Von Sex stand nichts im Vertrag

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Kendall weiß, dass Troy sie begehrt! Sie kann es in seinen Augen sehen. Warum kämpft er dagegen an? Nur weil er Berufliches nicht mit Privatem vermischen will? Zum Glück weiß Kendall auch, wie sie ihn trotzdem dahin bringt, wo sie ihn haben will - in ihrem Schlafzimmer ...


  • Erscheinungstag 26.10.2020
  • ISBN / Artikelnummer 9783751504010
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

„Wie kommst du darauf, dass er uns nicht bloß bei den Eiern packen will?“

Troy Metaxas hielt mit der Kaffeetasse auf halbem Weg zum Mund inne und sah seinen jüngeren Bruder über den Tisch im Diner hinweg an. Typisch Ari, die Frage so zu formulieren.

Er stellte seine Tasse wieder ab und lehnte sich auf der mit rotem Leder bezogenen Sitzbank zurück. Das Quality Diner war geschmückt für die bevorstehenden Weihnachtstage. Die Besitzerin des um seine Existenz kämpfenden Diners hatte offenbar eine besondere Vorliebe für Schneeflocken und Eiszapfen. Wahrscheinlich, weil man die hier an der Nordwestküste der Vereinigten Staaten eher selten zu sehen bekam. Über ihrem Tisch hing ein weißer Pappmaschee-Engel, der sich mal in die eine, mal in die andere Richtung drehte.

Natürlich hatte Troy auch schon daran gedacht, dass Manolis Philippidis genau das vorhatte, was Ari vermutete. Oft genug sogar. Doch seit der reiche Grieche vor einer Woche erneut zu ihm Kontakt aufgenommen hatte, indem er ihm ein Friedensangebot machte sowie den Vertragsabschluss anbot, den Troy von ihm wollte … nun, da war er gezwungen gewesen, ihn anzuhören.

Troy wusste, worauf er sich einließ. Aber dieses Projekt war ihm wichtig. Nachdem das Sägewerk seiner Familie vor vier Jahren schließen musste, fühlte er sich verantwortlich dafür, in der Kleinstadt Earnest neue Arbeitsplätze zu schaffen. Daraus entstand die Idee zur Entwicklung umweltfreundlicher Technologien. Die Solarpanels, die das neue Unternehmen produzieren würde, waren nicht nur revolutionär durch die Fähigkeit, mehr Sonnenlicht einzufangen. Die Dünnschichtmethode war kostensparend und machte Solaranlagen somit für viele Menschen erschwinglich.

In jeder Hinsicht eine Win-win-Situation.

Troy musterte seinen Bruder. „Was soll’s? Hauptsache, wir können das Unternehmen auf die Beine stellen.“

„Dein Rat lautet also ‚lächeln und mitmachen‘?“

„Ganz genau.“ Troy lehnte sich nach vorn. „Sieh dich doch mal um, Ari. Die Arbeitslosenquote in Earnest ist auf fast fünfunddreißig Prozent gestiegen. Und da sind die Einwohner, die gezwungen waren, von hier wegzuziehen, nicht mal mit eingerechnet. Genauso wenig die Leute, die ihre Häuser verloren haben oder weg mussten, um anderswo neue Arbeit zu finden.“

Sein Bruder sah sich tatsächlich im Diner um. Es war ein Mittwochmorgen, und nur wenige Gäste hielten sich hier auf. Früher war das Lokal um diese Zeit voller Arbeiter aus dem Sägewerk, die vor der Arbeit hier frühstückten. Vor fünf Jahren wäre um diese Zeit die Nachtschicht nach Feierabend ebenfalls hier aufgetaucht, bevor sie sich auf den Heimweg machte.

„Die Hälfte aller Geschäfte hat inzwischen dichtgemacht, ein weiteres Viertel ist von der Pleite bedroht“, erklärte er. „Meinst du nicht, dass die Stadt es wert ist, für sie ein paar Unannehmlichkeiten in Kauf zu nehmen?“

Er erwähnte die genauen Gründe für das Scheitern der Vertragsverhandlungen zwischen Philippidis und den Metaxas-Brüdern vor sechs Monaten lieber nicht. Das war auch nicht nötig, denn Ari kannte die Gründe am besten. Schließlich war er es gewesen, der Philippidis am Abend vor dessen Hochzeit die Braut ausgespannt hatte.

