Märchenhochzeit mit Hindernissen

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Kronprinz Alek Salustri muss heiraten - ein altes Gesetz besagt, dass er sonst den Thron von Triscari nicht besteigen darf! Woher soll er eine zukünftige Königin nehmen, wo er der Liebe für immer abgeschworen hat? Nur eine harmlose Vernunftehe auf Zeit ist für ihn denkbar. Da scheint die Assistentin seiner Schwester, die unscheinbare Hester, genau die Richtige. Ein Fehler! Denn Hester entfesselt ein verhängnisvolles Verlangen nach Liebe in ihm. Zwingen ihn die Schatten der Vergangenheit, sich von ihr zu trennen und damit auf den Thron zu verzichten?


  • Erscheinungstag 15.12.2020
  • Bandnummer 2471
  • ISBN / Artikelnummer 9783733714598
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

„Fiorella, bist du hier?“

Hester Moss hörte, wie die Vordertür ihres Studentenapartments zuschlug.

„Fi? Wo zum Teufel steckst du?“

Hester zuckte zusammen, als sie begriff, wessen Stimme sie hörte.

Als persönliche Assistentin von Prinzessin Fiorella hatte sie schon einige der bekannten Persönlichkeiten getroffen, mit denen diese zu tun hatte. Ihrem Bruder war sie aber erst ein einziges Mal begegnet.

Damals waren noch viele andere Leute dabei gewesen, und Hester hatte nicht einmal mit ihm gesprochen. Aber wie der Rest der Welt wusste auch sie, dass er sich häufig ungeheuerlich benahm – arrogant und unverschämt. Wenig überraschend, fand sie, angesichts der Tatsache, dass er der Thronerbe einer idyllischen Insel im Mittelmeer war, auf der sich die Reichen und Schönen tummelten.

Hester hatte keine Ahnung gehabt, dass der Prinz seine Schwester hier in Boston besuchen würde, wo die Prinzessin studierte. Es stand nichts davon in ihrem Kalender. Und sicher wäre zumindest eine Ankündigung per E-Mail erfolgt, wenn sein Besuch geplant gewesen wäre.

Oder wollte er unbemerkt bleiben? Immerhin zog sein öffentliches Erscheinen jedes Mal unweigerlich die Aufmerksamkeit der Medien auf sich. Aber wenn das der Fall war, warum brüllte er dann so laut?

„Fi?“

Niemand sonst nannte die Prinzessin so. Und niemand klang sonst je so ungeduldig, wenn er mit ihr sprach. Eine Sekunde lang erwog Hester, ganz still zu bleiben und sich zu verstecken, aber es war wahrscheinlich nur eine Frage von Sekunden, bis der Prinz in ihr Schlafzimmer gestürmt kam. Sie spähte vorsichtig um die Ecke und betrat dann das Wohnzimmer des winzigen Apartments.

Und dort war er. Prinz Alek Salustri von Triscari in Überlebensgröße. Mitten in ihrem ohnehin schon zu kleinen Wohnzimmer. Und abgesehen davon, dass er ein Prinz war, eine weltweit bekannte Persönlichkeit, war er auch noch muskulös, schlank und unglaublich attraktiv. Einen Moment lang konnte Hester ihn nur anstarren. Ihr entging nicht, wie sehr der maßgeschneiderte Anzug seiner Figur schmeichelte. Zu seinem schwarzen Hemd trug er eine mattschwarze Krawatte und hielt eine dunkle Sonnenbrille in der Hand. Er strahlte Ungeduld aus, und, ja: Gefahr.

Das hatte allerdings weniger mit seinen Kleidern und den Luxus-Accessoires zu tun als mit der lässigen Selbstverständlichkeit, mit der er sich bewegte. Selbst in diesem bescheidenen Apartment strahlte er die Gewissheit aus, dass ihm die Welt zu Füßen lag.

Im Moment allerdings wirkte er wütend. Und als sein finsterer Blick auf Hester landete, schien er noch wütender zu werden.

