Romantische Insel im blauen Meer

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Nach der Affäre mit Niko wollte Laura nie wieder zurück nach Griechenland. Aber dann kommt eines Tages der attraktive Rechtsanwalt Stavros nach London und bittet sie, ihn wegen dringender Geschäfte auf die romantische Insel Temenos zu begleiten. Es wird für Laura ein Flug ins große Glück …


  • Erscheinungstag 25.04.2018
  • ISBN / Artikelnummer 9783733756727
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Ohne den losen Stein wäre alles anders gekommen. Es war, als hätte das Schicksal ihn Laura in den Weg gelegt, um ihr Leben aus der Bahn zu werfen. Sie trug ein großes Brett mit Tonscherben vorsichtig von der Ausgrabungsstelle zum Museum und verlor das Gleichgewicht, als sie über den Stein stolperte.

Lauras erster Gedanke galt den kostbaren Funden, die die Wissenschaftler mit so viel Mühe und Sorgfalt freigelegt hatten, und sie versuchte noch im Sturz, sie zu retten. Sie schaffte es, das Brett, das zum Glück eine Umrandung hatte, halbwegs gerade zu halten, doch dadurch fiel sie so unglücklich, dass sie einen stechenden Schmerz im rechten Handgelenk spürte.

Sie schrie auf. Sofort eilten mehrere Touristen herbei und erkundigten sich mitfühlend in verschiedenen Sprachen, ob sie verletzt sei.

„Mein … Arm.“ Laura biss die Zähne zusammen, weil der Schmerz unerträglich wurde.

Ein stämmiger Deutscher mittleren Alters half ihr auf, doch sie musste sich an ihn lehnen, weil ihr schwindlig war. „Wohin wollen Sie?“, fragte er. Laura brachte kein Wort hervor und deutete zum Museum. Der Mann hob sie auf die Arme, ein anderer nahm das Brett, und Laura wurde durch die Menge neugieriger Menschen getragen, die ihnen den Weg frei machten.

Im Museum bedeutete Laura ihren Rettern, sie zu den Laborräumen zu bringen, in denen ihre Mitstudentinnen an langen Bänken standen und die Funde säuberten und nummerierten.

Der Aufseher eilte ihnen entgegen und übernahm als Erstes das Brett mit den unersetzlichen Funden, dann brachte er einen Stuhl für Laura. Ihre Helfer begannen zu erklären, was geschehen war, sodass sie Zeit hatte, sich wieder zu fangen. Noch etwas blass, bedankte sie sich bei den Leuten, ehe diese den Rückzug antraten. Der Zwischenfall würde ihren Besuch in Delphi noch unvergesslicher machen.

Wie sich herausstellte, hatte Laura sich das Handgelenk verstaucht. Nachdem der zuständige Arzt ihr einen Streckverband angelegt und den Arm mit einer Schlinge versehen hatte, wies er sie an: „Sie dürfen den Arm zwei Wochen nicht gebrauchen.“

Laura war entsetzt. „Aber ich soll doch bei den Ausgrabungen helfen.“

„Jetzt bleibt Ihnen nichts anderes übrig, als in der Sonne zu liegen und auszuruhen.“ Wohlgefällig betrachtete der Arzt Lauras große, schlanke Gestalt und ihr dichtes rötlich braunes Haar.

Der Vorschlag hatte gewiss seinen Reiz, denn schließlich kamen die meisten Touristen genau deswegen nach Griechenland. Doch da die anderen Studenten, mit denen Laura in dem Wohnheim untergebracht war, tagsüber an der Ausgrabungsstätte arbeiteten, war sie sich selbst überlassen. Sie versuchte zwar, sich in den Laborräumen nützlich zu machen, merkte aber bald, dass sie die anderen nur aufhielt.

Nach zwei Tagen Nichtstun begann Laura, sich zu langweilen. Ihr fiel Niko ein, ein griechischer Student aus Athen, der in England mit ihr ein Jahr aufs College gegangen war, um sich auf sein Examen in Altgriechisch vorzubereiten. Er war groß und dunkelhaarig und mochte etwa zwei Jahre älter als sie sein. Niko hatte zu der Gruppe gehört, mit der Laura in jenem Sommersemester ständig zusammen gewesen war.

