In deinem verführerischen Bann

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Er ist geradezu unverschämt attraktiv, wahnsinnig berühmt - und ein schamloser Playboy! Ein Mann wie Finn St George bedeutet nichts als Ärger, besonders für Serena. Nachdem er ihr einst das Liebste nahm, wollte sie ihn nie wiedersehen. Doch dummerweise hat Finn gerade mal wieder einen Skandal provoziert, und es ist Serenas Job, die Scherben zu beseitigen. Als sie ihn deshalb auf seiner Luxusjacht in Monaco zur Rede stellt, sprühen prompt die Funken: Funken der Wut - und der Leidenschaft. Und entgegen aller Vernunft gerät Serena bald immer stärker in seinen verführerischen Bann …


  • Erscheinungstag 12.05.2015
  • Bandnummer 2178
  • ISBN / Artikelnummer 9783733701659
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Monte Carlo, im Mai

Haltet eure Herzen unter Verschluss, Ladys, denn Rennfahrer und Casanova Finn St George ist auf die Spielwiese der Reichen und Berühmten zurückgekehrt.

Erst gestern mit einem ganzen Schwarm Schönheiten im Hafen von Monaco eingelaufen, hat der „Schönste Mann der Welt“ kurz darauf in bester James-Bond-Manier die Spielbank betreten – im Smoking, das berühmte schiefe Lächeln auf den Lippen. Mit seinem umwerfenden Charme hat der sechsfache Weltmeister und notorische Playboy die Gäste binnen kürzester Zeit für sich eingenommen, obwohl der Eigentümer von Scott Lansing ihm geraten hatte, nicht so ausgelassen zu feiern wie sonst.

Anscheinend drohen die Sponsoren Michael Scott damit, ihm sonst die Gelder für das Team zu entziehen, was einen Verlust von vierzig Millionen Pfund bedeuten würde.

Finn St George, für seine wilden Partys bekannt, hat in letzter Zeit offenbar richtig über die Stränge geschlagen. Erst vergangene Woche hat er mit vier Frauen in einem Club in Barcelona gefeiert.

Aber in Anbetracht der Tatsache, dass der Prinz von Monaco das diesjährige Rennen schon in zwei Tagen eröffnet, ist Finns ausschweifendes Privatleben wohl Scott Lansings geringste Sorge, denn offensichtlich ist unser Favorit nicht in Form.

Nachdem er in Australien nur den dritten Platz belegte, hat er in Malaysia und Bahrain nur knapp gewonnen und sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit seinem Erzrivalen Nemesis Hart geliefert. Und da er nach seinem spektakulären Unfall in Spanien letzten Monat vorzeitig ausscheiden musste, liegt er nun zum ersten Mal seit Jahren mit mehreren Punkten hinter Nemesis Hart zurück.

Ist St Georges Stern im Fallen begriffen? Oder hat der tragische Bootsunfall im vergangenen September, an dem sein Teammitglied Tom Scott beteiligt war, ihn so schwer getroffen?

Wenn der beliebte Womanizer sich nicht zusammenreißt, könnte Scott Lansing in ernsthafte finanzielle Schwierigkeiten geraten. Eins steht jedenfalls fest: Während Monaco mit angehaltenem Atem auf das große Rennen morgen wartet, dürfte Michael Scott nervös auf und ab gehen und auf ein Wunder hoffen.

Ein Wunder …

Serena Scott warf die Zeitung aufgebracht auf den Schreibtisch ihres Vaters. „In einem Punkt haben sie sich jedenfalls getäuscht. Du gehst nicht nervös auf und ab.“

Es schien ihr, als wären ihre unregelmäßigen Atemzüge und ihr Herzklopfen die einzigen Geräusche, die in dem luxuriösen Büro auf Scott Lansings Jacht zu hören waren.

„Noch nicht“, erwiderte Michael Scott schroff und fixierte sie mit seinen scharf blickenden grauen Augen.