„Oh.“ Sein Stirnrunzeln erinnerte an Gewitterwolken, die sich unter Donnergrummeln am Horizont zusammenballten. „Sie sind die Assistentin.“

Nicht zum ersten Mal fand sich Hester in einer Situation wieder, in der sie offenbar für unzureichend befunden wurde. Aber sie hatte Übung darin, ihre Gefühle zu verstecken. Niemals ließ sie es sich anmerken, wenn jemand sie verletzte. Dass dieser Playboy vor ihr so gefährlich wütend wirkte, war ihr ganz egal.

„Hoheit.“ Sie nickte, machte aber keinen Knicks, ihre Beine zitterten zu sehr. „Leider ist Prinzessin Fiorella im Moment nicht hier.“

„Das sehe ich.“ Er knirschte mit den Zähnen. „Wo steckt sie?“

Hester zwang sich, nicht die Fäuste zu ballen und damit ihre Nervosität zu offenbaren. Es war ihre Aufgabe, Prinzessin Fiorella vor ungewollter Aufmerksamkeit zu beschützen. Allerdings war Prinz Alek nicht einfach irgendjemand.

„Sie hat eine Vorlesung in Biologie. In einer halben Stunde sollte sie zurück sein, wenn sie nicht noch irgendwo einen Kaffee trinkt.“

„Verdammt.“ Die Gewitterwolken verzogen sich nicht, ganz im Gegenteil. Prinz Alek wandte sich um und ging unruhig im Raum auf und ab. „Ist sie in Begleitung?“

Hester nickte.

„Aber ohne Telefon.“

„Ihr Bodyguard hat eins dabei, aber Ihre Schwester zieht es vor, sich während der Veranstaltungen nicht ablenken zu lassen. Soll ich ihm eine Nachricht schicken?“

„Nein!“, fuhr er sie an. „Ich muss sie unter vier Augen sprechen. Ich warte hier auf sie.“

Dabei sah er immer noch so zornig aus, dass Hester versucht war, trotzdem zum Telefon zu greifen – auch wenn es ihr nicht gerade klug vorkam, sich seinem ausdrücklichen Wunsch zu widersetzen.

Nervös sah sie zu, wie er auf und ab ging und dabei ihren ordentlichen Schreibtisch umrundete.

„Kann ich Ihnen irgendwie helfen?“ Es ärgerte sie, wie eingeschüchtert sie klang. In Fiorellas Gegenwart war sie nie so verlegen. Aber sie war sich nicht sicher, wie sie mit diesem Mann umgehen sollte.

Er blieb stehen und betrachtete sie, als würde er sie zum ersten Mal richtig wahrnehmen. Hester starrte zurück. Seine Augen waren schwarze, unendliche Tiefen. Wunderschön. Sie war sich nicht sicher, was sie darin las. War sein Blick gefühlvoll oder von kalter Abschätzigkeit?

Erst langsam ging ihr auf, was für eine alberne Frage sie ihm gestellt hatte. Sie – ihm helfen? Er war ein Prinz.

Sein Telefon begann zu vibrieren. Ungeduldig nahm er den Anruf entgegen.

„Ich habe doch schon Nein gesagt“, sagte er gereizt.

Selbst aus der Distanz konnte Hester den flehentlichen Tonfall des Anrufers hören.

„Das werde ich nicht tun“, sagte der Prinz fest. „Ich habe schon gesagt, dass es keine Hochzeit geben wird. Ich habe nicht das geringste Verlangen …“ Er brach ab und hörte grimmig zu. „Dann finden wir einen anderen Weg. Ich werde auf keinen Fall …“ Wieder brach er ab, unterdrückte sichtlich mühsam einen Fluch und wechselte ins Italienische. Ein Wortschwall folgte.

Hester starrte auf ihren Schreibtisch und wünschte sich, sie könnte einfach verschwinden. Ihre Gegenwart schien ihm egal zu sein. Sie hielt ihn jedenfalls nicht davon ab, sich am Telefon über die ungerechte und veraltete Gesetzgebung seines Landes auszulassen.

Seit dem Tod seines Vaters vor zehn Monaten wartete die Welt darauf, dass Alek den Thron bestieg, aber das hatte er bisher nicht getan. Der „Playboy-Prinz“, wie ihn die Illustrierten gern nannten, hatte offenbar noch keine Anstrengungen unternommen, eine Frau zu finden – und die brauchte er, wenn er König werden wollte. Das besagte ein altes Gesetz.

