Eine Affäre mit dir ist nicht genug!

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Schweren Herzens beendet Olivia ihre leidenschaftliche Affäre mit Zac, bevor sie sich noch hoffnungslos in den überzeugten Single-Doc verliebt. Doch als sie ihn jetzt bei einer Spendengala wiedertrifft, knistert es sofort wieder gefährlich heiß …


  • Erscheinungstag 24.03.2021
  • ISBN / Artikelnummer 9783751506038
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Olivia Coates-Clark gab einer Schwester ein Zeichen, damit sie ihr die Stirn abtupfte. Das Kitzeln störte sie schon seit einigen Minuten. „Liegt es an mir, oder ist es im OP heute Morgen wärmer als sonst?“

„Ich merke nichts“, antwortete Kay, die Anästhesistin, während sie die Monitore beobachtete. „Vielleicht bist du wegen heute Abend gestresst, Olivia?“

„Ich? Gestresst?“ Sie verzog unter der Maske das Gesicht. Sie war ein Kontrollfreak. Natürlich war sie gestresst. „Okay, setzen wir das zweite Implantat ein.“

„Also ist für die Spendengala alles fertig?“ Kay ließ nicht locker.

„Daumen drücken“, murmelte Olivia. Sie wollte nicht daran denken, was schiefgehen konnte. Auf ihrer Liste waren Häkchen neben jedem Auftrag und Lieferanten sowie neben den Namen aller Teilnehmenden, einschließlich des Blindenhunds eines Gasts.

„Ich bin gestern Zac über den Weg gelaufen. Er freut sich darauf, alle wieder zu treffen.“

Olivia ließ sich von Kays bemüht gleichgültigem Ton nicht täuschen. „So geht es wahrscheinlich allen.“ Die Narkoseärztin war darauf gekommen, warum ihr so heiß war. Zachary Wright. Allein bei dem Gedanken daran, dass sie ihn bei der Veranstaltung sehen würde, die sie wochenlang organisiert hatte, erschauerte sie vor unerwünschter Vorfreude. Und dann war da noch diese ungewohnte Nervosität. „Zac“, seufzte Olivia in ihre Maske. Der eine Mann, den sie nicht vergessen konnte. Und sie hatte es wirklich versucht!

„Soll ich Ihnen noch einmal die Stirn abtupfen?“, fragte die Schwester.

„Nein, danke.“ Das nervte sie nicht mehr, und das andere – Zac – würde sie ignorieren, indem sie sich darauf konzentrierte, den Assistenzarzt zu überwachen, während er die Expanderprothese auf der linken Seite von Anna Seddons Brust einsetzte.

Er hatte so genau beobachtet, was sie auf der rechten Seite machte, als würde sein Leben davon abhängen. Und das tat es auch. Ein einziger Fehler, und Olivia würde ihm gewaltig aufs Dach steigen. Bis jetzt leistete er bei der zweiten Expanderprothese jedoch hervorragende Arbeit. „Achten Sie darauf, dass sie genauso liegt wie die erste. Keine Frau wird Ihnen für schiefe Brüste danken.“ Dies war zwar nur die erste Operation, um Annas Brüste wiederaufzubauen, aber es musste gut gemacht werden.

Der Mann sah nicht auf, als er sagte: „Ich hab’s verstanden. Hier geht es ebenso sehr um Aussehen und Selbstvertrauen wie um Krebsvorbeugung.“

„Dafür zu sorgen, dass sich ein Mensch wohler fühlt, ist unsere Stellenbeschreibung.“ Sie war eine Chirurgin geworden, die Menschen wiederherstellte, die bei Unfällen oder durch Operationen entstellt worden waren. Aber sie kritisierte die Fachärzte für plastische Chirurgie nicht, die Menschen unter weniger traumatischen Umständen glücklich machten. Jeder hatte das Recht, sich wohlzufühlen, sich zur Not hinter einem perfekten Äußeren zu verstecken.

