Julia Extra Band 473

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ZURÜCK IN DEN ARMEN DES STOLZEN SPANIERS von JENNIE LUCAS
"Rodrigo?" Lolas Herz klopft verräterisch, als sie dem spanischen Milliardär ein Jahr nach ihrer heißen Affäre bei einem Wohltätigkeitsball in New York begegnet. Doch neben Verlangen spürt sie Furcht: Niemals darf er die Folgen ihrer letzten leidenschaftlichen Nacht entdecken!

GEWAGTES SPIEL MIT DEM PLAYBOY von THERESE BEHARRIE
Playboy Jacques Brookes muss heiraten, um seinen Ruf als ehrbarer Geschäftsmann wiederherzustellen; Lily braucht einen Mann, um ihrem Ex eifersüchtig zu machen. Die schnellste Lösung? Eine Scheinverlobung! Aber warum prickelt es dann so unwiderstehlich erregend, als er sie küsst?

SINNLICHE VERSUCHUNG IM INSELPARADIES von MICHELLE DOUGLAS
Auf einer einsamen griechischen Insel will Audra nach einer schmerzlichen Trennung zur Ruhe kommen. Nur wie, wenn sie sich ihre Luxusvilla überraschend mit einem sexy Verführer wie Finn Sullivan teilen muss? Gegen ihren Willen versetzt er ihre Sinne immer mehr in Aufruhr …

UNVERGESSLICHE NACHT IN VENEDIG von MELANIE MILBURNE
Sabrina träumt von einem Märchenprinzen, der sie im Sturm erobert. Max dagegen hat der Liebe abgeschworen. Um Sabrina nicht zu verletzen, darf er ihrem Sex-Appeal nicht nachgeben! Doch vor der malerischen Kulisse Venedigs ist die Versuchung zu groß, die Leidenschaft bald übermächtig …


  • Erscheinungstag 15.10.2019
  • Bandnummer 473
  • ISBN / Artikelnummer 9783733713003
  • Seitenanzahl 448
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Jennie Lucas, Therese Beharrie, Michelle Douglas, Melanie Milburne

JULIA EXTRA BAND 473

JENNIE LUCAS

Zurück in den Armen des stolzen Spaniers

Als Milliardär Rodrigo Cabrera seine Ex-Geliebte Lola wiedersieht, begehrt er sie mehr denn je. Dabei weiß er, dass sie nichts als sein Geld will! Oder warum hat sie damals seinen Scheck genommen?

THERESE BEHARRIE

Gewagtes Spiel mit dem Playboy

„Schatz“ nennt Lily den attraktiven Fremden auf der Party – natürlich nur, um ihren Ex eifersüchtig zu machen! Doch Unternehmer Jacques Brookes steigt sofort auf ihr Spiel ein und zieht sie in seine Arme …

MICHELLE DOUGLAS

Sinnliche Versuchung im Inselparadies

Die schöne Audra ist genau Finns Typ. Als Schwester seines besten Freundes ist sie jedoch für eine Affäre tabu! Dumm bloß, dass es – allein mit ihr im Inselparadies – heiß zwischen ihnen knistert …

MELANIE MILBURNE

Unvergessliche Nacht in Venedig

So leidenschaftlich wie mit Max kann Sabrina sich mit niemandem streiten, so leidenschaftlich wie ihn hat sie noch niemanden begehrt. Aber während sie sich eine Familie wünscht, will er nur Sex – oder?

1. KAPITEL

Für Lola Price bedeutete Geld alles. Geld machte den Unterschied zwischen Glück und Trauer, Freude und Elend aus. Das hatte sie im zarten Alter von fünf Jahren gelernt, und das galt noch immer.

Sie war in einer staubigen Stadt am Rande der kalifornischen Wüste in einem Wohnwagen aufgewachsen. Dort gab es kaum Arbeit. Lolas Mutter konnte sich und ihre kleine Tochter nach dem Tod ihres Mannes kaum über Wasser halten. Durch die zweite Ehe wurde alles nur noch schlimmer.

Mit achtzehn Jahren war Lola dann endgültig zu dem Schluss gekommen, dass man reich sein musste, wenn man seine Liebsten beschützen wollte.

Kurz entschlossen schmiss sie die Highschool und zog nach Los Angeles, weil sie hoffte, dort sofort zum Filmstar aufzusteigen und zu retten, was von ihrer Familie noch übrig geblieben war.

Doch der Traum von einer Schauspielkarriere platzte jäh wie eine Seifenblase, und Lola stand ohne einen Cent da.

Inzwischen hatte das Blatt sich gewendet. Sie war Mutter eines vier Monate alten Sohnes, und sie hatte fast eine Million Dollar auf dem Konto.

Lola atmete tief durch. Niemand würde ihr je wieder ihre Familie nehmen!

Sergej Morozovs dröhnende Stimme riss Lola aus den Gedanken an die Vergangenheit und katapultierte sie in die Gegenwart, auf den Wohltätigkeitsball, bei dem sie gerade mit Sergej über die Tanzfläche schwebte.

„Darf ich dich küssen, Lolitschka?“

„Was?“ Konsterniert sah sie auf. „Mich küssen?“

„Ja. Wann darf ich dich küssen?“

„Überhaupt nicht!“

Der russische Finanzmagnat zuckte betroffen zusammen. Er war ein untersetzter Mittfünfziger mit grauen Schläfen, der ein großes Unternehmen an der Wall Street leitete und noch immer einen starken russischen Akzent hatte. Bis zur Geburt ihres Sohnes vor vier Monaten war Lola Sergejs Sekretärin gewesen.

„Aber als du meine Einladung angenommen hast, mich heute Abend zu begleiten, dachte ich …“

„Tut mir leid, Sergej, aber da musst du etwas missverstanden haben.“

Um sie herum tanzten elegante Paare im festlich geschmückten Ballsaal des New Yorker Luxushotels, wo der Wohltätigkeitsball für bedürftige Kinder den gesellschaftlichen Höhepunkt des Monats November bildete.

Lola wunderte sich, wieso ihre beiden besten Freundinnen Hallie und Tess, die seit Kurzem Milliardärsgattinnen waren, durch Abwesenheit glänzten. Normalerweise ließen sie sich keinen Ball entgehen.

Während sie nun mit ihrem ehemaligen Chef tanzte, wobei sie streng auf die Etikette achtete, ließ sie den Blick über die anderen eleganten Tänzer im maßgeschneiderten Smoking gleiten, die sie an einen anderen Mann erinnerten, für den sie gearbeitet hatte: Rodrigo Cabrera. Der spanische Medienmogul hatte sie kaltherzig aus seinem Strandhaus geworfen, nachdem er ihr einen Scheck über eine Million Dollar in die Hand gedrückt hatte. Schwanger und mit gebrochenem Herzen war Lola gegangen.

„Vielleicht brauchst du einfach noch etwas Zeit“, sagte Sergej hoffnungsvoll. So schnell gab er nicht auf.

Betreten senkte Lola den Blick. Sie hätte die Einladung nicht annehmen dürfen. Doch ihre verwitwete Nachbarin, die gelegentlich auch als Babysitter einsprang, hatte Lola gut zugeredet. „Du musst doch mal wieder unter Leute kommen und dich amüsieren“, hatte die alte Dame gesagt.

Tatsächlich fühlte Lola sich einsam, besonders nachdem ihre beiden besten Freundinnen kurz nacheinander geheiratet hatten. Nach einem Jahr der Abgeschiedenheit kam ihr Sergejs Bitte, sie zu dem Wohltätigkeitsball zu begleiten, gerade recht. Doch nun bedauerte sie, zugesagt zu haben.

„Irgendein Kerl hat dir das Herz gebrochen“, vermutete Sergej beleidigt. „Er hat dich und das Baby im Stich gelassen.“

Erstaunt sah sie auf. Sie hatte niemandem von Rodrigo erzählt. „Ich habe nie gesagt, dass er mich verlassen hat.“

„Du warst während der Schwangerschaft allein und auch bei der Geburt.“ Er zog sie enger an sich. „Vielleicht sollte ich dich einfach heiraten. Was meinst du?“

„Heiraten?“ Verblüfft musterte sie ihn.

Der stämmige Mann sah ihr tief in die Augen. „Ich begehre dich schon lange, Lola. Wenn die Ehe dein Preis ist, werde ich ihn bezahlen“, fügte er leise hinzu.

Ihn heiraten? Lola war schockiert. Ihr drehte sich fast der Magen um. Sergej Morozov war sicher kein schlechter Mann. Sie hatte während der Schwangerschaft als Sekretärin für ihn gearbeitet. Er war reich und arrogant, aber er hatte ein gutes Herz. Wäre sie achtzehn gewesen, hätte sie sofort Ja gesagt.

Pech für Sergej, dass sie inzwischen fünfundzwanzig war und eine knappe Million besaß – und ein gebrochenes Herz.

„Ich fühle mich wirklich geschmeichelt, aber …“

„Heirate mich, zvezda moya! Ich werde dich mit Juwelen überschütten. Ich werde …“

„Sie gestatten?“

Beim Klang der ihr nur zu vertrauten Männerstimme machte Lolas Herz einen Hüpfer. Seit über einem Jahr hatte sie diese Stimme nicht mehr gehört, und sie würde sie niemals vergessen.

Langsam wandte Lola sich um und sah zu Rodrigo auf, der im Smoking unwiderstehlich aussah – dunkles Haar, fast schwarze Augen, ein Gesicht wie gemeißelt, sexy Bartschatten … Ihr Körper reagierte sofort auf diesen verführerischen Mann, der ihr immer noch gefährlich werden konnte.

„Rodrigo?“, stieß sie atemlos hervor.

„Lola.“ Seine sinnlichen Lippen verzogen sich zu einem kühlen Lächeln. „Lange nicht gesehen.“

Vor ihrem geistigen Auge lief ein Film ab. Tage und Nächte voller Lust, Freude, Lachen. Während der kurzen Affäre hatte Lola sich zum ersten Mal seit langer Zeit nicht mehr so allein gefühlt. Dann kam das abrupte, unendlich schmerzvolle Ende. Sie ließ sich ihre Gefühle nicht anmerken. „Was machst du hier?“

„Ich will mit dir tanzen.“ Mit der Geschmeidigkeit einer Raubkatze drängte er sich zwischen Sergej und sie. „Sie gestatten doch?“, fragte er den russischen Magnaten amüsiert.

Ärgerlich verzog Sergej das Gesicht. „Nein, ich gestatte nicht.“

„Schon gut, Sergej.“ Beschwichtigend berührte Lola ihn am Arm. „Ich bin gleich wieder da.“

„Also gut, aber nur ein Tanz“, beharrte der Russe.

„Wie es der Dame beliebt“, warf Rodrigo von oben herab ein.

„Du lebst also jetzt in New York“, stellte er kühl fest, als Sergej in der Menge verschwunden war.

„Bist du geschäftlich hier?“

„Aber sicher. Wüsstest du einen anderen Grund?“

Sein Blick nahm Lola gefangen. Plötzlich gab es nur noch sie und Rodrigo im Ballsaal.

Behutsam zog Rodrigo sie an sich. Als sie seinen Duft einatmete, wurden ihr die Knie weich.

„Er will dich also heiraten?“, fragte Rodrigo mit Blick auf Sergej, der sie vom Rand der Tanzfläche aus mit finsterer Miene beobachtete.

„Nicht allen Männern ist die Ehe so verhasst wie dir“, erklärte Lola.

„Dann liegt dir also wieder ein Millionär zu Füßen.“

„Nicht alle Menschen hassen mich so wie du, Rodrigo.“

„Ich hasse dich nicht, Lola.“

Sie suchte seinen Blick. „Nein?“

„Nein, ich verachte dich. Das ist ein Unterschied. Offenbar hast du die Million von mir schon ausgegeben, oder warum siehst du dich nach einem neuen Ernährer um? Nimmst du seinen Antrag an?“

Lola kniff die Augen zusammen. Wie würde Rodrigo reagieren, wenn er wüsste, warum sie seinen Scheck angenommen hatte? Sie hatte es nur getan, weil sie ein Kind von ihm erwartete. Geld war ihr wichtiger als ihr Stolz. Es bedeutete Sicherheit. Ihr Sohn sollte niemals Hunger leiden, wie sie damals. Er sollte nicht mit ansehen, wie seine Mutter weinte, weil sie die Rechnungen nicht bezahlen konnte. Er sollte nicht gehänselt werden, weil er schäbige Kleidung trug oder im Unterricht vor Erschöpfung einschlief, weil er auf die jüngeren Geschwister aufgepasst hatte, während die Mutter Spätschicht hatte. Vor allem aber sollte Jett niemals wissen, wie es sich anfühlte, seine Familie zu verlieren.

Durch Rodrigos Geld war garantiert, dass niemand ihr das Baby nehmen konnte. Außer natürlich Rodrigo selbst.

Darüber wollte Lola lieber nicht nachdenken. Väter hatten Rechte. Und Rodrigo war Milliardär. Er nahm sich einfach, was er wollte. Die Vorstellung, er könnte seinen Sohn für sich haben wollen, machte Lola große Angst.

Zwei Jahre lang hatte sie als Rodrigos Sekretärin gearbeitet, bevor sie eine Affäre begonnen hatten. Daher wusste sie nur zu gut, wie rücksichtslos er sein konnte, wenn ihm etwas gegen den Strich ging. Rodrigo hatte oft geschäftlich in New York zu tun, besaß sogar ein Haus in SoHo. Zum Glück verkehrten sie wenigstens in unterschiedlichen Kreisen. So war es höchst unwahrscheinlich, dass er von Jetts Existenz wusste.

Und wenn doch? Nein, er durfte niemals erfahren, dass Jett sein Sohn war.