Vielleicht war es ihm schwergefallen, über den Tod seines Vaters hinwegzukommen. Hester hatte gesehen, wie sehr Prinzessin Fiorella getrauert hatte, und sie hatte versucht, ihr so gut wie möglich zur Seite zu stehen. Aus eigener Erfahrung wusste sie, wie es sich anfühlte, die Eltern zu verlieren.

Erst in den letzten Wochen hatte die Prinzessin damit begonnen, wieder mehr Zeit mit ihren Freunden und Hobbys zu verbringen. Prinz Alek hatte einen ganz anderen Weg gewählt, mit dem Verlust umzugehen. Allein im letzten Monat war er von der Boulevardpresse jeden Abend mit einer anderen Frau abgelichtet worden, als wollte er seine Weigerung, sich dem Gesetz zu beugen, extra deutlich machen.

Der Prinz knurrte und stopfte sein Telefon zurück in die Anzugtasche.

Während Hester verzweifelt versuchte, sich etwas einfallen zu lassen, was sie sagen konnte, erklang auf einmal aus dem Schlafzimmer ein dumpfes Geräusch. Hester versuchte, sich nichts anmerken zu lassen.

„Was war das?“ Prinz Alek neigte den Kopf wie ein Raubtier, dessen feines Gehör auf Beute lauschte. „Warum lassen Sie mich nicht in Fis Zimmer?“

„Es ist nicht …“

„Ich bin ihr Bruder. Was verstecken Sie vor mir? Ist sie mit einem Mann da drin?“

Bevor Hester sich bewegen konnte, ging er an ihr vorbei und öffnete die Tür, als wäre er hier zu Hause.

Wie angewurzelt blieb er stehen. „Was zum Teufel ist das?“

„Eine Katze. Sie ist ziemlich verängstigt.“ Hester ging an ihm vorbei und bewegte sich vorsichtig in Richtung des verwilderten Tiers, um es nicht noch mehr zu erschrecken.

„Was tut sie hier?“

„Zu Abend essen.“ Sie hob den Kater vorsichtig auf und öffnete das Fenster.

„Ich kann nicht glauben, dass sie Fiorella gehört.“ Er starrte das Tier ungläubig an. „Nicht gerade eine hochgezüchtete Preußisch Blau.“

In Hester stieg allmählich Ärger auf. Jemand, der nur auf Äußerlichkeiten Wert legte, konnte dem grau getigerten Straßenkater mit seinen eingekerbten Ohren natürlich nichts abgewinnen. „Er ist vielleicht nicht hübsch, aber tapfer und zäh. Hier bekommt er jeden Tag etwas zu fressen.“ Sie setzte den Kater auf den Fenstervorsprung.

„Wie kommt er von da herunter?“ Prinz Alek kam zum Fenster und beobachtete, wie der Kater bis zum Ende der Feuerleiter kletterte und die verbleibende Strecke von dort aus bis zum Boden sprang – immerhin beinahe zwei Meter. „Beeindruckend.“

„Er ist ein Überlebenskünstler.“ Noch während Hester den Prinzen ansah, begann ihre Nase zu jucken. Sie blinzelte, aber das half nicht, das Unausweichliche zu verhindern.

„Haben Sie gerade geniest?“ Prinz Alek blickte sie aus seinen dunklen Augen an. „Reagieren Sie etwa allergisch auf Katzen?“

„Ja, aber soll er deswegen verhungern?“ Sie zog ein Taschentuch aus der Packung auf dem Nachttisch und schnäuzte sich die Nase.

Aber anscheinend hatte Prinz Alek bereits das Interesse an der gesamten Angelegenheit verloren, denn nun sah er sich im Zimmer um und runzelte erneut die Stirn.

„Ich hatte keine Ahnung, dass Fi so viele Thriller liest.“ Er hob das Buch auf, das neben den Taschentüchern lag. „Ich dachte, sie interessiert sich nur für Tiere. Und wie kann sie sich in diesem winzigen Zimmer überhaupt bewegen?“

Hester versuchte, den Raum durch seine Augen zu sehen. Eng, schmucklos, mit einem schmalen Bett und einem ordentlichen Bücherstapel.

