Chefsache Leidenschaft - verliebt in den Boss 3

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EIN UNMORALISCHES ANGEBOT VOM BOSS

"Ich soll Ihre Geliebte werden?" Die Haushälterin Zoe hasst ihren arroganten Boss Isandro Montero für seinen unverschämten Vorschlag! Doch warum klopft ihr Herz dann so sehr, als er sie verlangend küsst?

KÜSSE NIEMALS DEINEN BOSS

"Miss Black, Sie begleiten mich heute Abend." Ungläubig sieht Faith von ihrem Schreibtisch auf. Erlaubt ihr faszinierender Playboy-Boss Lorenzo D'Angeli sich etwa einen Scherz? Doch er meint es ernst: Sie muss für seine verhinderte Geliebte einspringen und mit ihm eine exklusive Party über den Dächern von New York besuchen. Als er Faith dort mit einem zärtlichen Kuss überrascht, schlägt ihr Herz ungewollt höher. Dabei hat sie bisher immer gedacht, immun gegen Lorenzo zu sein. Schließlich weiß sie, was sie von italienischen Gigolos wie ihm zu halten hat, oder?

KEINE KÜSSE FÜR DEN BOSS!

Danielles Herz klopft wild, als der Aufzug stecken bleibt - und sie plötzlich allein mit Mr. Carlisle ist, ihrem charmanten Boss, den sie bisher nur aus der Ferne anhimmeln durfte. Aber jetzt knistert es zwischen ihnen aufregend, und Alex' sinnliche Lippen locken zum Dahinschmelzen. Doch sie darf der Versuchung nicht nachgeben. Schließlich ist es tabu, den Chef zu küssen, oder? Vielleicht nur ein einziger Kuss, den keiner sieht? Falsch gedacht: Denn die Überwachungskamera hat alles gefilmt! Und mit einem Mal steckt Danielle in unglaublichen Schwierigkeiten.

VERLIEBT IN DEN BOSS?

Liebe? Lieber nicht! Kim ist viel zu vorsichtig, um ihr scheues Herz zu verschenken. Bis sie zum ersten Mal in Ben Wests Büro tritt. Da sitzt er, ihr neuer Boss - und ihr Traummann! Wie eine Woge der Sehnsucht überkommt Kim plötzlich der Wunsch nach Zärtlichkeit. Und als ob er ihre Gedanken lesen kann, zieht Ben sie in seine Arme. Noch nie war Kim so glücklich! Sie weiß, sie ist die Frau, die ihm alles geben kann und alles geben will. Doch ihr Traum zerbricht in tausend Scherben, als Ben gesteht: Ja, er begehrt sie, aber nein, mehr als eine Affäre kommt nicht in Frage …

VERBOTENE NÄCHTE MIT DEM BOSS

Mit dem Boss im Bett! Atemlos spürt Andrea seine verführerischen Berührungen auf ihrer nackten Haut, seine warmen Lippen auf ihrem Mund - bevor sie James Harrington mit letzter Kraft zurückstößt. Nur weil sie zusammen überraschend in einer kleinen Pension gestrandet sind, glaubt der arrogante Millionär, er kann sie haben? O nein! Aber einige Nächte später kapituliert sie doch vor so viel gefährlich männlichem Sex-Appeal. Und hört am nächsten Morgen entsetzt, was James verlangt: Entweder sie kündigt auf der Stelle. Oder sie bleibt seine Geliebte, solange er es will!


  • Erscheinungstag 04.08.2016
  • ISBN / Artikelnummer 9783733774172
  • Seitenanzahl 686
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Cover

Kim Lawrence, Lynn Raye Harris, Natalie Anderson, Helen Brooks, Carole Mortimer

Chefsache Leidenschaft - verliebt in den Boss 3

Kim Lawrence

Ein unmoralisches Angebot vom Boss

IMPRESSUM

JULIA EXTRA erscheint in der Harlequin Enterprises GmbH

Cora-Logo Redaktion und Verlag:
Postfach 301161, 20304 Hamburg
Telefon: 040/60 09 09-361
Fax: 040/60 09 09-469
E-Mail: info@cora.de

© 2013 by Kim Lawrence
Originaltitel: „Maid for Montero“
erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London
in der Reihe: MODERN ROMANCE
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA EXTRA
Band 377 - 2014 by Harlequin Enterprises GmbH, Hamburg
Übersetzung: Dorothea Ghasemi

Fotos: Harlequin Books S.A., alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 02/2014 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

eBook-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733703912

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:
BACCARA, BIANCA, ROMANA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY

 

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1. KAPITEL

Manch einer in seiner Position hätte sich über Presserummel beklagt. Isandro tat es nicht. Seiner Meinung nach gab es in seinem Leben nicht viel, worüber er sich beschweren konnte. Außerdem wusste er, dass man auch dann eine Privatsphäre haben konnte, wenn man ein Finanzimperium besaß, das großes Medieninteresse erregte.

Es hätte natürlich heikel werden können, wenn er sich ständig betrunken in irgendwelchen Nachtklubs oder mit spärlich bekleideten Models bei Filmpremieren gezeigt hätte, doch so etwas war nicht sein Fall.

Obwohl er Sicherheitsvorkehrungen als notwendiges Übel und als Schattenseite des Erfolgs betrachtete, war er kein Einsiedler, der sich hinter hohen Mauern verschanzte.

Hätte er eine Familie gehabt, hätte er womöglich an jeder Ecke Gefahren gewittert, aber er hatte nur eine Exfrau, zu der er mittlerweile ein freundschaftliches Verhältnis pflegte, und einen Vater, zu dem er kaum Kontakt hatte. Isandro war also nicht übermäßig alarmiert, als das ferngesteuerte Tor seines Anwesens in England – das tatsächlich von hohen Mauern gesäumt war – schon offen stand, als er darauf zufuhr.

Trotzdem verlangsamte er das Tempo und sondierte mit zusammengekniffenen Augen die Umgebung. Zwar erwartete er nichts Böses, aber er hätte nicht gedacht, dass seine Angestellten so nachlässig waren.

Seine Miene verfinsterte sich, als er eine Traube bunter Ballons an einem herunterhängenden Ast neben dem Schild mit der Aufschrift Ravenwood House – Privat entdeckte.

Ravenwood gehörte ihm seit drei Jahren, und obwohl er nur selten hier gewesen war, hatte er noch nie Grund zu irgendwelchen Beschwerden gehabt. Allerdings stellte er auch nur die besten Leute ein, egal, ob es sich um Führungskräfte oder Gärtner handelte. Er zahlte sehr gut und erwartete dafür auch entsprechende Leistungen.

Dieses Prinzip hatte bisher immer sehr gut funktioniert, und wenn nicht … Er galt weder im Berufsleben noch privat als duldsam oder sentimental. Wenn seine Mitarbeiter seinen hohen Anforderungen nicht gerecht wurden, feuerte er sie.

Isandro öffnete das Fenster, streckte den Arm hinaus und griff nach der Schnur, die von der Ballontraube herunterhing. Als er daran zog, zerplatzten zwei Ballons, und die restlichen flogen weg. Stirnrunzelnd blickte er ihnen nach. Er war nicht bereit, irgendetwas in das geöffnete Tor oder die Dekoration hineinzudeuten, doch vor Kurzem hatte er die Stelle der Haushälterin neu besetzt.

Die ehemalige war nicht nur fleißig gewesen, sondern hatte auch hervorragend delegieren können und sich dennoch immer diskret im Hintergrund gehalten.

Unter ihrem Regiment hätte er sich derartige Dinge nicht vorstellen können, aber noch wusste er ja nicht, wer für das offene Tor und die Ballons verantwortlich war. Niemand konnte behaupten, er wäre nicht fair und würde keine Fehler tolerieren.

Unfähigkeit duldete er allerdings nicht.

Noch ging er davon aus, dass die neue Haushälterin genauso perfekt war wie sein Assistent Tom, der die Bewerbungsgespräche geführt hatte. Bisher hatte er sich immer auf das Urteilsvermögen des jungen Mannes verlassen können. Unter anderem hatte dieser damals durch seine Bemühungen und sein diplomatisches Geschick sowohl die Behörden als auch die Einheimischen versöhnlich gestimmt.

In der Gemeinde hatte man den Besitzerwechsel vor drei Jahren ausgesprochen argwöhnisch, ja, feindselig verfolgt. Die Familie, die sowohl dem Haus als auch dem Dorf den Namen gegeben hatte, hatte seit Jahrzehnten keine Steuern mehr gezahlt, und der vorherige Eigentümer war Alkoholiker gewesen und hatte die meiste Zeit in Nachtklubs und Entziehungskliniken verbracht, statt Geld zu verdienen und das Haus in Schuss zu halten. Isandro konnte deshalb beim besten Willen nicht nachvollziehen, warum die Einheimischen diesem Mann so die Treue gehalten hatten.

Mit Toms Unterstützung hatte sich Isandro der Situation mit seinem üblichen Pragmatismus gestellt. Er musste sich nicht mit seinen Nachbarn anfreunden, wollte aber auch nicht mit ihnen auf Kriegsfuß stehen. Die anfängliche Beschwerdeflut war fast versiegt, und auch die Besuche von Mitarbeitern irgendwelcher Denkmalschutzbehörden, die die Renovierungs- und Gartenarbeiten stoppten, hatten irgendwann ein Ende genommen. Ganz bewusst hatte er nur ortsansässige Firmen und Handwerker beauftragt, und dank seiner großzügigen Spende hatte man das Dach der Kirche neu decken können.

Er betrachtete das Problem als gelöst.

Ravenwood war unter all seinen Anwesen dasjenige, auf dem er am besten entspannen konnte – so gut es ihm eben möglich war, zu entspannen. Es war sehr schön, und für Schönheit hatte er etwas übrig. Nur gelegentlich lud er seine engsten Freunde hierher ein. Er fuhr niemals durch das Tor, ohne das Gefühl zu haben, dass er den ganzen Stress hinter sich ließ.

Bei der Aussicht auf einige freie Tage umspielte ein Lächeln seine Lippen. Kurz darauf wurde er jedoch ernst.

Neben einem der Torpfeiler stand ein umgedrehter Karton. Ungläubig und verärgert zugleich las Isandro das handgeschriebene Schild darauf, auf dem Eier aus Freilandhaltung – 6 Stück £ 1 stand. Eier konnte er nirgends entdecken, nur ein Glas, in dem Münzen und mehrere Scheine steckten. In dieser Gegend waren die Leute ehrlich.

Er hatte gerade die Hälfte der von hohen Kastanien gesäumten Auffahrt zurückgelegt, als ihm ungewohnter Lärm entgegenschlug – eine Mischung aus Musik, Lachen, lauten Stimmen und Hundegebell.

„Was, zum Teufel …?“

Isandro gab Gas. Kurz darauf bremste er scharf oben auf der Anhöhe, wo das wunderschöne Herrenhaus in Sicht kam. Kenner bezeichneten das Gebäude im palatinischen Stil, das in einer Parklandschaft lag und sogar über einen eigenen See verfügte, als architektonisches Juwel.

Der perfekt gepflegte Rasen auf der Westseite, wo er gelegentlich mit Gästen Krocket spielte – und wo er sich nach den anstrengenden Verhandlungen der letzten vier Wochen bei einem Brandy und vielleicht einem Buch hatte entspannen wollen –, war kaum zu sehen. Ein großes Festzelt, mehrere Pavillons, eine provisorische Bühne, zahlreiche Stände und sogar ein Karussell standen dort. Letzteres bestand aus überdimensionalen Teetassen, die sich zu den ohrenbetäubenden Klängen eines alten Songs von Tom Jones drehten.

Wider Willen fasziniert von diesem surrealen Spektakel, zuckte Isandro zusammen, als eine Stimme über das Lautsprechersystem bekannt gab, dass ein gewisser Herb den Wettbewerb des bravsten Haustieres gewonnen hatte. Es folgte lauter Applaus.

Isandro fluchte lautstark in mehreren Sprachen.

Die Person, die für das Ganze verantwortlich war, konnte ihre Taschen packen. Vielleicht entließ er sogar alle Angestellten, denn selbst wenn die neue Haushälterin dafür verantwortlich zeichnete, hatten die anderen – einschließlich seines vermeintlich professionellen Sicherheitsteams – es zumindest stillschweigend geduldet.

So viel also zu seiner erhofften Auszeit! Kurz entschlossen fuhr er zu der Gabelung in der Auffahrt zurück und nahm den anderen Weg, der direkt zu den Stallungen auf der Rückseite des Hauses führte. Erleichtert stellte er fest, dass diese verlassen dalagen.

Er betrat das Haus durch die Orangerie und ging in sein Arbeitszimmer, ohne einer Menschenseele zu begegnen. Sobald er jedoch den Raum betrat, entdeckte er jemanden – ein kleines Mädchen, das auf seinem Schreibtischstuhl saß und sich damit im Kreis drehte.

Als die Kleine ihn bemerkte, hielt sie sich am Schreibtisch fest und hinterließ prompt Fingerabdrücke auf dem antiken Holz. Verächtlich verzog Isandro den Mund. Er hatte nur wenige Freunde mit Kindern, und seine Begegnungen mit diesen hatten sich auf Stippvisiten mit Geschenken bei Taufen beschränkt. Dieses Mädchen war älter … Fünf? Sechs?

„Hallo. Suchen Sie die Toiletten?“

„Nein“, erwiderte er nach kurzem Zögern. Für ihr Alter war sie ganz schön selbstbewusst.

„Oh.“ Die Hände auf den Schreibtisch gestützt, drehte sie sich von einer Seite auf die andere. „Suchen Sie Zoe? Ich kann mich fünfzigmal drehen, ohne dass mir schlecht wird. Ich schaff’s bestimmt noch öfter.“

Mit einem Blick auf den Aubussonteppich hielt Isandro den Stuhl fest. „Das glaube ich dir gern.“

„Georgie!“

Beim Klang der melodischen, leicht heiseren Stimme hob er den Kopf.

„Ich bin hier!“, rief das Mädchen so laut, dass er zusammenzuckte.

Kurz darauf erschien eine Frau auf der Schwelle. Sie war groß, schlank und hatte langes dunkles, zu einem Zopf geflochtenes Haar. In den verwaschenen Jeans kam ihre Figur perfekt zur Geltung. Die Mischung aus Anmut und Sinnlichkeit sprach ihn so an, dass sofort Verlangen in ihm aufflammte.

Es war allerdings nicht nur ihr Körper, der ihn faszinierte, sondern auch ihr lebhaftes, ausdrucksvolles Gesicht. Sie hatte sehr ungewöhnliche Augen – strahlend blau und leicht schräg stehend – und volle Lippen, die vermutlich jeder Mann gern geküsst hätte … Isandro atmete tief durch und zügelte seine Fantasie.

„Ich habe dir doch gesagt, dass du nicht hier reingehen sollst, Georgie. Oh …“ Zoe blieb stehen und atmete erschrocken ein, als sie den großen Mann sah, der vor ihrer Nichte stand.

Man hatte ihr in den letzten Jahren oft vorgeworfen, dass sie zu vertrauensvoll wäre. Seit sie jedoch die Verantwortung für ihre siebenjährige Nichte und deren Zwillingsbruder übernommen hatte, war das ins Gegenteil umgeschlagen – sie war eher paranoid, zumindest wenn es um die Sicherheit ihrer Schützlinge ging.

Lächelnd ging sie auf den Mann zu, den sie draußen nicht gesehen hatte. Und er wäre ihr aufgefallen, denn trotz seiner lässigen, aber unverkennbar teuren Kleidung hätte er sich von den anderen Gästen abgehoben, so außergewöhnlich attraktiv war er.

Ohne den Blick von ihm abzuwenden, streckte sie ihrer Nichte die Hand entgegen.

„Komm her, Georgina“, sagte sie eindringlich, aber ruhig, um die Kleine nicht zu alarmieren. Letzteres wäre allerdings unwahrscheinlich gewesen, denn Georgie war sehr unbeschwert und arglos. Richtige Eltern hätten vermutlich gewusst, wie sie ihre Kinder zur Vorsicht anhielten, ohne ihnen Angst zu machen … Aber sie war keine richtige Mutter, und meistens fühlte Zoe sich nur wie ein unzureichender Ersatz für ein tolles Elternpaar.

Sie atmete tief durch und versuchte, die Trauer abzuschütteln, die sie immer dann überkam, wenn sie sie am wenigsten erwartete. Sie hatte gar keine Zeit, mit dem Schicksal zu hadern oder wütend auf den betrunkenen Verursacher des Unfalls zu sein, bei dem die Eltern der Zwillinge ums Leben gekommen waren.

„Tut mir leid. Ich hoffe, Georgina hat Sie nicht genervt“, entschuldigte sich Zoe, obwohl sie den Fremden am liebsten gefragt hätte, was er hier zu suchen hatte.

Das Blut stieg ihr ins Gesicht, als sie feststellte, dass er sie genauso musterte wie sie ihn. Energisch warf sie ihren Zopf über die Schulter und fasste sich an die erhitzten Wangen. Sie wünschte, die Sorge um ihre Nichte wäre der einzige Grund dafür, dass ihr Herz derart raste.

Noch nie zuvor war sie einem Mann begegnet, der so maskulin wirkte, und dass ihre Hormone plötzlich verrücktspielten, beunruhigte Zoe zutiefst. Schützend legte sie sich die Hand auf den Bauch, der immer bebte, wenn sie sich einer Situation nicht gewachsen fühlte.

Ihr Verstand sagte ihr, dass dieser Mann Georgie nicht gefährlich werden konnte und nur ein Besucher war, der sich verlaufen hatte oder schlichtweg neugierig war … Trotzdem würde sie kein Risiko eingehen.

„Bitte, Georgie“, drängte sie deshalb.

Seufzend rutschte die rothaarige Kleine mit den Sommersprossen vom Stuhl. Isandro beachtete sie jedoch kaum, weil er gerade einen Blick auf den Bauch der Frau erhaschte. Leider rutschte ihr T-Shirt wieder hinunter, als sie die Hand des Mädchens nahm. Dann beugte sie sich zu ihr hinunter und sagte etwas zu ihr, woraufhin die Kleine nickte und aus dem Zimmer lief.

Fasziniert beobachtete er, wie die junge Frau sich wieder aufrichtete und erneut ihren dicken Zopf über die Schulter warf. Sie hatte einen sehr zarten Hals.

Er runzelte die Stirn, weil er so heftig auf ihren Anblick reagiert hatte. Dies bedeutete allerdings nicht, dass er sein Verlangen nicht kontrollieren konnte … Seit der Trennung von seiner Frau Dana hatte er sich auf keine feste Beziehung mehr eingelassen und würde es auch nie wieder tun.

