Und plötzlich sprichst du von Liebe?

– oder –

 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

Niemals wird sie noch einmal auf seinen überwältigenden Charme hereinfallen! Die bezaubernde Channing weiß, dass Zane alle Register seiner Verführungskunst zieht, um sie wieder in sein Bett zu bekommen. Diesmal spricht er sogar von Liebe ...


  • Erscheinungstag 11.01.2016
  • Bandnummer 24
  • ISBN / Artikelnummer 9783733773595
  • Seitenanzahl 120
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

„Was soll das heißen – Channing ist wieder in Denver?“ Zane Westmoreland ließ sich Bailey gegenüber auf einen Stuhl fallen.

Finster starrte er seine Schwester an und wartete ungeduldig auf eine Antwort. Bailey sollte eigentlich wissen, wie sehr es ihn aufregte, wenn man Channings Namen auch nur erwähnte. Dennoch aß sie ungerührt ihr Eis weiter und ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Zane begann innerlich vor Zorn zu brodeln.

Nach unendlich langem Schweigen hob seine Schwester den Kopf. „Was soll es schon heißen? Nichts anderes, als dass Channing Hastings wieder da ist. Ich bin ihr heute Mittag begegnet, als ich mich mit Megan in der Klinik getroffen habe. Soweit ich weiß, ist sie letzte Woche zurückgekommen. Und übrigens: Sie hat verdammt gut ausgesehen.“

Das überraschte Zane nicht. Channing hatte immer verdammt gut ausgesehen. Selbst völlig verschwitzt nach dem Training im Fitnessstudio.

Im nächsten Moment überkam ihn die Wut. Konnte ihm das Aussehen einer seiner vielen Exfreundinnen nicht vollkommen egal sein? Viel mehr noch quälte ihn jedoch die Frage, warum ihn der Gedanke an ihre Rückkehr so sehr aufwühlte.

Ihm war selbst klar, dass die Antwort darauf im Grunde einfach war: Nicht die Trennung an sich, sondern deren Umstände beschäftigten ihn noch immer. Für gewöhnlich war stets er derjenige, der die Beziehung beendete. In diesem Fall hatte allerdings Channing ihm den Laufpass gegeben – aus heiterem Himmel.

„Ist sie mit ihrem Verlobten hier?“ Kaum hatte er die Worte ausgesprochen, bereute er sie und biss sich auf die Zunge.

„Nein. Und sie bleibt vermutlich auch nur drei Wochen. Sie gibt ein Seminar an der Klinik.“ Nach kurzem Schweigen fügte Bailey hinzu: „Der Typ ist mir ganz schön auf die Nerven gegangen.“

Zane hob eine Braue. „Wen meinst du?“

„Channings Verlobten. Auf Megans Hochzeit hat er die anderen Frauen in aller Seelenruhe abgecheckt, obwohl Channing direkt neben ihm stand. So unverfroren muss man erst mal sein!“

Auch Zane war das Verhalten des Mannes aufgefallen. Aber konnte es ihm nicht gleichgültig sein? Wenn Channing sich auf so jemanden einließ, war das ihre Sache. Es sollte ihn nicht kümmern. Und trotzdem tat es das.

Er schaute aus dem Fenster und dachte an die Vergangenheit. So lange wie mit Channing war er mit keiner anderen Frau zusammen gewesen. Genau neun Monate lang. Alles war perfekt gelaufen. Bis sie Anspielungen gemacht hatte, dass eine Affäre ihr nicht reichen würde. Ihm war nichts anderes übrig geblieben, als noch einmal klarzustellen, dass er nicht für die Ehe geschaffen war. Und dass er auch nicht vorhatte, daran etwas zu ändern.

Danach hatte Channing das Thema nie wieder angesprochen, und Zane hatte die Sache als erledigt betrachtet. Nur knapp einen Monat später hatte Channing ihm plötzlich mitgeteilt, dass sie eine Stelle an einem Krankenhaus in Atlanta angenommen hatte.

Zane war völlig außer sich gewesen. Auf keinen Fall wollte er sich dazu erpressen lassen, zu heiraten. Und so hatte er es darauf ankommen lassen und ihr keinen Antrag gemacht. Daraufhin war sie wie geplant nach Atlanta gezogen. Seitdem waren beinahe zwei Jahre vergangen. In der Zwischenzeit hatte er Channing weder gesehen noch von ihr gehört – bis sie vor einem Monat bei der Hochzeit seiner Schwester aufgetaucht war.

Verlobt.