Für Olivia war es lebenswichtig, besonders schön auszusehen: Es verlieh ihr Selbstbewusstsein, war ein Schutzschild, seit ihr Vater die Familie verlassen hatte, als sie zwölf war. Er hatte seine Kleidung, sein Auto und ihr Herz mitgenommen und es ihr überlassen, mit den Problemen ihrer Mutter fertigzuwerden.

„Ich sehe nicht zum ersten Mal eine gesunde Frau, die sich ihre Brüste abnehmen lässt, aber ich kapiere es noch immer nicht“, sagte Kay. „Ich weiß nicht, ob ich den Mumm hätte, wenn ich noch gar nicht Krebs habe.“

Olivia verstand sie nur allzu gut, bloß … „Wenn du deine Großmutter und eine Schwester an die Krankheit verloren hättest und deine Mutter Brustkrebs gehabt hätte, würdest du vielleicht anders denken.“

„Ich würde alles tun, um meine Kinder aufwachsen zu sehen“, sagte eine von den Schwestern.

„Ja, Sie haben recht. Das würde ich auch.“ Kay schauderte. „Trotzdem, es ist eine ungeheure Entscheidung. Da wünscht sich eine Frau, dass ihr Mann ihr zur Seite steht.“

„Annas Ehemann ist toll. Ich würde so weit gehen, ihn einen Helden zu nennen. Er unterstützt sie voll und ganz.“ Olivia fragte sich, ob sie noch bei Sinnen war. Helden gab es in Romanen und Filmen, nicht im wirklichen Leben. Jedenfalls nicht oft, und nicht in ihrem Leben. Nicht, dass sie einen hineinlassen würde, wenn sich einer anbieten würde.

Plötzlich sah sie im Geiste Zac vor sich, und sie bildete sich ein, seinen Duft zu riechen. Jetzt krieg dich wieder ein. Zac war nicht ihr Held. War nichts mehr für sie, seit sie ihre Affäre vor achtzehn Monaten beendet hatte. Olivia seufzte wieder. Was wäre passiert, wenn sie den Mut gehabt hätte, die Affäre über den Sex hinaus in eine Beziehung zu lenken, in der sie redeten und füreinander da waren? Zac hätte sie sicherlich verlassen. Indem sie ihm zuvorgekommen war, hatte sie sich zumindest davor bewahrt, verletzt zu werden.

Selbst in einem vollen Festsaal würde sie ihn heute Abend ziemlich häufig sehen, was ihr nicht so recht behagte. An dem Tag, als Zacs Anmeldung für die Spendengala in ihrem Posteingang angekommen war, hatte Olivia ihn wegen einer Spende für die Versteigerung angerufen. Seitdem musste sie ständig an ihn denken. Jetzt hör aber auf. Er hat dich nie losgelassen, du hast dich immer daran erinnert, wie gut ihr zusammen wart.

„Also gibt es da draußen noch anständige Männer“, sagte Kay sarkastisch.

Zac war vielleicht einer von den Guten. Olivia war nicht lange genug mit ihm zusammen gewesen, um es herauszufinden. Ihre Leidenschaft für ihn war zu schnell zu stark geworden. Sie hatte die Affäre beendet, um die Kontrolle zu behalten und nicht verlassen zu werden. Das mit zwölf durchzumachen, war schlimm genug gewesen. Es wäre absurd, wenn ihr das als Erwachsene noch einmal passierte.

Jetzt hatte sie eine Operation abzuschließen und eine Gala zu eröffnen. „Überprüfen wir das hier, und fangen wir mit der Kochsalzlösung an.“ Und dann musste sie ins Hotel und hoffentlich nicht mehr allzu viele Dinge erledigen.

Eine Stunde später wünschte Olivia, sie wäre für den Rest des Tages im OP geblieben. Die vielen Nachrichten auf ihrem Telefon waren das erste warnende Anzeichen dafür, dass in dem Hotel, in dem der Galaabend stattfand, nicht alles nach Plan lief.

