Sinnliches Spiel in Las Vegas

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Ein Blick in Ryans große braune Augen genügt, um Milliardär Adam Breedlove mit heftigem Verlangen zu erfüllen. Dabei hat er die Schwester seines neuen Geschäftspartners gerade erst kennengelernt! Doch beim prickelnden Champagnerdinner über den Dächern von Las Vegas kommt er Ryan schnell näher und beginnt eine berauschende Affäre mit ihr. Immer tiefer gerät Adam in den Sog nie gekannter Sinnlichkeit. Bis er fürchten muss, dass Ryan ein falsches Spiel mit ihm treibt. Was verbirgt seine faszinierende Geliebte vor ihm?


  • Erscheinungstag 01.09.2020
  • Bandnummer 2149
  • ISBN / Artikelnummer 9783733726348
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Der Lärm, der zum Breedlove-Imperium nun mal dazugehörte, ging Adam Breedlove nach einem Zwölf-Stunden-Tag gewaltig auf die Nerven. Es war die gewohnte Geräuschkulisse aus sich drehenden Rouletterädern, Musikgedudel und ständigen Pieptönen – so wie man sie in jedem Spielcasino hörte, selbst bei denen im Internet. Trotzdem nahm Adam sich Zeit, während er die riesige Halle mit ihren unterschiedlichen Bereichen durchquerte, die zwei Etagen unter der vornehmen und ruhigen Lobby des CANN Casino Hotel und Spa lag. Die Quelle des Familienvermögens im Blick zu behalten bedeutete nämlich auch, sich immer daran zu erinnern, was wirklich zählte – der Kunde.

Vor dem Verlassen der Verwaltungsbüros, wo Adam als Vizepräsident für Forschung und Entwicklung von CANN International arbeitete, hatte er Jackett und Schlips abgelegt und die Ärmel seines blütenweißen Hemdes hochgerollt. Es war ein Ritual, mit dem er seine Position hinter sich lassen und sich unter die Gäste mischen konnte. Zufrieden musterte er die Menge der Spieler und der belegten Spielautomaten an diesem Freitagabend. Lächelnd grüßte er einige Mitarbeiter und registrierte dabei die Frauen, die ihm aufreizende Blicke zuwarfen oder ihn anstarrten. Männer ebenso. Adam nahm alles locker.

„Yo, Adam!“

Adam blieb stehen und drehte sich in Richtung der Stimme. Ein untersetzter Mann mittlerer Größe kam winkend auf ihn zu. Das Gesicht kam ihm bekannt vor, aber …

„Ich bin’s, Dennis. Dennis Washington.“

„Dennis Waschbrett?“ Lachend schüttelte Adam die ausgestreckte Hand des Mannes.

Dennis tätschelte seinen Bierbauch. „Nicht mehr.“

„Deswegen habe ich dich nicht erkannt. Wie läuft’s, Mann? Ich hab dich ja ewig nicht gesehen.“

„Bestimmt seit der Highschool nicht mehr.“

„Wo warst du so? Lebst du immer noch hier in Las Vegas?“ Adam bewegte sich auf einen Ausgang zu, der vom Casino in einen ruhigeren Flur führte. Dennis folgte ihm.

Er schüttelte den Kopf. „Bakersfield. Meine Familie ist kurz nach meinem Abschluss und bevor ich zum Militär gegangen bin, dort hingezogen. Nach meiner Rückkehr habe ich mich dort niedergelassen.“

„Du hast gedient? Ich kann mir nicht vorstellen, dass dir irgendjemand Befehle erteilen könnte“, frotzelte Adam.

