Vorsicht Playboy!

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Die Computerspezialistin Kathryn Templeton kennt sehr wohl den Ruf, den Joel Kendrick in der High-Society Londons genießt: Keine schöne Frau ist vor ihm sicher - seine Affären haben für viel Gesprächsstoff gesorgt. Trotzdem erliegt auch sie seinem Charme und wird seine Geliebte. Jede freie Minute verbringt sie mit Joel, ermahnt sich aber immer wieder, einen kühlen Kopf zu bewahren, denn sicher wird sie bald ihrer Nachfolgerin weichen müssen. Als Kathryns vier Brüder von ihrer Beziehung hören, droht eine ganz andere Gefahr. Sie wollen Joel nachdrücklich klarmachen, wie er ihre Schwester zu behandeln hat!


  • Erscheinungstag 16.01.2019
  • ISBN / Artikelnummer 9783733745530
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Kathryn Templeton befand sich in einem angenehmen Schwebezustand zwischen Wachen und Träumen. Der Motor lief fast geräuschlos, und den Boxen entströmten sanfte Klänge. Schon vor einer Weile hatte sie sich gelöst auf dem Beifahrersitz zurückgelehnt und die Augen geschlossen. Als die Musik unvermittelt abbrach, fuhr Kathryn auf und wandte sich dem Fahrer zu, sodass ihr das tizianrote Haar ins Gesicht fiel.

„Was gibt’s?“ Sie blickte nach vorn und erwartete, einen Unfall vor sich zu haben, doch die von spätwinterlichem Schnee überzogene Seenlandschaft, durch die die Straße sich wand, war leer.

„Wir sind fast da“, erklärte ihr Cousin Drew Templeton, der sie zu dieser Fahrt ins Kumbrische Bergland überredet hatte.

Prüfend sah Kathryn ihn an. „Warum bist du auf einmal so ernst?“

Drew trommelte mit den Fingern nervös auf das Lenkrad. „Ach, es ist nichts weiter“, wehrte er ab, setzte dann jedoch hinzu: „Ich dachte nur, ich sollte dich lieber vor Joel Kendrick warnen.“

In Kathryns grünen Augen erschien ein nachdenklicher Ausdruck. Drew hatte ihr von seinem Chef nur sehr wenig erzählt. Sie wusste lediglich, dass er Probleme mit seinem Computer hatte, und da ihr Cousin ihr sehr nahe stand, hatte sie sich bereit erklärt, dem Mann aus der Patsche zu helfen. Schließlich besaß sie eine kleine, aber gut gehende Computerfirma, die sich auf Programmstörungen spezialisiert hatte.

Kathryn zog fragend die Brauen hoch. „Was ist mit ihm?“ Nachdem sie das Ziel der Fahrt fast erreicht hatten, fand sie, dass Drews Warnung etwas spät kam. Vermutlich hatte er befürchtet, sie könnte ihn sonst im Stich lassen. Aber natürlich hätte sie das nicht getan. „Also gut, raus mit der Sprache, Drew. Ist er ein Ungeheuer?“, scherzte sie.

Ihr Cousin warf ihr einen finsteren Blick zu. „Na ja, nicht direkt. Man könnte ihn auch so beschreiben: Joel Kendrick ist ein Wolf im Wolfspelz“, erklärte er ernst. „Ein Playboy, wie er im Buch steht.“

Jetzt war Kathryn hellwach. Interessant! Ein echter Playboy war ihr noch nicht begegnet. Was mochte dieser Joel Kendrick für ein Typ sein? Natürlich sah er blendend aus, ein Frauentyp, der geborene Verführer, für den Flirten zum täglichen Leben gehörte. Bei der Vorstellung schlug Kathryns Herz rascher. Nichts genoss sie mehr, als mit einem gut aussehenden Mann auf Teufel komm raus zu flirten. Das Arbeitswochenende versprach doch noch ganz amüsant zu werden. Lächelnd verschränkte sie die Arme vor der Brust und widmete sich wieder Drew.

„Klingt interessant. Erzähl mir mehr von ihm!“, forderte sie ihn begeistert auf.

