbstverständlich.“ Isla Stanford schenkte ihm nur ein flüchtiges Lächeln.

Als sie den Raum durchquerte, sah er, wie ihre Hüften hin und her schwangen und hörte sich rufen: „Brauchen Sie Hilfe?“

„Ich schaffe das schon, danke.“ Sie klang amüsiert. An der Tür blieb sie stehen und warf ihm über die Schulter einen Blick zu, bei dem er sich wie ein Schuljunge fühlte, der noch nicht ganz trocken hinter den Ohren war. „Oder glauben Sie nicht, dass ich griechischen Kaffee machen kann, Andreas?“

Als er hörte, wie sie mit leicht englischem Akzent seinen Namen aussprach, hätte er am liebsten wie ein Raubtier geknurrt.

Andreas hatte ihr noch nie vertraut. Jedes Mal, wenn er sie gesehen hatte, als er seinen Vater in London besuchte, hatte sein Instinkt ihn gewarnt, dass sie Ärger bedeutete. Und seit er gerade von der Verlobung erfahren hatte, wusste er, dass sein Instinkt ihn nicht getäuscht hatte.

Er folgte Nefeli in die Eingangshalle, in der es angenehm kühl war im Gegensatz zu der Hitze draußen. Trotzdem freute er sich auf eine Dusche und einen Drink. Gerade wollte er den Butler Dinos bitten, ihm Whisky und Soda auf sein Zimmer zu bringen, als seine Schwester sich an ihn wandte.

„Du solltest dich besser beeilen und dich umziehen. Du bist später gekommen als erwartet. Papa hat für heute Abend eine Abendgesellschaft ausrichten lassen, um seine Verlobung mit Isla zu feiern.“ Sie verzog das Gesicht. „Ich kann nicht glauben, dass er sie wirklich heiraten will. Er macht sich doch zum Narren. Weißt du nicht, wie man Papa wieder zu Verstand bringen könnte?“

Andreas musste immer noch an Nefelis Worte denken, als er seine Suite betrat, schnell duschte und sich dann in einen schwarzen Smoking mit weißem Hemd warf. Lieber hätte er Baumwollshorts und ein T-Shirt angezogen, um am Strand spazieren zu gehen. Stattdessen musste er bei einer Abendgesellschaft sitzen und die Verlobung seines Vaters feiern. Theos! Er warf seinem Spiegelbild einen finsteren Blick zu und fuhr sich mit den Fingern durch die widerspenstigen dunklen Haare, die er eben mit einem Kamm zu zähmen versucht hatte.

Ihm fiel tatsächlich etwas ein, was seinen Vater dazu bringen würde, seine Beziehung zu seiner ehemaligen Haushälterin infrage zu stellen. Was, wenn er ihm sagte, wie Isla in seinen Armen dahingeschmolzen war, als er sie vor einem Monat in London geküsst hatte? Würde Stelios sie dann immer noch heiraten wollen?

Andreas’ Kiefer mahlte, als er daran dachte, wie stark Isla auf ihn reagiert hatte. Wie sie mit einem heiseren Stöhnen ihren Mund geöffnet hatte, als er seine Zunge zwischen ihre Lippen drängte. Sicher, er hatte Isla geküsst, um seine Neugier zu befriedigen, aber sie hatte seine Selbstbeherrschung in einer Weise auf die Probe gestellt, wie er es nicht erwartet hatte. So sehr, dass er seinen Aufenthalt in London abgekürzt hatte und am nächsten Tag wieder nach Kalifornien zurückgeflogen war.

Hatte Isla sich ein lohnenderes Ziel ausgesucht? Stelios war der Chef der Karelis-Gesellschaft – das familieneigene Unternehmen, dem die größte Ölraffinerie in Europa gehörte. Außerdem besaßen sie Anteile an Reedereien und Banken. Andreas war der Erbe dieses Unternehmens, aber er hatte es nicht eilig, an die Stelle seines Vaters zu treten. Er hatte sich eine eigene Karriere als Motorrad-Champion aufgebaut, bis er nach einem Unfall das Rennen aufgeben musste.

Er zwang sich, wieder in die Gegenwart zurückzukehren, fluchte leise und verließ seine Suite. Vor den Privaträumen seines Vaters blieb er kurz stehen, ehe er an die Tür klopfte. Wenn er mit Stelios und seiner Verlobten noch vor dem Dinner sprechen könnte, würde er vielleicht besser verstehen, warum sie sich so überraschend verlobt hatten. Als niemand auf sein Klopfen antwortete, wartete er noch ein paar Sekunden. Dann öffnete er die Tür und sah sich im Wohnzimmer um. Die Tür zum Schlafzimmer war geschlossen. Dass Stelios sich mit Isla dahinter befinden könnte, ließ Galle in ihm aufsteigen.