Obwohl es Troy vorkam, als sei das erst gestern passiert, war Ari inzwischen immerhin mit Elena Anastasios verlobt und sie von ihm hochschwanger. Sie war längst nicht mehr die gestohlene Braut, sondern Troys zukünftige Schwägerin und Mutter seines Neffen oder seiner Nichte.

Ari schüttelte den Kopf, als wollte er auf die unausgesprochenen Gedanken seines Bruders antworten. „In Anbetracht dessen, was dieser Dreckskerl uns im letzten halben Jahr angetan hat, sollten wir eher nicht scharf darauf sein, mit ihm in die Kiste zu steigen.“

Troy reagierte nicht.

Ari hob kapitulierend die Hände. „Na schön, das war ein schlechter Vergleich. Aber du weißt, was ich meine. Wer sagt, dass er uns nicht wieder reinlegen will? Vielleicht will er uns nur dazu bringen, unser letztes Geld zu investieren, um uns dann erneut den Teppich unter den Füßen wegzuziehen.“

„Wer sagt, dass er es nicht ernst meint?“

Ari blieb skeptisch.

„Wir haben jede andere Möglichkeit ausgeschöpft. Entweder machen wir es so, oder wir geben das Projekt auf. Und das kommt für mich nicht infrage.“ Troy nahm einen Schluck von seinem Kaffee. „Wie dem auch sei, diesmal wissen wir, mit wem wir es zu tun haben. Und wir sind auf alles vorbereitet.“

Ari sah auf seine Uhr. Troy wartete genauso ungeduldig wie er auf die drei anderen Männer, mit denen sie zum Frühstück verabredet waren. Denn dann würde es auch nicht mehr lange bis zu dem Treffen mit Philippidis im Büro des Sägewerks, später am Vormittag, dauern.

Die alte Kuhglocke über der Tür bimmelte. Troy warf einen Blick über die Schulter. Es war keiner von den Dreien, mit denen sie zum Frühstück verabredet waren, sondern eine Frau in einer engen, schwarzen Laufhose und einem weiten Sweatshirt der Universität von Oregon. Sie sah fitter aus, als er sich fühlte. Die blonden Haare hatte sie im Nacken zu einem Knoten zusammengebunden. Sie zog das Sweatshirt aus, unter dem sie ein Trägertop trug, das ihr am Körper klebte.

Troy betrachtete ihre sexy Figur, angefangen bei den Waden, über die Schenkel, die Hüften bis hinauf zu den vollen Brüsten unter dem feuchten Stoff.

„Guten Morgen!“, rief Verna aus dem Küchenfenster. „Suchen Sie sich irgendwo einen Platz.“

Die Frau war ein wenig außer Atem. Sie bedankte sich und setzte sich an den Tisch hinter Troy. Dabei stieß sie gegen seine Bank, sodass er fast seinen Kaffee verschüttet hätte.

„Entschuldigung“, sagte sie.

„Keine Ursache.“

Ari grinste seinen Bruder an.

„Was?“, fragte Troy.

Sein Bruder hob unschuldig die Hände. „Hab’ nichts gesagt.“

Troy verzog das Gesicht. Seit wann war es ein Verbrechen, der attraktiven Figur einer Frau Anerkennung zu zollen? Besonders, da es schon so lange her war, dass er sich diesen Luxus gegönnt hatte. Allerdings hatte er auch nicht viele Gelegenheiten dazu bekommen. Wenn man in der Kleinstadt lebt, in der man aufgewachsen ist und jeden kennt, kann man nicht einfach die Brüste einer Frau ansehen und sich irgendetwas Sexuelles vorstellen. Das hätte geradezu etwas Inzestuöses, wenn man ihren Mann kannte, die Kinder, ihre Eltern und Großeltern. Ganz zu schweigen davon, dass man sie schon als Mädchen mit Zahnspangen kannte und wusste, dass sie freitagabends im Pub gern ein Bier zu viel trank.

