Heimliche Küsse, gefährliches Verlangen

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Sinnliche Funken sprühen, als Mindy bei einer Hochzeitsfeier auf ihren Ex trifft. Doch sie muss Sam widerstehen! Sonst riskiert sie nicht nur ihr Herz, sondern auch ihre berufliche Zukunft. Denn Mindy hat mit ihrer Schwester gewettet: Wenn sie wieder etwas mit Sam anfängt, muss sie weiter im Edelkaufhaus der Familie arbeiten - statt endlich in die ersehnte Selbstständigkeit zu starten! Trotzdem ist Mindy gegen jede Vernunft bald hin- und hergerissen. Ist eine heimliche Woche der Lust die Lösung?


  • Erscheinungstag 15.09.2020
  • Bandnummer 2150
  • ISBN / Artikelnummer 9783733726355
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Mindy Eden machte in ihrem Leben weit mehr, als die Kerze an zwei Enden anzuzünden: Sie schmolz sie von allen Seiten. Ihre Tage teilte sie auf zwischen ihrer Aufgabe als Geschäftsführerin in dem Familienunternehmen Eden’s Department Store und als Gründerin des Onlineshops By Minvitation Only, kurz BMO, der individuell gestaltete Grußkarten verkaufte. Unter Mindys Leitung schrieb das Eden’s langsam wieder schwarze Zahlen, nachdem es jahrelang am Rand des Bankrotts gestanden hatte. Auch BMO wuchs rasant. Der Rubel rollte, ihre To-do-Liste war meterlang, und sie schlief ungefähr vier Stunden die Nacht. Doch sie genoss jede Minute. Das hier war nicht der Zeitpunkt, um Tempo rauszunehmen – egal aus welchem Grund.

Mindy ließ sich gerade von ihrem Fahrer zum Eden’s bringen, als ihr Handy klingelte. Sie hatte auf den Anruf von Matthew Hawkins gewartet, den sie übergangsweise als CEO für BMO eingesetzt hatte, während sie ihren Schwestern half, das Eden’s wieder auf Kurs zu bringen. „Hallo, Matthew, haben Sie Neuigkeiten für mich?“

„Ja, aber es ist nicht das, worauf wir gehofft hatten.“

„Lassen Sie mich raten. Sie wollen mehr Geld.“ BMO hatte gerade ein Gebot für ein fantastisches altes Lagerhaus in New Jersey abgegeben. Das Mercer-Gebäude war riesig, und es würde eine Mammutaufgabe werden, die ganze Firma dorthin zu verlegen. Doch es musste sein. Momentan war die Produktion auf vier verschiedene Fabriken verteilt, während sich die Verwaltung an einem fünften Standort befand, der aus allen Nähten platzte. Das Mercer bot BMO die Möglichkeit, die gesamte Lieferkette zu verschlanken, und genügend Platz, um weiter zu wachsen. Außerdem wäre es ein großartiger Standort für die Firmenzentrale.

„Ich wünschte, es wäre so einfach. Das Gebäude ist verkauft“, kam Matthew direkt zum Punkt.

„Was soll das heißen? Ich dachte, Sie hätten alles unter Kontrolle. Sie sagten, der Deal sei praktisch unter Dach und Fach.“

„Ich fürchte, uns ist Ihr Privatleben in die Quere gekommen. Genauer gesagt, Ihr Liebesleben.“

Mindy hätte Matthew beinahe gefragt, ob er noch alle Tassen im Schrank hatte. Sie hatte kein Liebesleben. Im Grunde auch kein Privatleben. Abgesehen von der Zeit, die sie mit ihren Schwestern Sophie und Emma im Eden’s verbrachte, blieb ihr keine Minute für gesellschaftliche Aktivitäten. „Ist das ein schlechter Scherz?“

„Ihr Ex Sam Blackwell hat uns das Gebäude regelrecht vor der Nase weggeschnappt.“

Mindy traf selten etwas unvorbereitet. Sie hatte ein Gespür für mögliche Probleme und war ihnen meist einen Schritt voraus. Doch das hatte sie nicht kommen sehen. Sam war vor über fünf Monaten aus ihrem Leben verschwunden, nachdem sie zum letzten Mal mit ihm Schluss gemacht und ihn aus ihrer Wohnung geworfen hatte.