Um drei Uhr morgens hatte er sie mit seinem Anruf in London aus dem Bett geholt, und sie war Hals über Kopf an die Côte d’Azur gereist. Nun erahnte sie den Grund dafür, und falls sie recht hatte, würde es ihr bestimmt nicht gefallen.

„Ich weiß nicht, warum du dir Sorgen machst“, meinte sie, während sie die Arme vor ihrem apfelgrünen T-Shirt verschränkte. „Finn verhält sich doch wie immer. Er feiert die Nächte durch, trinkt, spielt, schläft mit ein paar Starlets und fährt für das große Finale ein Auto zu Schrott. Als du ihn vor zwei Jahren unter Vertrag genommen hast, wusstest du das schließlich.“

„Damals war er noch nicht so schlimm“, antwortete ihr Vater trocken. „Und es ist nicht nur das, er ist … Ich weiß nicht, wie ich es erklären soll. Er macht weiter, als wäre nichts passiert, fast als hätte er Todessehnsucht.“

Serena lachte ungläubig. „Bestimmt nicht. Er ist schlichtweg so anmaßend, dass er sich für unverwundbar hält.“

„Nein, es ist mehr als das. Es ist irgendetwas … Dunkles.“

Etwas Dunkles? Ein Schauer überlief sie, und die Schatten der Vergangenheit drohten sie einzuholen. Bis sie sich ins Gedächtnis rief, über wen sie sprachen.

„Vielleicht übertreibt er es etwas auf dem Sonnendeck.“

„Tut doch nicht so begriffsstutzig“, ermahnte ihr Vater sie.

Ja, leider brachte Finn St George das Schlechteste in ihr zutage, und das, seit sie ihm vor vier Jahren zum ersten Mal in die Augen geblickt hatte.

Schnell dachte Serena an etwas anderes, denn sie wollte nicht an das peinlichste Erlebnis ihres Lebens erinnert werden. Sie hatte ihre Lektion gelernt. Als sie dann nach dem Abschluss ihres Studiums der Ingenieurwissenschaften im Team des weltbekannten Autodesigners in London gearbeitet und Finn immer mehr für Schlagzeilen gesorgt hatte, war sie ihm zum Glück nur noch selten begegnet.

Bis man sie dann offiziell einander vorgestellt und er sie herausfordernd und spöttisch zugleich gemustert hatte. Dieser verdammte Mistkerl! Man musste sie nicht daran erinnern, dass sie keine Femme fatale war – vor allem kein oberflächlicher Casanova wie er.

Abgesehen davon, dass seine zweifelhaften Moralvorstellungen sie abstießen, hatten sie sich von Anfang an nur gefetzt – und zwar bevor er ihr das Kostbarste überhaupt genommen hatte.

Eine Welle des Schmerzes überkam sie, und Serena schwankte ein wenig.

Ihr Vater zupfte am Ärmel seines Team-Poloshirts. „Ich verstehe nicht, warum ihr beide überhaupt nicht miteinander klarkommt, aber ich brauche deine Hilfe, Serena.“

Sie stieß einen ungläubigen Laut aus, während sie ihren Vater betrachtete, den die Damenwelt den „schicken Mick“ getauft hatte. Er war Ende vierzig, ehemaliger Rennfahrer und mehrfacher Weltmeister und erinnerte sie mit dem von grauen Strähnen durchzogenen dunklen Haar und den markanten Zügen an eine Filmikone. Er sah wirklich gut aus, und für sie war er eher ein guter Freund als eine Vaterfigur – zumindest meistens.

„Ich glaube, du machst Witze“, scherzte sie. „Denn ich werde vermutlich eher Finn St Georges schlimmster Albtraum als seine vermeintliche Retterin sein.“

Resigniert schüttelte er den Kopf. „Ich weiß. Aber ich frage mich, ob du vielleicht eher zu ihm durchdringst. Mir gehen langsam die Ideen aus. Und die Fahrer. Und die Wagen.“ Er warf den Stift in seiner Hand auf den Stapel Unterlagen. „Hast du den Crash letzten Monat im Fernsehen gesehen? Null Selbsterhaltungstrieb. Der Typ bringt sich irgendwann noch um.“

„Lass ihn doch“, platzte Serena heraus – typisch für sie! Ihr loses Mundwerk brachte sie oft in Schwierigkeiten …

„Das meinst du gar nicht so“, sagte er mit einem vorwurfsvollen Unterton.