Wenn er bloß daran dachte, konnte er sich vor Wut kaum beherrschen. Channing hatte tatsächlich die Frechheit besessen, ihren Verlobten zur Feier mitzubringen. Dabei musste ihr verdammt noch mal klar gewesen sein, dass sie dort Zane über den Weg laufen würde. Und dann hatte dieser Kerl auch noch ganz unverblümt alle anwesenden Frauen gemustert, obwohl Channing an seiner Seite gewesen war. Wenn sie sich sogar mit solch einem Mann einließ, musste sie sich schon sehr nach dem Ring an ihrem Finger sehnen. Die Vorstellung steigerte Zanes Zorn noch mehr.

„Total lecker.“

Baileys Bemerkung riss Zane aus seinen Gedanken. Er sah seine Schwester an. Als er vorhin nach Hause gekommen war, hatte sie bereits am Küchentisch gesessen – so als würde sie hier wohnen. Und ihre Anwesenheit trug nicht gerade zur Aufhellung seiner Laune bei. „Was machst du eigentlich hier?“

Sie grinste. „Wonach sieht es denn aus? Ich esse Eis.“

„Mein Eis“, erwiderte er grimmig. „Wie bist du überhaupt reingekommen? Immerhin habe ich erst neulich die Schlösser auswechseln lassen.“

Bailey lehnte sich zurück. „Das habe ich bemerkt. Aber hast du vergessen, dass Bane mir damals alles über das Schlösserknacken beigebracht hat? Und gib es ruhig zu: Eis hast du bloß im Haus, weil du weißt, dass ich es gerne esse. Du selbst machst dir doch gar nichts daraus. Und dann hast du auch noch meine Lieblingssorte gekauft.“

„Du hast nur Lieblingssorten“, entgegnete er und zwang sich, ernst zu bleiben. Sie sollte schließlich nicht denken, er würde weich werden. Und was ihre Fähigkeiten im Schlösserknacken anging: Er hatte in der Tat vergessen, dass Bailey und ihr Cousin Bane deswegen früher ständig in Schwierigkeiten geraten waren. Und nicht nur deswegen.

Zane stand auf und lief in Richtung Tür.

„Hey, wohin willst du?“, fragte Bailey.

„Da ich in meinem eigenen Haus keine Ruhe habe, mache ich einen kleinen Ausritt. In einer Stunde sollte ich wieder da sein. Du hast also genügend Zeit, um dir zu überlegen, wen du als Nächstes mit deinem Besuch beehren könntest.“

Damit verließ er die Küche und knallte die Tür hinter sich zu.

„Channing, warte!“

Channing hielt inne und drehte sich um. Als sie Megan Claiborne auf sich zukommen sah, musste sie lächeln. Nachdem sie vor vier Jahren am Krankenhaus angefangen hatte, war Megan eine der Ersten aus der Ärzteschaft gewesen, mit der sie sich angefreundet hatte. Und diese Freundschaft hatte bis heute gehalten. Deshalb war sie auch zu Megans Hochzeit mit Rico Claiborne eingeladen gewesen. Megans Mann sah geradezu umwerfend aus und hätte glatt als Doppelgänger von Bradley Cooper durchgehen können. Rico arbeitete als Privatdetektiv in Philadelphia. Darum plante Megan, von nun an nur noch die Hälfte des Jahres ihrem Beruf als Anästhesistin in Denver nachzugehen und die andere Hälfte in Philly zu verbringen.

„Die Ehe bekommt dir“, erklärte Channing und musterte ihre Freundin von Kopf bis Fuß.

Ein ansteckendes Lächeln breitete sich auf Megans Gesicht aus. „Meinst du?“

„Absolut. Du wirkst sehr glücklich. Durch und durch“, sagte Channing.

Megan strahlte. „Ich bin auch glücklich! Es stimmt, die Ehe bekommt mir. Rico ist perfekt. Genau so habe ich mir meinen Ehemann immer vorgestellt.“

„Also hast du guten Grund, so zu strahlen.“ Channing freute sich aufrichtig für ihre Freundin. Wenn sie selbst doch bloß auch so ein Glück hätte!

In ihrer Familie waren lange glückliche Ehen keine Seltenheit. Ihre Eltern waren seit über fünfunddreißig Jahren verheiratet, während ihre Großeltern im kommenden Jahr sogar ihren sechzigsten Hochzeitstag feiern würden. Die Ehen ihrer Tanten und Onkel hielten seit mehr als zwanzig Jahren, und ihre Cousins und Cousinen sowie ihr älterer Bruder Juan waren alle schon mindestens acht Jahre verheiratet.