Als sie zu ihrem Auto rannte, ruinierte der Regenguss ihr sorgfältig gestyltes Haar. Das war die zweite Warnung. Regen hatte sie nicht eingeplant, was ihre Laune weiter verschlechterte. Heute Abend musste alles perfekt sein!

Olivia schlug die Autotür zu und blickte wütend durch die Windschutzscheibe hoch zum dunklen Himmel. Der dritte warnende Hinweis darauf, dass die Sache schiefging, kam augenblicklich. Als sie das Auto starten wollte, sprach das Klicken für sich. Die Batterie war hin. Weil? Olivia schlug mit der flachen Hand aufs Armaturenbrett. Sie hatte das Licht angelassen.

Olivia wusste sofort, dass Zac gerade das Luxushotel betrat. Sie sah zwar die Rezeptionistin an, aber sie wusste es. Ihre Haut prickelte, ihre Bauchmuskeln spannten sich an, und die Luft um sie herum knisterte. Schlimmer, sie vergaß, worüber sie gerade mit der jungen Frau auf der anderen Seite des glänzenden Eichenholztresens gesprochen hatte.

Also blieb alles beim Alten: Zac verwirrte sie, brachte sie dazu, sich heiß und sexy und außer Kontrolle zu fühlen. Und er hatte noch nicht einmal ein Wort zu ihr gesagt. Wahrscheinlich hatte er sie von hinten nicht erkannt.

„Hallo, Olivia. Es ist schon eine Weile her.“

Diese heisere, erotische Stimme war unverkennbar. „Seit was?“ Olivia drehte sich um.

Zac blickte sie durchdringend an. „Seit wir zuletzt die Nacht miteinander verbracht haben und gerne zusammen waren.“

„Mir gleich eins auswischen, warum auch nicht?“ Olivia rang nach Atem. Sie wusste, wie falsch es war, sich zu wünschen, dass er sie umarmen und sagen würde, er hätte sie vermisst.

Sofort sah Zac zerknirscht aus. „Entschuldige, Olivia. Ich wollte dich nicht aufregen.“

„Hast du nicht“, log sie. Ihr Herz horchte plötzlich auf, als hätte es etwas zu sagen. Zum Beispiel? Nicht darauf einlassen. „Das Bett war die Basis unserer Beziehung.“

In jener letzten Nacht war Olivia um drei Uhr morgens aufgestanden und hatte gesagt, sie könne nicht mehr. Dann hatte sie ihn verlassen, ohne zu erklären, warum. Ihm von ihren Ängsten zu erzählen hätte bedeutet, sich eine Blöße zu geben. Und das war etwas, was sie niemals tat.

„Und? Wie geht’s so? Immer was los bei dir?“ Belanglos, ungefährlich, und überhaupt nicht das, was sie wirklich fragen wollte. Hast du eine neue Frau in deinem Leben? Vermisst du mich wenigstens ein kleines bisschen? Oder bist du dankbar, dass ich die Sache beendet habe? Im Moment sehnte sie sich danach, dass er sie berührte, dass er sie noch mehr erregte. War es richtig gewesen, zu gehen? Natürlich. Regel Nummer eins: die Kontrolle behalten. Damals war sie kurz davor gewesen, sie zu verlieren.

Zac besaß die Unverfrorenheit, zu lachen. „Was? Du hast kein wachsames Auge auf mich gehabt?“

Sein sexy Lächeln schnitt ihr ins Herz. Er hatte überhaupt nichts Feindseliges an sich, sie erkannte nur ein spöttisches Funkeln in seinen schönen Augen. Er war ebenso gut wie sie darin, Gefühle zu verbergen.

Olivia lehnte sich an den Empfangstresen, die Beine so, dass eins vor dem anderen und ein bisschen gebeugt war, wodurch sich der feuchte Stoff ihrer ohnehin schon engen Designerjeans über dem Oberschenkel spannte. „Jetzt muss ich mich entschuldigen. Ich habe mich über irgendwelchen Klatsch nicht auf dem Laufenden gehalten.“

„Mein Leben ist todlangweilig.“

Leider widerlegte das belustigte Zwinkern, bei dem sie immer dahingeschmolzen war, seine Worte.