Für einen Moment schloss sie die Augen und atmete tief durch. Nein, sie mochte den Typen nicht, aber sie wünschte ihm auch nichts Schlechtes.

„Ich möchte in diesem Leben nicht noch einmal einen Jungen verlieren.“

Serena ließ die Schultern sinken. Und dann betrachtete sie Michael Scott zum ersten Mal seit ihrer Ankunft vor zwanzig Minuten richtig. Ihr Dad mochte auch ein Playboy sein, doch er hatte ihr schrecklich gefehlt.

Angesichts der Ringe unter seinen Augen hätte sie ihn fast gefragt, wie er mit dem Verlust seines einzigen Sohns zurechtkam. Und ob er sie auch vermisst hätte. Allerdings führten ihr Vater und sie niemals tief gehende Gespräche. Also verdrängte sie die Gefühle und verschanzte sich wieder hinter dem Schutzwall, der ihr inzwischen zur zweiten Haut geworden war.

Sie war hart im Nehmen und beklagte sich nie. Was hätte es auch für einen Sinn gehabt? Sie war die Tochter dieses Mannes, und in seiner Familie war kein Platz für Sentimentalität.

Obwohl sie viel durchgemacht hatte, musste sie wie ein Mann damit fertigwerden und weitermachen. Schade nur, dass es nicht so gut funktionierte. Manchmal tat es so weh, dass sie es kaum aushielt. Reiß dich zusammen, Serena, ermahnte sie sich.

„Jedenfalls kannst du nicht die ganze Saison in London bleiben und an dem Prototyp arbeiten. Ich dachte, er wäre fertig.“

„Das ist er auch. Wir führen diese Woche nur noch die Abschlusstests durch.“

„Das kann das Team machen. Ich brauche dich hier.“

Ich brauche dich hier. Ihr Vater wusste genau, wann er was sagen musste.

„Nein, du brauchst mich für deinen außer Rand und Band geratenen Jungen. Das Problem ist nur, dass ich ihn nie wiedersehen möchte.“

„Es war nicht seine Schuld, Serena“, meinte ihr Vater resigniert.

„Das sagst du immer.“

Finn hatte Tom zu einem Besäufnis mit nach Singapur genommen und war in seinem zwanzig Millionen Pfund teuren Jet zurückgekehrt, während sie den Sarg ihres Bruders in Empfang nahmen. Er hatte ihn mit zu einem Segeltörn hinausgenommen, obwohl Tom nicht schwimmen konnte. Er hatte nicht einmal den Anstand besessen, zur Beisetzung zu erscheinen!

„Also, was erwartest du von mir? Dass ich ihm verzeihe? Niemals. Dass ich dafür sorge, dass es ihm besser geht? Das funktioniert nicht. Also, warum sollte er es tun?“

„Weil sein Team untergeht. Willst du das wirklich?“

Sie seufzte. „Nein, und das weißt du.“ Das Team Scott Lansing war ihre Familie. Ihr Leben. Ein bunter Haufen aus Freunden und Nennonkeln, und sie hatte sie alle wahnsinnig vermisst. Doch das alles rief zu viele schmerzliche Erinnerungen wach.

„Zum letzten Mal: Es war nicht Finns Schuld. Es war ein Unfall. Lass endlich los. Du tust niemandem einen Gefallen, wenn du immer wieder damit anfängst – am wenigsten mir.“ Ihr Vater fasste sich an die Nasenwurzel, als würde er eine seiner Migräneattacken unterdrücken. Sofort stiegen Schuldgefühle in ihr auf.

