Tiffany Exklusiv Band 88

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KÜHLER KOPF UND HEISSER MINI von CARA SUMMERS

Was für eine Frau! Kühler Kopf und heißer Mini, genau die Mischung, auf die Privatdetektiv Sam Romano fliegt. Doch ehe er seinen Charme bei der schönen A.J. spielen lassen kann, überstürzen sich die Ereignisse: Eine wertvolle Halskette verschwindet, jemand wird entführt, und Sam muss sich auf die Jagd nach den Kidnappern machen - ausgerechnet mit der aufregenden Blondine!

BEI EINBRUCH: LIEBE von JANE SULLIVAN

An: Derek Stone - streng geheim! Absender: Washington, D. C. Auftrag: Brechen Sie in ein Apartment ein, und entwenden Sie belastendes Material, mit dem ein Abgeordneter erpresst werden soll. Als Derek den Job schnell erledigen will, steht Alyssa vor ihm. Vor einem halben Jahr hatte er eine Affäre mit ihr. Die blonde Schönheit ist seitdem nicht weniger aufregend geworden, sodass er nur an eins denken kann: lustvolle Stunden der Liebe!

SEHNSUCHT NACH KÜSSEN, SEHNSUCHT NACH MEHR von JILL SHALVIS

Eigentlich sollte Tessa das Haus ihres Chefs hüten. Doch sie wird von Einbrechern überwältigt und eingesperrt - aber nicht allein. Ihr Gefängnis, eine winzige, kalte Kammer mit einer schmalen Liege, muss sie mit dem gefährlich attraktiven Reilly teilen. Eine ganze Nacht lang …


  • Erscheinungstag 23.03.2021
  • Bandnummer 88
  • ISBN / Artikelnummer 9783751500128
  • Seitenanzahl 384
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Cara Summers, Jane Sullivan, Jill Shalvis

TIFFANY EXKLUSIV BAND 88

PROLOG

A. J. Potter musste unbedingt etwas an ihrem Leben ändern. Als das Taxi mit quietschenden Reifen in den Central Park einbog, stützte sie sich in letzter Sekunde ab, um nicht gegen die Tür geschleudert zu werden. Sie zog ihren Palm Pilot aus der Tasche und blickte auf das Display. Wie war noch die Adresse? Sie hatte nicht die Absicht wegzulaufen. Sie brauchte nur Abstand, und das Apartment, das sie sich ansehen wollte, lag weniger als zehn Blocks vom Apartment ihres Onkels entfernt.

Sie musste dringend Urlaub von der Familie machen, denn Onkel Jamison und vor allem ihr Cousin Rodney gingen ihr fürchterlich auf die Nerven. Ewig musste sie sich anhören, wie erfolgreich Rodney als Anwalt war, mit welch schwierigen Fällen er bereits von der Kanzlei betraut wurde. Und dann war da noch Tante Margery, die es als ihre wichtigste Lebensaufgabe ansah, ihr zu einem passenden Mann zu verhelfen, der dem Namen der Familie Potter alle Ehre machte. Wenn sie noch mit einem einzigen dieser geschniegelten Typen ausgehen musste, würde sie … würde sie genau das machen, was sie tat. Nämlich ausziehen!

Aufseufzend lehnte A. J. sich zurück und schloss die Augen. Während der sieben Jahre, die sie auf dem College und später auf der Universität beim Jurastudium verbracht hatte, hatte sie beinahe vergessen, dass sie das schwarze Schaf der Potters war. Aber als sie im letzten Jahr wieder bei ihrem Onkel und ihrer Tante gewohnt hatte, war es ihr erneut bewusst geworden. Und dieses Gefühl fing allmählich an, ihr Selbstvertrauen auszuhöhlen. Sie war erst sieben gewesen, als Onkel und Tante sie aufnahmen, und von Anfang an hatte sie versucht zu beweisen, dass sie nicht wie ihre Mutter war, sondern als eine echte Potter gelten konnte.

Das Taxi bremste abrupt. A. J. riss die Augen auf.

„‚The Willoughby‘“, sagte der Fahrer.

A. J. zahlte und stieg aus. Sie sah an dem eleganten Gebäude hoch, das sie sehr an das Haus erinnerte, aus dem sie gerade ausziehen wollte. Es würde sicher die Billigung ihrer Tante finden.

Sie stieß die Tür zur Lobby auf. Wie angewurzelt blieb sie stehen. Was sie vor sich sah, war selbst für New York einigermaßen ungewöhnlich. Und dass sich so etwas in einem eleganten Gebäude in dieser vornehmen Gegend abspielte, gab ihr das Gefühl, wie Alice im Wunderland durch ein Kaninchenloch in eine völlig fremde Welt geraten zu sein.

Die Frau mit dem welligen braunen Haar wirkte allerdings relativ normal. An dem Riesenkoffer und der etwas unmodernen Kleidung konnte man erkennen, dass sie nicht aus New York kam. Außerdem wirkte sie verwirrt.

Der Mann war das ganze Gegenteil. Er trug eine weite blau gepunktete Badehose und saß auf einem Liegestuhl. Auf der Nase hatte er eine verspiegelte Sonnenbrille, und in der Sonne, die durch das Oberlicht fiel, schimmerte die Schutzcreme auf seiner Nase gelbgrün. Aus den Lautsprecherboxen dröhnte „Surfin’ USA“ von den Beach Boys.

A. J. musste lächeln. Für ihren Plan, endlich dem steifen Potterschen Lebensstil zu entfliehen, hätte sie keine bessere Umgebung finden können. Sie musste das Apartment unbedingt haben.

„Das Passwort, bitte!“ Der Mann machte eine ungeduldige Handbewegung.

Die Frau mit dem Koffer schüttelte den Kopf.

A. J. trat näher.

„Ich warte …“

A. J. fiel auf, dass er auf dem linken Vorderarm eine Tätowierung hatte. „Tattoo“, sagte sie auf gut Glück.

„Nicht ganz. Sind Sie wegen des Apartments hier?“

„Ja“, erwiderten A. J. und die Brünette gleichzeitig.

„Sie und noch vierzig andere“, sagte er und musterte die beiden Frauen über den Brillenrand hinweg. „Das ist der schönste Tag des Jahres für Tavish McLain, denn da er von Frauen umschwärmt.“

„Wir würden uns gern unter die Meute mischen“, sagte A. J.

„Na gut.“ Der Mann beugte sich vor und zwinkerte den beiden Frauen zu. „Auf Sie beide kommt es nun auch nicht mehr an, aber ich erwarte, dass Sie sich irgendwie erkenntlich zeigen.“

„Selbstverständlich. Danke.“ A. J. stürzte vor zum Fahrstuhl.

„Ich heiße Franco“, rief ihr der Mann mit der grünen Nase noch hinterher. „Franco Rossi. Irgendwann werden Sie diesen Namen in großen Lettern am Broadway sehen!“

A. J. drückte auf den Knopf, und als der Fahrstuhl kam und sich die Türen öffneten, hatte auch die Brünette ihren Riesenkoffer herangeschleppt. A. J. half ihr beim Einsteigen.

„Danke“, sagte die Brünette schwer atmend. „Ich bin Claire Dellafield.“

„Und ich A. J. Potter.“ Sie sah die andere von oben bis unten an. „Wir sind wohl Konkurrentinnen, was?“

Claire nickte und hob resigniert die Schultern. „Ich kann nicht mitbieten. Ich habe viel zu wenig Geld.“

Das Apartment ist sicher sehr teuer, dachte A. J. Sie hatte den Tipp von einem Makler, für den sie einen Kaufvertrag aufgesetzt hatte. Er hatte ihr auch von dem exzentrischen Tavish McLain erzählt, der zwar Geld wie Heu hatte, aber keine Gelegenheit ausließ, sein Vermögen zu vermehren. Während er den ganzen Sommer über Ferien machte, vermietete er seine Wohnung für drei Monate, und zwar vergab er sie an den Meistbietenden. Sowie A. J. erfahren hatte, dass es hier in dieser Gegend etwas zu mieten gab, war sie entschlossen gewesen, die Mitbewerber auszuschalten.

Ihre Mutter war damals mit dem Mann, der A. J.s Vater werden sollte, aus dem elterlichen Haus in eine schäbige Wohnung in einer miesen Gegend gezogen, und das hatte ihr die Familie nie verziehen.

Diesen Fehler würde A. J. nicht machen. Mit einer Wohnung in dieser Gegend konnten Onkel und Tante zufrieden sein. Und das Geld für die Miete aufzubringen, war für A. J. kein Problem, denn ihre Mutter hatte ihr einiges hinterlassen. Aber Claire Dellafield schien in einer anderen finanziellen Situation zu sein. Außerdem wirkte sie niedergeschlagen. New York war eine große Herausforderung für Neuankömmlinge, und Claire Dellaflied tat A. J. leid. „Wollen wir uns nicht zusammentun? Dann haben wir bessere Chancen.“

„Ich weiß nicht … ich …“

A. J. nickte, während die Fahrstuhltüren sich öffneten. „Kluges Kind. Man hat Sie wohl vor der großen bösen Stadt gewarnt?“ Sie zog eine Visitenkarte aus der Handtasche. „Ich habe gehört, dass die Versteigerung ganz schön brutal ablaufen kann, und ich will gewinnen. Denken Sie darüber nach.“

Sie gingen den Flur hinunter, immer dem Lärm entgegen, der aus dem Apartment 6C drang. Trauben von Menschen hingen vor dem Eingang. Da A. J. nur knapp einssechzig groß war, konnte sie nicht sehen, was in der Wohnung vor sich ging, und so boxte und drängelte sie sich durch. Claire folgte ihr mit ihrem Riesenkoffer, und schließlich standen sie in der kleinen Eingangshalle.

A. J. sah sich um. Der Raum war vollgestopft mit Frauen, überwiegend Blondinen aller Altersstufen. Die da hinten in der engen Caprihose und dem bauchfreien Top war höchstens zwanzig, die andere, die gerade mit einem Pudel auf dem Arm den Raum betrat, war mindestens siebzig.

A. J. kniff die Augen ein wenig zusammen, stellte sich auf die Zehenspitzen und sah sich suchend um. Dahinten auf den Stufen zum Loft, das war doch der Makler Roger Whitfield, der ihr den Tipp gegeben hatte. Offensichtlich kümmerte er sich für Tavish McLain um die Untervermietung.

Nicht weit von ihr entfernt stand eine große schlanke Frau, nicht blond, mit einem Päckchen unter dem Arm und einem sehr entschlossenen Ausdruck auf dem Gesicht.

Irgendjemand wedelte mit einem Scheck in der Luft herum. „Macht euch keine Hoffnungen, Mädels. Hier ist ein Scheck über 4.500 Dollar für drei Monate im Voraus.“

„Wieso denn?“, rief eine.

„Das ist nicht fair!“

„So viel kann ich nicht bezahlen!“

„Tavish hat mir versprochen, dass ich das Apartment für 800 Dollar haben kann.“

Alle schrien durcheinander. A. J. zog ihr Scheckbuch und das Handy aus der Tasche. Sie wurde von allen Seiten geschubst und gestoßen. Die große Brünette mit dem Päckchen unter dem Arm stand jetzt neben Claires Koffer. „Das ist ja hier der blanke Wahnsinn“, sagte sie.

A. J. tippte ein paar Nummern ein, aber nach zehnmaligem Klingeln war ihr klar, dass Roger, der von Blondinen umringt war, den Anruf nicht entgegennehmen würde. Sie steckte das Handy wieder ein und drehte sich zu den beiden Frauen um. Hatte sie eben richtig verstanden, dass die große schlanke Frau Claire ein Gratiszimmer in dem Hotel angeboten hatte, für das sie arbeitete?