Channing selbst war überzeugt gewesen, in Megans Bruder Zane den Richtigen gefunden zu haben. Zwar hatte er immer wieder gesagt, dass die Ehe nichts für ihn sei. Aber sie hatte trotzdem geglaubt, dass er seine Meinung noch ändern würde. Auch wenn er nie direkt von Liebe gesprochen hatte, so hatte ihr doch sein Verhalten alles über seine tiefen Gefühle verraten. Ihr gegenüber hatte er sich ständig sehr aufmerksam, hingebungsvoll und beschützend gezeigt. Als erste seiner Freundinnen hatte er sie zum wöchentlichen Familiendinner der Westmorelands mitgenommen. Er hatte ihr sogar einen Schlüssel zu seinem Haus gegeben. Alles sprach dafür, dass Channing für ihn etwas ganz Besonderes war.

Aber je mehr Zeit verging, umso klarer wurde ihr, dass er keineswegs etwas am Status ihrer Affäre ändern wollte. Nach neun Monaten fragte sie ihn schließlich ganz direkt, wie er sich ihre Zukunft vorstellte. Daraufhin erklärte er ihr, dass sich für ihn nichts geändert hatte und er nach wie vor nicht an eine Heirat denken würde. Er sagte ihr, dass er sie gern habe, aber sie nicht liebe – und sie auch nie lieben werde.

Sie war froh über seine Ehrlichkeit, auch wenn seine Worte ihr wehtaten. Und so entschied sie sich zum Schutz vor weiteren Verletzungen für einen Neuanfang. Was Zane ihr bot, reichte ihr nicht.

Schon eine Woche später hatte sie als Neurologin eine Stelle am Emory Hospital in Atlanta gefunden. Zane hatte sie jedoch erst kurz vor dem Umzug von ihren Plänen erzählt. Natürlich war er wegen des abrupten Aufbruchs wütend gewesen. Aber immerhin war sie nicht gegangen, ohne ihm vorher Bescheid zu sagen.

„Ich wollte dich zu unserem Familiendinner am Freitag einladen“, unterbrach Megan ihre Gedanken.

Channing zuckte zusammen. „Du weißt, dass das nicht geht.“

„Warum nicht? Nur weil es mit dir und Zane nicht geklappt hat und du ihn verlassen hast? Meiner Meinung nach ein großer Verlust für meinen Bruder.“

„Ich will keine alten Wunden aufreißen. Schließlich habe ich bei deiner Hochzeit gemerkt, wie wütend er noch auf mich ist.“

„Vergiss Zane einfach“, meinte Megan entschieden. „Hat er etwa ernsthaft erwartet, das zwischen euch könnte ewig so weitergehen – ohne dass er irgendwann Farbe bekennen muss?“

Channing zuckte mit den Schultern. Ihr war klar, dass Zane genau das gedacht hatte. Während ihrer gemeinsamen Zeit hatten sie sich mit niemandem sonst verabredet. Dennoch war es nur eine Affäre für ihn gewesen, und das hatte ihm vollkommen genügt. „Wahrscheinlich hat er das“, gab sie leise zurück. Unwillkürlich musste sie daran denken, wie schwer ihr die Trennung von Zane gefallen war und wie sehr sie sich nach ihm gesehnt hatte.

„Ist ihm ganz recht geschehen, dass er seinen Irrtum einsehen musste.“ Megan hielt kurz inne und schien ihre nächsten Worte gut abzuwägen. „Channing, wir waren schon vor der Sache zwischen Zane und dir Freunde. Und jetzt bist du nur für kurze Zeit hier. Warum soll ich dich also nicht zu unserem Familiendinner einladen?“

Channing fielen tausend Gründe ein. „Ich weiß deine Einladung sehr zu schätzen. Trotzdem muss ich leider ablehnen. Ich bleibe mindestens drei Wochen in Denver – vielleicht sogar sechs Wochen, wenn ich noch ein zweites Seminar gebe. Angesichts von Zanes Gefühlen sollte ich mich wohl lieber von ihm fernhalten.“

Megan drängte sie nicht weiter. Jedenfalls für den Moment nicht. Allerdings wusste Channing nur allzu gut, dass ihre Freundin nicht so schnell aufgab. „Du bist jederzeit willkommen“, meinte Megan. „Wenn du es dir noch anders überlegst, sag einfach Bescheid!“

Channing nickte. Sie würde es sich ganz bestimmt nicht anders überlegen.

Als Zane zurückkehrte, war Bailey nicht mehr da. Er ging zum Duschen nach oben und versuchte nicht daran zu denken, wie sehr er seine Schwester bereits vermisste. Bailey war bekannt für ihre Vorliebe, unangemeldet vorbeizuschauen. Das tat sie nicht nur bei ihm, sondern auch bei der ganzen übrigen Familie.