Er litt. Sie alle litten. Lass endlich los …

Aber warum hatte sie jedes Mal, wenn sie über den tragischen Tag sprachen, das ungute Gefühl, dass ihr Vater ihr auswich?

„Tom hätte dich nicht so sehen wollen“, fuhr er gereizt fort. „Er hätte nicht gewollt, dass du Finn die Schuld gibst, dich in London verkriechst und dich in deine Arbeit flüchtest. Es ist höchste Zeit, wieder am Leben teilzunehmen.“

„Ich habe mich nicht verkrochen!“

Er stieß einen ungläubigen Laut aus.

Okay, vielleicht hat er recht.

Wieder schloss Serena für einen Moment die Augen. Sie war so verdammt müde!

Sie hatte ihren Bruder, ihren besten Freund, verloren, und sie vergaß, dass sie trotzdem weitermachen musste. So war sie erzogen worden, und meistens stand sie hinter Michael Scotts Erziehungsmethoden. Man brauchte ein dickes Fell, wenn man zehn Monate im Jahr in einer Männerdomäne lebte. Und sie hatte dieses Leben wirklich geliebt.

Manchmal hatte sie andere Kinder mit ihren Müttern beobachtet und sich gefragt, wie es wohl wäre, selbst eine zu haben, in einem ganz normalen Haus zu leben und jeden Morgen zur Schule zu gehen. Dann hatte sie sich immer ins Gedächtnis gerufen, dass sie ein aufregendes Leben führte. Und wenn der Verlust zu schmerzlich gewesen war, hatte sie sich damit getröstet, dass sie ja Tom hatte. Tom war ihr Fels in der Brandung gewesen.

Aber nun war er gegangen. Nichts war mehr aufregend, und niemand hielt nachts ihre Hand, wenn sie Angst hatte. Du brauchst auch niemanden, der deine Hand hält, ermahnte Serena sich. Du bist stark!

Mühsam schluckte sie. „Also, falls es tatsächlich ein Problem gibt, wie könnte ausgerechnet ich ihm helfen?“

„Versuch, sein Interesse an dem Prototyp oder an deinen letzten Entwürfen zu wecken. Ich weiß nicht – bring ihn einfach dazu, sich mit etwas anderem als mit Frauen oder Alkohol zu befassen.“

Das ist unmöglich!

„Ich bin eine Frau.“

„Nur im technischen Sinne.“

„Na, vielen Dank.“

Serena wollte auch auf keinen Fall wie seine Flammen sein – kurvenreiche blonde Luxuspüppchen. Mit ihrer knabenhaften Figur, der wilden Mähne, der undefinierbaren Haarfarbe und ihrem bevorzugten Kleidungsstil – Jeans und Bikerboots – verkörperte sie deren krasses Gegenteil.

„Das Letzte, was er braucht, ist ein neues Betthäschen“, bemerkte ihr Vater trocken. „Er braucht einen Tritt in den Hintern. Eine Herausforderung. Und zwischen euch beiden sprühen die Funken. Darum bitte ich dich, nein, verlange ich von dir, dass du mir hilfst. Ich zahle dir dein Gehalt. Du kommst wieder hierher ins Team.“ Ein abschätzender, ja berechnender Ausdruck trat in seine grauen Augen. „Sonst kannst du dich von der Markteinführung deines Prototyps in Silverstone verabschieden.“

„Das würdest du nicht wagen!“, rief Serena empört – und wider besseres Wissen. Seiner Meinung nach war ihr neuer Entwurf nichts Besonderes, und sie würde alles daransetzen, um ihm das Gegenteil zu beweisen.

Dieser Prototyp war ihr Baby. In ihm steckten drei Jahre harte Arbeit. Es war ihre und Toms Inspiration, und sie hatten beide davon geträumt, ihn in Silverstone vorzustellen. Er war das einzig Greifbare, was ihr von ihrem Bruder geblieben war.