Ungeduldig musterte er sie. „Nun sag schon! Wirst du ihn heiraten?“

„Ich weiß es noch nicht.“

Seine Hände umfassten ihre schmale Taille fester. „Du lügst, oder?“

„Nein.“ Sie dachte gar nicht daran, Sergejs Antrag anzunehmen. Aber das ging Rodrigo nichts an. „Wieso kümmert dich das überhaupt?“, fragte sie neugierig.

„Ach, ich überlege nur, ob ich ihn vor dir warnen soll.“

„Wieso? Was ist denn so schlimm an mir?“

„Du bist wunderschön, Lola.“ Begehrlich ließ er den Blick über die Schönheit im züchtigen, langärmeligen schwarzen Strickkleid gleiten und legte die Hand unter ihr Kinn. „Atemberaubend schön“, flüsterte er.

Ein heftiges Prickeln überlief sie. Jede Nacht träumte sie von diesem sexy Mann, den sie so geliebt und begehrt hatte, seit er ihr damals die Unschuld genommen hatte.

Rodrigo zog die Hand zurück. „Aber du hast einen schlechten Charakter. Für Geld würdest du alles tun – alles, egal mit wem.“

Seine gemeinen Worte trafen Lola bis ins Mark.

Sie ließ sich nichts anmerken. Nur dieser eine Tanz, dachte sie, dann würde Rodrigo sie in Ruhe lassen. Sie musste sichergehen, dass sie sich nie wieder über den Weg liefen und dass er niemals von Jetts Existenz erfuhr.

Lola rang sich ein ironisches Lächeln ab. „Sehr charmant, Rodrigo. Warum bestehst du eigentlich darauf, mit mir zu tanzen, wenn du mich so schrecklich findest?“

„Du kannst es wohl kaum erwarten, in die Arme deines Lovers zurückzukehren.“

Diese anzügliche Bemerkung überging sie. Zum Glück war das Lied zu Ende. „Danke für den Tanz, Rodrigo. Er hat mir keinen Spaß gemacht. Such dir jetzt bitte eine andere Tanzpartnerin.“ Lola wollte sich abwenden, doch er hielt sie fest.

„Mehr hast du mir nicht zu sagen, nachdem wir uns ein Jahr lang nicht gesehen haben?“ Er sah ihr tief in die Augen.

Plötzlich fühlte sie sich ihm wieder ganz nah und hätte ihm fast die Wahrheit gesagt. Zum Glück tauchte Sergej in diesem Moment an ihrer Seite auf.

„Jetzt übernehme ich wieder“, sagte er energisch.

Dankbar lächelte sie dem Russen zu, dann schenkte sie dem Spanier, den sie von ganzem Herzen geliebt hatte, einen raschen Blick. „Das war’s dann wohl, Rodrigo.“

„Genau.“ Er wandte sich zum Gehen.

„Ich bin müde“, stieß Lola schnell hervor, bevor Sergej sie wieder an sich ziehen konnte. „Wärst du so nett, mich nach Hause zu bringen?“

„Selbstverständlich. Du hast sicher Sehnsucht nach deinem Baby“, antwortete Sergej einfühlsam.

„Baby?“ Wie in Zeitlupe drehte Rodrigo sich wieder um.

„Das geht dich nichts an“, sagte Lola schnell. Sie hatte Angst, ihre leicht bebende Stimme könnte sie verraten. Entschlossen warf Lola das lange blonde Haar zurück und hakte sich bei Sergej unter. „Komm, wir gehen.“

Rodrigo trat ihr in den Weg. „Wie alt ist das Baby?“

„Auch das geht dich nichts an.“ Sie versuchte, sich an ihm vorbei zu drängen.

Er hielt sie fest. „Du sagst mir jetzt sofort, wie alt das Baby ist“, stieß er zornig hervor.

„Da es nicht deins ist, spielt das überhaupt keine Rolle“, behauptete sie und spürte, wie ihr die Röte ins Gesicht stieg. Sie konnte sich einfach nicht verstellen, deshalb war sie auch als Schauspielerin kläglich gescheitert.

Rodrigo riss überrascht die Augen auf.

Er weiß Bescheid, dachte Lola entsetzt. Plötzlich drehte sich alles vor ihren Augen. Verzweifelt suchte sie nach einer Ausrede, doch ihr fiel nichts ein.

„Ich bin der Vater“, sagte Rodrigo leise.

„Unsinn!“ Lola zeigte auf Sergej. „Er ist der Vater.“

Der verdatterte Blick des Russen sprach für sich. Rodrigo umfasste Lolas Schultern mit hartem Griff. „Sieh mich an! Sag mir die Wahrheit!“

„Lass mich los!“ Verzweifelt versuchte Lola zu entkommen. Doch es gab kein Entrinnen. Rodrigo hatte sie noch nie etwas vormachen können. Also atmete sie tief durch und gab sich einen Ruck. „Ja, Rodrigo, du bist der Vater“, gab sie leise zu.

Schockiert ließ Rodrigo sie los und taumelte zurück. Lola hatte ein Kind von ihm! Fassungslos starrte er sie an.

Als sehr junger Mann hatte er sich nach wahrer Liebe, nach einer Familie gesehnt. Drei Frauen hatte er einen Heiratsantrag gemacht. Keine hatte ihn erhört. Seitdem war er erwachsen geworden. Nur naive Menschen glaubten an die Liebe.

Als Medienmogul könnte er jede Frau haben, die es auf eine Karriere als Schauspielerin abgesehen hatte. Doch er war nicht interessiert. Er machte sich nichts aus Affären. Zu seinen am besten gehüteten Geheimnissen gehörte, dass er von Natur aus monogam veranlagt war. Er war das einzige Kind schwerreicher Eltern, die nie Zeit für ihn gehabt hatten. Als kleiner Junge hatte er sich so sehr nach einer liebevollen Familie und einem richtigen Zuhause gesehnt. Auch nachdem er bereits das Filmstudio seines Vaters in Madrid übernommen hatte, hielt diese Sehnsucht an. Warum konnte sein Leben nicht auch von Liebe und Harmonie geprägt sein, wie sie in den romantischen Filmen vorgegaukelt wurde, die sein Studio produzierte?

Ziemlich unsanft war er damals auf dem Boden der Tatsachen gelandet. Alle drei Frauen, mit denen er verlobt gewesen war, hatten ihn bereits vor der Hochzeit betrogen!

Lola Price hatte er selbstverständlich keinen Heiratsantrag gemacht. Er hatte es nicht einmal zugelassen, sich in sie zu verlieben. Die Zeiten, in denen er an ewige Liebe und Treue geglaubt hatte, waren endgültig vorbei. Doch durch die jahrelange enge Zusammenarbeit hatte sich eine gewisse Vertrautheit zwischen Lola und ihm entwickelt. Sie war schon einige Jahre seine Sekretärin gewesen, bevor sie seine Geliebte geworden war.

Rodrigo schätzte Lolas Entschlossenheit, ihre Intelligenz und Tatkraft. Er respektierte und bewunderte sie. Ihrer Schönheit hatte er lange widerstanden, weil er Lola zu sehr als seine Sekretärin schätzte. Dieses gute Arbeitsverhältnis wollte er nicht durch eine kurze Affäre aufs Spiel setzen. Aber mehr als eine Affäre konnte er sich nicht mehr vorstellen.

Dann kam der Abend in Mexiko. Gemeinsam hatten sie in einem berühmten Restaurant der Hauptstadt einen fantastischen Vertragsabschluss gefeiert und zu viel Tequila getrunken. Plötzlich beugte Lola sich vor und gab ihm einen Kuss. Eine wahre Gefühlsexplosion folgte.

Monatelang arbeiteten sie tagsüber zusammen und liebten sich nachts. Es war perfekt gewesen.

Dann hatte Rodrigo erfahren, was für ein Mensch Lola wirklich war und was sie getan hatte, als sie achtzehn Jahre alt gewesen war. Ihm wurde klar, dass sie ihm nur etwas vorspielte. Sie behauptete, ihn zu lieben, dabei hatte sie es nur auf sein Geld abgesehen. Er war ja so blind gewesen! Das verletzte seinen Stolz am meisten. Wie hatte er sich nur einbilden können, dass sie sich wirklich etwas aus ihm machte? Das würde er ihr nie verzeihen – und sich selbst auch nicht.

Ein Jahr lang hatte er jeden Gedanken an sie vermieden und sich eingeredet, er hätte sie vergessen.

Bis er sie vorhin auf dem Tanzparkett entdeckt hatte – in den Armen eines anderen Mannes.

Lola …

Sie sah noch blendender aus, als er sie in Erinnerung hatte. Die haselnussbraunen Augen leuchteten in ihrem wunderschönen Gesicht. Verführerisch wiegte sie sich in den Hüften. Das schwarze Kleid umschmeichelte ihre schlanke, aber sehr weibliche Figur. Rodrigos Herz zog sich schmerzhaft zusammen.

Er erinnerte sich, wie sie ihn hintergangen und sich den Scheck über eine Million Dollar geschnappt hatte, den er ihr wütend zugeworfen hatte.

Lola Price war eine schamlose Lügnerin, der es nur ums Geld ging. Aber selbst ihr hätte er nicht zugetraut, ihm zu verheimlichen, dass sie ein gemeinsames Kind hatten.

Rodrigo musterte sie. Lolas Teint war heller als in der kalifornischen Sonne. Auch sonst hatte sie sich dem Stil der New Yorkerinnen angepasst und war von Kopf bis Fuß schwarz gekleidet. Nur Gesicht und Hände waren nackt. Gerade das wirkte sexy auf Rodrigo. Ihm fiel es schwer, den Blick von den sinnlichen Lippen zu wenden, die er damals unersättlich geküsst hatte. Dann betrachtete er die schlanken Hände. Unwillkürlich erinnerte er sich daran, wie sie sich auf seinem Körper anfühlten.

Als Vorstandssekretärin eines Medienmoguls war Lola Price stets professionell und wie aus dem Ei gepellt aufgetreten. Jetzt sah Rodrigo jedoch ihre Schönheit und fragte sich sofort, ob Lola den untersetzten Russen schon an der Angel hatte. War er ihr Lover? Ihr Verlobter?

Allein bei der Vorstellung wurde ihm übel.

Als Hauptgeschäftsführer der Cabrera Media Group, eines internationalen Filmkonzerns, war Rodrigo ständig von bildhübschen Frauen umgeben. Seine Firmen produzierten Filme und Fernsehserien auf der ganzen Welt. Eine neue auf Streaming spezialisierte Firma in Südamerika stand kurz vor der Eröffnung. Eigentlich hätte Rodrigo immun gegen Lolas verführerische Ausstrahlung sein müssen … aber er begehrte sie heftiger als je zuvor. Wahrscheinlich war genau das sein Problem. Seit er vor einem Jahr die Affäre so abrupt beendet hatte, war er an keiner anderen Frau interessiert gewesen. Nach der langen Abstinenz war es kein Wunder, dass sein Körper auf Lolas Nähe reagierte. Trotz der schockierenden Neuigkeit, die er gerade erfahren hatte. Verdammt!

Er riss sich zusammen. „Du warst also schwanger, als du Kalifornien verlassen hast“, sagte er lauernd. „Und du hast es nicht für nötig befunden, mich darüber zu informieren?“

„Das ist der Vater deines Kindes?“, fragte Sergej schockiert.

Lola wurde noch bleicher. „Ich glaube, du solltest jetzt gehen, Sergej.“

Unbehaglich warf der Russe dem hochgewachsenen Rodrigo einen Blick zu. „Wenn du möchtest, dass ich bleibe, Lolitschka … vielleicht brauchst du Hilfe …“

„Nein, vielen Dank, aber es ist besser, wenn ich das alleine regele“, raunte sie ihm zu.

„Sie haben gehört, was sie gesagt hat“, stieß Rodrigo wütend hervor, „Nun verschwinden Sie schon!“

Unwillig zog der ältere Mann die Brauen zusammen. Dann gab er Lola einen Kuss auf die Wange. „Ich bin jederzeit für dich da.“

Der dankbare Blick, den Lola diesem Kerl zuwarf, entfesselte unbändige Wut in Rodrigo. Schnell ballte er die Hände zu Fäusten und lockerte sie erst wieder, als der Russe verschwunden war.

Entschlossen zog Rodrigo Lola an der Hand von der Tanzfläche in eine menschenleere Ecke des riesigen Ballsaals. Die harmlose Berührung entfesselte sofort ein heftiges, pulsierendes Verlangen in ihm. Wütend versuchte er, die verräterische Reaktion zu ignorieren, und knöpfte sich nun Lola vor. „Wie konntest du mir das verschweigen?“

Lola hielt den Blick gesenkt. „Ich brauche dich nicht. Ich will nichts von dir.“

Ich will dich, Rodrigo. Und ich … ich liebe dich. Mit vor Ekstase bebender Stimme hatte sie ihm die Worte damals ins Ohr geflüstert. Er würde es niemals vergessen. Zwei Monate lang waren sie ein Paar gewesen, als sie ihm ihre Liebe gestanden hatte. Nach einem weiteren triumphalen Vertragsabschluss in Los Angeles waren sie zum Feiern in sein Strandhaus gefahren. Am Strand hatte er ein Lagerfeuer aus Treibholz entfacht. Entspannt saßen sie im Mondschein bei einem Glas Wein zusammen und schauten in die Flammen. Noch immer hatte vernahm er den Geruch von Meerwasser und den Vanilleduft von Lolas Haar. Die Santa-Ana-Winde kühlten ihre erhitzten Körper. Er hörte das Feuer knistern und das Meer rauschen, als Lola mit bebender Stimme ihren Liebesschwur in sein Ohr flüsterte. Rodrigo reagierte mit einem leidenschaftlichen Kuss. In diesem Moment war er wie von Sinnen und wünschte sich fast, Lolas Liebe zu erwidern.