Dennis lächelte. „Es war eine Umstellung.“

„Wie lange warst du dabei?“

„Vier Jahre.“ Ein schmerzlicher Ausdruck flackerte über Dennis’ Gesicht. „Das hat gereicht.“

„Das ist toll, Dennis. Vielen Dank für deinen Einsatz.“ Dennis’ Erwiderung war irgendetwas zwischen einem Grunzen und einem Schnauben. Adam fragte vorsichtshalber nicht weiter nach. „Wohnst du hier im Hotel?“

„Nein, das liegt außerhalb meines Budgets.“ Dennis sah sich bewundernd um. „Ihr Breedloves wart immer eine Stufe besser als die Konkurrenz. Aber das hier ist drei Stufen besser.“

Adam konnte nicht widersprechen. Seine Familie hatte Geschichte geschrieben, als CANN International das erste 7-Sterne-Hotel in Nordamerika baute. Jeder mit Geld und Einfluss wollte hier übernachten. „Wie lange bleibst du?“, fragte er Dennis. „Es wäre doch cool, wenn wir uns treffen könnten.“

„Das wäre toll! Ich würde nämlich gern mit dir über euer anderes Unternehmen sprechen, die Breedlove-Ranch. Ich habe gelesen, dass ihr dort Rinder züchtet und einen eigenen Verarbeitungsbetrieb aufbaut.“

Adam nickte. „Das stimmt. Er ist schon fast fertig.“

„Das ist die Branche, in der ich arbeite.“

„Ach, wirklich?“

„Ja. Ich leite ein Schlachthaus in Bakersfield, eines der größten im Bundesstaat.“

„Im Ernst? Wie lange schon?“

„Seit ich vor acht Jahren aus der Armee ausgeschieden bin. Seit vier Jahren bin ich in der Leitung.“

„Wir sollten uns auf jeden Fall unterhalten. Wie lange bleibst du?“

„Ich fliege morgen Abend zurück.“

Adam zog sein Handy heraus. „Gib mir deine Nummer. Ich rufe dich an. Vielleicht können wir morgen Mittag zusammen essen.“

„Guter Plan.“

Sie verabschiedeten sich herzlich und gingen auseinander.

Nachdem er am nächsten Morgen ein Treffen mit Dennis vereinbart hatte, nahm Adam ein rasches Frühstück zu sich und genoss einen Ausritt auf seinem preisgekrönten Hengst Thunder. Danach sprang er in seinen brandneuen Pick-up und fuhr in die Innenstadt von Breedlove, Nevada.

Adams Vater Nicholas und eine Gruppe von Geschäftsleuten hatten die Stadt vor über zwanzig Jahren gegründet. Sie lag inmitten von Bergen circa fünfundzwanzig Meilen nordöstlich des Las Vegas Strip. Im Zentrum von Breedlove gab es einen malerischen Platz mit zahlreichen Geschäften. An einer Ecke lag ein Restaurant, das Adam gehörte. Der Name BBs stand für Breedlove Burgers, die hier verkauft wurden, um das Fleisch zu präsentieren, das auf der Ranch produziert wurde.

Adam erreichte den Parkplatz. Es gab nur noch wenige freie Plätze. Das erschwingliche Essen, das gemütliche Dekor und die guten Drinks machten den Laden beliebt, besonders bei jüngeren Gästen. Er fuhr auf einen reservierten Parkplatz an der Rückseite des Restaurants und trat durch den Personaleingang ein.

„Hey, Adam!“

Hola, Miguel.“ Adam begrüßte seinen Restaurantchef herzlich. „Qué pasa, hombre?“

Nada, Mann.“ Miguel schüttelte den Kopf über Adams Spanisch-Versuche. „Kommst du, um zu arbeiten?“

„Ich bin hier, um einen guten Burger zu essen. Bekomme ich einen Tisch?“

„Ich weiß nicht, Boss. Vielleicht musst du warten.“

Während Adam durch die Küche lief, redete und scherzte er mit einigen der Angestellten. Als er im Restaurantbereich ankam, sah er Dennis an einem Tisch am Fenster sitzen. Doch was ihn fast stehen bleiben und nach Luft schnappen ließ, war die Tatsache, dass sein alter Schulfreund nicht allein war.

Falls der Himmel einen Engel vermisste, konnte Adam Gott verraten, wo er zu finden war. Hier – direkt vor seinen Augen im BBs.

