Nur ein Mann für gewisse Stunden?

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Privatdetektiv Rico soll Megans Familiengeheimnis lüften. Doch da ist diese unwiderstehliche Chemie zwischen ihnen! Gegen jede Vernunft gibt sich Megan dem überzeugten Junggesellen hin …


  • Erscheinungstag 28.12.2015
  • Bandnummer 22
  • ISBN / Artikelnummer 9783733743895
  • Seitenanzahl 160
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

PROLOG

An einem wunderschönen Junitag …

„Donnerwetter, wer ist denn der Typ?“

„Keine Ahnung. Aber glücklicherweise hat er es ja noch zum Empfang geschafft.“

„Sieh dir doch nur diese Figur an!“

„Und der Gang erst …“

„So was von sexy! Dem müsste man wirklich ein Warnschild umhängen.“

Einige Frauen standen zusammen und flüsterten miteinander. Keine konnte ihren Blick von dem großen, unglaublich attraktiven Mann wenden, der jetzt den Raum durchquerte und auf eine Gruppe männlicher Westmorelands zuging.

Man feierte die Hochzeit von Micah Westmoreland und Kalina Daniels. Aber im Augenblick hatten die anwesenden Damen keine Augen für das glückliche Paar, sondern starrten mehr oder weniger unverhohlen den Mann an, der gerade eingetroffen war.

„Kann mir nicht endlich jemand sagen, wer dieser Typ ist?“, flüsterte Vickie Morrow, eine gute Freundin von Kalina. Hilfe suchend blickte sie Megan Westmoreland an. „Die meisten dieser attraktiven Männer hier sind doch irgendwie mit dir verwandt. Dieser auch?“

Megan musterte den Mann genau. „Nein, ich habe ihn noch nie gesehen.“ Bisher hatte sie nur sein Profil betrachten können, aber auch das war schon umwerfend. Er war sonnengebräunt und hatte dichtes dunkles Haar. Selbst im Anzug konnte man deutlich erkennen, wie durchtrainiert sein Körper war. „Ihr habt recht, er sieht besonders gut aus. Und er scheint einige Leute aus meiner Familie zu kennen. Vielleicht ein Freund aus Holly­wood?“

„Ich muss unbedingt dabei sein, wenn er sich vorstellt“, sagte Marla Ford, auch sie eine gute Freundin von Kalina, und trat aufgeregt einen Schritt näher an Megan heran. „Kannst du das nicht irgendwie arrangieren?“

Megan lachte. „Ich werde sehen, was ich tun kann.“

„Nicht umdrehen!“, flüsterte Marla jetzt beschwörend. „Er sieht in unsere Richtung! Dein Bruder Zane, Megan, zeigt auf uns. Hoffentlich auf mich!“ Doch dann brach ihre Stimme enttäuscht ab: „Nein, er zeigt auf dich, Megan.“

Megan runzelte die Stirn. Marla musste sich irren. Was hatte sie mit dem Fremden zu tun?

„Ja, dieser Wahnsinnstyp scheint nur dich zu sehen“, flüsterte Vickie. „Als würden wir überhaupt nicht existieren. Oh Mann, ich wünschte, mich würde mal jemand so ansehen …“

Jetzt wandte Megan dem Fremden ihr Gesicht zu. Die anderen hatten recht, er konzentrierte sich ganz auf sie. Als ihre Blicke sich begegneten, geschah etwas, das Megan noch nie erlebt hatte: Ihre Haut prickelte, ihr Herz schlug wie verrückt, sie spürte, dass sie rot wurde. Sie fühlte sich, als hätte tief in ihrem Innern ein Blitz eingeschlagen.

Sie nahm kaum noch wahr, was um sie herum vorging oder wer neben ihr stand. Sie sah nur ihn und hörte die leise Musik der Band. Es war, als existierten nur sie beide auf der Welt.

Megans Handflächen wurden feucht, und ein unbekanntes, urgewaltiges Gefühl überkam sie, kraftvoll und drängend.

Verlangen. Sexuelle Begierde.