„Wo verstaut sie all ihre Sachen?“ Er ließ den Finger über eine kleine Holzkiste gleiten, den einzigen Ziergegenstand im ganzen Raum.

Hester presste die Lippen zusammen. „Das hier ist nicht Prinzessin Fiorellas Schlafzimmer. Sondern meins.“

Prinz Alek erstarrte, dann warf er ihr einen Blick zu, in dem sich Schuldbewusstsein und Ärger mischten. Seine Hand zog er sofort zurück. „Warum haben Sie das nicht gleich gesagt?“

„Sie sind hier hereingestürmt, bevor ich die Chance dazu hatte. Ich nehme an, Sie sind daran gewöhnt, alles zu tun, was Sie wollen!“

Dann begriff sie plötzlich, was sie da eigentlich zu ihm gesagt hatte. Und sie konnte die Worte nicht zurücknehmen. Sie faltete die Hände vor dem Körper und hielt den Kopf hoch erhoben. Ließ sich nichts anmerken.

Zeige nie jemandem, dass du Angst hast.

Hester hatte schon vor langer Zeit gelernt, wie sie sich in Gegenwart von Menschen, die Macht über sie hatten, benehmen musste – wie sie sie dazu brachte, sie in Ruhe zu lassen und das Interesse an ihr zu verlieren. Mit Gelassenheit und stiller Würde, zumindest nach außen hin.

Prinz Alek starrte sie einen Moment verdutzt an. Dann verwandelte sich sein Gesichtsausdruck unvermittelt, er warf den Kopf zurück und lachte, tief und voll. Auf einmal war es Hester, die verdutzt war.

Grübchen.

Er war ein erwachsener Mann mit unwiderstehlichen Grübchen. Ihr stand der Mund offen.

Innerhalb eines einzigen Augenblicks schüttelte der Prinz seine Frustration ab und stand gutgelaunt da. „Sie halten mich für verwöhnt?“

„Sind Sie das nicht?“, antwortete sie, ohne nachzudenken.

Sein Lächeln war der Wahnsinn. Breit und ansteckend. Es verwandelte sein Gesicht, das als Vorlage für eine Statue hätte dienen können, machte es warm und menschlich. Selbst mit seinen perfekten, geraden weißen Zähnen wirkte er ausgesprochen schurkisch. Seine vollen Lippen waren ein wenig schief verzogen, und die Grübchen in seinen Wangen blitzten auf und verschwanden wieder.

„Ich würde nicht behaupten, dass ich verwöhnt bin. Man zwingt mich immerhin sogar, eine Frau zu finden.“

„Sie meinen, für Ihre Krönung?“ Hester konnte kaum so tun, als wüsste sie nicht, worum es ging, nachdem sie das Telefongespräch mit angehört hatte.

„Ja“, gab er trocken zu und verließ ihr Schlafzimmer. „Sie weigern sich, dieses alberne Gesetz zu ändern.“

„Finden Sie Demokratie etwa lästig?“, fragte sie. Heimlich freute sie sich, dass er sich nicht immer durchsetzen konnte. „Machen die doofen Leute einfach nicht, was Sie wollen?“

Der Prinz starrte sie kühl an. Die Grübchen waren verschwunden. Hester starrte ungerührt zurück.

„Es ist ein sinnloses Gesetz“, sagte er. „Wir hätten es schon vor Jahren abschaffen sollen.“

„Es ist Tradition.“ Sie ging an ihm vorbei in die Mitte des Wohnzimmers. „Vielleicht geht es dabei um Stabilität.“

„Stabilität?“

In seinem Tonfall lag ein Hauch von Schalk. Hester warf ihm einen Blick zu. Und stellte fest, dass er auf ihren Po gestarrt hatte. Eine Welle von Hitze erfüllte sie. Und machte sie wütend. Sie wusste, dass er an ihr kein wirkliches Interesse haben konnte, er war nur so auf Sex fixiert, dass er nicht anders konnte. Von Neuem kochte Ärger in ihr hoch.