Ihre Reaktion schien ihn nicht zu überraschen. Kathryn war eine temperamentvolle, unternehmungslustige junge Frau, die das Leben als Abenteuer betrachtete. Statt sich vor Joel Kendrick zu hüten, würde sie ihn als willkommene Herausforderung zum Flirten betrachten. Doch er war anders als die Männer, die Kathryn kannte. Er konnte ihr gefährlich werden, und Drew wollte auf keinen Fall, dass sie auf Joel Kendrick hereinfiel.

„Hör mal, Kathy, ich mein’s ernst. Joel ist mein Chef, und ich mag ihn, aber er ist ein Casanova. Für ihn sind schöne Frauen Freiwild. Wenn er eine sieht, die er begehrt, ist er nicht mehr zu bremsen. Sicher, er behandelt die Frauen gut, aber bei ihm gibt es nur flüchtige Beziehungen. Heiraten kommt für ihn nicht infrage. Das ist auch der Grund, warum er Probleme mit seinem Computer hat und deine Hilfe braucht.“

Statt sich davon abschrecken zu lassen, wurde Kathryn jetzt erst recht neugierig. „Du meinst, eine von seinen Damen hat sich an seinem Computer zu schaffen gemacht?“

„Anscheinend hat es ihr nicht gepasst, dass Joel mit ihr Schluss gemacht hat. Wir glauben, sie ist ins Haus zurückgeschlichen, als er nicht da war, und hat alles gelöscht, was ihr unter die Finger kam. Dabei ist das System abgestürzt und … Na ja, ich bin nicht vom Fach. Der Himmel weiß, was sie alles angerichtet hat. Laut Joel herrscht totales Chaos.“

„Ich verstehe.“ Im Stillen bewunderte Kathryn die Taktik der Frau. Diese Art der Rache war sehr viel raffinierter, als die Anzüge des abgesprungenen Liebhabers zu zerfetzen. Die Dame besaß Stil.

Seufzend bog Drew von der Fernstraße ab. „Joel hat mich angerufen und wollte wissen, ob ich jemanden kenne, der seinen Computer wieder in Ordnung bringt. Und verständlicherweise möchte er da niemanden haben, der in seinen Geschäftsdaten herumschnüffelt. Ich wusste, dass ich dir vertrauen kann, aber erst nachdem wir losgefahren waren, ist mir bewusst geworden, dass ich dich dem Wolf vorwerfe, wenn ich dich zu Joel bringe.“

„Weil du denkst, er könnte mich auch auf seine Beuteliste setzen?“, fragte Kathryn amüsiert.

Drew warf ihr einen besorgten Blick zu. „Du bist genau der Typ, auf den er anspringt.“

Jetzt musste Kathryn lächeln. Der Auftrag klang äußerst verlockend. „Weil ich atme?“

„Weil du sehr schön bist“, erklärte Drew.

Lachend zwickte sie ihn in den Arm. „Danke für das Kompliment, mein Lieber.“

Drew gefiel die Art, ihm ihre Zuneigung zu zeigen. „Gern geschehen.“

Entspannt lehnte Kathryn sich zurück und ließ die malerische Schneelandschaft auf sich wirken. Die Straße führte jetzt am See entlang, und die Szenerie war atemberaubend. Kathryn mochte den Winter. Alles wirkte dann so gestochen scharf und sauber.

Schließlich kehrten ihre Gedanken zu Joel Kendrick zurück. Gut, dass er nicht ans Heiraten dachte, denn er schien überhaupt nicht ihr Typ zu sein. Sie wartete auf den einen Mann, mit dem sie den Rest ihres Lebens verbringen wollte. Eines Tages würde sie ihm begegnen und sich auf der Stelle in ihn verlieben. Die berühmte Liebe auf den ersten Blick. Doch während sie darauf wartete, hatte sie nichts dagegen, etwas Spaß zu haben. Joel Kendrick mochte nicht zum Heiraten taugen, aber ein wenig Abwechslung war nicht schlecht. Die Aussicht, mit einem Playboy die Klingen zu kreuzen, der die Kunst des Flirtens bis ins Letzte beherrschte, war sogar sehr reizvoll. Seinetwegen brauchte Drew sich wirklich keine Sorgen um sie zu machen. Sie würde einen klaren Kopf bewahren und dachte nicht daran, Joel Kendricks nächste Eroberung zu werden.

„Er ist es also gewohnt, jede Frau zu bekommen, die er haben will?“, überlegte Kathryn laut.