Bei der Abschiedsfeier hatte er ihr spontan seine Adresse und Telefonnummer gegeben und sie eingeladen, ihn zu besuchen, falls sie einmal nach Griechenland komme. Nun, jetzt war sie hier und wusste nichts mit sich anzufangen. Ohne lange zu überlegen, ging Laura in die Telefonzelle des Wohnheims und wählte Nikos Nummer.

Als eine Männerstimme sich auf Griechisch meldete, fragte sie: „Hallo? Spreche ich mit Niko?“

Der Mann antwortete auf Englisch: „Wen möchten Sie sprechen?“

„Niko.“ Laura versuchte, seinen Nachnamen in ihrem Adressbuch zu entziffern. „Niko Alexiakis.“

„Er ist im Moment leider nicht da. Wenn Sie mir Ihren Namen und Ihre Telefonnummer hinterlassen, wird Mr. Alexiakis Sie zurückrufen.“ Es klang so flüssig und eingeübt, als würde er dasselbe täglich ein dutzend Mal sagen.

Laura nannte ihm Adresse und Telefonnummer des Wohnheims, verabschiedete sich und kehrte enttäuscht zu ihrem Liegestuhl in dem staubigen Garten zurück. Dabei hatte sie das Gefühl, dass sie sich den Anruf hätte sparen können.

Am Abend kehrten die anderen Studenten müde, aber guter Dinge von der Ausgrabungsstätte zurück. Sie kamen aus verschiedenen Ländern, studierten jedoch alle Altgriechisch und hatten sich für einen Teil der Sommerferien als freiwillige Helfer bei den Ausgrabungsarbeiten in Delphi gemeldet. Beim Abendessen saßen sie an langen Tischen und machten sich hungrig über den griechischen Bauernsalat mit Schafskäse und die Schüsseln mit Moussaka her. Hier ging es alles andere als luxuriös zu, aber das Essen war gut und reichlich, und mehr brauchten sie nicht.

Während der Mahlzeit steckte der Herbergsleiter den Kopf durch den Türspalt und verkündete, Laura werde am Telefon verlangt. „Hallo?“

„Laura? Hier ist Niko.“

„Oh, hallo. Erinnerst du dich überhaupt noch am mich?“

„Natürlich. Wir waren in England zusammen auf dem College.“ Laura freute sich. „Es überrascht mich, dass du das noch weißt. Schließlich musst du dein Studium doch schon vor über einem Jahr abgeschlossen haben.“

Niko ging darauf nicht ein. „Bist du auf Urlaub in Griechenland?“

„Nein. Ich helfe hier in Delphi während der Sommerferien freiwillig bei den Ausgrabungen.“ Laura lachte. „Aber im Augenblick tue ich nicht mal das, weil ich mir bei einem Sturz das Handgelenk verstaucht habe und deshalb zu nichts zu gebrauchen bin.“

„Und da dachtest du, du rufst mich mal an.“

„Nun ja, du hattest doch gesagt, ich solle mich melden, falls ich mal in Griechenland sei.“

„Und ich finde es prima, dass du es getan hast. Nur bin ich in Athen und kann heute Abend leider nicht mehr zu dir kommen. Aber wie wär’s, wenn ich dich morgen Früh abhole und wir den Tag zusammen verbringen?“

„Klingt wunderbar. Aber kannst du dir denn beruflich einfach so frei nehmen?“

„Kein Problem“, versicherte Niko unbekümmert. „Sag mir, wo ich dich in Delphi finde.“

Laura beschrieb ihm die Lage des Wohnheims, und er versprach, sie gegen elf abzuholen. Scherzhaft fügte sie hinzu: „Du wirst mich mühelos erkennen. Ich bin die mit dem Arm in der Schlinge.“

Niko lachte. „Ich freue mich schon auf morgen. Kalinichta, Laura.“

Als Niko etwas verspätet ankam, saß Laura vor dem Wohnheim im Schatten eines Olivenbaums. Verwundert stellte sie fest, dass Niko in einem offenen weißen Mercedes vorfuhr. Niko hatte dunkles lockiges Haar, war groß und so gut aussehend, wie sie ihn in Erinnerung hatte. Seine olivfarbene Haut war tiefgebräunt. Doch schien er sehr viel wohlhabender zu sein, als sie geglaubt hatte. Er trug sportliche Designerkleidung, eine goldene Armbanduhr und unter dem offenen Hemd glänzte ein goldenes Medaillon an einem Halskettchen. Da er eine Sonnenbrille aufhatte, konnte sie den Ausdruck in seinen Augen nicht sehen. Sein bewunderndes „Ah“ jedoch und die Art, wie er sie beim Aussteigen musterte, verrieten Laura, dass sie ihm gefiel.