„Warum wollen Sie das für mich tun?“, fragte Claire. „Sie kennen mich doch gar nicht.“

„Weil ich in der Lage bin, Ihnen zu helfen. Wir Frauen müssen zusammenhalten, das hat mir meine Mutter eingebläut. Und ich fühle mich dabei gut.“

A. J. musste lachen. Die Frau gefiel ihr. „Letzteres trifft auch auf mich zu, obgleich ich keine Hotelzimmer zu vergeben habe.“

„Ich bin Samantha Baldwin.“

„A. J. Potter.“ Die beiden Frauen schüttelten sich die Hand.

Plötzlich kam A. J. eine Idee. Hatte die Wohnung nicht drei Schlafzimmer? „Samantha, wie viel können Sie aufbringen?“

„Höchstens 1.800 pro Monat. Und ich rauche nicht.“

A. J. bewunderte Samanthas schnelle Auffassungsgabe. „Ich auch nicht. Und ich bin mit zwei Tausendern dabei.“

„Dann kriegen Sie das große Zimmer.“

Samantha blickte Claire an. „Wie heißen Sie?“

Claire blickte überrascht hoch. „Claire Dellafield. Warum?“

„Wir gründen einen Mieterklub. Wollen Sie mitmachen?“

„Sie meinen, wir ziehen zusammen?“

Samantha grinste. „Schnelle Auffassungsgabe. Rauchen Sie?“

Claire schüttelte den Kopf. „Nein, aber ich kann es bestimmt lernen.“

Jetzt musste Samantha lachen. „Also Unterhaltungswert hat sie.“

A. J. nickte zustimmend. Claire brauchte das Zimmer bestimmt so dringend wie sie. „Wie viel Miete können Sie aufbringen?“

Claire holte tief Luft. „Achthundert.“

„Das sind zusammen 4.600. So hoch ist die Miete sicher nicht“, meinte A. J.

In genau diesem Augenblick öffnete sich die Tür, und zwei Männer traten ein.

„Tavish!“, kreischten einige der Blondinen und liefen mit ausgestreckten Armen auf ihn zu.

„Jetzt kommt es darauf an, Mädels“, sagte A. J. leise. Die Strategie des Gegners zu kennen war zumindest im Gerichtssaal immer von Vorteil.

Was sie sahen, war einfach widerwärtig. Die Frauen schwänzelten um Tavish herum, der das sichtlich genoss. A. J. kannte diesen Typ. Auch wenn Tavish etwas unkonventionell gekleidet war, so erinnerte er sie doch sehr stark an die Männer, die ihre Tante immer als mögliche Heiratskandidaten angeschleppt hatte – reiche, egoistische Mr. Perfects mittleren Alters.

Diese Männer waren der Hauptgrund, weshalb sie unbedingt ausziehen musste. Tante Margery hatte sich fest vorgenommen, ihre Nichte zu verheiraten, bevor sie Schande über die Familie bringen konnte, wie A. J.s Mutter es Margerys Meinung nach getan hatte. Und das, obwohl A. J. sich mustergültig verhielt. So hatte sie beispielsweise alles darangesetzt, damit ihr Onkel sie in seiner Kanzlei mit anspruchsvollen Aufgaben betraute. Aber bisher war das noch nicht der Fall. Seit Gründung der Kanzlei hatte es keine weibliche Potter gegeben, die als Anwältin mitarbeitete. Und es war ganz offensichtlich, dass die Männer lieber unter sich bleiben wollten.

Aber damit würde sie sich nicht abfinden. Und wenn sie erst bewiesen hatte, was sie als Anwältin leisten konnte, dann würden Onkel und Tante hoffentlich die Angst verlieren, sie könnte in die Fußstapfen ihrer Mutter treten, und sie endlich akzeptieren.

Sie musste dieses Apartment unbedingt haben. Doch als sie sich noch einmal auf die Zehenspitzen stellte und beobachtete, wie all diese aufgetakelten Blondinen mit Schecks vor Tavishs Nase herumwedelten, da verließ sie der Mut.

A. J. sah ihre beiden Mitstreiterinnen an. Beide schienen nicht gewillt zu sein, dem Beispiel der Blondinen zu folgen, und das machte sie ihr sehr sympathisch. Aber was konnten sie tun?

„Stellen Sie sich mal eben vor mich“, stieß Samantha plötzlich hervor. Sie riss das Päckchen auf.

„Was machen Sie da?“, fragte Claire.

„Ich habe etwas, das Mr. McLain eventuell dazu bringen könnte, uns die Wohnung zu geben.“

„Was denn?“, fragte A. J. nüchtern. „Eine Pistole?“

„Etwas Wirksameres.“ Samantha zog ein Stück glänzenden schwarzen Stoff aus dem Papier. „Einen Wunderrock.“

A. J. und Claire warfen sich einen vielsagenden Blick zu. Claire räusperte sich. „Sagten Sie Wunderrock?“

„Ich weiß, es hört sich verrückt an.“ Samantha schüttelte den Rock kurz aus, bevor sie ihn über den zog, den sie bereits trug. „Aber er wirkt wie ein Magnet auf Männer. Er soll aus einer ganz bestimmten Faser gewebt worden sein. Die Frau, die den Rock trägt, wirkt unwiderstehlich auf Männer und wird mithilfe des Rocks ihre große Liebe finden. Und so weiter und so fort.“

„Das ist doch Unsinn.“ A. J. sah stirnrunzelnd zu, wie Samantha den Rock, den sie bisher getragen hatte, unter dem schwarzen Exemplar hervorzog. Der „Wunderrock“, wirkte in keiner Weise ungewöhnlich. Es war ein ganz einfach ein kurzer schwarzer Rock. Sie hätte schwören können, dass sie genau so ein Exemplar in ihrem Kleiderschrank hängen hatte. Schnell sah sie sich um. Bis auf die Frau mit dem Pudel schien keiner etwas gemerkt zu haben.

„Ich glaube doch auch nicht daran“, sagte Samantha und strich den Rock über den Hüften glatt, „aber ein Versuch kann nicht schaden.“

Das musste A. J. zugeben. Sie versuchte, wieder über die Menge zu blicken. Dahinten zückte eine Blonde mit tiefrot geschminkten Lippen gerade ihren Füllfederhalter, um irgendetwas zu unterschreiben.

„Folgen Sie mir, meine Damen“, sagte Samantha und bahnte sich einen Weg zu dem grinsenden Tavish.

A. J. schloss sich Samantha an, die mit schwingenden Hüften auf Tavish zuging. Sie hätte schwören können, dass der Rock sanft leuchtete.

„Ich bin Samantha Baldwin“, sagte Samantha mit leiser dunkler Stimme und blieb direkt vor Tavish stehen, der sie mit offenem Mund anstarrte.

„Tavish McLain“, sagte er schließlich und ergriff die ausgestreckte Hand.

„Sie haben ein wunderschönes Apartment“, hauchte Samantha und strahlte ihn an.

„Ja, es ist ein gemütliches Zuhause“, brachte er hervor, während er ihr kräftig die Hand schüttelte.

Schweigen. Beide starrten sich an.

„Ich wünschte, es könnte den Sommer über auch mein Zuhause sein“, sagte Samantha schließlich.

„Nun, also, ich glaube, ich bin sicher …“, stotterte Tavish.

Roger Whitfield und ein anderer Makler kamen hinzu und stellten sich vor, aber Tavish ließ Samanthas Hand nicht los.

Als A. J. bemerkte, dass alle drei Männer Samantha wie verklärt ansahen, zog sie sofort ihr Scheckbuch aus der Tasche.

Die Blonde mit den dunklen Lippen mischte sich schnell ein. „Halt mal, ich habe dir gerade einen Scheck über 4.500 gegeben.“

„Roger, gib Meredith den Scheck zurück“, stieß Tavish leise hervor, ohne Samantha aus den Augen zu lassen.

„Warte, ich gebe dir einen über 6. 000!“, rief Meredith.

Schnell schrieb A. J. einen Scheck über 2. 000 Dollar aus und drückte ihn Samantha in die linke Hand. 2.000 für den ersten Monat, das entsprach dem, was die Blonde zahlen wollte.

„Hier“, Samantha warf einen Blick auf den Scheck und reichte ihn Tavish. „2.000 Dollar.“

Tavish lächelte. „Dann wollen Sie die ganze Miete schon im Voraus bezahlen?“

Die ganze Miete? A. J. starrte kurz auf den Rock und versuchte, sich nichts anmerken zu lassen. Hatten sie gerade eine Vierzimmerwohnung am Central Park für 2.000 Dollar den Sommer über gemietet?

Tavish steckte den Scheck ein. „Die ideale Mieterin, findest du nicht, Roger?“

„Ja, das finde ich auch.“

Roger hatte nur noch Augen für Samantha, und dem anderen Makler ging es nicht anders. A. J. wusste, dass sie handeln musste, bevor beide wieder aus ihrer Verzückung erwachten. „Wer von Ihnen hat jetzt den Mietvertrag?“

„Ich …“, sagte Roger gedehnt, ohne den Blick von Samantha zu nehmen, zog dann aber zu A. J.s Erleichterung doch die Papiere aus der Tasche.

Samantha und Tavish starrten sich immer noch an, und A. J. hörte, wie Samantha von ihren Mitmieterinnen erzählte, woraufhin Tavish nur lächelnd nickte.

Mehr brauchte A. J. nicht zu wissen. Sie zog Roger in eine Ecke und besprach mit ihm den Vertrag, während Claire mit dem anderen Makler die protestierenden Frauen aus der Wohnung drängte.

„Ach ja, und da ist noch Cleo“, sagte Roger und zeigte nachlässig auf die ältere Frau mit dem hochgetürmten Haar und dem Pudel im Arm. „Cleo ist ein Pudel, der in Apartment 6B wohnt. Der muss Gassi geführt werden.“

„Kein Problem“, sagte A. J. schnell, unterschrieb und reichte den Stift an Claire weiter. Der Vertrag musste unbedingt unter Dach und Fach sein, bevor Tavish aus seiner Trance erwachte.

Und es klappte. Als A. J. eine Stunde später aus der Haustür in den hellen Sonnenschein trat, hätte sie am liebsten die ganze Welt umarmt. Sie hatte nicht nur ein neues Zuhause, sondern sie hatte auch zwei Mitbewohnerinnen gefunden, mit denen sie sich auf Anhieb gut verstand.

Und dann dieser Rock. Samantha hatte ihn in ihren Schrank gehängt, bevor sie zur Arbeit ging. Wenn A. J. sich nicht mit eigenen Augen von seiner Wirkung überzeugt hätte, hätte sie das Ganze für Humbug gehalten. Aber es war ganz eindeutig, der Rock war etwas ganz Besonderes. Und wer weiß, ob ihr das in der Kanzlei nicht noch einmal von Nutzen sein könnte.

Aber dann verdrängte sie den Gedanken. So etwas sah ihr gar nicht ähnlich. Sie löste Probleme lieber aus eigener Kraft.

1. KAPITEL

Wo blieb sie nur?

Weil die hübsche zierliche und sehr pünktliche Blonde um 7 Uhr 15 immer noch nicht die Tür des Apartmentgebäudes aufgestoßen hatte, fingen Sam Romanos Finger an zu kribbeln. Das war ein schlechtes Zeichen, denn das war ihm in den zehn Jahren, die er jetzt als Privatdetektiv arbeitete, noch nie passiert.

Er war nervös, und das konnte er sich gerade jetzt nicht erlauben. Genauso wenig, wie er an die kleine Blonde denken durfte, deren Initialen A. J.P. so auffällig auf ihrem Aktenkoffer angebracht waren. Denn sie hatte nichts mit seinem derzeitigen Job zu tun.

Sam zwang sich, den Blick auf das Grenelle Museum auf der anderen Straßenseite zu richten. Seit fünf Tagen beobachtete er es nun schon, seit nämlich das berühmte Abelard-Collier ausgestellt wurde. Das Museum hatte Sterling Security, wo Sam arbeitete, den Auftrag gegeben, das berühmte Collier Collier zu bewachen, dessen Wert auf fünf Millionen Dollar angesetzt wurde.

