Dir verzeih ich alles - 12. Kapitel + Epilog

12. KAPITEL + EPILOG

Das Krankenhaus von Weaver war relativ klein. Cage war unzählige Male von einem Ende zum andern gewandert, als Dr. Rebecca Clay schließlich endlich durch die Tür trat, durch die ihm der Zutritt verwehrt war.

     Die zierliche Brünette hielt Röntgenbilder in der Hand und lächelte ihm aufmunternd zu. "Lucy geht es relativ gut. Sie zeigt keine Anzeichen für eine Gehirnerschütterung, aber ich möchte sie vorsichtshalber trotzdem ein paar Tage zur Beobachtung hier behalten."

     "Was ist mit ihrem Bein?"

     Rebecca seufzte. " Wir haben es vorerst ruhig gestellt und ihr ein Schmerzmittel gegeben. Es ist nichts gebrochen, aber sie hat sich eine Verletzung zugezogen. Das Ausmaß kann nur ein Spezialist feststellen. Ich weiß, dass es hier einen guten Orthopäden gibt, aber Belle hat George Valenzuela von der Huffington Sports Clinic angerufen, und er hat sich bereiterklärt, zu kommen und Lucy zu untersuchen, falls Sie das wünschen. Er ist auf Kinder spezialisiert. Überlegen Sie es sich. Lucy wird gerade in ihr Zimmer gebracht. Sie dürfen gleich zu ihr."

     Kurz darauf saß Cage an Lucys Krankenbett. Sie schlief, und ihr Bein ruhte wieder in einer Orthese, ähnlich der nach ihrem ersten Sturz.

     In dieser Nacht versuchte er mindestens ein Dutzend Mal, Belle zu erreichen. Er rief auf der Ranch an, bei ihr zu Hause, auf ihrem Handy. Aber sie meldete sich nicht.

     Am Morgen stellte er sich schweren Herzens den Tatsachen.

     Belle wollte ihn nicht mehr sehen.

     Doch wenn sie glaubte, dass zwischen ihnen alles aus war, dann kannte sie ihn nicht so gut, wie er gedacht hatte.

Die kreisförmige Auffahrt zur Double C war von unzähligen Autos gesäumt. Die Clays waren bekannt für ihre Partys, und vermutlich war wie so oft die halbe Bevölkerung von Weaver eingeladen.

     Cage jedoch betrat die Ranch zum ersten Mal. Als er zusammen mit Lucy auf die bunt geschmückte Terrasse trat, drehten sich alle Anwesenden zu ihnen um und schienen eine feindselige Front zu bilden. Die Musik spielte weiter, und in der Luft lag der köstliche Geruch nach gegrilltem Fleisch, aber die Menschenmenge verstummte.

     "Sie freuen sich gar nicht richtig, dass wir kommen", murmelte Lucy traurig.

     "Die Einladung zu Angels Geburtstagsparty hast du doch schon vor Wochen erhalten. Wenn sie sich nicht freuen, dann liegt es nicht an dir", versicherte er. "Vergiss nicht, dass Belle dich jeden Tag im Krankenhaus besucht hat." Ihm war sie allerdings geflissentlich aus dem Weg gegangen.

     "Ich kann sie aber nirgendwo entdecken."

     "Ich auch nicht."

     "Hey, Lucy." Ryan Clay kam ihnen grinsend entgegen, ohne sich um die abweisenden Blicke der anderen zu kümmern. Er war sechzehn und somit Belles ältester Neffe, und er schien sich als Gastgeber zu fühlen. "Nette Eisenwaren hast du da am Bein. Kann man die abnehmen? Wir gehen nämlich gleich zum Teich und wollen nicht, dass du untergehst. Komm mit und nimm dir was zu essen."

     "Geh nur", sagte Cage, als Lucy ihn fragend ansah.

     Sie brauchte keine zweite Aufforderung und folgte Ryan zu den anderen Kindern und Jugendlichen.

     Das bedeutete, Cage musste sich allein der allgemeinen Feindseligkeit stellen. Er konzentrierte sich auf die schlanke Frau mit den kastanienbraunen Haaren, die im Mittelpunkt stand: Gloria Day – oder besser gesagt: Gloria Clay. Es kostete ihn Überwindung, aber er trat zu ihr. Die Lachfältchen in ihrem Gesicht zeugten von einem fröhlichen Wesen, doch im Moment blickte sie ungewohnt ernst drein.

     "Wenn Sie hier sind, damit Ihre Tochter mit uns feiern kann, sind Sie willkommen", verkündete sie. "Falls Sie aber meiner Tochter noch mehr Kummer bereiten wollen, dann gehen Sie besser gleich wieder."