„Das liegt wohl auch mit daran, dass er blendend aussieht und reich ist. Die Frauen laufen ihm scharenweise nach“, setzte Drew trocken hinzu.

„Aha. Die Macht der Ausstrahlung.“

Kathryn kannte dieses gewisse Etwas. Auf der Suche nach dem Mann ihres Lebens war es ihr ein-, zweimal begegnet. Sie wusste, dass sie für den Charme eines anziehenden Mannes ebenso empfänglich war wie ihre Mitschwestern, doch erlegen war sie ihm noch nie. Mit ihren sechsundzwanzig Jahren hatte sie zwei Beziehungen hinter sich, aber es war ihr nicht schwergefallen, sie platonisch zu halten. Sex ohne Liebe war nicht ihre Sache.

„Was tut er denn beruflich“, fragte Kathryn. „Er wird doch nicht von morgens bis abends nur auf Damenjagd sein, oder?“

„Er ist Geschäftsmann und besitzt weltweit Maschinenbaufirmen. Wenn’s sein muss, kann er ziemlich hart ihm Nehmen sein, doch in London genießt er hohes Ansehen. Sein Vater hat sich vom Geschäft zurückgezogen, und seit Kendrick die Firma allein führt, hat er sie von einem Erfolg zum anderen geführt. Er ist ein mächtiger Mann, der es gewöhnt ist, sich durchzusetzen.“

Ein Herrschertyp also. Doch an solche Männer war Kathryn gewöhnt. Ihr Vater und ihre Brüder gehörten zu diesem Schlag. Nur zu gern hatten alle sie als Jüngste und einziges Mädchen in der Familie herumkommandiert, natürlich nur, weil sie sie liebten und beschützen wollten. Das wusste Kathryn auch, aber sie hatte gelernt, sich zu behaupten. Folglich war es zwischen ihnen zu unzähligen Machtkämpfen gekommen. Schließlich ging sie nach ihrem Vater und behauptete sich ebenso zäh und entschlossen.

„Glaubst du wirklich, er könnte mich interessieren?“

„Ich hoffe, nicht“, erwiderte Drew heftig und schnitt ein Gesicht. Bei Kathryn konnte man nie wissen. Ihr war alles zuzutrauen. „Meiner Erfahrung nach werden die Frauen bei Joel Kendrick unweigerlich schwach.“

Sie lächelte ironisch. Leider kannte Drew sie viel zu gut. „Danke für dein Vertrauen, aber ich bin keine leichte Beute. Ist dir schon mal der Gedanke gekommen, dass ich ihn vielleicht gar nicht mag?“ Nach der Wahrscheinlichkeitsrechnung musste es auch Frauen geben, die gegen Kendricks Charme immun waren.

„Nein. Du würdest etwas Verrücktes einfach nur aus Spaß tun, selbst wenn er dir unsympathisch wäre. Lass dich bloß nicht mit ihm ein“, warnte Drew ernst. „Er ist kein Mann, der mit sich spielen lässt.“

Süß, wie besorgt Drew um sie war. Deswegen hing sie auch so an ihm. Aber er sorgte sich umsonst. Sicher, sie hatte vor, ihre Krallen ein wenig zu wetzen, doch sie konnte das Spielchen jederzeit beenden. „Danke für deinen guten Rat. Bis jetzt kann ich mir kein Urteil über ihn erlauben, denn ich kenne ihn ja noch gar nicht.“

Das sollte sich eine Viertelstunde später ändern, als Drew vor einer großen Steinvilla mit ansprechenden Giebeln und einem weitläufigen Seitenflügel hielt.

„Das ist also die Höhle des Wolfs“, bemerkte Kathryn trocken und stieg aus dem Wagen. Das Haus war wirklich beeindruckend.