Ryan Washington war übel. Das Gefühl beschränkte sich nicht nur auf ihren Magen. Als Dennis sie eingeladen hatte, musste ihm klar gewesen sein, dass ein Burgerladen für sie als Vegetarierin der letzte Ort war, wo sie essen wollte. Außerdem hätte sie wissen müssen, dass Dennis bei seiner Einladung Hintergedanken gehabt hatte. Als Kind hatte sie ihren Bruder angebetet, doch sie hatten sich nie richtig nahegestanden, was sie bedauerte. Vor seinem Anruf heute Morgen hatte sie nicht einmal gewusst, dass er in Las Vegas war.

Zuerst hatte sie rundweg abgelehnt. Ihr Tag war verplant, und eine Praxis wartete auf ihre Eröffnung. Außerdem gab es da diese sehr persönliche Angelegenheit, die sie ihrer Familie noch nicht verraten hatte. Doch wie so oft hatte Dennis sie überredet – um ihr dann zu gestehen, dass er sich mit einem alten Freund treffen würde, der jetzt sehr erfolgreich war. Er hoffte, mit ihm ins Geschäft zu kommen, wobei ihre Anwesenheit vielleicht helfen würde. Als sie fragte, warum, hatte er nur gesagt, dass sein Freund hübsche Mädchen mochte. Ryan wurde immer noch wütend bei der Erinnerung daran.

Das hätte reichen sollen, um erneut abzulehnen. Aber Dennis war nicht großzügig mit Komplimenten. Wenn er sie hübsch nannte, musste er wirklich glauben, ihre Hilfe zu brauchen. Also saß sie hier, erledigte so viel Arbeit wie möglich mithilfe ihres Smartphones, versuchte, den Duft nach Burgern zu ignorieren, und wollte nur noch, dass es vorbei war.

„Da ist er ja!“, rief Dennis.

Ryan sah hoch und erstarrte. Der Mann, der Dennis’ Gruß erwiderte, sah aus wie ein Model. Wahnsinnig attraktiv. Er schien geradewegs einem Werbeplakat für den Wilden Westen entsprungen zu sein. Alles an ihm schrie nach Cowboy: Stetson, Karohemd, schmale Jeans und Cowboystiefel. Und das alles an einem Körper …

Aber ein Cowboy mit sauberen, gepflegten Fingernägeln? Ryan sah ihm wieder ins Gesicht. Groß, dunkel und attraktiv war eine viel zu banale Beschreibung für dieses Prachtstück von Mann. Aber sie passte. Er war athletisch und außergewöhnlich gut aussehend mit seinen kurz geschnittenen Locken, den dunklen, intensiven Augen und den Lippen, die zum Küssen gemacht waren. Dann lächelte er, und auf seiner Wange bildete sich ein Grübchen. Dafür hatte sie schon immer eine Schwäche gehabt. Ryan seufzte auf.

Und sie war sprachlos. Zum ersten Mal war sie dankbar für die große Klappe ihres Bruders. Sie sah auf ihr Handy hinunter, um sich zu sammeln und ihr Hirn zurück an die Arbeit zu zwingen.

„Schön, dich zu sehen“, sagte Dennis, als sich der Cowboy zu ihnen an den Tisch setzte. „Ich konnte es kaum glauben, als die Kellnerin sagte, der Laden würde dir gehören. Hätte mich nicht überraschen sollen, schließlich betreibst du eine Rinderranch. Die Kellnerin meinte, dass die Burger hier die besten im Westen seien. Nicht wahr, Ryan?“

Ryan wollte ihren Bruder anschauen, aber ihr Blick wurde magisch von den Augen des Fremden angezogen. Wie er sie ansah! Mit Augen von der Farbe schmelzender Schokopralinen, die umrahmt waren von dichten Augenbrauen und langen Wimpern.

Sie konzentrierte sich wieder auf Dennis. „Ja, das hat sie.“

Tatsächlich hatte sie gar nicht aufgepasst, als Dennis mit der Kellnerin flirtete. Aber da der Kerl, dem ihr Bruder zu imponieren versuchte, der Besitzer hier war, hielt sie ein wenig, nun ja, kreative Wahrheit für gerechtfertigt.