Wie war es möglich, dass ein Fremder eine solche Wirkung auf sie hatte? Zum ersten Mal in ihrem siebenundzwanzigjährigen Leben erfuhr Megan, was es bedeutete, körperlich auf einen Mann zu reagieren. Als Anästhesistin waren ihr der menschliche Körper und seine Funktionen zwar durchaus vertraut, aber bislang hatte sie sich noch nie tiefere Gedanken über ihren eigenen Körper gemacht. Und jetzt plötzlich diese starke Reaktion? Noch dazu auf einen Mann, den sie gar nicht kannte?

Durchaus interessant, ja, aber auch äußerst verwirrend.

„Der Mann steht auf dich, Megan.“

Wie von weit her unterbrach Vickie ihre Gedanken. „Nein, warum sollte er?“, wehrte Megan ab. „Er kennt mich nicht. Und ich kenne ihn nicht.“

„Das ist doch vollkommen unwichtig. Ihr fühlt euch sexuell zueinander hingezogen, und zwar gewaltig. Wir haben es alle gemerkt, und du musst es auch gespürt haben. Die Luft ist ja geradezu elektrisch aufgeladen!“

Als die anderen zustimmend nickten, senkte Megan kurz den Kopf. Was sollte sie dazu auch sagen? Wieder warf sie einen Blick auf den Fremden, der sie immer noch unentwegt ansah. Doch dann tippte ihm ihr Cousin Riley auf die Schulter, und der Unbekannte wandte sich ihm unwillig, wie ihr schien, zu.

Savannah und Jessica, die ebenfalls zum Westmore-Clan gehörten, traten auf ihn zu und umarmten ihn herzlich. Und in diesem Augenblick begriff Megan, wer der Fremde war. Der Bruder von Jessica und Savannah, der Privatdetektiv aus Philadelphia! Rico Claiborne. Der Mann, den sie selbst vor einigen Monaten engagiert hatte, um Näheres über die Vergangenheit ihres Urgroßvaters herauszufinden. Sie hatten damals nur telefoniert.

Sosehr sich Rico auch freute, seine Schwestern wiederzusehen – die schöne Unbekannte, auf die Zane gezeigt hatte, ging ihm nicht mehr aus dem Kopf.

Dr Megan Westmoreland. Das war also die Frau, die ihn vor ein paar Monaten angerufen und um Recherchen über ihre Familie gebeten hatte.

Sie sah ihn nicht mehr an, sondern hatte sich wieder ihren Freundinnen zugewandt. Zum Glück, denn er musste sich erst einmal fassen. Was war das denn eben gewesen? Wieso hatte er sich von ihr wie magisch angezogen gefühlt und die Frauen um sie herum kaum bemerkt? Sie hatte etwas an sich, was sie von den anderen unterschied; das war ihm schon aufgefallen, bevor Zane erwähnte, dass sie seine Schwester Megan sei.

Diese Frau war so heiß! Wenn sie ihn ansah, war er wie hypnotisiert vor Erregung. Sie hatte ihn nicht mit dem üblichen Blick angeschaut, mit dem eine Frau ihr Interesse signalisiert. Vielmehr sah sie ihn an, als sei sie genauso verwirrt wie er. Was geht hier vor sich? schien ihr Blick zu sagen.

Noch nie hatte er derart heftig auf eine Frau reagiert. Und dass ausgerechnet sie es war, die ihn für diesen Westmoreland-Job engagiert hatte, machte alles noch komplizierter.

Vor zwei Monaten hatte sie ihn angerufen. Er erklärte sich bereit, die Sache zu übernehmen, musste vorher aber noch einige andere Fälle klären. Als ihn dann sein Freund Micah zur Hochzeit einlud, konnte er sozusagen zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: an der Hochzeit teilnehmen und gleichzeitig seine Auftraggeberin kennenlernen, Micahs Cousine Megan. Aber nie im Leben wäre er auf die Idee gekommen, dass diese Megan ihn derart umhauen würde.

Jetzt kam das Brautpaar auf ihn zu, um ihn zu begrüßen, Ricos Schwestern im Schlepptau. Und während er vorgab, intensiv zuzuhören, warf er immer wieder verstohlene Blicke zu Megan. Was allerdings nicht unbemerkt blieb …

„Du kennst Megan doch? Ich weiß, dass sie dich engagiert hat, um Raphels Geschichte aufzuarbeiten.“ Savannah sah ihn neugierig an und lächelte. Oh, er kannte diesen Blick! Wenn er nicht aufpasste, würde sie nur zu gern ihre hübsche kleine Nase in Dinge stecken, die sie nichts angingen.