     "Gib ihm doch eine Chance, sich zu erklären, Gloria", warf Squire mahnend ein.

     Cage nahm den Hut ab. "Ich habe lange Zeit meinen Zorn geschürt, Mrs. D…Clay. Damals war es das Einzige, was mich über die Runden gebracht hat. Und ich gebe zu, dass ich stets Ihrem verstorbenen Mann die alleinige Schuld an dem Unfall gab. Ich war auch nicht wirklich begeistert, als Sie nach Ihrer Heirat mit Squire nach Weaver gezogen sind. All das tut mir leid, wie viele andere Dinge auch."

     "Ich lege keinen Wert auf eine Entschuldigung. Was damals passiert ist, war eine Tragödie. Wenn das alles ist, was Sie sagen wollten …"

     "Das ist es nicht. Ich liebe Ihre Tochter, Mrs. Clay. Und ich habe es ziemlich vermasselt. Ich weiß, ich bin starrköpfig …"

     "Das stimmt", unterbrach ihn Squire. "Verdammt starrköpfig sogar. Ich habe ihm immer wieder ein hübsches Sümmchen für sein Land geboten, aber er ist erst jetzt …"

     "Sei still", sagte Gloria scharf.

     "Wieso? Ich stimme dem Burschen doch nur zu. Er ist wirklich starrsinnig. Aber er hat auch Grips, das muss man ihm lassen."

     "Und ich bin stolz", fuhr Cage unbeirrt fort.

     "Zu stolz, würde ich sagen."

     Belles Stimme ging ihm unter die Haut. Er wandte den Kopf, und da stand sie, in einem knappen roten Top und einer engen schwarzen Jeans. "Du hast deine Haare abgeschnitten."

     Sie reckte das Kinn vor. "Ja, und?"

     Er wusste, dass sie es seinetwegen getan hatte, und das schmerzte ihn. Nicht, weil es ihn kümmerte, ob ihre Haare lang oder kurz waren, sondern weil sie damit die Erinnerung an seine Liebkosungen auslöschen wollte.

     Cage straffte die Schultern. "Ich bin zu stolz", bekannte er gelassen.

     "Und starrköpfig."

     "Diesen Aspekt haben wir schon hinreichend geklärt."

     "Hört auf damit", bat Gloria mit einem leisen Seufzer. Kurz entschlossen machte sie einen Schritt auf Cage zu. "Wie geht es Ihrer Mutter?"

     Noch vor einigen Wochen hätte ihn diese Frage in Wut versetzt. Jetzt konnte er damit umgehen. "Danke, ganz gut."

     "Das freut mich. Mein verstorbener Mann wäre sehr erleichtert, das zu wissen. Er hat sich große Sorgen um Sie beide gemacht. Wie gern hätte er einmal mit Ihnen gesprochen, um Ihnen zu sagen, wie leid es ihm tat. Aber er wollte Sie nicht in Ihrer Trauer stören."

     Cage las Mitgefühl in ihrem Blick, aber auch eine gewisse Härte, für die er – in seiner Eigenschaft als Vater – Verständnis aufbrachte. Schließlich hatte er ihrer Tochter Kummer bereitet. "Ich weiß Ihre Worte sehr zu schätzen."

     "Er hat versucht, Ihnen finanziell zu helfen. Das Geld, das angeblich von der Versicherung stammte, war von ihm."

     "Was?", riefen Belle und Cage wie aus einem Mund.

     "Ich weiß, dass es nicht reichte, um Ihre Mutter all die Jahre zu versorgen. Das haben Sie geleistet, aus eigener Tasche."

     Belle kam aufgeregt näher. "Warum erzählst du uns das jetzt erst, Mom?"

     "Weil ich denke, dass Cage nun bereit ist, die Wahrheit zu akzeptieren. Oder?"

     Cage schien völlig perplex. "Ich habe monatelang mit der Versicherung gestritten, weil sie nicht zahlen wollte. Angeblich hatte mein Vater die Police verfallen lassen. Doch dann hieß es plötzlich, das sei ein Irrtum gewesen, und mir wurde ein Scheck zugesandt." Das Geld hatte viel Gutes bewirkt. Unter anderem hatte es dazu gedient, Sandi Oldham nach Brasilien und somit aus seinem Leben verschwinden zu lassen. "Der Scheck stammte also gar nicht von der Versicherung."

     Gloria schüttelte den Kopf. "Gus war der Meinung, dass Sie das Geld von ihm persönlich niemals angenommen hätten. Ich war mir nicht sicher, ob es die richtige Vorgehensweise war, aber wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, konnte man ihn nicht davon abbringen." Sie lächelte verschmitzt. "Ich kenne mich also ein bisschen mit starrköpfigen Männern aus."