„Du erinnerst dich doch an die Breedloves, oder? Die Familie, der das CANN Hotel auf dem Strip gehört? Dies ist Adam, einer der Brüder. Wir waren zusammen auf der Highschool.“

„Hallo.“ Adams Lächeln wirkte warm und aufrichtig.

„Hi.“ Plötzlich fühlte Ryan sich schüchtern, was selten vorkam. Aber sie hielt Blickkontakt.

„Ich glaube, du bist Ryan nie begegnet“, fuhr Dennis fort. „Sie ist meine kleine Schwester. Als Kind war sie eine Nervensäge. Ich musste sie ständig abschütteln.“

Ryan zog eine Augenbraue hoch, auch wenn es stimmte, was ihr Bruder sagte. Als altkluge Achtjährige mit einer Vorliebe für Brettspiele und Sport war sie ihrem damals vierzehnjährigen furchtlosen und athletischen Bruder wie ein Hündchen gefolgt, das alles tun wollte, was er tat. Was ihm natürlich nicht gepasst hatte.

„Ich kann mir dich nicht als Nervensäge vorstellen.“ Adam hielt ihr die Hand hin. „Freut mich, dich kennenzulernen.“

Seine Stimme erinnerte sie an den Geschmack eines guten Brandys – erdig, würzig und mit einer Wärme, die sich sanft die Kehle hinunterbrannte. Seine Hand war weich. Ihm mochte eine Ranch gehören, aber er verbrachte seine Zeit ganz sicher nicht damit, Kühe einzufangen und Heuballen zu stemmen.

„Gleichfalls“, sagte sie.

Es war nur ein leichter Druck, mit dem er ihre Hand umfasste. Aber für Ryan übermittelte diese Berührung jede Menge Informationen. Dass er umsichtig und freundlich war, aber auch stark und verlässlich. Vermutlich war er ein fabelhafter Liebhaber.

Ups, wo war das denn hergekommen? Es sollte ihr egal sein, aber da war irgendetwas an ihm …

Ryan war nicht die Einzige, die von ihm begeistert war. Begeistert? Wohl eher verzaubert! Das traf auf mindestens ein halbes Dutzend Frauen in ihrem Blickfeld zu. Ganz sicher auf die niedliche Bedienung mit dem perfekt zu kleinen Zöpfchen geflochtenen Haar, die an ihren Tisch hüpfte. Ihr Lächeln war so blendend wie ihr blütenweißes Hemd.

„Hey, Adam!“

„Hallo, Zoe. Ein Sonnenstrahl wie immer. Zoe ist unsere beste Bedienung“, sagte Adam zu Dennis und Ryan. „Uns steht ein großer Verlust bevor, wenn sie nächstes Jahr aufs College geht.“

„Mir auch“, beklagte Zoe sich. „Ich werde es vermissen, hier fast jeden Tag zu essen und … euch alle zu sehen.“

Beim Anblick des liebestrunkenen Teenagers war anzunehmen, dass mit „alle“ Adam gemeint war.

Sie sah Ryan an. „Was darf ich Ihnen bringen?“

„Wieso versorgst du uns nicht erst mal mit Getränken und einer Vorspeisenplatte für drei?“, warf Adam ein. „Ich gehe derweil mit ihnen die Karte durch.“

„Tolle Idee.“ Zoe zog ein kleines Tablet hervor und nahm ihre Getränke auf. „Wie wäre es als Vorspeise mit Bierbällchen, gebratenen Pickles und Zwiebelstreifen? Die sind hier am beliebtesten.“

„Bierbällchen?“, fragte Ryan.

„Hört sich ein bisschen komisch an.“ Zoe lachte. „Es sind frittierte Fleischbällchen aus Breedlove-Rindfleisch und würzigem Schweinefleisch in Bierpanade.“

„Hört sich köstlich an“, sagte Dennis.

„Ryan?“ Adam sah sie an.

Sie zögerte kurz. „In Ordnung.“

„Bist du sicher?“

„Achte nicht auf sie“, sagte Dennis. „Sie ist eine von diesen komischen Vegetarierinnen.“

„Wirklich?“ Adam hängte seinen Stetson an einen Wandhaken. Dann setzte er sich wieder und musterte sie. „Du isst weder Rind- noch Schweinefleisch?“

„Nichts mit einem Gesicht“, erwiderte sie.