Schnell verbannte er diese Erinnerung und auch den tiefen Schmerz, den er einen Monat später empfunden hatte, als Marnie ihm die Augen über Lola öffnete. Marnie arbeitete schon viele Jahre für ihn und war seine loyalste Angestellte.

„Es ist mir sehr unangenehm, Mr. Cabrera, aber ich muss Ihnen etwas sagen, was Sie über Lola Price wissen sollten“, hatte Marnie gesagt.

Selbst diese Erinnerung konnte Rodrigos heißes Verlangen nach Lola jetzt nicht auslöschen. Er wollte sie an sich ziehen, hier in diesem Ballsaal, sie halb um den Verstand küssen, sie hier und jetzt nehmen. Sie sollte vor Lust stöhnen und ihn so begehren, wie er sie begehrte – immer noch, trotz allem.

Energisch rief er sich zur Ordnung und fragte wütend: „Wie konntest du mir verschweigen, dass du ein Kind von mir hast? Ich hätte nicht gedacht, dass du so tief sinken könntest.“

Lola atmete tief durch. „Ich wollte dir erzählen, dass ich schwanger bin, aber du wolltest mich ja nicht anhören. Hast du das vergessen?“

Nein, er wusste noch genau, wie sie mit leuchtenden Augen bei ihm im Strandhaus aufgetaucht war. „Ich muss dir etwas sagen …“

Er hatte sie rüde unterbrochen. „Erst werde ich dir jetzt mal was sagen. Ich habe die Fotos gesehen. Jetzt weiß ich, was du getan hast.“ Verächtlich hatte er sie gemustert. „Ich weiß, wer du bist.“

Das Leuchten in ihren Augen war sofort erloschen. Beschämt hatte sie den Kopf hängen lassen und sich widerspruchslos seine Vorwürfe angehört. Wie ein Häuflein Elend hatte sie vor ihm gestanden und alles über sich ergehen lassen. Schließlich war ihm der Geduldsfaden gerissen. Irgendeine Reaktion musste sie doch zeigen. Also hatte er einen Scheck über eine Million Dollar ausgestellt und ihn ihr vor die Nase gehalten.

„Darauf warst du doch aus, oder? Du hattest keine Lust mehr, dich mit dem Sekretärinnenjob zu begnügen. Du wolltest höher hinaus, hast gehofft, meine Frau zu werden. Wenn es dir ums Geld geht, dann nimm den Scheck!“

Verzweifelt hatte er gehofft, sie würde ihn zerreißen. Dann hätte er ihr verziehen, was sie getan hatte. Jeder machte mal einen Fehler. Auch Rodrigo nahm sich da nicht aus. Aber er konnte ihr nicht vergeben, dass sie ihn zum Narren gehalten und ihn davon überzeugt hatte, dass sie ihn liebte. Dabei war es ihr die ganze Zeit nur um seine wohlgefüllte Brieftasche gegangen!

Lange hatte sie den Scheck angestarrt, bevor sie danach griff und wortlos das Strandhaus verließ. Da war Rodrigo klar geworden, dass sich seine schlimmsten Befürchtungen über sie bewahrheitet hatten.

„Du hast mich belogen“, wütete er jetzt. „Und du hast dich aus dem Staub gemacht, um die Schwangerschaft vor mir zu verbergen.“

„Dir war doch vollkommen egal, was mit mir passiert“, entgegnete sie zornig. „Woher sollte ich denn wissen, dass dir unser Kind wichtig ist?“

„Es ging gar nicht um das Baby. Du wolltest mich bestrafen.“ Wütend funkelte er sie an.

„Und was hast du getan? Rausgeworfen hast du mich, aus meinem Job und aus deinem Leben. Du hast mich angebrüllt und beleidigt, wolltest mich niemals wieder sehen. Dann hast du mir den Scheck vor die Nase gehalten. Und da sollte ich dir von meiner Schwangerschaft erzählen?“ Lola lachte höhnisch.

„Du hast mir mein Kind vorenthalten, Lola.“

„Du hast gesagt, du hasst mich. Nicht einmal im Traum hätte ich daran gedacht, dir irgendwelche Rechte an meinem Baby einzuräumen.“

Unnachgiebig musterte er sie. Diese Frau hatte kein Herz. Ihr ging es nur um Geld, sonst hätte sie den Scheck nicht genommen.

Plötzlich ging Rodrigo ein Licht auf. Konnte es sein, dass Lola den Scheck nur genommen hatte, weil sie ihr gemeinsames Kind allein durchbringen musste? Als sie Kalifornien den Rücken gekehrt hatte, wusste sie bereits, dass sie schwanger war. Hätte sie ihm mitgeteilt, dass sie ein Kind von ihm erwartete, wäre viel mehr Geld für sie drin gewesen. Also hatte er ihr die ganze Zeit unrecht getan? Nein, das wollte er nicht glauben.

„Du bist also nach New York gegangen und hast dir einen anderen reichen Mann geangelt.“

Lola schüttelte den Kopf. „Sergej war nur mein Boss. Ich habe bis zur Geburt des Babys für ihn gearbeitet.“

„Du hast gearbeitet?“ Erstaunen malte sich auf Rodrigos Gesicht.

„Ja, als seine Sekretärin.“

Lola war eine fantastische Sekretärin. Kein Wunder, dass sie sofort einen neuen Job gefunden hatte. Nicht zuletzt, weil er darauf bestanden hatte, dass die Personalabteilung ihr ein ausgezeichnetes Arbeitszeugnis ausstellte. Er fragte sich nur, warum sie gleich wieder gearbeitet hatte.

„Du hast doch meinen Scheck eingelöst. Eigentlich hattest du es gar nicht nötig zu arbeiten, oder?“

„Das Geld ist für das Baby. Ich habe eine schöne Wohnung für uns gefunden und kümmere mich seit der Geburt um den Kleinen. Außerdem habe ich meinen Schulabschluss nachgeholt“, fügte sie leise hinzu.

„Wozu brauchst du den denn plötzlich?“

„Die meisten Arbeitgeber verlangen das inzwischen als Mindestvoraussetzung. Daher habe ich für die Prüfung gelernt und sie in der vergangenen Woche abgelegt.“ Sie biss sich auf die Lippe. „Ob ich bestanden habe, weiß ich noch nicht.“

„Du machst dir Gedanken um deine Bewerbungsmappe?“, fragte er ungläubig und musste seine aufsteigende Eifersucht unterdrücken. „Wozu? Dieser Russe hat dir einen Heiratsantrag gemacht und hat vor, dich mit Juwelen zu überschütten.“

Lola lächelte verbittert. „Ich habe mich schon einmal in einen reichen Mann verliebt. Diese Erfahrung reicht mir. Für meinen Sohn und mich ist es besser, wenn wir allein leben.“

Rodrigo stutzte. „Ein Sohn? Wie heißt er?“

„Jett. Jett Price.“

„Jet? Klingt nach Boeing oder Airbus.“

„Unsinn! Auf so einen Quatsch kannst auch nur du kommen.“

„Wie auch immer. Sein Nachname sollte Cabrera sein.“

„Er heißt aber Price.“ Herausfordernd hob sie das Kinn.

„Ich will einen Vaterschaftstest. Und dann …“

„Was dann?“

„Dann sehen wir weiter.“

Lola hielt seinem Blick stand. Rodrigo wurde von vielen Menschen gefürchtet. Ihm eilte der Ruf voraus, ein gnadenloser Geschäftsmann zu sein. Doch Lola hatte keine Angst vor ihm. „Wir brauchen dich nicht, Rodrigo. Komm ja nicht auf die Idee, mir mein Kind wegzunehmen.“

„Wie willst du das verhindern? Du weißt doch, wozu ich fähig bin.“

„Allerdings. Aber du kennst mich, Rodrigo.“

„Was willst du damit sagen, Lola?“

„Wenn du auch nur versuchen solltest, mir meinen Sohn wegzunehmen, wirst du das bitter bereuen.“

„Willst du mir etwa drohen?“, fragte er verblüfft.

Sie zog eine Augenbraue hoch. „Das ist keine Drohung, sondern ein Versprechen.“

„Wie willst du es denn mit mir aufnehmen?“

„Ich habe sehr einflussreiche Freunde“, antwortete sie, ohne mit der Wimper zu zucken.

Wahrscheinlich meint sie den Russen, dachte Rodrigo. Sie war seine Sekretärin. Seinen Heiratsantrag hat sie angeblich abgelehnt. Ob sie mit ihm schläft?

Allein bei der Vorstellung wurde ihm übel.

Er war Lolas erster Liebhaber gewesen. Ihm hatte sie ihre Unschuld geschenkt. Zuerst war er schockiert gewesen. Immerhin war Lola vierundzwanzig Jahre alt, als sie sich ihm hingegeben hatte. Dann hatten ihn Stolz und Freude darüber erfüllt, dass diese begehrenswerte Schönheit auf ihn gewartet hatte.

Nach der Trennung hatte sie vermutlich mehrere Liebhaber gehabt. Wer konnte der verführerischen Lola schon widerstehen? Er dagegen hatte wie ein Mönch gelebt.

„Bist du mit dem Russen liiert?“, fragte er betont lässig.

Sie verzog das Gesicht. „Er durfte mich nicht einmal küssen.“

Ungläubig sah er sie an. „Du lügst.“

„Nein. Ich habe in meinem ganzen Leben nur einen Mann geküsst.“ Am liebsten hätte sie die Worte zurückgenommen. Zu spät …

Rodrigo spürte, wie sein Herz schneller schlug. „Ist das wahr?“ Er kam näher. „Du hast keinen anderen geküsst?“

Sie sah auf. Ihre Augen sprühten Funken. „Ich habe dich geliebt, Rodrigo. Weißt du überhaupt, was das Wort bedeutet? Wohl kaum, du hast ja nichts für mich empfunden.“

„Aber ich verstehe nicht, wieso der Mann dir einen Heiratsantrag gemacht hat.“

„Wahrscheinlich weil er glaubt, er könnte mich nur haben, wenn er mich heiratet.“

Sie sagt die Wahrheit, dachte Rodrigo. Lola war eine schlechte Lügnerin. Er hatte immer sofort gewusst, wenn sie log. Man sah es ihr an der Nasenspitze an. Als sie gesagt hatte, dass sie ihn liebte, war das auch die Wahrheit gewesen. Hatte er sich die ganze Zeit in ihr geirrt?

Vielleicht. Aber es war kein Irrtum, dass sie ihm sein Kind vorenthalten hatte.

„Ich will das Baby sehen“, sagte Rodrigo angespannt.

„Jetzt?“

„Ja.“

„Okay. Dann hole ich meinen Mantel. Du darfst Jett kennenlernen, aber mehr nicht.“

Das werden wir ja sehen, dachte er, als er ihr aus dem Ballsaal folgte. Noch immer begehrte er diese Frau, vielleicht mehr denn je. Außerdem war er entschlossen, seinem Sohn ein guter Vater zu sein. Jett sollte seinen Namen tragen und eine glückliche Kindheit haben. Rodrigo schwor sich, alles daranzusetzen, dass der Kleine es besser haben sollte als sein Vater.

2. KAPITEL

Rodrigo hatte das Personal bereits gebeten, seinen Wagen vorzufahren. Als Lola und er das Hotel verließen, stand der Ferrari schon abfahrbereit vor dem Portal.

Höflich half Rodrigo Lola in den Wagen, bevor er sich ans Steuer setzte und losfuhr.

Nervös warf sie ihm einen Seitenblick zu. Vielleicht war es tatsächlich besser, dass Rodrigo nun Bescheid wusste. Wenigstens musste sie nicht mehr lügen. Sie war eine so erbärmliche Lügnerin.

Einflussreiche Freunde hatte sie tatsächlich: Hallie Morettis Ehemann war Milliardär. Ihm gehörte die Luxushotelkette Campania. Prinzessin Tess Zacco di Gioreale hatte sich ebenfalls einen Milliardär geangelt, genauer gesagt einen sizilianischen Prinzen. Tess selbst war Modedesignerin.

Lola hatte in der vergangenen Woche Tess’ erste eigene Modenschau vorzeitig verlassen müssen, um heimlich die Prüfung an der Abendschule abzulegen. Ihren Freundinnen wollte sie erst davon erzählen, wenn sie bestanden hatte.

Ihr fiel es schwer, Schwächen einzugestehen. Deshalb wussten Tess und Hallie auch bis heute nicht, wer Jetts Vater war.

Sollte es tatsächlich zu einem Sorgerechtsstreit mit Rodrigo kommen, würden die Freundinnen und deren liebende Ehemänner ihr mit Rat und Tat zur Seite stehen. Da war Lola sich ganz sicher. Niemand durfte es wagen, ihr Jett wegzunehmen!

Angespannt sah sie aus dem Fenster. Nachdem Rodrigo sie nach ihrer Adresse gefragt hatte, hatten sie kein weiteres Wort gewechselt. Nun befanden sie sich nur noch wenige Meter von dem Wohnblock in Murray Hill.

„Dort drüben wohne ich.“ Lola zeigte auf das Gebäude.

„Kann ich in der Tiefgarage parken?“, fragte Rodrigo.

„Es gibt keine Garage.“ Sie lächelte amüsiert. „Nicht einmal einen Portier.“

Also fuhr Rodrigo langsam weiter, bis er eine Parklücke gefunden hatte. Wie geschickt er den Sportwagen in die kleine Lücke manövrierte, nötigte Lola Respekt ab.

Schnell stieg er aus, war mit wenigen Schritten an der Beifahrertür und half Lola aus dem Wagen.

Nervös versuchte sie zu ignorieren, wie gut es sich anfühlte, als seine große Hand ihre umschloss. Lola fröstelte, als er sie abrupt wieder losließ. Seite an Seite gingen sie durch die kalte Novembernacht. In der leichten Brise raschelten die letzten braunen Blätter an den Bäumen.