Das war sicher eine weise Entscheidung gewesen. Sam hatte je einen Mann vor dem Vorder- und vor dem Seiteneingang postiert, und die hatten ihm signalisiert, dass jemand um 6 Uhr 30 hinten am Gebäude hochgeklettert war.

Sam hatte dann mit eigenen Augen gesehen, dass es sich bei diesem Jemand um Pierre Rabaut handelte, seinen Patenonkel und ehemaligen Juwelendieb, der heute in New York einen berühmten Jazzklub besaß. Er hatte durch das Fernglas beobachten können, wie der drahtige Mann durch das Oberlicht in dem Gebäude verschwand.

Das war vor vierzig Minuten gewesen. Sam wusste, dass die Alarmanlage des Museums um 7 Uhr 30 vorübergehend abgestellt wurde, da dann der Schichtwechsel des Sicherheitspersonals vorgenommen wurde. Sicher würde Pierre versuchen, in diesen wenigen Minuten durch den Vordereingang zu entkommen.

Man muss immer das Unerwartete tun.“

Nach diesem Motto lebte Pierre Rabaut. Und weil das dem jüngsten Sohn seines alten Freundes sehr wohl bewusst war, würde man Pierre Rabaut diesmal auf frischer Tat ertappen. Aber man würde ihn nicht verhaften, denn das konnte Sam nicht zulassen.

Pierre Rabaut war wie ein zweiter Vater zu ihm gewesen, vor allem, nachdem Sams Mutter gestorben war. Und als sein Vater sich dann in Isabelle Sheridan verliebt hatte, die ihn nicht heiraten wollte, war Pierre immer für Sam da gewesen. Sam musste verhindern, dass er ins Gefängnis kam, und das konnte ihn den Job kosten.

Er unterdrückte den Wunsch, auf die Uhr zu gucken. Seine Verkleidung als Obdachloser war vollkommen wirkungslos, wenn Pierre zufällig aus einem der Fenster blickte und ihn dabei ertappte, wie er auf die Uhr sah.

Stattdessen beobachtete er die Fünfundsiebzigste Straße. Laut hupend rasten zwei Taxen über die Kreuzung. Ein paar Häuser weiter stand ein Lieferwagen. Der Mann, der ihn entlud, ließ einen Getränkekasten fallen und fluchte. Ein Pick-up parkte auf der gegenüberliegenden Straßenseite, und die Rhythmen eines Rapsongs drangen zu Sam hinüber.

Die kleine Blonde war immer noch nicht zu sehen.

Das sollte ihm momentan ganz egal sein, denn er sollte sich auf Pierre konzentrieren. Aber aus irgendeinem Grund musste er immer an sie denken.

Er wusste noch genau, wie sie aussah, als er sie das erste Mal wahrnahm. Er hatte sie für eine dieser reichen Society-Ziegen gehalten, um die er immer einen großen Bogen machte. Aber sie war attraktiv, und hier auf seinem Beobachtungsposten konnte er eine Ablenkung gut gebrauchen. Dann ging die Zeit schneller vorbei.

Sie hatte einen festen Schritt, und aus der Art und Weise, wie sie ihren Aktenkoffer schwang, schloss er, dass sie regelmäßig ein Fitnesscenter aufsuchte. Sofort stellte er sie sich in eng anliegenden Leggings und einem knappen Top vor, die helle Haut schimmernd vor Schweiß. Sicher hatte sie einen festen Trainingsplan. Auf alle Fälle wirkte sie energiegeladen und konzentriert.

Ob sie beim Sex genauso leidenschaftlich und konzentriert war? Dieser Gedanke war ihm in dem Moment gekommen, als sie vor ihm stehen geblieben war und einen Zwanzigdollarschein in seine Mütze gelegt hatte. Überrascht hatte er hochgeblickt und ihr in die Augen gesehen. Vorübergehend war er unfähig gewesen zu reagieren, und als er wieder einen klaren Gedanken fassen konnte, war sie bereits einige Häuser weitergegangen. Fast wäre er aufgesprungen und hinter ihr hergelaufen. Sam schüttelte den Kopf über sich. Er war kurz davor gewesen, seine Tarnung aufzudecken. Das war ihm noch nie passiert.

Als sie am nächsten Tag vor ihm stehen blieb, war er darauf vorbereitet. Aber dann sprach sie ihn an, und wieder musste er sich zusammennehmen, um sich nicht zu verraten. Sie hatte ihn gefragt, ob er an einem Job interessiert sei. Als er nickte, hatte sie versprochen, sich umzuhören, und hatte wieder zwanzig Dollar in seine Mütze fallen lassen. Das hatte ihn total verwirrt. Er hatte ihr nachgestarrt und sich gefragt, ob sie wohl ein blonder blauäugiger Schutzengel war, vom Himmel gesandt, um sich um die Stadtstreicher zu kümmern.

Auch gestern und vorgestern war sie stehen geblieben, hatte ihm Geld gegeben und ihm erzählt, was sie bisher unternommen hatte, um einen Job für ihn zu finden.

Sam zwang sich, den Blick wieder auf die Eingangstür des Museums zu richten. Er wurde aus ihr nicht schlau. Die betuchten Damen der Gesellschaft redeten normalerweise nicht mit Pennern, geschweige denn, dass sie sich für sie um Arbeit bemühten.

„Tut sich irgendwas, Mr. Romano?“

Das war Luis Santos, dessen Stimme klar durch das kleine Funkgerät in Sams Ohr zu hören war.

„Alles ruhig hier“, sagte Sam leise. Bis auf den Pick-up, aus dessen offenen Fenstern immer noch das Radio plärrte. Der Fahrer saß am Steuer, las Zeitung und trank Kaffee aus einem Pappbecher. Der Lärm schien ihn nicht zu stören.

Wieder kribbelten Sams Finger, und er streckte sie. „Zeitvergleich.“

„7 Uhr 20“, sagte Luis. „Er ist jetzt seit fünfzig Minuten da drin.“

„In zehn Minuten muss er vorn herauskommen.“

Sam war absolut sicher, dass sein Patenonkel in zehn Minuten aus dem Museum kommen würde, das Collier in der Tasche. Als Kind hatte er alles über Pierre gelesen und wusste, dass der Onkel der berühmteste Juwelendieb Europas gewesen war, bevor er sich vor vierzig Jahren zur Ruhe gesetzt hatte.

Wie konnte er Pierre nur dazu bringen, das Collier wieder zurückzugeben, bevor jemand merkte, dass es verschwunden war? Das würde nicht einfach werden, und er musste seine ganze Konzentration darauf verwenden. Also Schluss mit den Gedanken an eine zierliche Blonde, die ihn von seinem armseligen Dasein erlösen wollte.

A. J. zog den Rock an und betrachtete sich aufmerksam im Spiegel. Der Rock sah genauso aus wie der, den sie sich neulich bei Bloomingdales gekauft hatte. Doch er fühlte sich anders an, irgendwie seidig und leicht, so, als hätte sie überhaupt nichts an. Und er passte wie angegossen.

Wenn er zu eng oder zu weit gewesen wäre, hätte sie eine Entschuldigung gehabt, das ganze Unternehmen abzublasen. „Er fühlt sich irgendwie anders an“, stellte sie fest.

„Genau das ist es“, sagte Samantha und reichte den beiden Freundinnen ihre Kaffeebecher. „Wenn du willst, dass die Männer in deiner Kanzlei dich nicht nur als jemanden betrachten, der ihnen zuarbeitet dann musst du etwas ändern. Ein anderes Outfit ist da ein erster Schritt.“

„Deine Beine kommen auch viel besser zur Geltung als in den Hosen, die du normalerweise trägst“, meinte Claire.

A. J. betrachtete sich im Spiegel. Sie bevorzugte Hosenanzüge, weil sie darin dem seriösen Image, an dem ihr so viel lag, am besten entsprach. Claire und Samantha standen hinter ihr, und ihre Blicke begegneten sich im Spiegel. A. J. lächelte ihnen zu. Sie konnte sich kaum vorstellen, dass sie die beiden erst vor kurzer Zeit kennengelernt hatte. „Findet ihr nicht, dass er etwas kurz ist?“

„Bei mir ist er noch kürzer“, entgegnete Samantha grinsend. „Ich wollte dir gerade vorschlagen, ihn ein bisschen höher zu ziehen. Sollst mal sehen, wie das auf die steifen Kerle da in deiner Kanzlei wirkt.“

„Ich finde ihn genau richtig“, meinte Claire.

„Ich weiß nicht. Irgendwie fühle ich mich seltsam in dem Rock.“

„Das wundert mich nicht“, erwiderte Claire. „Schließlich hast du einen Rock an, der die Kraft hat, dir den Traummann zu angeln. Das ist schon ein bisschen beängstigend.“

A. J. schüttelte den Kopf. „Nein, ich suche nicht nach der großen Liebe, sondern ich will in der Kanzlei ernst genommen werden. Ich möchte, dass Onkel Jamison mir endlich ein paar verantwortungsvolle Aufgaben überträgt.“ Wenn sie ihm erst einmal bewiesen hätte, was sie konnte, würde die Familie endlich auch begreifen, dass sie nicht wie ihre Mutter mit jedem hergelaufenen Kerl durchbrennen würde.

Claire und Samantha sahen sich an.

„Es ist schwer zu sagen, was passieren wird, wenn du den Rock anhast“, bemerkte Claire schließlich.

Das war einer der Gründe, weshalb A. J. so lange gezögert hatte, den Rock auszuprobieren. Sie hatte sich erst einmal erkundigt, was es mit dem Rock auf sich hatte. Er hatte ihnen das Apartment verschafft, aber davon abgesehen hatte er in Manhattan bereits Geschichte gemacht. Sie hatte drei Artikel über seine magische Wirkung auf Männer in der Zeitschrift „Metropolitan“ gefunden, und im Fernsehen war auch darüber berichtet worden.

Kate Talavera-Logan hatte ihrer Cousine Samantha den Rock nach ihrer Hochzeit geschickt. Und Samantha und Claire hatten beide bereits die Erfahrung gemacht, dass der Rock intensiv auf Männer wirkte.

„Du hast doch nichts zu verlieren“, meinte Claire. „Wenn es im Büro nicht klappen sollte, wird sicher bald ein gut aussehender dunkler Fremder hinter dir her sein.“

„Kann ich mir kaum vorstellen“, sagte A. J. „Der einzige gut aussehende dunkle Fremde, den ich in letzter Zeit gesehen habe, ist der Obdachlose in der Fünfundsiebzigste Straße. Und mit dem werde ich mich ganz sicher nicht verabreden.“ Trotz seiner Augen und seines forschenden Blicks. „Ich säße ganz schön in der Tinte, wenn der sich als mein Traummann entpuppte.“

Genau wie ihre Mutter hätte sie sich dann in den falschen Mann verliebt. Aber darüber wollte sie nicht länger nachdenken. Sie hob den Becher. „Ich möchte einen Toast aussprechen. Auf den Rock!“ Sie stieß mit den Freundinnen an und wollte gerade einen Schluck trinken, als sie in der Bewegung innehielt. Was war das? Ein Blitz? „Habt ihr das gesehen?“

„Was denn?“, fragte Claire.

„Ich habe eben was gesehen. Ich hatte den Eindruck, der Rock blitzte.“

„Das sind die Nerven.“ Claire legte ihr beruhigend die Hand auf die Schulter. „Als ich den Rock das erste Mal trug, war ich auch sehr nervös. Glaub mir, du gewöhnst dich daran.“

„Man kann sogar seine Wirkung auf Männer genießen“, fügte Samantha lächelnd hinzu.

A. J. musterte die Gesichter der beiden Freundinnen im Spiegel. Ganz offensichtlich dachten sie an etwas ganz Bestimmtes. In der letzten Zeit waren die beiden sehr mit ihrem Privatleben beschäftigt, und A. J. fühlte sich beinahe wie ein Außenseiter. Aber das war natürlich Unsinn. Im Gegenteil, seit dem Tod der Eltern hatte sie sich nie so wohl gefühlt wie bei Claire und Samantha. So als wäre sie Teil eines Teams. Und es wurde Zeit, dass man sie auch in der Kanzlei als Teil des Teams akzeptierte. „Gut, ich werde den Rock testen.“

„Alles Gute“, sagte Claire und hob den Becher.