„Auch nicht Huhn oder Fisch?“

Sein ungläubiger Blick ließ Ryan laut auflachen. „Nichts davon.“

Adam schüttelte den Kopf. „Ich esse am liebsten Fleisch und Kartoffeln. Ohne das würde ich einen langsamen und qualvollen Tod sterben.“ Er sah kurz in die Karte und legte sie wieder weg. „Wir haben ein paar Salate. Nichts Besonderes, denn ehrlich gesagt werden sie selten bestellt. Aber wir wollten ein paar gesündere Gerichte neben all dem Gebratenen anbieten. Ich habe schon mal einen gegessen. Es gibt auch einen Truthahnburger, aber der hilft dir ja auch nicht weiter.“

„Nein, aber das ist okay. Ich bin nicht so hungrig.“

„Falls doch, wäre deine Auswahl begrenzt. Bei der Zusammenstellung der Speisekarte haben wir kaum an die Vegetarier gedacht. In dieser Stadt wird sehr viel Fleisch gegessen. Eigentlich alles, was ein Gesicht hat.“

Ryan lachte. Der Kerl war ja köstlich!

„Wie lange ist es her, dass du Fleisch gegessen hast?“, fragte er.

„Ungefähr fünf Jahre.“

„Warum hast du aufgehört?“

„Weil sie eine Schraube locker hat“, witzelte Dennis. „Jeder, der einen guten Burger ablehnt, kann nicht ganz richtig im Kopf sein.“

Adam sah zu Dennis, lachte aber nicht. Ryan wusste es zu schätzen. Sosehr sie Dennis liebte – er konnte ein Tyrann sein und schüchterte sie oft ein. Seine verletzenden, geringschätzigen Bemerkungen, getarnt als Witzelei, kannte sie von ihm schon aus ihrer Kindheit.

„Arbeitest du für deinen Bruder?“, fragte Adam.

Ryan sah zu Dennis, konnte aber nicht erkennen, was er von ihr wollte. „Nicht wirklich.“

„Sie schlachtet keine Kühe“, erwiderte Dennis. „Aber sie macht hin und wieder Schreibarbeiten für mich und Dinge, die online erledigt werden können. In so was ist sie wirklich gut.“

Wie bitte? Dennis’ Lebenslauf zu aktualisieren und ein paar Berichte zu tippen machte sie wohl kaum zu seiner Angestellten, insbesondere, weil sie diese Dinge ohne Bezahlung tat. Doch es würde nicht gut aussehen, ihm zu widersprechen. Ihre Mutter hatte ihr schon vor langer Zeit deutlich gezeigt, dass Dennis das Goldkind der Familie war – und dass die Meinung anderer mehr zählte als die eigene. Trotzdem sprach ihre Mimik jetzt wahrscheinlich Bände.

„Lebst du hier?“, fragte Adam sie.

„Ja.“

„Adam arbeitet im Familienunternehmen, hat aber auch eine eigene Firma, die Breedlove-Ranch“, klärte Dennis sie auf. „Dort züchtet er Rinder. Stellt ihr gerade ein?“, fragte er Adam. „Ryan hier würde sich toll im Büro machen.“

Dieses Mal war Dennis’ Blick deutlich. Spiel mit!

Ryan knetete unter dem Tisch ihre Finger, um sie ihrem Bruder nicht um den Hals zu legen. Zu sagen, dass sie für ihn arbeitete, war schon lächerlich genug; aber dass sie irgendetwas mit einer Firma zu tun haben wollte, die Tiere als Lebensmittel züchtete, war schlichtweg eine Lüge.

Doch dann sah Adam sie mit diesen Schlafzimmeraugen an und sagte: „Wie interessant. Erzähl mir mehr.“

Und plötzlich hatte Ryan das Gefühl, dass es nicht schaden könnte, mit ihrem penetranten Bruder zumindest während des Essens mitzuziehen. Sie sah sich selbst nicht ernsthaft mit einem sexy Fleisch- und Kartoffelhengst wie Adam ausgehen – aber sie würde ihn sicherlich gern ein paar Nächte lang reiten.