„Entschuldigung“, sagte die Fremde.

Nun, da das Mädchen gegangen war, wirkte sie nicht mehr so angespannt, betrachtete ihn jedoch neugierig und argwöhnisch zugleich. Derart kritisch von einer Frau betrachtet zu werden, war er nicht gewohnt.

Isandro lächelte selbstironisch. Hätte es ihn auch amüsiert, wenn sie nicht so hübsch gewesen wäre?

Sie musste Anfang zwanzig sein, jung genug, um ungeschminkt herumlaufen zu können und trotzdem gut auszusehen. Ihre Haut war makellos und hell, die Wangen leicht gerötet. Diese Frau war nicht nur sexy, sondern schön – wenn auch nicht im klassischen Sinne.

Normalerweise fand er Frauen attraktiv, die großen Wert auf ihr Äußeres legten und entsprechend viel Mühe darauf verwandten. Die Fremde war alles andere als durchgestylt, aber ihr ovales Gesicht mit den leicht schräg stehenden blauen Augen, den hohen Wangenknochen und den sinnlichen Lippen war ausgesprochen faszinierend, weil es sexy und verletzlich zugleich wirkte.

Verletzlichkeit war auch eine Eigenschaft, die er bei Frauen mied. Er hatte keine Zeit, derartige Bedürfnisse zu befriedigen.

Seine Reaktion bewies schlichtweg, dass sexuelle Anziehungskraft sich nicht erklären ließ. Ihr Look war nicht einmal lässig-elegant, sondern nachlässig. Und dennoch flammte Lust in ihm auf, sobald er den Blick über ihre Beine und ihre Brüste schweifen ließ, die sich selbst unter dem weiten weißen T-Shirt abzeichneten. Unwillkürlich stellte er sie sich erst spärlich bekleidet und dann nackt vor.

Vielleicht war dieser Tag doch kein totaler Reinfall. Schon seit Monaten hatte Isandro sich nicht mehr so stark zu einer Frau hingezogen gefühlt … Vielleicht lag ihr Reiz auch darin, dass sie eigentlich überhaupt nicht sein Typ war.

Wie hatte das Mädchen sie genannt? Auf jeden Fall nicht „Mum“, und sie trug keinen Ring. Das hatte allerdings nichts zu bedeuten, also blieb er auf der Hut.

Da sein Leben kompliziert genug war, mied er verheiratete Frauen, alleinerziehende Mütter und Singles, die eine feste Bindung wollten. Er hatte aus seinen Fehlern gelernt, und seine teure Scheidung, durch die er sowohl seine Frau als auch seinen besten Freund verloren hatte, war eine heilsame Lektion gewesen. Warum sollte er sich Probleme aufhalsen, wenn es genug attraktive, ungebundene Frauen gab, die genau wie er ein bisschen Spaß haben wollten?

Es fiel ihm nicht schwer, einer Versuchung zu widerstehen, so groß sie auch sein mochte. Deswegen wunderte er sich jetzt darüber, dass es ihm schwerfiel, sich so lässig zu geben wie sonst.

Irritiert stellte Zoe fest, dass sie immer noch angespannt war, obwohl sie ihre Nichte in Sicherheit gebracht hatte.

Aus der Nähe hatte sie gesehen, dass der Fremde dunkelbraune Augen mit langen Wimpern und markante, klassische Züge hatte. Kurzum, sein Gesicht war perfekt.

Er erinnerte an einen gefallenen Engel – gefährlich attraktiv und verführerisch –, vorausgesetzt, Engel waren etwa einen Meter fünfundneunzig groß und trugen schwarze Designersachen.

Isandro lächelte. Entweder versuchte diese Frau nicht zu überspielen, dass sie sich auch zu ihm hingezogen fühlte, oder sie konnte es nicht. Dass sie nicht mit ihm flirtete, fand er ebenfalls erfrischend, denn oft fand er das Verhalten von Frauen zu vorhersehbar.

Der intensive Blick des Fremden jagte Zoe einen prickelnden Schauer über den Rücken. Sie war beinah erleichtert, als sie einen winzigen Schönheitsfehler entdeckte – eine helle Narbe, die von seinem rechten Auge zum Wangenknochen verlief.

Nervös schluckte sie und zupfte am Ausschnitt ihres T-Shirts. Schließlich gelang es ihr, sich zusammenzureißen und den Blick von seinem Gesicht abzuwenden.

„Ich fürchte, Sie dürfen auch nicht hier sein.“ Leider klang es nicht ganz so energisch, wie sie gehofft hatte, aber zum Glück hatte sie überhaupt die Sprache wiedergefunden!

Isandro, der sich gerade vorgestellt hatte, der Frau das T-Shirt über den Kopf zu ziehen, wandte den Blick von dem Logo darauf ab, als ihm ein Gedanke kam.

Das war unmöglich … oder?

Hatte Tom den Verstand verloren?

Wenn diese Frau tatsächlich seine Haushälterin war, ganz bestimmt!

Oder hatte sein normalerweise absolut zuverlässiger Assistent sich nicht von seinem Verstand leiten lassen, als er diese Frau als Haushälterin eingestellt hatte?

Nein, das kann nicht sein, befand Isandro, für den die perfekte Haushälterin eine ältere, resolute Frau mit grauem Haar war.

„Dieser Teil des Hauses ist für die Öffentlichkeit nicht zugänglich“, erklärte die Fremde lächelnd.

Madre de Dios, sie war es! Tom hatte wirklich den Verstand verloren.

„Das ganze Haus ist es nicht. Trotzdem laufen die Leute hier herum …“ Zoe verstummte, als sie merkte, wie ängstlich sie klang. Energisch fügte sie hinzu: „Wenn Sie mir also bitte folgen würden …?“

Statt diese Person in ihre Schranken zu weisen, dachte Isandro über die Frage nach.

Natürlich würde er ihr gern folgen – die Treppe hoch und in sein Schlafzimmer, was allerdings nicht möglich war, weil er sich grundsätzlich nicht mit Mitarbeiterinnen einließ. Wenn er sie jedoch feuerte, wäre sie das nicht mehr …

Vielleicht hatte Tom ähnliche Gedanken gehegt, als er zu dem Ergebnis kam, dass diese Frau dem Anforderungsprofil entsprach und erfahren und leistungsorientiert war. Vielleicht besaß sie diese Qualitäten im Bett? Vielleicht wusste sein Assistent es bereits?

Die Vorstellung, dass Tom seiner Bettgespielin einen Job gegeben haben könnte, für den sie völlig ungeeignet war, machte Isandro furchtbar wütend.

Weil sein Assistent gegen die Regeln verstoßen haben könnte oder weil er den Regelverstoß gerade mit dieser Frau begangen haben könnte, bevor er, Isandro, die Gelegenheit dazu hatte?

Isandro runzelte die Stirn und stieß einen frustrierten Laut aus.

Als der Mann mit dem Aussehen eines Filmstars keine Anstalten machte, das Zimmer zu verlassen, spürte Zoe Panik in sich aufsteigen.

Sie konnte die Beherrschung verlieren, wenn dieser Tag vorüber war, aber nicht vorher. Momentan hatte sie allerdings das Gefühl, dass er nie enden würde.

Wie hatte etwas, das so schön angefangen hatte, so böse enden können?

Die Antwort lag auf der Hand: Sie konnte nicht Nein sagen … Sie hatte sich auf so viele Dinge eingelassen, dass sie schon die Hälfte vergessen oder vielmehr ausgeblendet hatte. Wäre in diesem Moment die Kunstflugstaffel der Royal Airforce vorbeigeflogen, hätte es sie überhaupt nicht gewundert.

2. KAPITEL

Es war ein richtiger Albtraum. In den letzten fünf Tagen hatte sie mehr gelogen – und zwar durch Weglassen, was auf dasselbe hinauslief – als in ihrem ganzen bisherigen Leben!

Die erste Lüge hatte alles ins Rollen gebracht. Es war wie ein Schneeballeffekt, nur dass der Schneeball inzwischen die Größe einer Lawine angenommen hatte!

Alles hatte damit begonnen, dass sie bei Chloe, der besten Freundin ihrer verstorbenen Schwester, zum Wohltätigkeitsfrühstück eingeladen gewesen war.

„Von wegen Wohltätigkeitsfrühstück“, hatte diese unter Tränen gesagt. „Hast du eine Ahnung, wie viel Hannahs Operationen kosten?“

Zoe schüttelte den Kopf, aber sie konnte sich vorstellen, wie die Therapie in den USA zu Buche schlagen würde.

„Dazu kommen noch die Reisekosten. Außerdem läuft uns die Zeit davon, Zoe. Mit solchen Veranstaltungen kann ich das Ganze nicht finanzieren. Dazu müsste schon ein Wunder geschehen!“, brachte Chloe schluchzend hervor. „In drei Monaten ist die Krankheit vielleicht schon so weit fortgeschritten, dass die Behandlung nicht mehr anschlägt … Womöglich lehnen die Ärzte sie sogar ab, und dann ist Hannah ihr Leben lang an den Rollstuhl gefesselt.“

Zoe umarmte sie. Sie fühlte sich schrecklich hilflos.

„Chloe, du bist eine Kämpferin. Du bist momentan nur erschöpft.“ Kein Wunder! Chloe fuhr fast täglich mit Hannah ins Krankenhaus. „Sag mir, wie wir dir helfen können.“

Sie wünschte, sie könnte Chloe mehr bieten als hohle Phrasen. Doch dann hatte sie eine Idee. Und sie ließ sie sich nicht einmal durch den Kopf gehen, sondern teilte sie Chloe sofort mit.

„Veranstalte dein Wohltätigkeitsfrühstück in Ravenwood House. Du kennst die Leute – sie werden aus purer Neugier kommen. Wir stellen Bierzeltgarnituren im Garten auf, und Mrs Whittaker, die Köchin, erklärt sich bestimmt dazu bereit, Scones zu backen.“ Zoe wusste, dass die ganze Gemeinde darauf brannte, zu sehen, welche Veränderungen der mysteriöse neue Eigentümer vorgenommen hatte, und diesen kennenzulernen!

„Wirklich?“ Chloe hatte das Taschentuch von ihr entgegengenommen und sich die Tränen abgewischt. „Meinst du, Mr Montero hat nichts dagegen? Ich möchte nicht, dass du Probleme bekommst. Er war ja auch nicht damit einverstanden, dass wir den Krocketpavillon für die Spendenaktion benutzen, auch wenn er einen Pokal für den Gewinner gespendet hat.“

In dem Moment hätte sie Chloe sagen müssen, dass sie das Ganze hinter Mr Monteros Rücken veranstalten würde. Chloe hatte recht gehabt. Ihr neuer Arbeitgeber war nicht daran interessiert, alte Traditionen zu pflegen oder neue zu begründen. Er wollte, wie Tom es ausgedrückt hatte, das Dorf draußen lassen.

„Er ist ein prima Kerl“, hatte der loyale Assistent versichert, als er ihre Miene sah. „Er wahrt nur gern seine Privatsphäre und bleibt auf Abstand. Er ist sehr großzügig und stiftet viel Geld für Wohltätigkeitsorganisationen, ohne dass es öffentlich bekannt wird. Allerdings laufen alle Spenden über den Montero Trust.“

Vermutlich unterstützte Mr Montero Projekte in der Dritten Welt. Das war ja schön und gut, aber Chloe brauchte sofort und unbürokratisch Hilfe und hatte keine Zeit, sich um eine Zuwendung zu bewerben.

„Überlass das alles mir“, hatte Zoe sie gebeten.

Und immer wenn sie Schuldgefühle verspürte, was oft vorkam, dachte sie an das Lächeln, das Chloe ihr daraufhin geschenkt hatte.

Was hatte Tom ihr beim Bewerbungsgespräch gesagt? „Er erwartet von Ihnen, dass Sie eigenständig arbeiten und Initiative zeigen.“ Am heutigen Tag hatte sie vermutlich zu viel Initiative gezeigt, doch Mr Montero würde ja nichts davon erfahren.

Egal, wie sehr sie ihr Verhalten rechtfertigte, sie wusste natürlich, dass sie ihre Kompetenzen bei Weitem überschritten hatte. Und da sie noch in der Probezeit war, konnte sie durchaus ihren Job verlieren, wenn alles herauskam!

Und damit auch ihr Zuhause und das der Zwillinge.

Kein Wunder, dass sie in der vergangenen Woche so schlecht geschlafen hatte. Und da hatte sie noch nicht ahnen können, wie sehr alles aus dem Ruder laufen würde. Alle waren so begeistert und großzügig gewesen und hatten sich so engagiert, dass sie es nicht übers Herz gebracht hatte, Nein zu sagen.

Nun konnte sie nur noch versuchen, die Übersicht zu behalten, und dafür sorgen, dass nach dem Spektakel alle Spuren beseitigt wurden. Es hatten sich bereits viele Freiwillige zum Aufräumen und Saubermachen gemeldet.

Zuerst musste sie jedoch diesen Fremden loswerden und sich anschließend vergewissern, dass keine weiteren Personen ins Haus gekommen waren.

„Falls Sie die Toiletten suchen, gehen Sie an dem Stand mit der Tombola und dem Zelt mit den Erfrischungen vorbei und dann immer der Nase nach.“ Was seine Nase betraf, so war diese gerade und schmal … Plötzlich begegneten sich ihre Blicke, und Zoes Magen krampfte sich zusammen.

Dass sie körperlich so heftig auf diesen Mann reagierte, verunsicherte sie bis ins Mark. Sie atmete tief durch und fixierte einen Punkt über seiner linken Schulter.

„Sie können sie gar nicht verfehlen.“

Doch statt endlich den Raum zu verlassen, lehnte er sich an die vertäfelte Wand und blickte sich um.

„Sie haben ein sehr schönes Zuhause.“

Schnell verschränkte sie die Arme vor der Brust. Noch nie hatte sie eine derart verführerische Stimme gehört, und der leichte Akzent verlieh dieser eine zusätzliche Faszination.

„Nein … Ja … Ich meine, es ist nicht mein Haus. Und das ist Ihnen sicher klar.“ Ironisch verzog sie das Gesicht, bevor sie ihm einen Fuß entgegenstreckte – sie trug Sneakers.

Aus zusammengekniffenen Augen betrachtete der Fremde diesen, bevor er ihr wieder ins Gesicht sah. „Ich versuche, andere nicht nach ihrem Äußeren zu beurteilen“, erwiderte er lässig.

„Das ist nicht immer einfach.“

So, wie sie ihn schlecht einschätzen konnte. Er wirkte sehr überheblich, aber das war vermutlich nicht verwunderlich. Ein Mann mit diesen Gesicht und diesem Körper litt wohl kaum unter Unsicherheit. Fasziniert betrachtete sie ihn von Kopf bis Fuß. Er war nicht nur durchtrainiert, sondern auf lässige Weise elegant.

Schnell senkte Zoe den Blick, als sie spürte, wie sie errötete.

„Ich arbeite hier nur … Es ist schön, nicht?“ Mit den exklusiven Antiquitäten und den teuren Designermöbeln erinnerte das Haus sie an ein Museum. Nirgends lagen Zeitungen, geöffnete Bücher oder Kleidungsstücke herum. Nichts deutete darauf hin, dass jemand hier wohnte – es war einfach zu perfekt.

Aber im Grunde lebte ja auch niemand hier. Sie fand es erstaunlich, dass jemand ein so wundervolles Haus besaß und kaum Zeit darin verbrachte.

Die anderen Angestellten hatten ihr erzählt, wie viele Anwesen, Autos und Privatjets ihr Arbeitgeber noch besaß … Offenbar umgab Isandro Montero sich gern mit Statussymbolen. Sie hatte immer angenommen, dass Menschen, die diese brauchten, in ihrem tiefsten Inneren unsicher waren. Allerdings fühlten Menschen, deren Konto immer ins Minus zu rutschen drohte, sich auch unsicher, wie sie aus Erfahrung wusste!

Der Fremde zog die Brauen hoch. „Der Eigentümer hat sein Haus also für diese … Veranstaltung zur Verfügung gestellt?“

Nun glühten ihr die Wangen.

„Dann muss er ja sehr großzügig sein und Ihnen wirklich vertrauen.“

Verlegen senkte sie die Lider. „Er legt viel Wert auf ein gutes Verhältnis zu den Einheimischen.“

Wenn er mich jetzt hören könnte … Fast hätte sie hysterisch aufgelacht, als sie sich den Gesichtsausdruck des mysteriösen Milliardärs vorstellte, der sich nicht mit den Dorfbewohnern verbrüdern wollte.

Dann ließ sie den Blick zu den Bücherregalen mit den wertvollen Erstausgaben schweifen. Ob er diese auch las, oder stellten sie nur ein weiteres Statussymbol dar, wie der aufwendig restaurierte Krocketpavillon?

„Der Zutritt zum Haus ist heute verboten.“

Statt zu antworten, betrachtete der Fremde interessiert ein Gemälde an der Wand.

Zoe spürte, wie ihr das Blut aus dem Gesicht wich, als ihr zum ersten Mal klar wurde, wie leicht man hier etwas stehlen konnte. Sie hatte sich so von der Aura dieses Mannes gefangen nehmen lassen, dass sie überhaupt keinen Verdacht geschöpft hatte. Vielleicht war er gar nicht zufällig hier!

„Das Haus ist durch eine Alarmanlage und Wachleute bestens gesichert.“

Isandro lächelte kühl, als er die Nervosität in ihrer Stimme und den alarmierten Ausdruck in ihren Augen bemerkte. Das geschieht ihr recht, dachte er grimmig. Es hätte ihn nicht gewundert, wenn einige seiner Wertgegenstände sich schon in den Taschen von Besuchern befunden hätten. Seine Sicherheitsleute konnten von Glück reden, wenn sie ihren Job behielten.

„Ich könnte also nicht einfach etwas mitnehmen?“ Demonstrativ sah er sich im Raum um, bevor er eine vergoldete Miniatur aus dem Regal nahm. Es gehörte zu einem Paar, dass er vor sechs Monaten ersteigert hatte, indem er einen russischen Oligarchen überbot. Der völlig überhöhte Preis hatte ihn nicht gestört, weil die Miniaturen an ihren Ursprungsort zurückkehrten. „Wie das hier zum Beispiel?“

Erneut krampfte ihr Magen sich zusammen. Bei ihrer Ankunft war sie buchstäblich auf Zehenspitzen durch das Haus gegangen, aus Angst, irgendeines der kostbaren Kunstobjekte zu beschädigen. Dass der Fremde die Miniatur einfach anfasste, schockierte sie.

Zoe lachte nervös und riss sich zusammen. Schließlich würde kein richtiger Dieb so auftreten … oder?