Drew holte das Gepäck aus dem Kofferraum. „Jetzt lernst du ihn kennen. Hoffentlich hast du Knoblauch dabei.“

„Der hilft doch nur gegen Vampire. Jetzt würde ich eine Silberkugel brauchen, aber die sind mir gerade ausgegangen. Ich muss sie auf die Einkaufsliste setzen.“

„Ja, ja, mach dich nur lustig.“ Für Drew war es ein schlechtes Zeichen, dass Kathryn die Dinge so leicht nahm. „Pass bloß auf, dass dir das Lachen nicht schnell vergeht.“

Beschwingt hakte Kathryn sich bei ihm ein und drückte seinen Arm. „Keine Angst, Drew. Ich passe schon auf mich auf.“

Zweifelnd sah er sie an. „Hm. Die berühmten letzten Worte. Aber ich hab dich gewarnt. Jetzt liegt alles bei dir.“

Im Haus erklangen Schritte. „Ich bin erwachsen, mein lieber Drew“, erinnerte Kathryn ihren Cousin heiter. „Hast du vergessen, dass ich vor einem Monat sechsundzwanzig geworden bin?“

„Wie könnte ich? Ich war dabei. Und ich muss sagen, du bist eine sehr vernünftige junge Dame geworden. Vielleicht bin ich einfach nur unruhig, Kathryn, weil ich morgen nach Deutschland fliege und dich schutzlos dem Wolf überlassen muss.“

Würde ihre Familie je aufhören, sie zu bemuttern? „Mach dir bloß keine Sorgen. Ich passe gut auf mich auf.“

Ehe Drew etwas erwidern konnte, wurde die Haustür geöffnet. Vor ihnen stand eine Frau Anfang sechzig und lächelte ihnen warmherzig entgegen.

„Guten Tag, Mr. Templeton. Sie sind prompt gekommen, wie ich sehe“, begrüßte sie Drew, dann nickte sie Kathryn freundlich zu und trat zur Seite, um die Besucher eintreten zu lassen.

„Ich hielt es für besser, ihn nicht warten zu lassen, um ihn nicht unnötig zu reizen, Agnes.“ Drew schob Kathryn sanft in die Diele, wo es angenehm warm war. „Agnes ist Joels Wirtschafterin und die gute Seele des Hauses. Das ist meine Cousine Kathryn, die Feuerwehr, die alles retten soll.“

Die Frau betrachtete Kathryn nun etwas genauer und schnitt seltsam hilflos ein Gesicht. „Ach, du liebe Zeit“, sagte sie matt.

„Ist etwas?“, fragte Kathryn verunsichert.

Agnes schloss die Haustür. „Aber nein, meine Liebe. Schön, dass Sie gekommen sind. Es ist nur … Sie sind sehr attraktiv.“

„Ach so.“ Kathryn verstand und konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. „Schon gut, Agnes. Drew hat mir alles über unseren Freund im Pelz erzählt.“

„Freund im Pelz?“ Jetzt war es an der Wirtschafterin, verständnislos dreinzublicken.

Kathryn beugte sich etwas zu der Frau herunter, die einen halben Kopf kleiner war. „Den Wolf“, flüsterte sie ihr vertraulich zu. „Aber keine Sorge. Ich habe mich kürzlich gegen Tetanus nachimpfen lassen.“

„Bringen Sie uns einfach zu ihm, Agnes.“ Drew zog sich den Mantel aus und reichte ihn der Wirtschafterin. Kathryn folgte dem Beispiel. „Meine Cousine hat einen etwas seltsamen Humor, müssen Sie wissen. Am besten, Sie versuchen gar nicht erst, ihn zu verstehen.“

Die Bemerkung schien Agnes nicht zu wundern, denn sie zwinkerte Kathryn zu. „Ich habe das Gefühl, dass hier endlich jemand seinen Meister gefunden hat. Auf Sie ist er bestimmt nicht gefasst. Außerdem erwartet er einen Mann. Sie finden Joel im Arbeitszimmer, fluchend und ungenießbar. Ich bringe Ihnen gleich Kaffee. Oder möchten Sie lieber etwas anderes?“

Kathryn versicherte, Kaffee sei wunderbar, und folgte Drew in den rückwärtigen Teil des Hauses, von dort einen Gang entlang in den Westflügel. Als Drew eine Tür öffnete, begann Kathryns Herz erwartungsvoll zu pochen. Unwillkürlich strich sie ihren blauen Chenilleblazer zurecht, den sie zu den Leggings trug, ehe sie ihrem Cousin folgte.

Eine gereizte Stimme begrüßte Drew. „Wird aber auch Zeit, dass Sie kommen!“

Der Wolf schien einen Brummschädel zu haben.