„Nein, Megan und ich sind uns noch nicht begegnet. Wir haben nur ein paarmal telefoniert.“ Schnell nahm er ein Glas eisgekühltes Mineralwasser vom Tablett des Kellners, der gerade vorbeikam. Ihm war immer noch glühend heiß. Warum hatte er sie auch immerzu angesehen? „Aber ich weiß, welche der jungen Damen sie ist. Zane hat sie mir gezeigt.“ Hoffentlich war Savannah mit dieser Auskunft erst einmal zufrieden.

Aber nein. Wieder lächelte sie verschmitzt und meinte nur: „Dann will ich sie dir mal vorstellen.“

Rico nahm schnell einen Schluck von dem eiskalten Wasser. Ah, das tat gut! Er öffnete den obersten Knopf seines Hemds und hielt kurz inne. Sollte er die Begegnung besser verschieben? Aber das hatte ja auch keinen Sinn, irgendwann musste es schließlich sein. „Wenn du willst.“

Als Savannah mit ihrem Bruder auf die Gruppe plaudernder Frauen zuging, sahen ihm alle erwartungsvoll entgegen. Doch er hatte nur Augen für die eine. Und er wusste, dass sie genau wie er diese knisternde Spannung spürte, es konnte gar nicht anders sein.

Wie gut, dass sie nicht eng zusammenarbeiten würden! Er brauchte Megan nur hin und wieder Berichte über seine Nachforschungen zu schicken, um sie auf dem Laufenden zu halten. Das war unproblematisch.

Je mehr Abstand zwischen uns liegt, desto besser, dachte er, als er auf sie zuging. Wir können bei dieser starken sexuellen Anziehung nicht am gleichen Ort arbeiten. Ausgeschlossen.

1. KAPITEL

Drei Monate später

„Dr Westmoreland, hier ist jemand, der Sie sprechen möchte.“

Stirnrunzelnd blickte Megan auf ihre Uhr. In einer Stunde musste sie im OP sein, und vorher hätte sie sich gern noch etwas zum Essen geholt. „Wer denn, Grace?“, fragte sie über die Gegensprechanlage. Grace Elsberry studierte an der University of Colorado Medizin und hatte eine Teilzeitstelle in der Anästhesie des Universitätskrankenhauses.

„Scharfer Typ. Könnte ein Filmschauspieler sein“, gab Grace flüsternd zurück.

Megan stockte der Atem, und ihr wurde heiß, denn sie konnte sich denken, wer der Besucher war. Und da bestätigte Grace auch schon, was Megan halb befürchtete, halb ersehnte. Was von beiden, wusste sie selbst nicht. „Sein Name ist Rico Claiborne.“

Dann senkte Grace wieder die Stimme. „Aber ich würde ihn Mr Sexy nennen. So jemanden haben Sie noch nicht gesehen.“

Oh, doch … Megan erinnerte sich nur zu genau an Rico Claiborne. Der Mann sah so gut aus, dass man ihn eigentlich nicht frei herumlaufen lassen dürfte. „Schicken Sie ihn herein.“

„Ihn hereinschicken? Ich werde ihn selbstverständlich persönlich hineinbegleiten, Dr Westmoreland.“

Megan schüttelte lächelnd den Kopf. So etwas hatte Grace noch nie getan. Doch da öffnete sich schon die Tür, und Grace ließ den Besucher eintreten, der ihr mit einem leichten Kopfnicken dankte. Dann wandte er sich um und kam mit geschmeidigen Schritten auf Megan zu. Selbstbewusst, männlich und umwerfend sexy, sah er wirklich wie ein Filmschauspieler oder ein Männermodel aus. Und das, obwohl er nur Jeans und Pulli trug.

Megan stand auf, um ihn zu begrüßen. Rico war groß und schlank, hatte dunkelbraunes, fast schwarzes Haar und haselnussbraune Augen. Er war sündhaft attraktiv, und sein Anblick ließ ihr Herz sofort schneller schlagen.