„Das ist richtig mies, Dad.“

Ihr Vater wandte den Blick ab. „Eher verzweifelt.“

Und wieder einmal hatte er sie festgenagelt. „Na gut. Ich … lasse mir etwas einfallen.“ Sie fühlte sich ausgesprochen unbehaglich, denn sie hatte keine Ahnung, wie sie mit dem Typen umgehen sollte. „Aber ich weiß, dass Finn wieder an die Spitze kommt. In Monaco gewinnt er immer. Wie sind die Qualifikationsrunden heute gelaufen? Er ist in der Pole Position, stimmt’s?“

Prompt verfinsterte sich seine Miene. „Er hat den Motor abgewürgt.“

„Dann startet er morgen in letzter Reihe?“

„Ja.“

Fassungslos deutete sie mit einem Finger in die Richtung von Finns schwimmendem Bordell. „Und er ist immer noch auf seiner Jacht und feiert das mit einer Orgie?“

Das resignierte Schulterzucken ihres Vaters brachte sie richtig in Rage.

„Ist es ihm denn völlig egal? Nein, sag nichts. Ich weiß es schon.“

Dieser Typ interessierte sich nur für sich selbst! Anstand und Pflichtgefühl waren in seinem Genpool offenbar nicht vorhanden gewesen.

Serena stürmte aus dem Büro, wobei ihre Bikerboots dumpfe Geräusche auf dem polierten Holzfußboden machten. „Ich bringe ihn um! Mit meinen bloßen Händen.“

„Langsam, Serena! Ich brauche ihn noch.“

Und sie wollte ihren Bruder zurückhaben – was natürlich genauso illusorisch war, wie Finn St George keinen Kinnhaken zu verpassen. Sie hatte endgültig genug davon, dass dieser Mann sich in das Leben ihrer Familie einmischte. In ihr Team. In ihr Leben. Ihr Bruder war tot, der Weltmeistertitel so gut wie verloren, und ihr Vater alterte mit jeder Sekunde, in der Finn über die Strenge schlug!

Aber sie würde dem Ganzen jetzt ein Ende setzen.

2. KAPITEL

Serena bahnte sich ihren Weg durch die langsam schlendernden Pärchen, die den Hafen bevölkerten. Sie hatte nur Augen für die Extasea, die sich majestätisch aus dem Wasser erhob. Fünfzig Meter lang und mit drei Stockwerken war sie unter den ringsum vor Anker liegenden anderen Superjachten eine Klasse für sich und eher ein Ozeanriese als ein schwimmendes Partyschiff.

Dass sie sich zu diesem Besuch herablassen musste, nagte an ihrem Stolz. Allerdings gab es jetzt kein Zurück mehr. Sie würde Finn sagen, was sie zu sagen hatte, und er würde ihr zuhören. Es war befreiend, und sie hätte es schon vor Monaten tun müssen. Das erkannte sie jetzt.

Als sie sich der Jacht näherte, spürte sie die milde Luft umso mehr. Die schwülen Klänge rhythmischer Musik übertönten das Geräusch ihrer Schritte. Als sie die Gangway hocheilte und lustvolles Stöhnen vom Whirlpool auf dem Sonnendeck hörte, stolperte sie prompt und hielt sich schnell an der Reling fest.

Du gehörst nicht hierher, Serena. Umgeben von Sex und Frauen, die pure Weiblichkeit ausstrahlten. Egal, wohin sie sah, sie entdeckte überall nur leicht bekleidete Körper. Allein bei dem Anblick fröstelte sie.

Als sie weiterging, stellte sie fest, dass niemand sie zu bemerken schien. Alle Pärchen küssten und streichelten sich weiter, tranken Champagner und lachten. Schmerzlich fragte sie sich, wann sie das letzte Mal gelacht hatte.

Wütend eilte Serena weiter, als plötzlich aus dem Nichts eine finstere Gestalt auftauchte und sie am Arm packte.