Fast tat er Kathryn leid. Aber nur fast. Neugierig betrat sie den Raum und hatte den Mann vor sich, von dem sie schon so viel gehört hatte.

Joel Kendrick war wirklich beeindruckend. Halb abgewandt stand er vor dem lodernden Kaminfeuer und hielt ein Glas mit einer Flüssigkeit in der Hand, die nach Whisky aussah. Groß und breitschultrig, schmale Hüften, gut durchtrainiert, registrierte Kathryn. Etwa Mitte dreißig. Er trug enge Jeans und einen schwarzen Pullover, der seinen kraftvollen Oberkörper betonte. Sein Haar war so dunkel, dass es im Licht bläulich schimmerte. Kathryn konnte Joel Kendricks Gesicht nur im Profil sehen. Es war unbestreitbar attraktiv, wenn auch eher markig männlich als schön.

Keine Frage, der Typ sah blendend aus. Mehr noch: Er war der bestaussehende Mann, der Kathryn seit Langem begegnet war. Von ihm ging etwas aus, das sie selbst auf die Entfernung in seinen Bann schlug. Sie konnte sich ihm ebenso wenig entziehen, wie sie zu atmen aufhören könnte.

Das hatte Kathryn nicht erwartet, doch es beunruhigte sie nicht. Im Gegenteil, es gab der Situation eine gewisse Würze.

Sie fand es an der Zeit, sich bemerkbar zu machen. „Da wir keinen Scotty hatten, der uns in einer Nanosekunde hätte herbeamen können, sind wir erstaunlich schnell gekommen, finde ich“, erklärte sie, ehe Drew etwas sagen konnte, und blickte in Joel Kendricks durchdringende blaue Augen.

Ihr war, als hätte sie der Blitz getroffen. Etwas Seltsames geschah mit ihnen, und zwischen ihnen knisterte es fast hörbar. Ein Blick genügte, und eine Kettenreaktion fand statt.

Ein Schauer der Erregung überlief Kathryn, und sie verspürte ein vertrautes Magenkribbeln. Sie fühlten sich sofort zueinander hingezogen, doch so einfach war es nicht. Wie erwartet, besaß der Mann eine Ausstrahlung, der sie sich nicht entziehen konnte. Alles in ihr vibrierte. Doch es überraschte sie, wie stark sie auf diesen Mann reagierte. Von ihm ging etwas aus, das alle ihre Sinne ansprach und sie unwiderstehlich zu ihm hinzog. Der Mann gefiel ihr, er gefiel ihr sogar sehr.

In seinem Blick lag ein begehrender Ausdruck, während er sie betrachtete, und sie fragte sich, ob es klug gewesen war, für die Reise Leggings anzuziehen. Sie gaben viel zu viel von ihr preis. Dennoch ließ Kathryn sich nichts anmerken. Der Instinkt sagte ihr, dass man diesem Mann auf keinen Fall eine Waffe in die Hand geben durfte.

„Und wer sind Sie?“, fragte Kendrick mit sinnlich rauchiger Stimme. Er stellte das Glas ab und schob die Hände in die Jeanstaschen, sodass der Stoff sich noch fester um seine Hüften spannte.

Der Mann ist Dynamit, dachte Kathryn. Und er scheint sich nicht einmal absichtlich in Pose zu setzen. Unglaublich. Noch nie hatte jemand eine solche Wirkung auf sie gehabt. Der kleine Teufel, den sie sonst so gut unter Kontrolle hatte, ergriff Besitz von ihr, und – wie Drew befürchtet hatte –, sie wehrte sich nicht dagegen.

„Ich bin die Frau, auf die Sie gewartet haben“, erwiderte sie forsch.

In Joel Kendricks blauen Augen blitzte es auf. „Tatsächlich?“, erwiderte er leise und musterte Kathryn auf eine Weise, die ihr Schauer über die Haut jagte.

Drew, der sich ausgeschlossen fühlte, verdrehte gereizt die Augen. „Bitte, Kathryn“, machte er sich bemerkbar.