„So, so.“ Sie verdrehte die Augen. Es war nicht vorstellbar, dass Zac nicht mit Leuten verkehrte, schon gar nicht, dass er nicht mit gut aussehenden, attraktiven Frauen verkehrte. War sie eifersüchtig? Das konnte nicht sein. Sie hatte ihn verlassen, nicht er sie. Aber Zac mit einer anderen? Der Gedanke daran tat weh.

„Ich konnte dich nie täuschen.“

Es war unglaublich befriedigend für sie, zu sehen, dass er dorthin blickte, wo ihr dunkelvioletter Dreiviertelmantel auf ihrem Oberschenkel endete. Noch erfreulicher war, dass sein Lächeln verschwand. Und es war wahnsinnig aufregend, Zachary nicht ein-, sondern zweimal verwirrt blinzeln zu sehen.

Aufregung konnte sie in ihrem Leben zurzeit nicht gebrauchen, und Zac und Aufregung waren ein und dasselbe. „Ich bleibe grade auch oft für mich“, sagte Olivia, nicht mehr sicher, worüber sie redete. Ihn direkt vor sich zu haben, lenkte sie ab.

„Jetzt bin ich schockiert.“

Sein sexy Lächeln war zurück und machte sie ganz schwach.

„Warum? Es ist ja nicht so, als wäre ich jemals ein Partygirl gewesen.“

„Du hast nie irgendetwas Flatterhaftes und Leichtfertiges an dir gehabt, Olivia.“

Zac strahlte Selbstvertrauen aus, was für den Abend nichts Gutes verhieß, wenn sie am selben Tisch sitzen würden. Sie hätte dafür sorgen sollen, dass er am anderen Ende des Saals saß, aber ausgerechnet das war unmöglich zu organisieren gewesen, weil sie beide als Einzige solo zur Spendengala kamen.

„Willst du damit sagen, dass ich spießig bin?“ Erschrocken wurde ihr bewusst, dass sie miteinander spielten. In ihrer ersten gemeinsamen Nacht hatten sie sich schonungslos geneckt und danach nie damit aufgehört. Höchste Zeit, Abstand zwischen sie beide zu bringen. „Ich muss noch einiges erledigen, wir sehen uns später. Ich hoffe, du hast einen schönen Abend.“

Enttäuschung huschte über sein Gesicht, und er blickte sie gekränkt an. Aber das konnte nicht sein. Nicht gekränkt. Sie hatte nichts weiter getan, als ihn beiseitezuschieben. Wahrscheinlich hatte das seinen Stolz verletzt. Zac hatte den Ruf, zu lieben und zu verlassen, wann es ihm passte.

Zum ersten Mal in die Arme gefallen waren sie sich nach dem Tod eines Kleinkindes im OP. Olivia hatte es nicht ausgehalten, an die schmerzerfüllten Eltern zu denken, und bei Zac hatte sie vorübergehend Trost gefunden. Und dazu Sex, wie sie ihn noch nie erlebt hatte. Dass sie jahrelang zusammen Medizin studiert und bis zu jenem Tag nichts füreinander empfunden hatten, war eines der Geheimnisse des Lebens. Von da an reichte ein einziger Blick, und sie hatten sich gegenseitig die Kleider vom Leib gerissen und waren ins Bett gesunken, aufs Sofa, auf den Tisch. Sie hatten wenig geredet und viel Sex gehabt.