Insgesamt waren sie fünfzehn. Zane hatte vier Brüder – Ramsey, Derringer und die Zwillinge Aiden und Adrian – und mit Megan, Gemma und Bailey außerdem drei Schwestern. Dazu kamen die sieben Söhne von Onkel Adam und Tante Clarisse: Dillon, Micah, Jason, Riley, Canyon, Stern und Brisbane, genannt Bane. Viele von ihnen waren inzwischen verheiratet, die vorläufig Letzte war Megan gewesen. Aber die nächste Hochzeit stand schon vor der Tür, denn im September war Riley dran. Es fehlten nur noch Zane, die Zwillinge, Bailey, Canyon, Stern und Bane.

Inzwischen war es fast zwanzig Jahre her, dass Zanes Eltern, seine Tante und sein Onkel bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen waren. Damals hatten Zanes ältester Bruder Ramsey und sein Cousin Dillon die Verantwortung für die Familie übernommen. Eine schwere Aufgabe, da einige der Geschwister nicht einmal sechzehn gewesen waren. Aber Dillon und Ramsey hatten ihr Bestes gegeben, um die Westmorelands zusammenzuhalten. Es war ihnen gelungen, und sie hatten sich sogar gegen den Staat Colorado durchgesetzt: Die Behörden hatten sie zwingen wollen, die jüngsten vier – die Zwillinge Aiden und Adrian, Brisbane und Bailey – in ein Waisenheim zu stecken.

Diese vier hatte der Tod ihrer Eltern am meisten mitgenommen. Manchmal war ihr aufsässiges Verhalten hart an der Grenze gewesen. Allen war jedoch klar gewesen, dass es eine natürliche Reaktion auf den Verlust war. Mittlerweile hatten die Zwillinge das College abgeschlossen – Aiden mit dem Bachelor in Medizin, Adrian als Ingenieur. Brisbane war in der Navy, und Bailey … nun, Bailey war einfach Bailey. Mit sechsundzwanzig war sie das Nesthäkchen und arbeitete für Einfach unwiderstehlich, ein Magazin für erfolgreiche junge Frauen, das Ramseys Frau Chloe gehörte. Obwohl sie eine volle Stelle hatte, blieb ihr genügend Zeit, um den anderen auf ihre liebenswürdige Art und Weise auf die Nerven zu gehen.

Als er nun oben im Schlafzimmer angekommen war, trat Zane ans Fenster und ließ den Blick über das Land schweifen. Westmoreland Country. Dillon hatte als Ältester das Haupthaus mit gut hundert Hektar Land geerbt, während alle anderen an ihrem fünfundzwanzigsten Geburtstag fünfzig Hektar Land erhalten hatten. Es war eine wundervolle Gegend, mit Bergen, Tälern, Seen, Bächen und Flüssen.

Zane war glücklich mit seinem Haus, das von einer Veranda umgeben war. Falls er je heiraten sollte, gab es auf den beiden Stockwerken mehr als genug Platz für eine Familie. Aber da er das nicht vorhatte, führte er eben einen Singlehaushalt. Einige Menschen kamen besser alleine zurecht, und er war einer von ihnen.

Außer in geschäftlichen Dingen. Denn da betrieb er zusammen mit seinem Bruder Derringer und seinem Cousin Jason eine einträgliche Pferdezucht mit angeschlossenen Trainingsanlagen. Eine Kooperation verband sie mit weiteren Cousins in Montana und Texas. Ein höchst lukratives Geschäft: Inzwischen verkauften sie ihre Pferde sogar in die arabische Welt. Und seit es mit Prince Charming eines ihrer Pferde beim Kentucky Derby aufs Siegerpodest geschafft hatte, war die Nachfrage sprunghaft angestiegen.

Zane liebte seine Arbeit – besonders, weil er dadurch viel an der frischen Luft sein konnte. Nur eins liebte er noch mehr: Frauen. Manchmal kam es ihm selbst so vor, als hätte sein Schlafzimmer eine Drehtür. Aber darin hatte er nie ein Problem gesehen. Hauptsache, keine seiner Freundinnen hielt sich für die Auserwählte. Nein, die Frau, die ihn einfangen konnte, war noch nicht geboren.

Ein leichtes Ziehen in der Magengegend erinnerte ihn daran, dass er in dem Punkt nicht ganz ehrlich gewesen war. Eine Frau hatte es gegeben. Dr. Channing Hastings.

Megan hatte sie einander vorgestellt, und vom ersten Moment an hatte er sich zu ihr hingezogen gefühlt. Channing war bildschön, ihr verführerischer Duft hatte ihn geradezu betört. Sie war der Inbegriff all seiner erotischen Fantasien. Wie gewöhnlich hatte ihm zunächst nur eine lockere Affäre vorgeschwebt. Doch bevor er sichs versah, war mehr daraus geworden. Andere Frauen hatten ihn plötzlich nicht mehr interessiert.