„Nein, natürlich nicht …“ Sie unterdrückte den Impuls, sich auf den Mann zu stürzen und ihm das Objekt zu entreißen, da sie unweigerlich den Kürzeren gezogen hätte. Als ihr Blick auf seine muskulöse Brust fiel, begann ihr Bauch prompt zu beben, und sie legte sich schnell die Hand darauf.

„Ist die echt?“, fragte er.

„Es handelt sich nur um eine Kopie“, log sie und merkte selbst, wie schrill ihre Stimme klang. „Alle Wertgegenstände befinden sich in Schließfächern in der Bank.“ Ich wünschte, es wäre so!

„Deswegen haben Sie also keine Angst davor, dass sich jemand hierher verirren und ein Souvenir mitnehmen könnte.“

Zoe schluckte, als er die Miniatur in die Tasche seiner schwarzen Designerjeans steckte, schaffte es jedoch, sein herausforderndes Lächeln zu erwidern und ruhig zu bleiben. Was sagte es über sie aus, dass ihre Aufmerksamkeit sogar in einem Moment wie diesem seinen Schenkeln gegolten hatte?

„Für den Fall sind die Sicherheitsleute da.“ Dass diese momentan damit beschäftigt waren, die Gäste auf die Parkplätze einzuweisen, verschwieg sie geflissentlich. Sie fühlte sich deswegen richtig schlecht, weil sie die Abwesenheit des Teamleiters genutzt hatte, um seinen Stellvertreter davon zu überzeugen, die Regeln etwas zu lockern. Dabei war sie nicht einmal vor emotionaler Erpressung und flehenden Blicken zurückgeschreckt.

„Man würde mich also daran hindern, das Gebäude zu verlassen?“

Obwohl sie sich ihm in den Weg stellte, war ihr bewusst, dass er sich von ihr nicht aufhalten lassen würde. Oder wollte er sie nur aufziehen?

Zoe stemmte die Hände in die Hüften, hob das Kinn und widerstand der Versuchung, ihm zu sagen, dass er hier nur über ihre Leiche hinauskam. Vielleicht würde er sie ja beim Wort nehmen … „Auf jeden Fall“, erwiderte sie deshalb ruhig. „Bitte stellen Sie die Miniatur zurück. Sie ist sehr wertvoll.“

„Ja, es war ein echter Glücksgriff.“ Als Isandro beobachtete, wie die Frau verwirrt blinzelte und die Stirn runzelte, verspürte er leichte Gewissensbisse. Sie hatte offenbar große Angst, und es machte ihm keinen Spaß, Frauen Angst einzujagen, obwohl diese hier es wirklich verdiente.

„Ein Glücksgriff?“

Isandro neigte den Kopf. „Diese Lady galt damals als Schönheit. Sie war die Tochter eines reichen Mühlenbesitzers und wurde von ihrem Vater verheiratet. Als Percy“, – mit einem Nicken deutete er auf die andere Miniatur, die immer noch im Regal stand – „sie mit hierher brachte, gab es einen großen Skandal. Anscheinend hat der alte Percy mit den Miniaturen eine Familientradition begründet, aber leider waren die anderen reichen Erbinnen nicht immer so hübsch wie Henrietta.“ Versonnen betrachtete er die Figur und erfreute sich an der meisterhaften Pinselführung des Künstlers und dessen Auge fürs Detail. „Er hat sie wirklich gut getroffen … Ich finde die Miniatur viel besser als die Gemälde über der Treppe. Sie hat einen so sinnlichen Mund.“

Bei den letzten Worten hatte der Fremde den Blick auf Zoes Lippen gerichtet. Sie antwortete nicht sofort, weil ihr das Herz bis zum Hals schlug und sie fieberhaft überlegte, woher dieser Mann so viel über die Geschichte des Hauses und die Familie Reynolds wusste.

„Vielleicht waren die beiden ineinander verliebt?“

Er lachte. „Aha, Sie sind eine Romantikerin.“

Sein spöttischer Unterton verärgerte sie. Warum führte sie überhaupt derartige Gespräche mit einem Kunstdieb? Und war er das überhaupt?

„Nein, das bin ich nicht.“ Wieder hob sie das Kinn. „So, Mr … Ich habe zu tun. Würden Sie jetzt bitte …?“

„Ich frage mich, ob Percy sich ihrer geschämt hat“, fiel der Mann ihr ins Wort. „Sie nennen es Liebe, ich nenne es eine Symbiose.“

Zoe presste die Lippen zusammen. „Ich habe es nur in Betracht gezogen.“

Erneut neigte er den Kopf. „Zweifellos hatte sie Geld, und er war ein angesehener Mann und konnte sie in die Gesellschaft einführen. Aber wenn man ihren Mund betrachtet, haben vielleicht auch andere Faktoren eine Rolle gespielt.“

Mit unergründlicher Miene sah er sie an. „Finden Sie nicht, dass sie einen sinnlichen Mund hat?“

Widerstrebend wandte sie den Blick von seinen Lippen ab.

„Mit Sinnlichkeit kenne ich mich nicht aus.“

„Das ist sicher nur falsche Bescheidenheit.“ Der forschende Ausdruck in seinen Augen bewirkte, dass ihr heiß wurde. „Meiner Meinung nach war unsere Henrietta eine sehr leidenschaftliche Frau … und vielleicht konnte Percy sich deswegen glücklich schätzen. Aber das werden wir wohl nie erfahren. Wir wissen allerdings, dass die Familie, als es keine reichen Erbinnen aus der Mittelschicht mehr gab, alle Wertgegenstände und Ländereien verkaufen musste, bis sie nichts mehr besaß. Dieses Paar wieder dort zu sehen, wo es begonnen hat, vermittelt eine gewisse Beständigkeit.“

„Das ist sehr interessant, aber …“ Abrupt verstummte Zoe und spürte, wie ihr die Farbe aus dem Gesicht wich. Das Auftreten dieses Mannes, sein Akzent, die Selbstverständlichkeit, mit der er sich hier bewegte … Natürlich hatte er sich verhalten, als würde ihm das Haus gehören, denn so war es tatsächlich!

Wie hatte sie nur so blind sein können? Weil er nicht ihren Vorstellungen entsprach. Hätte sie das Arbeitszimmer betreten und einen kleinen Mann mit Glatze in einem teuren Anzug angetroffen, hätte sie sofort die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass er ihr Arbeitgeber war.

Peinlich berührt schloss Zoe die Augen. Kein Wunder, dass die Pferdepflegerin, die ihr den Artikel in dem Gesellschaftsmagazin gezeigt hatte, sie seltsam angesehen hatte, als sie sagte, Isandro Montero wäre überhaupt nicht ihr Typ. Er war nicht der Mann auf dem Foto gewesen, der den Pokal beim Poloturnier überreichte – er hatte ihn bekommen!

„Ist er nicht ein Wahnsinnstyp?“, hatte Nia geschwärmt. Zoes Meinung nach hätte Nia den untersetzten Mann mit lichtem Haar auf dem Foto keines Blickes gewürdigt, wenn er kein Milliardär gewesen wäre.

Das hier war der Kapitän der Polomannschaft von dem Foto!

Während sie diese Erkenntnis verarbeitete, beobachtete Zoe, wie eben dieser Polospieler die Miniatur wieder an ihren Platz stellte.

Ich wusste, dass dieser Job zu schön ist, um wahr zu sein, dachte sie.

3. KAPITEL

„Mein Name ist Zoe Grace.“ Zoe versuchte, sich ihren inneren Aufruhr nicht anmerken zu lassen. „Ich bin Ihre neue Haushälterin, Mr Montero. Tut mir leid, wir hatten Sie nicht erwartet.“

„Dann habe ich also Zoe gesucht.“ Isandro sah ihr in die Augen, bevor sein Blick auf ihre ausgestreckte Hand fiel. „Meine ehemalige Haushälterin, meinen Sie wohl. Vielleicht konnten Sie Tom täuschen …“

Ihr Schock über die gezielte Beleidigung wich sofort unbändigem Zorn. „Ich habe niemanden getäuscht!“

„Dann nehme ich an, dass Sie mit ihm schlafen. Ich kann mir keinen anderen Grund vorstellen, warum Tom jemanden einstellen sollte, der für diese oder eine andere Vertrauensstellung so ungeeignet wäre. Und bevor Sie mit den Wimpern klimpern, möchte ich Sie darauf hinweisen, dass ich nicht Tom bin. Ein schöner Körper und …“ Zynisch musterte er sie, „… ein nettes Gesicht sind zwar nicht zu verachten, aber ich lasse mich niemals mit Angestellten ein.“

Sie hasste ihn schon, bevor Isandro Montero den Satz zu Ende gesprochen hatte. Dann stellte sie bestürzt fest, dass er sich zum Gehen wandte. In einem Anflug von Panik eilte sie ihm nach und umfasste seinen Arm. „Sie können mich nicht einfach feuern!“

Als er demonstrativ ihre Hand betrachtete, ließ sie ihn los und wich einen Schritt zurück.

„Ich meine, offensichtlich können Sie es, aber tun Sie es nicht …“ Unfähig, ihm in die Augen zu sehen, hob sie das Kinn. „Bitte“, fügte sie mit einem verzweifelten Unterton hinzu.

Manchmal musste man seinen Stolz einfach überwinden.

Wäre es nur um sie gegangen, hätte sie ihm unmissverständlich klargemacht, wohin er sich seinen Job stecken konnte. Allerdings hätte sie diesen dann gar nicht erst angetreten.

Selbst wenn sie hier im Ort eine neue Stelle bekommen würde, sodass die Zwillinge dort weiterhin zur Schule gehen konnten – sie wollte ihnen keinen Wechsel zumuten –, hätte sie sich die Miete für eine neue Bleibe nicht leisten, geschweige denn sich etwas kaufen können.

Die Grundstückspreise waren in den letzten Jahren explodiert. Laura und Dan hatten oft Witze darüber gemacht, dass sie auf einem Vermögen saßen. Doch ihr wunderschönes kleines strohgedecktes Haus war zusammen mit ihrem ganzen übrigen Besitz in die Hände der Gläubiger gefallen.

Nach kurzem Zögern drehte Isandro Montero sich zu ihr um.

„Ich brauche diesen Job, Mr Montero“, sagte Zoe eindringlich.

Seine Miene verriet nicht das geringste Mitgefühl.

„Vielleicht hätten Sie sich Gedanken darüber machen sollen, bevor Sie mein Zuhause in einen Zirkus verwandelt haben. Es sei denn, jemand anders ist dafür verantwortlich …?“

Zoe erwog nicht einmal, die Schuld von sich zu weisen. Sie hatte es sich eingebrockt, und nun musste sie zusehen, wie sie da wieder herauskam. „Nein, ich bin es.“

„Und Sie teilen nicht einmal die Einnahmen aus diesen ganzen Spektakel?“

„Wollen Sie mir etwa unterstellen …?“ Sie verstummte und fügte leise hinzu: „Ich verdiene kein Geld damit. Niemand tut das! Es ist alles für einen guten Zweck bestimmt …“

Mit einer Geste brachte Isandro Montero sie zum Schweigen. „Bitte ersparen Sie mir diese rührseligen Geschichten. Und appellieren Sie auch nicht an meinen Sinn fürs Gemeinwohl. Ich habe nämlich keinen.“

Und auch kein Herz, dachte sie, verzweifelt bemüht, die aufsteigende Panik und die Verzweiflung in Schach zu halten.

Sie biss sich auf die Lippe. „Ich weiß, dass ich meine Kompetenzen überschritten habe, aber ich dachte, ein Wohltätigkeitsfrühstück wäre nichts Schlimmes.“

Entgeistert zog er die Augenbrauen hoch. „Ein Wohltätigkeitsfrühstück?“

Verlegen senkte sie die Lider. „Ich weiß, das Ganze ist etwas außer Kontrolle geraten. Aber alle waren so begeistert, dass ich nicht Nein sagen konnte, weil es wirklich für einen guten Zweck ist.“

Isandro war irritiert. Falls diese Frau glaubte, ihn mit moralischer Erpressung und diesem Augenaufschlag einlullen zu können, hatte sie sich getäuscht. „Es ist immer für einen guten Zweck“, meinte er ironisch.

Zoe musste eine scharfe Entgegnung unterdrücken. Falls er erwartete, dass sie nun vor ihm zu Kreuze kroch, blieb ihr nichts anderes übrig. „Wir hatten Sie nicht erwartet.“

„Wie rücksichtslos von mir, einfach unangemeldet hier aufzutauchen“, konterte er sarkastisch, woraufhin sie wieder errötete. „Aber ich gebe zu, dass ich neugierig bin. Welchen Teil Ihres Aufgabenbereichs gedachten Sie zu erledigen, als Sie mein Zuhause in einen Rummelplatz verwandelt haben?“

„Ich sagte ja schon, es ist etwas außer Kontrolle geraten. Aber schließlich sind Sie nie hier.“

„Aha, wenn die Katze weg ist, tanzen die Mäuse auf dem Tisch. Sehr originelle Ausrede, Miss Grace.“

„Ich brauche diesen Job unbedingt. Wenn Sie mir die Chance geben, mich zu beweisen, werden Sie es nicht bereuen.“

Isandro zuckte die Schultern. „Wie gesagt: Darüber hätten Sie sich vorher Gedanken machen sollen.“ Als er ihr aschfahles Gesicht betrachtete, empfand er beinahe so etwas wie Mitgefühl, was er sich allerdings nicht eingestehen wollte. „Haben Sie denn Erfahrung als Haushälterin?“

„Nein“, erwiderte Zoe, weil sie viel zu gestresst war, um zu lügen.

„Vielleicht sollte ich lieber nicht weiter nachfragen, warum mein Assistent Ihnen den Job gegeben hat.“

„Er wusste, dass ich ihn brauche.“

Ungläubig lachte er. Falls sie bei dem Vorstellungsgespräch auch nur halb so gut geschauspielert hatte wie jetzt, hätte er es Tom nicht verdenken können, wenn dieser ihr mehr als nur eine Stelle angeboten hatte.

Er musste ein Wörtchen mit ihm reden.

„Sollte ich feststellen, dass irgendwelche Wertgegenstände fehlen, werden Sie von mir hören. Ansonsten erwarte ich, dass Sie bis morgen früh Ihre Wohnung geräumt haben.“

Zoe lachte hysterisch. Was sollte sie bloß tun? Vor ihm auf die Knie fallen? Plötzlich wurde ihr bewusst, wie hoffnungslos ihre Lage war.

Sie konnte lediglich wieder auf die Hilfe ihrer Freunde zurückgreifen, und das auch nur vorübergehend.

Also versuchte sie es ein letztes Mal.

„Bitte, Mr Montero.“

Verächtlich verzog dieser die Lippen. „Versuchen Sie es nicht auf die Mitleidstour, damit erreichen Sie bei mir gar nichts.“

Unter Tränen blickte sie ihn an. „Sie sind ein Unmensch!“, rief sie, denn nun hatte sie nichts mehr zu verlieren.

Isandro zuckte die Schultern. Er war lieber ein Unmensch als ein Trottel.

Zoe hob das Kinn und ging hocherhobenen Hauptes zur Tür. Als sie am geöffneten Fenster vorbeikam, nahm sie den Duft von Geißblatt wahr, den die sanfte Brise hereintrug.

Fast wäre sie mit dem Pfarrer zusammengestoßen, der in diesem Moment den Raum betrat.

„Zoe, Liebes, wir suchen Sie schon überall“, sagte er.

Isandros Blick fiel auf die Frau, die zusammen mit einem Mädchen im Rollstuhl neben dem Pfarrer aufgetaucht war. Dieser begann zu strahlen, als er ihn erkannte, und eilte dann auf ihn zu.

„Mr Montero, ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie dankbar wir Ihnen alle sind.“

Isandro, der ihm erst einmal begegnet war, neigte den Kopf. „Sind die Arbeiten an dem neuen Dach beendet?“

„Ja, das sind sie, aber ich rede von dem heutigen Tag. Es ist ein großer Erfolg. Es wärmt mir das Herz, mitzuerleben, wie die ganze Gemeinde an einem Strang zieht.“

Er hat kein Herz, dachte Zoe wieder, als sie beobachtete, wie der Milliardär seine Verwirrung hinter einer arroganten Maske verbarg. Nein, es war keine Maske, sondern sein wahres Ich. Er war gefühlskalt, rachsüchtig, ja, hassenswert!

„Mr Montero, oh, vielen Dank … Hannah, das ist Mister Montero, Schatz. Komm und bedank dich bei ihm.“

Regungslos stand Isandro da, während die Frau ihn unter Tränen umarmte und ihm mit bebender Stimme versicherte, was für ein wundervoller Mensch er war.

Zoe triumphierte innerlich ein wenig, weil Isandro Montero wirkte, als sei ihm unbehaglich zumute. Zwar wären ihr ein Job und ein Dach über dem Kopf lieber gewesen, doch ein wenig Genugtuung war besser als nichts.

Als Hannah dann lächelnd im Rollstuhl auf ihn zufuhr und ihm mitteilte, dass er einen Welpen aus dem nächsten Wurf haben könnte, musste sie fast über seine Miene lächeln.

„Bella ist eine wahnsinnig kluge Hündin, und alle wollten einen Welpen aus ihrem letzten Wurf haben. Sie haben hier ja viel Platz und sehen aus, als würden Sie Hunde mögen.“

Isandro schluckte und fragte sich, ob die ganze Gemeinde den Verstand verloren hatte.

„Sie beide haben das hier ermöglicht …“, ließ Chloe sich dann strahlend vernehmen, bevor sie erst Zoes und dann Isandro Monteros Hand nahm und beide zusammenführte.

Zoe lächelte verkrampft und widerstand dem Drang, Chloe ihre Hand zu entreißen. Der einzige Trost bestand für sie darin, dass Isandro Montero sich genauso schrecklich fühlen musste.

„Wir haben genug eingenommen. Du musst dir also nicht den Kopf rasieren!“

Für einen Moment vergaß Zoe ihre Situation und lächelte glücklich, ohne zu merken, wie der Spanier sie betrachtete.

„Oh, Chloe, das ist ja wundervoll! Habt ihr jetzt auch genug Geld, dass John euch begleiten kann?“

„Nicht ganz“, erwiderte Chloe. „Wir haben Dad aber viel zu erzählen, wenn wir nach Hause kommen, stimmt’s, Hannah?“ Nun ließ Chloe die Hände der Freundin los, um sich zu ihrer Tochter hinunterzubeugen, sodass Zoe Hand in Hand mit Isandro Montero dastand.

Während Chloe ihre Tochter küsste und der Pfarrer eines der Gemälde an der Wand betrachtete, nutzte Zoe die Gelegenheit, um sich aus seinem Griff zu befreien und Isandro Montero einen giftigen Blick zuzuwerfen.