„Aua!“ Nackte Angst stieg in ihr auf, denn je heftiger sie sich wehrte, desto mehr verstärkte der Mann seinen Griff. „Lassen Sie mich sofort los!“ Dann verschwamm ihr alles vor den Augen …

„He, lassen Sie sie los“, drang dann eine vertraute raue Stimme an ihr Ohr. „Sie ist harmlos.“

Der Typ gab sie so unvermittelt frei, dass Serena fast das Gleichgewicht verloren hätte. Während sie sich wieder fing, glitt ihr Blick zu dem Besitzer der Stimme.

„Danke“, sagte sie, und ihre Stimme klang erschreckend matt.

„Alles in Ordnung, Serena?“

Serena betrachtete Jake Morgan – dunkelhaarig und ein attraktives, jungenhaftes Gesicht. Scott Lansing war gerade dabei, ihn zum Star zu machen. Sie hatte ihn noch nie fahren sehen. Seltsamerweise wirkte er in ihrer Gegenwart immer leicht verlegen, während ihr Herz sich bei seinem Anblick zusammenkrampfte, weil er Toms Nachfolger war.

„Ja, mir geht es prima. Seit wann hat Finn Bodyguards?“

„Seit dieser Saison, ab und zu. Hauptsächlich, wenn er feiert und viele Gäste hat.“

Übersetzung: wenn er uneingeladene Sexbomben abwehren musste.

„Wo ist er denn überhaupt?“, fragte sie. Sie zitterte so stark, dass sie die Arme vor der Brust verschränken musste.

„Keine Ahnung.“ Jakes Blick glitt zu einer Tür, die wohl zum großen Salon führte. „Ich habe ihn schon eine Weile nicht mehr gesehen.“

„Vergiss es. Ich suche ihn.“

Da offensichtlich viele Gäste ihre wilde Mähne und ihre zerknitterten Klamotten musterten, übte die Tür plötzlich einen gewissen Reiz aus, und erleichtert schlüpfte Serena hinein.

Die luxuriöse Ausstattung war überhaupt nicht nach ihrem Geschmack und passte nicht einmal zu Finn. Vermutlich hatte er die Jacht von irgendeinem Milliardär gekauft. Nachdem sie an unzähligen Wandleuchtern in Form von Putten vorbeigekommen war, fand Serena sich in einem Korridor voller Türen wieder. Es ähnelte einem Albtraum …

Aus dem Raum am Ende des Flurs drang lustvolles Stöhnen, und mit wild pochendem Herzen ging sie darauf zu.

Als sie die Hand auf die Klinke legte, fragte sie sich flüchtig, ob sie Finn wirklich in flagranti mit seiner neuesten Flamme überraschen wollte. Andererseits konnte sie kaum den ganzen Abend hier herumstehen. Falls er betrunken war, blieben ihr nur sechzehn Stunden, um ihn wieder auszunüchtern, und sie würde dieses Boot nicht ohne ein paar Antworten verlassen!

Unwillkürlich presste sie das Ohr an die Tür und hörte das gedämpfte Quietschen von Federn und Lustschreie. Prompt wurde ihr heiß vor Verlegenheit.

Verdammt, was ist bloß mit mir los?

Konzentrier dich.

Serena ignorierte das wilde Klopfen ihres Herzens und lauschte weiter. Die Frau genoss das Ganze offensichtlich, denn sie stöhnte, während ihr Liebhaber sie mit samtweicher Stimme ermunterte. Prompt spürte Serena, wie eine verräterische Wärme ihren Schoß durchflutete.

Aber das war nicht Finn. Dieser sprach das typische Eton-Englisch, gefärbt mit einem leichten amerikanischen Akzent, denn außerhalb der Saison lebte er in den Staaten, wo er eine beliebte Autoshow moderierte. Sie hätte seine raue Stimme überall wiedererkannt.

Nervös befeuchtete sie sich die Lippen und überlegte, ob sie den Rückzug antreten sollte, bevor man sie erwischte. Nur warum konnte sie sich nicht von der Stelle rühren? Warum wollte sie sich vorstellen, was hinter dieser Tür geschah?

„Und, ist sie schon gekommen?“, ertönte plötzlich eine verführerische Stimme hinter ihr amüsiert.