Niemals würde sie ihre letzte Unterhaltung vergessen.

Wenn du mir jetzt sagst, ich soll gehen, komme ich nicht wieder. Niemals.

Meine Schwester braucht mich mehr, als ich dich brauche.

Ganz wie du willst. Viel Glück mit deiner gestörten Familie.

Mindy hatte davor schon mehrmals mit Sam Schluss gemacht, doch er hatte sich immer wieder in ihr Leben zurückgemogelt. Diesmal hatte er sich nicht nur von ihr ferngehalten, sondern sich auch anderweitig getröstet. In der Klatschpresse waren Fotos von ihm und mehr als einer wunderschönen Frau zu sehen gewesen. Seine neuste Eroberung war Valerie Cash, die früher Model gewesen war und nun als Moderedakteurin arbeitete. Diese Affäre hatte Mindy ziemlich zu schaffen gemacht. Sie verstand nicht, warum er sich so endgültig von ihr fernhielt. Möglicherweise hatte er ihr letzten Endes geglaubt, dass er ihr nicht guttat.

„Mindy? Sind Sie noch dran?“, fragte Matthew. „Sam Blackwell, Ihr Ex-Freund.“

„Er war nie mein Freund.“ Sam hätte heftig gegen diese Bezeichnung protestiert. Er war nicht der Typ dafür – so hatte er es ausgedrückt.

„Hören Sie, mir ist es egal, welche Rolle Sam Blackwell in Ihrem Leben gespielt hat. Wir müssen uns jetzt nach einer Alternative umsehen. Vielleicht über einen Neubau nachdenken. Ich kann Termine mit Architekten vereinbaren und mir Grundstücke ansehen.“

Mindy würde das Mercer um keinen Preis einfach so aufgeben. „Sind Sie verrückt geworden? Wir reden bei einem Neubau von achtzehn Monaten, wenn wir Glück haben. So viel Zeit haben wir nicht. Und ich bin offen gestanden entsetzt, dass Sie das überhaupt vorschlagen. Diese Verzögerung könnte alles zerstören, was ich aufgebaut habe.“

„Bei allem nötigen Respekt, aber ich habe auch viel aufgebaut und in BMO investiert.“

Mindy konnte sich nur mit Mühe die Antwort verkneifen, die ihr auf der Zunge lag. BMO war ihre Firma, nicht Matthews, und er brauchte sich nichts anderes einzubilden. „Ich werde die Sache in Ordnung bringen. Ich möchte, dass Sie nichts unternehmen, bis Sie von mir hören.“

„Wie wollen Sie das anstellen? Das Gebäude ist verkauft. Wenn wir es von Blackwell zurückkaufen wollen, wird er uns eine horrende Summe abknöpfen.“

Mindy holte tief Luft. Matthew konnte gut organisieren, aber ihm fehlte der Killerinstinkt. Sie hingegen hatte Übung darin, von Sam Blackwell genau das zu bekommen, was sie wollte. Zugegeben, sie war in der Vergangenheit auch ein paarmal gescheitert, aber wenigstens kannte sie seine Tricks. „Überlassen Sie die Sache mir. Ich sage Ihnen Bescheid, wie es gelaufen ist.“

„Das ist genau genommen mein Job.“

Und genau genommen kann ich Sie feuern. „BMO ist immer noch meine Firma, und diese Angelegenheit betrifft die gesamte Zukunft des Unternehmens. Ich will die Sache so schnell wie möglich über die Bühne bringen, und ich weiß, wie ich mit Sam umgehen muss.“

„Viel Glück. Das können Sie brauchen.“

Vielen Dank für Ihr Vertrauen. „Auf Wiederhören, Matthew.“ Mindy beugte sich zu ihrem Fahrer vor. „Eine Planänderung, Clay. Wir müssen auf dem Weg zum Eden’s noch einen Halt machen. Bringen Sie mich zur achtzehnten Straße, Ecke zehnte Avenue. Nordseite.“

„Ist das ganz unten beim Pier sechzig, Ms. Eden?“

„Ja, genau da.“ Mindy ließ sich in die Polster sinken und schaute aus dem Fenster. Dabei atmete sie tief ein und aus und versuchte, ihre Anspannung zu senken. In den vergangenen fünf Monaten hatte sie sich oft gefragt, ob Sam Blackwell irgendwann wieder in ihrem Leben auftauchen würde. Nun blieb ihr nichts anderes übrig, als in seines hineinzustürmen. Sie würde es ihm nicht durchgehen lassen, dass er aus dem Hintergrund Chaos in ihrem Leben anrichtete. Er musste ihr dabei schon in die Augen sehen.