     Gus' Großherzigkeit war vermutlich schuld, dass nach seinem Tod nicht viel für seine Angehörigen übrig war. "Es tut mir leid", meinte Cage bedrückt.

     "Schon gut", erwiderte Gloria leise. Sie hakte sich bei ihrem Mann unter und legte den Kopf an seine Schulter.

     Cage blickte Belle ernst an. "Ich verkaufe die Lazy B."

     Belle traute ihren Ohren nicht. "Was? Warum? An wen?"

     "Weil es an der Zeit ist."

     "Aber die Ranch ist dein Zuhause", protestierte sie. "Es muss einen anderen Weg geben, um sich gegen die Klage der Oldhams zu wehren."

     "Das ist nicht der Grund, weshalb ich verkaufe. Ich ziehe mit Lucy nach Cheyenne."

     "Hast du es ihr schon gesagt?"

     "Willst du eigentlich gar nicht wissen, warum ich nach Cheyenne möchte?"

     "Nein", behauptete sie. "Nimm dir was zu essen", wechselte sie abrupt das Thema. "Es ist genug da. Das heißt, falls du es über dich bringst, etwas anzurühren, was eine Day zubereitet hat."

     "Annabelle!", rief Gloria vorwurfsvoll.

     "Keine Sorge, Mrs. Clay", warf Cage gelassen ein. "Sie spricht damit nur aus, was ich irgendwann tatsächlich mal so empfunden habe. Und auch das tut mir leid."

     Belle presste die Hände gegen die Schläfen. "Vielleicht sollten wir woanders weiterreden."

     "Nein. Hier ist es genau richtig. Ich liebe dich, Belle Day, und ich werde dich immer wieder bitten, mich zu heiraten, bis du einsiehst, dass ich dich – uns – nicht aufgebe. Du meinst, ich ertrage es nicht, zu deiner Familie zu gehören. Aber hier bin ich, und ich gehe nicht, bevor du mir nicht glaubst."

     Sprachlos sah Belle ihn an. Auch die übrigen Umstehenden waren verstummt.

     "Wir können die Vergangenheit nicht ändern", fuhr er unbeirrt fort. "Sie formt uns, aber sie muss uns nicht definieren. Lucy und ich ziehen nach Cheyenne, weil du dorthin gehst."

     "Sagt wer?"

     "Dieser Doktor, den du hast kommen lassen, damit er Lucy untersucht. Dr. Valenzuela. Er hat gesagt, dass du die beste Physiotherapeutin in der Klinik bist und er sich sehr über deine Rückkehr freut."

     "Ach, daher weht also der Wind! Vielen Dank für die Wertschätzung", entgegnete sie spitz.

     "Meldet sich da etwa dein Stolz? Ja, Lucy kann dort weiter von dir behandelt werden, aber dass wir nach Cheyenne ziehen, hat damit nichts zu tun. Also steig endlich von deinem verdammten hohen Ross!"

     "Ich mische mich dauernd in Dinge ein, die mich nichts angehen. Ich bin viel zu neugierig. Ich reite auf hohen Rossen. Was in aller Welt willst du also von mir?"

     "Weiß der Himmel", brummte Cage, "denn du gehst mir gewaltig auf die Nerven. Ich habe zwar mit siebzehn geheiratet, aber Sandi war nie meine Ehefrau im eigentlichen Sinn des Wortes. Du bist die Einzige, die ich je darum gebeten habe, es zu werden, aber du …"

     "Du hast mir den Antrag doch nur gemacht, weil du …" Gerade mit mir geschlafen hast, wollte sie sagen, aber sie hielt sich im letzten Moment zurück.

     "Weil ich dich die nächsten fünfzig Jahre lieben werde. Weil ich mit dir eine Familie gründen will." Bewegt hob er die Stimme. "Weil ich Lucy ein Geschwisterchen schenken möchte, ein Kind mit deinen Augen und deinem Lachen. Ich weiß, ich hätte dir von dem Sorgerechtprozess erzählen sollen. Dass ich es unterließ, heißt nicht, dass ich dich nicht liebe. Willst du mich nun heiraten? Und frag dich bitte nicht, was die anderen dazu meinen. Denn es geht nicht um sie und uns, sondern um dich und mich."

     "Da habe ich aber einen ganz anderen Eindruck – so, wie du die Sache vor allen Leuten ausposaunst."