Seit fast einem Jahr wohnte sie nun hier, und es gefiel ihr. In der Nachbarschaft wohnten viele Familien mit Kindern. Zum Grand Central Terminal konnte man zu Fuß gehen. Mit einigen Nachbarn im Haus hatte sie schon Freundschaften geschlossen. Eine herzliche Witwe sprang gelegentlich als Babysitter für Jett ein, so auch an diesem Abend.

Lola gab den Code für den Türöffner ein, ging voraus zum Fahrstuhl und drückte den Knopf für die fünfte Etage. Die ganze Zeit war sie sich Rodrigos Nähe nur zu bewusst.

In ihrer Wohnung brannte nur im Wohnzimmer eine Lampe und warf Schatten auf die Möbel, die Lola vom Vormieter übernommen hatte.

Eine weißhaarige Dame saß in einem Polstersessel und strickte. Lächelnd sah sie auf, als Lola das Zimmer betrat. „Du bist aber früh zurück, Lola“, sagte sie überrascht. Dann riss sie die Augen auf, als sie Rodrigo entdeckte. Seit Lola hier wohnte, hatte sie keinen Männerbesuch gehabt. Und nun tauchten gleich zwei Männer an einem einzigen Abend auf! Sergej hatte sie zum Wohltätigkeitsball abgeholt, Rodrigo brachte sie zurück.

„Hallo, Mildred. Du hast recht. Ich war plötzlich sehr müde“, erklärte Lola.

„Hast du dich gut amüsiert?“ Neugierig musterte die alte Dame Rodrigo.

Normalerweise sprach Lola nicht über ihr Privatleben, aber sie wollte vermeiden, dass Mildred einen falschen Eindruck von ihr bekam. „Das ist Jetts Vater.“

„Oh.“ Mildreds Augen wurden noch runder.

„Alles in Ordnung mit Jett?“, fragte Lola schnell, um das Thema zu wechseln.

„Aber ja. Er ist ein kleiner Engel. Ich habe ihn gebadet und ihm sein Fläschchen gegeben. Er ist vor einer guten Stunde eingeschlafen.“ Sie packte ihr Strickzeug beiseite und stand auf. „So, dann lasse ich euch mal allein. Ihr habt euch bestimmt viel zu erzählen.“ Verständnisvoll lächelnd machte sie sich auf den Weg.

Offensichtlich hatte Mildred die Situation falsch eingeschätzt. „Es ist wirklich nicht nötig, dass du schon gehst, Mildred“, sagte Lola.

„Vielen Dank, dass Sie auf ihn aufgepasst haben.“ Rodrigo hielt der alten Dame ein Bündel Hundertdollarscheine entgegen.

Mildred winkte ab. „Ich helfe gern. Der Kleine ist ein Schatz. Wie schön, dass Sie endlich Zeit gefunden haben, sich hierherzubemühen“, fügte sie spitz hinzu. „Ein Baby braucht seinen Vater, und die Mutter einen Ehemann.“

Geschäftig eilte Mildred aus der Wohnung.

„Ich brauche ganz sicher keinen Ehemann“, stieß Lola verlegen hervor.

„Glaubt sie, ich hätte dich sitzen lassen?“ Irritiert musterte er Lola.

„Keine Ahnung. Niemand weiß von dir. Nicht einmal meine besten Freundinnen. Sie denken, du bist entweder verheiratet, gewalttätig oder Alkoholiker.“ Sie lächelte amüsiert.

Er warf ihr einen bösen Blick zu, sagte aber nichts.

„Du möchtest jetzt bestimmt Jett sehen.“ Sie hängte ihren Mantel auf und ging zum einzigen Schlafzimmer der kleinen Wohnung.

Rodrigo folgte ihr. Im Mondschein konnte er ein Bett und einen Stubenwagen erkennen. Lola beugte sich darüber und betrachtete liebevoll ihren kleinen Sohn, der friedlich schlief, die Ärmchen links und rechts auf dem Kopfkissen.

„Das ist Jett“, flüsterte sie stolz.

Rodrigo stützte die Hände auf den Rand des Stubenwagens und beugte sich vor, um das vier Monate alte Baby zu betrachten.

Erst in diesem Moment fiel Lola die verblüffende Ähnlichkeit zwischen Vater und Sohn auf. Vielleicht hatte sie es bisher nicht wahrhaben wollen. Jett hatte die gleichen schwarzen Locken wie Rodrigo und auch seine fast schwarzen Augen.

Als der Kleine gähnte, bildete sich ein Grübchen – genau wie bei seinem Vater.

„Er ist so winzig“, flüsterte der mächtige Medienmogul ergriffen.

Lola lächelte. „Das gibt sich. Eines Tages wird er so groß sein wie du, Rodrigo.“

Einträchtig betrachteten sie das Wunder, das sie gemeinsam geschaffen hatten. Rodrigo war ihr so nahe, dass sie seine Körperwärme spürte. Impulsiv hätte sie ihm beinahe anvertraut, wie sehr sie sich nach der Trennung gefürchtet hatte, sich in New York ganz allein ein neues Leben aufzubauen. Hier glaubte sie, ihren jüngeren Schwestern näher zu sein. Den Plan, die beiden zu kontaktieren, hatte sie schnell wieder verworfen, weil sie ja nicht wissen konnte, was sie erwartete.

Während der Schwangerschaft hatte sie immer wieder an Rodrigo gedacht: beim ersten Ultraschall; als sie erfahren hatte, dass sie einen Jungen erwartete; als sie in den Wehen lag. Wie gern hätte sie Rodrigo dabeigehabt. Immer wieder hatte sie schon das Handy in der Hand gehabt, um ihn anzurufen. Doch der Mann, den sie geliebt hatte, existierte ja nicht. Der Mann mit dem sexy Körper, mit den verführerischen Augen hatte ihr das Herz gebrochen und würde sie wahrscheinlich endgültig zugrunde richten, wenn er erfuhr, dass sie ein Kind von ihm hatte.

Rodrigo sah auf und hielt ihren Blick fest. Dann betrachtete er wieder das friedlich schlafende Baby. „Du hättest es mir sagen müssen.“

„Ich konnte nicht.“

„Ich bin sein Vater.“

Der Kleine wurde unruhig. Schnell legte Lola einen Finger an die Lippe und zog Rodrigo mit sich aus dem Schlafzimmer. Draußen wirbelte sie zu ihm herum. „Du willst ein Vater sein?“ Wütend funkelte sie ihn an. „Dann solltest du dir eins merken: Wecke niemals das Baby auf!“

Rodrigo sah sich in der bescheidenen Wohnung um. „Hattest du nicht gesagt, du hättest ein schönes Apartment für ihn gefunden?“

„Das stimmt ja auch.“

Er lachte abfällig. „Du hättest mein Loft in SoHo haben können. Ich benutze es so gut wie nie.“

Wie gemein von ihm, ihr das zu sagen. „Du Schuft hast mich doch rausgeworfen! Du wolltest nie wieder etwas mit mir zu tun haben. Glaubst du wirklich, ich hätte so jemanden um Hilfe gebeten? Eher wäre ich gestorben!“ Verzweifelt drängte sie die Tränen zurück.

Rodrigo machte einen Schritt auf sie zu. „Du brauchst nie wieder jemanden um Hilfe zu bitten. Wenn der Vaterschaftstest positiv ist, werde ich dich heiraten.“

Lola glaubte, sich verhört zu haben. „Wie bitte?“, flüsterte sie benommen.

„Um seinetwillen.“ Rodrigo schaute sie durchdringend an. „Du wirst zu mir gehören.“

Verblüfft riss sie die Augen auf. Er war ja selbst verblüfft. Nach drei gescheiterten Verlobungen hatte er sich geschworen, nie wieder einen Heiratsantrag zu machen. Aber der Anblick seines kleinen Sohnes hatte seine Seele berührt. Der Kleine war ihm wie aus dem Gesicht geschnitten, und er hatte ihn sofort ins Herz geschlossen. Sein Sohn sollte keine einsame Kindheit haben wie er damals, das schwor er sich. Jett sollte nie glauben müssen, dass sein Vater ihn nicht liebte, dass er ihm eine Last war.

Rodrigo hatte sich ungewollt und ungeliebt gefühlt. Seine Eltern waren so selbstsüchtig gewesen, die Erziehung ihres Sohnes einem Kindermädchen zu überlassen. Das würde Jett erspart bleiben. Seine Eltern würden ihn gemeinsam großziehen und immer für ihn da sein. Er wird meinen Namen tragen, dachte Rodrigo entschlossen. Lola würde sich aus Liebe zu ihrem Sohn schon darauf einlassen.

Zeit für einen Neuanfang, dachte Rodrigo. Er würde Lola verzeihen, und sie würde ihren Stolz hinunterschlucken. Gemeinsam würden sie Verantwortung für Jetts Erziehung übernehmen – so jedenfalls Rodrigos Plan.

„Ich soll dich heiraten?“ Fassungslos starrte Lola ihn an. „Du musst verrückt sein.“

„Unser Sohn braucht ein harmonisches Elternhaus. Das wirst du ja wohl einsehen.“

„Er ist bei mir ganz sicher und geborgen.“

„Ich bin bereit, dir zu verzeihen, dass du ihn mir vorenthalten hast, Lola.“

Wütend funkelte sie ihn an. „Ich habe ihn dir nicht vorenthalten, ich habe ihn beschützt.“

„Wie auch immer.“ Ungeduldig fuhr er sich durchs Haar. „Jedenfalls hat sich die Situation jetzt gründlich geändert.“

„Aber deshalb müssen wir doch nicht heiraten, Rodrigo. Ich weiß ja, wie du über die Ehe denkst, nachdem deine drei Verlobten dich schon vor der Hochzeit betrogen haben.“

Woher wusste sie das? Verärgert kniff er die Augen zusammen. Wahrscheinlich von Marnie. Irgendjemand musste getratscht haben. Nichts Ungewöhnliches in der Filmbranche. „Das mit uns ist anders, wir sind ja nicht ineinander verliebt“, erklärte er kühl.

Lola blieb skeptisch. „Wir können ja einen Plan machen, wann du Jett sehen darfst“, schlug sie vor.

„Willst du unserem Sohn wirklich zumuten, ständig zwischen seinen Eltern hin und her zu fliegen? Das ist nicht dein Ernst. Außerdem ist er dann immer nur bei einem Elternteil, aber nie bei beiden zusammen und weiß nicht, wo sein Zuhause ist. Nein, Lola, das ist ausgeschlossen.“

„Aber viele Kinder pendeln, weil ihre Eltern nicht an einem Ort leben. Ich glaube nicht, dass es ihnen schadet.“

„Mein Sohn wird das nicht tun.“

„Aber wieso müssen wir denn gleich heiraten?“

Rodrigo wollte ihr nicht erzählen, wie schrecklich seine Kindheit gewesen war. Daher sagte er nur: „Weil ich möchte, dass wir beide jeden Tag für unseren Sohn da sind. Er soll sich geliebt und geborgen bei uns fühlen.“

„Das tut er jetzt auch!“, antwortete Lola empört.

„Ich weiß. Es ist offensichtlich, wie sehr du den Kleinen liebst. Genau deshalb wirst du mich auch heiraten, Lola.“

„Ich heirate keinen Mann, den ich nicht liebe.“ Entschlossen und wütend blickte sie ihn an.

Rodrigo kam noch näher und hielt ihren Blick fest. „Du hast mich aber mal geliebt“, gab er leise zu bedenken.

„Leider habe ich damit keine gute Erfahrung gemacht.“

„Gut, dann liebst du mich eben nicht. Das macht die Dinge sowieso einfacher. Aber du wirst mich heiraten, Lola. Und zwar sehr bald.“ Er richtete sich auf. „Schlaf erst mal drüber. Wenn du dich beruhigt hast, wirst du einsehen, dass es das Beste ist.“

„Ganz sicher nicht!“

„Wir leben in einer gefährlichen Welt, Lola. Es kann so viel passieren: Unfälle, Krankheiten, plötzlicher Tod …“

„Willst du mir drohen, Rodrigo?“, stieß sie entsetzt hervor.

Er zuckte zusammen. „Aber nein! Das war nicht meine Absicht.“ Erschrocken fuhr er sich durchs lockige Haar. „Ich wollte damit nur sagen, dass ein Kind beide Eltern braucht, um sicher und behütet und voller Liebe aufzuwachsen. Meine Eltern sind gestorben, kurz hintereinander. Leben deine Eltern noch, Lola?“

Sie senkte den Blick.

„Du bist eine Waise, so wie ich.“ Sie antwortete nicht, aber das sagte Rodrigo alles, was er wissen musste. „Unser Sohn wird also nie die Liebe seiner Großeltern erfahren. Da ich ein Einzelkind bin, hat der Kleine auf meiner Seite auch keine Onkel und Tanten.“

Lola sah auf. „Ich habe zwei Schwestern.“

„Wirklich?“ Überrascht zog er die Augenbrauen hoch.

„Ich habe sie lange nicht mehr gesehen“, gestand sie bedrückt.