Zane griff unters Bett und holte ein verschließbares Kästchen hervor, das er mit einem Schlüssel von seinem Schlüsselbund öffnete. Dann holte er einen Kalender heraus. Den Fotokalender hatte Channing zu seinem fünfunddreißigsten Geburtstag selbst gebastelt. War es wirklich schon fast zwei Jahre her?

Ein Blatt nach dem anderen ließ er durch die Hände gleiten. Als er beim Dezemberbild ankam, war ihm längst der Schweiß ausgebrochen. Channings verschiedene, meist knappe Outfits hatten in ihm die Erinnerung an damals wachgerufen. Für das Januar-Foto hatte sie das bodenlange rote Kleid angezogen, das sie bei einer Wohltätigkeitsveranstaltung des Krankenhauses getragen und von dem sie sich später am Abend verführerisch befreit hatte. Für den Dezember hatte sie unbekleidet und aufreizend auf ihrem Bett posiert. Nur ein weißes Laken mit weihnachtlichem Muster verhüllte notdürftig ihren Körper. Ihr Gesichtsausdruck war eine einzige Aufforderung, sie auf der Stelle zu lieben. Eine Kollegin aus der Klinik war Hobbyfotografin und hatte die Aufnahmen gemacht.

Ohne jede Frage: Channing gab mit ihrer zarten Haut, den bezaubernden dunklen Augen, den hohen Wangenknochen, der feinen Nase, den vollen Lippen und der goldbraunen Mähne ein verdammt schönes Motiv ab. Auf jedem Bild trug sie dieselbe Goldkette. Die hatte er ihr geschenkt. Channing hatte sie ihm allerdings zurückgegeben, als sie ihm von ihrem bevorstehenden Abschied aus Denver erzählt hatte.

Genau diese Kette zog er nun aus dem Kästchen hervor. Zane konnte sich noch an den Tag erinnern, als er sie gekauft hatte. Er war zu Besuch in Montana gewesen. Zusammen mit seinem Cousin Durango war er zu einem Juwelier gegangen, wo Durango ein Geburtstagsgeschenk für seine Frau Savannah gesucht hatte. Dort war Zane die Kette mit dem aufgehenden Mond aufgefallen. Er hatte einen unwiderstehlichen Drang verspürt, sie Channing zu schenken. Warum auch immer. Ihm war einfach sofort klar gewesen, dass er den Anhänger unbedingt an ihrem Hals sehen wollte.

Wie oft hatte er Megan schon das Kästchen zur Aufbewahrung geben wollen, um sich nicht länger mit dem Inhalt zu quälen! Voller Ärger musste er daran denken, dass seine Schwester Channing vor einem Monat zu ihrer Hochzeit eingeladen hatte. Noch mehr ärgerte es ihn jedoch, dass sie nichts von Channings Rückkehr nach Denver hatte verlauten lassen. Dabei hatte er die beiden Neuvermählten erst vor einigen Tagen nach ihrer Hochzeitsreise besucht. Megan musste da bereits von Channings Plänen gewusst haben.

Zane legte die Kette und den Kalender zurück, schloss das Kästchen ab und schob es unters Bett. Danach zog er sich aus, um endlich zu duschen. Vermutlich war die Gefahr nicht allzu groß, Channing während ihres Aufenthalts über den Weg zu laufen.

Aber warum sollte er sie nicht wiedersehen?

Sollte er die Geschichte nicht allmählich aus einem anderen Blickwinkel betrachten? Mit etwas mehr Abstand? Immerhin war er über die Trennung hinweg. Und Channing offenbar auch, denn sonst wäre sie jetzt kaum verlobt. Er war glücklich mit seinem Leben. Und sie mit ihrem.

Kurz darauf prasselte das Wasser auf ihn nieder. Zane hatte sich entschieden. Er würde Channing aufsuchen. Es würde ein ganz unverbindliches Treffen werden.

Schließlich war nichts dagegen einzuwenden, sie in Denver willkommen zu heißen. Oder?

2. KAPITEL

Channing bückte sich, um die Leinwand zusammenzurollen. Mit einem Mal bemerkte sie ein Paar dunkle Lederstiefel in ihrem Sichtfeld. Und nur einen Moment später stieg ihr ein voller maskuliner Duft in die Nase, den sie überall wiedererkennen würde. Ihr wurde flau im Magen, während sie sich langsam aufrichtete.

Ihr Blick glitt an kräftigen Beinen in Jeans hoch und gelangte über eine schmale Hüfte, einen flachen Bauch und breite Schultern zu einem Gesicht mit kantigem Kinn, kräftigen Wangenknochen, sinnlichen Lippen, resoluter Nase und dunkelbraunen Augen.