„Oh, Zoe, du hast so hart gearbeitet. Wie können wir dir bloß danken? Und keine Sorge – wir räumen wieder auf und machen alles sauber.“ Chloe gab ihr einen Kuss auf die Wange. „Du solltest es als Erste erfahren. Und jetzt erzählen wir es den anderen … Herr Pfarrer?“

„Ja … Mr Montero, Sie haben eine sehr beeindruckende Kunstsammlung …“ Nachdem der Pfarrer seinem unfreiwilligen Gastgeber begeistert die Hand geschüttelt hatte, folgte er Chloe und Hannah aus dem Raum. Zoe wollte ihnen folgen, doch ihr Noch-Arbeitgeber rief sie zurück.

„Kann ich kurz mit Ihnen sprechen, Miss Grace?“

Zoe versprach Chloe, gleich nachzukommen, und drehte sich um. Sie wollte ihr die Freude nicht verderben, denn Chloe würde sich mitverantwortlich dafür fühlen, dass sie ihren Job verlor.

Hocherhobenen Hauptes stand sie da, als er an ihr vorbeiging und die Tür schloss.

„Und, würden Sie mir jetzt verraten, was das alles soll?“

„Das hatte ich Ihnen doch zu erklären versucht.“

Isandro presste die Lippen zusammen. Er war wütend, weil man ihn wie einen Helden behandelte und er keine Ahnung hatte, warum.

„Dann erklären Sie es jetzt.“

„Es ist eine Spendenaktion für Hannah.“

„Das Mädchen im Rollstuhl?“

Zoe nickte. „Sie hatte einen Tumor im Spinalkanal. Die Ärzte konnten ihn bei der OP vollständig entfernen, aber es wurden Nerven dabei verletzt, sodass sie nicht mehr laufen kann. Chloe, ihre Mutter, hat ein Krankenhaus in Boston ausfindig gemacht, wo man ihr vielleicht helfen kann. Es handelt sich um eine neuartige Operationsmethode.“

Isandro Montero runzelte die Stirn. „Und warum, in aller Welt, haben Sie es mir nicht gleich erzählt?“

Er war wirklich unglaublich. „Vielleicht weil Sie mir keine Gelegenheit dazu gegeben haben?“

Bevor er antworten konnte, klopfte es, und Chloe steckte den Kopf zur Tür herein.

„Fast hätte ich’s vergessen – wir geben morgen eine Party. Bitte kommen Sie auch, Mr Montero.“

„Isandro.“

„Isandro“, sagte sie lächelnd. „Zoe wird Sie bestimmt fahren, wenn Sie etwas trinken möchten“, schlug sie dann zu Zoes Bestürzung vor. „Sie trinkt ja keinen Alkohol.“

Zoe verspannte sich, doch zu ihrer Überraschung nickte Isandro nur und sagte: „Das ist sehr nett von Ihnen.“

„Schön. Dann erwarten wir Sie beide um sieben.“

„Keine Angst, ich werde Sie entschuldigen“, erklärte Zoe, nachdem Chloe die Tür hinter sich geschlossen hatte. „Ich gehe davon aus, dass Sie die Kündigungsfrist einhalten? Ich frage der Kinder wegen …“

Stirnrunzelnd fiel er ihr ins Wort: „Anscheinend denken alle, ich hätte grünes Licht für diesen …“

„Spenden-Spaßtag.“

„Spaß?“

„Es hat als Wohltätigkeitsfrühstück begonnen und ist dann …“

Er lächelte so sarkastisch, dass sie ihm am liebsten eine Ohrfeige verpasst hätte.

„… außer Kontrolle geraten.“

„Scheint so, als könnten Sie schlecht Nein sagen.“ Isandro betrachtete ihre Lippen und stellte sich vor, wie Zoe auf viele Dinge mit Ja antwortete … „Sie haben mich in eine unmögliche Situation gebracht.“

Sein Verstand sagte ihm, dass ihm die Hände gebunden waren. Wenn er Zoe jetzt feuerte, würde er sich innerhalb kürzester Zeit vom Helden der Stunde zum Schurken verwandeln. Was die Einwohner von ihm hielten, scherte ihn zwar wenig, doch er fürchtete, die Presse könnte Wind davon bekommen.

Da der Abschluss mit Fitzgerald unmittelbar bevorstand, hätte das Timing nicht schlechter sein können, und die Reporter der Regenbogenpresse liebten solche Geschichten. Das Kind, das an den Rollstuhl gefesselt war, der reiche Grundbesitzer … Isandro konnte sich lebhaft vorstellen, wie die Boulevardpresse das ausschlachten und das Geschäft, auf das er die letzten sechs Monate hingearbeitet hatte, den Bach hinuntergehen würde.

Obwohl er wusste, dass diese Frau ihm nur Ärger machen würde, wäre es vernünftiger, sie vorerst nicht zu entlassen. Sicher würde sie ihm bald genügend andere legitime Gründe dafür liefern.

Plötzlich sah er das Gesicht des Mädchens vor sich. „Die Kleine kann also nicht in England behandelt werden?“

Zoe lächelte. Dieser Tag war offenbar kein völliger Reinfall. „Nein, es ist eine neuartige OP-Methode.“

Forschend betrachtete Isandro ihr dichtes braunes Haar. „Und was hat es damit auf sich, dass Sie sich den Kopf rasieren sollen?“

Verlegen warf sie sich den Zopf über die Schulter. „Chloe hat manchmal schlechte Tage. Um sie zum Lachen zu bringen, sagte ich, ich würde mir das Haar abrasieren und verkaufen, wenn wir heute nicht genug einnehmen.“

„Nein!“, rief er zu seiner eigenen Verblüffung, woraufhin sie erschrocken blinzelte.

„Wie bitte?“

„Es wäre nicht so gut, wenn meine Haushälterin mit kahl rasiertem Kopf herumlaufen würde.“

Obwohl eine innere Stimme sie zur Vorsicht mahnte, schöpfte Zoe Hoffnung. „Heißt das …?“

„Ich komme morgen wieder, und ich erwarte …“ Isandro verstummte, als draußen Jubel und lauter Beifall erklangen. „… dass hier alles wieder beim Alten ist.“

„Sie feuern mich also nicht?“ Entsetzt stellte sie fest, dass ihr erneut Tränen in die Augen traten, und sie senkte schnell die Lider.

„Ich gebe Ihnen eine Probezeit. Einen Monat.“

„Sie werden es nicht bereuen.“

Doch, vermutlich schon. „Und das andere Mädchen?“

„Das war Georgie … Georgina.“

„Und sie ist …?“, hakte er ungeduldig nach. Musste er ihr alles aus der Nase ziehen?

„Meine Nichte.“ Zoe strahlte glücklich.

„Bleibt sie lange hier?“

„Sie und ihr Zwillingsbruder Harry leben bei mir.“ Sie hörte die Stimme ihrer Schwester, als diese ihr am Telefon erzählt hatte, dass sie Zwillinge erwarten würde … Ein Junge und ein Mädchen, Zoe. Ist das nicht schön?

Isandro, der gerade den Terminkalender auf seinem Schreibtisch aufschlagen wollte, hielt mitten in der Bewegung inne und blickte sie an. „Nein, das geht nicht. Sie müssen eine andere Lösung finden.“

Zoe atmete tief durch, um sich von dem Zorn abzulenken, der in ihr aufwallte. „Eine andere Lösung? Was schwebt Ihnen denn vor?“

Ihr sarkastischer Unterton veranlasste Isandro, die Augen zusammenzukneifen. „Keine Ahnung. Ich kenne mich mit Kindern nicht aus.“

„Und Sie haben zwar zwanzig Schlafzimmer, aber keinen Platz für einen Jungen und ein Mädchen.“

„Sie schlagen also vor, hier einzuziehen.“ Spöttisch zog er die Brauen hoch und beobachtete, wie sie errötete. „Oder haben Sie es schon getan?“ Immerhin hatte das Mädchen gewirkt, als würde es sich in diesem Zimmer wie zu Hause fühlen.

Zoe biss sich auf die Lippe. „Natürlich nicht.“

„Die Unterkunft, die zu dem Job gehört, ist also nicht geeignet.“

„Doch.“ Sie zahlte keine Miete und wohnte im Einzugsgebiet der Schule, was perfekt war!

Forschend betrachtete Isandro sie, während er sich über das unrasierte Kinn strich. „Verbessern Sie mich, wenn ich mich irre …“

Angestrengt lächelte sie weiter. Das passierte bestimmt nie. Sie stellte sich gerade vor, wie er von Jasagern umgeben war, die ihm stets versicherten, wie toll er wäre.

„Ich dachte, die Wohnung der Haushälterin hätte nur ein Schlafzimmer.“

„Ein sehr großes. Und im Wohnzimmer steht eine breite Schlafcouch.“

„Sie schlafen auf einer Couch?“, fragte er schockiert.

„Ja, warum nicht?“ Sie würde ihm keinen Grund geben, sie zu entlassen. „Ich stehe immer vor den Zwillingen auf, und sie gehen vor mir ins Bett.“ Sie schlief schlecht, weil sie finanzielle Probleme hatte, nicht weil sie ein eigenes Zimmer vermisste.

„Mit anderen Worten, es ist die perfekte Lösung.“

Zoe ignorierte seinen ironischen Unterton. „Das nicht, aber ein guter Kompromiss.“ Als wüsste er, was Kompromisse sind, dachte sie. „Und falls Sie glauben, die Anwesenheit der Zwillinge würde sich negativ auf meine Arbeit auswirken – genau das Gegenteil ist der Fall.“

„Tatsächlich?“

„Ich trage die Verantwortung für zwei Kinder, und das bedeutet, dass ich absolut zuverlässig bin.“ Und keinen Stolz habe, ließ sich wieder die innere Stimme vernehmen.

„Sie meinen, Sie brauchen diesen Job so dringend, dass Sie sich jede scharfe Bemerkung verkneifen.“

Genau, dachte Zoe. Sonst hätte sie ihm in diesem Moment auch gesagt, er solle gefälligst nicht auf ihren Mund starren.

Wehmütig dachte sie an jene Zeit, als vorübergehender Geldmangel für sie bedeutet hatte, dass sie sich ein bestimmtes Paar Schuhe verkneifen musste. Leider lagen die Dinge nicht mehr so einfach. Noch immer zerbrach sie sich den Kopf darüber, wie sie die neuen Schuluniformen bezahlen sollte, denn die Zwillinge hatten einen Wachstumsschub durchgemacht.

„Das klingt so, als wäre es eine Dauerlösung. Ich dachte, die Kinder würden die Ferien bei Ihnen verbringen.“

Und ich hätte ihn in dem Glauben lassen können, überlegte sie. Der Mann ist so selten hier, dass er es gar nicht gemerkt hätte. Aber ich konnte ja wieder mal nicht die Klappe halten.

„Nein. Es sind die Kinder meiner Schwester.“ Zoe schluckte. Sie wollte nicht über die Einzelheiten des Unfalls sprechen, bei dem der betrunkene Geisterfahrer frontal mit ihrer Schwester und ihrem Schwager zusammengestoßen war, aus Angst, sie würde dann zu schreien beginnen. „Sie und ihr Mann sind gestorben. Ich bin der Vormund der Kinder.“

„Das tut mir leid.“

Zoe nickte nur, denn sie brachte kein Wort heraus.

Die Psychologin, mit deren Hilfe sie ihre Trauer verarbeitete, hatte gesagt, diese Wut wäre ganz normal und würde sich irgendwann legen. Aber selbst sechs Monate nach jenem schrecklichen Tag konnte Zoe sich nicht vorstellen, je mit dem Verlust fertigzuwerden.

„Das ist ganz schön viel Verantwortung für eine so junge Frau wie Sie.“

„Das ist relativ, oder?“ Erst vergangene Woche hatte sie eine Dokumentation gesehen. Dort hatte man eine Woche lang Jugendliche begleitet, die ihre körperbehinderten Eltern versorgten. Sie hatte sich geschämt, weil sie es im Vergleich zu diesen Kindern leicht hatte.

Isandro schüttelte den Kopf. „Es muss doch jemanden geben, der besser für diese Kinder sorgen kann, oder?“

„Ich bin die einzige Angehörige meiner verstorbenen Schwester, und ihr Mann Dan hatte gar keine Familie mehr. Es gäbe dann nur noch das Heim.“ Und das würde sie mit allen Mitteln verhindern. Die Kinder sollten so glücklich wie möglich aufwachsen.

Zoe schloss die Augen und rief sich das Gesicht ihrer Schwester ins Gedächtnis. Warum hatte ausgerechnet sie sterben müssen? Das Leben war so unfair!

Als sie die Lider wieder öffnete, stellte sie fest, dass Isandro sie zynisch betrachtete.

„Ich schätze, dies ist nicht Ihr Traumberuf.“

Nachdem sie kurz überlegt hatte, erwiderte sie ehrlich: „Ich hatte nie genaue Vorstellungen davon, was ich aus meinem Leben machen soll.“

Sie hatte es mit ihrer Zukunftsplanung nicht eilig gehabt. Sie reiste gern, und sie lernte gern Menschen kennen.

Zoe lächelte zuversichtlich. „Aber ich gebe immer hundert Prozent, und ich werde alles tun, um diesen Job zu behalten … wirklich alles“, fügte sie mit Inbrunst hinzu.

„Alles?“

Sein Tonfall verunsicherte sie ein wenig, doch sie würde nicht nachgeben. Also nickte sie.

Mit undurchdringlicher Miene wischte Isandro sich einen unsichtbaren Fussel von seinem schwarzen Poloshirt. „Falls Sie mir sexuelle Gefälligkeiten anbieten – die bekomme ich normalerweise umsonst.“

Sie ballte die Hände zu Fäusten und atmete tief durch. Er provozierte sie, wohl wissend, dass sie sich nicht wehren konnte. Aber wenigstens hatte sie von ihm nichts zu befürchten. Er war viel zu versnobt, um mit seinen Bediensteten zu schlafen.

Und wenn er es doch in Erwägung zog?

Prompt wurde ihr Körper von Hitzewellen durchflutet, und sie konnte sich nicht dagegen wehren. Schnell senkte sie den Blick und verschränkte die Arme vor der Brust. Zum Glück trug sie ein weites T-Shirt, sonst hätte Isandro gesehen, wie ihre Knospen sich aufrichteten.

Schließlich zuckte sie die Schultern. „Ich verspreche Ihnen, ganz professionell zu sein.“

Er schien wenig überzeugt, denn er zog eine Braue hoch. Panik überkam sie. Hoffentlich überlegte er es sich jetzt nicht anders.

„Ich bedaure Ihren Verlust, aber ich lasse mich nie von Gefühlen leiten. Also erwarten Sie es auch nicht.“

Insgeheim fragte er sich, wie lange er dem Einfluss so toller Beine und Lippen widerstehen konnte.

Zoe lächelte kühl. „Das tue ich nicht.“

„Wir werden ja sehen. Ich urteile nach Ergebnissen, nicht nach Versprechen.“ Unwillkürlich ließ er den Blick zu ihrem Mund schweifen.

„Es hat sich noch nie jemand beschwert.“ Zoe errötete angesichts dieser unbeabsichtigten Doppeldeutigkeit. „Noch keiner meiner bisherigen Arbeitgeber“, fügte sie deshalb hastig hinzu.

„So viele können es ja noch nicht gewesen sein. Wie alt sind Sie?“

„Zweiundzwanzig. Und …“ Sie hob die Hand, um alle Jobs aufzuzählen, und ließ sie dann wieder sinken, weil sie nicht den Eindruck vermitteln wollte, dass sie kein Durchhaltevermögen besaß. Doch leider hatte Isandro es schon gemerkt, wie seine nächste Frage verriet.

„Was ist die längste Zeit, die Sie in einem Job durchgehalten haben?“

Wieder einmal fragte sie sich, warum sie nicht die Klappe hatte halten können. „Spielt das denn eine Rolle?“

„Allerdings, falls Sie nach einer Woche schon das Handtuch werfen.“

„Ich hatte einige Jobs, aber wer hatte das nicht bei der heutigen Arbeitsmarktsituation?“ Als würde er den Arbeitsmarkt kennen. Sicher hatte er viele Angestellte, doch für ihn waren es nur Zahlen. „Ich habe noch nie jemanden hängen lassen. Ich bin absolut zuverlässig.“

„Aber Sie haben keine Ausdauer, stimmt’s?“

Zoe rang sich ein Lächeln ab. „Bitte urteilen Sie nicht vorschnell. Ich habe jetzt Verpflichtungen, die ich vorher nicht hatte.“

„Wir werden sehen.“ Isandro warf einen Blick auf seine Armbanduhr. „Meine Köchin kommt nachher. Sie werden alles mit ihr besprechen.“

Sie nickte. „Natürlich.“ Dann kräuselte sie die Nase. „Und was genau?“

Sollte das ein Witz sein? Isandro betrachtete sie missbilligend. „Sie machen hier kein Praktikum, Miss Grace.“

„Natürlich nicht, Mr Monster… Montero.“ Völlig verunsichert durch diesen entsetzlichen Freudschen Versprecher, wäre Zoe fast gestolpert, als sie zur Tür eilte, um sie ihm zu öffnen.

„Ich erwarte keine Unterwürfigkeit, sondern Leistung.“

Zoe senkte den Kopf. „Sicher.“ Was er ihrer Meinung nach brauchte, war ein Dämpfer. Hoffentlich erlebte sie es mit, wenn jemand ihm einen versetzte.

Als er den Raum verließ, revidierte Isandro seine Meinung. Zoe würde keine Woche durchhalten. Und dass sie zwei Kinder ernähren musste, war nicht sein Problem – schließlich war er kein Wohltäter.

4. KAPITEL

Zum letzten Mal blickte Zoe sich in dem Zimmer um. Die vielen Freiwilligen hatten draußen alle Spuren des Fests beseitigt, und drinnen waren die Angestellten noch einmal durch alle Räume gewirbelt. Alles war makellos sauber und ordentlich, fast steril – aber Gemütlichkeit war vermutlich auch nicht das, was Isandro Montero wollte.

Sie lächelte, wurde aber gleich wieder ernst. Nach der gestrigen Begegnung hatte sie eine schlaflose Nacht verbracht und immer wieder Schweißausbrüche gehabt, als sie daran dachte, dass sie fast ihren Job verloren hätte.

Und die wenigen Male, die sie eingenickt war, hatte sie immer von jenem schrecklichen Mann geträumt, der ihr Schicksal in Händen hielt. Erschauernd strich Zoe sich durchs Haar und schüttelte den Kopf. Normalerweise vergaß sie ihre Träume nach dem Aufwachen sofort, doch die erotischen Bilder waren immer noch erschreckend deutlich.