„Ich brauche nicht länger als fünfzehn Minuten“, sagte sie, als Clay vor Sams Bürogebäude hielt.

„Ist gut. Ich warte.“

Mindy stieg aus dem Wagen und atmete tief die klare Oktoberluft ein, tankte damit auch ein wenig Selbstvertrauen. Dann marschierte sie mit hocherhobenem Kopf, Sonnenbrille auf der Nase, in das Gebäude hinein. Da es vor den Aufzügen weder ein Drehkreuz noch einen Wachmann gab, konnte sie ungehindert am Empfang vorbeigehen, ohne dass jemand sie ansprach. Mindy hatte vor langer Zeit gelernt, dass einem niemand Fragen stellte, wenn man so auftrat, als würde man sich auskennen. Sie wollte Sam keine Minute Vorsprung verschaffen, um sich auf ihre Ankunft vorzubereiten. Schnell überflog sie die Anzeigetafel und drückte den Knopf für den siebten Stock. Alleine im Fahrstuhl holte sie erst einmal tief Luft und redete sich Mut zu. „Du schaffst das. Sam Blackwell kann dir nichts anhaben. Weder persönlich noch beruflich.“

Mit einem Ping öffneten sich die Türen des Fahrstuhls, und Mindy betrat den Empfangsbereich, über den eine umwerfend gut aussehende Frau wachte, die Mindy nicht kannte. Auf der schwarzverkleideten Wand hinter dem Schreibtisch stand in chromglänzenden Buchstaben „S. Blackwell Enterprises“. Die Einrichtung war modern und elegant, und es lag nicht einmal eine Büroklammer am falschen Platz.

„Kann ich Ihnen helfen?“, fragte die Empfangsdame kühl.

„Mindy Eden. Ich möchte Sam sprechen.“

„Erwartet er Sie?“

Einen Augenblick lang überlegte Mindy, ehrlich mit einem Nein zu antworten, doch Sam musste eigentlich mit ihrem Besuch rechnen. Er ging nicht einfach los und schnappte jemandem ein Gebäude vor der Nase weg, ohne auf eine Reaktion vorbereitet zu sein. „Ja, das tut er.“

Die Empfangsdame nahm das Telefon und ließ Mindy nicht aus den Augen, während sie mit Sam sprach. „Ja, Mr. Blackwell. Natürlich“, sagte sie, bevor sie wieder auflegte. „Er ist gleich bei Ihnen.“

Eine Ewigkeit verging, während der Mindy im Empfangsbereich auf und ab lief. Sie war viel zu aufgedreht, um still zu sitzen. Der Gedanke daran, Sam wiederzusehen, machte sie nervös; eine Reaktion, die sie ganz schnell in den Griff bekommen musste. Sie würde bei diesem Treffen ihren Willen durchsetzen und ihm auf keinen Fall die Kontrolle überlassen.

Sie hatte sich fast selbst überzeugt, als Sam Blackwells angenehm eindrucksvolle Gestalt von über einem Meter neunzig vor ihr auftauchte.