Rodrigo spürte, dass da offensichtlich etwas im Argen lag, drängte Lola aber nicht, ihm zu erzählen, warum der Kontakt zu ihren Geschwistern abgebrochen war. Das konnte warten. Jetzt musste er versuchen, ihr seine Argumente begreiflich zu machen. „Jett hat also so gut wie keine Familie. Willst du ihm seinen Vater vorenthalten? Ich könnte ihm so viel geben. Dir natürlich auch.“

„Ich habe genug Geld.“

„Von Geld rede ich ja gar nicht, sondern von meinem Namen, meiner Zeit, meiner Liebe. Ich rede von Geborgenheit.“

Lola zuckte zusammen. „Deine Liebe …“

„Ja, Vaterliebe. Jett braucht nicht nur deine Liebe, sondern auch meine, Lola. Ich möchte für ihn da sein, ihn gemeinsam großziehen. Ich möchte ihm zeigen, wie man ein Mann wird. Gemeinsam können wir ihm eine schönere Kindheit bieten, als wir sie hatten.“

Dieses Argument gab ihr offensichtlich zu denken. Rodrigo bemerkte, dass ihre Augen feucht schimmerten. An der Tür drehte er sich noch einmal um. „Mein Sohn wird meinen Namen tragen. Und du auch, Lola“, sagte er unnachgiebig und lächelte kühl. „Schlaf gut. Es wird deine letzte Nacht hier sein, denn morgen hole ich dich und Jett zu mir nach Hause.“

Am nächsten Morgen kehrte Rodrigo zurück. Seine Männer hatten schon gestern Nacht in einem schwarzen Geländewagen ihren Posten vor dem Haus bezogen.

Er vertraut mir nicht, dachte Lola verbittert. Offensichtlich wollte Rodrigo ganz sichergehen, dass sie sich nicht bei Nacht und Nebel mit seinem Sohn aus dem Staub machte.

Nach einer schlaflosen Nacht war Lola zu dem Schluss gekommen, dass es tatsächlich besser wäre, wenn Jett auch einen Vater hätte. Sie war fünf Jahre alt gewesen, als ihr Vater gestorben war, und sie vermisste ihn noch heute. Seit seinem Tod war es nur bergab gegangen. Ihre Mutter verdiente nur einen Bruchteil von dem, was ihr Mann nach Hause gebracht hatte. Das hübsche sonnendurchflutete Haus mussten sie aus Geldmangel bald verlassen. Mutter und Tochter zogen in einen Wohnwagen.

Lola schaute sich in der kleinen Wohnung um, die sie für Jett und sich gemietet hatte. Es dauerte nicht lange, die wenigen Habseligkeiten zusammenzupacken, sie füllten nur drei Koffer. Das Geschirr ließ sie für den Nachmieter zurück.

Jett und sie waren glücklich gewesen in der kleinen Wohnung … zumindest wollte sie sich nichts anderes eingestehen. Besonders während der Schwangerschaft hatte Lola nachts häufig geweint. Als Hallie im vergangenen Sommer kurzfristig ein Dach über dem Kopf benötigt hatte, war sie nicht bei Lola untergekommen, denn sie wollte nicht, dass jemand merkte, wie unglücklich sie war. Seit Jett auf der Welt war, hatte er auch viel geweint.

Lola war immer die Starke gewesen, die anderen Menschen weiterhalf und nie eine Schwäche zeigte. Hallie und Tess hatte sie dabei unterstützt, sich die finanziellen Mittel zu besorgen, die ihre Babys brauchten. Sie hatte ihren Freundinnen geholfen, ihr Leben in den Griff zu bekommen. Inzwischen waren beide glücklich verheiratet und wurden von ihren milliardenschweren Ehemännern auf Händen getragen.

Und was war mit Lola? Eigentlich hätte sie selbst Hilfe gebraucht. Doch sie war zu stolz, die anzunehmen. Sie hatte bis zu Jetts Geburt gearbeitet, weil sie Angst hatte, das Geld anzutasten, das Rodrigo ihr aufgezwungen hatte. Nun lebte sie schon seit einem Jahr in New York und hatte es noch immer nicht gewagt, ihre jüngeren Schwestern zu kontaktieren, die sie im Stich gelassen hatte, als sie achtzehn geworden war. Inzwischen war Kelsey fünfzehn und Johanna zwölf. Vielleicht hassten sie ihre große Schwester oder hatten sie vergessen. Jedenfalls lebten sie jetzt in einer Pflegefamilie.

Unwillkürlich richtete sie den Blick auf das Baby, das auf einer Decke auf dem Wohnzimmerteppich lag. Der Kleine strampelte und gluckste zufrieden. Rodrigo hatte recht: Jett hatte es verdient, von beiden Eltern Liebe und Geborgenheit zu erfahren.

Gegen drei Uhr in der Nacht hatte Lola den Entschluss gefasst, Rodrigo zu heiraten. Für Jett war sie bereit, dieses Opfer zu bringen. Aber sie würde die Bedingungen stellen.

Das Geräusch der Türklingel riss sie aus ihren Gedanken. Lola ging durch den Korridor und drückte auf den Türöffner. Dann schlüpfte sie in ihren Mantel, hob Jett auf und steckte die Decke in die Wickeltasche. Aufgeregt wartete sie an der offenen Wohnungstür auf Rodrigos Ankunft.

„Guten Morgen. Bist du bereit?“

Eine harmlos klingende, aber bedeutungsschwangere Frage.

Lola nickte. „Ja.“

„Gut.“ Er entspannte sich sichtlich.

Bewundernd ließ sie den Blick über den unwiderstehlich aussehenden Mann gleiten, den sie sehr bald heiraten würde.

Hinter ihm tauchten sein Chauffeur und sein Leibwächter auf. Lola kannte die Männer noch von früher.

„Das war ja eine lange Nacht für euch, Jungs“, sagte sie zur Begrüßung.

Die beiden Männer tauschten vielsagende Blicke.

Rodrigo lachte. „Du hast sie also bemerkt.“

„Natürlich. Offensichtlich traust du mir nicht über den Weg“, antwortete sie schnippisch.

„Ich bin froh, dass du nicht versucht hast, dich mit Jett aus dem Staub zu machen.“

„Dazu hatte ich keinen Grund. Du hast mich gestern Abend davon überzeugt, dass du recht hast“, erklärte sie kühl.

„Ich habe immer recht“, behauptete er mit der ihm eigenen Arroganz und ließ einen bewundernden Blick über Lola gleiten.

Sofort wurde ihr heiß. Es ärgerte sie, dass Rodrigo trotz allem noch immer diese Wirkung auf sie hatte.

„Ist das alles an Gepäck, Miss Price?“, fragte der Leibwächter.

„Der Buggy neben der Tür muss noch mit.“

Die beiden Männer trugen das Gepäck hinaus. Rodrigo wollte ihnen folgen und streckte Lola einladend einen Arm entgegen. „Komm!“

„Moment.“

Fragend sah er sie an.

„Wie ich bereits sagte, hast du recht: Jett braucht seinen Vater. Wir sollten also heiraten, auch wenn wir einander nicht lieben“, fügte sie mit bebender Stimme hinzu. „Es ist das Beste für Jett. Aber …“

„Aber?“, fragte er lauernd.

„Ich möchte nur ganz sicher sein, dass wir uns darüber einig sind, eine Vernunftehe zu führen.“

„Eine Vernunftehe?“

Er musste doch wissen, was das bedeutete, oder? Leise fügte Lola hinzu: „Eine Ehe nur auf dem Papier.“ Verlegen senkte sie den Blick.

Rodrigo lachte freudlos. „Du denkst, wir werden eine Vernunftehe führen, Lola?“

„Ich bestehe darauf, Rodrigo.“

„Nein, das tust du nicht.“ Zärtlich umfasste er ihr Gesicht, schaute ihr tief in die Augen, beugte sich vor und …

Heißes Verlangen durchströmte Lola. Sie konnte nichts dagegen tun. Sehnsuchtsvoll schloss sie die Augen, hielt die Luft an, wartete auf Rodrigos Kuss.

Doch der blieb aus. Verwirrt schlug Lola die Augen wieder auf und begegnete Rodrigos spöttischem Blick. „Nur auf dem Papier … Bist du sicher, querida?“

„Du arroganter Mistkerl!“, schimpfte sie wütend.

Er lachte nur. „So, nun komm endlich! Wir haben heute noch viel zu tun.“ Sein Blick wurde zärtlich, als er seinen Sohn anschaute. Liebevoll strich er dem Kleinen über die schwarzen Locken. „Bald sind wir eine Familie, pequeño.“ Mit einem kühlen Lächeln fügte er an Lola gewandt hinzu: „Wir werden in unserer Ehe Tisch und Bett teilen, Lola.“

„Und wovon träumst du nachts?“, konterte sie schnippisch.

„Von dir.“ Er schenkte ihr ein sinnliches Lächeln. „Nun werden meine Träume bald Wirklichkeit.“

Draußen hatten die Männer bereits das Gepäck im Geländewagen und den Buggy im Kofferraum von Rodrigos eleganter Luxuslimousine verstaut.

„Wohin fahren wir?“, wagte Lola zu fragen.

„Hierhin und dahin.“ Er öffnete die Beifahrertür der Limousine.

Auf der Rückbank war bereits ein Babysitz festgeschnallt. Den hatte wahrscheinlich Marnie besorgt. Lola hatte Rodrigos wichtigtuerische Assistentin noch nie leiden können. „Wohin genau, Rodrigo?“

„Lass dich überraschen.“

Der Geländewagen entfernte sich in südlicher Richtung, während Rodrigo in die entgegengesetzte Richtung fuhr. Der erste Halt war eine in Upper East Side gelegene hochmoderne Privatklinik. Offensichtlich hatte die extra für sie am Sonntag geöffnet, um den Vaterschaftstest durchzuführen.

Zwei Stunden später stand das Ergebnis fest: Rodrigo war Jetts Vater.

„Das wusste ich schon vorher“, sagte Rodrigo selbstzufrieden.

„Wieso hast du dann auf dem Test bestanden?“ Irritiert musterte Lola ihn.

„Ich wollte es schwarz auf weiß haben“, erklärte Rodrigo auf der Fahrt zum nächsten Termin.

„Crosby, Flores und Jackson?“ Lola staunte. Das war die angesehenste Anwaltskanzlei in New York, die ihren Hauptsitz in Manhattan hatte. Dort wurde Lola ein fünfzigseitiger Ehevertrag vorgelegt.

Sehr zur Überraschung der Anwälte las sie den Vertrag sorgfältig durch und markierte mit einem roten Stift, was ihr nicht zusagte oder was sie nicht verstand.

Lola hatte zwar als Kind keine guten Noten nach Hause gebracht, aber sie konnte sehr gut argumentieren. Deshalb musste sie als Teenager für ihre Mutter mit dem Stromanbieter verhandeln, damit der Strom wieder angestellt wurde, oder mit dem Gerichtsvollzieher, um einen weiteren Aufschub auszuhandeln. Nachdem ihre geplante Blitzkarriere als Filmstar gescheitert war, hatte Lola beschlossen, ihr Talent zu nutzen, und hatte es so zur Sekretärin eines einflussreichen Industriellen gebracht. Auch mit der oft undurchsichtigen Rechtssprache kam sie gut zurecht. Man durfte sich nur nicht übers Ohr hauen lassen.

Schließlich legte sie das Vertragswerk zurück auf den auf Hochglanz polierten Mahagonitisch. „Ich möchte einige Klauseln ändern“, erklärte sie kühl.

„Tatsächlich?“, fragte Rodrigo amüsiert.

„Ja. Ich beginne mit Punkt 4 C.“

Schließlich hatte Lola ihr Ziel erreicht: Sie wollte das Aufenthaltsbestimmungsrecht für Jett, und das bekam sie. Auch bei einer Scheidung behielt Lola das Sorgerecht für ihren Sohn.

Rodrigo nahm das hin. Ihm war wichtiger, dass Lola bestraft wurde, sollte sie ihm während der Ehe fremdgehen. Im ersten Moment wunderte Lola sich darüber, dann jedoch erinnerte sie sich an die Klatschgeschichten, die über Rodrigo kursierten: Er war dreimal verlobt gewesen, und alle drei Frauen hatten ihn vor der Hochzeit betrogen. Sollte Lola irgendwann fremdgehen, würde sie selbst nach dreißig Jahren Ehe ohne einen Cent dastehen. Diese Klausel akzeptierte sie, weil sie genau wusste, dass sie niemals auf die Idee kommen würde, Rodrigo zu betrügen.

„Sag mal, hast du je überlegt, Juristin zu werden?“, fragte Rodrigo, als er den Buggy aus der Kanzlei schob.

„Juristin? Ich?“ Lola lachte. „Wie kommst du denn darauf?“

„Du denkst wie eine Anwältin.“

„Ich weiß ja noch nicht einmal, ob ich meinen Schulabschluss bekomme, Rodrigo.“

„Wieso hast du eigentlich die Highschool geschmissen?“, wollte er auf der Fahrt nach SoHo wissen. „Du bist hochintelligent und hättest auf der Uni sicher Bestnoten bekommen. Aber du hast die Highschool ohne Abschluss verlassen. Warum?“

„Ich hatte meine Gründe“, antwortete sie ausweichend. Sie wollte ihm nicht erzählen, warum sie sich mit achtzehn Jahren in den Kopf gesetzt hatte, so schnell wie möglich Geld zu verdienen. Sie hatte Dinge getan, für die sie sich schämte. Sie war so naiv gewesen.

Das alles war natürlich nicht annähernd so schlimm gewesen, wie Marnie es Rodrigo gegenüber dargestellt hatte … aber schlimm genug. Und leider auch völlig vergebens, denn ihre kleinen Schwestern hatte sie auch dadurch nicht retten können. Sie hatte kläglich versagt. Aber das alles ging Rodrigo nichts an. Er hatte sie zwar nie als Hure bezeichnet, aber gedacht hatte er es sicher.

Schweigend schaute Lola aus dem Fenster. Sie war erst fünfzehn gewesen, als ihre Mutter an Krebs gestorben war. Der Stiefvater war nach einem Unfall arbeitsunfähig geworden. Da er aber die drei Schwestern irgendwie über Wasser halten musste, hatte er angefangen zu dealen. Man hatte ihn erwischt und hinter Gitter gebracht.

Irgendwann war die Belastung für Lola zu groß geworden. Verstohlen wischte sie sich die Tränen von den Wangen. Nicht einmal Hallie und Tess hatte sie davon erzählt. Ihre Art mit Schwierigkeiten umzugehen bestand darin, sie zu ignorieren.