„Ich lasse dich jetzt allein, damit du einchecken kannst.“

„Ich checke nicht ein.“

Sie hätte sich daran erinnern sollen. Schließlich wusste sie die Namen der Leute, die hier im Hotel übernachteten, anstatt nach dem Galaabend nach Hause zu fahren. „Wohnst du in der Nähe?“

„Auf der anderen Straßenseite.“

„In dem tollen Apartmenthaus mit Blick auf die Superjachten und Nobelrestaurants?“ Wow. Er verdiente gut. Natürlich, er kam aus vermögenden Verhältnissen, aber Olivia erinnerte sich, dass er einmal gesagt hatte, er habe sein Medizinstudium selbst bezahlt. Sie hatte ihm nie erzählt, dass sie auch aus einer reichen Familie kam. Erst recht nicht, dass ihre Mutter das Geld benutzt hatte, um sie zu bestechen, damit sie zu ihr hielt. Jedenfalls so lange, bis Olivia alt genug war, um zu begreifen, dass es überhaupt nicht lustig war, Schnapsflaschen vor ihrem Vater zu verstecken.

„Wohnst du hier im Hotel?“, fragte Zac.

„Ja.“ Das Haus, das sie im vergangenen Sommer gekauft hatte, stand weniger als zwanzig Minuten entfernt im exklusiven Parnell. „Ich werde hier bis kurz vor Beginn beschäftigt sein. Nach Hause zu fahren, um mich für den Abend fertig zu machen, kostet Zeit, die ich möglicherweise nicht habe, wenn etwas schiefgeht.“ Viel war schon schiefgegangen. Olivia sah zur Rezeptionistin hinüber, und plötzlich fiel ihr wieder ein, dass sie mitten in einem weiteren Gespräch gewesen war, bevor Zac auf sie zugekommen war. „Könnten Sie mir bitte Bescheid sagen, wenn Dr. Brookes und seine Familie einchecken?“

Die junge Frau nickte. „Natürlich, Dr. Coates-Clark.“

„Ich bin im Festsaal“, teilte Olivia ihr unnötigerweise mit, die Hotelangestellten hatten ihre Handynummer. Im Moment war sie nicht so gut darin, sich an irgendetwas zu erinnern. Sie sollte sich besser zusammenreißen, bevor der Abend losging.

Zac zuckte die imposanten Schultern, die sie viele Male geküsst hatte. „Ich helfe dir.“

„Danke, nicht nötig. Ich werde alles regeln.“ So schön es auch wäre, Hilfe zu haben, Zac würde sie wahrscheinlich nur in noch größere Schwierigkeiten bringen, allein schon dadurch, dass er im selben Raum wie sie war.

Olivia ging zum Fahrstuhl, um nach oben zu dem Saal zu fahren, in dem das Essen, die Versteigerung und der Ball stattfinden würden. In etwas über drei Stunden sollte die Spendengala beginnen, und sie wollte alles kontrollieren und sehen, ob die Blumen endlich gekommen waren. Wegen schlechten Wetters habe es an diesem Morgen nur wenig Blumen auf den Märkten gegeben, hatte sich die Floristin entschuldigt.

Unglaublich, wie berührt sie gewesen war, als sie Zac eben wiedergesehen hatte. Trotz des leidenschaftlichen Aufruhrs, den er sofort in ihr ausgelöst hatte. Als hätte sie ihn vermisst. Doch eigentlich hatte sie Zac außerhalb der Arbeit und des Betts gar nicht gekannt, deshalb gab es abgesehen vom umwerfenden Sex nicht viel zu vermissen. Seltsam, dass sie das Gefühl hatte, dass mehr an Zac war, über das sie etwas erfahren wollte. Schließlich war sie vorher auch nicht interessiert gewesen.

Nicht interessiert? Doch, natürlich war sie interessiert gewesen. Genau deshalb hatte sie die Affäre ja beendet.

Eine große Hand drückte auf die Taste, mit der man den Fahrstuhl rief. „Unter den Chirurgen ist bekannt, dass du Hilfe bei der Versteigerung brauchst. Ich melde mich freiwillig. Und fange jetzt an. Keine Widerrede.“

„Nein danke, Zac. Ich habe alles im Griff.“ Die zweite Lüge.