Sie stand auf und ging ihm entgegen. „Nun gesteh’s schon, du hattest völlig vergessen, wer ich bin“, neckte sie ihn, als er ihre Hand ergriff.

Niko lächelte selbstbewusst. „Ich war mir nicht mehr ganz sicher, wie du aussiehst, aber an deine Stimme erinnerte ich mich. Sie klingt so aufregend rauchig.“

Das hörte Laura nicht zum ersten Mal. Sie entzog Niko ihre Hand und deutete auf das Wohnheim hinter sich. „Möchtest du etwas trinken? Es gibt hier kaltes Bier und Cola.“

Niko warf einen abschätzigen Blick auf das Haus und winkte ab. „Nein, danke. Fahren wir gleich los.“

Er half Laura beim Einsteigen und vergewisserte sich, dass sie bequem saß. Nachdem er den Motor angelassen hatte, erkundigte er sich, wie sie sich den Arm verletzt habe. Als er losfuhr, begann Laura, ihm humorvoll von ihrem Unfall zu berichten. Sie genoss den Wind in ihrem Haar und sah zurück. Delphi lag jetzt hinter ihnen, und sie hatte einen einmaligen Blick auf die weißen Mauerreste der Ausgrabungsstätte an den grauen Berghängen und die steilen Felsen der Phaedriaden, die die Heilige Quelle hüteten. Seit Laura als Schulmädchen hier gewesen war, hatte dieses Bild sie nicht mehr losgelassen und sie zu dem Entschluss gebracht, Altgriechisch zu studieren.

Sie fuhren um eine Kurve, und auch Niko blickte kurz zurück. „Eindrucksvoll, nicht wahr?“

„Mehr als das“, begeisterte Laura sich. „Über Delphi liegt etwas geheimnisvoll Magisches. Hast du das noch nicht gefühlt?“

„Doch, natürlich. Wir Griechen spüren immer die magische Atmosphäre antiker Orte.“ Er zuckte die Schultern. „Aber bei so vielen Touristen …“

„Da hast du sicher recht. Aber sollte nicht jeder die Möglichkeit haben, diese historischen Stätten zu sehen?“

Wieder zuckte Niko die Schultern und wich der Frage aus. „Wie lange bleibst du in Griechenland?“

„In Delphi noch fünf Wochen. Danach möchte ich vierzehn Tage lang eine Inselrundreise machen.“ Laura blickte auf die Straße. „Wohin fahren wir?“

„Nach Athen.“

„Wirklich? Wohnst du dort?“

„Die meiste Zeit.“ Niko sah sie kurz amüsiert von der Seite an. „Ich reise ziemlich viel.“

„Beruflich?“

„So könnte man sagen.“

„Was machst du?“

Wieder lächelte Niko belustigt. „Nun, ich arbeite für die Firma unserer Familie.“

„Dann hast du dein Studium in Altgriechisch also nicht abgeschlossen?“

Niko wurde einen Moment lang nachdenklich, dann sagte er: „Nein. Man hielt das nicht für notwendig.“

Laura wartete darauf, dass er weitersprach, als er es nicht tat, blickte sie aus dem Fenster. Sie kannte Niko nicht gut genug, um weiter mit Fragen in ihn zu dringen.

Die Straße von Delphi nach Athen war Laura vertraut, doch bisher war sie hier stets im überfüllten Linienbus gefahren, in dem die Einheimischen nicht nur ihre Markteinkäufe, sondern auch lebende Tiere transportierten. Jetzt lehnte Laura sich in dem bequemen Ledersitz zurück und genoss die Fahrt in dem schnittigen Sportwagen. Niko war ein rasanter Fahrer, der die Kurven etwas zu schnell nahm, vermutlich um sie, Laura, zu beeindrucken. Die meiste Zeit sprach Laura. Sie erzählte ihm von den Leuten, die am College geblieben waren.

„Hast du mit niemandem von der alten Clique Verbindung gehalten?“, fragte sie, weil sie wusste, dass er mit einem Mädchen eine engere Beziehung gehabt hatte.