Reiß dich zusammen, Zoe, sagte sie sich. Der Mann kommt nur alle Jubeljahre her, also gib ihm keinen Anlass zu Kritik.

Und du solltest ganz bestimmt nicht von ihm träumen, fügte sie im Stillen hinzu, als sie mit ihrem Ärmel die Andeutung eines Fingerabdrucks von einer verspiegelten Schranktür wischte.

Als ihr Blick dabei in den Spiegel fiel, stieß sie einen entsetzten Laut aus. Das Haus und der Garten sahen beeindruckend aus – aber sie nicht!

Sie eilte in die quadratische Eingangshalle mit dem Marmorboden und der geschwungenen Treppe, die in den zweiten Stock mit der Glaskuppel führte, und blickte nervös zur Haustür. Ihr Herz pochte schneller, als sie sich vorstellte, wie sie diese öffnete und dem Gutsherrn gegenüberstand. Dann schüttelte sie den Kopf und lachte.

Gutsherr?

„Also wirklich, Zoe!“ Das geschichtsträchtige Ambiente wirkte sich offenbar schon auf ihr Denken aus. Zoe betrat einen langen Flur und eilte zu der Tür, die zu dem quadratischen Gebäudekomplex auf der Rückseite des Hauses führte.

Draußen ging sie über das Kopfsteinpflaster, an den mit Sommerblumen bepflanzten Steintrögen vorbei und dann die Steinstufen hoch zu ihrer Wohnung. Diese lag im Obergeschoss der ehemaligen Remise, deren Untergeschoss nun als Garage diente. Dort stand eine beeindruckende Sammlung alter Sportwagen.

In ihrer Wohnung schloss Zoe die Tür hinter sich und lehnte sich dagegen. Zum Glück war sie Isandro Montero nicht begegnet, denn sie sah aus wie eine Vogelscheuche! Sie eilte ins Bad, wo sie sich auszog und sich dann das Haar hochsteckte. Am liebsten hätte sie es gewaschen, aber es brauchte immer ewig, um zu trocknen, und sie hatte wenig Zeit.

Eine Viertelstunde später hatte sie geduscht und sich umgezogen. Da sie nicht viele Sachen besaß, war ihr die Wahl nicht schwergefallen. Sie trug eine weiße Bluse, eine schmal geschnittene schwarze Hose und schlichte schwarze Lederloafer. Das Haar hatte sie zu einem Zopf geflochten. Nach einem kritischen Blick in den Spiegel widerstand sie der Versuchung, ihr Outfit mit einem bunten Schal aufzupeppen, und legte stattdessen goldene Ohrringe an. Lächelnd verließ sie dann ihre Wohnung. Sie war fest entschlossen, den schlechten Eindruck bei ihrer ersten Begegnung mit Isandro Montero wiedergutzumachen.

Zoe verspannte sich, als sie in einiger Entfernung einen Wagen hörte – doch zum Glück war es nur der Lieferwagen des Schlachters, der kurz darauf um die Ecke bog. Sie atmete erleichtert auf, bedankte sich bei einem der Gärtner für die Gemüsespende am Vortag und bewunderte dann gebührend den Lavendel in den Terrakottatöpfen.

„Nachts duftet meine ganze Wohnung danach“, sagte sie und fügte herzlich hinzu: „Die Blumen, die Sie fürs Haus geschnitten haben, sind wunderschön.“ Es hatte ihr Spaß gemacht, diese in Vasen zu arrangieren und die Räume damit zu dekorieren.

Der Gärtner freute sich über das Kompliment. „Ihre Vorgängerin hat jede Woche teure Sträuße in London bestellt. Ich habe ihr immer gesagt, das ist die reinste Sünde.“

„Bestimmt waren sie sehr schön.“ Zoes eigene Versuche hingegen, dem Haus eine wohnliche Note zu verleihen, konnten nur als amateurhaft bezeichnet werden.

Sie musste den Impuls unterdrücken, ins Haus zurückzulaufen und alle Blumen zu entfernen. Nachdem sie noch eine Weile mit dem Mann geplaudert hatte, verabschiedete sie sich.

Letztendlich brachte sie es doch nicht über sich, die Blumen wegzuwerfen. Ein letztes Mal ging sie durch alle Räume, bevor sie sich in ihren Wagen setzte und losfuhr, um die Zwillinge von der Schule abzuholen.

Isandro Montero würde vermutlich nicht vor Mitternacht eintreffen. Und mit etwas Glück würde er sich gar nicht blicken lassen.

Die schmale Landstraße, die zum Dorf führte, war eigentlich eine Abkürzung. Da allerdings ein Trecker vor ihr fuhr, erwarteten die Kinder sie bereits am Tor und plauderten mit Chloe und Hannah, als Zoe an der Schule eintraf.

„Entschuldigt die Verspätung!“, rief sie.

„Du kommst nicht zu spät“, beruhigte Chloe sie. „Sie sind gerade erst rausgekommen.“ Erstaunt musterte sie Zoes Outfit. „Wow, du siehst …“

„Komisch aus“, erklärte Georgie unverblümt.

„Wie eine attraktive Bibliothekarin“, verbesserte Chloe sie.

„Sind Bibliothekarinnen attraktiv?“, fragte Harry.

Chloe wechselte einen Blick mit Zoe, die ein Lächeln unterdrückte und die Zwillinge dann in den Wagen scheuchte. „Soll ich euch mitnehmen, Chloe?“, fügte sie an ihre Freundin gewandt hinzu.

Chloe schüttelte den Kopf. „Nein, danke. Ich muss noch bei Sara vorbeigehen und mir für heute Abend ein paar Gläser von ihr ausleihen.“

„Ich kann leider nicht kommen. Wirklich schade, aber …“ Bedauernd zuckte Zoe die Schultern, denn ihr Babysitter hatte an diesem Morgen abgesagt.

„Doch, du kannst“, widersprach Chloe. „Meine Schwiegermutter passt ja auf Hannah auf und hat sich bereit erklärt, auch die Zwillinge zu hüten. John holt die beiden auf dem Nachhauseweg ab und bringt sie morgen früh wieder zurück.“

„Oh, Chloe, das ist wirklich nett, aber ich möchte euch keine Umstände machen.“

„Das tust du auch nicht. Maud hat es selbst angeboten, und du weißt, dass sie eine Menge Spaß haben werden. Keine Widerrede, Zoe. Außerdem kommt ja auch dein umwerfender Boss. Wenn ich ein paar Jahre jünger wäre, würde ich dir Konkurrenz machen.“

Zoe rang sich ein Lächeln ab. „Er ist leider nicht da.“ Sie bekam ein schlechtes Gewissen, als sie Chloes enttäuschtes Gesicht sah.

„Ich dachte, er würde heute wiederkommen. John wird wahnsinnig enttäuscht sein – er wollte sich persönlich bei ihm bedanken und sich für seine Gastfreundschaft erkenntlich zeigen. Die Hälfte der Gäste ist nur gekommen, weil sie sich das Haus und das Grundstück ansehen wollten.“

Zoes Unbehagen wuchs. „Ja, er kommt heute“, räumte sie ein. „Aber ich habe ihn noch nicht gesehen.“ Sie konnte sich kaum vorstellen, dass Isandro eine Party besuchte, auf der die Gläser geliehen waren und jeder etwas zum Büfett beisteuerte.

„Versprichst du, ihn daran zu erinnern, wenn er auftaucht? Sag ihm bitte, wir würden uns sehr freuen. Ich hatte den Eindruck, dass er sehr gern kommen würde. Offensichtlich bemüht er sich, Teil der Gemeinschaft zu sein.“

Zoe brachte es nicht übers Herz, Chloe ihre Illusionen zu nehmen, indem sie ihr eröffnete, dass Isandro nur Ja gesagt hatte, um sie alle loszuwerden.

„Wenn er kommt, ja“, versprach sie und stellte sich entsetzt vor, wie Isandro tatsächlich auf der Party erschien. Er würde die Stimmung verderben, wenn er den Abend mit verächtlicher Miene wie ein Pflichtprogramm absolvierte, und das wollte sie ihren Freunden ersparen. Außerdem hatte sie keine Lust, ihre kostbare Freizeit mit einem Mann zu verbringen, der sie schon nervte, bevor er überhaupt den Mund aufmachte und ihr irgendwelche Gemeinheiten an den Kopf warf. Die Tatsache, dass er in vielen Punkten recht hatte … Schnell schüttelte Zoe den Kopf, um das Bild seiner sinnlichen Lippen zu vertreiben, das vor ihrem geistigen Auge aufgetaucht war.

„John kommt gegen sechs, um die Zwillinge abzuholen“, rissen die Worte ihrer Freundin sie aus ihren Gedanken.

Normalerweise ließen ihn die Schicksale anderer kalt. Seine Spenden an sorgfältig ausgewählte Organisationen oder Privatleute waren ausnahmslos anonym, und er reagierte nie auf irgendeine Form moralischer Erpressung oder auf rührselige Geschichten. Aber die Geschichte des kleinen Mädchens ging ihm nicht mehr aus dem Kopf.

Gib’s zu, Isandro, die Kleine lässt dich nicht mehr los.

Isandro runzelte die Stirn. Sein Vater war sentimental gewesen, ein netter, vertrauensvoller Mensch, den das Leid anderer berührt hatte. Er hatte ihn gelehrt, wie wichtig es war, anderen zu helfen, und war mit gutem Beispiel vorangegangen.

Und was hatte es ihm gebracht?

Alle hatten ihn gemocht und bewundert – doch schließlich war er ein gebrochener, desillusionierter Mann gewesen.

Und er, Isandro, hatte hilflos mit ansehen müssen, wie die Frau seines Vaters und ihre Tochter das Familienunternehmen systematisch ruinierten. Sie hatten nicht nur seinen Vater, sondern auch dessen wichtigste Kunden um ihr Geld gebracht. Deshalb wollte er ihm nicht nacheifern. In seinem Leben gab es keinen Platz für Sentimentalitäten. Da er von anderen immer nur das Schlechteste erwartete, wurde er auch nur selten enttäuscht.

Aus Erfahrung wusste er, dass sich selbst hinter dem unschuldigsten Gesicht ein schwarzes Herz verbergen konnte. Als Isandro scharf bremsen musste, um einer Katze auszuweichen, die plötzlich über die Straße lief, schüttelte er den Kopf und verbannte die Gedanken an die beiden Frauen, die seinen Vater gezielt von allen Menschen isoliert hatten.

Er würde niemals so werden wie sein Vater, dafür würde er sorgen. Lieber wollte er als kalt und herzlos gelten denn als Trottel.

Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. Der reizenden Zara zufolge war er beides. Sie war richtig ausgerastet und hatte ihn in ihrer Muttersprache Russisch beschimpft, bevor sie auf ihren hochhackigen Designersandaletten aus dem Restaurant geschwebt war.

Isandro atmete tief aus. Die Frau hatte selbst dann umwerfend ausgesehen, wenn sie fuchsteufelswild war, und der Sex mit ihr war toll gewesen.

Das war allerdings so ziemlich das Einzige gewesen, was sie beide miteinander verbunden hatte, und für ihn war es gerade deshalb das perfekte Arrangement gewesen. Jetzt jedoch … Isandro schüttelte den Kopf. Er war nicht sentimental, aber hätte er die letzte Nacht noch einmal durchlebt, hätte er vielleicht nicht so ehrlich geantwortet, als Zara ihn schmollend gefragt hatte, ob er ihr überhaupt zugehört hatte.

Hätte er sich mit einem schlichten Nein begnügt, wäre das Ganze vielleicht nicht so eskaliert. Unklugerweise hatte er aber gesagt, er würde sich nicht für Schuhe, Kosmetik oder Adlige interessieren.

„Willst du etwa Schluss machen?“, hatte sie daraufhin so laut gezischt, dass die anderen Gäste sich zu ihnen umgedreht hatten.

Die darauf folgende Szene hätte er vermeiden können. Fälschlicherweise hatte er angenommen, dass sie eine positive Antwort von ihm erwartete.

Er war sich immer noch nicht sicher, warum er es gesagt hatte. Schließlich war Zara von Anfang an oberflächlich gewesen, was ihm allerdings recht gewesen war. Es war nicht ihre Schuld, dass man mit dem Geld, was sie in einem Monat für Mode und Kosmetik ausgab, die Therapie für ein behindertes Kind bezahlen konnte.

Dios, die Kleine geht mir überhaupt nicht mehr aus dem Kopf, dachte Isandro, als er durch das Tor zu seinem Anwesen fuhr.

Diesmal hingen keine Ballons in der Auffahrt. Nur ein Pfau, der langsam den Weg überquerte, und dann einer der Gärtner auf einem Aufsitzmäher zwangen ihn, kurz anzuhalten. Auf den ersten Blick schien alles normal.

Erst als er auf den Hof fuhr, wurde ihm bewusst, dass er nach einem Grund zur Beschwerde gesucht hatte. Stirnrunzelnd betrachtete er den verbeulten Transporter, der neben einem der Landrover parkte, bevor er aus seinem Sportwagen ausstieg.

Er war einige Schritte gegangen, als er einen bärtigen Mann in Jeans bemerkte, der hinter dem Transporter hervorkam.

Dieser war nicht allein. Er hielt eine große, schlanke Frau im Arm. Unvermittelt blieb Isandro stehen. Obwohl er ihr Gesicht nicht sehen konnte, erkannte er in ihr sofort seine Haushälterin wieder.

Unbändiger Zorn wallte in ihm auf, und das Blut wich ihm aus dem Gesicht. Einige Herzschläge lang konnte er keinen klaren Gedanken fassen und stand regungslos da, die Hände zu Fäusten geballt.

Schließlich löste Zoe sich von dem Mann, und dieser umfasste noch einen Moment lang ihre Arme und sagte etwas zu ihr, das sie zum Lachen brachte. Dann stieg er in den Transporter und knallte die Tür zu.

Es war nicht dieses Geräusch, sondern ihr melodisches Lachen, das Isandro aus seiner Starre riss.

Er atmete tief durch und bewegte die Finger. Sein Jähzorn war ein Problem gewesen, als er klein war. Aber er war kein Kind mehr, sondern ein Mann.

Trotzdem wäre er am liebsten auf den Fremden losgegangen. Nicht weil dieser Zoe geküsst hatte – wobei er sich über ihren Geschmack wunderte. Nein, dies hier war nicht nur sein Zuhause, sondern auch ihr Arbeitsplatz. Ihr Verhalten war völlig unprofessionell. Er hatte ihr eine zweite Chance gegeben, in der Hoffnung, sie würde versagen, und sie hatte ihn nicht enttäuscht.

Nachdem er eine zufriedenstellende Erklärung für seine unbändige Wut gefunden hatte, ging es Isandro schon besser. Während der Transporter sich entfernte, bewegte er sich auf Zoe zu.

Zoe winkte John nach und ließ die Hand erst sinken, als der Transporter längst verschwunden war. Nachdem sie einmal tief durchgeatmet hatte, wandte sie sich zu der Person um, die sie aus den Augenwinkeln bereits bemerkt hatte, als sie John zum Abschied umarmt hatte.

Ihr Blick fiel auf den PS-starken silberfarbenen Sportwagen auf der anderen Seite des Hofs. Sie hatte ihn nicht kommen hören, weil der Motor des Transporters bereits gelaufen war. Beim Abschied von John hatte sie jedoch instinktiv die Nähe des spanischen Milliardärs gespürt.

Allerdings hatte sie ihn nicht mit John bekannt machen wollen, weil sie damit rechnete, dass er die Einladung für diesen Abend ablehnte, wenn sie ihn daran erinnerte.

„Hallo“, begrüßte sie ihn. „Ich hoffe, Sie hatten eine gute Fahrt …“ Weiter kam sie nicht, weil er ihr wütend ins Wort fiel.

„Ich finde den Anblick meiner Haushälterin in heftiger Umarmung mit einem Lieferanten nicht besonders erbaulich. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Ihr Liebesleben sich in Zukunft hinter geschlossenen Türen und nicht während Ihrer Arbeitszeit abspielen würde.“

Sowohl sein eisiger Tonfall als auch seine Deutung der harmlosen Abschiedsszene verschlugen ihr die Sprache. Sobald Zoe sich wieder gefasst hatte, senkte sie den Kopf, obwohl sie Isandro Montero am liebsten eine Ohrfeige verpasst hätte.

„Ich werde daran denken, wenn ich den Drang verspüren sollte, mich einem Lieferanten an den Hals zu werfen.“ Ruhig erwiderte sie seinen Blick. „Eben habe ich mich allerdings nur von einem Freund verabschiedet.“ Als würde es Sie etwas angehen, Sie Mistkerl! Energisch hob sie das Kinn. „Sie haben recht, er ist ein Lieferant. Aber er ist ein netter Mensch und beurteilt andere nicht nach ihrem Äußeren oder nach ihrem Beruf.“

Auch wenn sie es höflich ausdrückte, entging ihm nicht, dass sie ihn als Snob bezeichnete. Einen Augenblick lang war Isandro zu verblüfft, um wütend zu sein. Schon lange hatte ihn niemand mehr in seine Schranken gewiesen.

Dann flammte wieder Zorn in ihm auf. „Womit der Mann seinen Lebensunterhalt verdient, interessiert mich nicht!“

Zoe zog die Brauen hoch. „Nein, natürlich nicht.“

Isandro presste die Lippen zusammen. Am liebsten hätte er sie auf der Stelle gefeuert, doch dann musste er wieder an den bevorstehenden Abschluss denken. Im Falle eines Skandals hätte das traditionsreiche Familienunternehmen Fitzgerald sofort einen Rückzieher gemacht.

„Mich stört nur, dass der Mann seine sexuellen Bedürfnisse auf meinem Grund und Boden auslebt!“

Fassungslos blickte Zoe Isandro an, der noch wütender war als bei ihrer ersten Begegnung. Sie konnte beim besten Willen nicht nachvollziehen, was jemanden an einer harmlosen Umarmung störte.

„Nehmen Sie sich nächstes Mal gefälligst ein Zimmer.“

„Wie bitte? John ist verheiratet!“

„In dem Fall hätte ich noch mehr Umsicht von Ihnen erwartet“, verkündete er streng.

„Ich würde niemals eine Affäre mit einem verheirateten Mann beginnen!“ Dass sie sich diesem Mann gegenüber rechtfertigen musste, verletzte sie, doch was hatte sie für eine Wahl? „Was Sie beobachtet haben, Mister Montero, war nur eine Umarmung zum Abschied unter Freunden“, erklärte sie steif. „Das war John, Chloes Mann. Sie erinnern sich doch an Chloe?“

Da sie sein Schweigen als Zustimmung deutete, fuhr sie fort: „Er hat gerade die Zwillinge abgeholt. Sie übernachten heute bei seiner Mutter. Sie passt auf die beiden auf, weil John und Chloe eine Party geben … Wissen Sie noch?“

Ja, er wusste es noch.

