Heut will ich dich erobern

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"Der Hauptpreis, eine Reise nach Afrika, geht an das Brautpaar mit der romantischsten Geschichte: Freya und Max!" Nun hat Freya ein Problem: Max weiß noch gar nicht, dass sie ein Paar sind. Doch der gut aussehende Bruder ihrer Freundin reagiert auf ihr Geständnis ganz anders als gedacht!


  • Erscheinungstag 06.05.2020
  • ISBN / Artikelnummer 9783733716882
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

„Ich fange demnächst ein Verhältnis an.“

Zufrieden stellte Freya fest, dass Pel auf dem Laufband neben ihr aus dem Rhythmus geriet und sein Tempo verringerte.

„Du machst was?“, hakte er nach.

Sie lächelte, erfreut über die Wirkung ihrer beiläufigen Bemerkung. „Du hast es gehört.“

„Mit wem?“

„Dan Freer“, antwortete sie wie nebenbei und geriet außer Atem. Als Neuling im Fitnesscenter meisterte sie noch nicht die Kunst, die Geräte zu benutzen, ohne sich sofort völlig zu verausgaben.

Beeindruckt sah Pel auf. „Dan Freer, das Ass unter den Fernsehreportern? Der mit der coolen Lederjacke?“

„Genau der.“

Er stieß einen leisen Pfiff aus. „Wann hat es bei ihm gefunkt?“

„Noch gar nicht“, musste Freya zugeben. „Aber es wird schon klappen! Mir ist klar geworden, dass es höchste Zeit wird, mein Leben zu ändern. Du und Lucy behaupten das doch auch immer. Dan Freer zu verführen ist der erste Schritt.“

„Wieso willst du plötzlich dein Leben reformieren?“, fragte Pel verwundert.

Sie schaltete das Laufband auf Schritttempo, um sich besser unterhalten zu können. „Du weißt, dass ich nächste Woche Geburtstag habe“, erinnerte sie Pel. „Ich werde siebenundzwanzig. Nur noch drei Jahre, und ich bin dreißig! Was wird aus mir danach?“, fügte sie dramatisch hinzu.

„Eine Frau von einunddreißig Jahren? Das ist natürlich nur eine unbegründete Vermutung.“

Wie ein Kind streckte sie Pel die Zunge heraus. „Du weißt, was ich meine: Ab dreißig geht es unaufhaltsam auf die mittleren Jahre zu. Ehe ich weiß, wie mir geschieht, trage ich einen Filzhut und kümmere mich um eine Horde Katzen. Vorher möchte ich mein Leben genießen! Ich bewege mich allerdings in ausgefahrenen Gleisen“, klagte sie. „Ich gehe nirgendwohin, ich tue nichts, und vor allem lerne ich keine Männer kennen.“

„Unsinn!“, widersprach Pel ihr. „Lucy und ich präsentieren dir ständig begehrenswerte Junggesellen.“

„Nenn mir nur einen!“

„Dominic. Der Immobilienmakler. Er ist ansehnlich, wohlhabend, und du hast ihm gefallen.“

„Wie viele Immobilienmakler namens Dominic kennst du, Pel? Der, den ich getroffen habe, war überhaupt nicht an mir interessiert!“

„O doch, das war er, allerdings hast du ihn nicht ermutigt. Weißt du, was dein Problem ist? Du deutest die Signale nie richtig.“

„Das sagt Lucy mir auch dauernd.“ Freya klang missmutig. „Außerdem war Dominic nicht mein Typ. Ein Immobilienmakler aus einem Londoner Vorort ist mir nicht aufregend genug. Ich bin es leid, immer nur brav zu Hause zu sitzen, ich möchte zur Abwechslung riskant leben. Deshalb ist Dan Freer der ideale Mann für mich.“

Zweifelnd sah Pel sie an. „Meinst du nicht, dass er ein zu großes Kaliber für dich ist?“

„Vielen Dank für das Kompliment!“, erwiderte sie ironisch.