Abgesehen von ein paar Telefonaten hatten sie bislang kaum Kontakt gehabt. Und dann war da natürlich noch ihre Begegnung auf der Hochzeit von Megans Cousin Micah vor drei Monaten … Rico hatte Megan damals so bezaubert, dass sie seither immer wieder an ihn denken musste.

Aber zurück zu wichtigeren Dingen, rief sie sich zur Ordnung. Sie hoffte, dass er seinen letzten Auftrag inzwischen erledigt hatte und endlich mit ihrem Fall anfangen konnte.

Megan streckte die Hand aus. „Rico, wie schön, dich wiederzusehen!“, sagte sie lächelnd. Als Schwager von zwei ihrer Cousins gehörte Rico sozusagen zum erweiterten Familienkreis, sodass sie sich selbstverständlich duzten.

„Ich freue mich auch, Megan.“ Er nahm ihre Hand, und Megan musste sich zwingen, sie ihm nicht sofort wieder zu entziehen, so sehr elektrisierte sie die Berührung.

„Und … was bringt dich nach Denver?“ Kurz zögerte sie, dann hatte sie ihre Stimme wieder unter Kontrolle.

Er ließ ihre Hand los. „Ich hatte hier heute Morgen im Gericht zu tun und wollte die Gelegenheit nutzen, dir einen vorläufigen Bericht zu geben. Denn ich habe schon vor einigen Wochen angefangen, mich mit eurem Fall zu beschäftigen. Es tut mir leid, dass ich dich so überfalle, aber als ich heute Morgen versuchte, dich telefonisch zu erreichen, war dein Handy ausgeschaltet.“

„Sie war den ganzen Vormittag im OP.“

Verblüfft drehten Rico und Megan sich um. Grace war immer noch da. Sie stand lächelnd in der Tür und musterte Rico mit einem sehr eindeutigen Blick.

„Danke. Das wäre alles, Grace“, sagte Megan freundlich.

Die Studentin war sichtlich enttäuscht. „Brauchen Sie mich wirklich nicht mehr?“

„Im Moment nicht.“

„Na dann …“ Grace verließ den Raum und zog langsam die Tür zu.

Als Megan sich wieder zu Rico umwandte, begegnete sie seinem intensiven Blick. Unwillkürlich wurde sie nervös, obwohl sie wusste, dass es dafür gar keinen Anlass gab. Doch schon bei ihrer ersten Begegnung vor drei Monaten hatte er sie so in seinen Bann gezogen, dass sie wie benebelt gewesen war. Solche Gefühle hatte noch kein Mann in ihr ausgelöst.

Seither konnte sie die Tage, an denen ihre Gedanken nicht um ihn kreisten, an einer Hand abzählen. Und jetzt stand er hier. Direkt vor ihr. Sie bebte innerlich wie ein Teenager vor dem ersten Kuss.

„Möchtest du dich nicht setzen?“, fragte sie. „Offenbar hast du mir etwas Wichtiges mitzuteilen.“ Megan zog sich hinter ihren Schreibtisch zurück und nahm Platz. Die symbolische Trennlinie zwischen ihnen half ihr, sich wieder zu sammeln. Nun war sie neugierig, was er berichten würde.

Vor ein paar Jahren hatte die Familie erfahren, dass ihr Urgroßvater Raphel Stern Westmoreland einen Zwillingsbruder hatte und kein Einzelkind war, wie sie immer gedacht hatten. Der Enkelsohn James dieses Zwillingsbruders Reginald Scott Westmoreland lebte in Atlanta und beschäftigte sich mit Ahnenforschung.

James hatte herausgefunden, dass dieser Zweig der Familie mit den Westmorelands in Denver verwandt war, zu denen Megan gehörte. Nach seiner Entdeckung wollten die Denver-Westmorelands herausfinden, was Urgroßvater Raphel ihnen sonst noch verheimlicht hatte.

Sie wussten, dass Raphel, der wohl so etwas wie das schwarze Schaf der Familie gewesen war, im Alter von zweiundzwanzig Jahren mit der Frau eines Pfarrers durchbrannte. Bevor er sich in Colorado niederließ, war er quer durch die USA gezogen, unter anderem durch Texas, Wyoming, Kansas und Nebraska. Unterwegs hatte er mit zahlreichen Frauen verkehrt.