„Es war mir nicht so wichtig zu studieren“, behauptete sie schließlich, als das Schweigen im Wagen zu unangenehm wurde.

„Was ist dir denn wichtig, Lola?“

Sie dachte an ihre Familie. Alle Menschen, die sie geliebt hatte, waren nicht mehr da, oder sie hatte sie nicht beschützen können.

„Zu beschützen, was zu mir gehört“, flüsterte sie mit tränenerstickter Stimme.

3. KAPITEL

Schließlich hielt Rodrigo vor einem Vorkriegsgebäude in SoHo, das zu einem eleganten Wohnhaus mit mehreren Apartments umgebaut worden war. Dort hatte er vor einiger Zeit das Loft bezogen.

Sollte hier ihr neues Leben beginnen? Immerhin passte diese Gegend besser zu Hallie und Tess, ihren besten Freundinnen. Die werden staunen, wenn ihnen aus heiterem Himmel eine Einladung zu meiner Hochzeit ins Haus flattert, dachte Lola.

Sie hatte Hallie Hatfield und Tess Foster im vergangenen Jahr bei einer Gruppe kennengelernt, die alleinerziehende Mütter unterstützte. Alle drei Frauen waren schwanger, hatten den werdenden Vätern aber noch nichts davon erzählt. Inzwischen waren ihre beiden Freundinnen glücklich verheiratet, während Lola inständig hoffte, dass sie nicht gerade den größten Fehler ihres Lebens machte.

Als Rodrigo ausstieg, merkte sie auf. Er unterhielt sich mit dem Portier.

„Danke, Andrews“, sagte er gerade, ging zum Kofferraum und nahm den Buggy heraus – zur sichtlichen Verwunderung des Portiers.

Dem Mann fielen fast die Augen aus dem Kopf, als Lola nun auch ausstieg, das schlafende Baby aus dem Kindersitz hob und behutsam in den Buggy legte, bevor sie Rodrigo in das luxuriöse Gebäude folgte.

Die Fahrstuhltüren öffneten sich durch Rodrigos Fingerabdruck. Oben angekommen, betraten sie ein privates Foyer, das zu Rodrigos Penthouse Loft gehörte. Lolas letzter Besuch hier lag mehr als ein Jahr zurück.

Bunte Möbel zierten den riesigen Raum mit der Glaswand auf der Südseite. Der Blick auf New York mit den Wolkenkratzern von Manhattan war atemberaubend. Lola hatte sofort den Stahl-Glas-Bau entdeckt, wo sie als Sergej Morozovs Sekretärin gearbeitet hatte. Rodrigo hatte also von hier aus ihren Arbeitsplatz betrachten können. Eine merkwürdige Vorstellung. So nah und doch so weit voneinander entfernt.

An den nackten Ziegelwänden hingen Filmposter und alte Neonreklameleuchten, zweifellos alles Originale. Rodrigo hatte sie von seinen Geschäftsreisen rund um die Welt mitgebracht.

„Miss Price! Wie schön, dass Sie wieder da sind!“ Mrs. Farrow, die Haushälterin, strahlte über das ganze runde Gesicht, als sie aus dem Zimmer nebenan kam und Lola an der Fensterfront entdeckte. „Wie aufregend, dass Sie jetzt heiraten.“

„Irgendwie seltsam, oder?“, entgegnete Lola. Ihr Blick fiel auf den distinguiert wirkenden weißhaarigen Mann, der hinter Mrs. Farrow aufgetaucht war.

„Das ist überhaupt nicht seltsam, sondern wunderbar“, entgegnete die Haushälterin und beugte sich über den Buggy. „Das ist also Ihr Baby.“

„Ja, das ist Jett.“

„Der Kleine ist ja so entzückend!“ Die ältere Frau strahlte.

Lola zog die schwarzen Handschuhe aus und steckte sie in die Manteltaschen. Trotz ihrer Anspannung musste sie lächeln. „Danke, Mrs. Farrow.“

Der weißhaarige Herr lächelte ihr zu. Seine Augen glitzerten belustigt unter buschigen weißen Augenbrauen. „Wollen wir dann loslegen?“

Konsterniert sah Lola Rodrigo an und fragte leise: „Wovon spricht er?“

„Das ist der Friedensrichter. Er wird uns trauen“, erklärte Rodrigo.

„Wann?“

„Jetzt.“

Lola starrte ihn schockiert an. „Aber das geht nicht! Wir brauchen doch eine Heiratserlaubnis.“

„Wenn es einen guten Grund gibt, kann auch mal eine Ausnahme gemacht werden.“

„Und worin besteht der gute Grund, Rodrigo?“

Seine dunklen Augen glitzerten amüsiert. „Heute ist Sonntag. Eine Erlaubnis erhalten wir frühestens morgen, und dann müssen wir noch weitere vierundzwanzig Stunden warten. Ich will dich aber heute schon heiraten.“ Er wandte sich dem Friedensrichter zu. „Wir wären dann so weit, euer Ehren.“

„Nein!“, rief Lola dazwischen. „Ich möchte eine richtige Trauung, bei der meine Freunde dabei sind!“

„Tut mir leid, deine romantischen Träume zu zerstören, aber du wirst dich hiermit begnügen müssen.“ Er zog ein samtbezogenes Schmuckkästchen aus der Tasche und ließ es aufschnappen.

Lola machte große Augen. Der Diamant des Verlobungsrings war beinahe so groß wie ein Vogelei!

„Wir erfüllen alle anderen Auflagen. Hier sind unsere Trauzeugen.“ Er nickte Mrs. Farrow und Tobias, dem Leibwächter, zu, der gerade den Raum betreten hatte. „Wir haben einen Friedensrichter. Ich hoffe, Ihrer Tochter geht es schon besser, euer Ehren.“

„Ja, dank Ihrer großzügigen Hilfe ist sie wieder auf den Beinen, und meine vier Enkelkinder haben noch ihre Mutter. Das werde ich Ihnen nie vergessen, Mr. Cabrera.“

„Es freut mich, dass die experimentelle Therapie so gut angeschlagen hat. Ich bin Ihnen sehr dankbar für Ihre Unterstützung.“

„Sie sprechen von Ihrer Trauung? Es macht mir große Freude, Menschen zu trauen. Den Papierkram erledige ich für Sie, keine Sorge.“ Er warf Lola einen fragenden Blick zu. „Natürlich kann ich nur Menschen trauen, die das auch wollen.“

„Ich will nicht“, sagte Lola ausdruckslos.

„Entschuldigen Sie uns bitte einen Moment.“ Rodrigo zog Lola mit sich zurück ins Foyer. „Was ist denn plötzlich in dich gefahren?“, zischte er verärgert.

„Ich denke nicht daran, ohne meine Freunde zu heiraten!“

„Wer sollen die denn sein? Etwa ein gewisser liebeskranker Russe? Willst du mich eifersüchtig machen?“

Lola wollte sich ausschütten vor Lachen. „Meinst du Sergej? Das ist nicht dein Ernst.“

„Wie auch immer. Jedenfalls werden wir jetzt heiraten.“

„Und wenn ich mich weigere?“

„Dadurch würden dir nur Nachteile entstehen. Beispielsweise könnte ich einen Sorgerechtsprozess anstrengen.“ Lauernd wartete er auf ihre Reaktion.

„Ich finde deine Drohungen unmöglich.“ Wütend funkelte sie ihn an.

„Und ich ertrage keine lange Verlobungszeit“, konterte er.

„Lang?“

„Ich will es einfach hinter mich bringen“, erklärte Rodrigo harsch.

So hatte Lola sich das nicht vorgestellt. Zu gern hätte sie mit Hallie und Tess ihren Junggesellinnenabschied gefeiert, mit Champagner und allem was dazugehörte. Ihre jüngeren Schwestern, die sie seit sieben Jahren nicht mehr gesehen hatte und die ihre einzigen noch lebenden Familienmitglieder waren, sollten auch zur Hochzeit kommen. Aber daraus wurde nun leider nichts. Lola hütete sich davor, Rodrigo gegenüber Schwächen zu zeigen. Sie wusste, er würde sie bei passender Gelegenheit ausnutzen.

Einen letzten Versuch startete sie noch. „Willst du wirklich, dass die Braut Schwarz trägt?“, fragte sie mit Blick auf ihre schwarzen Leggings und den schwarzen Blazer.

Rodrigo sah an sich hinab. „Meine Kleidung ist auch schwarz. Ich finde das irgendwie angemessen.“

„Für eine Trauerfeier vielleicht.“ Sie lachte bitter. „Dann weiß ich jetzt ja Bescheid.“

Der Mann, der ihr das Herz gebrochen und ihre Liebe in den Schmutz gezogen hatte, hätte sie niemals geheiratet, wenn sie ihm nicht einen Sohn geboren hätte.

Lola atmete tief durch. „Also gut, bringen wir es hinter uns.“

Sie kehrten zurück. „Wir sind dann so weit“, erklärte Rodrigo.

Inzwischen waren dem Friedensrichter aber Zweifel gekommen. Beunruhigt blickte er zwischen Lola und Rodrigo hin und her. „Sie sollten nichts überstürzen. Die Ehe ist eine ernste Angelegenheit, und der Staat New York in seiner unendlichen Weisheit hat die 24-Stunden-Klausel nicht umsonst festgelegt.“

„Nun machen Sie schon“, forderte Rodrigo und umfasste Lolas Schultern mit hartem Griff.

„Bitte“, fügte Lola leise hinzu, obwohl sie am liebsten das Weite gesucht hätte.

Noch immer zögerte der weißhaarige Herr. Erst als Jett leise im Schlaf wimmerte und beide Eltern sofort zu ihm eilten, um sich gemeinsam um das kleine Wesen zu kümmern, schien sich die Einstellung des Friedensrichters zu ändern.

„Meine Damen und Herren, wir haben uns hier versammelt, um dieses Paar vor Zeugen in den Stand der Ehe zu versetzen.“

Die Trauung war vorbei, bevor Lola richtig begriffen hatte, dass sie und Rodrigo Ja gesagt hatten und nun für immer zueinander gehörten. Ihr wurde klar, dass sie sich eigentlich schon längst an diesen Mann gebunden hatte – in der Nacht, in der sie ein Kind von ihm empfangen hatte.

„Sie dürfen die Braut jetzt küssen.“ Der Friedensrichter zwinkerte ihnen aufmunternd zu.

Das ließ Rodrigo sich nicht zweimal sagen. Er schob Lola den kostbaren Diamantring über den Finger, schaute ihr tief in die Augen und flüsterte: „Mrs. Cabrera.“ Dann küsste er seine Ehefrau.

Alles war so vertraut – die heißen, süßen Lippen, der männliche Duft. Lola war wie berauscht. Sie hatte sich so lange nach diesem Mann gesehnt. Sie begehrte ihn so sehr. Er war ihr Mann, nun ihr Ehemann, und sie gehörte ganz ihm. Selbstvergessen erwiderte sie seinen sinnlichen Kuss. Erst als Friedensrichter, Leibwächter und Haushälterin applaudierten, wurde Lola wieder bewusst, dass sie und Rodrigo nicht allein waren.

Langsam löste Rodrigo sich von ihr und betrachtete sie mit leuchtenden Augen.

Ob der leidenschaftliche Kuss ihn ebenso berührt hatte wie sie? Lola versuchte, in Rodrigos Gesichtsausdruck zu lesen, doch er gab nichts preis.

Er bedankte sich bei dem Friedensrichter und wandte sich dann seinem Leibwächter zu. „Ist alles für unsere Abreise vorbereitet, Tobias?“

„Die Sachen sind gepackt, Mr. Cabrera.“

„Willst du verreisen?“, fragte Lola erstaunt.

„Nicht ich, sondern wir. Mein Flugzeug steht zum Abflug nach Los Angeles bereit.“

„Aber ich wohne jetzt in New York. Meine Schwestern leben hier und alle meine Freunde.“

„Freunde wie Morozov?“, fragte er lauernd.

„Er war nie mein Freund.“

„Genau.“

„Warum bist du so gemein, Rodrigo?“

„Du bist jetzt meine Frau, Lola, und wirst mich ehren und mir gehorchen.“ Er lächelte kühl.

Rodrigo konnte noch immer kaum glauben, dass er jetzt tatsächlich verheiratet war. Die Hochzeit war zwar völlig übereilt gewesen, aber so hatte er wenigstens verhindert, dass Lola ihn schon vor der Heirat betrügen konnte, wie seine anderen drei Verlobten es getan hatten.

Er wollte, dass diese Ehe funktionierte, allein schon Jett zuliebe. Das Baby lag in der auf dem Rücksitz des roten Cabrios befestigten Babyschale, gluckste zufrieden und winkte vergnügt. Offensichtlich gefiel es ihm in Kalifornien. Die kleine Familie war auf dem Weg zum Strandhaus in Malibu.

An den Gedanken, Vater zu sein, musste Rodrigo sich noch gewöhnen. Er hatte keine Ahnung, was Vaterschaft bedeutete.

Seine eigenen Eltern hatten ihm den Kindermädchen überlassen. Seine Mutter, eine amerikanische Schauspielerin, hatte überall auf der Welt gefilmt und eine Affäre nach der anderen gehabt. Sein angeblicher Vater Francisco Cabrera war fast verrückt geworden vor Eifersucht, liebte seine Frau aber trotz ihrer unzähligen Affären abgöttisch.

Erst nach Franciscos Tod – damals war Rodrigo einundzwanzig Jahre alt – hatte seine Mutter ihm verraten, warum Francisco ihn so verachtet hatte. Rodrigos leiblicher Vater war der Chauffeur gewesen.