Unvermittelt richtete Serena sich auf, während ihr Herz zu rasen begann.

Nein. Das. Durfte. Nicht. Wahr. Sein.

„Guten Abend, Miss Seraphina Scott. Willst du mitfeiern?“, fragte er spöttisch. „Hier ist noch genug Platz für einen Gast.“

„Erst wenn …“ Na toll, ich kann nicht einmal atmen! „Erst wenn die Hölle gefriert.“

Sie wollte von hier verschwinden. Sofort. Doch der Gedanke, dass sie sich alles andere als souverän verhielt, lähmte sie.

Nur einen knappen Meter von ihr entfernt lehnte Finn St George an der vertäfelten Wand, und die Hitze, die sie durchflutete, entsetzte sie. Was habe ich in meinem früheren Leben verbrochen, dass ich so bestraft werde?

Sie hasste ihn! Er hatte sich keinen Deut verändert. Noch immer war er die verdorbene Kreatur auf zwei Beinen. Und offenbar gedachte er weiterzumachen, als hätte er ihr Leben nicht völlig zerstört. Was hatte ihr Vater gesagt? „Er macht weiter, als wäre nichts passiert …“

Aber genau das würde sie verhindern.

Seraphina. Niemand durfte sie so nennen. Niemand!

„Dies ist kein Höflichkeitsbesuch“, erklärte sie, stolz auf den kühlen Klang ihrer Stimme. „Zu jedem anderen Zeitpunkt hätte mich nur eine Apokalypse in diese Lasterhöhle gebracht.“

Sein Mund – der Frauen zu hysterischen Ausbrüchen veranlasste – verzog sich zu einem schiefen Lächeln, und ein Grübchen erschien auf seiner Wange. „Und trotzdem bist du hier.“

Ja, und leider konnte sie sich gerade nicht an den Grund für ihren Besuch erinnern. Sondern nur daran denken, dass sein Mund eine scharfe Waffe war.

„Anscheinend treffe ich dich immer in den … kompromittierendsten Situationen an, Seraphina.“ Seine ungewöhnlichen Augen funkelten in dem gedämpften Licht. „Du lauschst an Türen? Böses Mädchen. Ich sollte dich übers Knie legen.“

Zum Glück errötete sie nicht wie ein Mädchen – denn sie war auch noch nie eins gewesen. Und dass sie sich in der Gegenwart dieses Mannes wie eins fühlte, war vermutlich die größte Erniedrigung überhaupt. Während Serena überlegte, ob es klug wäre, auf diese zweideutigen Bemerkungen einzugehen, musterte sie ihn genauso unverhohlen wie er sie. Es war ihr rätselhaft, warum er dieses Theater bei jeder Begegnung mit ihr durchziehen musste. Eine Braue hochgezogen, wies er sie arrogant in ihre Schranken und gab ihr zu verstehen, dass sie ein hässliches Entlein unter lauter schönen Schwänen war.

Nur leider verfing das bei ihr nicht mehr.

Sicher nannte man ihn nicht grundlos den besten Liebhaber der Welt. Aber es gab viele Männer, die gut im Bett waren. Viele hatten sexy Grübchen. Viele hatten einen geradezu sündhaften Mund und Augen von der Farbe von …

Glaubst du das etwa?

Finn St George war geradezu unverschämt attraktiv – von engelhafter männlicher Schönheit. Dichtes aschblondes Haar, das ihm in die Stirn fiel, verlieh ihm etwas Draufgängerisches. Und dieses Gesicht …

Mit seinem faszinierenden Mund und den himmelblauen Augen, in denen ein geradezu verderbter Ausdruck lag, hatte er sich in die Herzen aller Frauen katapultiert. Er hatte das Gesicht eines Filmstars und den Körper eines Athleten, den das aufgeknöpfte weiße Leinenhemd und die tief sitzende Shorts perfekt zur Geltung brachten. Kurzum, er war in jeder Hinsicht zum Anbeißen.

