Verlieb dich nie in einen Prinzen

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Erfüllt von schmerzlicher Sehnsucht steht Kayla auf der Empore des Ballsaals und beobachtet Prinz Max. Gerade wird ihre heimliche Liebe einer Dame in prachtvoller Robe vorgestellt. Ist es seine zukünftige Braut? Ach, wäre Kayla doch an ihrer Stelle! Aber das ist unmöglich, oder?


  • Erscheinungstag 17.01.2019
  • ISBN / Artikelnummer 9783733739065
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Prinz Max lehnte sich über das schmiedeeiserne Geländer des Balkons. Es fiel ein leichter Regen, doch er bemerkte ihn kaum. Er stand mindestens fünf Stockwerke hoch über dem Erdboden, und der Schlossgarten unter ihm wirkte weit entfernt. Flüchtig schoss ihm der Gedanke durch den Kopf, was passieren würde, wenn er von hier aus hinuntersprang.

Zu spät. Vor ein paar Wochen noch hätte es niemanden interessiert. Aber jetzt hatte ein neues Leben für ihn begonnen, mit neuen Verpflichtungen. Die Leute erwarteten bestimmte Dinge von ihm, aber wie zum Teufel kamen sie bloß auf die Idee, dass er imstande war, diese Erwartungen zu erfüllen?

Vielleicht wäre ein Sprung von hier oben so ähnlich wie Fliegen, und mit dem Fliegen kannte Max sich aus. Viele Jahre war er als Pilot mit alten Militärmaschinen unterwegs gewesen. Fliegen war das Einzige, was er wirklich gut beherrschte.

In der Hand hielt er eine Pfauenfeder, die er im Schlossgarten gefunden hatte. Jetzt hielt er sie in die Luft.

„Flieg in die Freiheit“, murmelte er und ließ die Feder los. In langen, weiten Bögen schwebte sie zur Erde. Max lehnte sich weiter über das Geländer, um ihr nachzuschauen. Sie schimmerte in Blau, Grün und Gold. Je näher die Feder dem Boden kam, desto schneller drehte sie sich. Max lachte.

Dann landete sie auf der Erde, und sein Lachen verschwand. Jetzt war die Pfauenfeder gefangen, genau wie er. Ein kurzer Flug ins Nirgendwo.

„Hey“, sagte da eine weibliche Stimme. „Lehnen Sie sich nicht zu weit raus, sonst fallen Sie noch.“

Einen Moment lang schloss Max die Augen.

„Alles in Ordnung, Mister?“

Langsam wandte er sich um. Ob sie wusste, wer er war? Wahrscheinlich nicht. Er war zum Wandern angezogen, nicht für einen Ball. Allerdings glaubte er, sie irgendwo im Schloss schon einmal gesehen zu haben.

„Mir geht’s gut.“ Er lächelte.

„Sie sind nass“, erwiderte sie kokett.

Max schüttelte sich wie ein Hund, sodass die Tropfen überallhin flogen. Die junge Frau schrie erst erschrocken auf, aber dann musste sie lachen.

„Am besten kommen Sie mit zu mir, um sich zu trocknen“, bot sie ihm an.

„Zu Ihnen?“

„Klar. Mein Zimmer liegt auf diesem Gang, nur ein paar Türen weiter. Sie müssen sich abtrocknen. Schließlich wollen Sie sich doch nicht erkälten, oder?“

Interessiert ließ er den Blick über sie gleiten. Sie hatte kurze, feuerrote Haare, volle Lippen und eine sehr weibliche Figur. Sein Blick war unverschämt, aber Max spürte, dass sie zu den Frauen gehörte, denen das gefiel.

„Sicher, warum nicht?“ Alles war besser, als mit den anderen Mitgliedern der königlichen Familie an dem albernen Ball teilzunehmen, den sich die Königin ausgedacht hatte. Ein paar Stunden mit dieser willigen Gespielin wären genau das Richtige, um ihn von dem unheilvollen Gefühl abzulenken, das wie eine dunkle Wolke über ihm hing. „Sie sind ein richtiger Schutzengel, stimmt’s? Immer auf der Suche nach jemandem, der in Schwierigkeiten steckt.“

Mit einem kessen Lächeln entgegnete sie: „Eigentlich nicht. Ich wähle sehr genau aus, wem ich helfe.“

Max hob die Brauen. „Und ich habe die Prüfung bestanden?“

Anerkennend musterte sie ihn. „Oh ja. Kann man wohl sagen.“

Er machte eine gespielte Verbeugung. „Ich fühle mich geehrt.“

Sie lachte und ging voran.