Niko schüttelte den Kopf. „Das hatte ich vorgehabt, aber du weißt ja, wie das so ist. Nachdem ich nach Griechenland zurückgekehrt war, belegten meine alten Freunde mich wieder mit Beschlag, und ich war ständig mit irgendetwas beschäftigt.“

„Aber warst du nicht mit … wie hieß das Mädchen doch gleich noch, mit dem du damals gegangen bist? Carol?“

„Du meinst Kathy.“ Niko presste die Lippen zusammen. „Nein. Der Kontakt ist abgerissen“, erwiderte er kurz angebunden.

Er schien über die Vergangenheit nicht sprechen zu wollen, denn er wechselte erneut das Thema und erkundigte sich nach Lauras Arbeit in Delphi.

In Athen fuhr Niko zu einem Restaurant in einer der besten Gegenden der Stadt, in dem die Kellner sich ehrerbietig vor ihm verbeugten und ihn mit Namen begrüßten. Laura war eher überrascht als beeindruckt. „Du scheinst oft hierher zu kommen“, meinte sie.

Niko bejahte dies. „Es ist eins meiner Lieblingsrestaurants.“ Er schien also tatsächlich wohlhabend zu sein. Die Erkenntnis machte Laura vorsichtig. Sie hielt nichts von Männern, die ihr mit Geld imponieren wollten. „Sind sie alle so wie dieses hier?“, fragte sie beiläufig.

„Ähnlich. Für das Abendessen ziehe ich andere Lokale vor, aber fürs Mittagessen ist das hier gut genug.“

Diese Seite an Niko gefiel Laura nicht besonders. Sie sah ihn an und sagte: „Erinnerst du dich noch, wie du auf einer Party betrunken warst und schließlich splitternackt im Universitätsbrunnen gelandet bist?“

Niko sah sie überrascht an, dann blitzte es in seinen Augen amüsiert auf. „Versuchst du, mir einen Dämpfer zu verpassen, Laura?“

„So ungefähr.“

Er lachte schallend. „Ich habe nicht bedacht, dass du Engländerin bist. Griechische Mädchen sind leichter zu beeindrucken. Geld und teure Autos imponieren ihnen.“

„Und darauf legst du Wert?“

Niko wurde nachdenklich. „Manchmal wünschte ich, ich wäre wieder in England“, sagte er fast trotzig. „Dort hatte ich viel Spaß und fühlte mich frei. Keiner beobachtete mich ständig, um sicherzugehen, dass ich auch nicht gegen die Interessen der Familie verstoße. Stavros sollte damals eigentlich ein Auge auf mich haben, aber er hat mir von vornherein erklärt, ich sei mein eigener Herr, und er habe nicht die Absicht, sich in meine Angelegenheiten einzumischen.“

„Stavros?“ Laura kam mit der einen Hand nicht zurecht, und Niko beugte sich vor, um ihr das Fleisch zu schneiden.

„Er ist so eine Art Onkel“, erwiderte er.

Laura blickte ihn erstaunt an. „Willst du damit sagen, dass deine Familie dich hier in Griechenland ständig unter Beobachtung hält?“

„Ganz so schlimm ist es nicht. Aber mein Vater schreibt mir vor, wie ich zu leben habe, und daran soll ich mich halten. Er will auch wissen, mit wem ich Umgang habe.“

„Hast du den Kontakt zu Kathy deshalb abreißen lassen?“, fragte Laura vorsichtig.

Niko erstarrte, und einen Moment lang glaubte sie, seinen Stolz verletzt zu haben. Doch dann nickte er. „Mein Vater war mit dieser Beziehung nicht einverstanden.“

Laura sah ihn befremdet an. „Aber was hatte er denn damit zu tun? Schließlich war es deine Angelegenheit.“

Niko lachte spöttisch auf und antwortete erst, nachdem der Kellner den nächsten Gang serviert hatte und wieder außer Hörweite war. „Als Engländerin kannst du nicht verstehen, wie viel Macht und Einfluss die Familie in Griechenland ausübt. Mein Vater ist unerbittlich und sehr streng. Ich muss ihm gehorchen. Und da ich sein einziges Kind bin, habe ich die Familientradition fortzusetzen.“

Laura merkte, dass Niko trotz seines offensichtlichen Reichtums nicht ganz glücklich zu sein schien. Mit seinen dreiundzwanzig Jahren war er nur zwei Jahre älter als sie, und sie konnte sich vorstellen, dass es ihm schwer fiel, sich den Wünschen seines Vaters zu beugen. „Ist es das wert?“, erkundigte sie sich neugierig.