Die Schlafzimmertür öffnete sich, und bevor Andreas sich zurückziehen konnte, trat der Butler durch die Tür und ging ins Wohnzimmer. „Ich dachte, mein Vater und Miss Stanford wären vielleicht hier“, erklärte Andreas.

„Kyrios Stelios ist unten im Salon. Er hat mich gebeten, seine Brille zu holen.“ Dinos hob die Hand, in der er ein Brillenetui hielt. „Miss Stanfords Zimmer ist nebenan, aber sie ist auch bei Ihrem Vater unten im Salon.“

Also haben Stelios und Isla kein gemeinsames Schlafzimmer, überlegte Andreas, als er die Marmortreppe hinunterging. Ein unübliches Verhalten für ein Paar, das heiraten wollte. Wobei die ganze Geschichte seltsam war, besonders da sein Vater bei ihrem letzten Treffen vor einem Monat nichts davon gesagt hatte, dass er heiraten wollte.

Aber es war ihm egal, ob Stelios sich wegen seiner hübschen jungen Haushälterin zum Narren machte, redete Andreas sich ein. Wenn er zugab, dass zwischen ihm und Isla Leidenschaft aufgeflammt war, würde sein Vater ihm das vielleicht nicht glauben oder ihm vorhalten, dass er Probleme machen wollte. Sie hatten sich nie nahegestanden, und ihre Beziehung war noch weiter abgekühlt, als Stelios gezwungen gewesen war, sich zwischen Frau und Familie und seiner Geliebten zu entscheiden.

Andreas war zwölf gewesen, als sein Vater zugab, dass er sich mit einer anderen Frau in England traf und seine Ehe für sie aufgeben wollte. Andreas’ Mutter war verzweifelt gewesen, und Andreas hatte sich geschworen, kein Wort mehr mit seinem Vater zu sprechen, es sei denn, er würde seine Geliebte verlassen und wieder zu seiner Familie zurückkehren. Er hatte gehofft, die Liebe seiner Mutter zu gewinnen, wenn er sich auf ihre Seite schlug. Doch sie hatte ihn weiter mit demselben Desinteresse behandelt wie immer. Sein Vater hatte die Ehe nicht aufgegeben, war aber seither sehr kühl zu Andreas.

Helia Karelis war vor zwei Jahren an einer Überdosis Schlaftabletten gestorben. Ein tragischer Unfall, wie der Gerichtsmediziner berichtet hatte. Doch Andreas war sicher, dass seine Mutter wusste, was sie tat, als sie eine Handvoll Tabletten schluckte. Und er war sich auch sicher, dass seine Mutter nie über die Affäre ihres Mannes hinweggekommen war. Dass sie in ihrer Ehe unglücklich gewesen war, hatte Andreas bewiesen, wie töricht es war, sich zu verlieben.

Was Isla betraf, war Andreas eher ratlos. Er wusste nicht, warum er sich bei ihrem ersten Treffen wie ein Teenager an sie herangemacht hatte. Das entsprach nicht seinem Stil. Und er war sicher, dass er sie bei ihrem nächsten Treffen als das sehen würde, was er vermutete. Eine Frau, die nur auf Geld aus war. Dass sie mit so süßer Innigkeit auf seinen Kuss reagiert hatte, hatte ihn fast glauben lassen, dass sie noch unerfahren war. Doch das war nur gespielt, sagte er sich.

Er schlenderte in den Salon, wo gerade vor dem Dinner Cocktails serviert wurden. Abrupt blieb er stehen. Der Raum war voller Gäste – Verwandte und seltsamerweise einige hochrangige Vertreter der Ölindustrie und Vorstandsdirektoren des Karelis-Unternehmens, obwohl es eigentlich eine Familienzusammenkunft sein sollte. Man unterhielt sich, und die Bediensteten reichten Champagner. Doch Andreas sah nur Isla, und das Blut rauschte in seinen Ohren.

Sie hatte keine Ähnlichkeit mehr mit der anständig gekleideten Haushälterin, die er bei verschiedenen Gelegenheiten im Haus seines Vaters in Kensington getroffen hatte. An diesem Abend war sie die Lady in Rot – eine sinnliche Sirene in engem, scharlachrotem Samt, mit funkelnden Juwelen um den Hals, die seine Aufmerksamkeit auf ihren Brustansatz zogen, den der tiefe Ausschnitt enthüllte. Ihre blonden Haare waren zu einem Chignon hochgesteckt, und der dunkelrote Lippenstift betonte ihre vollen Lippen.