„Vielleicht ist es besser, einen Monarchen zu haben, der nicht ständig Frauen nachsteigt.“

Spöttisch verzog er die Lippen. „Nicht ständig. Donnerstags mache ich Pause.“ Er lehnte sich gegen den Türrahmen ihres Schlafzimmers.

„Also ist heute Ruhetag?“

„Selbstredend.“ Er ließ den Blick einmal rasch über ihren Körper schweifen, doch dann schaute er ihr ins Gesicht, und jeglicher Schalk war verschwunden. „Denken Sie wirklich, es ist okay, jemanden zu einer Heirat zu nötigen, bevor er den Job übernehmen darf, auf den er sich sein Leben lang vorbereitet hat? Denken Sie, ich sollte meine persönliche Freiheit dem Wohl des Landes opfern?“

Das dachte Hester keineswegs, aber sie hatte sich selbst in eine Ecke manövriert. „Eine arrangierte Ehe könnte sehr wohl ihre Vorteile haben.“

„Vorteile?“ Prinz Alek hob die Augenbrauen und verströmte Skepsis aus jeder attraktiven Pore seines schönen Gesichts. „Was für Vorteile sollen das sein?“

Die Aussicht, sich nicht länger an einem Buffet voller Frauen bedienen zu können, schien ihm gar nicht zu gefallen.

„Wenn Sie mit der richtigen Frau die richtige Art von Vertrag schließen, wissen Sie, worauf Sie sich einlassen“, sagte Hester kühl. „Es wäre eine logische Entscheidung zum Wohl Ihres Landes.“

„Logisch?“ Er hob die Augenbrauen. „Sind Sie ein Roboter?“

Im Moment wünschte sich Hester, sie wäre einer. Es machte ihr zu schaffen, dass sie ihn so attraktiv fand – obwohl sie doch wusste, was für ein Playboy er war. Aber zweifellos erging es so jeder Frau, die sich ihm auf Sichtweite näherte. Wenn ein Mann so gut aussah, hatten Normalsterbliche keine Chance.

„Vielleicht können Sie ja eine Gesetzesänderung in die Wege leiten, wenn Sie erst König sind.“ Sie zuckte die Schultern und hoffte, damit eine Diskussion zu beenden, die sie nie hatte führen wollen.

„Ja. Aber vorher muss ich heiraten.“

„Was für ein Dilemma.“

„Es hat nichts mit meiner Fähigkeit zu tun, meine Arbeit zu machen.“

„Warum treffen Sie nicht einfach eine Vereinbarung mit einer Ihrer Freundinnen? Ich bin sicher, die würden nur zu gern die Bürde tragen, Ihre Frau zu werden.“

Prinz Alek lachte. In seinen Augen lag ein Glitzern. „Denken Sie nur nicht, ich hätte nicht bereits darüber nachgedacht. Aber es ist schwierig, eine Frau zu finden, die das Ganze nicht zu ernst nimmt und die nicht insgeheim hofft, wir würden glücklich und zufrieden bis an unser seliges Ende leben.“

„Ja, ich schätze, das könnte ein Problem sein.“ Sie nickte, doch hinter ihrem vorgeblichen Ernst steckte reiner Sarkasmus.

Plötzlich richtete er sich gerade auf und machte einen Schritt auf sie zu. „Für jemanden wie Sie wäre das kein Problem.“

„Wie bitte?“

„Sie begreifen, worum es geht. Sie würden sich keine Illusionen machen.“

Zu verdutzt – und insgeheim zu verletzt –, um sich davon abzuhalten, antwortete sie scharf: „Das wäre eine schlechte Idee.“

Wieder hob Prinz Alek die Augenbrauen. „Allgemein, oder weil ich es bin?“

Auf einmal erinnerte Hester sich daran, wer da vor ihr stand. „Verzeihung.“

„Keine Ursache. Sie haben ganz recht.“ Er lachte erneut. „Ich stehe vor der Schwierigkeit, jemanden zu finden, der die Situation begreift, sich mit den Rahmenbedingungen einverstanden erklärt und dabei klug und diskret genug ist, sich nicht zu verraten.“

„Das sind hohe Anforderungen.“ Hester wünschte sich, er würde verschwinden. Oder ihr die Gelegenheit geben, zu verschwinden. Die Situation war gefährlich. Er war gefährlich.