Niko warf ihr einen merkwürdigen Blick zu. „Die Frage stellt sich erst gar nicht. Ich bin der Sohn meines Vaters“, erklärte er würdevoll.

Laura kam zu dem Schluss, dass sich bei den Griechen in puncto Familienehre, Tradition und Vaterlandsstolz seit der Antike nicht viel geändert hatte. Nachdenklich sagte sie: „Ich glaube, ich verstehe. Was ist, wenn dein Vater auch mit mir nicht einverstanden ist?“

„Mit dir wäre er bestimmt einverstanden“, erwiderte Niko höflich. „Außerdem ist er für einige Wochen auf Reisen.“

Laura musste lachen. „Dann war es also nicht dein Vater, den ich gestern am Telefon hatte, als ich dich anrief?“

„Nein, das war sein Sekretär.“ Niko betrachtete sie versonnen. „Du hast mir von allen anderen erzählt, aber kaum etwas von dir selbst. Hast du in England einen Liebhaber?“

Die Frage war Laura nun doch zu persönlich. Steif erwiderte sie: „Zur Zeit nicht.“

Niko spürte ihre Verstimmung. „Entschuldige, ich wollte dich nicht beleidigen. Ich habe mich falsch ausgedrückt und hätte stattdessen Freund oder Verlobter sagen sollen.“

Sein Englisch war jedoch zu gut für einen solchen Fehler, und Laura war sicher, dass er sie nur aushorchen wollte. Kühl erklärte sie: „Im Augenblick gibt es da niemanden … obwohl ich alt genug bin, über meine Beziehungen selbst zu entscheiden.“

Das saß. Nikos Züge wurden starr, doch dann lächelte er charmant. „Du bist mir böse. Das tut mir leid.“ Er nahm ihre Hand und versuchte, Laura aufzuheitern. Es gelang ihm so gut, dass sie schon wieder lachte, als sie das Restaurant verließen.

Sie verbrachten einen unbeschwerten Tag und aßen in einem anderen exklusiven Restaurant zu Abend.

„Lass uns einen Nachtclub besuchen“, schlug Niko vor. „Ich möchte gern mit dir tanzen.“

„Aber ich muss nach Delphi zurück“, widersprach Laura. Es war schon spät, denn nach griechischer Sitte waren sie erst gegen zehn essen gegangen.

„Wozu nach Delphi zurück? Das wäre reine Zeitverschwendung. Dann müsste ich die ganze Strecke morgen Früh noch einmal fahren, um dich abzuholen.“

„Werden wir denn morgen wieder etwas zusammen unternehmen?“

„Aber sicher“, erklärte Niko, als wäre es die selbstverständlichste Sache der Welt. „Warum bleibst du also nicht über Nacht hier in Athen, Laura?“ Er zog sie an sich und küsste sie flüchtig auf die Schläfe.

Doch Laura bestand darauf, dass er sie nach Delphi zurückbrachte. Der Tag mit ihm war wunderschön gewesen, und sie wollte ihn nicht verderben, indem sie Niko jetzt abwimmelte. Er sah blendend aus und hatte in England sicher so manche Eroberung gemacht. Aber er sollte nicht glauben, als Engländerin sei sie leicht zu haben. Sie wollte, dass sie Freunde wären.

Am nächsten Tag fuhr Niko mit Laura zu einem exklusiven Club an der Küste nördlich von Piräus, und sie segelten mit seiner Yacht aufs Meer hinaus. Tags darauf besuchten sie den Club erneut, diesmal zum Wasserskilaufen. Niko tummelte sich auf dem Meer, während Laura notgedrungen zusehen musste.

„Mach dir nichts draus“, tröstete er sie. „Sobald deine Hand wieder in Ordnung ist, bringe ich es dir bei.“

Die Tage vergingen. Sie schwelgten in Vergnügungen, aßen in eleganten Restaurants, tanzten in Nachtclubs, in denen die Getränke ein Vermögen kosteten, segelten auf Nikos flotter Yacht und sonnten sich an Privatstränden, die sie oft ganz für sich allein hatten.