Königin Pellea rauschte in das königliche Büro und sah ihre persönliche Assistentin Kayla Mandrake finster an. „Wo ist er?“

Kayla sprang auf und schüttelte den Kopf. Seit sie herausgefunden hatte, um wen es sich bei dem neuen Prinzen handelte, fühlte sie sich ausgesprochen unbehaglich. „Ich habe ihn noch nicht gesehen. Ich dachte, er sollte hier sein.“

Pellea packte die Rückenlehne eines Stuhls. „Natürlich sollte er das. Er hat ausführliche Anweisungen bekommen. Aber er hat sie wie immer ignoriert. Alle warten im Ballsaal auf ihn.“

„Soll ich ihn über das Lautsprechersystem ausrufen lassen?“

Pellea machte eine gequälte Miene. „Ach, Kayla, du warst die ganze Zeit in Paris und hast keine Ahnung, was hier los gewesen ist. Dieser Kerl treibt mich in den Wahnsinn.“

Kayla unterdrückte ein Lächeln. Typisch Max. „Er wird sich dran gewöhnen“, sagte sie. „Wenn er erst mal versteht, wie wir bestimmte Dinge handhaben.“

„Je mehr er versteht, desto mehr setzt er sich über alle Regeln hinweg. Du musst ihn finden.“

Pellea stieß einen ungeduldigen Seufzer aus und warf gereizt den Kopf zurück. Sie trug ein fantastisches Abendkleid aus dunkelblauer Seide, mit Goldfäden durchwirkt, trägerlos, eng anliegend und so geschnitten, dass sich der Stoff beim Gehen oder Tanzen verführerisch bewegte.

Kayla dagegen fühlte sich in ihrem schlichten Rock und dem Pullover langweilig und altbacken.

„Und ich hoffe, du bringst ihn um, wenn du ihn findest“, erklärte Pellea mit Nachdruck.

„Aber …“

„Nicht!“ Abwehrend hielt Pellea ihre Hand hoch. „Ich will nichts hören. Weder Erklärungen noch Geständnisse. Ich will Prinz Maximilian nur hier vor mir haben, wo ich ihn bestrafen kann.“ Sie machte ein grimmiges Gesicht. „Oder seinen Kopf auf einem Tablett. Damit wäre ich auch zufrieden.“ Ihre dunklen Augen blitzten. „Verstanden?“

Kayla nickte. Trotz allem musste sie sich sehr bemühen, ein Grinsen zu unterdrücken. Sie wagte nicht, es zu zeigen, weil Pellea so wütend war. Die Königin und sie hatten zwar ein freundschaftliches Verhältnis, waren aber eben auch Chefin und Angestellte. Kayla achtete darum möglichst darauf, die Form zu wahren. Das galt noch mehr, wenn sie sich in Gegenwart Dritter befanden. „Natürlich. Ich werde mein Bestes tun.“

„Finde ihn einfach!“

Aufgebracht rauschte die Königin wieder hinaus, während Kayla tief durchatmete. Was nun? Wie sollte sie einen rebellischen Prinzen finden, der offenbar nicht gefunden werden wollte?

So war es immer mit Max. Regeln galten nur für andere, nicht für ihn. Mit Sicherheit war er der nervtötendste, aber auch charmanteste Mann, den sie je kennengelernt hatte. Allein der Gedanke, dass sie ihn gleich wiedersehen würde, verursachte ihr ein aufregendes Magenkribbeln. Aber zugleich spürte sie einen pochenden Kopfschmerz. Wie sollte sie jetzt bloß am besten vor­gehen?

Zuerst erledigte Kayla einige Telefonate. Überall im Palast gab es Wachen, und an unterschiedlichen Stellen waren Monitore installiert, die ständig von Sicherheitsleuten beobachtet wurden. Falls Max sich im Schloss aufhielt, musste ihn irgendjemand gesehen haben.

Kayla bekam mehrere Hinweise, und schließlich hatte sie einen Wachposten am Apparat, der tatsächlich beobachtet hatte, wie Max im Apartment eines bekannten Party-Girls verschwunden war.