2. KAPITEL

Adam war überrascht, wie Dennis seine Schwester vorführte. Es gefiel ihm gar nicht. Er selbst war einst so behandelt worden. Auf diese Weise waren er und Dennis Freunde geworden. Der Dennis auf der Highschool war jemand gewesen, der Schwächere verteidigt hatte. Dass er nun so unhöflich zu seiner Schwester war, ärgerte Adam … vielleicht mehr, als es sollte. Er spürte, dass Ryan sich in dieser Situation auch nicht wohlfühlte. Also beschloss er, die Sache fallen zu lassen. Vorerst.

Zoe kehrte mit ihren Getränken zurück und nahm ihre Bestellung auf. Dennis und Adam entschieden sich für die Spezialität des Hauses – ein halbes Pfund Breedlove-Rindfleisch auf getoastetem Brötchen mit Zwiebelstreifen, Dillgurken und einer hausgemachten Soße aus würzigem Senf und cremigem Aioli.

Adam sah Ryan an. „Hättest du gern einen Salat, vielleicht mit Kartoffelbrei oder Pommes?“

„Welche Art von Öl wird dabei verwendet?“, fragte Ryan.

„Gute Frage“, sagte Adam. „Ich habe keine Ahnung.“

Ryans Frage führte zu einer Stippvisite des Küchenchefs. Nachdem sie über ihre begrenzte Auswahl informiert worden war, wurde ihre Bestellung aufgenommen.

Dennis nahm einen großen Schluck Bier. „Also, Adam … wie bist du von Casinos zu Kühen gekommen?“

Adam zuckte die Achseln. „Geplant war es nicht, obwohl schon immer ein bisschen von einem Cowboy in mir steckte.“

Dennis grinste. „Daran erinnere ich mich.“

„Christian und ich haben meinen Vater einmal nach Tokio begleitet, wo wir gerade ein zweites Hotel eröffnet hatten. Zum Abendessen servierte uns unser Gastgeber Kobe-Rind. Es war zweifellos das beste Fleisch, das ich je gegessen hatte. Danach wollte ich unbedingt alles über die Produktion herausfinden. Als vor gut fünf Jahren ein großes Stück Land zur Verfügung stand, habe ich die Gelegenheit ergriffen, um diese Rinder hier in den USA zu züchten. Wir sind zuversichtlich, dass wir bald liefern können. Natürlich nicht als Kobe-Rind, denn nur das Fleisch, das aus der Region Kobe stammt, darf diesen Namen tragen. Aber wir werden das beste Wagyu-Rindfleisch liefern, das je hier produziert wurde.“

„Und das wird hier im Lokal serviert?“, fragte Dennis.

Adam schüttelte den Kopf. „Noch nicht. Wir haben Kunden Wagyu-Fleisch probieren lassen, aber hier werden wir auch weiterhin das preiswertere, erstklassige Fleisch von unseren Black-Angus-Rindern anbieten.“ Er sah zu Ryan, die eine Grimasse schnitt. „Tut mir leid.“

„Kein Problem.“

„Sag das deinem Gesicht. Du hast die Nase krausgezogen, als hätte es gerade nach Toilette gerochen.“

Ryan brach in Gelächter aus. Von einer Frau, die Adam als etwas zurückhaltend empfand, hörte es sich so unerwartet wie unbeschwert an. Es gefiel ihm. Sehr sogar.

„Wo wird euer Fleisch verarbeitet?“, fragte Dennis.