„Seien Sie still, Drew“, sagte Joel ruhig und kam auf Kathryn zu. „Jetzt wird’s gerade interessant.“ Einen Schritt vor ihr blieb er stehen, und unwillkürlich hörte sie zu atmen auf. „Ich habe also auf Sie gewartet?“

Liebenswürdig lächelnd nickte sie, obwohl ihr Herz stürmisch pochte. „Sogar ungeduldig, wie mir scheint.“

Joel zuckte die Schultern, ließ sie jedoch nicht aus den Augen. „In letzter Zeit fahre ich schnell aus der Haut, aber das wird sich jetzt ändern.“

Als Kathryn lachte, erschien in Joels Augen ein wachsamer Ausdruck. „Diese Wirkung habe ich nun mal auf andere“, erklärte sie und setzte herausfordernd hinzu: „Manche umarmen und küssen mich sogar gleich.“

Unvermittelt lächelte Joel. „Mir ist klar, warum. Ich bin nämlich versucht, es ebenfalls zu tun.“

Rasch hob Kathryn die Hand. „Damit würde ich lieber warten, bis Sie gesehen haben, was ich kann.“

Joel lachte. „Ich bin jetzt schon beeindruckt.“

Inzwischen war Drew ungeduldig geworden. Er kam zu ihnen und nahm Kathryns Arm. „Das genügt!“, mischte er sich ein. „Wenn du mit den Spielchen fertig bist, würde ich dich gern mit Joel Kendrick bekannt machen.“

„Entschuldige“, sagte sie anstandshalber, obwohl sie es genoss, mit Joel zu flirten. Ihr Herz klopfte immer noch unruhig. Der Mann war wirklich gefährlich. Ein Playboy durch und durch!

Geduldig machte Drew sie nun miteinander bekannt. „Joel, das ist meine Cousine Kathryn Templeton. Sie ist gekommen, um Ihren Computer zu reparieren.“

Joel betrachtete sie nachdenklich. „Aha. Jetzt verstehe ich. Deshalb sind Sie die Frau, auf die ich gewartet habe.“

„Ungeduldig“, setzte sie hinzu und blickte ihm aufreizend in die Augen.

Er atmete tief ein, sodass seine Brust sich beachtlich spannte. „Na ja, dann kann ich nur hoffen, dass Sie mit den Bits und Bytes ebenso geschickt umgehen wie mit Worten, Kathryn Templeton.“

Wieder musste sie lachen. „Ich will nicht unbescheiden sein, aber darin bin ich noch besser.“

Belustigt zog Joel eine Braue hoch. „Sie halten nichts von falscher Bescheidenheit?“

Sie zuckte die Schultern und wechselte einen bedeutsamen Blick mit Drew. „In meiner Familie muss man kämpfen, wenn man nicht sang- und klanglos untergehen will. Ich möchte nicht die nächste ‚Titanic‘ sein.“

„Eine Familie von Kämpfern?“

„Durch und durch. Ich habe vier ältere Brüder.“ Kathryn verzichtete darauf, ihren Vater zu erwähnen, und hakte sich demonstrativ bei Drew ein. „Glücklicherweise zeigt dieser Vertreter der Templetons eher Beschützerinstinkte als Kampfgelüste.“

Versonnen rieb Joel sich das Kinn. „Dann hat er Sie vermutlich vor dem bösen Wolf gewarnt?“, fragte er ironisch.

„Klar“, versicherte Kathryn heiter. „Er möchte nicht, dass ich wie Rotkäppchen Gefahr laufe, gefressen zu werden.“

Joel schien sich bestens zu amüsieren. „Ich habe das Gefühl, dass ich mich auf Magendrücken gefasst machen müsste, wenn ich’s versuchen würde.“

„Für gewisse Leute dürfte ich wirklich schwer verdaulich sein“, gab Kathryn ihm strahlend recht.

Das Wortgeplänkel machte Joel sichtlich Spaß. Unvermittelt reichte er ihr die Hand. „Freut mich, Sie kennenzulernen, Kathryn Templeton“, sagte er liebenswürdig.

Sie erwiderte das Lächeln. „Ich freue mich auch, Mr. Kendrick.“

„Joel“, bot er ihr prompt an, und sie ergriff seine Hand.

„Joel“, wiederholte Kathryn höflich.