„Dann aber los, Mädchen“, meinte Samantha und reichte A. J. die Handtasche.

A. J. lächelte, als Claire und Samantha sie aus der Tür schoben und die Tür hinter ihr schlossen. Toll, wie interessant ihr Leben geworden war, seit sie mit den beiden zusammenwohnte.

„Oh, hallo! Wie wunderbar, Sie zu sehen, Miss Potter! Ich wollte gerade bei Ihnen klopfen.“

A. J. prallte zurück und unterdrückte einen Seufzer. Natürlich, nichts war vollkommen. Mrs. Higgenbotham und ihr Pudel Cleo waren ihre Heimsuchung. Der Makler hatte klargemacht, dass es zu ihren Aufgaben gehörte, mit dem mehrfach ausgezeichneten Rassehund Gassi zu gehen. Untervermietungen waren illegal, und Mrs. Higgenbotham würde nur dann den Mund halten, wenn sie mit gewissen Gegenleistungen rechnen konnte. Glücklicherweise war Claire heeute mit Gassigehen an der Reihe.

Mrs. Higgenbotham hatte sich das Haar rosa färben lassen und trug dazu einen Kaftan in derselben Farbe.

„Cleo frisst wieder mal nicht. Ich glaube, sie muss unbedingt zu ihrem Psychotherapeuten. Dr. Fielding kommt etwas früher in seine Praxis, um sie noch dranzunehmen. Ist er nicht ein Schatz?“

Ein Schatz? Der Mann nutzte die Leichtgläubigkeit der Menschen aus. Aber A. J. sagte nichts, sondern nickte Mrs. Higgenbotham nur zu und ging in Richtung Fahrstuhl. Sie wusste, auch ohne Tierpsychologie studiert zu haben, dass Cleo einsam war. Der Hund sehnte sich nach einem Gefährten. Aber Mrs. Higgenbotham wollte nur einen preisgekrönten Rassepudel als Vater für Cleos Kinder, während Cleo einen sehr viel schlichteren Geschmack hatte.

Mrs. Higgenbotham eilte A. J. mit wehendem Kaftan nach. „Ich habe eine Bitte. Könnten Sie Cleo vielleicht bei dem Doktor abliefern? Ich bin noch nicht angezogen, und der Termin ist um 7 Uhr 45. Miss Dellafield ist erst heute Nachmittag dran. Sie müssen nicht auf Cleo warten. Ich kann sie später abholen.“

A. J. nahm die Leine. „Okay.“ In den zwei Monaten, seit sie hier wohnte, hatte sie festgestellt, dass es keinen Sinn hatte, mit Mrs. Higgenbotham zu streiten.

„Danke, mein Kind.“ Mrs. Higgenbotham drückte ihr eine Karte in die Hand. „Dr, Fieldings Praxis ist in der Park Avenue. Ich werde Cleo vom Fenster aus zum Abschied zuwinken.“

Im Fahrstuhl sah A. J. schnell auf die Uhr. 7 Uhr 25. Sie war schon zehn Minuten zu spät dran und sollte Cleo noch bei Dr. Fielding abliefern. Außerdem musste sie erst einmal an Franco Rossi vorbeikommen. Hoffentlich war sie aus der Tür, bevor er merkte, dass sie den Zauberrock anhatte.

Weit gefehlt! Als sich die Fahrstuhltüren öffneten, sah sie sich Franco gegenüber, der sie erleichtert ansah.

„Dem Himmel sei Dank“, verkündete er mit dramatischem Augenaufschlag und legte sich die Hand auf die Brust. „Ich habe mir schon Sorgen gemacht. Du bist zehn Minuten zu spät.“

„Mrs. H. hat mich aufgehalten“, erklärte A. J. hastig, während Cleo Franco ankläffte und dann zur Tür strebte.

Die Haustür war nur gut zehn Meter entfernt, aber dank Franco konnte man diese Strecke selten in weniger als fünf Minuten zurücklegen. Und das auch nur, wenn man sich auf das nötigste beschränkte, keine Fragen stellte oder Kommentare abgab, etwa zu dem Kimono in Rot und Rosa, den Franco heute trug. In der linken Hand trug er einen kleinen japanischen Fächer.

„Am Broadway wird gerade ‚Das kleine Teehaus‘ aufgeführt.“ Franco lächelte stolz. „Was hältst du davon?“

Weil A. J. keine Lust hatte, sich dazu zu äußern, erwiderte sie nur: „Cleo frisst nicht mehr.“

„Das arme Ding.“

Cleo kläffte wieder.

A. J. war nur noch fünf Meter von der Glastür entfernt, als sie sich umwandte und entgegen ihren eigenen Prinzipien fragte: „Was weißt du über Dr. Fielding?“

Franco hob die Augenbrauen. „Ein sehr erfolgreicher Haustiertherapeut, seine Spezialität ist es, die Tiere mit ihren früheren Leben in Kontakt zu bringen. Seine Rechnungen sind gesalzen.“

„Cleo braucht keine Reinkarnationstherapie. Sie ist jung, sie ist einsam, und sie ist gesund. Was sie braucht, ist ein Mann.“

„Tun wir das nicht alle?“, sagte Franco mit einem Seufzer.

Nein, dachte A. J. Im Gegenteil, in ihrem Leben gab es schon zu viele Männer. „Was hat es denn für einen Sinn, dass sie überall die Preise abräumt, wenn sie noch nicht einmal mit den Hunden im Park spielen darf? Sie ist gezwungen darauf zu warten, dass Mrs. Higgenbotham für sie den Superrasserüden findet.“

„Aber, meine Liebe, sie wird immer einsam bleiben, wenn sie die Hunde angreift. Wie läuft denn übrigens der Prozess?“

„Darüber darf ich nicht sprechen.“ Keiner der Angestellten der Kanzlei würde jemals vergessen, dass es bei dem ersten Fall, den sie der Kanzlei einbrachte, um einen Hund ging.

Erst jetzt bemerkte A. J., dass Franco sie von oben bis unten musterte. Ob er den Rock erkannte? Er hatte sie beschworen, ihn endlich anzuziehen, und sie hatte es immer abgelehnt.

„Hübscher Blazer“, sagte er. „Zitronengelb steht dir gut. Ich hatte recht. Du bist ein Frühlingstyp.“

Jetzt musterte er ihre Schuhe. Vielleicht hatte sie ja noch mal Glück und ihm fiel der Rock nicht auf. Aber normalerweise fiel Franco alles auf. Außerdem war er ein Mann, und Samantha und Claire waren der Meinung, dass Männer in Bezug auf den Rock Dinge wahrnahmen, die Frauen überhaupt nicht bemerkten. Sie bewegte sich langsam in Richtung Haustür.

Plötzlich machte Franco ein paar schnelle Schritte vorwärts, warf sich gegen die Glastür und versperrte A. J. den Weg. „Du hast ihn angezogen! Ich wusste es. Beinahe hätte ich es nicht gemerkt.“ Er streckte die Hand aus. „Her mit den zehn Dollar.“

A. J. griff in ihre Tasche und holte eine Zehndollarnote heraus. Franco griff danach, presste sie kurz an die Lippen und ließ sie dann in einer der Kimonotaschen verschwinden. Dann ging er langsam um A. J. herum und ließ dabei den Rock nicht aus den Augen. „Sehr hübsch.“

„Woher weißt du, dass es der Rock ist?“, fragte A. J. Dann kam ihr ein fürchterlicher Gedanke. „Du fängst doch nicht plötzlich an, besondere Gefühle für mich zu entwickeln?“

Franco sah sie fassungslos an. „Wie kommst du denn auf die Idee? Ich habe meine wahre Liebe doch schon gefunden. Und Marlon hatte keinen Rock an.“

„Entschuldige, Franco. Ich bin wohl ein bisschen nervös.“

Franco strich ihr tröstend über den Arm. „Das ist doch verständlich. Ich weiß genau, wie es heißt, in New York Single zu sein. Aber mit dem Rock wirst du keine Schwierigkeiten haben, die Männer auf dich aufmerksam zu machen.“

„Ich will sie ja gar nicht aufmerksam machen, zumindest nicht so, wie du meinst. Ich möchte sie nur beeinflussen. Um 8 Uhr 30 haben wir unsere monatliche Sitzung, in der die neuen Gerichtsfälle zugeteilt werden. Ich möchte endlich mal einen wirklich wichtigen Fall bearbeiten dürfen, und wenn es nicht anders geht, dann eben mithilfe des Rocks.“

Franco grinste. „Du hast gute Chancen, würde ich sagen. Im Gegenlicht wirkt der Rock fast durchsichtig.“

„Durchsichtig?“

„Eine Frau mit deinen Beinen sollte keine Schwierigkeiten haben, die Männer zu beeinflussen.“ Franco öffnete die Haustür und schob A. J. auf die Straße.

„Du und Cleo, ihr passt so richtig gut zusammen.“

Als die Tür hinter ihr ins Schloss fiel, atmete A. J. einmal tief durch. Auch wenn sie dieses Spießrutenlaufen jeden Morgen nervte, so war es ein gutes Trainung für das, was sie in der Kanzlei erwartete.

Cleo jaulte leise, und sofort packte A. J. die Leine fester. Ein Bernhardiner auf der anderen Straßenseite hatte Cleo gesehen und zerrte an der Leine.

„Ich weiß, du möchtest spielen, meine Süße“, sagte A. J. leise, „aber wir haben leider gar keine Zeit.“

Obwohl er Pierre Rabaut fest im Blick hatte, der gerade die Stufen vor dem Museumseingang hinunterging, sah Sam aus dem Augenwinkel, wie die zierliche Blonde mit einem Pudel auf ihn zukam. Sofort kribbelten ihm wieder die Finger.

Das passte zeitlich nun überhaupt nicht. Wenn Sam sich nicht sehr irrte, musste Pierre gerade zu dem Zeitpunkt den Fuß auf den Bürgersteig setzen, wenn die Blonde ihm, Sam, den Schein in die Mütze warf und ihm von ihren Bemühungen erzählte. Diese Ablenkung konnte er nun wirklich nicht gebrauchen!

Schnell blickte er zur Straße. Der Pick-up mit dem Fahrer, der Rapsongs liebte, stand immer noch da. Ein anderer Wagen hatte weiter oben geparkt. Ein Mann mittlerer Größe, schlank, mit einem Bart, kam auf Pierres Straßenseite um die Ecke.

Sam musste sich noch ein wenig gedulden. Er durfte sich auf keinen Fall zu früh zu erkennen geben und so Pierre die Gelegenheit geben zu entkommen.

Dann machte er den Fehler, sich nach der Blonden umzusehen. Sowie er sie sah, fühlte er, wie er keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte und sein Magen sich zusammenzog wie nach einem harten Faustschlag.

Solche Beine hatte er noch nie gesehen, es war unglaublich! Er konnte sie nur anstarren, während die Blonde mit schnellen energischen Schritten auf ihn zukam.

Der Rock, wenn man das, was sie trug, überhaupt als Rock bezeichnen konnte, schmiegte sich an ihre Hüften und Schenkel wie eine zweite Haut.

„Guten Morgen.“ Sie öffnete die Handtasche und griff hinein. In demselben Augenblick heulte ein Motor auf, und der Pudel fing an zu bellen. Sam riss den Blick von der Frau los und sah zu Pierre hinüber, begriff aber nicht gleich, was da ablief.

Pierre stand mitten auf der Straße, neben ihm der schlanke Mann mit dem Bart. Der Mann hatte Pierre beim Arm gepackt und bedrohte ihn mit einem Messer. Beide Männer schienen den Pick-up nicht zu bemerken, der in bedrohlichem Tempo auf sie zukam.