Zane Westmoreland war fast zu schön, um wahr zu sein. Genau dasselbe hatte sie auch vor drei Jahren gedacht, als sie ihn hier im Krankenhaus das erste Mal gesehen hatte. Er hatte damals den platten Reifen am Auto seiner Schwester austauschen wollen, und Megan hatte sie einander vorgestellt. Ein Moment, der Channings Leben komplett auf den Kopf gestellt hatte.

Sie atmete tief durch. „Zane.“

„Channing. Ich habe gehört, dass du in der Stadt bist. Da habe ich gedacht, ich sollte dir Hallo sagen.“

Channing lehnte sich gegen das Pult im Seminarsaal der Klinik. Das klang nicht sehr glaubwürdig. Immerhin hatte Zane bei Megans Hochzeit kein Wort mit ihr gesprochen.

„Das freut mich.“ Sie hätte erklären können, dass sie nur drei, höchstens sechs Wochen bleiben würde. Aber warum sollte sie? Vor zwei Jahren war sie aus Denver weggezogen, um ihn hinter sich zu lassen. Und das war ihr auch gelungen.

„Wie ich sehe, bist du noch verlobt“, meinte Zane, während Channing einige übrig gebliebene Handouts in ihrer Tasche verstaute.

Sie musste sich zusammenreißen, um ruhig zu bleiben. „Sollte ich das etwa nicht mehr sein?“

„Nein, nein.“

„Und was ist mit dir?“, fragte Channing und verschränkte die Arme vor der Brust. „Vermutlich machst du noch immer einen großen Bogen um jede ernsthafte Beziehung, oder?“

Ihr entging nicht das Zucken in seinem Gesicht. „Wenn du wissen willst, ob ich noch Single bin: Ja, bin ich. Daran wird sich auch nichts ändern.“ Und ohne Pause fuhr er fort: „Ist Mark auch hier?“

Channing runzelte die Stirn. Was kümmerte ihn das? „Mein Verlobter heißt Mack, und nein, er ist in Atlanta.“

„Stimmt es, dass er bei einer Bank arbeitet?“

Channing schloss ihre Tasche. Was wollte Zane mit diesem Verhör erreichen? Bei der Hochzeit hatte er Mack und sie zwar geschnitten. Megan hatte ihr jedoch verraten, dass er sie anschließend ausgefragt hatte. Also wusste Zane bereits alles.

„Ja, Mack ist bei einer Bank.“ Mack Hammonds Familie gehörten einige Banken in Georgia, Tennessee und Florida. Aber das würde sie Zane nicht auf die Nase binden.

Channing schaute ihn an und bemühte sich, seine unverschämt männliche Ausstrahlung zu ignorieren. Als er sie ebenfalls ansah, wurde ihr schwindlig. Sein unwiderstehlicher Schlafzimmerblick versprach nicht zu viel. Durch Zane konnte eine Frau erst wirklich lernen, was wahre Lust war. Und Channing wusste es nur allzu gut. Einige Dinge in ihrem Leben mochten sich geändert haben, nicht aber Zane Westmorelands Anziehungskraft auf sie. Warum bloß reagierte sie gegen ihren Willen so stark auf ihn?

„Das war’s wohl für heute. Schön, dich einmal wiedergesehen zu haben, Zane.“

„Hat mich auch gefreut. Früher oder später wären wir uns ohnehin bei einem unserer Familiendinner über den Weg gelaufen. Deshalb dachte ich, dass wir besser vorher die Spannungen zwischen uns beseitigen sollten.“

Darum ging es ihm also. „Ich fürchte, dann hast du deine Zeit verschwendet. Megan hat mich gestern eingeladen, aber ich habe dankend abgelehnt. Ich fand es irgendwie unpassend, zu eurem Treffen zu kommen.“

„Warum? Ich war schließlich nicht deine einzige Verbindung mit unserer Familie.“

„Nein. Wie du dich sicher erinnerst, habe ich Megan und deine anderen Schwestern schon lange vor dir kennengelernt. Aber bei unserer Geschichte halte ich etwas Distanz für angebracht.“

Zane starrte sie an. „Und warum ausgerechnet jetzt? Immerhin hattest du anscheinend kein Problem damit, zu Megans Hochzeit zu kommen. Und dazu auch noch diesen Don Juan mitzubringen.“

Channing zog die Brauen zusammen. „Erstens ist Megan eine gute Freundin. Darum war es für mich selbstverständlich, am glücklichsten Tag ihres Lebens dabei zu sein. Und zweitens heißt mein Verlobter, wie gesagt, Mack.“