Doch er musste sich eingestehen, dass er in letzter Zeit genau das tat – er sah sich die Frauen aus dem Ort an. Wie lange lag sein letztes richtiges Date zurück? Wann hatte er zuletzt den Duft der Haut einer Frau wahrgenommen? Sich mit einer Frau vereint? Viel zu lange. Offenbar war sein Körper nicht länger bereit, diese Tatsache zu ignorieren.

Sobald er diesen Vertrag unter Dach und Fach hatte, würde er sein kleines schwarzes Notizbuch abstauben und die eine oder andere Frau in Seattle anrufen, um sich zu einem Date zu verabreden. Das hatte er sich fest vorgenommen.

„Oh, du bist in einem bemitleidenswerten Zustand, was?“, meinte Ari. „Wie lange ist es her? Jetzt sag nicht, seit Gail.“

Troy beugte sich ein wenig über den Tisch, damit Ari leiser sprach. Da sich nur wenige Gäste im Diner aufhielten, hatte die Frau mit Sicherheit gehört, was Ari gesagt hatte.

„Später“, murmelte Troy.

„Tja, das ist dein Problem. Bei dir heißt es immer ‚später‘.“ Ari beugte sich ebenfalls vor, dachte jedoch nicht daran, seine Stimme zu senken. „Sieh den Fakten ins Auge: Du brauchst mal wieder Sex.“

Die Frau hinter ihm hustete. Troy drehte sich um und stellte fest, dass sie sich an ihrem Glas Wasser verschluckt hatte.

„Na toll“, flüsterte er. „Wirklich klasse.“

„Ich sage nur, wie es ist“, erklärte Ari mit einem Schulterzucken.

Die Besitzerin des Diners, Verna Burns, die gleichzeitig auch kellnerte, erschien am Tisch der Frau, um ihr Kaffee aus der Kanne anzubieten, die sie in der Hand hielt. Offenbar bejahte die Frau die Frage nach dem Kaffee.

„Übrigens, Ari?“, sagte Verna. „Richte Elena bitte meinen Dank aus für die Baklava, die sie für mich gemacht hat. Die waren im Nu weg, und alle waren begeistert.“

Ehe sein Bruder ihr sagen konnte, dass er es ausrichten würde, fing das Telefon hinten im Lokal an zu klingeln. Verna entschuldigte sich und eilte davon.

„Elena backt Baklava für das Diner?“, fragte Troy.

Aris Grinsen erstarb. „Sie ist immer noch daran interessiert, den Laden zu kaufen.“

„Und du bist anscheinend immer noch dagegen.“

„Wir bekommen in drei Monaten ein Baby. Wie will sie das und das Diner zusammen schaffen?“

„Frauen haben solche Sachen seit Anbeginn der Zeit hinbekommen, Ari.“

„Mal schauen“

Jemand tippte Troy auf die Schulter. Er drehte sich um und blickte in das amüsierte Gesicht seiner Tischnachbarin. Ihre grünen Augen leuchteten, ihre Wangen waren leicht gerötet, ihre Lippen voll. „Entschuldigen Sie, aber könnte ich mir wohl Zucker von Ihnen borgen?“

Oh, nur zu gern würde er ihr so einiges versüßen.

„Selbstverständlich.“ Er reichte ihr die Zuckerdose und registrierte, dass ihre Fingernägel sorgfältig manikürt waren.

„Danke.“

Als er sich wieder umdrehte, mied er Aris Blick, hörte jedoch dessen leises Lachen.

„Kein Wort“, warnte er Ari.

„Wie bitte?“, fragte die Frau.

„Was? Oh, entschuldigen Sie. Ich habe mit meinem Bruder gesprochen.“

„Ich verstehe. Tut mir leid, wenn ich Sie schon wieder behellige, aber ist das dort frische Kaffeesahne auf Ihrem Tisch? Die ist viel besser als der Kaffeeweißer hier.“

Troy brauchte einen Moment, bis er verstanden hatte. Als er die Hand nach dem Sahnekännchen ausstreckte, hielt Ari es ihm schon hin. Troy nahm es und hätte die Frau mit dem Inhalt fast bekleckert, weil er nicht aufpasste.

„Tut mir leid“, sagte er.

„Ist ja nichts passiert“, erwiderte sie mit einem wissenden Lächeln.

„Gut gemacht, Großer“, sagte sein Bruder.

Troy warf ihm einen finsteren Blick zu.