Sie machte den Fehler, Zac anzublicken. Sofort verschlug es ihr die Sprache. Er sah so gut aus, dass jede Frau, die in seine Nähe kam, völlig außer sich geriet. Sie auch. Olivia schloss kurz die Augen, doch sein Gesicht hatte sich ihr eingeprägt. Zachary Wright. Wenn es überhaupt einen Mann auf der Welt gab, in den sie sich verlieben könnte, dann war es Zac. Es war ein großes Wenn. Schmerzliche Erfahrungen in ihrer Kindheit und Jugend erinnerten sie ständig daran, dass sich nur ein einziger Mensch um sie kümmern würde: sie selbst.

Aber eine einzige Berührung, und Zac hatte immer alles mit ihr machen können, was er wollte. Nicht, dass er es auf üble Art ausgenutzt hatte. So ein Mann war er nicht. Na bitte. Sie wusste etwas über ihn. Hoffentlich hatte er nicht geahnt, dass sie fast die Seine gewesen war, bereit, absolut alles zu tun, um ihn zu halten.

„Geht es dir gut?“ Zac berührte ihren Arm.

Und trotz des dicken Wollmantels und der Seidenbluse darunter wurde Olivia sofort von Leidenschaft verzehrt. „B-bestens“, brachte sie heraus, während sie ihn anblickte und mühsam den Wunsch unterdrückte, ihn auch zu berühren, mit der Hand über seine Wange zu streichen und die Bartstoppeln zu spüren, die sein Kinn zu beschatten begannen.

Zac schob sie in den Fahrstuhl. „Dritter Stock?“

„Ja“, flüsterte Olivia heiser. Lass mich in Ruhe. Verschwinde sonst wohin mit deinem sexy Körper und diesen schönen Augen, die immer schon mein Verderben waren. Ich kann das heiße Verlangen nicht gebrauchen, das mich durchflutet. Geh weg.

„Ich gehe für den Rest des Tages nirgendwohin. Also gewöhn dich an den Gedanken, Olivia.“

Auweia. Hatte sie das etwa laut gesagt? Sie warf ihm einen schnellen Blick zu und entspannte sich ein wenig. Nein, er hatte nichts gehört. Aber richtig entspannen konnte sie sich erst, wenn der Abend vorbei war und sie ins Bett konnte.

Sie seufzte leise. „Bett“ war ein gefährliches Wort, wenn sie in Zacs Nähe war. Bei dem Wort schossen ihr alle möglichen Bilder durch den Kopf, die sie einfach nicht sehen wollte. Sie waren ihre Vergangenheit, nicht ihre Zukunft. Und nicht ihre Gegenwart.

2. KAPITEL

Wer hatte die ganze Luft aus dieser Kabine herausgelassen? Zac suchte nach einem Schuldigen. Sein Blick blieb an Olivia hängen. Er hatte seine Antwort. Es war ihre Schuld, dass er nicht atmen konnte, dass sein Herz viel zu schnell schlug. Olivia Coates-Clark. Kurz CC genannt. CC war klein. Zart aussehend – nicht von zartem Gemüt. Ein Persönchen, aber eine starke Persönlichkeit. Rundungen an all den richtigen Stellen, wie er genau wusste. Aufbrausend, wenn es ihr zu bunt wurde, freundlich, wenn alles nach ihrem Willen ging. Eine nicht enden wollende Sehnsucht.

Eine Sehnsucht, der er nie wieder nachgeben würde. Er musste sie ignorieren.

Olivia hatte ihn verlassen. Sie hatte seinen Stolz verletzt. Er machte Schluss, wenn er wirklich dazu bereit war, nicht umgekehrt. Er sollte dankbar sein, war dankbar. Mit ihr hatte er mehr als seine üblichen drei oder vier Dates gehabt. Da hatte es angefangen, dass sie ihm wichtig geworden war. In den seltenen Momenten, als sie unvorsichtig gewesen war, als sich tiefer Schmerz in ihrem Blick gezeigt hatte, da hatte er sie beschützen wollen. Und das war einfach nur dumm. Bei seiner Vergangenheit machte ihn das zu einer Gefahr für sie. Er tat Menschen weh, er beschützte sie nicht. Außerdem hatte er keine Lust, sich wieder das Herz brechen und abstumpfen zu lassen, wenn Olivia von seinen Unzulänglichkeiten erfuhr. Nein danke.