Zane stützte sich auf einem Tisch ab und sah sie unverwandt an. „Hat es dir eigentlich gar nichts ausgemacht, wie Mack den anderen Frauen hinterhergeschaut hat, während du neben ihm standest? Und sag mir nicht, du hättest es nicht bemerkt. So blind bist du nämlich nicht.“

Abwehrend zog sie die Schultern hoch. „Das machen doch alle Männer. Oder willst du behaupten, du hättest niemals einer anderen Frau schöne Augen gemacht, als wir zusammen waren?“

Er brach in ein spöttisches Lachen aus. „Verdammt noch mal, genau das meine ich. Ich mag zwar in vielen Dingen ein Idiot sein, aber so respektlos war ich nie. Damals sind mir andere nicht einmal aufgefallen. Du warst alles, was für mich gezählt hat.“

Ehe sie sich beherrschen konnte, platzte Channing heraus: „Offenbar nicht, Zane. Denn sonst wäre ich jetzt kaum mit einem anderen Mann verlobt.“

Zorn flackerte in seinen Augen auf. Channing war klar, dass sie einen Treffer gelandet hatte. Vielleicht hatte er recht. Vielleicht war sie tatsächlich alles gewesen, was für ihn gezählt hatte: seine ideale Bettgefährtin. Doch das hatte ihr eben nicht gereicht.

„Leb wohl, Zane.“ Damit ließ sie Zane stehen und ging zur Tür.

Einige Tage später stand Zane auf der Veranda seines Cousins Dillon. Wie jeden Freitagabend trafen sich alle aus dem Denver-Zweig der Familie zum gemeinsamen Dinner. Auch wenn sie nicht weit voneinander entfernt wohnten, sahen sie sich durchaus nicht jeden Tag. Das Dinner bot ihnen deshalb die Gelegenheit, sich über alles auf dem Laufenden zu halten.

Nur selten wurde jemand von außerhalb der Familie dazugebeten. Dennoch hatte Zane Channing immer ganz selbstverständlich mitgebracht. Alle hatten sie gemocht, und sie hatte sich prächtig mit jedem verstanden, insbesondere mit den Frauen. Nach einiger Zeit war es, als ob sie zur Familie gehörte – und genau da hatten für ihn die Probleme begonnen.

Plötzlich hatte sich Channing Pläne für eine gemeinsame Zukunft in den Kopf gesetzt. Irgendwann hatte sie sich sogar eingebildet, er habe sich in sie verliebt und seine Haltung zur Ehe verändert. Und dann hatte sie schmerzlich erfahren müssen, dass sich ein Zane Westmoreland nicht so einfach änderte …

„Du warst den ganzen Abend ziemlich still.“

Zane sah über die Schulter nach hinten und erkannte seinen Bruder Ramsey, der aus dem Haus kam. Die Frauen hatten sich nach dem Essen zurückgezogen, um irgendeine romantische Komödie anzuschauen. Währenddessen wollten die Männer in einem anderen Zimmer Poker spielen. Zane hatte dazu jedoch keine Lust gehabt. Er hatte es vorgezogen, draußen etwas frische Luft zu schnappen.

„Die Woche mit den Pferden war recht anstrengend“, gab Zane nun zurück. Natürlich erklärte das seine Stimmung nur zum Teil. „Wir mussten Sugar Plum nach Casey bringen, Visa Girl ist ausgebrochen, und wir konnten sie erst nach ein paar Stunden wieder einfangen. Und dann hatte Born Free noch eine schwere Geburt.“

Ramsey lächelte ihn wissend an. „Und das war alles?“

„Reicht das nicht?“

„Nicht für einen Zane Westmoreland, der normalerweise bei Schwierigkeiten erst richtig aufblüht. Willst du mir nicht einfach erzählen, was wirklich hinter deiner miesen Laune steckt?“

Nach langem Schweigen erwiderte Zane schließlich: „Channing ist wieder in der Stadt.“

„Davon habe ich gehört.“

Vorwurfsvoll starrte Zane seinen Bruder an. „Und sogar du hast es mir verschwiegen?“

„Ich habe es erst heute Morgen erfahren. Chloe hat es beim Frühstück erwähnt. Angeblich hat Megan Channing sogar für heute eingeladen.“

„Und warum hat mir niemand verraten, dass sie zurück ist? Dann hätte ich mich vorbereiten können.“

„Vorbereiten? Warum? Du hast sie doch erst im letzten Monat bei Megans Hochzeit gesehen.“

„Aber jetzt ist es irgendwie anders.“

Autor

Brenda Jackson

Brenda ist eine eingefleischte Romantikerin, die vor 30 Jahren ihre Sandkastenliebe geheiratet hat und immer noch stolz den Ring trägt, den ihr Freund ihr ansteckte, als sie 15 Jahre alt war. Weil sie sehr früh begann, an die Kraft von Liebe und Romantik zu glauben, verwendet sie ihre ganze Energie...