Die Frau sagte: „Wenn wir schon Kaffee zusammen trinken, kann ich mich auch vorstellen.“ Sie streckte ihre schmale Hand aus. „Kendall Banks.“

Er schüttelte ihr die Hand. „Troy Metaxas. Und das ist mein Bruder Ari. Obwohl ich momentan in Erwägung ziehe, ihn zu verleugnen.“

Sie lachte und schüttelte Ari ebenfalls die Hand. „Ah, die berühmten Metaxas-Brüder. Freut mich, Sie beide kennenzulernen.“

„Sind Sie von hier?“, fragte Ari, sehr zu Troys Ärger.

„Nein, ich bin nur zu Besuch in Ihrer hübschen Stadt.“

„Wohnen Sie in Foss’s Bed & Breakfast?“

„Ja. Woher wissen Sie das? Lassen Sie mich raten: Es ist die einzige Pension in der Stadt, oder?“

„Stimmt genau.“

„Woher kommen Sie?“, wollte Ari wissen.

„Aus Portland.“

Troy hätte seinem Bruder am liebsten die Papierserviette in den Mund gestopft, damit er diese Unterhaltung endlich beendete.

„Ich lasse Sie beide jetzt weiterfrühstücken. Oh, warten Sie.“ Sie reichte Zucker und Sahne herüber. „Noch mal danke.“

„Gern geschehen“, sagte Troy und stellte die Sachen wieder auf seinen Tisch.

Zum Glück weckte draußen irgendetwas Aris Aufmerksamkeit. „Ist das Palmer?“

Troy entdeckte Palmer DeVoe, einen der drei Männer, mit denen sie sich hier treffen wollten. Außer ihm erwarteten sie noch Caleb Payne und Graham Johnson, den langjährigen Anwalt ihres Unternehmens. Palmer kam kopfschüttelnd und grinsend aus Penelope Weavers Café, schaute zum Diner und überquerte die Straße.

Als Palmer zu ihnen an den Tisch trat, erhob Troy sich und schüttelte ihm zur Begrüßung die Hand. Früher hatte er mit ihm in der Highschool Football gespielt. Vor Kurzem noch war er ein direkter Konkurrent gewesen. Aber dann stellte er sein eigenes Projekt ein und bot an, zu ihnen an Bord zu kommen.

Troy war überzeugt, dass für die jüngste Kehrtwende des Griechen der Absprung Philippidis wichtigster Leute verantwortlich war. Das und die Tatsache, dass Caleb Paynes Mutter, mit der Philippidis mehrmals ausgegangen war, mit ihm Schluss gemacht hatte, da ihr Sohn gegen die Verbindung protestiert hatte.

Was immer der Grund sein mochte, Troy war froh über die Chance, sich wieder mit dem Griechen zusammenzutun. Er war der Ansicht, es sei weitaus besser, ihn als argwöhnischen Freund zu haben, statt als wütenden Gegner. Philippidis hatte ihnen so viele Steine in den Weg gelegt bei ihrem Versuch, das alte Sägewerk in eine Fabrik für Solaranlagen umzubauen, dass er schon fast jede Hoffnung aufgegeben hatte.

Aber dann hatte Philippidis Kontakt zu ihm aufgenommen und um ein Treffen gebeten, um die Dinge zwischen ihnen zu klären.

Das Angebot hätte zu keinem besseren Zeitpunkt kommen können.

Palmer nickte der Frau hinter Troy zu und setzte sich zu ihm auf die Sitzbank.

Ari grinste. Troy verzog genervt sein Gesicht.

„Wo sind Caleb und Graham?“, fragte Palmer.

„Die müssen jeden Moment hier sein.“ Sonnenlicht glitzerte auf Metall. „Wenn man vom Teufel spricht. Ich glaube, die beiden sind gerade vorgefahren.“

„Gut“, sagte Troy.

Je eher sie anfingen, umso besser …

Drei Stunden später stand Troy mit dem Telefon am Ohr in seinem Büro. Er versuchte einen Zulieferer davon zu überzeugen, eine Bestellung noch eine Woche länger zurückzuhalten.

Er nahm seine Umgebung kaum wahr.