Sam saß da wie gelähmt, während die Blonde sofort reagierte. Sie rannte auf die beiden Männer zu, den Pudel an ihrer Seite.

Sam sprang auf und versuchte, sie zurückzuhalten, konnte sie aber nicht erreichen. Der Pick-up würde sie und die beiden Männer erwischen, sie hatten keine Chance zu entkommen. Gerade als ihn diese entsetzliche Erkenntnis traf, sah er etwas aufblitzen. Die Frau machte einen Satz auf die beiden Männer zu und drängte sie mit ihrem Körpergewicht zur Seite, sodass sie dem heranbrausenden Wagen entgingen. Der Pick-up verschwand um die nächste Straßenecke. Aber das Nummernschild hatte Sam noch erkennen können.

Schnell rannte er auf die Straße. Zwei Menschen lagen zusammengekrümmt auf dem Asphalt, wahrend der Hund bellend um sie herumsprang.

Zwei …?

Sam blickte die Straße herunter. Dahinten lief der bärtige Mann. „Halt!“, schrie Sam, aber seine Stimme klang hohl und dünn, und der Mann reagierte nicht darauf.

„Mr. Romano, was ist los?“ Das war Luis.

„Keine Ahnung. Ein bärtiger Mann läuft die Fünfundsiebzigste Straße hinunter, genau in Ihre Richtung. Sie müssen ihn aufhalten, Luis. Tyrone, Sie rufen den Notdienst an. Ich bleibe hier bei Rabaut.“

Erst als er neben seinem Patenonkel niederkniete, bemerkte er das Blut. Es schien aus einer Schürfwunde an Pierres Arm zu kommen und war auf die Hand der Blonden getropft. Gerade als er ihr den Puls fühlen wollte, richtete sie sich auf.

Er hatte lediglich ihr Handgelenk umfasst, als sie sich in die Augen sahen. Noch nie hatte er solche Augen gesehen, tiefblau wie die Veilchen, die sein Bruder in Töpfen auf dem Hoteldach zog. Wieder spürte er, wie sich sein Magen verkrampfte und Gefühle in ihm geweckt wurden, die er nicht beschreiben konnte. Er konnte plötzlich nichts anderes denken als: Das ist die Richtige!

Das ist der Richtige!

A. J. versuchte diesen Gedanken sofort wieder zu verdrängen. Aber die Worte summten in ihrem Kopf und ließen sie nicht los.

Das ist der Richtige!

Aber dieser Mann konnte unmöglich der Mann sein, der ihr durch den Rock bestimmt war. Plötzlich fielen ihr Claires Worte ein. „Sicher wird bald ein gut aussehender dunkler Fremder hinter dir her sein.“ Bei der Beschreibung hatte A. J. an diesen Mann denken müssen, einen Obdachlosen. Sein Haar und seine Augen waren dunkel wie Zartbitterschokolade. Und er sah gut aus, das musste sie zugeben. Er hatte ein kräftiges Kinn und einen Mund mit eher schmalen als vollen Lippen. Sie würden nicht weich und nachgiebig sein, wenn sie sich auf ihren Mund pressten, sondern hart und fordernd.

Wie albern, sich so etwas vorzustellen. Was war denn plötzlich mit ihr los? Sie wandte den Blick von ihm ab.

„Alles in Ordnung?“, fragte der Fremde leise.

„Ja“, stieß sie mit Anstrengung hervor.

„Der Pick-up hätte Sie beinahe überfahren.“

Der Pick-up. Plötzlich erinnerte sie wieder, was passiert war. Die beiden Männer, die so weit entfernt zu sein schienen, das Aufheulen des Motors. Sie hatte keine Zeit gehabt, nachzudenken. Immer noch spürte sie den Zusammenprall mit den zwei Männern, der sie alle drei zu Boden riss, und dann war sie ohnmächtig geworden.

Wahrscheinlich hatte sie deshalb so merkwürdig auf den Mann reagiert.

„Das war der Adrenalinschub“, murmelte sie.

„Wie bitte?“

„Ich habe mich eben so eigenartig gefühlt, eine Reaktion auf die plötzlichen Adrenalinausschüttung. Aber es geht mir schon besser.“ Sie blickte auf den älteren Mann neben sich. „Sie bluten ja.“

„Ist nur ein Kratzer“, sagte er und lächelte. „Der heilt wieder, es sei denn, ich bin schon tot und blicke in die Augen eines Engels.“

„Nein, Sie sind nicht tot.“

Der Mann hatte einen französischen Akzent und freundliche blaue Augen, mit denen er sie aufmerksam ansah.

„Aber Sie sind ziemlich hart gefallen, was?“

„Es geht mir gut“, versicherte der Mann mit dem Akzent. „Ich bin sogar froh, dass Sie kein Engel sind.“

A. J. sah ihn überrascht an. Wollte er mit ihr flirten? Nein. Sie wandte sich wieder an den Obdachlosen. „Wir sollten ihm helfen, sich aufzusetzen.“

Der Obdachlose nickte lächelnd, und sofort fühlte sie wieder das Kribbeln am ganzen Körper. „Ich würde Ihnen gern helfen, ihn aufzurichten, wenn Sie meine Hände losließen.“

„Was?“, fragte A. J. verdutzt.

„Sie halten meine Hände fest.“

Tatsächlich. Sie hielt seine Hände fest umklammert. „Oh, entschuldigen Sie.“ Sie ließ ihn schnell los, und beide halfen dem Mann in eine sitzende Stellung. Dann sprang ihr Cleo auf den Schoß und fuhr ihr mit ihrer feuchten Hundezunge quer über das Gesicht.

„Wir haben nicht viel Zeit, Pierre“, hörte sie plötzlich den Obdachlosen sagen. „Gib mir das Collier und zwar schnell.“

A. J. sah, dass der Obdachlose den Franzosen bei den Schultern gepackt hielt.

„Du irrst dich, Salvatore, ich habe das Collier nicht.“

„Salvatore?“ A. J. blickte von einem zum anderen. „Pierre? Sie kennen sich?“

„Ja“, sagte der Franzose und drehte sich lächelnd zu ihr um. „Salvatores Vater und ich waren alte Freunde. Salvatore arbeitet jetzt für einen Sicherheitsdienst und hat gerade einen kleinen Fehler gemacht.“

„Ich nenne mich jetzt Sam“, erklärte der Obdachlose. „Du musst mir das Collier geben, Pierre. Es geht nicht anders.“

A. J. packte Sam bei den Handgelenken. „Sie haben kein Recht, diesen Mann zu durchsuchen.“ Sie sah Pierre an. „Sagen Sie ihm, dass er aufhören soll.“

„Hör auf.“

Sam hob beide Hände hoch. „Gut. Aber die Polizei kann jeden Augenblick hier sein.“ In der Ferne hörten sie bereits die Sirenen. Dann blickte er A. J. direkt in die Augen. „Wenn Sie meinem Patenonkel helfen wollen, dann lassen Sie mich die Sache nach meiner Methode regeln.“

„Wieso? Wie komme ich dazu, den Worten eines Diebes zu glauben?“

„Ich bin kein Dieb“, sagte Sam und zog eine Visitenkarte aus seiner Hemdtasche. „Ich bin Privatdetektiv und arbeite für Sterling Security.“

„S. Romano“, las A. J. laut. „Also, Mr. Romano, für wen auch immer Sie arbeiten, Sie sind ein Dieb. Sie haben mich jedes Mal um zwanzig Dollar erleichtert, wenn Sie zuließen, dass ich einen Schein in Ihre Mütze warf.“ Nun holte sie ihrerseits eine Visitenkarte aus ihrer Handtasche und wandte sich an den Franzosen. „Und Sie sollten kein Wort mehr sagen, bis Ihr Anwalt da ist. Wenn Sie wollen, kann ich Ihren Fall bis zu dem Zeitpunkt übernehmen.“

„Das wäre mir sehr angenehm, Madame, oder sollte ich lieber Mademoiselle sagen?“

Ohne die Frage zu beantworten, stand A. J. auf und reichte dem anderen die Hand.

Und wieder machte Sam den Fehler, A. J. anzusehen. Ihr Rock war hochgerutscht, sodass er den Spitzenrand ihrer halterlosen Strümpfe sehen konnte und darüber einen Streifen zarte weiße Haut.

A. J. zog schnell den Rock zurecht. Pierre war aufgestanden und griff nach ihrer linken Hand. „Keine Ringe. Dann also Mademoiselle Potter, oder?“

Sam sah Pierre überrascht an. Dieser alte Fuchs!

A. J. runzelte die Stirn. „Ich bin nicht verheiratet, wenn Sie das meinen.“

„Wunderbar“, murmelte Pierre und zog ihre Hand an die Lippen. „Die Götter meinen es heute mit mir besonders gut. Und wenn Sie mir dann noch sagen würden, dass Sie Ihr Herz noch niemandem geschenkt haben, dann könnte ich mir Hoffnungen machen, Sie für mich zu gewinnen.“

„Tut mir leid, dein Geturtel unterbrechen zu müssen, Pierre“, warf Sam ein. Die Sirenen kamen näher. „Aber wir haben nicht mehr viel Zeit. Wenn die Polizei erst hier ist, wird sie dich aufs Revier mitnehmen, um deine Aussage zu protokollieren. Ein Mann hat versucht, dich niederzustechen, und ein anderer wollte dich überfahren. Wir haben kaum noch Gelegenheit, das Collier zurückzubringen. Ich möchte nicht, dass du ins Gefängnis kommst.“

Pierre machte eine abwehrende Handbewegung. „Na und? Was ist das schon gegen die Tatsache, dass ich mich in Mademoiselle verliebt habe?“

Sam und A. J. starrten Pierre immer noch fassungslos an, als der erste Polizeiwagen bereits mit quietschenden Reifen neben ihnen hielt.

2. KAPITEL

„Habe ich dir schon mal gesagt, wie sehr ich diese mit Engelszungen redenden Anwälte verabscheue?“, sagte Sam. Er schob einen Stapel Papiere zur Seite, um sich auf die Ecke des Schreibtischs zu setzen. Er sah sich in dem großen Raum um, in dem die Kriminalpolizei untergebracht war. Auf den meisten Schreibtischen stapelten sich die Akten, aber am schlimmsten sah der seines Bruders aus. Dennoch war Andrew Jackson Romano einer der besten Detectives der Stadt. „Was weißt du über das Abelard-Collier?“

Andrew sah ihn überrascht an. „Nur das, was in den Zeitungen steht. Es ist fünf Millionen wert, und die Familie LaBrecque stellt es im Grenelle Museum aus, um damit den Import ihrer Weine in die USA zu promoten. Lass mich raten. Der Sicherheitsdienst, für den du arbeitest, wurde zur Überwachung engagiert.“

„Ja. Und ich fürchte, das Collier ist heute Morgen gestohlen worden.“

„Aber uns wurde kein Diebstahl gemeldet.“

Sam steckte die Hände in die Hosentaschen, ging zum Fenster und sah hinaus. Dann drehte er sich um und sah den Bruder an. „Es ist noch in seiner Ausstellungsvitrine. Ich habe es selbst gesehen.“ Sowie der Polizeiwagen da war, waren auch ein Fernsehreporter und ein Kameramann aufgetaucht. Sie wollten das Collier fotografieren, und der Diebstahlsversuch war natürlich ein gefundenes Fressen für sie.

Sowie Pierre und A. J. Potter in den Polizeiwagen gestiegen waren, um zum Polizeirevier zu fahren, war Sam ins Museum gegangen und hatte das Collier mit eigenen Augen gesehen.