„Natürlich“, murmelte Kayla vor sich hin. „Ich hätte es wissen müssen.“

Sofort eilte sie los, fürchtete jedoch die bevorstehende Konfrontation. Was sollte sie tun, wenn sie dort vor der Tür stand? Einfach in eine Verführungsszene hineinplatzen? Genervt drückte sie den entsprechenden Knopf im Lift.

„Verdammt, Max“, flüsterte sie. „Musst du einem das Leben immer so schwer machen?“

Sie dachte daran, wie sie ihn vor fast zwei Jahren das letzte Mal gesehen hatte, das dichte, goldbraune Haar zerwühlt, die Augen schmerzerfüllt. Sie beide waren in jener Nacht verzweifelt gewesen, voller Trauer über dieselbe Tragödie. Und dann war Max einfach verschwunden.

Die Lifttür öffnete sich lautlos. Mit klopfendem Herzen trat Kayla hinaus auf den Korridor. Nach wenigen Schritten blieb sie vor einer Zimmertür stehen. Da summte ihr Handy. Königin Pellea.

„Ja?“

„Hast du ihn gefunden?“

Kayla seufzte. „Ich weiß, wo er ist. Ich will gleich reingehen und …“

„Pass auf ihn auf“, warnte Pellea. „Falls es einen Balkon gibt, springt er bestimmt runter.“

Kayla erschrak. „Du meinst, er will sich das Leben nehmen?“

„Oh nein. Er fordert den Tod nur so aus Spaß heraus. Er muss ein absoluter Adrenalinjunkie sein“, erklärte Pellea. „Letzte Woche waren wir auf der Skihütte, damit die neuen Prinzen sich besser kennenlernen. Noch vor den Cocktails hat Max sich mit den beiden hübschen Töchtern des Verwalters die Schneemobile geschnappt, ist mit ihnen über die Berge gerast und verschwunden. Und natürlich kam keine Entschuldigung am nächsten Tag. Er glaubt, mit seinem Lächeln kann er sich alles erlauben.“

„Verstehe.“ Kayla hätte ihn gern verteidigt, aber wie?

„Gestern war es das Dinner mit dem italienischen Botschafter“, fuhr Pellea verärgert fort. „Wir stehen kurz davor, einen wichtigen Vertrag mit den Italienern zu unterzeichnen. Max tauchte nicht auf. Und was war die Ausrede? Er hatte in einem Pub an einem Karaoke-Wettbewerb teilgenommen und die Zeit vergessen.“

„Oh nein“, meinte Kayla betroffen.

„Also, behalte den Balkon im Auge. Max wird ein Seil drüberhängen und so tun, als wäre er Tarzan. Lass ihn auf keinen Fall entwischen.“

„Ist gut.“

Pellea seufzte. „Sag mir, wo du genau bist. Ich habe zwei Sicherheitsleute zur Unterstützung hinaufgeschickt. Ich sage ihnen Bescheid.“

Kayla nannte ihren genauen Standort. „Wieso zur Unterstützung?“

„Sie sollen aufpassen, dass er nicht flüchtet. Wenn es sein muss, fesseln wir ihn und schleppen ihn her.“

„Ach ja?“ Sie kannte Max und wusste, dass es nicht einfach werden würde. So hatte sie sich das Wiedersehen mit ihm nicht vorgestellt.

„Ich möchte, dass du sehr energisch auftrittst“, ermunterte Pellea sie. „Ihr müsst ihn überraschen.“

„Du meinst, wir sollen ohne Vorwarnung hereinplatzen?“

„Falls nötig, ja. Egal, was du tust, du musst dafür sorgen, dass er nicht wieder verschwindet. Ruf mich an, wenn es vorbei ist.“

„Selbstverständlich.“ Gerade, als Kayla auflegte, verließen zwei Sicherheitswachen den Lift und kamen zu ihr herüber.

„Sergeant Marander, Ma’am. Zu Ihren Diensten“, sagte derjenige, der offensichtlich das Kommando hatte. „Hier ist der Hauptschlüssel. Wir sind hier, um Sie zu unterstützen. Wir werden direkt hinter Ihnen sein.“

Kayla biss sich auf die Lippen. „Kann ich anklopfen?“, fragte sie unsicher.