Mehr erfahren

Entdecken Sie weitere Bände der Serie

Die Westmorelands

09.09.2015
Brenda Jackson

Die Westmorelands - Romane 1-6

E-Book
9,99

WENN EIN WÜSTENPRINZ IN LIEBE ENTBRENNT

"Seien Sie ein artiger Prinz, tragen Sie mein Gepäck!" Scheich Jamal verschlägt es die Sprache: Delaney Westmoreland ist nicht nur unverschämt selbstbewusst, sondern auch aufregend schön. Jede Berührung ist eine Provokation, jeder Kuss Feuer …

ICH WILL DICH WIEDER SPÜREN

Lange Beine, sinnliche Lippen und dieser Blick … Als Shelly sein Büro betritt, erwacht in Dare Westmoreland sofort wieder das Verlangen. Wie damals will er sie spüren, sie zur Ekstase bringen! Da erfährt er, was sie ihm verschwiegen hat…

SIEBEN NÄCHTE IN SEINEM BETT

Nur unter einer Bedingung wird Thorn Westmoreland für Taras Charity-Kalender posieren: Sie muss eine Woche lang das Bett mit ihm teilen. Allerdings ist eine Affäre mit dem überaus attraktiven Rennfahrer nicht nur verlockend, sondern auch gefährlich …

LOCKRUF DER VERSUCHUNG

Bestsellerautor Stone Westmoreland genießt sein Singleleben. Doch als die verführerische Madison sich im Flugzeug ängstlich an ihn klammert, will er sie nicht mehr loslassen. Sie weckt verbotene Gefühle in ihm! Verliebt sich Stone etwa in sie?

VERFÜHREN VERBOTEN!

Der sexy Feuerwehrmann Storm Westmoreland ist wie gemacht für heiße One-NightStands ohne Versprechungen. Nur eine Frau war und ist tabu für ihn: Jayla, Tochter seines Ex-Bosses. Aber sie ist anziehender denn je. Storm vergisst alle Regeln...

EIN EROTISCHER GEFALLEN

"Ich bin Ihnen etwas schuldig." Dana meint es aufrichtig. Doch als der attraktive Jared Westmoreland sie kurz darauf bittet, seine Verlobte zu spielen, fragt sie sich, wohin sie dieser "kleine" Gefallen bringt … in sein Bett?


21.10.2015
Brenda Jackson

Die Westmorelands - Romane 7-12

E-Book
9,99

SEXY, SÜß - ZUM ANBEIßEN!

"Küssen Sie mich!" Jessica tut, was ihr sexy Nachbar Chase Westmoreland will. Natürlich nur, um zu beweisen, dass sie sich nicht zu ihm hingezogen fühlt. Doch kaum spürt sie seine Lippen auf ihren, erwacht nie gekannte Leidenschaft in ihr …

WENN ZWEI SICH BEGEHREN ...

Eine einzige heiße Liebesnacht mit Durango Westmoreland - und schon steht Savannahs Singleleben Kopf. Denn als sie kurz darauf entdeckt, dass sie schwanger ist, macht Durango ihr einen Antrag! Allerdings nicht aus Liebe, oder?

SETZ ALLES AUF LEIDENSCHAFT

Brooke spürt sofort die ungebrochene Leidenschaft, als sie ihren Ex Ian in seinem Kasino wiedertrifft. Und sie gerät in Bedrängnis, denn zwischen heißen Küssen muss Brooke als Agentin undercover ermitteln - gegen den Mann, den sie liebt ...

BRENNEND HEIßES VERLANGEN

Eines Nachts wird alles anders zwischen Casey und ihrem Boss ... Sie ist überglücklich, dass McKinnon ihre Gefühle offenbar erwidert. Doch am nächsten Morgen tut er, als wäre nichts gewesen - was steckt dahinter?

GEKAUFTE KÜSSE

Glaubt Spencer wirklich, er könne ihre Liebe kaufen? Und das Weingut ihrer Familie gleich dazu? Nein, da hat er die Rechnung ohne mich gemacht!, denkt Chardonnay Niemals könnte sie sich in einen so berechnenden Mann verlieben - doch warum weckt er solches Verlangen in ihr?

HEIßKALTE WINTERNACHT

So hatte sich Patrina das nicht vorgestellt, als sie Cole aus dem Schneesturm rettete: Von seinen leidenschaftlichen Küssen erregt, gibt sie sich ihm hin. Obwohl sie weiß, dass ihre Liebe nur eine heiße Affäre in einer kalten Winternacht sein kann…