In dem alten Sägewerk war er praktisch aufgewachsen. Unter dem Metallschreibtisch zu seiner Rechten, an dem einst sein Vater und davor sein Großvater gesessen hatten, hatte er sich als Kind immer versteckt. An den Fensterfronten auf drei Seiten des Raumes hatte er sich die Nase platt gedrückt und seinen Namen in den dadurch entstehenden kleinen Kreis aus Kondenswasser auf der Glasscheibe geschrieben, hinter der man den dichten Wald sehen konnte. Er spielte auf dem schmiedeeisernen Gang und den Treppen über dem offenen Produktionsbereich des Sägewerks. Früher war es dort laut und geschäftig zugegangen. Heute herrschte Stille. Die alten Maschinen standen nur noch aus nostalgischen Gründen da und hatten keinerlei praktischen Nutzen mehr.

Hin und wieder stieg Troy der Geruch von Holzspänen in die Nase und erinnerte ihn an längst vergangene Zeiten. Doch seine Gedanken kreisten zu sehr um die Zukunft, als dass ihm das alles ins Bewusstsein gedrungen wäre.

„Ich werde mit dem Preis nach oben gehen müssen“, sagte der Vertreter.

Troy rieb sich die geschlossenen Lider. Als er die Augen wieder aufmachte, fiel sein Blick auf die Weihnachtskarte, die er heute bekommen hatte. Von seiner Exfreundin Gail. Und seinem ehemals besten Freund Ray. Die zwei waren inzwischen verheiratet und verschickten gemeinsam Weihnachtskarten.

„Hören Sie“, sagte er ins Telefon. „Meine Sekretärin signalisiert mir gerade, dass ich gleich ein Meeting habe. Ich rufe sie später zurück …“

Rasch beendete er das Gespräch und betrachtete ein wenig benommen die Weihnachtskarte. In letzter Zeit musste er ständig solche Telefonate führen, und das ging ihm allmählich an die Nieren.

„Bist du fertig?“, fragte Ari, der neben Patience, Troys Sekretärin, im Türrahmen erschien.

Troy schaute durch die Glasscheiben der fünf anderen Büros ins Konferenzzimmer am anderen Ende des oberen Stockwerks. Die Teilnehmer des Meetings versorgten sich mit Kaffee und unterhielten sich. Troy hatte nicht einmal mitbekommen, dass sich alle schon versammelt hatten, obwohl sie an seinem Büro vorbeigehen mussten.

Sein Blick fiel auf Manolis Philippidis, der als Einziger saß. Der Grieche trommelte mit den Fingern auf der Tischplatte und schaute ungeduldig auf seine Uhr.

Troy warf die Weihnachtskarte in den Papierkorb, nahm von Patience einen Aktenordner entgegen und folgte seinem Bruder zum Konferenzraum.

Nachdem er alle anderen Anwesenden begrüßt hatte, stand er vor Philippidis. Er bot ihm die Hand und rechnete halbwegs damit, dass der andere sie ignorieren würde. Zu Troys Überraschung stand der Grieche jedoch auf und schüttelte ihm die Hand.

„Na, dann kommen wir mal zum Geschäft“, erklärte Troy und fühlte sich schon deutlich erleichtert, als er schließlich am Kopf des Tisches Platz nahm.

„Tut mir leid, dass ich mich verspätet habe“, sagte eine Frauenstimme.

Troy sah zur Tür und entdeckte eine attraktive blonde Frau mit langen Beinen, die gerade hereinkam. Eine ihm sehr bekannt vorkommende, attraktive blonde Frau.

Er fiel beinah rückwärts in seinen Sessel, als die Frau, die sich vorhin im Diner als Kendall Banks vorgestellt hatte, erst Philippidis und dann den anderen Anwesenden die Hand schüttelte, ehe sie sich an ihn wandte.

Abgesehen von ihrem Namen erinnerte ihn auch ihr sexy Lächeln an die Frau aus dem Diner. Ansonsten sah sie vollkommen anders aus. Sie trug die goldblonden, schulterlangen Haare nun offen. Ihr dezentes Make-up betonte die Wirkung ihrer grünen Augen und ihres frechen Mundes. Außerdem hatte sie die Laufhose und das Trägertop gegen ein pflaumenfarbenes Kostüm eingetauscht. Durch den kurzen Rock und die schwarzen Pumps wirkten ihre Beine noch länger.