Niko machte Laura großzügige Geschenke: ein schmales Goldarmband, eine Hibiskuspflanze für ihr Zimmer im Wohnheim, ein traumhaftes zartgrünes Abendkleid aus Seide, dem Laura einfach nicht widerstehen konnte. Und er überschüttete sie außerdem mit vielen kleinen Aufmerksamkeiten und ließ nicht zu, dass sie auch nur eine Drachme ihres eigenen Geldes ausgab. Wenn sie versuchte, ihn davon abzubringen, lächelte er sie beleidigt und amüsiert zugleich an, sodass sie schließlich aufgab.

Eines Tages überredete Laura ihn, mit ihr nach Marathon zu fahren. Dort kletterten sie wie die anderen Touristen bei glühender Hitze in den Ruinen herum. Niko wusste eine Menge über die berühmte Schlacht in der Antike zu erzählen. Sie erklommen den Berg, auf dem einst der Signalgeber mit seinem gleißenden, die Sonne reflektierenden Schild gestanden und die Schiffe beobachtet hatte. Und sie blickten über die sich weit hinziehende Ebene auf die sanft geschwungene Bucht und auf das azurblaue Meer hinaus.

„Dort unten lag damals die persische Flotte vor Anker.“ Niko deutete in die Richtung. „Und da drüben, auf der anderen Seite des Sumpfes, hatte das Heer sein Lager aufgeschlagen. Nachdem die Athener die Perser besiegt hatten, versuchten die Flüchtenden, zurück auf ihre Schiffe zu gelangen. Dabei kamen viele im Sumpf um.“

Niko schilderte Laura den Verlauf der Schlacht so anschaulich, als hätte sie gerade erst stattgefunden.

Als er schließlich schwieg, war es um sie herum ganz still. Laura erschauerte trotz der Hitze, denn sie fühlte die Geister der einstigen Krieger auf dem Platz spuken.

Niko legte den Arm um sie und zog sie fest an sich. Dann küsste er sie. Seine Lippen waren warm und sinnlich, und seine Hände fast heiß, während er ihre nackten Arme streichelte. Die Sonne schien mit gleißendem Licht vom wolkenlosen Himmel und ließ ihre miteinander verschmelzenden Schatten sich scharf gegen die weißen Felsen abzeichnen. Als Nikos Kuss leidenschaftlicher wurde, erwiderte Laura ihn ohne Zurückhaltung. Im Laufe der Tage hatte ihre Beziehung sich vertieft, doch bisher hatte sie Niko stets auf Abstand gehalten. Heute war das anders. Nachdem er ihr von seinem Land und dessen Geschichte erzählt hatte, erschien er ihr wie eine Mischung aus Adonis und Apoll: stolz, arrogant und schön. Laura war bereit für die Liebe und wusste plötzlich, dass sie sie bei Niko gefunden hatte.

An diesem Abend fuhren sie nach dem Essen zu einem Nachtclub, wo sie bis in die frühen Morgenstunden tanzten, Champagner und Ouzo tranken und einander sehr nahe kamen. Als Niko sie diesmal bat, in Athen zu bleiben, widersprach Laura nicht. Er brachte sie in sein elegantes Hochhausapartment nahe der City, doch ungestört vom Verkehrslärm und ließ ihr keine Zeit, es sich anders zu überlegen. Mit den Händen eines erfahrenen Liebhabers kleidete er sie aus und liebte sie mit der Glut und Ausdauer eines Mannes, der auf diesen Augenblick viel zu lange hatte warten müssen.

Anfangs erschreckte Laura die Heftigkeit, mit der Niko sie nahm, doch dann, überwältigt von seiner Leidenschaft, ließ sie sich mitreißen und erwiderte diese mit voller Hingabe. Sie liebten sich bis in die frühen Morgenstunden, und als sie ihm gestand, dass sie ihn liebte, beteuerte auch er mit rauer Stimme, dass er sie liebe.

Nach dieser Nacht stand fest, dass Laura nicht nach Delphi zurückkehren würde. Sie fuhren nur noch einmal zu dem Wohnheim, um ihre Sachen zu holen und dem Direktor Bescheid zu geben. Er sah Laura an, deren Gesicht Liebe und Glück deutlich abzulesen waren, und wünschte ihr alles Gute.