     "Willst du, dass ich dich hier vor versammelter Mannschaft auf Knien anflehe? Würde dich das überzeugen?" Er machte Anstalten, die Knie zu beugen.

     Kopfschüttelnd nahm Belle ihn am Arm und zog ihn hoch. "Nein, natürlich will ich das nicht", sagte sie leise. "Ich wollte immer nur deine Liebe, mehr nicht."

     "Die hast du doch längst." Er strich ihr zärtlich das Haar zurück. "Mit den Oldhams habe ich alles geklärt. Sie haben Satin zurückgenommen."

     "Ist Lucy nicht todunglücklich?"

     "Ich habe genau das getan, wovon mein Anwalt mir dringend abgeraten hat. Ich habe die Oldhams angerufen. Und nein, Lucy ist nicht todunglücklich. Jetzt, wo Satin weg ist, braucht sie nicht mehr so zu tun, als hätte sie keine Angst vor ihm. Sie dachte, dass sie unbedingt wieder reiten müsste, aber sie ist noch nicht so weit. Es wird noch eine Weile dauern, bis sie sich wieder in den Sattel wagt, dann allerdings auf einem Pferd, vor dem sie sich nicht zu fürchten braucht."

     "Und was ist mit den Oldhams?"

     "Ich hätte die Sache schon längst regeln können. Aber da war wieder meine verdammte Starrköpfigkeit im Weg. Ursprünglich hatten sie es gar nicht auf das Sorgerecht abgesehen. Sie wollten nur hin und wieder ihr Enkelkind sehen, das Sandi ihnen vorenthalten hat."

     "Und das glaubst du ihnen?"

     "Ja, seit sie mir in einem Fax bestätigten, dass sie die Klage zurückgezogen haben. Es ist heute Morgen gekommen. Wenn ich nicht so verdammt stolz gewesen wäre und ihnen ein Besuchsrecht eingeräumt hätte, wäre das alles nicht passiert. Sie hätten Satin nicht geschickt." Cage seufzte. "Aber dann hätten wir auch dich nicht anheuern müssen." Seine Stimme wurde rau, und er räusperte sich. "Ich habe ihnen das Recht eingeräumt, Lucy jederzeit zu besuchen."

     "Ach, so einfach war das?"

     "Tja, nun …" Seine Miene verriet, dass es wohl doch nicht ganz so einfach gewesen war. "In diesem Fall zählt nur das Endergebnis. Jedenfalls bin ich bloß deinetwegen hier, ohne irgendwelche Hintergedanken. Allerdings kann ich dir nicht viel bieten. Wenn ich die Ranch verkaufe, werde ich zwar meine Schulden los, aber …"

     "Wir", korrigierte sie ihn. "Es heißt wir, nicht ich."

     "Wir", wiederholte er gedehnt. "Ist das ein Ja? Willst du mich heiraten?"

     Belle nickte, und Tränen traten ihr in die Augen.

     "Mrs. Clay?" Ohne den Blick von Belles Gesicht zu lösen, fragte er mit erhobener Stimme: "Habe ich die Erlaubnis, Ihre Tochter zu heiraten?"

     "Ich rate Ihnen, genau das zu tun. Sonst gibt es womöglich noch einen Aufstand."

     "Willkommen in der Familie, mein Sohn", sagte Squire herzlich.

     "Na los, küsst euch endlich!", rief Lucy begeistert aus. "Weil ich mit Ryan und den anderen zum Schwimmteich will."

     "Sie ist manchmal ganz schön frech." Cage schmunzelt. "Lass dich davon bloß nicht abschrecken."

     "Im Leben nicht", erwiderte Belle lachend.

     "Und jetzt zur Ranch." Squire hob die Stimme. "Wir müssen dringend einige Details …"

     "Halt den Mund!", zischte Gloria.

     "Und du lass dich davon nicht abschrecken", raunte Belle Cage augenzwinkernd zu.

     Mit bebenden Händen umschloss er ihr Gesicht und erklärte inbrünstig: "Im Leben nicht."

EPILOG

"Thomas. Gregor", überlegte Belle laut und bemerkte, wie sich ein amüsiertes Lächeln um Cages Mundwinkel stahl.

     Drei Monate waren nach seinem spektakulären Auftritt auf der Double C vergangen, und in dieser Zeit hatte sie jede Gelegenheit genutzt, ihn zu erheitern. Sie liebte sein Lächeln, und sie liebte ihn mit jedem Tag mehr.

     "Unique", murmelte er zerstreut, während er ungeduldig über die Schulter blickte. Doch das Brautpaar war immer noch nicht zu sehen. "Hoffentlich dauert unsere Hochzeit nicht so lange. Ich hätte mir was zu lesen mitbringen sollen."