Troy griff sich unbewusst an den Kragen, als er ihr die Hand schüttelte.

„Hallo, noch mal“, sagte sie mit einem kurzen Lächeln.

Plötzlich war ihm nicht nur der Kragen zu eng.

„Verzeihen Sie meine Verspätung“, wandte sie sich erneut an alle Anwesenden und ging um den Tisch zum einzigen noch freien Platz. „Ihr Sheriff hat mich wegen überhöhter Geschwindigkeit angehalten und … tja, danach hätte ich wirklich rasen müssen, aber ich traute mich nicht mehr.“

Kollektives Gelächter ertönte.

„Hat Barnaby Ihnen einen Strafzettel ausgestellt?“, wollte Ari wissen.

Kendall strahlte. „Natürlich nicht.“

Philippidis räusperte sich. „Miss Banks wird als meine Beraterin bei diesem Deal fungieren, da meine bisherigen Berater ja jetzt alle für Sie arbeiten.“ Bei diesen Worten sah er zu Palmer und Caleb.

Troy beobachtete fasziniert, wie Kendall am anderen Ende des Tisches Platz nahm. Sie hob kurz eine Braue, was verriet, dass ihr das kleine Detail, das ihr Boss gerade verraten hatte, bisher nicht bekannt gewesen war. Hieß das, dass sie auch über die Hintergründe ihrer Geschäftsverhandlungen nicht informiert war?

Diesmal war Ari derjenige, der sich räusperte. „Troy?“

Er sah irritiert zu seinem Bruder. „Was? Oh ja, richtig.“ Troy schlug den Aktenordner auf. Das war das Signal für seine Sekretärin, die Notizen zu verteilen, die er hatte ausdrucken lassen. „Wenn Sie bitte zu Seite zwei, Punkt vier blättern würden …“

Drei Stunden und ein Arbeitsessen später saß Kendall immer noch am Konferenztisch und überarbeitete die Notizen, obwohl das nicht nötig war. Die anderen Sitzungsteilnehmer gingen einer nach dem anderen.

Am Schluss war sie mit Troy allein im Zimmer.

Langsam klappte sie ihr ledergebundenes Notizbuch zu und lehnte sich in ihrem Bürosessel zurück. Sie beobachtete, wie Troy von der Tür zurückkam, nachdem er seinen Bruder verabschiedet hatte. Er ging zu der Fensterfront rechts von ihr, von wo aus man das Gelände überblicken konnte.

„War das hier früher ein Sägewerk?“, erkundigte sie sich, während sie mehr auf seinen gut sitzenden, dunkelblauen Anzug achtete, statt auf ihre Umgebung.

Als sie sich im Diner getroffen hatten, war sie ganz perplex gewesen angesichts seines guten Aussehens. Außerdem war die Unterhaltung zwischen den Brüdern höchst amüsant gewesen.

Es gab also momentan niemanden in Troy Metaxas’ Leben? Gute Neuigkeiten für sie. Denn auch in ihrem Leben gab es niemanden, seit ihr letzter Freund sich aus dem Staub gemacht hatte. Sie sei ihm zu unverblümt und nehme nie ein Blatt vor den Mund, lautete seine Begründung.

Woher hätte sie wissen sollen, dass seine Mutter keine Ahnung hatte, dass er vor drei Monaten seinen Job verloren hatte?

Nun, jetzt wusste sie es. Und sie hatte momentan keinen Freund. Aber da sie nur vier Monate zusammen gewesen waren, vergoss sie nicht gerade Tränen.

„Ja, das war mal ein Sägewerk“, bestätigte Troy und wandte sich von der Fensterfront ab. „Es war fast ein Jahrhundert im Besitz meiner Familie, ehe wir es vor gut vier Jahren schließen mussten.“

Sie nickte. „Es gefällt mir, dass Sie sich der Tradition bewusst sind.“ Sie schob ihren Sessel ein Stück zurück und schlug die Beine übereinander. Troy stand rechts von ihr, sodass er ihre provozierende Bewegung aus der Vogelperspektive verfolgen konnte. Und er enttäuschte sie nicht, denn er gestattete sich einen ausgiebigen Blick auf ihre Beine. An denen arbeitete sie auch hart, indem sie mindestens viermal die Woche joggte. Sie wusste also, dass ihre Beine klasse waren. Und wenn sich die Gelegenheit bot, setzte sie sie auch zu ihrem Vorteil ein.