Er senkte den Blick von ihrem Gesicht hinunter auf den aufgeräumten Schreibtisch, hinter den sie sich geflüchtet hatte. „Sie sind der Inbegriff von Diskretion.“

„Weil mein Schreibtisch so ordentlich ist?“

„Weil Sie klug genug sind, zu verstehen, wie so ein Arrangement funktioniert.“ Er musterte sie von oben bis unten mit seinem bezwingenden Blick. „Und zwischen uns gibt es keine amourösen Verwicklungen. Sie wären die perfekte Verlobte.“

Sein schalkhafter Blick forderte sie auf, sich auf den Scherz einzulassen.

Aber für Hester war es alles andere als lustig. Sie warf ihm einen abschätzigen Blick zu, bevor sie bedeutungsvoll auf ihren Schreibtisch hinuntersah. „Nein.“

„Warum nicht?“ Der Schalk schwand, und eine kühle Kalkulation blieb zurück.

Er war skrupelloser, als man ihm ansah.

„Das meinen Sie nicht ernst“, sagte sie.

„Ich denke fast, das tue ich.“

„Nein“, wiederholte sie mit schwacher Stimme. Sie kreuzte die Arme vor der Brust, um ihre Hände davon abzuhalten, sich nervös zu bewegen. Um die Hitze nicht zu fühlen, die Versuchung.

Sie ließ sich nie in Versuchung führen. Ihre Gefühle unterdrückte sie. Das war seit Langem ihre Überlebensstrategie.

Alek wandte den Blick nicht ab. „Warum denken Sie nicht einen Moment darüber nach?“

„Worüber?“, fragte sie ungläubig. „Es ist eine lächerliche Idee.“

Und das war es. Vor weniger als fünf Minuten hatte er den Raum betreten, und nun wollte er sie heiraten? Das war der reine Irrsinn.

„Das denke ich nicht“, entgegnete er ruhig. „Ich glaube, es würde sehr gut funktionieren.“

Er ließ es klingen, als wäre es nichts.

„Denken Sie nicht, Sie sollten das Ganze etwas ernster nehmen, anstatt der erstbesten Frau, der Sie heute über den Weg gelaufen sind, einen Heiratsantrag zu machen?“

„Warum sollte ich Ihnen keinen Antrag machen?“

Hester atmete tief ein und versuchte, ihren wachsenden Ärger zu verbergen. „Niemand würde Ihnen glauben, dass Sie mich heiraten wollen.“

„Warum?“

Im Stillen bettelte sie um Gnade. „Weil ich nicht der Typ Frau bin, mit dem Sie sich normalerweise abgeben.“

Wieder musterte er sie mit diesem spöttischen Blick, heiß und kalt zugleich. „Das sehe ich anders.“

Hester biss die Zähne zusammen. Hoffentlich würde er nicht versuchen, ihr zu erzählen, sie sei attraktiv.

„Kleidung und Make-up sind alles, was fehlt.“ Er nahm ihr den Wind aus den Segeln. „Eine hübsche Illusion.“

„Illusion?“ Sie schluckte die Bitterkeit herunter, die seine Worte in ihr wachriefen. Sie wusste, wie sehr die Welt auf Illusionen baute. „Ich stamme nicht aus Ihrer Gesellschaftsschicht. Ich bin keine Prinzessin.“

„Na und? All das sollte keine Rolle spielen.“

„Ich komme nicht einmal aus Ihrem Land“, fuhr sie fort. „Man wird etwas anderes von Ihnen erwarten.“

Er hob den Blick und schien die Wand hinter ihr zu betrachten. „Ich werde tun, was notwendig ist, aber alles lasse ich mir nicht diktieren. Ich möchte nicht heiraten. Aber wenn es denn unbedingt sein muss, dann sicher keine Prinzessin, sondern eine Frau, die ich mir selbst aussuche.“ Als er Hester ansah, lag erneut ein Hauch von Belustigung in seinem Gesicht. „Es wäre fast eine Art Märchen.“

„Ein ziemlich unglaubwürdiges.“ Sie konnte nicht glauben, dass er immer noch daran festhielt.