Ihr Kleid endete oberhalb der Knie und zeigte lange schlanke Beine. Ihre Füße steckten in High Heels. Isla Stanford war die wahr gewordene Fantasie jedes heißblütigen Mannes, und Andreas stand in Flammen. Als sie zu ihm sah, merkte er, dass sie leicht errötete. Sie war sich der Spannung zwischen ihnen bewusst. Das merkte er, weil sie heftig schluckte. Er starrte auf ihren einladenden Mund und spürte, wie erregt er war.

Für einen Moment vergaß er, dass Isla als Stelios’ Gast an der Party teilnahm. Etwas primitiv Besitzergreifendes erfasste ihn, und er durchquerte den Salon, angetrieben von dem Drang, seinen Anspruch auf die Frau anzumelden, an die er in den vergangenen Monaten zu oft hatte denken müssen. Er und Isla waren noch nicht fertig miteinander.

Doch in diesem Moment beendete sein Vater sein Gespräch mit einem Gast und schlang den Arm um Islas Taille. Mit schmalem Blick blieb Andreas vor dem ungleichen Paar stehen.

„Da bist du ja endlich“, meinte Stelios gereizt. „Ich hatte dich vor ein paar Stunden erwartet. Wir wollten mit dem Essen schon ohne dich anfangen.“

„Guten Abend, Papa“, begrüßte Andreas seinen Vater in trockenem Ton. „Miss Stanford.“ Seine Miene war ausdruckslos, als er die beiden ansah. „Sollte ich zu spät sein, entschuldige ich mich. Ich habe gesagt, ich würde irgendwann nachmittags kommen, ohne eine genaue Uhrzeit anzugeben. Außerdem wusste ich nicht, dass du eine Party gibst.“

Stelios schnaubte. „Nun, jetzt bist du ja da. Und ich hoffe, du wirst mich beglückwünschen, wenn ich dir sage, dass Isla zugestimmt hat, sich mit mir zu verloben.“

Obwohl Andreas von seiner Schwester vorgewarnt worden war, erfüllte ihn der Anblick von Islas großem Diamantring, den sie am Finger trug, mit Zorn. Das musste ein Scherz sein. Dieser grauhaarige, faltige alte Mann und die zarte englische Rose, die etwa vierzig Jahre jünger war als ihr zukünftiger Ehemann.

Er sah Isla an und bemerkte, dass ihre Unterlippe leicht zitterte. Sie gehörte ihm, verdammt. Und doch war es sein alter Vater, dessen Arm um ihre Taille lag. Und es war Stelios’ auffälliger Ring – grob geschätzt von sechsstelligem Wert –, der an ihrem Finger funkelte.

„Wie ich sehe“, meinte Stelios, „überrascht dich die Neuigkeit, aber du wirst sicher zustimmen, dass ich mich glücklich schätzen kann, so eine schöne Verlobte zu haben.“

„Herzlichen Glückwunsch“, sagte Andreas gedehnt und sah Isla dann mit spöttischem Blick an. „Sieht so aus, als hättest du den Jackpot geknackt.“

2. KAPITEL

Was für eine Frechheit! Islas Wut über Andreas’ Bemerkung köchelte während des unendlich langen fünfgängigen Dinners in ihr. Zum Glück saß er am anderen Ende des Tisches, doch sie spürte, dass er sie mit seinen leuchtend blauen Augen beobachtete, sodass sie sich noch unbehaglicher fühlte. Denn auch Stelios’ Tochter, die in der Mitte des Tisches saß, bedachte sie mit giftigen Blicken. Nach dem Dinner war Stelios aufgestanden und bat die Gäste, ihre Gläser zu heben, um auf seine Verlobte anzustoßen. Ein Schritt, der zu weit ging und Islas Zweifel noch verstärkte, ob sie richtig handelte.

Mit einem leisen Seufzer öffnete sie die Tür und trat auf die Terrasse. Es war inzwischen dunkel, doch obwohl der Sommer sich dem Ende zuneigte, war es noch schwül. Der schwere Duft von Lavendel, der in großen Terrakottatöpfen üppig blühte, hing in der Luft.

Islas legte ihre Hand an die mit Rubinen und Diamanten besetzte Halskette, um sich ein weiteres Mal zu versichern, dass der Verschluss richtig eingehakt war.