Was jetzt geschah, machte es ihr schwer, sich kühl und überlegen zu geben. Als ihre Finger sich berührten, blickte sie in Joels blaue Augen und hatte das Gefühl, in ihren Tiefen zu ertrinken. Einen Augenblick lang verlor sie die Fassung, sie war wie elektrisiert und konnte nicht mehr atmen. Die Wirkung, die er auf sie hatte, war beängstigend. Natürlich war sie schon Männern begegnet, zu denen sie sich hingezogen gefühlt hatte, doch noch nie hatte einer sie sexuell so stark in seinen Bann geschlagen. Jeder vernünftige Gedanke erlosch unter dieser Flutwelle der Sexualität. Sie wusste nur noch, dass sie Joel Kendrick begehrte … so heftig, dass sie sich unwillkürlich zu ihm vorbeugte.

Vorsichtiges Hüsteln rief Kathryn in die Wirklichkeit zurück. Sie sah noch den verlangenden Ausdruck in Joels blauen Augen, dann hatte sie sich wieder gefangen und entzog ihm ihre Hand.

Agnes betrat mit einem Kaffeetablett den Raum, und Kathryn, dankbar für die Rettung, wandte sich der Wirtschafterin zu.

Aus nächster Nähe hat Joel Kendrick mich einfach überwältigt, wurde Kathryn alarmiert bewusst. Drew hatte recht. Dieser Mann war anders. Er konnte ihr gefährlich werden, und das machte ihr Angst.

„Kann ich Ihnen behilflich sein, Agnes?“, fragte sie gefasst.

Die Wirtschafterin nickte freundlich. „Danke, meine Liebe. Wenn Sie die Vase dort etwas zur Seite rücken könnten …“ Sie stellte das Tablett ab, während Kathryn einen anderen Platz für die Vase suchte. Dann richtete Agnes sich auf und fragte Drew: „Haben Sie schon gegessen, Mr. Templeton?“

„Seit heute Morgen nicht mehr“, gestand er.

Kathryn nutzte die Gelegenheit, Joel einen spöttischen Blick zuzuwerfen. Sie mochte völlig durcheinander sein, aber das brauchte niemand zu merken, am allerwenigsten er. Jetzt war es wichtig, sich ganz normal zu geben.

„Drew meinte, dafür würde die Zeit nicht reichen. Da er wusste, wie ungeduldig Sie auf ihn warteten, hat er aufs Essen verzichtet“, konnte sie sich nicht verkneifen, Joel vorzuhalten.

Doch er zog nur eine Braue hoch und wandte sich der Wirtschafterin zu. „Dann sollten Sie wohl lieber bald das Abendessen servieren, Agnes. Ich möchte nicht, dass eine so schöne Frau vor Hunger umfällt.“

„Selbstverständlich, Master Joel“, pflichtete Agnes ihm bei. „Ich habe für Mr. Templeton das übliche Zimmer gerichtet. Und ich hielt es für das Beste, der jungen Dame das Rosenzimmer zu geben.“

Joel lächelte der Wirtschafterin zufrieden zu. „Gut. Vom Rosenzimmer aus hat man den schönsten Blick.“

„Und es liegt auf der anderen Seite des Hauses, weit von Ihrem entfernt“, setzte Agnes bedeutungsvoll hinzu. „Wenn Sie mir jetzt helfen würden, das Gepäck in die Zimmer zu bringen, Mr. Templeton, könnte ich das Essen schneller auftragen“, erklärte sie mütterlich und verließ den Raum.

Inzwischen hatte Kathryn sich wieder im Griff und fühlte sich Joel eher gewachsen. „Master Joel?“, fragte sie verwundert, nachdem Drew der Wirtschafterin gefolgt war.

Joel schnitt ein Gesicht. „Agnes war früher mein Kindermädchen. Sie ist schon seit vielen Jahren in unserer Familie, und wir wollten sie nicht gehen lassen. Da haben wir im Lauf der Zeit andere Aufgaben für sie gefunden. Sie war die Gesellschafterin meiner Mutter, ehe sie meine Wirtschafterin wurde. Inzwischen gehört sie praktisch zur Familie.“

Kathryn wurde warm ums Herz. Joel Kendrick besaß also auch eine weiche Seite. „Das gefällt mir“, gestand sie. Ihr Großvater väterlicherseits behandelte seine Hausangestellten ziemlich lieblos. Ihr Wohlergehen interessierte ihn nur, soweit es sich auf ihn auswirkte.