     Sie lachte leise. "Stell dich nicht so an. Du bist schon so lange mit Emmy Johannson befreundet, dass du ihr ruhig mal etwas Zeit opfern kannst. Wahrscheinlich sind sie und Larry noch beim Fotografen und kommen gleich."

     Belle wusste, dass er sich unwohl fühlte, obwohl er äußerlich gelassen wirkte. Seit seinem Heiratsantrag ließ er sich zwar häufiger in Weaver blicken, aber er nahm zum ersten Mal an einem großen geselligen Ereignis wie dieser Hochzeit teil. "Jetzt sag schon", drängte sie ihn mit einem koketten Seitenblick. "Wir wollen doch bald heiraten, und du hast mir immer noch nicht deinen richtigen Vornamen verraten." Sie nahm seine Hand. "Findest du nicht, dass du es ein bisschen zu weit treibst? Sobald wir das Aufgebot bestellen, erfahre ich ihn doch sowieso."

     Bevor er darauf etwas erwidern konnte, kehrten Hope und Tristan von der Tanzfläche an den Tisch zurück, und Hope meinte anerkennend: "Lucy muss hart an sich gearbeitet haben, dass sie heute ihre Stützen nicht braucht. Sie und Anya geben wirklich zwei bezaubernde Brautjungfern ab."

     "Zu erwachsen, wenn du mich fragst", brummte Cage und betrachtete die beiden jungen Mädchen, die bodenlange Kleider aus rotem Samt trugen und von Jungen umringt waren. Er wandte sich an Tristan. "Wenn ihr ein Mädchen kriegt, wirst du verstehen, was ich meine."

     Tristan zog Hope, der die Schwangerschaft bisher kaum anzusehen war, stolz an sich. "Als Onkel einer ganzen Horde Nichten kann ich es mir jetzt schon lebhaft vorstellen. Aber sag mal, was ist das eigentlich für ein Gefühl, Squires Partner zu sein?"

     "Man muss ihn im Auge behalten", antwortete Cage augenzwinkernd. "Er lässt sein Vieh einfach auf der Lazy B grasen."

     "Du wirst ihn schon bald auszahlen", meinte Belle zuversichtlich. Cage war einfach zu stolz, um es nicht zu tun, und sie war sehr froh, dass er die Ranch nicht verkauft hatte.

     Ein Tumult an der Tür kündigte die Ankunft des Brautpaars an.

     Belle neigte sich zu Cage und flüsterte: "Du kennst Emmy seit eurer Kindheit. Weiß sie deinen richtigen Namen?"

     "Du kennst ihn doch längst." Als die Band ein romantisches Lied anstimmte, stand er auf und reichte ihr die Hand. "Komm, ich merke schon, dass du gern tanzen möchtest."

     Das stimmte, und sie freute sich, dass er ihren Wunsch erraten hatte. Belle legte ihre Hand in seine, und er führte sie auf die Tanzfläche. Sofort erkannte sie, dass er ein erstaunlich guter Tänzer war.

     "Guck mich nicht so verblüfft an", wehrte er lächelnd ab. "Dachtest du etwa, Lucy schlägt nur nach Sandi?"

     "Das große Herz hat sie auf jeden Fall von dir." Ihr eigenes Herz war so voll von Liebe und Glück, dass es überzuströmen drohte. "Und wechsle bitte nicht immer das Thema. Also, woher soll ich denn deinen richtigen Namen kennen? Du hast mir nur gesagt, dass er unique – einzigartig – ist. Wie soll ich …" Sie brach ab, als sie das belustigte Funkeln in seinen Augen sah, und endlich dämmerte es ihr. "O nein! Das darf doch nicht wahr sein!"

     "Eine alte Familientradition", gestand er verlegen. "Ich weiß ja, dass …"

     "Du hast es mir die ganze Zeit gesagt. Du heißt tatsächlich Unique!" Sie presste die Lippen zusammen, um nicht laut herauszulachen. "Bitte sag mir, dass wir diese Familientradition bei unseren Kindern nicht beibehalten müssen", brachte sie schließlich erstickt hervor.

     "Du musst gar nichts, außer dich für den Rest meiner Tage von mir lieben zu lassen. Belle, du bist mein Leben", bekannte er ernst und sah ihr tief in die Augen.

     "Und du meins, Cage Buchanan." Sie legte ihm die Arme um den Nacken und vergaß, dass dies nicht ihre eigene Hochzeit war. Belle war so glücklich, wie es eine Frau nur sein konnte, wenn sie einen absolut einzigartigen Mann gefunden hatte.

 – ENDE –

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