Andrew ließ sich in seinen Schreibtischsessel fallen. „Das Collier ist nach wie vor in der Vitrine, aber du meinst trotzdem, dass es gestohlen wurde?“ Er schüttelte den Kopf. „Wie kommst du auf die Idee?“

„Bleibt das unter uns?“

Andrew kniff die Augen leicht zusammen. „Klar.“

„Ich habe gesehen, wie Pierre Rabaut um fünf nach halb sieben durch das Oberlicht eingestiegen ist und das Museum um zwanzig vor acht durch die vordere Eingangstür wieder verlassen hat.“

„Aber du hast doch gesagt, dass das Collier noch da ist.“

„Als Pierre noch als Juwelendieb aktiv war, hat er generell eine Kopie des Schmuckstücks dagelassen. Das war geradezu sein Markenzeichen. Deshalb konnte man ihm auch so schwer auf die Schliche kommen. Ich muss unbedingt mit ihm sprechen. Aber seine Anwältin verbietet ihm, mit mir zu reden.“

Andrew sah seinen Bruder nachdenklich an. „Gut“, sagte er schließlich. „Ich würde sagen, dass wir uns erst einmal an die Tatsachen halten sollten. Mit hundertprozentiger Sicherheit wissen wir, dass Pierre vor dem Museum fast von einem Pick-up überfahren wurde.“

„Und dass er von einem dünnen bärtigen Mann mit einem Messer am Arm verletzt wurde.“

„Das stimmt. Und der Kerl ist dann abgehauen.“ Andrew fing an, in seinen Papierstapeln herumzuwühlen. „Ich habe gerade das Nummernschild des Pick-ups überprüfen lassen. Du hattest mir doch die Nummer gegeben. Wo, zum Teufel, ist der Zettel?“

Sam wandte sich wieder zum Fenster um. Auf der Straße unter ihm quälten sich die Autos durch den dichten Verkehr. Er könnte den Fall schon gelöst haben, wenn A. J. ihm nicht dazwischengekommen wäre. Die niedliche Kleine, die ihm Geld gegeben und sich um einen Job für ihn bemüht hatte, hatte sich in eine energische sture Person verwandelt, die wie ein Schutzengel über seinen Patenonkel wachte. Wenn sie nicht gewesen wäre, hätte Sam das Collier bereits wieder dem Museum zurückgeben können. Aber als sie ihn bei der Hand gefasst hatte, um ihn daran zu hindern, Pierre zu durchsuchen, hatte er plötzlich nicht mehr klar denken können.

A. J. Potter war etwas Besonderes. Natürlich hatte er schon früher Frauen begehrt, auch auf diese spontane und unerklärliche Weise, wie er es bei seiner ersten Begegnung mit A. J. erlebt hatte. Aber heute war es anders gewesen. Als sie nach seiner Hand griff, hatte er nicht nur Begierde empfunden. Nein, es war, als hätte er plötzlich die Eingebung, dass sie die Richtige für ihn war. Sein Vater hatte ihm ja immer gesagt, dass er es instinktiv spüren würde, wenn die richtige Frau vor ihm stand.

Sam runzelte kurz die Stirn und versuchte, den Gedanken zu verdrängen. A. J. Potter war ganz sicher nicht die Frau, nach der er suchte. Er hatte Luis gebeten, ein paar Nachforschungen über sie anzustellen. Sie kam aus einer guten Familie, die schon seit vielen Generationen reich war. Und sie arbeitete in einer Anwaltskanzlei, die ihr Ururgroßvater gegründet hatte. Das bedeutete, dass sie aus der gleichen Gesellschaftsschicht kam wie die Frau, in die sein Vater sich verliebt hatte, Isabelle Sheridan, Vorstandsmitglied der Familienholding. Sie und sein Vater stammten aus verschiedenen Welten, und Sam hatte aus erster Hand mitbekommen, welche Probleme in solchen Fällen auftauchten.

Plötzlich kribbelten ihm wieder die Finger, und Sam ballte sie schnell zur Faust. Als hätte er sie herbeigezaubert, erschien A. J. Potter auf der Straße unter ihm. Sie hatte Pierre untergefasst und führte ihn die Stufen hinunter. Jetzt lachte sie über irgendetwas, was Pierre sagte, und warf dabei den Kopf zurück. Sie sah Sam oben am Fenster stehen, und ihre Blicke trafen sich.

Es war wie ein Sog, den er sogar auf die Entfernung und durch die Fensterscheiben spürte. Verdammt, was ging da vor? Plötzlich war er wieder erregt wie ein Sechzehnjähriger. Er musste herausfinden, weshalb er so empfand. Und er musste unbedingt mit seinem Patenonkel sprechen.

A. J. war überrascht, wie schwer es ihr fiel, den Blick wieder von Salvatore Sam Romano abzuwenden. Irgendwie musste sie ständig an ihn denken. Warum bloß?

Vielleicht weil Sam Romano nicht der war, für den sie ihn gehalten hatte. Er gehörte ganz offensichtlich nicht zu den Obdachlosen von New York. Trotz seines charmanten Lächelns, mit dem er sie um hundert Dollar erleichtert hatte, schien er stur zu sein wie ein Maulesel. Und er schien absolut davon überzeugt zu sein, dass ihr Mandant ein Dieb war.

„Ein beeindruckender junger Mann“, sagte Pierre Rabaut.

„Wer?“, fragte A. J. und zwang sich, den Mann anzusehen, der ihre Hand zum Handkuss an die Lippen zog und mit der anderen Hand Cleo tätschelte.

„Mein Patensohn Salvatore.“ Pierre ließ ihre Hand wieder sinken, hielt sie aber weiterhin fest. „Sein Vater Henry und ich waren enge Freunde, bis Henry vor zwei Jahren starb. Wir sind etwa zur selben Zeit in dieses Land gekommen. Henry hat bei mir in meinem Jazzklub gearbeitet, bis er genügend Geld angespart hatte, um sich ein Hotel zu kaufen, ‚Henry’s Place‘. Ich kenne die Henry Jungs Nick, Tony, Andrew und Sam, seit sie Babys waren. Sam war immer der Klügste, aber das ist wohl oft bei den Jüngsten so, sonst können sie sich nicht durchsetzen.“

„Kann sein. Aber warum möchte Ihr Patensohn Sie ins Gefängnis bringen?“

„Das will er nicht. Aber er hat seine Prinzipien. Es war sein Job, aufzupassen, dass das Collier nicht gestohlen wird, und nun meint er, dass ich genau das getan habe. Ich glaube, er möchte mich überreden, das Collier wieder zurückzulegen.“

A. J. musterte ihren Mandanten aufmerksam. Trotz seines gelichteten grauen Haares hätte sie ihn auf Anfang sechzig geschätzt. Wie er sagte, war er schon fünfundsiebzig. Aber er war schlank und drahtig und bewegte sich so geschmeidig wie Fred Astaire in den Tanzfilmen mit Ginger Rogers. Aus seinen dunkelblauen Augen sprach eine wache Intelligenz.

„Aber Sie haben es doch nicht gestohlen. Das Collier ist noch im Museum.“

„Ja, das stimmt.“

Cleo rollte sich hin und her, und Pierre kraulte ihr lächelnd den Bauch. „Ein hübscher Hund.“

„Sie haben viel Geduld mit ihr. Cleo wirft sich jedem männlichen Wesen zu Füßen, ob Mensch, ob Tier.“

Pierre musste lachen. „Sie möchte nur geliebt werden, das ist alles. Manche Frauen, die so empfinden, werfen sich den Männern an den Hals. Andere wiederum kapseln sich ab und stoßen alle Männer vor den Kopf. Diese Schönheit hier muss nur von dem richtigen Rüden geliebt werden. Ich sollte sie mit meinem Hund Antoine zusammenbringen.“

„Um Himmels willen, nein! Es sei denn, Antoine ist ein reinrassiger Pudel und zu Zuchtzwecken registriert.“

„Aha.“ Pierre richtete sich auf und schüttelte traurig den Kopf. „Mademoiselle Cleo soll also verheiratet werden. Wie schade. Diese arrangierten Ehen sind selten glücklich. Man sollte immer seinem Herzen folgen. Dazu braucht man allerdings Mut.“

A. J. sah ihn kurz von der Seite her an. Sie war sicher, dass er nicht nur an Cleos Lebensglück dachte.

Ein Wagen hielt an der Bordsteinkante, und der Fahrer stieg aus. Pierre streichelte den Hund immer noch, war mit den Gedanken aber ganz woanders. „Salvatore wird auf einem Gespräch bestehen. Er hatte immer schon eine Passion dafür, Rätsel zu lösen. Er hält daran fest wie ein Hund an seinem Knochen.“

„Und wenn ich nun ein Treffen arrangiere? Dann kann ich wenigstens dabei sein.“

Pierre sah lächelnd hoch und zog ihre Hand wieder an die Lippen. „Ich hatte schon immer eine Schwäche für Frauen, die nicht nur schön, sondern auch intelligent sind, Mademoiselle Potter. Wie wäre es mit heute Nachmittag, so gegen fünf? Ich kenne ein kleines Café in der Nähe des Gerichts. Dort bekommt man exzellenten französischen Kaffee. Sie haben auch sehr gute Weine. Das wird Ihnen sicher gefallen.“

„Sehr gern.“ A. J. nickte.

Pierre gab ihr zum Abschied noch einen Handkuss. „Sie sagen Salvatore Bescheid?“

„Selbstverständlich.“

A. J. wartete, bis Pierre eingestiegen war und der Wagen abfuhr. Dann drehte sie sich auf dem Absatz um und ging die Stufen zu dem Polizeirevier wieder hinauf. Sie musste mit Mr. Salvatore Sam Romano sprechen, und zwar nicht nur wegen des Treffens heute Nachmittag.

„Erde an Sam. Bitte melden, Sam!“

„Entschuldige.“ Sam wandte sich lächelnd zu seinem Bruder um. „Was hast du gesagt?“

„Ich habe den Halter des Pick-ups ermittelt, dessen Nummer du mir gegeben hast. Der Pick-up gehört einem Bauunternehmen. Der Wagen wurde heute Morgen als gestohlen gemeldet.“

„Dann war das Ganze kein Unfall.“ Sam griff nach dem Zettel und steckte ihn in die Tasche.

„Höchstwahrscheinlich nicht.“ Andrew sah den Bruder nachdenklich an. „Leute, die so vorgehen wie du es geschildert hast, fahren selten mit ihrem eigenen Wagen. Hast du übrigens noch einen anderen Hinweis, dass Pierre das Collier genommen und ausgewechselt hat, außer dass das seine Methode in seinen Glanzzeiten war?“

„Du darfst nicht vergessen, dass ich gesehen habe, wie er in das Gebäude einstieg. Er ist clever genug, die Überwachungskameras lahmzulegen, und hat offensichtlich die Alarmanlage ausgestellt.“

„Verflucht.“

„Und man kann wohl mit Sicherheit behaupten, dass er all das nicht wegen einer privaten Führung getan hat. Vielleicht hat er das echte Collier sogar noch bei sich.“

Andrew lehnte sich zurück und legte die Füße auf die Schreibtischplatte. „Aber warum? Seit vierzig Jahren lebt Pierre Rabaut in dieser Stadt, und das nicht schlecht. Er ist ein vorbildlicher Bürger und führt einen äußerst erfolgreichen Jazzklub. Warum sollte er plötzlich wieder kriminell werden?“

„Diese Frage habe ich mir auch gestellt, während er im Museum war“, sagte Sam. „Er war ein sehr begabter Dieb, einer der besten. Vielleicht wollte er einfach ausprobieren, ob er es noch kann.“

„Eine ausgesprochen alberne Methode, seine Cleverness zu beweisen. Außerdem, der Mann mit dem Messer und der mit dem Pick-up, wie reimt sich das alles zusammen?“

„Pierre wusste, dass verschärfte Sicherheitsmaßnahmen ergriffen worden waren. Das stand ja auch überall in der Zeitung. Ich vermute, dass der Mann mit dem Bart ein Komplize war. Er sollte das Collier wahrscheinlich übernehmen und abhauen. Auf diese Weise hätte Pierre das Collier nicht mehr bei sich, falls er geschnappt würde. Der Mann mit dem Pick-up dagegen hatte es offensichtlich auf Pierre abgesehen. Er wusste genau, dass Pierre im Museum war. Und ich bin sicher, solange Pierre das Collier hat, ist er in großer Gefahr.“

Andrew dachte kurz nach. „Aber wir haben nur deine Aussage. Das reicht wahrscheinlich nicht aus, um ihn durchsuchen zu lassen.“

„Das will ich auch auf keinen Fall. Ich möchte ihn überreden, das Collier freiwillig zurückzugeben, bevor man ihn damit erwischt, aber Miss. A. J. Potter lässt mich nicht an ihn heran.“

Andrew sah ihn überrascht an. „Was? Pierre hat eine Anwältin, und du schaffst es nicht, an Pierre heranzukommen? Wo bleibt dein sprichwörtlicher Charme?“

„Sie ist …“ Sam stand auf und ging zwischen Fenster und Schreibtisch hin und her. „Du hättest ihr Gesicht sehen sollen, als der Pick-up auf Pierre und den Bärtigen zukam. Sie ist eine kleine zierliche Person und hat keine Sekunde überlegt. Blitzschnell hat sie sich auf die beiden Männer geworfen und sie von der Straße gedrängt.“ Bei der Vorstellung wurde ihm immer noch ganz elend. „Ich hatte schon alle drei aufgegeben. Es war wie ein Wunder.“

„So, so, A. J. Potter.“ Andrew grinste. „Hübscher Name. Dieselben Initialen wie ich. Sieht sie außerdem auch noch gut aus? Das wäre ja vielleicht was für mich.“

Sam sah Andrew scharf an. „Schlag dir das aus dem Kopf.“

„Das wird ja immer schöner. Erst bist du auf einen alten Mann eifersüchtig. Nun versuchst du mich einzuschüchtern. Ich glaube, ich muss diese Frau unbedingt kennenlernen.“

„Kommt nicht infrage.“ Gerade als Sams Finger wieder anfingen zu kribbeln, stieß Andrew einen langen Pfiff aus.