Natürlich wollten nun alle wissen, was aus diesen Frauen geworden war, zumal es so aussah, als sei er mit jeder verheiratet gewesen. Es war also ziemlich wahrscheinlich, dass es mehr Westmorelands gab, als Megan und ihre Familie bisher angenommen hatten.

Und so war Megans ältester Cousin Dillon zu der Entscheidung gelangt, Nachforschungen über Raphels Frauen anzustellen.

Er ging nach Gamble in Wyoming, wo er nicht nur seine zukünftige Gattin kennenlernte, sondern auch herausbekam, dass die ersten beiden Frauen, die man mit Raphel in Verbindung bringen konnte, nicht mit ihm verheiratet gewesen waren. Raphel hatte ihnen lediglich geholfen. Inwiefern, konnte nicht mehr festgestellt werden.

Da Dillon in der Zwischenzeit geheiratet und eine Familie gegründet hatte, konnte er seine Nachforschungen in Bezug auf die dritte und vierte Frau Raphels nicht fortsetzen. Und so hatte Megan sich bereit erklärt, diese Aufgabe zu übernehmen. Dazu engagierte sie den Privatdetektiv Rico Claiborne, den ihre Brüder und Cousins in den höchsten Tönen gelobt hatten.

Sie beobachtete, wie er Platz nahm, und konnte erneut kaum den Blick von ihm wenden. Er sah so unverschämt gut aus!

Dabei hatte Megan viel Erfahrung mit attraktiven Männern, denn ihre Brüder und Cousins konnten sich allesamt sehen lassen. Aber Rico sprach ihre weiblichen Sinne auf eine magische Weise an, gegen die sie machtlos war.

„Ich glaube schon, dass es wichtig ist – sozusagen ein erster Durchbruch“, ging Rico auf ihre Bemerkung ein. „Ich habe endlich etwas über Clarice Riggins herausgefunden.“

„Tatsächlich? Das ist ja fantastisch!“ Megan beugte sich gespannt vor. Clarice war Vermutungen zufolge die dritte Frau Raphels gewesen. „Und was?“

„Eine Spur, die nach Forbes führt, einer texanischen Stadt in der Nähe von Austin.“

„Forbes?“

„Ja. Ich möchte Donnerstagmorgen aufbrechen. Eigentlich wollte ich schon gleich nach unserem Gespräch fliegen, aber deine Brüder und Cousins haben mich davon abgehalten. Sie möchten, dass ich unbedingt noch ein paar Tage mit ihnen verbringe.“ Er lachte.

Die Hartnäckigkeit der Jungs überraschte Megan nicht. Obwohl die Westmorelands über vier Bundesstaaten verteilt waren, kamen die männlichen Mitglieder der Familie häufiger an einem Ort zusammen.

Entweder hatten sie Geschäftliches zu besprechen, da sie sich um verschiedene Familienunternehmen kümmerten, oder sie gingen gemeinsam auf die Jagd. Und manchmal trafen sie sich auch nur zu langen Pokerrunden. Rico war dabei anscheinend oft mit von der Partie.

„Dann hast du bisher noch nichts Konkretes über sie herausfinden können?“, fragte Megan.

„Nein, das nicht. Aber etwas anderes habe ich entdeckt.“

Sie hob die Augenbrauen. „So? Was denn?“

„Es gibt einen Hinweis, dass sie ein Kind hatte. Ob Mädchen oder Junge, ist unbekannt, aber das Kind lebte.“

Das war allerdings ein Durchbruch. Megan lehnte sich zurück. Wenn Clarice ein Kind hatte, konnte es durchaus sein, dass es irgendwo noch mehr Westmorelands gab. Und wie wichtig Familie für die Westmorelands war, wusste jeder in Denver.

„Das ist wirklich eine tolle Neuigkeit, Rico. Hast du das schon irgendjemandem erzählt?“

„Nein. Da du mich engagiert hast, bist du auch die Erste, die davon erfährt.“

„Gut. Dann belass es vorläufig bitte dabei. Ich möchte nicht, dass die anderen sich Hoffnungen machen. Du kannst ja sagen, dass du wegen einer möglichen Spur nach Texas musst, aber mehr lieber nicht.“

Momentan gab es fünfzehn Westmorelands in Denver, zwölf Männer und drei Frauen. Vor Jahren waren Megans Eltern, ihr Onkel und ihre Tante alle zusammen bei einem Flugzeugunglück ums Leben gekommen. Megans ältester Bruder Ramsey und ihr Cousin Dillon hatten sich bemüht, die Familie zusammenzuhalten, was oft nicht einfach gewesen war.