„Immerhin ist er ständig im Fernsehen präsent und wirkt echt cool, Freya!“

„Ach, und ich bin nicht cool?“

Er betrachtete sie, wie sie sich, erhitzt und atemlos, auf dem Laufband abmühte. „Ich sage es nur äußerst ungern, meine Liebe, aber du bist nicht cool und wirst es niemals sein.“

Freya seufzte. „Ich weiß.“

„Du bist durchaus hübsch“, fügte Pel rasch hinzu. „Tatsächlich könntest du auffallend hübsch sein, wenn du dir mehr Mühe mit deinem Aussehen geben würdest.“

„Was glaubst du, warum ich mich hier im Fitnesscenter schinde?“, konterte sie.

„Schinden? Du bewegst dich im Tempo einer apathischen Schnecke vorwärts! Wenn du dein Leben wirklich ändern möchtest, musst du dich etwas mehr anstrengen.“

Leise murrend schaltete Freya die Geschwindigkeit des Laufbands auf die nächst höhere Stufe. Als Pel die Brauen hochzog, steigerte sie das Tempo widerstrebend um weitere drei Einheiten.

„Ich warne dich nur deshalb vor einer Beziehung mit Dan Freer, weil ich dich mag und nicht möchte, dass er dir Kummer macht“, kam Pel aufs frühere Thema zurück. „Du bist nicht so unempfindlich, wie du dich gern gibst. Unter deiner rauen Schale steckt ein richtig süßer Kern.“

„Um mir Kummer mit Männern zu ersparen, müsste ich sie meiden. Genau das habe ich in den vergangenen fünf Jahren getan und bin es endgültig leid“, erklärte Freya. „Mir ist klar, dass ich nicht darauf warten kann, dass der perfekte Mann an meine Tür klopft, nein, ich muss losziehen und ihn finden. Und weißt du was? Am Tag, nachdem ich den Entschluss gefasst hatte, mir einen Traummann zu suchen, erschien Dan Freer bei uns in der Redaktion! Wie vom Schicksal gesandt.“

Sie atmete tief durch und umfasste die Handgriffe fester, um nicht zu stolpern.

„Ach, Pel, Dan ist einfach hinreißend! Er hat dunkelbraune Augen, und wenn er mich ansieht, schmelze ich förmlich dahin. Meine Haut fängt zu prickeln an, sobald ich nur seine tiefe Stimme höre. Und er ist so charmant!“

„Er muss wirklich umwerfend sein!“ Pel hörte sich neidisch an.

„Ja, er ist unglaublich sexy! Außerdem intelligent, witzig und ein Abenteurer“, schwärmte Freya. „Er riskiert sein Leben in Krisengebieten, um die Zuschauer hier mit brisanten Storys zu versorgen. Verglichen mit ihm, wirken alle anderen Männer langweilig.“

„Oh, vielen Dank, meine Liebe.“

„Du zählst nicht, Pel.“ Wenn sie sich getraut hätte, die Handgriffe loszulassen, hätte sie eine wegwerfende Geste gemacht. „Dan ist noch dazu wirklich nett. Wenn er in der Redaktion anruft, fragt er mich immer, wie es mir geht und was ich mache – die anderen Journalisten meckern nur über ihre Spesenabrechnungen.“ Nun war sie so außer Atem, dass sie nur noch stockend sprechen konnte. „Dan interessiert sich für das, was ich … sage … Pel, können wir aufhören?“, bat sie flehentlich. „Ich kann mich beim Laufen nicht mit dir unterhalten.“

Normalerweise hätte Pel sie bestimmt gezwungen, das Programm zu beenden. Sie war sich jedoch sicher, dass er unbedingt wissen wollte, wie sie Dan Freer zu erobern gedachte.

Zwanzig Minuten später saßen sie tatsächlich frisch geduscht, zufrieden und – was sie betraf – erleichtert an der Bar des Fitnesscenters.