„Ich habe Angst, sie zu verlieren“, hatte sie Stelios vor ein paar Stunden zugeflüstert, als im Sitzungszimmer des Unternehmens in Athen Fotos von ihnen gemacht worden waren. „Die Halskette muss ein Vermögen wert sein. Ich würde lieber etwas weniger Protziges tragen.“

Stelios hatte ihre Sorgen abgetan. „Versuch dich zu entspannen und zu lächeln“, flüsterte er. „Die Augen der Welt werden auf dich gerichtet sein, wenn morgen in den Medien unsere Verlobung veröffentlicht wird. Ich bin Milliardär, und die Leute erwarten, dass meine Verlobte traumhaft schönen Schmuck und Haute Couture trägt.“

Nach der Pressekonferenz waren sie mit dem Helikopter zu Stelios’ Insel geflogen, und Stelios hatte mit einem schiefen Lächeln zu ihr gesagt: „Sicher muss ich dich nicht daran erinnern, wie wichtig es ist, dass unsere Verlobung überzeugend erscheint. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die Konkurrenten in diesen Zeiten finanzieller Turbulenzen glauben, dass ich das Unternehmen fest im Griff habe. Und genauso wichtig ist es, meine Krankheit vor meiner Familie zu verbergen, bis meine Tochter ihren einundzwanzigsten Geburtstag gefeiert hat.“

„Ich weiß, dass du versuchst, Nefeli zu beschützen. Aber ich möchte, dass du ihr und Andreas die Wahrheit sagst. Deine Kinder werden nicht erfreut sein über unsere Verlobung. Sie mögen mich schon jetzt nicht.“

Stelios’ Tochter hatte bei ihren Besuchen in Kensington kaum verborgen, wie feindselig sie Isla gegenüberstand. Und Andreas hatte nichts als Verachtung für sie übrig. Dessen war Isla sich sicher, auch wenn sie ihn erst ein paar Mal getroffen hatte. Nach außen hin gab er sich höflich, sogar charmant. Doch von seiner gelassenen Haltung und dem sorglosen Lächeln, das nicht seine Augen erreichte, ließ sie sich nicht hinters Licht führen.

Sie wusste nicht, warum Andreas ihrer Anstellung als Haushälterin seines Vaters ablehnend gegenüberstand oder weshalb er sie geküsst hatte, als er das letzte Mal in London gewesen war. Der Kuss kam so unerwartet, und nur deshalb hatte sie ihn erwidert, wie sie sich einredete.

„Du irrst dich. Meine Kinder finden dich sicher entzückend. Es ist mir wichtig, dass du im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehst. Jeder wird fasziniert sein von meiner schönen Verlobten und nicht merken, dass ich an Gewicht verloren habe. Dass ich krank bin, werde ich dann sagen, wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist. Ich will, dass Nefeli ihre Geburtstagsparty genießt, ohne zu wissen, dass ich weitere Geburtstage nicht mehr mit ihr feiern kann.“

Isla konnte gegen seine Argumente nichts einwenden, weil sie wusste, wie verzweifelt man war, wenn man ein Elternteil verlor. Sie hatte lange gebraucht, um mit dem Tod ihrer Mutter zurechtzukommen, die bei einem schrecklichen Autounfall ihr Leben verloren hatte.

Gedämpft hörte sie die Geräusche der Party, und Isla war froh, draußen zu sein und ein paar Minuten nicht im Rampenlicht zu stehen. Die Kette an ihrem Hals fühlte sich schwer an, und sie wünschte, sie hätte sich von Stelios nicht dazu überreden lassen, sie zu tragen. Doch er hatte darauf bestanden, genau wie auf den passenden Ohrringen und dem Kleid, dessen tiefer Ausschnitt mehr enthüllte, als ihr lieb war. Normalerweise trug sie keine auffällige Kleidung. Doch der Grund für ihr übertrieben sexy Outfit und die Verkündigung ihrer Verlobung war, die Aufmerksamkeit von Stelios’ schlechter gesundheitlicher Verfassung abzulenken.

Als sie Schritte hinter sich auf der Terrasse hörte, stellten sich ihr die Nackenhaare auf. Sie erstarrte, als sie eine spöttische Stimme hörte. „Ach, die zukünftige Braut. Du bist ein schlaues Mädchen, Isla.“

Sie war genervt, wie immer, wenn Stelios’ Sohn in der Nähe war. Sie drehte sich um, obwohl ihr Instinkt sie drängte zu fliehen. „Was soll das denn heißen, Andreas?“

Dass sie seinen Namen aussprach, erfüllte sie schon mit Hitze, und sie betete, dass er ihre geröteten Wangen auf die Temperatur in Griechenland zurückführen würde.

Attraktiv war nur eine unzulängliche Beschreibung für seine Gesichtszüge. Die hohen Wangenknochen, die ausgeprägte Kieferpartie und den empörend sinnlichen Mund. Seine Haare waren von dem gleichen tiefen Braun wie der starke griechische Kaffee, den sie ihm serviert hatte, als er bei seinem Vater in Kensington gewesen war.