„Zu spät.“

Noch bevor er sich umgedreht hatte, wusste Sam, wer durch die Tür getreten war. Er hätte diesen schnellen energischen Schritt immer wiedererkannt. Nur kurz nahm er die Gestalt mit dem Pudel wahr, dann starrte er wie hypnotisiert auf ihre Beine. Mit jedem Schritt schien ihr Rock ein Stückchen höher zu rutschen. Er war einer Ohnmacht nahe.

A. J. wäre auf halbem Wege stehen geblieben, wenn Cleo sie nicht vorwärts gezogen hätte. Sie spürte, wie ihr das Blut aus dem Gesicht wich. Ihr Herz schlug wie verrückt. Und dabei hatte Sam sie noch nicht einmal berührt. Aber die Augen… So wie er hatte noch nie jemand angesehen. Es war so, als blicke er ihr mitten ins Herz.

„Nur zwei Dinge“, sagte A. J., als sie vor ihm stand. Was wollte sie noch mit ihm besprechen? Sie holte tief Luft und hoffte, dass ihr bald irgendetwas Intelligentes einfallen würde.

Sam hatte sich zuerst gefasst. „Ich möchte mit meinem Patenonkel reden.“

„Gut. Das ist das eine, was ich Ihnen ausrichten sollte. Er möchte sich mit Ihnen um fünf in dem französischen Café in der Nähe des Gerichts treffen.“

Er nickte. Sein Lächeln war einfach unwiderstehlich. Sie wollte das Lächeln erwidern, biss sich aber schnell auf die Zunge. Dies war schließlich der Mann, der einen hilflosen alten Mann ins Gefängnis stecken wollte. „Außerdem hatte er sie mit genau diesem Lächeln um hundert Dollar erleichtert.“

„Und außerdem“, sie streckte fordernd die Hand aus, „möchte ich mein Geld zurückhaben.“

„Ihr Geld?“

„Ja, die hundert Dollar, die ich Ihnen in den letzten fünf Tagen in die Mütze gelegt habe.“

„Ach so.“ Sam hob beide Hände entschuldigend hoch. „Die habe ich einem Obdachlosen gegeben, der immer bei dem Hotel herumhängt. Er ist vielleicht auch an dem Job interessiert, den Sie für mich finden wollten.“

Sie sah ihn unter zusammengezogenen Augenbrauen an. „Machen Sie sich etwa über mich lustig?“

Mit einer hastigen Bewegung ergriff er die Hand, die sie immer noch ausstreckte, und zog A. J. zur Tür. „Ich denke nicht daran. Lassen Sie uns doch einen Kaffee trinken, dann können wir uns über das Geld und über Pierre unterhalten.“

„Kaffee kann ich euch auch hier anbieten“, sagte Andrew schnell, ergriff A. J.s zweite Hand und reichte ihr einen Kaffeebecher. „Außerdem kann ich Ihnen etwas über den Pick-up sagen, von dem Ihr Mandant beinahe überfahren worden wäre.“

„Das war eine der Situationen, in denen Sam wünschte, er wäre als Einzelkind auf die Welt gekommen. Oder dass Brudermord nicht bestraft würde. Er hatte A. J. schon so gut wie aus dem Raum gezogen, um mit ihr mal unter vier Augen sprechen zu können, da mischte sich sein Bruder ein und zerrte sie wieder in Richtung Schreibtisch. Schnell räumte Andrew einen Stuhl frei.“

„Das ist aber wirklich ein reizender Hund“, sagte Andrew. „Gehört er Ihnen? Oder ist es eine Sie?“ Er beugte sich hinunter – und streichelte doch tatsächlich den Hund!

„Cleo ist eine Sie. Und sie liebt alle männlichen Wesen. Sie gehört meiner Nachbarin, die momentan für sie den perfekten Rüden sucht, weil sie Pudel züchten will.“

„Mein Bruder hat wirklich keine Manieren.“ Schwer atmend zog Andrew Cleo auf den Schoß. „Er hätte mich Ihnen schon längst vorstellen sollen. Ich bin Andrew Jackson Romano, aber sagen Sie gern Andrew zu mir.“ Er sah A. J. bedeutungsvoll an. „Wir haben die gleichen Initialen.“

Mord kam natürlich nicht infrage. Aber Sam hatte Andrew gewarnt. Noch eine Minute, und er würde ihn einen Kinnhaken verpassen. So hatte er sich seit seiner frühen High School Zeit nicht mehr gefühlt. Er konnte doch nicht eifersüchtig sein? Aber als auch noch zwei andere Detectives aufstanden und auf A. J. zugingen, hatte Sam keine andere Erklärung für seinen Zorn.

A. J. Potter schüttelte den Kopf. „Nein, danke, keinen Kaffee. Ich muss unbedingt ins Büro. Mein Mandant hat mich nur gebeten, Mr. Romano etwas auszurichten. Und ich wollte die Sache mit dem Geld klären.“ Sie blickte erst Sam an und dann seinen Bruder. „Sagt er die Wahrheit? Hat er meine hundert Dollar tatsächlich einem Obdachlosen gegeben?“

„Ich werde das gern für Sie überprüfen.“

„Andrew!“ Das war mehr als deutlich.

Andrew seufzte. „Sam sagt immer die Wahrheit, Miss Potter.“

A. J. nickte. Dann hob sie den Pudel von Andrews Schoß, drehte sich zu Sam um und nickte wieder. „Noch zwei Dinge. Erstens, ich werde Sie wegen des Geldes nicht belangen. Und zweitens, ich möchte nicht, dass Sie meinen Mandanten weiter unter Druck setzen. Er sagte, dass Sie wahrscheinlich ein paar Fragen an ihn haben. Darüber werden wir heute Nachmittag sprechen, und dann werden Sie ihn in Ruhe lassen, verstanden?“

Die beiden Brüder schauten ihr nach, bis die Tür hinter ihr ins Schloss fiel.

„Einfach entzückend. Wenn der Rock nur noch ein kleines bisschen weiter nach oben …“

Sam starrte den Bruder wütend an.

„Was hast du denn? Ich erfreue mich doch nur an ihrem Anblick. Sie …“

„Ja …?“

Andrew räusperte sich. „In Anbetracht brüderlicher Liebe halte ich es nur für fair, dir offen zu sagen, dass, falls du sie nicht willst, ich gern an deine Stelle trete.“

Sam runzelte die Stirn. „Falls ich sie nicht will …“ Er hielt inne, weil er nicht wusste, was er sagen wollte.

Andrew grinste ihn an. „Siehst du? Du hättest schon früher auf die Idee kommen können, aber du bist eben kein so ein guter Ermittler wie ich.“

Sam schüttelte nur verwirrt den Kopf und ging zur Tür.

A. J. lief die Stufen hinunter, Cleo im Schlepptau. Sie sah hastig auf die Uhr. Schon zehn Uhr. Sie hatte wieder fünf Minuten verloren, weil sie unbedingt noch Pierres Nachricht überbringen musste. Pierre hatte darauf bestanden. Und er war schließlich ihr Mandant. Ihr erster. Sie hätte auf dem Bürgersteig am liebsten einen Freudentanz aufgeführt, wenn sie nicht so spät dran gewesen wäre und nun die wichtige monatliche Besprechung versäumt hatte.

Es sei denn … Sie zog schnell ihr Handy aus der Tasche und tippte die Nummer ihres Onkels ein. Dann atmete sie tief durch und versuchte, ruhig zu bleiben. Weit und breit war kein Taxi zu sehen, und so ging sie um die nächste Ecke und zog Cleo hinter sich her.

Es bestand noch eine winzige Chance, dass sie die Sitzung nicht komplett versäumt hatte. Aber diese Hoffnung musste sie aufgeben, als Mrs. Scranton, die Sekretärin ihres Onkels, sie sofort durchstellte.

„Ari… oh, Entschuldigung! Ich vergesse immer, dass man dich so ja nicht mehr nennen darf.“

Rodney, natürlich. Rodney war der Einzige in der Familie, der sie immer wieder damit aufzog, dass sie ihren Vornamen abgelegt hatte. Schon bevor sie aufs College ging, hatte sie ihren Vornamen offiziell in A. J. ändern lassen. Der Name Arianna erinnerte sie zu sehr an die rosa Kleider und die Teepartys, die sie ihrer Tante Margery zuliebe hatte über sich ergehen lassen. Auf dem College und später während des Jurastudiums hatte sie daran nicht mehr erinnert werden wollen. A. J. passte viel besser zu einer ehrgeizigen Anwältin.

„Rodney, lass mich raten, sag nichts. Onkel Jamison hat angekündigt, dass er sich bald zurückziehen will, und die Geschäftsleitung hat dich zu dem neuen Chef ernannt. Deshalb bist du bereits in das Büro deines Vaters gezogen.“

„Ich werde den Laden hier früher schmeißen, als du dir vorstellen kannst. Ich werde mit Vater zusammen an dem Fall Parker Ellis Chase arbeiten. In wenigen Monaten übernehme ich ihn ganz.“

„Herzlichen Glückwunsch.“ A. J. unterdrückte die bitteren Gefühle, die in ihr aufstiegen. Neid war reine Zeitverschwendung und Enttäuschung auch.

„Ich habe dich im Fernsehen gesehen, am Ende der Nachrichten. Du sollst sofort zu Dad kommen. Was war das? Fahrerflucht? Ts, ts, ts … schlimm genug, dass du immer diese armseligen Pflichtverteidigungen übernehmen musst, aber nun auch noch Fahrerflucht? Das gefällt Vater überhaupt nicht.“

„Danke für die Information, Rodney. Ist bei eurer Besprechung irgendetwas für mich herausgekommen?“

„Ja, du musst eine ganze Menge recherchieren. Ich habe die Akten auf deinen Schreibtisch gelegt.“

Es gelang ihr, sich die Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. „Danke, Rodney. Ich bin in Kürze da.“

Der einzige Nachteil von Handys war, dass man den Hörer nicht auf die Gabel knallen konnte. Stattdessen musste A. J. ihre Wut unterdrücken. Sie steckte das Telefon ein und sah sich nach einem Taxi um. Plötzlich knurrte Cleo.