Er bedachte sie mit einem eisigen Blick. „Nein. Ihre Majestät wünscht ausdrücklich einen Überraschungsangriff.“

„Ja, ich weiß. Sie fürchtet, er könnte über den Balkon flüchten.“

Missbilligend sah der Mann sie an. „Sorry, Miss. Wir müssen die Anweisungen der Königin befolgen.“

Sie atmete tief durch. „Also gut.“ Mit gestrafften Schultern stellte sie sich vor die Tür. „Dann mal los.“

Kayla drehte den Schlüssel im Schloss und stieß mit abgewandtem Blick die Tür auf. „Max?“, fragte sie vorsichtig. „Bist du da drin?“

Nach einem Moment der Stille rief eine tiefe Stimme: „Kayla! Was machst du denn hier?“

Sie wagte es, hinzuschauen, und da stand er vor ihr, vollständig bekleidet. Was für eine Erleichterung!

Als er sie umarmte, seufzte sie. „Oh, Max! Ich kann es gar nicht fassen, dass du es bist.“

Er drückte sie an sich, gab ihr einen Kuss auf jede Wange und einen schnellen Kuss auf den Mund, ehe er sich zurücklehnte, um sie zu betrachten. „Hey, Schönste. Es ist schon fast zwei Jahre her, oder?“

Kayla nickte. Ihr wurde schwindlig. Max war noch immer der attraktivste Mann, den sie je getroffen hatte. Durchtrainiert und gut aussehend, wirkte er noch immer wie ein charmanter Gauner und Spitzbube. Sein dichtes, goldbraunes Haar schien immer irgendwie vom Wind zerzaust. Die blauen Augen, in denen der Schalk blitzte, waren von dunklen Wimpern umrahmt, und sein Mund mit den geschwungenen Lippen erschien verlockend sinnlich. Das war Max, genau so, wie sie sich an ihn erinnerte. Sie hatte ihn vermisst.

„Was tust du hier?“, fragte er erstaunt.

„Ich bin gekommen, um dich zu verhaften. Sozusagen.“ Ihre Stimme klang bedauernd.

„Verhaften?“ Jetzt erst bemerkte er die Wachen hinter ihr. Er zog die Brauen zusammen. „Was habe ich denn jetzt schon wieder verbrochen?“

„Ach, Max.“ Wieder seufzte Kayla. „Warum kannst du nicht einmal tun, was man dir sagt?“

Er grinste sie an. „Süße, du weißt doch, dass das gegen meine Natur ist.“

Aber er freute sich wirklich, sie zu sehen. Ihr Anblick versetzte ihn sofort zurück in die Vergangenheit. In die typischen idyllischen Straßencafés entlang der Mittelmeerküste mit ihren roten Sonnenschirmen und den Palmen, die sich in der warmen Sommerbrise wiegten. Dort hatten sie zusammengesessen, Cocktails genippt, miteinander gelacht und der fröhlichen Musik kleiner Combos gelauscht. Er erinnerte sich an all die gemeinsamen Erlebnisse, an die Dinge, die passiert waren, an die Reue.

Aber Kayla war immer wunderbar gewesen. Max fand es fantastisch, sie wiederzusehen.

„Das ist Kayla“, sagte er zu der Rothaarigen neben ihm, die ziemlich eingeschüchtert wirkte. Offensichtlich war sie es nicht gewohnt, dass die Palastwachen in ihr Zimmer eindrangen. „Ihr Mann war mein bester Freund. Damals, als wir von Trialta aus zusammen unsere Einsätze geflogen sind.“

„Sehr erfreut“, meinte die Rothaarige unsicher.

„Ja.“ Kayla zwang sich zu einem Lächeln.

Max sah ihren prüfenden Blick, und ihm wurde bewusst, dass sie versuchte, die Situation einzuschätzen, in die sie hereingeplatzt war – ob „etwas“ geschehen war. Aber obwohl die Rothaarige wohl geglaubt hatte, dass das passieren könnte, war Max’ Interesse nicht geweckt worden. Er hatte nur höflich mit ihr geplaudert und einen kleinen Drink mit ihr gehabt.

Alle Bemühungen seiner Gastgeberin, eine romantische Stimmung zu erzeugen, waren umsonst gewesen. Denn bei dem Anblick der Sterne am dunklen Nachthimmel und den entfernten Klängen der Orchestermusik aus dem Ballsaal war ihm jede Lust auf mehr vergangen.

Aber ehe er etwas erklären konnte, traten die beiden Wachen vor und legten ihm Handschellen an.