Aber jetzt waren sie erwachsen und führten ein eigenes Leben. Fast alle hatten ihr Studium bereits abgeschlossen, nur zwei von ihnen nicht. Bailey, die nie etwas mit Schule zu tun haben wollte, würde in einem Jahr ihr Examen ablegen, und Bane machte eine Ausbildung bei der Navy.

Megan hatte schon immer gewusst, dass sie einmal Ärztin werden wollte. Die Medizin faszinierte sie, seit sie denken konnte. Und dass ihre Wahl dann auf die Anästhesie fiel, hatte vielleicht auch mit dem netten Anästhesisten zu tun, der sich so rührend und mit viel Eiscreme um sie gekümmert hatte, als ihr mit sechs die Mandeln herausgenommen worden waren.

Sie liebte ihren Beruf, und dennoch musste sie wie jeder mal ausspannen. Sie war wirklich urlaubsreif. Ein paar Leute in der Klinik waren entlassen worden, und sie musste nun ständig Überstunden schieben. Schon häufiger hatte sie daran gedacht, ein paar Tage zu verreisen.

Heute Morgen war Bailey nach Charlotte gefahren, um ihren Cousin Quade, seine Frau Cheyenne und deren Drillinge zu besuchen. Megan hatte überlegt mitzufahren, zumal sie noch so viele Urlaubstage hatte. Auch einen Flug nach Montana hatte sie in Erwägung gezogen, dort wohnten weitere Westmorelands. Schließlich war es einer unter vielen Vorteilen, die eine große, weit verzweigte Familie mit sich brachte: Man konnte immer jemanden besuchen.

Plötzlich fiel ihr etwas ein, und sie warf Rico einen Blick zu. Bemüht, sich durch seine sexy Ausstrahlung nicht verwirren zu lassen, zog sie ihren Kalender hervor. Der Mann machte sie ganz nervös! Doch sie hatte den Eindruck, dass er wirklich einer großen Sache auf der Spur war. Und sie wollte gern dabei sein, wenn er etwas herausfand. Vor allem, wenn es um Clarice’ Kind ging.

Es würde sie wahnsinnig machen, in Denver zu bleiben und nicht zu wissen, was vor sich ging, während er in Texas Nachforschungen anstellte. Also gab es nur eine Möglichkeit.

Sie hob den Kopf und sah ihn an. „Du fliegst in drei Tagen nach Texas?“

„Ja. Zumindest habe ich es vor.“

Megan lehnte sich in ihrem Schreibtischstuhl zurück und spielte mit einem Bleistift. „Ich habe gerade eine Entscheidung getroffen.“

„So? Welche denn?“

„Ich habe mich entschlossen mitzukommen.“

Rico war sich durchaus bewusst, dass es eine ganze Menge Dinge gab, die er nicht wusste. Aber eins wusste er sehr genau: Auf keinen Fall würde Megan Westmoreland ihn irgendwohin begleiten! Er schaffte es schon kaum, hier in ihrem Büro mit ihr allein zu sein, aber im Auto oder Flugzeug neben ihr sitzen? Mehrere Stunden? Nein. Allein bei der Vorstellung wurde ihm heiß und unbehaglich.

Seit er Megan auf Micahs Hochzeit gesehen hatte, bekam er sie einfach nicht mehr aus dem Kopf. Schon der erste Augenkontakt war wie ein Blitzschlag gewesen. So eine starke Reaktion auf eine Frau hatte er noch nicht erlebt, und die Heftigkeit seiner Begierde erschreckte ihn.

Er musterte Megan von oben bis unten und wurde beim Anblick ihrer vollen Lippen hart. Was für eine Traumfrau! Von den dunklen Locken über das herzförmige Gesicht bis zu den silberfarbenen High Heels, die sie zu einem eng anliegenden Kleid trug, war sie die Verführung in Person.