„Ich habe mich gelangweilt, und er sah so gut aus“, erzählte Elizabeth Cabrera ihrem Sohn. „Es war ein One-Night-Stand. Francisco wollte, dass ich dich wegmachen lasse. Vielleicht hätte ich auf ihn hören sollen. Meine Figur hast du jedenfalls ruiniert.“

Erneut sah Rodrigo in den Rückspiegel, um seinen süßen Sohn zu betrachten. Der Kleine hatte große, fast schwarze Augen und wundervolle Pausbäckchen. Er war wohlgenährt und gesund. Lola hatte sich vorbildlich um ihn gekümmert. Sie war ganz vernarrt in Jett. Genau wie ich, dachte Rodrigo.

Das Verhältnis zwischen den Eheleuten gestaltete sich etwas komplizierter. Rodrigo streifte Lola mit einem Seitenblick. Zwei Jahre lang war er standhaft geblieben, hatte nichts mit der besten Sekretärin angefangen, die er je gehabt hatte. Selbst Marnie konnte ihr nicht das Wasser reichen. Dann war er in Mexiko schwach geworden. Lola war noch Jungfrau gewesen. Sie waren verrückt nacheinander, konnten kaum die Finger voneinander lassen. Die lustvollen Nächte mit ihr waren unglaublich.

Eines Nachts hatte sie nach einem wunderschönen Liebesspiel glücklich in seinen Armen gelegen und hatte ihm ihre Liebe gestanden. Rodrigo war das Herz aufgegangen vor Glück.

Und dann hatte Marnie alles zerstört. „Es gibt da etwas, was Sie über Lola Price wissen sollten, Mr. Cabrera“, hatte sie gesagt und ihm diese scheußlichen Fotos auf den Schreibtisch gelegt, auf denen Lola halbnackt und sich lasziv räkelnd zu sehen war. „Da ist noch etwas“, hatte Marnie dann gesagt.

Ihm wurde noch immer übel, wenn er daran dachte. Warum hatte Lola diese schmutzigen Dinge getan, als sie gerade mal achtzehn Jahre alt gewesen war? Rodrigo war das bis heute unbegreiflich. Vielleicht war sie damals noch sehr naiv gewesen und hatte sich nichts dabei gedacht. Er mit seinen drei gescheiterten Verlobungen war ja auch aufs Glatteis geführt worden.

Eins war ihm inzwischen klargeworden: Lola war nicht geldgierig. Sonst hätte sie Alimente von ihm verlangt, sowie sie festgestellt hatte, dass sie ein Kind von ihm erwartete.

Er warf ihr einen schnellen Seitenblick zu. Sie schien noch immer wütend über die überstürzte Abreise aus New York zu sein. Irgendwann beruhigt sie sich wieder, dachte Rodrigo und ließ sehnsüchtig den Blick über Lolas Schwanenhals und ihre perfekt geformten Brüste gleiten. Vor dem Friedensrichter hatte er Lola ewige Treue geschworen. Seine Frau ahnte ja nicht, dass er sowieso nur sie begehrte, heiß begehrte, und es wurde immer unerträglicher. Seit ihrem Verschwinden vor gut einem Jahr hatte er keinen Sex mehr gehabt. Andere Frauen bedeuteten ihm nichts. Er wollte Lola. Heute Nacht würden sie wieder das Bett teilen …

Dazu musste er jedoch zuerst dafür sorgen, dass ihre Wut verrauchte. „Ist es wirklich so schlimm für dich, New York zu verlassen?“, fragte er vorsichtig.

„Ja. Außerdem hätte ich bei der Hochzeit gern meine Freunde und meine Schwestern dabeigehabt.“

„Diesen Morozov?“

Lola fluchte. „Hör endlich auf damit!“

Rodrigo lachte. „Wen dann?“

„Meine besten Freundinnen Hallie und Tess.“

„Aha. Und warum deine Schwestern? Du hast gesagt, du hättest keinen Kontakt mehr zu ihnen.“

„Stimmt. Als meine Mutter starb, waren sie acht und fünf Jahre alt und kamen in eine Pflegefamilie. Inzwischen wurden sie adoptiert. Eigentlich bin ich nach New York gekommen, weil ich sie um Verzeihung bitten wollte. Ich hatte ihnen damals versprochen zu versuchen, das Sorgerecht für sie zu bekommen.“ Lola ließ den Kopf hängen. „Aber ich habe nicht den Mut aufgebracht“, fügte sie leise hinzu.

Rodrigo staunte, dass die sonst so verschlossene Lola plötzlich eine Schwäche zugab. „Dir wird schon etwas einfallen“, sagte er aufmunternd. „Das war doch bisher immer so.“

Hoffnungsvoll musterte sie ihn. „Meinst du?“

„Natürlich! Wer hat denn für mich Termine mit Leuten arrangiert, die sonst für niemanden zu sprechen sind?“

„Die haben nur zugestimmt, weil du du bist, Rodrigo.“

„Und weil du du bist. Du findest immer die richtigen Worte. Wenn du so weit bist, wird dir auch etwas einfallen, um den Kontakt zu deinen Schwestern wieder herzustellen.“

Nachdenklich blickte Lola vor sich hin. „Ich könnte ihnen ein ganz besonderes Geschenk schicken“, sagte sie schließlich leise. „Dann müssten sie sich bei mir bedanken.“

„Das könnte funktionieren.“ Er war froh, sie von ihrer Wut auf ihn abgelenkt zu haben. Ihre schlechte Laune schien langsam zu verfliegen.

„Vielleicht.“ Sie schenkte ihm ein strahlendes Lächeln, das ihn mehr wärmte als die heiße kalifornische Sonne.

Kurz darauf hielt Rodrigo vor dem Tor seines Anwesens, gab den Sicherheitscode ein und fuhr auf das weitläufige Grundstück. Tobias Watson folgte im Geländewagen.

„Endlich wieder zu Hause“, sagte Rodrigo leise.

„Ja.“ Lola musste zugeben, dass sie das Strandhaus sehr vermisst hatte.

Er stieg aus und wollte das Baby abschnallen.

„Das kann ich doch machen, Rodrigo.“

„Zu spät.“ Behutsam hob er seinen Sohn aus der Babyschale und nahm ihn auf den Arm.

„Du hältst ihn genau richtig.“ Lola staunte.

Rodrigo lächelte zufrieden. Während des Fluges hatte er sich im Internet über den Umgang mit Babys belesen. Lola sollte sich ja nicht einbilden, sie könnte ihren Wissensvorsprung ausnutzen.

Als sie sich dem geräumigen Luxusstrandhaus näherten, ging die Tür auf. Rodrigos Vorstandsassistentin Marnie McAdam sah erfreut aus, sofern man das hinter den dicken Brillengläsern richtig einschätzen konnte.

„Da sind Sie ja wieder.“ Ihre Miene änderte sich sofort, als Lola hinter Rodrigo auftauchte. „Was … was tun Sie denn hier?“, stammelte sie verblüfft.

Wortlos streckte Lola die linke Hand aus. Der Diamantring glitzerte in der Sonne.

Marnie war fassungslos. „Sie sind verheiratet?“

„Ja, ist das nicht wundervoll?“, fragte Lola.

Rodrigos Assistentin war blass geworden. Sie war ein Jahr älter als er und die erste Angestellte, die er engagiert hatte, nachdem er das kleine Filmstudio seines Vaters in Madrid übernommen und expandiert hatte. Seit fünfzehn Jahren leistete sie ihm treue Dienste und war seine wichtigste Assistentin gewesen, bevor er Lola eingestellt hatte. Kein Wunder, dass die beiden Frauen sich nicht sonderlich sympathisch waren. Marnie hatte Rodrigo die Augen über Lolas Vergangenheit geöffnet, und Lola wusste es.

Nun lächelte seine Frau so feindselig, dass Rodrigo befürchtete, die Frauen würden gleich aufeinander losgehen. Schnell drängte er sich zwischen sie.

„Das wäre dann alles für heute, Marnie. Sie können Feierabend machen.“

„Wessen Baby ist das?“, fragte Marnie mit versagender Stimme, als ihr Blick auf Jett fiel, den Rodrigo im Arm hielt.

„Meins“, antwortete Rodrigo.

„Wussten Sie das gar nicht?“ Lola lächelte zuckersüß. „Ich dachte, Sie hätten für uns die Hochzeit in New York arrangiert.“

„Nein, hat sie nicht.“ Rodrigo schaltete sich ein. „Wahrscheinlich brauchen wir noch Möbel für das Kinderzimmer. Ich melde mich später, Marnie.“

„Selbstverständlich, Mr. Cabrera.“ Sie wandte sich Lola zu. „Herzlichen Glückwunsch.“

Lola musterte sie abweisend. „Sie haben gehört, was er gesagt hat. Gehen Sie endlich!“

Hilfe suchend sah Marnie Rodrigo an.

Der nickte ihr freundlich zu. „Bis später, Marnie.“

Wortlos holte sie ihre Tasche und eilte zum Wagen. Als das Tor sich hinter ihr geschlossen hatte, fragte Rodrigo kühl: „War das wirklich nötig, Lola?“

Schweigend nahm sie ihm das gähnende Baby ab und ging hocherhobenen Hauptes ins Haus, würdevoll wie eine Königin.

Im Wohnzimmer, das einen fantastischen Blick auf den blauen Ozean bot, hakte er nach. „Hasst du Marnie, weil sie mir die Wahrheit über deine Vergangenheit gesteckt hat?“

„Die Wahrheit?“ Lola warf ihm einen ungläubigen Blick zu. „Glaubst du das wirklich?“

„Willst du damit sagen, du hättest nicht für diese … Fotos posiert? Du hättest diesem Mann nicht erlaubt …“ Er konnte es nicht aussprechen. Noch immer plagte ihn rasende Eifersucht, wenn er nur daran dachte, was Marnie ihm berichtet hatte.

Verstört wandte Lola sich ab. „Ich muss Jett ins Bett bringen.“

„Warte gefälligst! Ich rede mit dir.“

„Später.“

Hinter ihnen brachten zwei Leibwächter das Gepäck herein.

Lola zeigte auf ihre Koffer. „Die bringen Sie bitte ins Kinderzimmer.“

Tobias Watson sah sie verwundert an.

„Du hast doch eins einrichten lassen, oder?“, fragte sie Rodrigo kühl.

„Ja, Mrs. Lee sollte das beste Gästezimmer herrichten“, antwortete Rodrigo mürrisch.

Nun begriff Tobias und machte sich auf den Weg.

„Ich werde bei Jett schlafen“, teilte sie Rodrigo mit und folgte dem Leibwächter.

Wütend ballte Rodrigo die Hände zu Fäusten und stöhnte frustriert. Hier erinnerte ihn alles an die gemeinsamen Nächte mit Lola. Er hatte sie an die Wand gedrängt und genommen. Auf der Wohnzimmercouch hatten sie sich ausgiebig geliebt. Und draußen am Lagerfeuer, das er eigenhändig aufgeschichtet und entzündet hatte. In der Nacht hatte Lola ihm ihre Liebe gestanden. Er war wie berauscht von Lola gewesen … Rodrigo war sich sicher, dass Jett in dieser unglaublichen Nacht entstanden war.

Als Lola kurze Zeit später ins Wohnzimmer zurückkehrte, trug sie noch immer die schwarzen Klamotten, in denen sie geheiratet hatte. Rodrigo sehnte sich danach, ihr die Sachen auszuziehen, ihren nackten Körper an seinem zu spüren. Heiße Erregung durchströmte ihn.

„Du wirst nicht im Kinderzimmer schlafen, Lola“, sagte er rau. „Sondern in meinem Bett.“

Wütend funkelte sie ihn an. „Vergiss es!“

Unwillkürlich machte er einen Schritt auf sie zu. „Das kann ich nicht“, stieß er heiser hervor. Hier im Strandhaus hatten sie sich so leidenschaftlich geliebt. Sie hatten gemeinsam gelacht und sinnliche Stunden miteinander verbracht. Es war ihr Liebesnest.

„Du hast mich schon vor langer Zeit vergessen, Rodrigo. Ich bin sicher, du hattest Dutzende Geliebte, seit du mich aus diesem Haus geworfen hat.“

„Da liegst du völlig falsch.“

„Wie meinst du das?“

Rodrigo kam zu ihr, umfasste ihr schönes Gesicht. „Nach dir habe ich keine Frau mehr gehabt, weder hier noch sonst irgendwo. Seit über einem Jahr sehne ich mich nach dir, Lola. Nur nach dir.“ Zärtlich strich er ihr über die bebende Unterlippe.

„Das … das kann ich nicht glauben“, flüsterte sie.

„Es ist aber so. Jeden einzelnen Tag hatte ich Sehnsucht nach dir. Jetzt bist du meine Frau, und ich werde dich nie wieder gehen lassen.“

Hart und besitzergreifend küsste er sie, drängte sich an ihren weichen, sinnlichen Körper.

Lola dachte gar nicht daran, Widerstand zu leisten. Lustvoll schmiegte sie sich an ihn und erwiderte Rodrigos Kuss mit wildem Verlangen.

In diesem Strandhaus hatte sie die glücklichste Zeit ihres Lebens verbracht – bis die Vergangenheit sie eingeholt hatte. Als Rodrigo von den Fehlern erfahren hatte, die sie vor Jahren begangen hatte, hatte er sie eiskalt vor die Tür gesetzt. Als hätte sie ihm nie etwas bedeutet.

Doch jetzt war sie hier, in seinen Armen, und Lola wollte nicht länger an ihre schmerzliche Vergangenheit denken.

Ekstatisch drängte sie sich an ihn. Sie waren jetzt verheiratet, weil sie ein gemeinsames Kind hatten. Aber wenn es nach Rodrigo ginge, war das nicht der einzige Grund. Und auch Lola spürte, wie die magische Anziehungskraft zwischen ihnen beiden wieder aufflammte. Während der langen Trennung hatte sie sich jeden Tag nach Rodrigo gesehnt.