„Was hält Lucy von deiner Absicht, dir Dan Freer zu angeln?“, fragte Pel und reichte Freya einen Gin Tonic.

„Prinzipiell ist sie dafür, hat jedoch Bedenken wegen Dans Nachnamen. Sie findet, Freya Freer würde unmöglich klingen. Ich habe ihr versichert, ich sei überhaupt nicht daran interessiert, Dan zu heiraten, aber das hätte ich mir sparen können. Du weißt ja, wie Lucy ist: Seit sie voriges Jahr Steve geheiratet hat, will sie auch alle anderen unter die Haube bringen.“

„Freya Freer, Freya Freer … Es klingt tatsächlich albern“, stimmte Pel zu. „Als hätte man einen Sprachfehler.“

Gereizt stellte sie ihr Glas heftig auf den Tresen. „Es geht mir nicht ums Heiraten! Nicht um Verpflichtungen, Hypotheken und Kinder. Ich will nicht Liebe, sondern Sex. Eine hemmungslose, stürmische, leidenschaftliche Affäre möchte ich haben.“

„Wie willst du die in die Wege leiten, wenn du in London bist und Dan auf dem Balkan herumreist?“

„Dan kommt nächste Woche nach London zurück“, erwiderte Freya triumphierend. „Das hat er mir heute erzählt, als er in der Redaktion angerufen und eine Zeit lang mit mir geplaudert hat. Er arbeitet, wie du weißt, für einen amerikanischen Nachrichtensender und schreibt nur gelegentlich Artikel für den ‚Examiner‘, wenn er von seiner Firma als so genannter Feuerwehrmann zur Berichterstattung in ein Krisengebiet geschickt wird.“

Sie fuhr sich durchs hellbraune Haar und kam aufs eigentliche Thema zurück.

„Wie auch immer, er hat mir heute gesagt, dass er einen Job in der Londoner Filiale des Senders in Aussicht hat und – hör gut zu, Pel! – er hat ein Apartment ganz in der Nähe meiner derzeitigen Wohnung.“

„Das klingt vielversprechend. Da besteht die Chance, ihm im Supermarkt wie zufällig über den Weg zu laufen und Ähnliches.“

„Genau! Aber es kommt noch besser.“ Um die Spannung zu steigern, machte Freya eine Pause und trank einen Schluck. „Dan kommt bereits nächsten Donnerstag nach London. Rein zufällig habe ich erwähnt, dass ich dann Geburtstag habe.“

„Hat er gefragt, wie alt du wirst?“

„Nein, er hat ausgezeichnete Manieren“, teilte sie Pel herablassend mit. „Er hat mich gefragt, was ich an meinem Geburtstag vorhabe, und dann – wortwörtlich – gesagt, er sei überzeugt, ich würde stilvoll feiern.“

Pel lachte. „Du hast ihm nicht gesagt, dass wir ins Pub gehen und anschließend in ein kleines indisches Restaurant?“

„O nein! Ich habe behauptet, ich würde am Wochenende eine Cocktailparty geben, und …“ Sie geriet außer Atem. „Ich habe ihn einfach eingeladen, und er hat zugesagt.“

„Wie bitte?“

„Brillant, stimmt’s?“ Freya lächelte strahlend. „Außerdem lade ich meine Kollegen vom ‚Examiner‘ ein.“

„Freya!“

„Das muss ich doch! Sonst wird es zu offensichtlich, dass ich nur an ihm interessiert bin.“

„Freya, das kannst du dir nicht leisten! Du hast massive Schulden, man hat dir die Wohnung gekündigt, weil du die Miete nicht bezahlen konntest, und du hast einen schlecht bezahlten Job ohne Aufstiegsmöglichkeiten.“ Pel sprach nun im Tonfall einer besorgten Mutter. „Jeder andere hat sein Leben und seine Karriere im Griff, du hingegen scheinst damit zufrieden zu sein, einfach dahinzutreiben und dich von Monat zu Monat gerade eben über Wasser zu halten, ohne einen Gedanken an die Zukunft zu verschwenden.“

„Pel, du schimpfst schlimmer als mein Vater“, beklagte Freya sich.