„Mindy.“ Der Klang seiner tiefen, weichen Stimme drang an ihr Ohr und schien sich von dort in ihrem gesamten Körper auszubreiten. Wie so oft, wenn Sam sich morgens im Bett umgedreht und seinen durchtrainierten Körper an ihren gepresst hatte, um sie aufzuwecken. Sam war unersättlich. Immer wollte er von allem mehr. Nun verspürte Mindy bei seinem Anblick das unbändige Bedürfnis, ihm wenigstens einen Teil seiner Wünsche zu erfüllen. In der schwarzen Hose und dem anthrazitfarbenen Hemd, das er ohne Krawatte trug und unter dessen aufgerollten Ärmeln muskulöse Unterarme und seine silberne Rolex zum Vorschein kamen, sah Sam einfach unverschämt attraktiv aus. Wie üblich hatte sein pechschwarzes Haar genau die richtige Mischung aus gestylt und verwuschelt. „Ich habe mich schon gefragt, wann du bei mir auftauchen würdest.“

Mindy verfluchte ihn im Stillen. Er hatte also tatsächlich geplant, sie durch den Kauf des Mercer zu sich zu locken. Und sie hatte prompt angebissen. Vielleicht hätte sie den Deal doch Matthew überlassen sollen, aber dafür war es jetzt zu spät. Sie musste stark bleiben und sich nicht von Sam aus dem Konzept bringen lassen. „Ich brauche fünfzehn Minuten. In deinem Büro.“

„Das klingt nach mehr Spaß als das, woran ich gerade arbeite.“ Er zog amüsiert die Augenbrauen in die Höhe, und die Andeutung eines Lächelns umspielte seine Mundwinkel.

Mindy verfluchte sich, weil sie genau das Gleiche dachte wie er. In fünfzehn Minuten konnte man eine Menge erregender Dinge miteinander machen. „Wenn ich es clever anstelle, hab nur ich den Spaß.“

„Man hat mir schon Schlimmeres vorgeschlagen.“ Sam machte eine einladende Geste und ließ ihr nach wenigen Schritten den Vortritt. „Die letzte Tür auf der rechten Seite.“

„Ich erinnere mich.“ Mindy ging vor ihm den Gang entlang und ignorierte die berauschende Wirkung, die seine bloße Anwesenheit auf sie hatte. Sie hoffte inständig, dass sie stark genug blieb, ihn auszutricksen und ihm das Mercer-Gebäude abzuluchsen, ohne dass ihr Stolz und ihr Herz auf der Strecke blieben.

Sam hatte zu den meisten Dingen eine klare Meinung, doch er wusste nicht, was er von Mindys Besuch in seinem Büro halten sollte. Nach dem Ziehen zu urteilen, das er bei ihrem Anblick in der Brust verspürte, hatte er sie vermisst. Während er ihr nun den Gang hinunter folgte, bemerkte er eine verräterische Anspannung im Unterleib, die bestätigte, wie sehr er zumindest ihren Körper vermisst hatte – und zwar jeden einzelnen Zentimeter ihrer teuflisch verführerischen Rundungen. Doch er traute Mindy nicht. Nicht mehr. Wenn man drei Mal von einer Frau aus ihrem Leben gekickt worden war, sollte man der Tatsache ins Auge sehen, dass sie die Glacéhandschuhe ausgezogen hatte.

„Was kann ich für dich tun?“, fragte Sam und schloss die Tür hinter sich.

Mindy stellte ihre Handtasche auf einen der Sessel, die vor seinem Schreibtisch standen. „Ich hatte gehofft, wir müssten uns nicht mit Spielchen aufhalten.“

„Das müssen wir auch nicht. Denn ich spiele keine Spielchen und habe ehrlich keine Ahnung, warum du hier bist.“ Er trat hinter seinen Schreibtisch, ohne sich zu setzen. „Bitte, nimm doch Platz.“

Mindy schüttelte den Kopf, sodass ihr rotbraunes Haar in weichen Wellen auf die Schultern ihres enganliegenden schwarzen Jacketts fiel. Sam bemerkte, dass aus ihrem Ausschnitt ein schwarzes, spitzenbesetztes Oberteil hervorblitzte. Ihm gefiel es, dass sie in einer modeaffinen Branche arbeitete und ihrem Outfit eine sexy Note geben konnte. „Nein danke, ich bleibe nicht lange. Ich bin wegen des Mercer-Gebäudes hier. Du erinnerst dich, das alte Lagerhaus in New Jersey, das ich kaufen wollte? Du hast es mir vor der Nase weggeschnappt. Du versuchst, dich in meine Geschäfte einzumischen.“