„Ich weiß, Schätzchen, es ist viel zu spät für deinen Termin bei Dr. Fielding. Aber ich habe ihn angerufen, und er wird dich noch irgendwie dazwischenschieben.“

Ein paar Fußgänger liefen schnell an ihnen vorbei, um noch bei Grün über die Straße zu kommen. Es war kein anderer Hund zu sehen. Dahinten kam Sam Romano gerade aus dem Polizeirevier, und A. J. zerrte Cleo schnell in die andere Richtung. Als sie die Häuserecke erreicht hatten, ließ Cleo ein gefährliches tiefes Knurren hören und begann zu bellen.

Der Stoß von hinten kam für A. J. so überraschend, dass sie zu Boden ging. Der Mann packte sie beim Arm und zog zie brutal hoch. Aber A. J. nahm geistesgegenwärtig ihre Handtasche beim Schulterriemen und schleuderte sie dem Mann ins Gesicht. Er ließ sofort ihren Arm los, und sie rammte ihm den Ellbogen in den Magen.

Fluchend ging der Mann in die Knie, griff aber noch nach dem Riemen der Tasche und hielt ihn fest. Der Mann war dünn, aber muskulös, hatte einen Bart und schien zu allem entschlossen zu sein.

„Lassen Sie sofort meine Tasche los!“, schrie A. J.

Er sprang auf und zerrte an dem Riemen, sodass A. J. beinahe das Gleichgewicht verlor.

Cleo sprang den Mann von hinten an und biss ihn in die Wade.

„Hau ab!“ Er stieß nach dem Hund und stolperte.

Schnell zog A. J. mit einem kräftigen Ruck an dem Handtaschenriemen, und der Mann fiel auf die Knie. Mit der freien Hand versetzte er Cleo einen Schlag, sodass der Hund zur Seite flog, und packte dann A. J. beim Handgelenk.

„Loslassen, sage ich …“, stieß er zwischen den Zähnen hervor. Dann sagte er gar nichts mehr, sondern starrte nur noch auf A. J.s Rock.

Tu was, Rock, flehte A. J. in Gedanken und bewegte die Hüften leicht hin und her. Das hatte doch auch bei Tavish geklappt. Sie zog an dem Taschenriemen, aber der Mann ließ ihn nicht los. „Lassen Sie den Riemen sofort los!“, fauchte sie und riss wieder an dem dünnen Riemen. Aber der Mann hielt ihn eisern fest und rührte sich nicht, so, als sei er plötzlich in eine Statue verwandelt worden. Ihr zitterten die Arme. Dieses Tauziehen konnte sie nicht gewinnen. Sie musste versuchen, den Mann einzuschüchtern. „Hauen Sie ab, Mann, solange Sie noch können! Ich kann Sie jederzeit identifizieren. Und dann landen Sie im Gefängnis.“

Jetzt schien er aus seiner Erstarrung zu erwachen. Er hob den Kopf und sah A. J. in die Augen.

Wieder zog sie mit aller Kraft an dem Riemen, er ließ plötzlich los, und sie landete auf dem Bürgersteig, die Tasche fest an die Brust gepresst. Der Schmerz nahm ihr fast den Atem, dann richtete sie sich ein wenig auf und sah, wie der Bärtige die Straße hinunterrannte, verfolgt von Cleo und Sam Romano.

„Halt, Cleo, komm sofort zurück!“ Stöhnend kam A. J. wieder auf die Füße. Wenn nun dem Hund etwas passierte! Sie lief los.

Sam warf schnell einen Blick zurück und sah, dass A. J. Potter wieder auf den Füßen war und hinter ihnen herrannte. Er wusste nicht, ob er wütend sein oder sie bewundern sollte. Aber alles war besser als die lähmende Angst, die ihn gepackt hatte, als sie von dem Mann überfallen wurde, der Pierre mit einem Messer bedroht hatte.

Er blickte wieder nach vorn, wich schnell einer Frau aus, die ihm mit Einkaufstüten beladen entgegenkam. Der Bärtige wusste, wie man sich seinen Weg durch eine Menschenmenge bahnte. Räuber, Polizisten und Privatdetektive mussten so etwas können. Und Hunde, dachte er, als er sah, wie geschickt Cleo durch die Beine der Passanten hindurchschoss.

Der Mann bog letzt links um die Ecke, und Sam beschleunigte sein Tempo, um den Abstand zu verkürzen. Da, etwa dreißig Meter vor ihm war der Mann. Sam setzte zum Endspurt an.

„Cleo!“ War das nicht A. J. Potters Stimme? Aber sie konnte ihn unmöglich schon eingeholt haben. Neben ihm lief der Pudel, und der Abstand zu dem Bärtigen vergrößerte sich schon wieder.

Sam stand der Schweiß auf der Stirn, und er wischte sich schnell mit dem Handrücken über die Augen. Da, der Mann bog wieder um die Ecke, diesmal in eine schmale dunkle Gasse, die zwischen den Häusern entlanglief. Sam folgte ihm, eine Kiste splitterte, und er konnte gerade noch den scheppernden Dosen ausweichen. Da vorne war der Mann, seine Silhouette zeichnete sich klar gegen den hellen Ausgang der Gasse ab.

Keuchend versuchte A. J., den entgegenkommenden Fußgängern auszuweichen. Da vorne war Cleo, sie bog gerade in eine enge dunkle Gasse ein. Wenn bloß dem Hund nichts passierte!

Aber sie durfte nicht darüber nachdenken, sondern musste sich voll auf die Verfolgung des Bärtigen konzentrieren. Sie lief um die Ecke und konnte in dem Halbdunkel kaum mehr etwas sehen. Irgendetwas rollte ihr scheppernd vor die Füße. „Cleo!“ Sie hatte Seitenstiche, aber sie durfte nicht aufgeben.

Sam fluchte. Ausgerechnet jetzt musste sich ein großer Lastwagen quer vor den Ausgang der Gasse stellen. Er rannte noch schneller, sah aber nur, wie der Bärtige sich gerade noch an dem Lastwagen vorbeischlängelte, bevor der den Weg ganz blockierte. Sam kam schwer atmend zum Stehen. Dann ließ er sich auf die Knie nieder. Sollte er unter dem Lastwagen hindurchkriechen und die Verfolgung fortsetzen? Aber da vorn war eine U-Bahnstation, und er wusste, dass der Mann dort in dem Gewühl längst untergetaucht war.

Er stand langsam auf und versuchte, wieder zu Atem zu kommen.

„Cleo!“

Er fuhr herum, und A. J. landete in seinen Armen.

A. J. holte hastig Luft, als sei sie am Ersticken. Doch dann sah sie sich voll Panik um. „Wo ist Cleo?“

„Hier.“

Und tatsächlich. Cleo saß hechelnd und mit heraushängender Zunge neben ihnen.

Erleichtert schloss A. J. für einen kurzen Moment die Augen. Erst jetzt wurde ihr bewusst, dass Sam sie fest umfasst hielt. Sie spürte seinen starken Herzschlag. Aber anders als vor dem Museum empfand sie diesmal nicht nur Erregung. In seinen Armen fühlte sie sich herrlich geborgen, so als wäre sie zu Hause.

Er ist der Richtige, meldete sich eine kleine Stimme in ihr.

Nein, Unsinn. Wahrscheinlich spielte ihr wieder das Adrenalin einen Streich. Ein Mann hatte gerade versucht, ihre Handtasche zu stehlen. Fast hätte sie Cleo verloren.

„Der Mann …“

„Er ist weg. Aber eins muss ich sagen, Sie sind ja wirklich schnell.“

Sie sah ihn an. Das hätte sie nicht tun sollen. Er war größer, als sie ihn in Erinnerung hatte. Und als er wieder auf diese unwiderstehliche, konnte sie den Blick nicht von seinen Lippen lösen. „Danke.“

Sie musste hier weg. Die Tatsache, dass sie am liebsten immer so stehen geblieben wäre, sollte sie eigentlich beunruhigen.

„Mr. Romano …“ Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Zu viele verwirrende Gefühle stürzten auf sie ein. Sie spürte seine Hände auf dem Rücken und nahm seine breite muskulöse Brust und seine kräftigen Arme nur allzu deutlich wahr. Und auch die Hitze, die sich plötzlich zwischen ihnen zu entwickeln schien.

„Ich möchte dich küssen.“

Im ersten Moment war A. J. nicht sicher, wer von ihnen beiden das gesagt hatte, denn auch sie hatte daran gedacht. Sie hatte ganz unwillkürlich auf diesen Wunsch reagiert und sich eng an Sam geschmiegt.

„Das sollten wir nicht tun“, sagte A. J. leise.

Wieder lächelte er. „Ein Nein hätte mich vielleicht noch davon abgehalten. Aber ich habe immer die Dinge besonders gern getan, die ich nicht tun sollte. Du nicht auch?“

Sie sah ihn nur stumm an.

„Stell dich auf die Zehenspitzen“, flüsterte er.

Sie tat, was er wollte, und schloss die Augen. Sanft fuhr er mit den Lippen über ihren Mund. Sie hob die Arme, legte ihm die Hände um den Nacken und zog Sam noch fest an sich.

„Mehr?“, fragte er.

3. KAPITEL

Oh, ganz sicher wollte A. J. mehr.

Wieder strich Sam ihr sanft mit dem Mund über die Lippen. Und dennoch beschleunigte sich ihr Herzschlag. Als er dann den Druck seiner Lippen verstärkte, verlor sie jegliche Zurückhaltung.

Er ist der Richtige. Die Worte tanzten in ihrem Kopf wie ein Refrain. Sie wusste, dass das, was sie hier tat, vollkommen unvernünftig war, aber im Augenblick wollte sie unvernünftig sein und ihn küssen, und so presste sie sich ganz fest an ihn.

Sein Kuss wurde fordernder, leidenschaftlicher, und bereitwillig teilte sie die Lippen. Sofort drang er mit der Zunge vor, und eine beinahe verzweifelte Begierde erfasste A. J. So lange hatte sie davon geträumt, einmal so geküsst zu werden, und so waren ihr die Empfindungen neu und gleichzeitig auch vertraut. Noch nie hatte sie eine derartige Sehnsucht nach körperlicher Nähe gehabt, und nie hätte sie geglaubt, einen Kuss so genießen zu können.

Sie ist die Richtige.

Je häufiger Sam der Gedanke kam, desto schwieriger war es, ihn wieder zu verdrängen. A. J.s Lippen waren so unglaublich weich, so süß. Als er schnell den Kopf hob und dann kurz an ihrer Unterlippe knabberte, spürte er, wie sie hastig Luft holte, und ein Gefühl der Macht durchströmte ihn.

Oh, er wollte ganz sicher mehr.

Er hatte sie immer schon küssen wollen, seit dem Tag, an dem sie vor ihm stehen geblieben war und das Geld in seine Mütze geworfen hatte. Aber in einem hatte sie recht gehabt. Er hätte es nicht tun sollen. Nicht hier und nicht jetzt. Denn er hatte etwas angefangen, was er nicht zu Ende bringen konnte. Er musste aufhören, aber er konnte es nicht. Nur noch eine Minute. Ihre Lippen waren so warm, so entgegenkommend und ihre Leidenschaft so deutlich spürbar. Sie schien seine Wünsche schon zu erfüllen, bevor er sie sich überhaupt bewusst gemacht hatte.

„He, Sie da!“

Sam fuhr hoch. Ein Hund bellte.

„Hallo!“

Sam drehte den Kopf und sah einen untersetzen Mann auf sie zukommen. „A. J.“, sagte er leise. Erst jetzt wurde ihm bewusst, dass er sie gegen den Lastwagen gedrückt hatte. Sie sah ihn verwirrt an und er zog sie von dem Wagen fort. Oh, wie sehr er sich danach sehnte, sie wieder zu küssen, und nicht nur das …

„Ist das Ihr Hund?“

Sam wandte sich zu dem Mann um, der von kurzer kräftiger Statur war und eine Baseballmütze auf dem krausen weißen Haar trug. „Ja.“

Autor

Cara Summers
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