Zum Glück wusste sie, dass sich unter einer auf Hochglanz polierten Karosserie ein kaputter Motor verbergen konnte.

„Was soll das hier eigentlich, Casanova? Glaubst du nicht, dass exzessives Feiern in der Nacht vor einem Rennen sogar dir zum Verhängnis werden kann?“

„Ich muss den Adrenalinschub von der Qualifikationsrunde ja irgendwie abbauen, Seraphina. Es sei denn, du bietest mir an, mich von meiner … körperlichen Anspannung zu befreien.“

Prompt reagierte ihr Körper auf seinen sinnlichen Tonfall. Finn merkte es offenbar, denn seine Mundwinkel zuckten.

„Ich könnte dich k. o. schlagen.“

Da war es wieder. Jenes Lächeln. Eine gefährliche und zerstörerische Waffe, mit der er die Frauen in die Knie zwang. Dass auch sie weiche Knie bekam, brachte Serena noch mehr auf die Palme. „Aber wir möchten dein hübsches Jungengesicht ja nicht verunstalten, oder?“

Vielleicht bildete sie es sich nur ein, aber sie hätte schwören können, dass er blass wurde und zusammenzuckte – bevor er spürbar in Rage geriet.

Unwillkürlich wich sie einen Schritt zurück und stieß dabei gegen die Tür. Am liebsten wäre sie auf ihn losgegangen. Es schien ihr, als würde ihr Körper in ihm den Feind erkennen und sich auf einen Kampf einstellen.

Damals hatte sie nicht kämpfen können. Aber jetzt konnte sie es.

Serena ballte die Hände zu Fäusten, doch im nächsten Moment verzog Finn amüsiert die Lippen, als wäre alles nur ein Witz gewesen. Dieser plötzliche Stimmungsumschwung brachte sie völlig aus der Fassung.

„Ja, halten wir mein Gesicht da lieber raus“, konterte er lässig. „Ich möchte die Ladys schließlich nicht mit unschönen Blutergüssen beunruhigen.“

„Ich glaube, Ladys hattest du heute Abend schon genug.“

„Im Gegenteil, ich wollte gerade mit einem Workout beginnen.“

„Mit dem neuesten Starlet oder Boxenluder zu schlafen, ist eine Sache. Aber die Nacht vor einem Rennen auf der gefährlichsten Strecke überhaupt durchzufeiern, ist unpassend und hochriskant!“

Finn seufzte. „Allein das Wort unpassend klingt schon langweilig, findest du nicht?“

„Nein – und unsere Sponsoren auch nicht.“ Sie rieb sich die Schläfen, die zu pochen begonnen hatten. „Ich schwöre dir, wenn du dich jetzt nicht endlich zusammenreißt und das für dieses Team durchziehst, wirst du wünschen, du wärst nie geboren worden.“

„Das glaube ich dir gern.“

„Gut.“

Er strich sich mit dem Daumen über die Lippe. „Also wenn du nicht hergekommen bist, um mit mir ins Bett zu gehen, warum dann, meine Schöne?“

Sekundenlang hielt er ihren Blick fest, und die widersprüchlichsten Gefühle bestürmten sie. Sie hasste das!

„Mach dich gefälligst nicht über mich lustig, Finn. Ich bin nicht in der Stimmung für deine Spielchen. Wie kannst du es wagen, das Team so zu gefährden, während alle anderen herumsitzen und deine arme kleine Seele bemitleiden?“

„Du weißt genauso gut wie ich, dass Mitleid bei mir vergeudet ist. Vor allem, wenn man bei mir viel … schönere Gefühle empfinden kann.“

Sie war kurz davor zu platzen. „In Anbetracht der Tatsache, dass du heute Morgen einen Motor ruiniert hast, könntest du dir vielleicht mal Gedanken darüber machen, wie du die Situation noch retten könntest. Hast du getrunken? Du könntest vom Rennen disqualifiziert werden!“

Finn schüttelte den Kopf. „Ich habe nicht getrunken. Ehrenwort.“

Autor

Victoria Parker
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