Verblüfft starrte er darauf. „Was zum Teufel soll das?“

„Sir“, erwiderte Sergeant Marander in hochtrabendem Tonfall. „Hiermit befinden Sie sich im Gewahrsam der Palastwache.“

Max war fassungslos. Handschellen? Das sollte wohl ein Scherz sein. Schnell erwog er zwei oder drei Fluchtmöglichkeiten. Doch als er aufschaute, begegnete er Kaylas beunruhigtem Blick. Ihr hübsches Gesicht, die dunklen Augen und das lange, seidig blonde Haar entsprachen genau dem Bild, das ihn seit zwei Jahren verfolgte. Noch ein paar Sekunden lang schoss ihm das Adrenalin durch die Adern, bevor sich die Spannung löste.

Vor Kayla wollte er nicht weglaufen. Jetzt, da er sie wiedergefunden hatte, musste er unbedingt mit ihr reden.

„Bitte, Max.“ Sie legte ihm die Hand auf den Arm. „Es ist Königin Pellea wirklich wichtig, dass du auf dem Ball erscheinst.“

Er lächelte ihr zu. „Nichts wäre mir lieber“, antwortete er. „Jetzt habe ich ja eine Tanzpartnerin.“

Sofort wich sie zurück. „Oh nein. Nicht mich. Du sollst dort einigen Damen aus den Adelskreisen vorgestellt werden. Dazu gehöre ich nicht.“

„Arbeitest du für die Königsfamilie, Kayla?“, fragte er verwundert.

„Ja. Die Königin und ich kennen uns seit unserer Kindheit, und der Mann meiner Schwester ist in der Leibwache. Als Pellea mir eine Stelle anbot, habe ich zugegriffen.“ Dann fügte sie hinzu: „Es gefällt mir hier.“

Max war nicht sicher, was er davon halten sollte. Früher in Trialta hatte er angenommen, dass sie das Vagabundenleben genauso lieben würde wie er. Und jetzt war sie der königlichen Familie verpflichtet. Na ja, angeblich sollte er ja auch einer der Prinzen sein.

Trotzdem widerstrebte es ihm entschieden, so behandelt zu werden. „Hey, ich komme freiwillig mit“, erklärte er. „Könnten wir bitte diese Handschellen wieder abnehmen?“

Zögernd betrachtete sie diese.

Max lächelte, und Kayla gab nach. „Na schön.“ Sie sah die Wachen an. „Lassen Sie ihn frei.“

Der Sergeant machte eine finstere Miene. „Aber, Miss …“

„Ich übernehme die Verantwortung“, meinte sie. „Wenn er flüchtet, sage ich der Königin, dass es meine Schuld war.“

Achselzuckend schloss der Mann die Handschellen auf, wirkte jedoch keineswegs glücklich darüber.

Lächelnd beugte Max seine Handgelenke und warf einen Blick zum Balkon. Mit zwei Sprüngen hätte er seine Freiheit zurück.

Warum sollte er bleiben, wenn ihm die Konsequenzen ohnehin nicht zusagten?

2. KAPITEL

Kayla wusste, was in Max vorging. Dafür kannte sie ihn gut genug. Rasch ergriff sie seine Hand. „Jetzt gehörst du mir“, erklärte sie streng. „Ich bestimme, wo’s langgeht.“

„Ach ja?“, meinte er belustigt. „Dabei bin ich doch plötzlich Mitglied der Königsfamilie.“ Fragend sah er sie an. „Du weißt es, oder? Jetzt halten sie ausgerechnet mich für einen der verlorenen Prinzen. Nicht zu fassen.“

Sie lächelte. „Mir fällt es auch schwer, das zu glauben. Als ich merkte, dass du es bist …“ Kayla stockte. „Max, ich dachte, du wärst tot.“

Er schwieg betroffen.

Da summte ihr Handy. Sie wusste, dass es die Königin war. Kayla presste die Lippen zusammen und schüttelte den Kopf.

„Wir reden später.“ Ohne seine Hand loszulassen, nahm sie das Gespräch an. „Ja, Eure Majestät. Wir sind gleich da.“

Zehn Minuten später standen beide in Pelleas Empfangszimmer. Diese lief aufgebracht umher und erklärte Max warnend, dass er sich auf sehr dünnem Eis bewegte.

Kayla schaute zu, hörte jedoch kaum hin. Sie wusste, dass die Königin ihn mochte und ihn nur dazu bringen wollte, sich seiner neuen Stellung gemäß zu verhalten.

Gleichzeitig kämpfte Kayla mit ihrer eigenen inneren Unruhe. Max war wieder da, und jetzt musste sie überlegen, wie sie ihn in ihr Leben integrieren konnte. Sie hatte jede Menge Fragen. Es gab so vieles, was sie verpasst hatten und miteinander besprechen mussten.