„Ich habe gesehen …“

„Sie haben überhaupt nichts gesehen, weil es nichts zu sehen gab.“

Als Isandro die Szene noch einmal Revue passieren ließ, musste er sich eingestehen, dass er tatsächlich nur beobachtet hatte, wie zwei Menschen sich umarmten. Plötzlich fühlte er sich sehr unbehaglich und spürte, wie ihm das Blut ins Gesicht stieg. Er räusperte sich. Verlegenheit war ihm normalerweise fremd.

„Tut mir leid“, entschuldigte er sich. „Ich habe mich wohl geirrt.“

Zoe musste ein Lächeln unterdrücken, weil es ihm offenbar so schwerfiel, seinen Fehler einzugestehen. „Entschuldigung angenommen. Ich habe Ihnen die Post auf den Schreibtisch gelegt. Wenn Sie mir sagen, wann es Ihnen am besten passt, teile ich dem Hausmädchen mit, wann sie Ihr Arbeitszimmer sauber machen kann. Ach, soll ich Ihrer Köchin ausrichten, wann Sie zu Abend essen möchten, Sir?“ Wow, bin ich gut, dachte sie.

Erstaunt zog er die Brauen hoch. „Ich dachte, wir würden bei Ihren Freunden essen. Wann sollten wir da sein? Um sieben?“

Sie lachte leise. „Ach ja, die Party! Sie müssen wirklich nicht kommen.“

„Dann war die Einladung also nicht ehrlich gemeint?“

„Doch, natürlich. Ich dachte nur, unter den gegebenen Umständen …“

„Welche Umstände?“

Verärgert presste sie die Lippen zusammen, weil Isandro so tat, als wüsste er nicht, wovon sie redete. „Sie werden sich bei Ihnen bedanken wollen, und ich dachte, Sie würden das peinlich finden.“

Das traf natürlich zu. Er hatte keine große Lust, auf diese Party zu gehen. Andererseits wollte er sich auch nicht so verhalten, wie Zoe es offenbar von ihm erwartete.

Da er es nicht gewohnt war, von Frauen zurückgewiesen zu werden, fühlte er sich in seinem Stolz verletzt. Also rang Isandro sich ein Lächeln ab.

„Es freut mich immer, wenn Leute dankbar sind.“ Manch eine Frau wäre dankbar für die Chance gewesen, einen Abend mit ihm zu verbringen. „Und Sie werden sehen, dass man mich nicht so leicht in Verlegenheit bringen kann.“

Zoe versuchte, sich ihre Bestürzung nicht anmerken zu lassen. „Heißt das, Sie wollen kommen?“

Obwohl er wusste, dass ihm ein langweiliger Abend bevorstand, bestärkte ihr entsetzter Unterton ihn in seinem Entschluss, die verdammte Party zusammen mit Zoe zu besuchen.

„Darum geht es nicht. Ich habe es versprochen.“

Vergeblich versuchte Zoe, Isandros Miene zu deuten. „Die beiden werden Verständnis dafür haben, dass Sie …“

„Wann holen Sie mich ab?“

Sie tat so, als wüsste sie nicht, was er meinte, und schüttelte den Kopf.

Isandro lächelte. Zoe war eine sehr schlechte Schauspielerin.

„Hatten wir nicht vereinbart, dass Sie mich mitnehmen?“, hakte er gewandt nach. „Ich kann mich natürlich fahren lassen, wenn Sie andere Pläne haben.“

Ihr einziger Plan im Moment war, sich in ihre Wohnung zurückzuziehen und mit den Fäusten gegen die Wand zu trommeln! Die Vorstellung, so dicht neben ihm zu sitzen, ließ sie erschauern, doch sie hielt sich lieber an dem Bild fest, wie er sich mit seinen langen Beinen in ihren alten VW-Käfer zwängte. Energisch straffte Zoe die Schultern.

Sie musste das Beste aus der Situation machen. Allerdings konnte sie immer noch nicht nachvollziehen, warum Isandro sie begleiten wollte. Vielleicht sonnt er sich gern in Bewunderung, überlegte sie spöttisch. Aber sie würde es schon überstehen. Schließlich war es nur ein einziger Abend, und vermutlich machte sie sich unnötig Sorgen, denn Isandro konnte es sicher gut überspielen, wenn er sich auf irgendwelchen Veranstaltungen langweilte.

„Nein, das geht in Ordnung“, erwiderte sie deshalb. „Wenn es Ihnen passt, fahren wir gegen sieben los.“

Lässig zuckte er die Schultern. „Ich werde pünktlich sein.“

Ihr tapferes Lächeln amüsierte ihn. Herausforderungen hatte er schon immer schlecht widerstehen können. Wenn dieser Abend vorbei wäre, würde Zoe Grace ihm aus der Hand fressen.

5. KAPITEL

Zum Glück besaß sie nur wenig Sachen, denn der Stauraum in der Wohnung war begrenzt. Die Kleidung, die nicht in den Schrank im Flur passte, bewahrte sie in einem Koffer unter dem Bett der Zwillinge auf.

Nachdem Zoe diesen hervorgezogen hatte, hockte sie sich hin und ging den Inhalt durch. Sie besaß nur zwei annehmbare Sommerkleider. Nach kurzem Überlegen entschied sie sich für das lange, weil es weniger zerknittert war. Sie hängte es auf einem Bügel an die Badezimmertür, in der Hoffnung, es würde durch den Dampf etwas glatter werden. Ihr Bügeleisen war defekt, und sie hatte sich noch kein neues kaufen können.

Fünfzehn Minuten später hatte sie geduscht, das lange Haar gebürstet und sich dezent geschminkt. Erfreut stellte sie fest, dass der rauchblaue Stoff inzwischen fast glatt war.

Nachdem sie das Kleid angezogen hatte, betrachtete sie sich im Spiegel. Sie erkannte die ernste junge Frau, die ihr entgegenblickte, kaum wieder. Wann hatte sie sich das letzte Mal schick gemacht? Es musste lange her sein, denn sie konnte sich nicht mehr daran erinnern. Schade nur, dass sie den Abend in Begleitung dieses schrecklichen Mannes verbringen musste.

Aber wenn sie Glück hatte, würde er sich bald langweilen und frühzeitig aufbrechen.

In der Hoffnung überquerte sie den Hof und traf Isandro vor dem Säuleneingang an. Da das Geräusch des Springbrunnens ihre Schritte übertönt hatte, hatte Isandro sie noch nicht bemerkt, und sie konnte ihn einen Moment lang unbeobachtet betrachten. Er trug ein am Kragen offen stehendes Hemd und eine dunkle Hose. Sie überlegte gerade, wie schade es war, dass ein derart attraktiver Mann so einen schlechten Charakter hatte, als Isandro sich plötzlich umwandte. Fast hätte sie auf ihren hohen Absätzen das Gleichgewicht verloren.

Mit wenigen Schritten war er bei ihr und umfasste ihren Arm. Erschrocken sah sie zu ihm auf, und ihr Herz setzte einen Schlag aus, als sie seinem Blick begegnete.

Ein Schauer rieselte ihr über den Rücken, und ihr stockte der Atem. Der Mann hatte wahnsinnigen Sex-Appeal!

„Ich trage nur selten hochhackige Schuhe“, rechtfertigte Zoe sich, bevor sie ihm ihren Arm entzog. „Mein Auto ist leider nicht besonders …“ Sie verstummte, während sie vorsichtig über das Kopfsteinpflaster ging.

Heißes Verlangen war in ihm aufgewallt, als Zoe auf ihn zugekommen war. Nun, da er ihr folgte, konnte Isandro ihren herrlichen Po bewundern und ihre endlos langen Beine unter dem langen Kleid erahnen.

„Der Sicherheitsgurt ist ein bisschen …“ Sie nahm den Fußball entgegen, der auf dem Beifahrersitz gelegen hatte, und den er ihr nun reichte, und warf ihn auf die Rückbank zu den anderen Spielsachen. Dann ließ sie den Motor an. „Es dauert immer, bis er anspringt …“

„Hören Sie jetzt endlich auf, sich zu entschuldigen?“ Mit einem Nicken deutete er nach hinten. „Ihr Neffe spielt Fußball?“ Er erkundigte sich nicht aus Interesse, sondern um sie nicht zu fragen, ob sie einen Freund hatte. Es spielte zwar keine Rolle, weil er sich an seine Regeln hielt – aber sich wenigstens an ihrem Anblick zu erfreuen, dagegen war ja wohl nichts einzuwenden.

„Harry?“ Zoe lachte und schüttelte den Kopf. „Nein, er hasst Sport. Der Ball gehört Georgie. Harry ist … ruhiger.“ Ein Mann wie Isandro Montero würde einen sensiblen Jungen wie Harry niemals verstehen. Zoe kräuselte die Stirn. Der Junge war so unkompliziert und genügsam, dass er gelegentlich übersehen wurde.

Als sie ihrem Beifahrer einen flüchtigen Blick zuwarf und sich vorstellte, dass jemand ihn übersah, zuckten ihre Mundwinkel – kaum vorstellbar. Leider konnte sie sich nicht darüber amüsieren, wie er sich mühsam in ihren Käfer quetschte, weil er ihr viel zu nahe war.

„Es ist nicht weit.“ Zum Glück!

„Ich werde mich zurücklehnen und die Aussicht bewundern.“ Er war davon ausgegangen, dass Zoe sich zurechtmachen würde, und sie sah tatsächlich atemberaubend aus.

Wenige Minuten später hielt sie vor dem kleinen Supermarkt im Ort.

„Wohnen Ihre Freunde hier?“

„Nein, auf der anderen Seite des Dorfes. Ich muss noch eine Flasche Wein besorgen.“

„Ich dachte, Sie trinken nicht.“

„Tue ich auch nicht, aber die anderen schon“, erwiderte sie kurz angebunden, ohne ihn anzublicken.

„Sie hätten etwas sagen sollen. Ich habe einen großen Weinkeller.“ Edle Tropfen waren eine inflationssichere Geldanlage.

Zoe war entsetzt, als sie sich vorstellte, wie der Jahrgangswein im Keller aus geliehenen Gläsern und mit Mineralwasser versetzt getrunken wurde.

„Schon gut. Ich besorge welchen.“

Drinnen nahm sie zwei Flaschen des zweitbilligsten Weins aus dem Regal. An der Kasse stellte sie peinlich berührt fest, dass sie nicht genug Bargeld dabeihatte. Und ihre Kreditkarte ließ sie meistens zu Hause, um nicht in Versuchung zu geraten.

„Entschuldigung, mir fehlen fünfzig Pence“, sagte Zoe. „Haben Sie etwas dagegen, wenn ich die beiden Flaschen gegen den spanischen Wein tausche?“

„Kein Problem“, erwiderte die Kassiererin. „Der schmeckt auch sehr gut.“

Gerade als Zoe die Flaschen vom Laufband nehmen wollte, legte jemand die Hand auf ihre. „Ich zahle.“

Erschrocken blickte sie zu dem großen, exotisch wirkenden Mann, der neben ihr stand. Sie schüttelte den Kopf, während sie die Fassung wiederzugewinnen versuchte. Ihre Knospen hatten sich aufgerichtet, und sie schämte sich, weil sie so schwach war.

„Nein, danke, das ist nicht nötig. Ich nehme den spanischen … Wein …“ Sie kam sich wie eine Idiotin vor.

„Ich bin zwar Patriot, aber lassen Sie sich von einem Spanier gesagt sein, dass das kein richtiger Wein ist.“

„Es ist keine Party für Weinkenner.“

„Nein, ich bestehe darauf – schließlich fahre ich auch bei Ihnen mit.“ Kurzerhand zückte er seine Brieftasche und reichte ihr das Geld.

Da sie hier nicht mit ihm streiten wollte, blieb ihr nichts anderes übrig, als es entgegenzunehmen.

Die Hand auf ihrem Rücken, führte Isandro sie hinaus und zum Wagen. Sie fühlte sich ausgesprochen unbehaglich, doch ihr war klar, dass ritterliches Verhalten seine zweite Natur war.

Nachdem er ihr die Tür geöffnet hatte, ging er auf die andere Seite und stieg ebenfalls ein. „Trinken Sie aus Prinzip nicht, oder haben Sie ein Alkoholproblem?“

Zoe presste die Lippen zusammen. Machte er sich etwa Sorgen, dass seine neue Haushälterin ein Suchtproblem hatte? „Weder noch, Sir. Ich vertrage keinen Alkohol.“

„Vielleicht wäre es besser, wenn Sie mich heute Abend nicht mit ‚Sir‘ anreden würden“, sagte Isandro nach einer Weile.

Sie zuckte die Schultern, bevor sie den Wagen hinter den anderen parkte. „Ist das ein Befehl, Mister Montero?“

„Wenn Sie es so nennen wollen. Und versuchen Sie es mal mit ‚Isandro‘. So, und nun entspannen Sie sich. Schließlich gehen wir auf eine Party. Ich werde Ihnen schon nicht dazwischenfunken.“

Zoe wurde zunehmend lockerer, als sie merkte, dass Isandro ihre Freunde nicht von oben herab behandelte, sondern sie mit seinem Charme einnahm. Wider Erwarten war er alles andere als distanziert. Chloe hatte ihn sofort mit Beschlag belegt, und er schien sich wirklich zu amüsieren.

Während sie beobachtete, wie er sich nun mit John und der Tierärztin unterhielt, fühlte Zoe sich wie eine Außenseiterin. Ihr Unmut verstärkte sich, als die rothaarige Frau, die erst vor Kurzem geschieden worden war und eine tief ausgeschnittene Bluse trug, den Kopf zurückwarf und über etwas lachte, was er gesagt hatte.

Verächtlich schüttelte sie den Kopf und schämte sich für die Frau, die so plump mit ihm flirtete. Und er tut nichts, um sie zu entmutigen, dachte sie verärgert. Sie kniff die Augen zusammen, als die Tierärztin ihm die langen roten Fingernägel auf den Arm legte. Und sie konnte sich nicht entscheiden, ob die Frau einfach nur mitleiderregend oder eine Femme fatale war … und sie selbst? War sie peinlich berührt oder etwa eifersüchtig?

Nein, natürlich wollte sie Isandro nicht berühren. Kritisch musterte Zoe sein markantes Profil und versuchte dabei die Vorstellung zu verdrängen, wie sie die Finger über seine harten Muskeln gleiten ließ. Prompt spielten ihre Hormone verrückt, und sie errötete.

Das ist absurd, sagte sie sich dann. Wie konnte sie so auf diesen Mann reagieren, wenn er auf der anderen Seite des Raumes stand? Weil er eine so starke Ausstrahlung hatte. Schnell trank sie einen Schluck und wünschte, es wäre etwas Stärkeres – oder lieber doch nicht. Schließlich musste sie einen klaren Kopf behalten. Aus leidvoller Erfahrung wusste sie, wie wenig sie vertrug.

Es war nur eine körperliche Reaktion, in die sie nicht zu viel hineindeuten durfte. So, wie sie keinen Alkohol anfasste, würde sie auch Isandro nicht anfassen. Es war ganz einfach.

Deswegen durfte sie auf keinen Fall über das ungezügelte Verlangen nachdenken, das in ihr glühte. Sie war auch nur ein Mensch und hatte keinen guten Riecher, was Männer anging. Also musste sie die Finger von Isandro lassen.

Die Tierärztin hatte in der Hinsicht offenbar keine Bedenken. Verächtlich verzog Zoe die Lippen, als sie beobachtete, wie die Mittvierzigerin immer näher an ihn heranrückte.

Plötzlich wandte Isandro den Kopf und begegnete ihrem Blick. Es schien, als habe er genau gewusst, wo sie sich befand … und dass sie ihn beobachtete.

Während sie sich in die Augen sahen, spürte Zoe, wie ihr Puls raste und ihr gleichzeitig der Atem stockte. Ihr Bauch begann zu beben, und sie hatte ganz weiche Knie.

Als sie es endlich schaffte, die Lider zu senken, fühlte sie sich unendlich schwach. Schnell hob sie ihr Glas an die Lippen, um zumindest den Anschein zu erwecken, dass sie sich im Griff hatte.

Für einen Moment schloss sie die Augen, öffnete sie allerdings schnell wieder, als sie ihren Namen hörte.

„Entschuldigung, ich war mit meinen Gedanken weit weg. Wie geht es dir?“, fragte sie Chloes Tante, die gerade neben Zoe auf einen Stuhl sank.

„Ich kann nicht klagen, aber ich tue es natürlich. – Danke, meine Liebe“, fügte die ältere Dame hinzu, als Zoe ihren Stock aufhob, der hinuntergefallen war. „Wenn du nicht möchtest, dass dein Kerl die Party mit einer anderen Frau verlässt, würde ich schnell zu ihm gehen, Zoe.“

Errötend folgte Zoe ihrem Blick. Isandro wirkte wie ein Jäger. Allerdings wurde er in diesem Moment selbst gejagt, denn die Rothaarige beugte sich zu ihm hinüber und strich ihm über den Ärmel. „Ich bin nur seine Fahrerin. Er ist mein Boss.“

„Zu meiner Zeit haben die meisten jungen Frauen davon geträumt, ihren Boss zu heiraten. Ich auch – nicht, dass George je so ausgesehen hätte.“ Als Chloes Tante ihren Gesichtsausdruck bemerkte, lachte sie. „Ich bin alt, mein Kind, aber nicht blind.“

„Und ich habe nicht vor zu heiraten.“

Falls sie es je tat, würde es kein Mann wie Isandro Montero sein, sondern einer, der sie wie eine gleichberechtigte Partnerin behandelte und die Zwillinge genauso liebte, wie sie es tat. Zoe runzelte die Stirn, als sie dabei ihren Arbeitgeber vor sich sah, und ließ den Blick wieder in seine Richtung schweifen … Isandro stand nicht mehr dort und die üppige Tierärztin auch nicht.

„Das ist klug. Früher war es natürlich anders. Man konnte keinen Sex vor der Ehe haben … Zumindest schickte es sich nicht. Wir waren nicht so frei wie ihr heute.“

„Flüchtiger Sex ist nicht mein Ding.“

Zoe fragte sich, warum sie sich so untypisch verhielt und über derartige Themen sprach. Dann stellte sie fest, dass die alte Dame nicht mehr sie, sondern jemand anderen betrachtete.

Ein Schauer lief ihr über den Rücken. Sie wusste, wer hinter ihr stand. Hatte er alles gehört?

Seine Miene war undurchdringlich.

„Wollen Sie nach Hause?“, fragte er.