„Mag sein, dass ich es gekauft habe, aber das hat nichts mit deinen Geschäften zu tun.“

Mindy verzog ungläubig den pinkfarbenen Schmollmund. „Womit dann? War es ein Versuch, wieder mit mir zusammenzukommen?“

Wow. Damit hatte er nicht gerechnet. „Ist das dein Ernst?“ Er kam um den Schreibtisch herum und trat so dicht vor sie, dass ihm ihr Parfüm in die Nase stieg, und er sah, wie weich und verlockend ihre Haut war. Sofort fingen sein Verstand und sein Körper an miteinander zu streiten, und Sam wusste nicht, wer als Sieger hervorgehen würde. Er verspürte den Drang, Mindy auf Abstand zu halten und sie gleichzeitig in seine Arme zu ziehen. „Fünf Monate höre ich nichts von dir. Und du glaubst, dass mich plötzlich meine Gefühle übermannen und ich einen idiotischen Plan aushecke, um dich in mein Büro zu locken? Glaub mir, Mindy, wenn ich wieder mit dir zusammen sein wollte, dann würde ich dich anrufen und dich bitten, mit mir auszugehen.“

Mindy verschränkte in einer abwehrenden Geste die Arme vor der Brust. „Ich kann nur sehr schwer glauben, dass du nichts im Schilde führst. Und es ist nicht meine Schuld, dass ich dir misstraue. Du mischst dich in die Angelegenheiten anderer ein. Beim Eden’s hast du das ständig gemacht.“

Wenn Mindy nur einsehen würde, dass er ihr mit dem, was sie als Einmischung empfand, in Wahrheit einen Gefallen getan hatte. „Du irrst dich, Mindy. Ich hatte nicht vor, dir das Gebäude wegzuschnappen. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was das Eden’s überhaupt damit will. Ihr habt in Manhattan genug Quadratmeter, um darin ein Kreuzfahrtschiff zu bauen.“

„Das Mercer ist nicht für das Eden’s, sondern für BMO. Meine Firma. Wir brauchen genügend Platz für das komplette Unternehmen. Momentan sind wir auf verschiedene Standorte verteilt, und das frisst unsere Gewinne auf.“

Das war nun eine ganz andere Geschichte. BMO war Mindys Baby, auch wenn sie die Leitung einem Vertreter überlassen hatte. Sam fragte sich, ob es ihr gelungen war, sich aus den Verpflichtungen im Eden’s herauszuziehen und sich deshalb persönlich um diese Angelegenheit kümmerte. „Ich dachte, du hättest deinem CEO die Zügel bei BMO überlassen.“

„Ich bin noch ins Tagesgeschäft eingebunden. Ich kann einfach nicht die Finger davon lassen.“

Bei diesen Worten bekam er Lust, seine Finger in ihr Haar zu stecken, doch schnell schob er den Gedanken beiseite. „Das verstehe ich gut, ich ticke genauso.“

„In ungefähr einem Jahr habe ich meine zweijährige Verpflichtung im Eden’s abgeleistet, und dann werde ich mich dort aus den Geschäften zurückziehen. Aber ich setze auch in der Zwischenzeit weiter alles daran, BMO zu einem Erfolg zu machen.“

Sam hatte Mindys Entschlusskraft schon immer bewundert. Wenn sie etwas wollte, dann ließ sie ihr Ziel nicht aus den Augen. Es hatte ihm den größten Spaß gemacht, sie von ihren Zielen abzulenken. Meistens hatte das dazu geführt, dass sie sich gegenseitig die Kleider vom Leib rissen. „Was kann ich für dich tun? Soll ich dir helfen, ein anderes Gebäude zu finden?“

„Nein. Ich möchte, dass du mir das Mercer verkaufst.“

Er lehnte sich rückwärts gegen die Kante seines Schreibtisches, streckte die Beine aus und schlug die Knöchel übereinander. Nachdenklich zupfte er an seiner Unterlippe. Es wäre für ihn kein großer Verlust, ihr das Gebäude zu verkaufen. Doch Mindy war für ihn der Schlüssel zu einem wichtigen Event, zu dem er bis zu diesem Moment niemals Zugang bekommen hätte. Einem Event, bei dem er unbedingt dabei sein musste. „Ich erwarte von dir eine Gegenleistung.“ Er wollte nicht gierig sein, sich diese gute Gelegenheit aber auch nicht entgehen lassen. Es bestand kein Grund, Mindy aus reiner Nächstenliebe einen Gefallen zu tun. Sie hatte mit ihren High Heels sein Ego in den Staub getreten. Er schuldete ihr rein gar nichts.