„Dein Vater ist ein vernünftiger Mann“, erwiderte er streng. „Hast du eine Ahnung, wie teuer eine Cocktailparty dich zu stehen kommt? Jedenfalls eine, die richtig Stil hat?“

„Genau darum geht es mir: Stil. Deshalb brauche ich deine Hilfe, Pel. Ich möchte mich Dan als mondäne Frau präsentieren, nicht als unscheinbare Bürogehilfin, die in der Redaktion die Anrufe entgegennimmt und die Post öffnet. Ich werde mir die Haare hochstecken und ein kleines Schwarzes tragen, und wenn er ins Zimmer kommt, sieht er als Erstes mich.“

Ihre grünen Augen blickten träumerisch, während sie sich die Szene ausmalte.

„Da stehe ich also, einen Cocktail in der Hand, und plaudere geistreich mit meinen eleganten Gästen. Oder …“ Sie überlegte kurz. „Oder wäre es besser, kühl und geheimnisvoll zu wirken? Was meinst du, Pel? Ich möchte Dan nicht den Eindruck vermitteln, ich sei schwer zu erobern.“

„Ehrlich gesagt, meine Liebe, kann ich mir nicht vorstellen, wie du das mit dem ‚kühl und geheimnisvoll‘ schaffen willst“, antwortete Pel unverblümt.

„Ich auch nicht“, stimmte Freya zu und seufzte.

Schon immer hatte sie sich gewünscht, lasziv und zugleich mondän zu wirken, aber es war hoffnungslos. Dazu musste man gertenschlank sein, und dass sie es war, konnte man nicht behaupten. Nein, sie sah einfach nett aus: Sie hatte große grüne Augen, die meist vertrauensvoll in die Welt blickten, und hellbraunes widerspenstiges Haar, das immer ein bisschen zerzaust wirkte, egal, wie sie es frisierte.

„Na gut, dann spiele ich eben die Fröhliche, die alle amüsiert. Bei seinem letzten Einsatz hatte Dan bestimmt nicht viel zu lachen.“ In Gedanken versunken fischte sie die Zitronenscheibe aus dem Glas und schob sie sich zwischen die Lippen, spuckte sie aber schnell wieder aus. „Ja, ich sehe die Szene genau vor mir, Pel: Dan Freer betritt das Zimmer. Ich stehe da, einen Cocktail in der Hand, umringt von meinen mondänen Freunden …“

„Ich reiße dich nur ungern aus diesem schönen Traum“, unterbrach er sie, „aber wo willst du bis zum nächsten Wochenende mondäne Freunde hernehmen?“

Freya machte eine wegwerfende Handbewegung. „Ihr müsst eben alle so tun als ob. Man muss doch nur im Smoking oder schwarzen Kleid herumstehen und darf auf keinen Fall zu viel lächeln.“ Sie legte ihm bittend die Hand auf den Arm. „Du hilfst mir doch, die Party zu organisieren, oder?“

Man sah ihm an, dass er ihr die verrückte Idee am liebsten ausgeredet hätte, aber er ließ sich umstimmen. „Was genau soll ich denn machen?“

„Ich brauche vor allem einen Barkeeper. Du kennst dich doch mit Cocktails aus, und Marco könnte dir zur Hand gehen.“

„Na gut, ich tu’s.“ Pel seufzte, scheinbar resignierend, dabei liebte er Partys. „Dann habe ich wenigstens Gelegenheit, den berühmten Dan Freer aus der Nähe zu begutachten. Und jetzt machen wir eine Liste, was wir alles brauchen.“

Freya nahm einen Kuli und einen Umschlag aus der Handtasche und notierte, was er ihr ansagte, zum Beispiel „Cocktailgläser“ und „Kanapees“.