„Ich dachte, Sie wären schon gegangen.“

„Wie kommen Sie denn darauf?“

„Sie knüpfen schnell Kontakte.“ Kaum hatte Zoe das gesagt, bereute sie es. Schuldbewusst blickte sie über die Schulter, als sie das heisere Lachen der Tierärztin hörte. Den Gerüchten zufolge hatte deren Mann sie wegen eines jüngeren Models verlassen. Wer wusste schon, welchen Schmerz sie mit ihrem Verhalten überspielte?

Plötzlich schämte Zoe sich. Die Frau war verletzt und brauchte Mitgefühl, keine bissigen Bemerkungen. Tatsächlich verdiente sie sogar Bewunderung, weil sie vor einem Scherbenhaufen gestanden hatte und sich nun wieder nach oben kämpfte.

„Eigentlich nicht.“

Zoe sah Isandro an. „Ich glaube, Sie haben heute viele Freunde gewonnen.“ Keiner der Gäste, mit denen sie gesprochen hatte, hatte etwas Schlechtes über ihn gesagt, und alle hatten ihr versichert, wie glücklich sie sich schätzen konnte, für ihn zu arbeiten.

Allerdings machten ihr diese Reaktionen zu schaffen. Die Leute waren so oberflächlich, dass sie nur sein attraktives Äußeres und sein charmantes Lächeln sahen. Wer außer ihr hatte noch beobachtet, wie er sein Weinglas in einen Pflanzenkübel leerte? Womöglich die Frauen, die ihn den ganzen Abend angehimmelt hatten? Nein, alle verhielten sich so, als hätte er ihnen mit seinem Erscheinen eine große Ehre erwiesen.

Zoe hatte sich einige Male auf die Zunge beißen müssen. Niemals hätte sie damit gerechnet, dass er alle für sich einnehmen würde. Wer sollte ihr jetzt noch glauben, dass er sie gleich bei ihrer ersten Begegnung gefeuert hatte und immer noch nach einem Grund dafür suchte?

Isandro erwiderte Zoes direkten Blick. „Ich habe viele Bekannte, aber nur wenige Freunde.“ Freundschaft setzte Vertrauen voraus. Und er vertraute nur wenigen Menschen. Deshalb schätzte er seine wahren Freunde umso mehr.

Und ich bin nicht einmal eine Bekannte, sondern nur eine Angestellte, dachte Zoe. „Es ist bestimmt schwierig, zu beurteilen, ob jemand Sie nur um Ihrer selbst willen liebt.“

„Ich erwarte keine Liebe.“ Er zog die Brauen hoch. „Oder reden Sie von Sex?“

„Sex?“, rief Zoe.

Zu ihrem Leidwesen hörten es alle, weil die Gespräche genau in dem Moment verstummten. Am liebsten hätte sie sich in einem Mauseloch verkrochen.

„Entschuldigen Sie mich bitte …“ Sie machte eine unbestimmte Geste, bevor sie schnell zu den geöffneten Terrassentüren ging und dabei einige scherzhafte Bemerkungen erntete. Sie brauchte unbedingt frische Luft.

Als ihr jemand ein Tablett mit Drinks hinhielt, nahm sie sich ein Glas. Vorsichtshalber roch sie daran und stellte erleichtert fest, dass es sich um einen von Chloes alkoholfreien Cocktails handelte.

Auf der Terrasse kam Zoe an einer Gruppe von Männern vorbei und ging dann die stark ansteigende Rasenfläche hoch, wo sie sich am Rand auf einen kürzlich gefällten Baum setzte. Während sie langsam an ihrem Drink nippte, neigte sie den Kopf und blickte in den Sternenhimmel. Dabei kam ihr der Gedanke, dass sie viel zu selten innehielt und einfach nur das Leben genoss.

Nach einer Weile legte sie sich auf den Rücken, den Blick immer noch gen Himmel gerichtet, und summte leise vor sich hin. Irgendwann schloss sie die Augen.

„Ich kann das nicht annehmen …“

Zoe hob den Kopf, als sie Johns Stimme hörte. War sie eingenickt? Warum ignorierte John sie? Dann fiel es ihr ein. Er konnte sie nicht sehen.

„Doch, Sie können. Denken Sie nur daran, wie gut es für Chloe und Hannah ist, wenn Sie dabei sind und sie unterstützen.“

Die andere Stimme mit dem verführerischen Akzent gehörte Isandro.

„Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll.“ Zoe hörte etwas rascheln. „Nein, das ist viel zu viel … Das kann ich wirklich nicht annehmen.“

„Keine Sorge, ich kann es von der Steuer absetzen. Aber ich möchte, dass es zwischen Ihnen, Chloe und mir bleibt. Ich möchte nicht …“

„Verstehe. Danke! Das werden wir Ihnen nie vergessen.“

Regungslos lag Zoe da. Da sie kaum einen klaren Gedanken fassen konnte, dauerte es eine Weile, bis ihr die Bedeutung dieses Gesprächs bewusst wurde. Dann füllten ihre Augen sich mit Tränen. Isandro hatte John gerade das Geld für den Flug nach Boston gegeben – und offenbar mehr als das.

„Das ist wahnsinnig nett von Ihnen!“

Als Isandro sich umdrehte, sah er eine Gestalt aus dem Dunkel kommen – fast wie eine überirdische Erscheinung.

„Zoe, was machen Sie hier?“ Erst jetzt stellte er fest, dass sie taumelte. Sie war betrunken!

„Ich habe alles mitbekommen, und ich finde, Sie sind w… wunder… toll“, verkündete sie ernst.

„Und ich finde, Sie sollten sich hinsetzen.“

„Mache ich, aber zuerst …“ Zoe stellte sich auf die Zehenspitzen und umfasste sein Gesicht. „Sie sind ein sehr attraktiver Mann, und ich bin so gemein zu Ihnen gewesen. Ich schäme mich so! Sie sind ein Held.“

Isandro spürte ihre Brüste, als sie die Lippen auf seine presste. Sie schmeckten nach Alkohol. Regungslos stand er da, weil er wusste, dass er Zoe hier und jetzt im Gras nehmen würde, wenn er sie berührte. Irgendwie schaffte er es, diesen verführerischen Lippen zu widerstehen.

Schweißperlen traten ihm auf die Stirn, weil er sein Verlangen kaum zügeln konnte.

„Ich … ich sollte mich lieber hinsetzen.“ Ohne Vorwarnung sank Zoe ins Gras.

Seufzend nahm Isandro ihr das halb leere Glas aus der Hand. Als er einen Schluck trank, schmeckte er Ananas und Wodka heraus.

Hinter seinem Rücken hörte er Chloe und John kommen.

„Ist das Zoe?“

„Hallo, Leute … Ja, ich bin’s.“ Zoe winkte ihnen zu. „Chloe, du musst … mir unbedingt das Rezept … für den Cocktail geben.“

„Ach du meine Güte!“, rief Chloe entsetzt.

„Er ist kein Unmensch, Chloe, sondern ein … Held. Aber … er mag mich nicht … leider.“

Isandro reichte John das Glas. „Der hat’s offenbar in sich.“

„Das konnte Zoe nicht ahnen. Sie verträgt keinen Alkohol … Es liegt an ihrem Stoffwechsel. Was machen wir jetzt bloß mit ihr?“

Als seine Gastgeber ihn hilflos ansahen, hörte Isandro sich sagen: „Ich fahre sie nach Hause. Ich habe nichts getrunken.“

Kaum hatten sie sie zu dritt in ihren Wagen verfrachtet, schlief Zoe ein.

„Erinnert sie sich daran, wenn sie wieder nüchtern ist?“, fragte Isandro.

„Oh ja.“ Ein trauriger Ausdruck huschte über Chloes Gesicht. „Jedenfalls hat Laura das immer gesagt.“

Isandro nickte. Es wäre nur fair, wenn Zoe sich an alles erinnern würde, denn er würde diese Nacht sicher kaum ein Auge zutun.

Zu seiner Erleichterung schlief Zoe während der Fahrt weiter. Er war sich nicht sicher, ob er noch einmal so ritterlich reagieren würde, wenn sie einen weiteren Annäherungsversuch unternahm.

Als er zurück auf seinem Anwesen die Beifahrertür öffnete, weckte die kalte Nachtluft sie jedoch. Erstaunt und erleichtert zugleich stellte er fest, dass Zoe es allein die Treppe hinauf schaffte. Sicherheitshalber folgte er ihr trotzdem.

„Kommen Sie jetzt allein klar?“

Aus halb geöffneten Lidern sah sie ihn an. „Ich glaube, in dem Cocktail war Alkohol.“

„Ja, Wodka.“

„Ach herrje! Tut mir leid …“ Zoe hatte keine Ahnung, wofür sie sich entschuldigte. „Gute Nacht, Mr Montero.“

Isandro beobachtete, wie Zoe die Tür hinter sich schloss. Er war froh, dass sie ihn nun wohl wieder als Unmenschen betrachten würde, und nicht als Held. Unmenschen waren nicht dazu verpflichtet, sich angemessen zu verhalten – sie konnten sich nehmen, was sie wollten.

6. KAPITEL

Da sein Pferd ein Hufeisen verloren hatte und er deswegen nicht ausreiten konnte, versuchte Isandro, seinen Frust im Fitnessraum abzubauen – leider vergeblich.

Als er geduscht hatte und nach unten gehen wollte, wäre er an der Treppe fast über Zoe gestolpert.

„Was machen Sie denn hier?“ Er hatte damit gerechnet, dass sie völlig verkatert erscheinen würde – wenn überhaupt –, aber nicht damit, dass sie fröhlich vor sich hin summend staubsaugen würde.

Sie kniete mit dem Rücken zu ihm auf dem Boden und schien ihn nicht zu registrieren. Erst jetzt sah er, dass sie Stöpsel im Ohr hatte und Musik hörte. Als er sich bemerkbar machen wollte, beugte sie sich noch weiter nach vorn, und sein Blick fiel auf ihren herrlichen Po, den die engen Jeans noch betonten.

Ungezügeltes Verlangen flammte in ihm auf und traf ihn wie ein Blitz. Unwillkürlich stellte Isandro sich vor, wie er sich neben sie kniete und mit ihr zu Boden sank. Er atmete tief durch und fluchte leise. Noch nie hatte ihn eine derart heiße Begierde überkommen.

„Was, zum Teufel, machen Sie da?“, rief er.

Erschreckt drehte Zoe sich zu ihm um. Als sie ihn erkannte, wurde sie ernst.

„Entschuldigung …“ Schnell nahm Zoe die Stöpsel aus ihren Ohren, schaltete den Staubsauger aus und betrachtete Isandro, der vor ihr stand. „Ich habe Sie gar nicht gesehen.“ Sie verkniff sich die Frage, ob sie etwas für ihn tun könnte, aus Angst, er würde etwas Unanständiges sagen – und sie würde seine Bitte befolgen.

Aber wahrscheinlich machte sie sich unnötige Gedanken. Am Vorabend hatte Isandro ihren Kuss nicht einmal erwidert.

Sie hatte sich unsterblich blamiert. Sie hatte sich ihm an den Hals geworfen, und er hatte sie zurückgewiesen. Sie erinnerte sich an jede peinliche Einzelheit. Den ganzen Tag über hatte sie Angst davor gehabt, ihm zu begegnen, und es war genauso schrecklich, wie sie es sich vorgestellt hatte.

Sollte sie es ansprechen? Darauf warten, dass er es tat? Oder so tun, als wäre nichts passiert?

„Ich habe Sie gefragt, was Sie da machen.“

„Ich sauge Staub.“ Demonstrativ schaltete sie den Staubsauger ein, bevor sie aufstand.

„Das ist mir klar.“ Mit dem Fuß schaltete Isandro ihn wieder aus. „Ich wollte wissen, warum Sie das tun.“

„Susie konnte heute nicht kommen.“

„Das ist keine Antwort auf meine Frage. Und wer, zum Teufel, ist Susie?“

„Sie ist eine der Putzfrauen und wohnt im Dorf.“

Zoe musste sich die Augen beschatten, weil die Sonne durch das hohe Fenster hinter Isandro fiel und ihm eine Art goldene Aura verlieh. Aber auch so sah er aus, als wäre er gerade vom Olymp herabgestiegen! Zoe fühlte sich wie ein liebeskranker Teenager.

„Sie sind kein Morgenmensch, stimmt’s?“

Seine dunklen Augen blitzten. „Bisher hat sich noch niemand beschwert.“

Es dauerte einen Moment, doch als sie die Bedeutung seiner Worte erfasste, stieg ihr das Blut ins Gesicht. Schnell senkte sie die Lider und zog das Tuch heraus, mit dem sie ihr Haar zurückgebunden hatte.

Isandro spürte, wie seine Lust sich verstärkte, als Zoe das seidige lange Haar über den Rücken fiel. Seine Fantasie drohte mit ihm durchzugehen.

„Das erklärt immer noch nicht, warum Sie auf dem Boden herumkriechen wie eine …“

Als Zoe den Kopf hob, funkelten ihre blauen Augen zornig. „Bedienstete?“, ergänzte sie scharf. „Vielleicht weil ich eine bin.“

„Sie sind die Haushälterin.“

Sie zuckte die Schultern. „Nennen Sie es Multitasking …“

„Ich finde es unangemessen. Was würde es für einen Eindruck vermitteln, wenn ich mit einer Gruppe wichtiger Gäste hereinkäme und die als Erstes meine Haushälterin auf den Knien antreffen würden?“ Isandro schüttelte den Kopf.

„Sollte ich die arme Susie etwa hierher schleifen? Sie hat einen entzündeten Zahn.“

„Sie sollen die Aufgaben verteilen.“

„Ich sage anderen nicht gern, was sie tun sollen.“ Sie fand es einfacher, alles selbst zu erledigen.

„Es gehört aber zu Ihrem Aufgabengebiet. Böden zu schrubben nicht.“

Sein eisiger Tonfall war wie eine Ohrfeige. „Ich habe nicht …“ Zoe verstummte und senkte den Kopf.

Isandro ließ sich dadurch nicht täuschen. Er wusste, dass Zoe nur schauspielerte.

„Und zu Ihrem Job gehört auch, zu lernen, wann man Mitgefühl zeigen muss und wann nicht. Die Leute nutzen Sie aus.“ Wollte sie es nur nicht wahrhaben, oder merkte sie es tatsächlich nicht?

„Sie haben es aber nicht getan.“ Kaum hatte Zoe das gesagt, wäre sie am liebsten im Erdboden versunken. „Tut mir leid, das ist mir nur so herausgerutscht.“

„Aber nicht, weil ich es nicht wollte, falls Sie sich darüber Gedanken machen. Haben Sie etwas Schlaf bekommen?“ Ihre Augenringe waren ihm nicht entgangen.

Zoe nickte. „Und ich bin mit Kopfschmerzen aufgewacht.“

Seine Mundwinkel zuckten. „So etwas nennt man Kater.“

„Ich kann wirklich nicht nachvollziehen, warum die Leute Alkohol trinken.“

„Die meisten vertragen ihn ja. Und für manch einen ist es die Droge der Wahl, und das völlig legal.“

„Was ist Ihre Droge, oder brauchen Sie keine? Oh, tut mir leid, ich vergesse immer … Kann ich Ihren Wunsch fürs Abendessen entgegennehmen, Sir?“

„Sie können mich nicht erst küssen und dann wieder mit ‚Sir‘ anreden. Beides erwarte ich nicht von meiner Haushälterin. Ich würde mich mit dem Mittelweg zufriedengeben.“

Verlegen biss Zoe sich auf die Lippe und spürte, wie sie errötete. „Das mit gestern Abend tut mir wirklich leid. Aber was Sie für Chloe und John getan haben, war … sehr nett.“

Seine Züge erstarrten. „Das bleibt unter uns. Verstanden?“

Ehe sie auf diese Warnung reagieren konnte, schwang die Haustür auf, und die Zwillinge kamen herein. Georgie rannte, während Harry die Nase in ein Buch gesteckt hatte.

„Nicht hier, Kinder. Ich habe euch doch gesagt, dass ihr in die Wohnung gehen sollt …“

„Du hast vergessen, den Schlüssel unter die Matte zu tun.“ Georgie blickte zu Isandro und grinste. „Wir sollen dir aus dem Weg gehen.“ Sie kräuselte die Nase. „Magst du keine Kinder?“

„Das kommt auf das Kind an.“ Er ging zu dem Jungen, der sehr dünn war und rötlich blondes Haar hatte. „Du bist Harry, stimmt’s?“

Dieser nickte.

„Abmarsch, Kinder.“ Zoe nahm den Schlüsselbund aus ihrer Tasche und warf ihn Georgie zu. „Ich habe euch Sandwiches gemacht. Gegen Mittag komme ich nach.“

„Was liest du da?“, erkundigte sich Isandro und betrachtete den Buchtitel. „Interessierst du dich für Sterne?“

Natürlich tat Harry das. Jungen, die dünn und für ihr Alter etwas klein geraten waren und keine Freunde hatten, taten das immer. Isandro wusste es, weil er selbst auch so gewesen war. Mit sechzehn Jahren war er jedoch richtig in die Höhe geschossen und nicht mehr der Außenseiter, sondern der coole Typ gewesen, mit dem alle befreundet sein wollten.

Harry war errötet und nickte.

„An der Wand hinter meinem Schreibtisch hängt ein Foto vom Pferdekopfnebel. Hast du es gesehen?“

„Wir dürfen das Haus nicht betreten. Und Ihr Arbeitszimmer schon gar nicht.“ Harry hatte also nicht gegen die Regeln verstoßen. „Ich sehe mir gern den Nachthimmel an. Und später möchte ich Astrophysiker werden.“

Zoe blinzelte erstaunt. Das war ihr neu.

„Cool“, bemerkte Isandro.

„So, nun geht, Kinder.“ Zu ihrer Erleichterung gehorchten beide, denn bei Georgie wusste man nie.

„Sie können jetzt aufhören“, erklärte Isandro, nachdem die beiden verschwunden waren. „Aber rufen Sie erst bei der Agentur an, und fordern Sie Ersatz für … Wie hieß sie doch gleich?“

„Susie.“

„Und dann nehmen Sie sich den restlichen Tag frei. Ich fahre nach London.“

Als Isandro abreiste, ging Zoe davon aus, dass sie ihn eine Weile nicht sehen würde. In den nächsten Wochen traf er allerdings immer wieder unerwartet ein. Manchmal blieb er nur einige Stunden, manchmal über Nacht.

Zuerst konnte sie sich keinen Reim darauf machen, doch bald wurde ihr klar, dass er sie zu überrumpeln hoffte. Und da sie nie wusste, wann er auftauchte, konnte sie sich nicht richtig entspannen.