Von da an verbrachten sie und Niko viel Zeit damit, sich zu lieben. Der lange heiße Sommer verlief für Laura wie ein idyllischer Traum. Laura war Hals über Kopf in Niko verliebt und lebte von einem Tag auf den andern, ohne jemals an die Zukunft zu denken. Ab und zu verließ Niko sie für einige Stunden während des Tages, um ins Büro zu fahren, wie er es nannte. Einmal ging er auch zu einer Familienfeier am Abend, zu der er einen dunklen Dinneranzug trug. Darin sah er so umwerfend gut aus, dass Laura sich verlangend an ihn schmiegte. Es fiel ihm nicht leicht, sie allein zu lassen. Aber er kam früh zurück und begann schon an der Tür, sich auszukleiden.

Als Laura ihre Hand wieder gebrauchen konnte, unternahmen sie einen zweiwöchigen Segeltörn und umsegelten die Kykladen, eine Inselgruppe vor dem griechischen Festland. Gegen Ende der Fahrt begann Niko jedoch, sich zu verändern. Wann immer sie vor einer Insel anlegten, ging er an Land, um mit „seinem Büro“ zu telefonieren, wie er sich ausdrückte.

Eines Tages kam er mit finsterer Miene zurück an Bord. Laura merkte sofort, dass etwas nicht in Ordnung war, und wartete auf eine Erklärung. Da Niko nicht redete, sprach sie ihn darauf an.

Er sah sie grüblerisch an. „Mein Vater ist nach Athen zurückgekehrt.“

Mehr sagte er nicht, und Laura wagte es trotz ihrer Liebe zu ihm nicht, in ihn zu dringen. Nach jedem Anruf wurde seine Stimmung schlechter. Und wenn er sie liebte, dann mit einer Leidenschaft, die an Verzweiflung grenzte.

Eines Nachts, als sie eng umschlungen und tief befriedigt in der Kabine lagen, flüsterte Niko: „Bald wirst du nach England zurückkehren.“

War es das, was ihm Angst machte? Laura strich ihm sanft über das Gesicht. „Ich werde nicht gehen, wenn du es nicht möchtest. Wenn du willst, dass ich hier bei dir bleibe, dann bleibe ich.“

„Aber du musst ans College zurück und dein Studium abschließen.“

Laura lächelte zärtlich. „Ich liebe dich, Niko, und tue, was du willst.“

In seine Augen trat ein seltsamer Ausdruck, und er nahm ihre Hand und drückte sie ganz fest. Er schien etwas sagen zu wollen, doch Laura kam ihm zuvor. „Ich möchte bei dir bleiben. Für immer.“

Nikos Gesichtsausdruck veränderte sich, und er lockerte seinen Griff. „Aber ich möchte, dass du zurückgehst und dein Examen machst“, erwiderte er kurz angebunden. „Das musst du tun.“

„Ich muss?“

„Ja. Du kannst deine Ausbildung nicht einfach aufgeben. Das wäre ein großer Fehler. Wenn ich das zuließe, würdest du mich bald hassen.“

„Ich könnte dich niemals hassen, Niko.“ Laura war gerührt, dass er sich ihretwegen Gedanken machte. „Also gut. Aber wir werden uns so oft wie möglich sehen, nicht wahr?“

Er zögerte, dann lächelte er und küsste sie leicht auf die Lippen. „Natürlich. In den Ferien. Wann immer ich nach England kommen kann. Schließlich haben wir viel Zeit. Und die brauchen wir.“

Laura verstand. „Damit du deinen Vater überzeugen kannst?“ Niko lächelte reuevoll. „Ja. Sicher ist er eher mit einer Dozentin für Altgriechisch einverstanden als mit einer Studentin.“

„Ist der akademische Grad wirklich so wichtig?“

„Für mich nicht, aber für meinen Vater.“ Nikos Miene wurde düster, und er seufzte. „Er glaubt, ich sei zu jung und verantwortungslos für eine Ehe. Und wenn er die Zeit für gekommen hält, soll ich die Tochter eines seiner griechischen Geschäftsfreunde heiraten.“

„Er hat für dich schon eine Frau ausgesucht?“, fragte Laura bang.

„Das nicht. Irgendeine Tochter“, sagte Niko verbittert.

Autor

Sally Wentworth
Ihren ersten Liebesroman „Island Masquerade“ veröffentlichte Sally Wentworth 1977 bei Mills & Boon. Nachdem ihre ersten Romane für sich stehende Geschichten waren, entdeckte sie in den neunziger Jahren ihre Leidenschaft für Serien, deren Schauplätze hauptsachlich in Großbritannien, auf den Kanarischen Inseln oder in Griechenland liegen. Gemeinsam mit ihrem Ehemann Donald...
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