„Was brauchen wir noch, Pel?“

„Viel Platz, meine Liebe. Wie steht es mit dem Apartment, in dem du zurzeit wohnst?“

„Es ist einfach perfekt für eine Party“, antwortete Freya begeistert. „Ein Loft in einem ehemaligen Warenspeicher – mit einem riesigen Wohnraum. Es ist ganz modern eingerichtet, alles aus glänzendem Holz und Edelstahl. Mir ist es ein bisschen zu kahl, aber der Blick auf die Stadt ist atemberaubend.“

„Klingt wirklich fabelhaft“, meinte Pel neidisch. „Wie kannst du dir die Wohnung überhaupt leisten?“

„Gar nicht. Ich habe sie nicht gemietet, sondern passe nur auf sie auf, bis der Besitzer zurückkommt.“

Pel pfiff anerkennend. „Wie hast du das gedeichselt?“

„Lucy hat es vermittelt. Das Apartment gehört ihrem älteren Bruder Max.“ Freya glaubte, ganz sachlich zu klingen, aber Pel wurde hellhörig.

„Ach ja?“, fragte er nur. Sein Tonfall bedeutete jedoch: Erzähl mir alles.

Sie wusste, dass Pel ihr keine Ruhe lassen würde, bevor sie seine Neugier nicht befriedigt hatte.

„Max ist Ingenieur. Er arbeitet für eine Hilfsorganisation und ist ständig unterwegs. Seine Aufgabe besteht hauptsächlich darin, Straßen und Bewässerungsanlagen zu planen und zu bauen.“ Wieder trank sie einen Schluck. „Zurzeit hat er in Afrika zu tun.“

„Wie lange?“, erkundigte Pel sich.

„Mindestens vier Monate. Es ist ideal“, fügte sie schnell hinzu, bevor er sich über die nur kurzfristige Lösung ihrer Wohnungsprobleme äußern konnte. „Max brauchte keinen Mieter zu finden, der das Apartment für die kurze Zeit übernahm, und ich kann mir in Ruhe etwas Neues suchen. Außerdem bin ich morgens in fünf Minuten in der Redaktion. Die Cocktailparty ist also gar keine Extravaganz“, erklärte sie und hoffte, Pel vom Thema Max abzulenken. „Ich verbrauche nur das Geld, das ich andernfalls gebraucht hätte, um mit Bus oder U-Bahn zur Arbeit zu fahren.“

Ihre Taktik funktionierte nicht. Ausnahmsweise ließ Pel sich nicht dazu verleiten, ihre unkonventionellen Sparmaßnahmen zu kritisieren.

„Ich hatte vergessen, dass Lucy einen älteren Bruder hat“, bemerkte er. „War er bei ihrer Hochzeit?“

„Ja.“ Freya hatte bei der Gelegenheit den ganzen Tag lang versucht, Max aus dem Weg zu gehen.

„Wie sieht er aus?“

Er verzieht keine Miene, presst meist streng die Lippen zusammen, und seine grauen Augen blicken fast immer herablassend, antwortete sie im Stillen. Sein Bild stand ihr klar vor dem inneren Auge.

„Unauffällig, beinah langweilig“, sagte sie laut. „Er hat Prinzipien und fühlt sich jedem moralisch überlegen, nur weil er in Entwicklungsländern Straßen baut.“

Pel lächelte wissend. „Ach, so steht es also!“

„Ich weiß nicht, was du meinst.“

„Du hattest mal was mit Max, stimmt’s?“

„Wie kommst du denn darauf?“

„Intuition“, erwiderte Pel selbstzufrieden. „Und die Tatsache, dass du ein komisches Gesicht machst, wenn du von ihm erzählst.“

Unwillkürlich presste sie die Hände an die Wangen. „Ich mache kein komisches Gesicht!“

„Doch, machst du.“ Mit zusammengekniffenen Augen blickte er in sein Glas wie eine Wahrsagerin in die Kristallkugel. „Ich sehe … eine junge Frau, die sich eines Mannes wegen zur Närrin macht.“

Missbilligend sah Freya ihn an. Manchmal war er wirklich unangenehm scharfsinnig. „Sehr witzig!“

„Ich habe recht, oder?“ Verschwörerisch neigte er sich zu ihr. „Freya, gesteh mir alles!“

Zögernd malte sie mit dem Finger Kreise auf den Tresen. Pel ließ, wie sie wusste, nicht locker, sobald er ein Geheimnis witterte.