Doch er zögerte. Mit sechsunddreißig Jahren sollte er eigentlich aus dem Alter heraus sein, in dem man sich Hals über Kopf verknallte. Und obwohl er, was Frauen anging, wirklich genug Erfahrung hatte, konnte er sich diese Reaktion nicht erklären.

Aber was überlegte er da – im Grunde war sie sowieso viel zu jung für ihn, vermutlich noch keine dreißig. Allerdings hielt ihn das nicht davon ab, sie wie eine Fata Morgana anzustarren. Und sie zu begehren wie keine Frau zuvor.

„Ich muss nur noch meine Vorgesetzten informieren“, fuhr Megan fort, „damit für diese Zeit eine Kollegin gefunden wird, die mich vertreten kann. Morgen stehen nur wenige Operationen an, und ich vermute, dass wir in etwa einer Woche wieder zurück sind.“

Offenbar ging sie davon aus, dass er mit ihren Plänen einverstanden war, wahrscheinlich weil er sich noch nicht geäußert hatte. Irrtum, meine Liebe …

„Tut mir leid, Megan, aber das geht nicht. Du kannst nicht mit mir kommen, denn ich arbeite grundsätzlich allein. Das ist eine eiserne Regel.“ Doch so schnell war sie nicht zu entmutigen, das sah er ihr an. Nun gut, sie würde letzten Endes den Kürzeren ziehen. Denn er hatte zwei jüngere Schwestern und wusste, wie man mit aufmüpfigen jungen Frauen umging.

Sie zog die Brauen zusammen. „Diese Regel kannst du ja wohl einmal verletzen.“

Er schüttelte den Kopf. „Nein, leider nicht.“

Entschlossen verschränkte sie die Arme vor der Brust. „Gut, du arbeitest lieber allein. Gibt es sonst noch einen Grund, warum ich nicht mitkommen kann?“

„Ich brauche keinen anderen Grund. Wie ich schon sagte, ich arbeite grundsätzlich allein.“ Natürlich hatte er einen anderen, ganz entscheidenden Grund, aber den behielt er für sich. Er brauchte sich nur daran zu erinnern, was damals fast passiert wäre, als er mit einer Frau zusammenarbeitete.

„Warum stellst du dich so an?“

„Warum bestehst du darauf?“, gab er zurück.

„Weil es hier um meinen Urgroßvater geht“, sagte sie aufgebracht.

„Das weiß ich. Schließlich haben wir beide lange über ihn gesprochen, bevor ich diesen Fall übernahm. Und ich weiß genau, dass eine meiner Bedingungen war, die Sache auf meine Weise anzugehen. Denn nur dann kann ich die Ergebnisse bringen, die du erwartest, das sagte ich dir schon damals.“

Sie schwieg und sah ihn missmutig an, schien sich aber daran zu erinnern. Gut. Er beobachtete sie genau. Diese Augen, die im Zorn dunkel und unergründlich schimmerten …

„Als Auftraggeberin verlange ich aber, dass du mich mitnimmst“, unterbrach sie seine Gedanken.

„Du kannst verlangen, was du willst. Aber du kommst nicht mit mir nach Texas“, sagte er nachdrücklich.

„Und warum nicht?“

„Ich habe dir meinen Grund genannt. Können wir jetzt vielleicht über etwas anderes sprechen?“

Sie stand auf. „Nein, das können wir nicht!“

Auch er erhob sich. „Nun benimmst du dich wirklich wie ein verwöhntes Kind.“

„Wie bitte?“ Megan sah ihn empört an. „Das hat mir noch niemand gesagt! Und was Texas betrifft, werde ich diese Reise machen, denn es gibt keinen Grund, der dagegen spricht.“

Ein paar Sekunden lang sah er sie nur an. Dann sagte er ruhig: „Okay, es gibt noch einen Grund, weshalb ich dich nicht mitnehmen werde. Und über den solltest du sehr genau nachdenken.“

Autor

Brenda Jackson

Brenda ist eine eingefleischte Romantikerin, die vor 30 Jahren ihre Sandkastenliebe geheiratet hat und immer noch stolz den Ring trägt, den ihr Freund ihr ansteckte, als sie 15 Jahre alt war. Weil sie sehr früh begann, an die Kraft von Liebe und Romantik zu glauben, verwendet sie ihre ganze Energie...

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