„Wie lange arbeiten Sie schon für Philippidis?“, erkundigte er sich.

Sie überlegte. „Wie lange? Das ist eine schwierige Frage.“

Er wartete.

„Ich arbeite nicht direkt für Manolis“, erklärte sie. „Er hat mich speziell für dieses Projekt an Bord geholt.“

Kendall verstand nicht, warum er das Gesicht verzog. „Und wie lange kennen Sie ihn schon?“

Sie rieb ihre Schuhspitze an der Wade ihres anderen Beins. „Ich kenne ihn seit ungefähr acht Monaten. Er half meinem Vater und unserer Anwaltskanzlei in Portland.“

„Sie gehört ihm.“ Das war eher eine Feststellung, keine Frage.

„Ja, sie gehört seit Kurzem Manolis. Aber mein Vater hofft, sie irgendwann wieder zurückkaufen zu können.“

„An seiner Stelle würde ich nicht damit rechnen.“

„Ach ja, die Feindseligkeit zwischen Ihnen.“ Sie verstaute ihr Notizbuch in ihrem Aktenkoffer. „Die ist mir während des Meetings nicht entgangen. Was steckt dahinter?“

Troy strich sich die Haare aus der Stirn. Eine vielsagende Geste, die ihn für Kendall noch attraktiver machte. „Das spielt keine Rolle.“

Er sah sie wieder an, doch vermochte sie nicht zu sagen, ob das aus Interesse geschah, oder ob es ihm lieber wäre, wenn sie ging.

„Was machen Sie hier?“

„Ich glaube, ich verstehe nicht ganz“, erwiderte sie.

Er deutete auf den Tisch. „Ich will Ihre Qualifikation nicht infrage stellen, aber …“

„Dann tun Sie’s doch einfach nicht.“

Er blieb unbeeindruckt.

Kendall stellte die Füße langsam wieder nebeneinander und stand auf. Sie nahm ihren Aktenkoffer und ging zu Troy. „Seien Sie versichert, Mr Metaxas, dass ich sehr gut bin, in dem, was ich tue.“

„Bitte nennen Sie mich Troy.“

Sie stand dicht vor ihm und hatte den Eindruck, dass er ihren Duft einzuatmen schien.

Er war wirklich aufregend.

„Was die Tatsache betrifft, dass ich nach dem Meeting noch geblieben bin …“ Sie musterte seine athletische Figur. „Nun, ich werde Ihnen nichts vormachen, Troy. Seit wir uns heute Morgen zum ersten Mal begegnet sind, noch ehe ich wusste, wer Sie sind, fühlte ich mich zu Ihnen hingezogen.“

Er räusperte sich. Offenbar war er von ihr nicht so unbeeindruckt, wie er sie hatte glauben lassen wollen. „Ich trenne Privates und Berufliches strikt, Ms Banks.“

„Kendall, bitte.“ Sie lächelte. „Das tue ich ebenfalls. Nur sind in diesem Fall für mich Beruf und Vergnügen eins.“ Sie fuhr mit der freien Hand unter das Revers seines Jacketts, strich mit den Fingerspitzen über den teuren Stoff. Mit den Fingerknöcheln berührte sie seine harten Bauchmuskeln durch sein Hemd hindurch. Er sog scharf die Luft ein.

„Tatsächlich glaube ich, dass wir im Schlafzimmer ebenso erfolgreich sein können, wie im Konferenzzimmer …“

2. KAPITEL

Die Frau brachte ihn völlig aus dem Konzept. Und Troy hatte nicht die leiseste Ahnung, ob das gut war oder nicht.

Autor

Tori Carrington
Lori und Tony Karayianni haben unter dem Namen Tori Carrington mehr als 35 Liebesromane veröffentlicht, und schreiben seit über 21 Jahren gemeinsam. Diese Tatsache verrät schon einiges über die beiden! Auch wenn sie sich mittlerweile gar nicht mehr vorstellen können, jemals ohne einander gewesen zu sein, gab es auch ein...
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