„Warum?“, entgegnete er. „Wie lange arbeiten Sie schon für Fi?“

„Ein Jahr.“

„Aber Sie kennen sie schon länger.“

„Seit fünfzehn Monaten.“

Als Fiorella zum Studium in die USA gekommen war, war Hester ihr als Mitbewohnerin zugeteilt worden. Hester war vier Jahre älter und arbeitete schon an ihrem Abschluss, was sie zu einer idealen Kandidatin machte, um Fiorella zu unterstützen. Zwar war Fiorella intelligent und fleißig und brauchte wenig Hilfe bei ihrem Studium, aber es dauerte nicht lange, bis Hester begann, ihr mit ihrer umfangreichen Korrespondenz zu helfen. Nachdem Hester schließlich ihr Studium beendet hatte, hatte Fiorella sie gebeten, offiziell für sie zu arbeiten.

Seither verwaltete sie Fiorellas Termine, antwortete auf Nachrichten und E-Mails und organisierte so gut wie alles, ohne ihr Apartment zu verlassen. Es war perfekt. Nebenbei gab sie anderen Studenten Nachhilfe und leistete ehrenamtliche Arbeit in einer Beratungsstelle in der Innenstadt.

„Dann haben Sie alle Sicherheitschecks und Prüfungen durchlaufen und bewiesen, dass Sie den Anforderungen gewachsen sind.“ Prinz Alek trat einen Schritt auf sie zu.

Unglaublich, dass er immer noch nicht lockerließ.

„Außerdem liegt es nahe, dass wir uns schon länger gut kennen“, fügte er hinzu.

„Wir haben uns erst einmal im gleichen Raum aufgehalten.“ Als Prinz Alek seine Schwester nach Amerika begleitet hatte. „Und dies ist das erste Mal, dass wir uns miteinander unterhalten.“ Hester hob störrisch ihr Kinn.

„Ich nehme es als Kompliment, dass Sie das so genau wissen.“ Aleks Grinsen hatte etwas Raubtierhaftes. „Aber außer uns muss das niemand erfahren. Vielleicht waren all die Anrufe und Besuche bei Fi nur ein Vorwand, um Sie zu treffen?“ Er nickte nachdenklich. Dann machte er noch einen Schritt auf sie zu. „Eine ausgezeichnete Strategie, wirklich.“

Hesters Ärger wuchs. Wie konnte er nur so tun, als wäre das alles ganz einfach? Dachte er, sie würde nachgeben? Es vielleicht sogar als Kompliment betrachten? Er war wirklich ein Prinz. Daran gewöhnt, dass sich die Leute vor ihm verbeugten und sich seinen Wünschen fügten. Hatte er jemals ein Nein zu hören bekommen? Wenn nicht, war es an der Zeit.

„Wie dem auch sei.“ Sie räusperte sich. „Die Antwort lautet Nein, Hoheit. Soll ich Ihrer Schwester sagen, dass Sie wie üblich im Hotel auf sie warten?“

Sie wünschte sich, Fiorella würde auftauchen und ihren offenbar dem Wahnsinn verfallenen Bruder wieder einfangen.

„Aber da bin ich nicht. Ich bin hier, und Sie werden mich nicht los …“ Er runzelte plötzlich die Stirn. „Verzeihung. Ich habe Ihren Namen vergessen.“

Im Ernst?

Er hatte vorgeschlagen, sie sollten heiraten, ohne auch nur ihren Namen zu kennen?

„Ich glaube nicht, dass Sie ihn je gekannt haben“, sagte sie trocken. „Hester Moss.“

„Hester.“ Er wiederholte ihren Namen ein paar Mal, fragend, als wäre er eine unbekannte Geschmacksrichtung, von der er noch nicht wusste, ob er sie mochte. „Das ist sehr gut.“ Er lächelte. „Ich bin Alek.“

„Ich weiß, wer Sie sind, Hoheit.“ Und sie würde sich nicht auf seinen verrückten Plan einlassen. Entschlossen versuchte sie, das Kribbeln in ihrem Bauch zu unterdrücken, das der Sehnsucht nach einem Abenteuer verdächtig nahekam.