Zum Beispiel, ob er in den letzten Jahren je daran gedacht hatte, zu heiraten. Ob es jemanden in seinem Leben gab. Aber irgendwie konnte Kayla sich das nicht vorstellen. Er wirkte nicht so, als sei er gebunden. In seinen schönen Augen lag ein Ausdruck, der zeigte, dass er immer auf der Suche war. Etwas in seinem Leben schien zu fehlen.

„Als Erstes brauchst du anständige Kleidung“, stellte die Königin fest und ging ihren Schrank durch.

„Wie? Gefällt dir mein Stil etwa nicht?“ Er warf Pellea einen unschuldigen Blick zu, bei dem sie lachen musste.

„Jetzt verstehe ich das Problem“, meinte sie kopfschüttelnd. „Du weißt es nicht besser. Du musst noch das Eine oder Andere übers Prinz-Sein lernen, richtig?“

„Wenn du darauf bestehst.“ Er verzog den Mund, verbeugte sich jedoch schwungvoll. „Alles, was Ihr wünscht, meine schöne Königin.“

Pellea wurde unwillkürlich rot und schaute dann zu Kayla. „Du musst zugeben, der Junge ist ein Charmeur“, meinte sie. „Seine Manieren lassen zwar manchmal zu wünschen übrig, aber ich glaube, dass er ein echter Rohdiamant ist. Wir werden sehen, was sich aus ihm machen lässt.“ Sie lachte. „Hitze und Druck, die braucht man, um perfekte Diamanten zu erzeugen. Bist du bereit dafür?“

Max antwortete nicht, doch sie hatte sich schon wieder dem Schrank zugewandt und murmelte etwas von Größen und Rüschenhemden.

Achselzuckend sah er Kayla an, und sie lächelte. Doch dann fiel ihr ein, dass zwischen ihnen noch mehr war als nur Erinnerungen. Etwas äußerst Kostbares. Ihr Lächeln verblasste. Es war Zeit zu gehen.

„Eure Majestät, falls ich hier nicht mehr benötigt werde …“

Pellea zog den Kopf aus dem Schrank. „Geh ruhig, Kayla. Ich weiß, du hast viel zu tun. Ich will dich nicht aufhalten.“

„Danke.“ Kayla drehte sich um und sah Max streng an. „Und du wirst schön brav sein, ja?“

„Meinst du?“, erwiderte er scherzhaft.

„Die Wache steht draußen, also glaub bloß nicht, dass du flüchten kannst“, entgegnete sie so leise, dass Pellea es nicht hören konnte.

Sein Blick besagte: Wer, ich?

Auf dem Weg zur Tür schaute Kayla über ihre Schulter zurück. „Viel Spaß bei dem Ball. Du wirst dort sicher der große Star sein.“

Sie eilte zurück zum Büro, um liegen gebliebene Arbeiten zu erledigen. Eine hektische Woche lag hinter ihr. Pellea hatte sie als Repräsentantin der königlichen DeAngelis-Familie zu einer Finanztagung nach Paris geschickt. Es hatte Kayla nicht gefallen, eine ganze Woche fort zu sein. Doch sie wollte das Vertrauen, das die Königin in sie setzte, auf jeden Fall rechtfertigen, und daher arbeitete sie bis zur Erschöpfung.

Während ihrer Abwesenheit hatte man den letzten der verlorenen Prinzen von Ambria gefunden. Zuerst war Mykal Marten, den Kayla noch vor ihrer Abreise kennengelernt hatte, als der vierte Prinz bestätigt worden. Und dann erreichte sie die Nachricht, dass auch der fünfte Prinz gefunden worden war. Als sie den Namen in einem Zeitungsartikel las, hatte sie sich nicht viel dabei gedacht – bis sie das Foto sah. Es war zwar verschwommen und aus weiter Entfernung aufgenommen, aber die breiten Schultern erinnerten sie sofort an ihren Max.

Autor

Raye Morgan

Raye Morgan wuchs in so unterschiedlichen Ländern wie Holland, Guam und Kalifornien auf und verbrachte später einige Jahre in Washington, D.C. Jetzt lebt sie mit ihrem Mann, der Geologe und Informatiker ist, und zwei ihrer vier Söhne in Los Angeles. „Die beiden Jungen zu Hause halten mich immer auf dem...

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