„Was denn? Einen Haufen Geld?“

„Nein. Eine Einladung zur Hochzeit deiner Schwester.“

Mindy starrte ihn entgeistert an. „Die ist in einer Woche. Es gibt keine Einladungen mehr. Und was willst du überhaupt auf Sophies Hochzeit? Die Hälfte der Gäste kann dich nicht ausstehen.“

Sam war nicht gerade zart besaitet, aber diese Bemerkung traf ihn. „Wenn ich bei dem gesellschaftlichen Ereignis des Jahres nicht dabei bin, sehe ich aus wie ein Verlierer.“

„Seit wann interessiert es dich, was andere Leute über dich denken?“

„Ein guter Geschäftsmann kümmert sich um seinen Ruf. Ich versuche gerade, mein Portfolio in New York zu erweitern, und wenn ich in dieser Stadt erfolgreich sein will, muss ich Zugang zu den einflussreichen gesellschaftlichen Kreisen bekommen.“ Seine Schwester Isabel hatte ihm in den vergangenen fünf Monaten gut zugeredet, häufiger in Manhattan zu bleiben, statt auf der Flucht vor seinen Gefühlen ständig für ein profitables Geschäft nach Prag oder Buenos Aires zu jetten. Es war nur logisch, dass er so weit wie möglich weg wollte, nachdem Mindy ihm das letzte Mal den Laufpass gegeben hatte. Dem Eden-Clan konnte man in dieser Stadt unmöglich aus dem Weg gehen. Doch Isabel hatte vermutlich recht. Er konnte sich nicht vor allen verstecken, die ihn verletzten. Auch wenn er in dieser Hinsicht schon mehr als genug für ein ganzes Leben hatte einstecken müssen.

„Ich könnte nicht mal für die Königin von England eine Einladung auftreiben. Sophie liegt mir schon seit Monaten in den Ohren, wie rigide die Gästeliste zusammengestellt ist. Und jetzt, so kurz vor der Hochzeit, ist sie das reinste Nervenbündel.“

Sam fiel sofort eine Lösung ein. Er räusperte sich und machte sich innerlich auf die nächste beleidigende Antwort gefasst. „Wer begleitet dich?“

Mindy schoss die Röte in die Wangen. Sie blinzelte ein paarmal und vermied es, ihn anzusehen. „Niemand. Na und?“

„Vor mir brauchst du dich nicht zu rechtfertigen.“ Sam konnte sich nur mühsam ein Lächeln verkneifen. Er wollte sich nicht darüber freuen, dass Mindy Eden, eine der attraktivsten Frauen der Stadt, keinen Begleiter für die Hochzeit ihrer Schwester hatte. Doch das tat er. „Ich könnte dir aushelfen, und du würdest zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Du bekommst dein Gebäude und ein Date.“

„Du würdest mir tatsächlich das Gebäude verkaufen, wenn ich dich mit zu Sophies Hochzeit nehme? Mehr verlangst du nicht?“

Ihre Frage überraschte Sam, denn das war ein klassischer Verhandlungsfehler. Man durfte nie zugeben, wenn man ein Angebot für einen guten Deal hielt. „Und du nimmst mich mit zum Probeessen. Dann sieht es wirklich so aus, als würde ich zum inneren Kreis gehören.“

„Ich bin mir nicht sicher, ob das eine gute Idee ist. Wir wissen doch beide, dass wir als Paar nicht funktionieren.“