Sie stöhnte leise vor Lust. Er beendete den Kuss und trug Lola in sein Schlafzimmer mit dem herrlichen Blick auf den blauen Pazifik.

Die beiden hatten jedoch nur Augen für das riesige Himmelbett, das ins sanfte Licht der Nachmittagssonne getaucht war. Rodrigo legte Lola darauf. Keine Sekunde löste er seinen intensiven Blick von ihr, während er sein schwarzes Hemd aufknöpfte und es achtlos zu Boden fallen ließ. Voller Verlangen betrachtete Lola den muskulösen Oberkörper und das tiefschwarze Brusthaar. Er wirkte sogar noch trainierter als in ihrer Erinnerung.

Mit einem vielversprechenden Lächeln beugte Rodrigo sich vor und zog Lola die langen schwarzen Stiefel aus. Dann endlich setzte er sich zu ihr aufs Bett und küsste Lola heiß und leidenschaftlich. Er knöpfte ihre Bluse auf und streifte sie ihr von den Schultern. Genießerisch zog er eine Kussspur zu ihren Brüsten, die verlockend unter dem schwarzen Spitzen-BH hervorschimmerten, bevor er die Hände zu ihrer Taille gleiten ließ. Aufreizend langsam schob er die Leggings hinunter.

Nur in ihrem schwarzen Slip lag Lola nun vor ihm auf dem Bett. „Du gehörst mir, Lola“, raunte er heiser.

„Und du gehörst mir“, antwortete sie leise, zog ihn zu sich herunter und küsste ihn verführerisch.

Rodrigos Lippen wanderten weiter zu ihren Brüsten und über ihren Bauch. Er ließ die Zunge um ihren Bauchnabel kreisen, zog dann eine sengende Spur weiter nach unten bis zum Saum des Slips. „Der stört“, knurrte er, und wenig später landete das Kleidungsstück auf dem Boden. Rodrigo kniete sich zwischen Lolas Schenkel, und beinahe andächtig küsste er sie dort, wo es sie am meisten nach ihm verlangte.

Lola stöhnte vor Lust, bog sich ihm entgegen und konnte es kaum noch erwarten, ihn in sich zu spüren. Rodrigo bemerkte ihren flehenden, um Erlösung bittenden Blick. Ihm ging es doch selbst nicht anders! In einer einzigen fließenden Bewegung zog er Hose und Seidenboxershorts aus – und dann war er in ihr. Lola keuchte auf. Sie suchte Blickkontakt zu Rodrigo, und während sie tief in seinen Augen versank, begann er sich in ihr zu bewegen. Es fühlte sich fantastisch an, Rodrigo endlich wieder tief in sich zu spüren. Mit jeder Bewegung strömten Wogen der Lust durch Lolas Adern. Höher und höher trugen die Wellen sie, bis sie in einer gewaltigen, lustvollen Explosion beinahe nach den Sternen greifen konnte.

4. KAPITEL

Beim Anblick von Lolas verzücktem Gesicht, als sie in seinen Armen kam, musste Rodrigo all seine Willenskraft aufbieten, um seinen Höhepunkt zurückzuhalten.

Er hatte sich fest vorgenommen, distanziert zu bleiben, doch das funktionierte ganz offensichtlich nicht. Nicht bei Lola, seiner Lola, der Frau, von der er jede Nacht geträumt hatte.

Jetzt gehörte sie endlich für immer zu ihm. Und du gehörst zu mir, hörte er sie noch immer flüstern. Damit tat er sich jedoch schwer. Er würde ihr niemals ganz gehören – weder Lola noch irgendeiner anderen Frau.

Verzweifelt legte er die Hände um ihr vom Höhepunkt verzücktes, erhitztes Gesicht und forderte rau: „Versprich mir, mich niemals zu betrügen. Bitte, Lola.“

„Ich werde dich niemals betrügen“, keuchte sie, das Haar zerzaust und die Wangen noch gerötet von der Lust, die er ihr verschafft hatte.

Rodrigo konnte vor Freude nichts sagen. Stattdessen küsste er ihre bebenden Lippen. Lola war sein! Es fühlte sich an, als hätte sie mit diesen einfachen Worten den Schutzpanzer aufgebrochen, den er um sein Herz gelegt hatte. Seine Gefühle überwältigten ihn, und zum ersten Mal in seinem Leben verlor Rodrigo die Kontrolle über sich. Ein Beben durchlief seinen Körper, er stöhnte laut auf und gab sich seinem Höhepunkt hin. Dann sank er erschöpft über ihr zusammen.

Als er wieder erwachte, hielt er Lola zärtlich in den Armen. Wie lange schon? Er hätte es nicht zu sagen gewusst. Allerdings hatte inzwischen die Dämmerung eingesetzt.

Es fühlte sich so natürlich und richtig an, Lola in seinen Armen zu halten. Nun kam es ihm vor, als wäre das zurückliegende Jahr, in dem er so einsam und unglücklich gewesen war, nur ein schrecklicher Albtraum gewesen.

Während er beobachtete, wie kleine Staubpartikel im Licht der untergehenden Sonne tanzten, setzte langsam sein Verstand wieder ein. Er wusste wieder, warum er keiner Frau jemals vertrauen konnte. Gerade jetzt nicht. Lola und er waren verheiratet. Sie hatten ein gemeinsames Kind. Es stand zu viel auf dem Spiel. Er musste wachsam sein, sonst …

Bei der Erinnerung daran durchzuckte ihn ein stechender Schmerz. Am ganzen Leib zitternd, ließ Rodrigo seine schlafende Frau los. Er hatte sich eingebildet, er könnte Lola kaltblütig erobern. Stattdessen hatte das Verlangen, das ein Jahr lang unerfüllt geblieben war, sich zwischen ihnen beiden in ein loderndes Feuer verwandelt, an dem er sich beinahe die Finger verbrannt hätte.

Statt Lola zu erobern, hatte er das tiefe Bedürfnis empfunden, sich ihr ganz hinzugeben.

Behutsam löste Rodrigo sich von Lola und stand auf. Er war gerade dabei, sich anzuziehen, als sie schläfrig fragte: „Wo willst du hin?“ Wie ertappt hielt er inne.

„Ich gehe aus“, stieß er heiser hervor.

Lola richtete sich auf. Sein Tonfall beunruhigte sie. „Wohin?“

Betont gleichmütig wandte er sich um. Er durfte jetzt keine Schwäche zeigen, sonst war er verloren. Da galten dieselben Regeln im Geschäftsleben wie im Umgang mit Frauen. „Das geht dich nichts an“, beschied er Lola knapp.

„Und ob mich das was angeht! Ich bin schließlich deine Ehefrau.“

„Ich habe geschäftlich zu tun.“

„Aha. Wo denn?“

„In Südamerika.“ Etwas Besseres fiel ihm so spontan nicht ein.

„Wie bitte?“ Alarmiert setzte sie sich im Bett auf. „Du spinnst wohl. Wieso hast du dann darauf bestanden, dass ich mit dir nach Kalifornien gehe?“

„Es ist dringend“, behauptete er, wild entschlossen, möglichst schnell möglichst weit fort von Lola zu kommen.

„Jett und ich begleiten dich.“ Entschlossen hob sie das Kinn. „Du hast mich geheiratet, damit wir eine Familie sein können. Unser Platz ist an deiner Seite.“

Natürlich hatte Rodrigo versprochen, sie würden gemeinsam eine Familie sein. Aber konnte Lola nicht spüren, welchen Aufruhr sie in ihm verursachte? Harsch stieß er hervor: „Ich bestimme, wo dein Platz ist. Es kommt nicht infrage, dass Jett grundlos um die halbe Welt schleifst.“

Lola zog die Knie an und wirkte plötzlich jung und verloren. „Warum hast du uns dann hergebracht, wenn du uns gleich wieder verlässt?“

Beinahe bereute Rodrigo seinen Entschluss. Aber er durfte nicht zulassen, dass seine Gefühle für Lola noch einmal die Oberhand über die Vernunft gewannen. Er musste sein Innerstes schützen. Wenn er jetzt nachgab, war er für immer verloren.

„Ich bin bald wieder da. In der Zwischenzeit kann Mrs. Lee dir mit dem Baby helfen. Tobias und Lester bewachen das Grundstück und fahren dich, wenn du irgendwohin musst.“

„Bitte bleib“, flüsterte sie und sah ihn flehend an.

„Mach dir keine Sorgen.“ Er gestattete sich, ihr einen flüchtigen Kuss zum Abschied zu geben. Am liebsten hätte er sie wieder an sich gezogen und ihren warmen, weichen Körper gespürt, blieb jedoch standhaft. „Ich lasse dir meine Kreditkarten und mein Scheckbuch hier. Du kannst nach Herzenslust shoppen.“ Hastig verließ er das Schlafzimmer.

Lola vermisste ihn. Eine Woche war Rodrigo nun schon fort. Sie versuchte sich abzulenken, ging auf Einkaufstour und verbrachte viel Zeit am Strand oder am Pool. Aber sie fühlte sich schrecklich einsam. Die beiden Leibwächter Tobias und Lester waren zwar immer um sie, und Mrs. Lee stand auch immer für ein Schwätzchen zur Verfügung, aber Lola sehnte sich so sehr nach Rodrigo. Wie hatte er es wagen können, sie nach dem ersten Tag ihrer Ehe schon wieder zu verlassen?

Wieso sagte er ihr nicht einfach, dass er nichts mehr von ihr wissen wollte? Dann könnte sie mit Jett nach New York zurückkehren, wo sie hingehörten. Dort wohnten ihre Freundinnen. Im Gegensatz zu Rodrigo nahmen die wenigstens ihre Anrufe entgegen.

Zu gern hätte sie ihm erzählt, dass sie nun die Hochschulzulassung in der Tasche hatte. Heute Morgen war die Benachrichtigung im Briefkasten gewesen. Man hatte sie ihr aus New York nachgeschickt.

Überglücklich hatte Lola Rodrigos Handynummer gewählt und schließlich enttäuscht aufgegeben. Schon seit einer Woche strafte Rodrigo sie nun mit Schweigen. Auch auf ihre SMS reagierte er nicht. Sie hatte keine Ahnung, was sie ihm getan haben konnte.

Vielleicht wusste Hallie Rat. Hallie war immer so vernünftig und dachte praktisch. Tess war eher die Träumerin, die ihre Umgebung durch eine rosarote Brille betrachtete. Die beiden Freundinnen waren ganz aus dem Häuschen gewesen, als Lola ihnen berichtete, dass sie nun studieren könnte, wenn sie wollte.

„Wir wussten ja gar nicht, dass du keinen Abschluss hast. Ich hätte dich doch beim Lernen für die Prüfung unterstützen können“, sagte Tess.

Lola lächelte versonnen, als sie daran dachte. Allerdings verging ihr das Lächeln schnell, wenn sie daran dachte, dass sie den Freundinnen immer noch nichts von der Heirat und dem überstürzten Umzug nach Kalifornien erzählt hatte. Hallie und Tess dachten, sie wäre noch in New York. Die beiden hatten auch keine Ahnung, dass sie inzwischen mit Jetts Vater verheiratet war. Wozu sollte sie den Freundinnen das jetzt überhaupt noch erzählen? Rodrigo wollte ja ganz offensichtlich nichts mehr von ihr und ihrem gemeinsamen Sohn wissen.

Die Tage der Ungewissheit setzten Lola zu, und so entschloss sie sich zu einer drastischen Maßnahme. Rodrigo hatte ihr schließlich erlaubt, so viel Geld auszugeben, wie sie wollte. Nach sieben Jahren Funkstille wollte sie sich endlich wieder bei ihren kleinen Schwestern melden. Da war es doch nur gerecht, sie mit einem Scheck über eine sechsstellige Summe ein wenig milder zu stimmen. Lola fügte noch einen Brief an Johanna und Kelsey bei, in dem sie ihr tiefes Bedauern darüber ausdrückte, dass sie sich erst jetzt bei ihnen meldete. Die Anschrift der Mädchen wusste sie selbst jetzt noch auswendig.

Schon etwas zufriedener betrat sie das Wohnzimmer, wo Jett im Laufstall lag und fleißig auf seinem Spielzeug kaute. Lachend hob Lola ihn hoch, tanzte mit ihm im sonnigen Wohnzimmer herum und sang ihm ein Lied vor, das sie früher ihren Schwestern vorgesungen hatte. Das Baby quietschte vor Vergnügen.

Schließlich blieb Lola vor dem Panoramafenster stehen und schaute hinaus auf den blauen Pazifik. All ihr Zögern half nichts. Dieser Brief musste eingesteckt werden, bevor sie es sich anders überlegte. Also marschierte sie in die Küche. Es duftete herrlich nach frisch gebackenem Brot.

Mrs. Lee sah auf, als Lola mit Jett auf dem Arm hereinkam. „Ich habe Ihr Lieblingsbrot gebacken, Mrs. Cabrera“, berichtete sie strahlend.

„Das ist nett, Mrs. Lee. Sie verwöhnen mich zu sehr.“

„Aber nein.“

„Mrs. Lee, ich habe eine Bitte. Könnten Sie vielleicht diesen Brief für mich zur Post bringen? Ich …“ Ich habe Angst, einen Rückzieher zu machen.

„Sehr gern.“ Die Haushälterin wischte sich die Hände an der Schürze ab und nahm den Brief. „Ich muss heute Morgen sowieso noch einige Besorgungen machen, die Post liegt auf dem Weg.“

„Wunderbar! Bitte schicken Sie ihn per Einschreiben.“

„Natürlich. Das muss ja ein sehr wichtiger Brief sein“, vermutete Mrs. Lee.

Autor

Therese Beharrie

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