„Du musst mir zuerst versprechen, niemand etwas zu verraten“, verlangte sie schließlich von ihm.

„Großes Ehrenwort!“

„Es war bei der Party von Lucys einundzwanzigstem Geburtstag“, begann Freya widerstrebend. „An dem Tag hatte ich mich mit Alan, meinem ersten Freund, verkracht und fühlte mich elend. Trotzdem wollte ich Lucy nicht enttäuschen und bin allein zu ihrer Geburtstagsparty gegangen. Es war ein grauenhafter Abend für mich!“

Sie schauderte bei der Erinnerung und trank einen großen Schluck.

„Ich musste so tun, als würde ich mich bestens amüsieren, dabei wäre ich am liebsten nach Hause gegangen, um mich auszuweinen. Damals hielt ich Alan für meine große Liebe und konnte mir ein Leben ohne ihn nicht vorstellen.“

„Lass mich raten“, unterbrach Pel sie. „Du hast deinen Kummer in Alkohol ertränkt.“

Freya seufzte. „Wenn du ohnehin alles weißt, warum muss ich es dir erzählen?“

„Weil ich wissen möchte, wie der mysteriöse Max ins Bild passt. Erzähl weiter.“

„Max war natürlich auch auf der Party. Ich hatte ihn zwei, drei Jahre nicht mehr gesehen. Er war gerade aus Afrika zurückgekommen und sah ganz anders aus als früher.“

Obwohl es schon sechs Jahre her war, erinnerte sie sich genau an den Abend. Max war ihr größer und kräftiger vorgekommen als früher, und er sah, wie sie fand, älter aus als siebenundzwanzig Jahre. Da seine Haut tief gebräunt war, wirkten seine hellgrauen Augen noch auffallender. Ihr Herz hatte seltsamerweise einen Schlag lang ausgesetzt, als sie Max am anderen Ende des Raums entdeckt hatte.

„Max hat sich auch nicht amüsiert. Er konnte sich noch nie für Partys begeistern“, berichtete Freya weiter. „Gelegentlich hat er mich missbilligend angesehen – wie früher auch schon immer –, aber kein Wort mit mir geredet. Irgendwann ist er doch zu mir gekommen und hat gesagt, er würde mich nach Hause bringen, ich hätte schon genug getrunken.“

„Ach so! Er ist herrisch, stimmt’s?“

„So kann man es auch ausdrücken.“ Freya schnitt ein Gesicht. „Ohne auf meine Proteste zu achten, hat er mich, quasi mit Gewalt, in sein Auto verfrachtet.“

Pel neigte sich gespannt vor. „Und dann hat er dich zu verführen versucht?“

„Schlimmer!“

„Schlimmer? Meine Güte, Freya, was hat er getan?“

„Es geht nicht darum, was er getan hat, sondern was ich getan habe.“ Wieder presste sie die Hände gegen die Wangen, die sich heiß anfühlten. „Ich habe versucht, mit ihm zu flirten.“

„Und?“

„Und nichts. Max ist gegen Flirten absolut immun.“

Pel hatte offensichtlich eine dramatischere Enthüllung erwartet. „War das alles?“

„Nein. Ich habe zu weinen angefangen.“ Freya schauderte bei der Erinnerung. „Ich habe Max erzählt, wie sehr ich Alan liebte und dass mein Leben ruiniert sei. Es war eine klägliche Vorstellung!“

Mitfühlend sah Pel sie an. „Tränen? Oje! Und wie hat Max reagiert?“

„Er hat mich heulen lassen, während er mich nach Hause gefahren hat. Dann hat er mich ins Haus begleitet und mich gezwungen, literweise Wasser zu trinken, bis ich wieder halbwegs nüchtern war. Währenddessen hat er neben mir auf dem Sofa gesessen und mir von Afrika erzählt.“

Ihre grünen Augen blickten nun träumerisch.