Es waren nicht nur seine Größe oder seine Gesichtszüge, beherrscht von unglaublich blauen Augen, die ihn von anderen Männern abhoben. Andreas besaß eine Sinnlichkeit, die Isla nicht ignorieren konnte, auch wenn sie es sich noch so sehr wünschte.

Obwohl er keine Motorradrennen mehr fuhr, wurde er immer noch von vielen Groupies als Sportlegende verehrt. Sein Ruf als Playboy wurde untermauert durch Berichte in der Klatschpresse. Nicht dass Isla auch nur das geringste Interesse an den skandalösen Schlagzeilen hatte, aber sie wusste, dass sein Vater sich darüber aufregte, und war fest entschlossen, Stress und Sorgen von Stelios fernzuhalten für die Zeit, die ihm noch blieb.

Sie konnte sich nicht erklären, warum ihr Puls jedes Mal schneller schlug, wenn Andreas in der Nähe war. Schlimmer noch war, dass er um seine Wirkung auf sie wusste. Er lächelte, entblößte dabei seine Zähne und erinnerte sie an einen Wolf, der sein Opfer in die Enge getrieben hatte. Isla überlegte, zurück in die Villa zu gehen, wo Stelios sich mit einigen seiner Gäste unterhielt. Doch bevor sie sich rühren konnte, machte Andreas einen Schritt auf sie zu, und sie fand sich an der steinernen Balustrade wieder. Im Mondlicht schien er noch größer, noch bedrohlicher. Ihr blieb nichts anderes übrig, als ihm die Stirn zu bieten. Sie zwang sich, den Kopf zu heben und seinem harten Blick zu begegnen.

„Ich glaube, dass ich es nicht als Kompliment aufzufassen habe, wenn du mich als schlau bezeichnest“, bemerkte sie, froh darum, gefasst zu klingen, auch wenn sie sich ganz und gar nicht so fühlte.

Ihr herausfordernder Ton überraschte ihn, das zeigte sein Blick, ehe er sie mit schmalen Augen ansah. „Es gibt Wörter für Frauen wie dich, und keines davon ist schmeichelhaft.“

Isla zuckte zusammen, verblüfft über seinen heftigen Ton. Sie verspürte einen schmerzhaften Stich, als er verächtlich den Mund verzog. Ihr verräterisches Herz hämmerte, als er die Hand hob und mit dem Zeigefinger die Rubine an ihrem Hals berührte.

„Sehr hübsch“, sagte er spöttisch. Sie hielt die Luft an, als er gegen einen ihrer Ohrringe schnippte, ein großer Rubin, eingefasst von Diamanten. „Waren dieser Schmuck und die schimmernde Christbaumkugel an deinem Finger dein Preis, dass du einer Ehe mit meinem Vater zugestimmt hast?“

„Ich habe keinen Preis.“

Er stieß ein ungläubiges Schnauben aus. „Warum sonst sollte eine schöne junge Frau sich dazu entschließen, sich mit einem alternden Milliardär zu verloben, wenn nicht aus finanziellen Gründen?“

Wut kochte in ihr hoch. „Du glaubst also, dass ich nur auf Geld aus bin?“

„Alle Achtung. Ich sagte doch, dass du schlau bist“, höhnte er.

Die Verachtung in seinem Blick war nicht gerechtfertigt. Einen Moment war Isla versucht, ihm die Wahrheit über ihre Beziehung zu seinem Vater zu sagen. Doch sie hatte Stelios ihr Wort gegeben, sein Geheimnis zu wahren. Ein Geheimnis, das bedeutende Konsequenzen für seine Familie und wohl auch für seine Ölraffinerie haben würde. Bislang wusste Andreas noch nicht, dass das Familienunternehmen von einer feindlichen Übernahme eines anderen Unternehmens bedroht wurde. Bald würde er erfahren, dass ihre Verlobung mit seinem Vater dem Zweck diente, Stelios stärker wirken zu lassen. Vielleicht wäre Andreas ihr sogar dankbar.

Autor

Chantelle Shaw
Chantelle Shaw ist in London aufgewachsen. Mit 20 Jahren heiratete sie ihre Jugendliebe. Mit der Geburt des ersten Kindes widmete sie sich ihrer Rolle als Hausfrau und Mutter, ein Vollzeitjob, da die Familie bald auf sechs Kinder und verschiedene Haustiere anwuchs. Chantelle Shaw entdeckte die Liebesromane von Mills & Boon,...
Mehr erfahren