Sam stieß sich achselzuckend von der Tischkante ab und nahm dann hinter seinem Schreibtisch Platz. Ihn störte an seiner Idee nur die frustrierende Vorstellung, Zeit mit Mindy zu verbringen, ohne sie berühren zu dürfen. Doch andererseits würde er bei der Hochzeit von Sophie und Jake die Gelegenheit bekommen, ein paar gute Geschäfte einzufädeln. Möglicherweise gelang es ihm auch, ein wenig die Wogen mit der Eden-Familie zu glätten. „Ich bin nicht gerade verrückt nach dir, doch ich könnte mich überreden lassen, mit dir befreundet zu bleiben.“

In Mindys blaugrünen Augen blitzte ein Anflug von Enttäuschung auf. Doch damit konnte er leben. Sie hatte ihm mehr als einmal einen herben Schlag versetzt. Also sollte sie auch mal spüren, wie sich das anfühlte. „Na gut, wenn du mir das Mercer zu dem Preis verkaufst, den du dafür gezahlt hast, nehme ich dich mit auf die Hochzeit.“

„Und zum Probeessen.“

„Ich weiß noch nicht, wie ich Sophie das beibringe, aber na schön, auch zum Probeessen.“

„Für den Preis, den ich gezahlt habe?“

„Ja, und keinen Penny mehr.“

„Und wir gehen als Freunde hin.“

Missmutig nahm Mindy ihre Handtasche vom Stuhl und hängte sie sich in die Armbeuge. „Wenn du es so willst, dann von mir aus als Freunde.“

Sam stand auf, um sie nach draußen zu begleiten.

„Ich kenne den Weg“, sagte sie barsch.

„Ich weiß. Ich wollte nur sichergehen, dass du auf dem Weg nach draußen nichts mitgehen lässt.“

„Sehr witzig.“

„Na schön, dann schaue ich dir nur hinterher.“ Er lehnte sich lässig gegen den Türrahmen und grinste. Ihr überraschendes Treffen hatte ihm nur Vorteile gebracht, vor allem der letzte Teil. Er stand nun als Gentleman da, während er in Wahrheit den Anblick von Mindy auf ihrem Weg zum Fahrstuhl genoss.

2. KAPITEL

Als Mindy Sams Büro verließ, ging ihr nur ein Gedanke durch den Kopf. Was zum Teufel habe ich mir eingebrockt? Sam als ihr Date bei Sophies Hochzeit? Auf einer langen Liste bescheuerter Ideen stand die nicht nur ganz oben, diese Idee war der eigentliche Grund, die Liste überhaupt erst anzulegen. Sam bedeutete Ärger. Ihre Familie hasste ihn aus tiefstem Herzen. Er war der Großmeister der Hinterlist, die er hinterher als etwas Nobles oder Gutherziges ausgab. Und dann gab es da noch die unbestreitbare Tatsache, dass Mindy etwa fünfzig Punkte ihres Intelligenzquotienten verlor, wenn sie sich in seiner Nähe aufhielt. Er besaß die Gabe, sie zu Dummheiten zu verleiten. Ihre Zusage, ihn zu Sophies Hochzeit mitzunehmen, war nur ein aktuelles Bespiel.

Wenn man bedachte, wie sie sich bei der kurzen Begegnung gefühlt hatte, sprach Einiges für erneute Dummheiten. Seine körperliche Anziehungskraft machte sie verrückt. Deshalb hatte sie auch in seinem Büro nicht Platz genommen, obwohl ihre brandneuen Louboutins sie schier umbrachten. Sie durfte in seiner Gegenwart nicht unachtsam werden – auch wenn sie nichts lieber getan hätte als sich zu entspannen, ihre Jacke aufzuknöpfen und das Feuer zwischen ihnen zu entfachen. Nur noch einmal um der alten Zeiten willen. Doch Sam war gewieft und schlau zugleich. Blitzgescheit und dabei verschlagen. Genug Gründe, von ihm fernzubleiben.

Natürlich hatte er klargestellt, dass sie nur als Freunde zu der Hochzeit gehen würden. Dieses eine Detail ihres Arrangements überzeugte Mindy, dass sie die Sache unbeschadet überstehen konnte. Sie würde zwei Abende an der Seite eines unverschämt attraktiven Kerls verbringen, brauchte nicht allein zu Sophies Hochzeit gehen und bekam das Gebäude, das sie so dringend für ihre Firma brauchte. Praktisch eine Win-Win-Win-Situation. Solange sie ihre Sachen anbehielt und nicht den Kopf verlor.