Moment mal. Hatte sie es herausgefunden? Hatte sie deshalb ihre Affäre beendet? Nein. Sie sah ihn an, wie sie es immer getan hatte – voller Leidenschaft und Verlangen, nicht empört oder reserviert.

Zu atmen war unmöglich. Nicht nur entzog ihm Olivia den Sauerstoff, sie füllte das entstandene Vakuum mit dem Duft von Blumen und Obst und all seinen Erinnerungen an sie. Verdammt, er musste hier raus. Schnell. Zac ging einen Schritt auf die Türen zu, blieb stehen, blickte die Schalttafel an. Sie waren gerade zwischen zwei Stockwerken. Reiß dich zusammen.

Ja, klar. Das hier machte Olivia immer mit ihm. Sie brachte ihn mit einem Blick durcheinander, raubte ihm bei der leisesten Berührung den Verstand und erregte ihn allein dadurch, dass sie im selben Raum wie er war. Genau das passierte gerade. Achtzehn Monate hatte er sie nicht gesehen, nur einmal wegen der Versteigerung mit ihr telefoniert, und alles begann von vorne. Er begehrte sie wieder.

Unglaublich. Wie konnte ein erfolgreicher Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, der sich grundsätzlich nicht in feste Beziehungen hineinziehen ließ, wegen dieser einen Frau jede Kontrolle verlieren?

Ein Telefon summte diskret. Da an seiner Hüfte nichts vibrierte, musste es Olivias sein. Zac hörte interessiert zu, als sie ranging.

„Hier ist Olivia Coates-Clark.“ Sie blickte zur Decke der Kabine, während der Anrufer sprach. Dann: „Ich bin Ihnen für Ihre Mühe wirklich dankbar.“ Ihr Finger huschte über den Bildschirm, und das Telefon verschwand wieder in ihrer Manteltasche. „Ein Problem gelöst.“ Sie lächelte ihn offen an.

„Hattest du ein paar?“, fragte Zac und versuchte das heftige Verlangen zu ignorieren, das ihn durchströmte. Er konnte den Blick nicht von Olivias sinnlichen Lippen abwenden.

„Dass alles reibungslos abläuft, wenn man etwas so Großes organisiert, darf man wohl nicht erwarten. Aber allzu schlimm war es nicht.“

„War es deine Idee, Geld für Andy Brookes zu sammeln?“

Olivia nickte, und ihr kupferblondes Haar streifte ihre Wange, was Zacs körperliche Reaktionen noch verstärkte.

„Ich hatte die Idee, aber sobald ich mit Chirurgen im Auckland Surgical Hospital darüber gesprochen habe, hat sich die Sache wie ein Virus ausgebreitet. Jeder wollte dabei mitmachen, Andy zu unterstützen. Ich glaube, heute Abend wird ziemlich viel Geld zusammenkommen.“

Olivia lächelte wieder, dabei verzog sie sanft den Mund, und Zac erinnerte sich daran, wie gern er immer in seinem Bett neben ihr gelegen und sie beobachtet hatte, während sie nach dem Sex ein Nickerchen machte. So lieb und süß und ganz anders als die Tigerin, die ihn erregen konnte, bis er alles um sich herum vergaß.

„Danke für deine großzügige Spende“, sagte sie gerade.

Zac hatte ein Wochenende für eine vierköpfige Familie auf seiner Luxusjacht beigesteuert, und er würde am Ruder stehen. „Andy war der beliebteste Typ, als wir unseren Facharzt gemacht haben. Er hat einem immer geholfen, wenn man nicht gut drauf war.“

„Du vergisst die Streiche, die er uns gespielt hat.“ Wieder lächelte Olivia.