„Da habe ich zum ersten Mal von Mbanazere gehört. Max hat mir ein kleines Hotel am Meer beschrieben, wo er am Strand unter Palmen gesessen und Krabbensandwiches gegessen hat. Es klang zauberhaft romantisch! Das muss mich irgendwie angesteckt haben. Anders kann ich es mir nicht erklären.“

„Was erklären?“

Freya schob das Glas hin und her. „Dass ich Max plötzlich unwiderstehlich fand. In einem Moment jammerte ich noch, dass Alan mich verlassen hatte, im nächsten habe ich mich Max an den Hals geworfen, obwohl ich ihn bis dahin überhaupt nicht attraktiv gefunden hatte. Plötzlich war ich von ihm wie besessen. Ich konnte wirklich nichts dagegen tun.“

Schaudernd dachte sie daran, wie sie versucht hatte, sich Max verführerisch zu nähern und dabei ungeschickt gegen ihn gesunken war. Wie er sich verspannte, als sie ihm heiser ins Ohr flüsterte, dass er ihr gefiel. Und wie er sie, nach kurzem Zögern, in die Arme genommen und an sich gepresst hatte.

„Ich muss wirklich völlig betrunken gewesen sein“, vermutete Freya und rutschte unbehaglich auf dem Barhocker herum.

„Jeder erlebt so peinliche Momente“, tröste Pel sie, als er ihre hochroten Wangen sah. „Ich erinnere mich, wie ich … nein, lassen wir das. Es hätte in deinem Fall viel schlimmer kommen können. Es ist ja nicht so, dass du mit ihm …“ Er verstummte kurz, als er ihren Ausdruck bemerkte. „Ach so! Du hast mit Max …“

Sie nickte.

„Und was ist passiert? Danach, meine ich“, beeilte Pel sich hinzuzufügen.

„Nichts.“ Freya drehte das Glas zwischen den Fingern. „Max konnte es kaum erwarten, mich allein zu lassen. Er sagte, es sei ein Fehler gewesen, und wir sollten besser so tun, als wäre nichts geschehen. Das war mir nur recht. Es war mir so peinlich, dass wir miteinander geschlafen hatten. Er hatte mich bis dahin immer wie eine kleine Schwester behandelt, deshalb kam es mir beinah wie Inzest vor.“

Pel lachte. „Unsinn!“

„Du hast ja keine Ahnung! Ständig hat er auf Lucy und mich herabgesehen und uns spöttisch kritisiert, bis ich mir wie ein richtiges Dummerchen vorgekommen bin. Deshalb habe ich auch nie für ihn geschwärmt, mal ganz abgesehen davon, dass er nicht unbedingt umwerfend aussieht. Na ja, er sieht nicht übel aus, aber er ist ein Spießer und Spaßverderber.“

„Trotzdem scheinst du deinen Spaß mit ihm gehabt zu haben“, meinte Pel herausfordernd. „Es war doch bestimmt fantastisch mit ihm, stimmt’s?“

„Nein! Ja … Ach, ich weiß nicht“, gestand Freya und seufzte. „Es war, als wären wir plötzlich in andere Wesen verzaubert, die in einer eigenen Welt existierten.“

„Das klingt wie die Verwirklichung eines erotischen Traums“, bemerkte Pel nachdenklich.

„Für mich war es kein Traum und für Max bestimmt auch nicht“, erwiderte sie scharf. „Es war ein einmaliger Ausrutscher, den ich am liebsten für immer aus dem Gedächtnis streichen würde. Das alles ist sechs Jahre her, und Max und ich haben seitdem fast kein Wort mehr gewechselt. Er hat das Ereignis offensichtlich vergessen“, fügte sie leicht bekümmert hinzu.