Adam warf Ryan einen Blick zu, bevor er antwortete. „Bisher gingen die meisten Rinder an den Großhandel, wobei wir einige für das Hotel, ein paar Restaurants und Geschäfte in dieser Gegend zurückbehalten haben. Sie werden von einem kleinen Familienbetrieb in Henderson verarbeitet. Aber in vier bis acht Wochen ist unsere eigene Anlage fertig.“

„Aufregend.“

„Ja, wirklich. Dreihundertsiebzig Quadratmeter modernste Technik.“

Ryan griff nach ihrer Handtasche und stand auf. „Entschuldigt mich bitte.“

„Geh nicht“, sagte Adam. „Wir können ein andermal übers Geschäft reden.“

„Nein, wirklich, ist schon okay. Ich will mir nur die Hände waschen.“

Adam sah ihr hinterher. Er war beeindruckt von ihrer Schönheit: kurvenreiche Figur, lockiges Haar und eine Haut … Er würde sie gern schmecken. Aber da war noch etwas anderes an ihr, eine Aura der Ruhe und Selbstsicherheit, eine Sanftheit, die auch ihn irgendwie beruhigte. Bei seiner Tätigkeit für CANN International waren Momente echter Ruhe Mangelware.

Dennis grinste. „Ich sehe, dass du meine Schwester abcheckst.“

Adam hatte es gar nicht bemerkt. „Ich … wusste nicht, dass du eine Schwester hast.“

„Dass du Ryan nie getroffen hast, ist kein Wunder. Sie war einige Jahrgänge unter uns, und ich glaube, du warst nie bei uns zu Hause.“

„Weil ihr immer alle zu uns kommen wolltet!“

„Na klar, wer denn nicht? Swimmingpools. Pferde. Ein richtiges Basketballfeld. Wunschessen vom Privatkoch. Bei dir fühlte man sich wie in Hollywood! Ich konnte kaum glauben, dass Leute wirklich so leben. Du bist ein echter Glückspilz.“

„Ich gebe zu, dass ich Glück hatte, als Breedlove geboren zu werden. Alles danach war harte Arbeit.“

„Harte Arbeit ist mir nicht fremd.“

„In der Fleischfabrik, oder?“ Dennis nickte. „Wie passt Ryan da hinein?“

Adam ignorierte Dennis’ wissendes Lächeln. Ihm war klar, dass es ein kluger Schachzug seines Freundes gewesen war, die Schwester mitzubringen. Aber das musste Dennis ja nicht wissen.

„Wie gesagt, sie hilft hier und da aus, aber sie wohnt nicht mehr in Bakersfield. Sie hat in San Diego ihre Ausbildung und ihren Abschluss gemacht. Vor etwa drei Monaten ist sie wieder hergezogen.“

„Weißt du, warum?“

Dennis zuckte die Achseln. „Sie hat einen Abschluss in irgendeiner Art Naturmedizin gemacht. Aber noch ist sie nirgendwo angestellt. Vermutlich braucht sie einen Job.“

„Und du glaubst, eine Ranch wäre das Richtige für sie?“

Ryan kehrte an den Tisch zurück. „Redet ihr über mich?“

Adam stand auf, aber Ryan hatte ihren Stuhl schon selbst hervorgezogen. Er blieb stehen, bis sie sich gesetzt hatte. „Dennis glaubt, du würdest gut in mein Unternehmen passen. Deine administrativen Fähigkeiten sollen beeindruckend sein.“ Und selbst wenn sie nur halb so beeindruckend sind wie der Anblick deiner Kurven …

Adam schob den unangebrachten Gedanken beiseite. Er gab sich im Stillen einen Rüffel, verzieh sich aber gleich wieder, weil es eben stimmte, und konzentrierte sich erneut auf Ryan.

„Ich habe ein paar Dinge für ihn erledigt, aber das ist lange her. Zurzeit bin ich dabei, mein eigenes Unternehmen aufzubauen.“

„Und das wäre?“

„Naturheilkunde“, sagte Ryan zögernd.

„Was ist das?“ Adam bemerkte, dass sie sich versteifte, als würde sie einen Seitenhieb erwarten. Den Dennis wie erwartet ausführte.

„Ein Hobby“, sagte er.

„Mein Beruf“, konterte Ryan. Plötzlich strahlte sie eine gewisse Kälte aus, ganz im Gegensatz zu ihrem vorher so warmen und ruhigen Auftreten.