Und Zac konnte diese sinnlichen Lippen unmöglich ignorieren. Deshalb tat er es nicht. Er sah sie sich genau an. Dunkelrosa Lipgloss ließ sie glänzen, und er konnte sie fast auf seiner Haut spüren, während er sich vorstellte, wie Olivia ihn auf den Hals küsste, seine Brust, seinen Bauch, seinen … Zac stöhnte im Stillen und beugte sich von ihr weg, konzentrierte sich darauf, ein höfliches Gespräch mit seiner Exgeliebten zu führen.

„Ich erinnere mich deutlich an einige der Sachen, die Andy angestellt hat.“ Zac seufzte, während er sein Verlangen zu unterdrücken versuchte. Erinnerungen. Er hatte viel zu viele an Olivia, er hätte die Einladung ablehnen sollen, sich heute Abend seinen Kollegen anzuschließen. Aber er hatte Olivia ein für alle Mal loswerden wollen – nein, müssen – und geglaubt, dieser Abend mit ihr zusammen wäre perfekt dafür.

„Hast du Andys Frau kennengelernt?“

„Kitty war mit ihm auf der Konferenz in Christchurch, an der wir letztes Jahr teilgenommen haben.“ Die Konferenz, auf der du eine Rede halten solltest und die du an dem Tag abgesagt hast, nachdem du aus meinem Leben verschwunden bist.

Auch Olivia musste sich daran erinnert haben, denn ein Schatten fiel über die großen Augen und ließ das Hyazinthenblau dunkler werden. Warum dachte er immer an Blumen, wenn er in ihrer Nähe war?

„Ich hatte einen Notfall. Zu Hause.“

„Du wohnst doch allein.“ Sie hatte keine Kinder. Nicht, dass er wüsste. Verdammt, er wusste nicht einmal, ob sie Geschwister hatte.

„Meiner Mutter ging es nicht gut.“ Olivia machte ihren schon geraden Rücken gerade. „Andy ist damals viel herumgereist. Kaum zu glauben, dass er jetzt um sein Leben kämpft, anstatt seine Arbeit mit Querschnittsgelähmten fortzusetzen.“

Was war mit ihrer Mutter los gewesen? Zac bezweifelte, dass sie es ihm erzählen würde, wenn er fragte. Und wenn sie es erzählte, würde er Dinge über sie wissen, die ihn dazu bringen würden, sich mit ihr verbunden zu fühlen. Das Letzte, was er wollte. Sich für sie verantwortlich zu fühlen stand nicht auf seinem Programm. „Andy hat eine Chance, wenn er sich der Radikalbehandlung unterzieht, die sie ihm in Kalifornien anbieten.“

„Es muss auch für Kitty schwer sein.“

„Unvorstellbar.“ Zac ging einen Schritt näher an CC heran. Er war kurz davor, sie zu umarmen, damit die Traurigkeit verschwand, die sie ausstrahlte. War sie wegen ihres gemeinsamen Freunds traurig? Oder wegen ihrer Mutter? Durch irgendetwas hatte ihre kühle Fassade Risse bekommen.

Zac wusste, wie es war, sich einer Situation gegenüberzusehen, die einen zu zerstören drohte. Er war achtzehn gewesen, als der Unfall passiert war, durch den sein Bruder Mark querschnittsgelähmt war. Zwei Jahre älter als Mark, hätte er der Vernünftige sein sollen. Schwierig, vernünftig zu sein, mit einem unbeherrschten, aggressiven jüngeren Bruder, der es grundlos darauf anlegt, dich auf die Palme zu bringen. Fast zwanzig Jahre später konnten ihn die Schuldgefühle noch immer überwältigen, obwohl Mark mit seinem Leben weitergemacht hatte, das allerdings nicht das war, das er vor dem Unfall geplant hatte.

Autor

Sue MacKay
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