„Ist es dir nicht peinlich, in seinem Apartment zu leben?“, erkundigte Pel sich.

„Na ja … irgendwie schon. Aber Lucy war so begeistert von dem Arrangement, dass ich ihr nicht sagen wollte, warum ich Max nicht zu Dank verpflichtet sein möchte.“

„Lucy weiß nicht, dass du und Max …?“

„Stimmt.“ Freya strich mit der Fingerspitze über den Rand des Glases. „Es war mir zu kompliziert, es ihr zu erklären. Sie ist zwar meine beste Freundin …“

„Ich dachte, ich wäre das!“ Pel tat gespielt empört und verzog schmollend die Lippen.

„Ja, du zählst zu meinen liebsten Freunden“, beruhigte sie ihn. „Du bist übrigens der Erste, dem ich von der Sache mit Max erzählt habe. Und wenn du auch nur ein Sterbenswort davon verlauten lässt …“, sie sah ihn drohend an, „… dann ergreife ich Maßnahmen, nach denen du dich tatsächlich als meine beste Freundin bezeichnen kannst – und das mit Sopranstimme! Habe ich mich klar genug ausgedrückt?“

„Absolut klar“, erwiderte Pel und lachte. „Dein Geheimnis ist bei mir sicher. Ich möchte auf keinen Fall im Frauenchor singen.“

„Können wir das Thema Max jetzt fallen lassen und wieder auf meine Cocktailparty zu sprechen kommen?“, schlug Freya vor. „Max ist Vergangenheit, die Zukunft gehört Dan Freer! Am besten bestellen wir noch einen Drink und widmen uns der Gästeliste.“

2. KAPITEL

Der Entschluss, Dan Freer zu verführen, erweist sich in der Praxis als gar nicht so einfach, überlegte Freya, während sie einen Cocktail trank und so tat, als würde sie sich amüsieren.

Sie wusste, dass sie gut aussah. Von Lucy ermutigt, hatte sie sich die Haare nicht nur schneiden, sondern auch blondieren lassen und sich ein gewagt kurzes rotes Kleid und fabelhaft schicke Schuhe gekauft. Ja, sie war so attraktiv wie nie zuvor – und besser würde sie nie aussehen, gestand sie sich selbstkritisch ein.

Die Party war richtig in Schwung. In der Küche standen bereits etliche leere Flaschen, und der Lärmpegel stieg. So weit war es ein Erfolg, nur mit Dan hatte es noch nicht geklappt.

Freya hatte sich ausgemalt, er würde hereinkommen und, wie magnetisch angezogen, zu ihr eilen und ihr nicht mehr von der Seite weichen. Spätestes um zwanzig Uhr würden die Gäste die Party verlassen, denn Pel hatte ihr versichert, dass Cocktailpartys nicht länger dauerten. Sie und Dan würden in ein intimes kleines Lokal zum Abendessen gehen und danach … aber das überließ sie Dan. Sie konnte sich ja nicht um alles kümmern.

Bisher kümmerte er sich jedoch überhaupt nicht um sie. Innerhalb von Minuten war er von ihren hübschesten Kolleginnen umlagert gewesen, die ihn mit allen Mitteln zu beeindrucken versuchten.

Freya wurde immer mutloser. Sie trank einen Schluck Martini und blickte zu Lucy neben sich. „Was meinst du?“

„Er ist perfekt! Genau der Mann, den du brauchst.“

Autor

Jessica Hart

Bisher hat die britische Autorin Jessica Hart insgesamt 60 Romances veröffentlicht. Mit ihren romantischen Romanen gewann sie bereits den US-amerikanischen RITA Award sowie in Großbritannien den RoNa Award.

Ihren Abschluss in Französisch machte sie an der University of Edinburgh in Schottland. Seitdem reiste sie durch zahlreiche Länder, da...

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