Nachdem er Harry einmal ein Buch über Astronomie mitgebracht hatte, freute der Junge sich auf Isandros Besuche. Sie fragte sich, ob Harry der Einzige war. Warum sollte man sich auf den Besuch eines Menschen freuen, der im einen Moment abweisend und distanziert und im nächsten locker und nett war?

Als sie sich der roten Ampel näherten, nahm Alex den Fuß vom Gas. Isandro fuhr seinen Tablet-PC hinunter und strich sich durch das dunkle Haar. Eigentlich hatte er das Wochenende in London verbringen wollen, aber dann kurzfristig beschlossen, nach Ravenwood zu fahren, um den Bericht dort in Ruhe lesen zu können. Nein, da lenkt dich keiner ab, spottete eine innere Stimme. In letzter Zeit fiel es ihm schwer, an etwas anderes als an seine Haushälterin zu denken.

Als Isandro aus dem Fenster blickte, traute er seinen Augen nicht. „Bitte fahren Sie links ran“, wies er seinen Chauffeur an.

Zoe Grace mochte keine herausragenden Fähigkeiten als Haushälterin besitzen, aber sie nahm ihre Rolle als Ersatzmutter für die Zwillinge sehr ernst. Er konnte sich nicht vorstellen, dass sie diese allein im Ort herumlaufen ließ.

Nachdem Alex den Wagen gestoppt hatte, stieg Isandro aus und eilte auf die Zwillinge zu. Die beiden schienen miteinander zu streiten – und ihre Tante war nirgends zu sehen.

Harry entdeckte ihn zuerst. Als Isandro die erleichterte Miene des Jungen sah, schnürte sich seine Brust zusammen.

Isandro unterdrückte den Impuls, Harry zu umarmen, denn es wäre grausam gewesen, eine Beziehung zu ihm aufzubauen und dann wieder aus seinem Leben zu verschwinden.

Stattdessen klopfte er ihm auf die erschreckend knochige Schulter. Er wäre ein armseliger Vaterersatz für ihn gewesen. Ob Zoe ihre Rolle so ernst nahm, dass sie einen guten Vater einem tollen Liebhaber vorzog? Vermutlich schon. Entweder würde sie allein bleiben oder sich einen langweiligen Typen suchen, den sie für solide hielt.

„Wir haben Tante Zoe verloren. Wir sind weggerannt, und jetzt haben wir uns verlaufen.“

Isandro deutete seine Worte so, dass seine Schwester weggelaufen und Harry ihr gefolgt war.

„Wir haben uns nicht verlaufen“, verbesserte seine Schwester ihn. „Und wenn du mich nicht gezwungen hättest zurückzu­kehren …“

Isandro unterbrach den beginnenden Streit. „Einfach von eurer Tante wegzulaufen, so etwas dürft ihr nicht tun. Habt ihr eine Ahnung, was sie sich für Sorgen machen wird?“

Die Zwillinge wechselten einen zerknirschten Blick.

„Wir haben gar nicht überlegt“, räumte Georgie mit bebender Stimme ein.

Isandro unterdrückte den Anflug von Mitgefühl und setzte eine strenge Miene auf, als er die beiden zu seinem Wagen führte.

„Macht euch keine Sorgen“, tröstete er sie. „Ich rufe eure Tante an und sage ihr …“

„Das geht nicht“, erklärten sie einstimmig.

„Und warum nicht?“

„Ihr Akku ist leer. Ihr Handy ist ausgegangen, als sie mit Tante Chloe telefoniert hat.“

Isandro atmete tief durch, während die Zwillinge ihn hoffnungsvoll betrachteten.

„Also gut“, sagte er dann. „Von wo seid ihr weggelaufen?“

Die kalte Panik, die sie überkommen hatte, als sie sich umgedreht hatte, um den Zwillingen zu sagen, sie sollten sich beeilen, würde sie niemals vergessen. Wenn sie sie wiederfand, würde sie sie niemals mehr aus den Augen lassen – wenn sie sie vorher nicht erwürgte.

Zoe rannte den Bürgersteig entlang und blieb gelegentlich stehen, um die Passanten zu fragen, ob sie zwei Kinder gesehen hatten. Immer wieder sagte sie sich wie ein Mantra, dass sie am nächsten Tag mit Chloe darüber lachen würde.

Aber der nächste Tag schien eine Ewigkeit entfernt zu sein, und Chloe war immer noch in Boston!

Als sie den Bootsverleih erreichte, klopfte ihr Herz zum Zerspringen. Inzwischen war sie zu der Überzeugung gelangt, dass die Zwillinge auf dem Fluss waren.

Es war so offensichtlich. Warum hatte sie keinen Verdacht geschöpft, als sie sich geweigert hatte, mit den beiden Kanu zu fahren, und Georgie trotz ihres Dickkopfs nicht widersprochen hatte? Statt mit ihr zu streiten, hatte die Kleine sich klammheimlich aus dem Staub gemacht und Harry mitgenommen.

Der Bootsverleih war geschlossen. Noch ehe Zoe überlegen konnte, was sie als Nächstes tun sollte, kam ein Junge mit einem großen Schlüsselbund um die Ecke. Als er sie sah, nahm er die Stöpsel aus den Ohren.

„Tut mir leid, wir haben geschlossen.“

„Ich suche meine Nichte und meinen Neffen“, sagte sie, bevor er die Stöpsel wieder hineintun konnte. „Sie sind sieben Jahre alt. Ich halte es für möglich, dass sie mit einem Ihrer Kanus auf den Fluss hinausgefahren sind.“ Ihre Stimme bebte, weil Zoe sich nach Kräften bemühte, nicht wie eine Verrückte zu klingen.

„Tut mir leid, wir haben geschlossen.“

Ihre Angst wich unverhohlener Wut, als er die Stöpsel wieder hineintun wollte.

Zoe kniff die Augen zusammen und riss sie ihm aus der Hand. „Meine Nichte und mein Neffe wollten Kanu fahren. Haben Sie sie gesehen?“, schrie sie und widerstand dem Drang, ihn zu schütteln.

„Ich habe keine Ahnung, was Ihr Problem ist, Miss, aber das hier ist Privatgelände.“ Der Junge deutete auf das Schild an der Wand.

Zoe musste an sich halten. „Ich versuche doch die ganze Zeit, Ihnen zu erklären, was mein Problem ist. Ich suche zwei Kinder, einen Jungen und ein Mädchen. Etwa so groß …“ Mit der Hand deutete sie die Größe der Zwillinge an. „Vielleicht sind die beiden hier.“ Sie schluckte, als sie auf den grauen Fluss hinausblickte. „In einem Ihrer Kanus.“

„Kinder dürfen nur in Begleitung eines Erwachsenen mit einem Kanu rausfahren. Außerdem schließen wir heute früher, weil ein Gewitter aufzieht.“ Als sein Telefon klingelte, schaltete er es ein und entfernte sich ein Stück.

Zoe beschloss, die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Im Schutz eines Baumes watete sie ins flache Wasser und zog ein Kanu heran, das man noch nicht ans Ufer gezogen hatte.

Es war nicht das erste Mal, dass sie Kanu fuhr, wie sie sich ins Gedächtnis rief, als sie versuchte, in das schwankende Boot zu klettern. Allerdings hatte Laura damals gepaddelt, und sie war erst fünf Jahre alt gewesen. Aber es konnte nicht so schwer sein.

Fünf Minuten später war Zoe schon einige Hundert Meter gepaddelt. Allerdings hatte sie keine Ahnung, ob sie die richtige Richtung eingeschlagen hatte. Sie handelte rein intuitiv – oder war das eine andere Bezeichnung für blinde Panik?

Energisch straffte sie sich und paddelte weiter. Sie musste positiv denken.

Am vernünftigsten wäre es gewesen, zur Polizei zu gehen. Warum fiel ihr das erst jetzt ein? Im nächsten Moment fing es an zu regnen.

Der Niederschlag war so stark, dass sie nach zwei Minuten bereits völlig durchnässt war. Das Haar klebte ihr am Kopf, und das Wasser rann ihr übers Gesicht, sodass sie kaum etwas erkennen konnte. Am meisten Sorgen bereitete ihr allerdings die Tatsache, dass der Wasserpegel im Boot stieg.

Inzwischen kam der Regen fast waagerecht, so stürmisch war es. Als sie an den Wetterbericht dachte, der leichte Schauer vorhergesagt hatte, lachte sie hysterisch. Obwohl sie aus Leibeskräften paddelte, kam sie jetzt nicht mehr voran. Da ihre Muskeln schmerzten, legte sie das Paddel für einen Moment quer über das Boot.

Als es dann passierte, war es wie in Zeitlupe. Das Paddel rutschte ins Wasser, und sie sprang auf, um es zu fassen zu bekommen – vergeblich. Das Boot schaukelte so heftig, dass sie über Bord zu gehen drohte. Sie schaffte es jedoch noch, das Gleichgewicht zu halten, und sank erleichtert auf den Sitz zurück.

Zoe konnte sich kaum vorstellen, dass sie noch vor wenigen Wochen überlegt hatte, wie idyllisch dieser Flussabschnitt mit den kleinen Wasserfällen und Felsen war, wo die Leute in der Sonne gelegen und Kinder in Schlauchbooten umhergefahren waren.

Diesmal erschien er ihr wie eine Wildwasserroute, voller dunkler Strudel und versteckter Hindernisse. Die Felsen, die sie zu vermeiden versuchte, waren in dem schäumenden Wasser kaum zu erkennen. Sie paddelte mit den Händen, musste sich allerdings bald eingestehen, dass es hoffnungslos war. Das Boot würde bald kentern.

Und wenige Sekunden später stieß es prompt an einen Felsen und kippte zur Seite. Geistesgegenwärtig warf sie sich auf die andere Seite und schaffte es tatsächlich, es für einen Moment in der Balance zu halten. Eine starke Windböe brachte es dann aber doch zum Kentern.

Als sie in das eiskalte Wasser fiel, verschlug es ihr für einige Sekunden den Atem. Sie geriet in Panik und schlug wild um sich, um sich unter dem umgedrehten Kanu hervorzukämpfen. Die nassen Kleider hingen an ihr wie Sandsäcke und erschwerten jede Bewegung. Keuchend gelangte sie schließlich an die Wasseroberfläche und beobachtete, wie das Boot von der Strömung mitgerissen wurde und schließlich an einem Stauwehr hängen blieb.

Das hätte ich sein können.

Aber mir passiert nichts, denn die Zwillinge brauchen mich.

Zoe konzentrierte sich auf diesen Gedanken, um die lähmende Kälte zu verdrängen, und schwamm mit kräftigen Zügen auf das Ufer zu. Dort würde sie hoffentlich auf jemanden treffen, der einen Krankenwagen rufen konnte. Obwohl sie eine gute Schwimmerin war, kam sie wegen der nassen Sachen nur langsam voran.

Aus der Ferne nahm sie ein Geräusch wahr, das das des Regens und ihres Herzschlags übertönte, ließ sich davon allerdings nicht ablenken. Sie musste weiterschwimmen. Sie durfte keine Zeit verlieren, sonst … Nein, den Zwillingen würde schon nichts passieren.

„Halt durch, Zoe“, sagte sie zu sich selbst. Doch im nächsten Augenblick schluckte sie Wasser und tauchte mit dem Kopf unter.

Wenige Sekunden später wurde sie aus dem Wasser gezogen und landete auf etwas Hartem. Erst nach einigen Sekunden stellte sie fest, dass es sich um den Boden eines kleinen Motorboots handelte.

Sie stieß einen Schmerzenslaut aus, als das Boot wendete und sie gegen eine Holzbank geschleudert wurde. Die Klappe darunter war geöffnet, und eine Kinderschwimmweste fiel heraus. Oh Gott, die Kinder waren irgendwo da draußen, wahrscheinlich ohne Schwimmwesten, vielleicht waren sie schon längst …!

Zoe begann, leise zu weinen, bis ihr Körper schließlich von Schluchzern geschüttelt wurde.

Sobald er die Felsen und Strudel hinter sich gelassen hatte, drosselte Isandro den Motor und wandte sich zu dem Häufchen Elend um, das auf dem Boden lag.

Sein Herz krampfte sich zusammen, genau wie in dem Moment, als er Zoe hatte untergehen sehen – allerdings ohne jene abgrundtiefe Angst.

„Was, zum Teufel, sollte das?“, fuhr er sie an.

Zoe erkannte die Stimme zwar, war aber davon überzeugt, dass sie träumte. Allerdings hatte Isandro in ihren Träumen nicht so wütend geklungen … Mit zittrigen Fingern strich sie sich das nasse Haar aus dem Gesicht. Er war es tatsächlich!

Es war Isandro! Er wirkte fuchsteufelswild und war völlig durchnässt.

„Isandro … Wie …?“ Sie verstummte. Wie er hierhergekommen war, spielte keine Rolle. „Ich muss sofort zurück.“

„Ich soll Sie wieder ins Wasser werfen? Führen Sie mich nicht in Versuchung“, rief er. Auf keinen Fall wollte er jenen Moment noch einmal durchleben.

„Nein! Ich glaube, die Zwillinge …“

Isandro wirkte schon etwas weniger zornig, als er ihre Schultern umfasste und sie neben sich auf die Holzbank zog. Zoe zitterte so stark, dass ihre Zähne klapperten. Verzweifelt krallte sie die Finger in das Revers seiner Jacke.

„Die Zwillinge …“

Sanft umfasste er ihre Hände. „Die Zwillinge sind bei Alex, meinem Fahrer. Ich gebe zu, er ist nicht das ideale Kindermädchen, aber sie sind in Sicherheit.“

Verwirrt blinzelte sie, während sie einen klaren Gedanken zu fassen versuchte.

„Es geht ihnen gut?“ Ohne auf eine Antwort zu warten, barg sie das Gesicht an seiner Brust und ließ ihren Tränen freien Lauf.

Isandro legte den Arm um Zoe. Sein Zorn war verraucht, und er wollte nicht wahrhaben, dass es Zärtlichkeit war, die die unendliche Leere in seinem Inneren gefüllt hatte. Zoes Schluchzen zerriss ihm das Herz. Nach einer Weile umarmte er sie richtig und zog sie an sich.

Madre de Dios … Du bist unmöglich! Du weckst Gefühle in mir …“ Er schob die Finger in ihr nasses Haar und streichelte ihren Kopf, bis sie sich beruhigt hatte.

Den Kampf gegen das unbändige Verlangen, das er für sie empfand, hatte er aufgegeben. Es war keine Schwäche, sondern etwas ganz Normales. Er konnte trotzdem alles unter Kontrolle haben, und es hatte nichts mit Vertrauen zu tun. Er wollte Zoe zu seinen Bedingungen – er würde sie zu seinen Bedingungen bekommen! Und er würde nicht zulassen, dass Emotionen sein Urteilsvermögen trübten.

Er war anders als sein Vater.

Nach einer Weile löste Zoe sich von Isandro und richtete sich auf.

„Ich bin …“ Sie schüttelte den Kopf, als er seine Jacke auszog und sie ihr um die Schultern hängte.

„Sie ist zwar völlig durchnässt, aber es ist besser als nichts.“

Das Futter war immer noch warm. „Tut mir leid“, sagte sie, ohne ihm in die Augen zu sehen, weil ihr Gefühlsausbruch ihr schrecklich peinlich war.

Eine Hand um ihre Schultern gelegt, die andere am Steuer, lenkte Isandro das Boot zum Steg.

„Ich dachte …“ Ihre Lippen bebten, weil sie um Fassung rang. „Ich dachte, sie wären auf den Fluss hinausgefahren …“ Stirnrunzelnd versuchte sie, sich an die Abfolge der Ereignisse zu erinnern. „Wir waren auf der Kunsthandwerkausstellung im Park. Als wir gingen, war es schon spät, und ich dachte, sie wären bei mir. Ich bin gelaufen, weil ich im Parkverbot stand und dachte, man würde mich abschleppen …“ Man hatte den Wagen vermutlich schon weggebracht, aber das war längst nicht mehr wichtig.

Zoe presste sich die Hände an die Schläfen, bevor sie sich zu Isandro umwandte.

„Warum bist du bei dem Wetter aufs Wasser hinausgefahren?“, fragte er ungehalten. „Was wäre aus den Zwillingen geworden, wenn du ertrunken wärst?“ Obwohl er beobachtete, wie Zoe blass wurde, betrachtete er sie streng.

„Ich wäre nicht ertrunken“, protestierte sie, am ganzen Körper zitternd.

Da sie offenbar nicht einsah, wie leichtsinnig sie gewesen war, hätte er sie tatsächlich am liebsten wieder ins Wasser geworfen.

„Mein Fehler“, stieß er hervor. „Jetzt ist mir natürlich klar, dass du alles unter Kontrolle hattest.“

Zoe beobachtete, wie ein Muskel an seiner Wange zuckte, und schüttelte den Kopf. „Ich bin dir natürlich sehr dankbar, aber ich bin eine gute Schwimmerin …“

„Und hättest meine Hilfe nicht gebraucht.“ Schulterzuckend stellte Isandro den Motor ab, bevor er das Boot geschickt zwischen zwei andere steuerte.

Ehe sie antworten konnte, sprang er geschmeidig auf den Steg und machte das Boot fest.

„Ich bin dir wirklich dankbar, Isandro.“ Noch fiel es ihr schwer, ihn ebenfalls zu duzen. „Was für ein Glück, dass du ein Boot hast!“

„Ich habe kein Boot.“ Ein Lächeln umspielte seine Lippen. „Jedenfalls nicht hier. Ich habe mir das hier nur ausgeliehen.“

„Du hast es gestohlen!“, rief Zoe. „Aber es handelte sich ja um einen Notfall.“

„Wie bist du überhaupt darauf gekommen, dass die Zwillinge auf dem Fluss sein könnten?“

„Georgie wollte Kanu fahren, und ich habe Nein gesagt. Wir hatten keine Zeit mehr …“

„Du musst dich mir gegenüber nicht rechtfertigen, Zoe.“

„Sie ist ziemlich …“

„Willensstark?“, ergänzte Isandro trocken, woraufhin Zoe die Schultern zuckte.

„Sie hat nicht widersprochen, was völlig untypisch für sie war.“ Nach kurzem Zögern ergriff sie seine Hand und stand unsicher auf, weil das Boot so schaukelte. Ein wenig ungeschickt sprang sie auf den Steg. Dabei hörte sie ein Klatschen. Als sie sich umdrehte, sah sie seine Jacke im Wasser treiben.

„Oh nein!“ Ohne nachzudenken, kniete sie sich hin und versuchte, sie herauszufischen, doch Isandro packte sie von hinten und zog sie zurück.

Autor

Natalie Anderson
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