Prinz Alek musterte sie, als wäre sie eine Vollblutstute, die er für seine berühmte Pferdezucht kaufen wollte. Dieses verdammte Lächeln umspielte schon wieder seinen Mund. „Ich glaube, es würde wirklich gut funktionieren, Hester.“

Die Art, wie er ihren Namen sagte, strich über ihre Haut wie eine Liebkosung. Er war es gewöhnt, seinen Willen durchzusetzen. Hatte er nicht gehört, dass sie Nein gesagt hatte, oder glaubte er ihr nur nicht?

„Ich denke, Sie scherzen gern“, sagte sie beinahe heiser. „Aber ich möchte kein Scherz sein.“

Er kniff die Lippen zusammen. „Das wären Sie nicht. Aber es könnte für uns beide unterhaltsam werden.“

„Ich brauche keine Unterhaltung.“

„Nein? Was brauchen Sie denn?“ Er schaute in Richtung ihres Schlafzimmers. „Sie brauchen Geld.“

„Tue ich das?“ Hester gab sich erstaunt.

„Jeder normale Mensch braucht Geld.“

Jeder „normale“ Mensch? Meinte er damit alle, die nicht von adliger Abstammung waren? „Ich nicht. Ich habe, was ich brauche.“

Er schaute sie an, ohne den Blick abzuwenden, und die Skepsis stand ihm ins Gesicht geschrieben.

„Außerdem habe ich einen Job.“

„Sie arbeiten für meine Schwester.“

„Ja.“ In seinem glatten Tonfall witterte sie einen Hauch von Gefahr. „Oder lassen Sie mich feuern, wenn ich Nein sage?“

Sein Lächeln schwand. „Ich bin doch kein Untier! Warum hören Sie sich meinen Vorschlag nicht erst einmal an, bevor Sie verfrühte Schlussfolgerungen ziehen?“

„Es ist mir nicht in den Sinn gekommen, dass Sie es wirklich ernst meinen.“

„Das tue ich“, sagte er langsam, als könnte er es selbst nicht so recht glauben. „Ich will, dass Sie mich heiraten. Ich lasse mich zum König krönen. Und Sie können im Palast ein Luxusleben führen.“ Er deutete in Richtung ihres Zimmers. „Es wird Ihnen an nichts fehlen.“

Fand er ihr schlichtes kleines Zimmer bemitleidenswert? Wie konnte er sich anmaßen, ihre Wünsche zu kennen? Hester brauchte nichts – keine Menschen und keine Dinge.

Nur, dass das nicht ganz stimmte. Und das Kribbeln wurde ein klein wenig stärker. „Wollen Sie das alles nicht lieber in Ruhe durchdenken?“

„Ich habe es schon durchdacht. Es ist ein guter Plan.“

„Für Sie vielleicht. Aber ich mag es nicht, wenn man mir sagt, was ich tun soll.“ Und sie mochte keine leeren Versprechungen. Ganz abgesehen davon, dass ihr die Aussicht, im Rampenlicht zu stehen, überhaupt nicht behagte.

Autor

Natalie Anderson
Natalie Anderson nahm die endgültigen Korrekturen ihres ersten Buches ans Bett gefesselt im Krankenhaus vor. Direkt nach einem Notfall-Kaiserschnitt, bei dem gesunde Zwillinge das Licht der Welt erblickten, brachte ihr ihr Ehemann die E-Mail von ihrem Redakteur. Dem Verleger gefielen ihre früheren Korrekturen und da es gerade einen Mangel an...
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Natalie Anderson
Natalie Anderson nahm die endgültigen Korrekturen ihres ersten Buches ans Bett gefesselt im Krankenhaus vor. Direkt nach einem Notfall-Kaiserschnitt, bei dem gesunde Zwillinge das Licht der Welt erblickten, brachte ihr ihr Ehemann die E-Mail von ihrem Redakteur. Dem Verleger gefielen ihre früheren Korrekturen und da es gerade einen Mangel an...
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