Clay setzte Mindy in der sechsunddreißigsten Straße vor dem Südeingang des Eden’s ab. Mit raschen Schritten ging sie durch die Kosmetikabteilung und an den Parfümverkäuferinnen vorbei und zwischen den Tischen mit den Accessoires geradewegs auf die Aufzüge zu, die zu den Büros der Chefetage führten. Sie wusste noch nicht, wie sie Sophie die Neuigkeit beibringen sollte. Aber eine Idee hatte sie, bei der Jakes Trauzeuge Gerald, der seine Finger nicht bei sich behalten konnte, eine Rolle spielte.

„Hallo, Sophie“, sagte Mindy und klopfte an Sophies Bürotür, die meistens offenstand. „Hast du eine Minute?“

„Klar. Ich kann mich gerade sowieso nicht auf die Arbeit konzentrieren.“ Sophie stieß sich ein Stück von ihrem Schreibtisch ab, umfasste mit einer Hand ihre langen roten Locken und legte sie über die Schulter nach vorne. Ihr jadegrünes Blumenkleid mit übergroßen Glockenärmeln war wie üblich topmodisch und geschmackssicher.

Mindy machte es sich auf dem grauen Samtsofa ihrer Schwester bequem, als Emma in der Tür auftauchte.

„Sprecht ihr zufällig über die Hochzeit?“, fragte sie.

„Ja. Genau darüber wollte ich gerade mit Sophie reden.“ Mindy klopfte neben sich auf das Polster. „Setz dich zu uns.“

„Ihr wollt über die Hochzeit sprechen?“, fragte Sophie ungläubig. „Ich habe eher das Gefühl, euch das Thema ständig aufzunötigen.“

In dem Blick, den Emma und Mindy rasch wechselten, lag die gemeinsame Vorfreude auf die Erleichterung, wenn Sophies Hochzeit endlich vorbei sein würde. „Aber nein, wir sprechen gerne über die Hochzeit“, protestierte Emma mit glaubhafter Überzeugung.

„Das ist der beste Teil des Tages“, log Mindy.

Emma strich sich das schokoladenbraune Haar hinter das Ohr und schlug die Beine übereinander. Alle Aufmerksamkeit fiel auf ihre wunderschönen kirschroten Manolo Blahnik Pumps. Den drei Schwestern machte es Spaß, sich gegenseitig mit ihren Schuhen zu übertrumpfen. Für Emma, die normalerweise gedecktere Farben trug, war dieses Paar eine gewagte Wahl. Ihr anthrazitfarbener Bleistiftrock aus Tweed und die passende Kostümjacke bildeten jedoch einen schönen Kontrast zu den Pumps. „Das finde ich auch. Mindy, was wolltest du bereden?“

Mindy versuchte erst gar keine Verzögerungstaktik, sie wollte es so schnell wie möglich hinter sich bringen. „Ich habe einen Begleiter für die Hochzeit gefunden. Es wäre toll, wenn du Jake informierst, damit er Gerald Bescheid sagt.“

„Warum sagst du es Gerald nicht selbst? Schreibt er dir nicht vier oder fünf Mal am Tag?“

Das stimmte. Gerald hatte Mindy bei der Verlobungsparty kennengelernt und belagerte sie seitdem hartnäckig. Er war einer von Jakes Studienfreunden und hatte sich in den Kopf gesetzt, dass Jake und Sophie zusammen mit Mindy und ihm ein perfektes Doppel an Power-Paaren abgaben. Mindy hatte ihm deutlich zu verstehen gegeben, dass sie nicht interessiert war. Sie hatte es ihm eher schonend beigebracht, da sie ihm bis zur Hochzeit immer wieder über den Weg laufen würde. Offensichtlich war sie zu schonend vorgegangen, denn Gerald hatte die Botschaft nicht verstanden.

„Ja, das ist wahr. Ich weiß nur nicht, wie ich dieses spezielle Detail in eine Textnachricht verpacken soll.“

„Dann ruf ihn an“, riet ihr Sophie.

Autor

Karen Booth
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