„Mittagessen!“, verkündete Zoe, als sie an ihren Tisch trat. Sie stellte ein rundes Tablett darauf ab. „Die Pickles und die Zwiebelstreifen sind vegan“, erklärte sie. Offensichtlich hatte sie mit dem Koch geredet. „Die Barbecuesoße ebenfalls, nur die Buttermilch-Ranchsoße enthält Milchprodukte. Guten Appetit!“

„Die sind ja cool.“ Ryan tat sich ein paar dünn geschnittene, panierte Zwiebelstreifen auf.

„Miguels Kochkunst. Er macht aus jedem Gericht etwas Besonderes.“

„Ich mag die Bierbällchen“, sagte Dennis kauend. Er hatte sich das Essen mit den Fingern in den Mund gesteckt. „Auf den schönen saftigen Burger freue ich mich noch mehr.“ Er schmatzte laut und schnappte sich das nächste Fleischbällchen.

„Ältere Brüder können einem ganz schön auf die Nerven gehen“, sagte Adam zu Ryan. „Ich muss es wissen. Ich habe selbst einen.“

Ryan lächelte. Sofort wollte Adam wieder etwas Witziges sagen, um sie zum Lächeln zu bringen.

„Schön, dass noch jemand meine Qualen versteht.“

„Er ist nicht durch und durch schlimm. Ich habe ihn kennengelernt, als er gegen ein paar Raufbolde antrat.“

„Wie, er war keiner von ihnen?“

Adam lachte. „In dem Moment nicht.“

„Was ist passiert?“

Die Männer sahen sich an.

Adam dachte an den Tag in der Highschool zurück, als er als Neuling einen heldenhaften, aber aussichtslosen Kampf gegen vier Schüler ausgefochten hatte – zuerst mündlich, dann körperlich. Dennis war zu Adams Verteidigung geeilt. Gemeinsam hatten sie schnell die Oberhand gewonnen, noch bevor die Schulaufseher eingriffen. Es war Adams letzter Kampf gewesen. In jenem Sommer hatte er Muskeln bekommen und war fünfzehn Zentimeter in die Höhe geschossen. Und nachdem seine Legasthenie diagnostiziert worden war, war seine Beliebtheit genauso wie sein Selbstbewusstsein gewachsen. Doch die Narben waren geblieben, Erinnerungen an nicht so glückliche Zeiten …

„Die anderen haben mich immer gehänselt. Eines Tages war ich bei einem Kampf allein gegen mehrere Gegner“, erklärte er Ryan. „Dein Bruder ist mir beigesprungen. So wurden wir Freunde.“

„Interessant.“ Ryan warf Dennis einen Blick zu, den Adam nicht ganz deuten konnte.

„Ich habe es immer zu schätzen gewusst, dass du mir beigestanden hast“, sagte er zu Dennis. „Genau wie einer meiner Brüder es getan hätte. Du hast Charakter gezeigt. Und das, zusammen mit Loyalität, Aufrichtigkeit und Respekt, sind die Qualitäten, nach denen ich in den Menschen suche, mit denen ich arbeite. Darum wollte ich heute mit dir essen, Dennis. Die Stelle, die ich sofort besetzen muss, erfordert andere Fähigkeiten als die deiner Schwester. Die Person, die wir für die Leitung unseres Verarbeitungsbetriebs eingestellt haben, hatte einen Autounfall. Er lebt und erholt sich langsam, aber leider kommt er für die Position nicht mehr infrage. Bist du interessiert?“

Dennis lehnte sich zurück. „Wow. Wirklich, Adam? Du bietest mir an, deinen Fleischverarbeitungsbetrieb zu leiten?“

„Du müsstest natürlich den gesamten Bewerbungsprozess durchlaufen, aber wenn der zu unserer Zufriedenheit verläuft, hättest du den Job.“

„Danke, Mann. Ich weiß es zu schätzen, und ja, ich bin interessiert. Es wäre mir eine Freude, auf dem Land deiner Familie zu arbeiten.“

„Vielleicht komme ich mal nach Bakersfield und sehe mir deinen Betrieb an“, erwiderte Adam. „Um einen Vergleich zu unserem zu haben.“

Autor

Zuri Day
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