„So?“

„Ich bin grundsätzlich dafür, Angestellte gut zu behandeln. Mein Großvater hält das für sentimentalen Quatsch“, gestand sie widerstrebend. „,Man behält Leute nicht, wenn sie einem nicht mehr nützen können‘, behauptet er.“

„Verzeihen Sie, wenn ich es so brutal ausdrücke, aber Ihr Großvater ist ein Dummkopf.“

Kathryn lächelte resigniert. „Brutal, aber wahr. Er ist ein alter Mann. Ich werde nie verstehen, warum meine Großmutter ihn geheiratet hat. Aber ich kann ihr gut nachfühlen, warum sie ihn verlassen hat. Ich gehe ganz nach ihr, sagen alle.“

„Haben Sie sie nicht gekannt?“ Joel sah sie forschend an.

„Großvater duldet kein Foto von ihr im Haus“, erwiderte Kathryn ruhig. „Er empfindet es als Demütigung, dass sie ihn verlassen hat. Früher dachte ich, dass er mich nicht mag, weil ich ihn an sie erinnere.“ Besuche bei ihrem Großvater waren ihr als Kind immer verhasst gewesen.

„Aber jetzt glauben Sie das nicht mehr?“

Lächelnd schüttelte Kathryn den Kopf. „Er ist nun mal kein Mann, der geliebt wird oder lieben kann.“

In Joels Augen blitzte es auf. „Während Sie überaus liebenswert sind.“

Wieder bekam Kathryn Magenflattern, doch sie lachte nur und warf ihm einen ironischen Blick zu. „Glauben Sie, dass Sie mit Schmeicheleien weiterkommen?“ Ihre Stimme klang etwas atemlos, doch glücklicherweise schien Joel das nicht zu bemerken.

Er lächelte charmant. „Versuchen darf man’s doch wohl, oder?“

Der Mann gefiel Kathryn immer besser. Ihre Knie fühlten sich weich an, doch sie kämpfte weiter. Nachdenklich betrachtete sie ihn. „Sind Sie wirklich so gut, wie man behauptet?“

Amüsiert lächelnd legte Joel sich die Hand auf die Brust. „Bei aller Bescheidenheit, das weiß ich wirklich nicht.“

Jetzt ging es Kathryn nur noch darum, die nächsten Minuten siegreich durchzustehen. „Sie meinen, wenn ich’s wissen will, muss ich es selbst herausfinden?“

Seine Augen funkelten herausfordernd. „Es geht nichts über Erfahrung aus erster Hand. Sie könnte … interessant werden.“

Das bezweifelte Kathryn nicht. Joel Kendrick war der geborene Verführer. Obwohl sie wusste, dass sie sich auf gefährlichen Boden wagte, preschte sie lachend vor. „Das wäre bestimmt sehr lehrreich. Aber es wäre doch auch denkbar, dass diese Erfahrung zu teuer bezahlt wird.“

„Vertrauen Sie mir“, riet Joel. „Ich bemühe mich stets um ein zufriedenstellendes Preis-Leistungs-Verhältnis.“

„Hm.“ Kathryn tat so, als würde sie darüber nachdenken. Der Mann war gut. Er war sogar sehr gut. Er brauchte nur einige Anspielungen zu machen, und sie kam ins Schleudern, weil sie das, was er unausgesprochen ließ, im Geist einfügte.

„Irgendwie habe ich das Gefühl, dass die Frau, die sich Ihren Computer vorgenommen hat, sich betrogen fühlte“, bemerkte sie und sah, dass Joels Lächeln verschwand. Da habe ich eine wunde Stelle getroffen, dachte Kathryn überrascht.

„Sie hat die Beziehung zu ernst genommen“, erwiderte er kurz angebunden.

Kathryn verstand. Die Warnung war unmissverständlich. „Vielleicht hat sie das anfangs gar nicht gewollt“, gab sie zu bedenken.

Autor

Amanda Browning
Amanda Browning ist ein überzeugter Single und lebt am Rande der englischen Grafschaft Essex in dem Haus, in dem sie auch aufgewachsen ist. Sie hat engen Kontakt zu ihrer Familie und ist begeisterte Großtante von insgesamt 18 Neffen und Nichten. Ihre absoluten Lieblinge sind die beiden Enkel ihrer Zwillingsschwester.

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