L.A. Woman

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Sarah Walker hat das große Los gezogen: Sie lebt endlich in L.A., und ihr zukünftiger Mann Benjamin ist der Hauptgewinn. Glaubt sie, doch der smarte Ben entpuppt sich als Niete. Er hat ein neues Herzblatt gefunden! Und auch im Job macht Sarah keinen Stich. Mit einer verpatzten Affäre scheint ihre Pechsträhne komplett, da bringt sich Benjamin wieder ins Spiel. Er will sein Glück ein zweites Mal mit ihr versuchen. Auf geht´s zur Hochzeit nach Las Vegas. Aber Sarahs Schriftstellerfreund Kit hat noch einen Trumpf im Ärmel. Kann er ihn am Ende ziehen?


  • Erscheinungstag 10.12.2012
  • ISBN / Artikelnummer 9783955762841
  • Seitenanzahl 192
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Cathy Yardley

L.A. Woman

Roman

Aus dem Amerikanischen von
Katja Henkel

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RED DRESS INK™ TASCHENBUCH

RED DRESS INK™ TASCHENBÜCHER

erscheinen in der Cora Verlag GmbH & Co. KG,

Axel-Springer-Platz 1, 20350 Hamburg

Deutsche Erstveröffentlichung

Titel der nordamerikanischen Originalausgabe:

L.A. Woman

Copyright © 2002 by Cathy Yardley

erschienen bei: Red Dress Ink, Toronto

Published by arrangement with

Harlequin Enterprises II B.V., Amsterdam

Redaktion/Lektorat: Ilse Bröhl

Konzeption/Reihengestaltung: fredeboldpartner.network, Köln

Umschlaggestaltung: pecher und soiron, Köln

Titelabbildung und Autorenfoto:

© by Harlequin Enterprise S.A., Schweiz

Satz: Berger Grafikpartner, Köln

ISBN 978-3-95576-284-1

www.reddressink.com

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eBook-Herstellung und Auslieferung:
readbox publishing, Dortmund

www.readbox.net

Gewidmet der Familie meines Herzens:
Pat Johnson, Katrina Healey, Mike Johnson,
Chris Becker, Greedi James. Ich liebe euch!

Und für Lisa und Joey,
die coolsten Typen, die ich je getroffen habe.
Danke.

1. KAPITEL

Waiting For The Sun

Sarah sah sich nervös im Zimmer um. „Ehrlich gesagt habe ich es mir anders vorgestellt. Ganz anders.“

Sie hörte, wie Benjamin seufzte. „Ich bin gerade im Büro, Süße. Wird dieses Gespräch lange dauern?“

Sarah atmete tief durch. „Ich fühlte mich nur … ein bisschen einsam. Ich wollte mit dir sprechen.“

„Du bist doch bereits seit einer ganzen Woche in Los Angeles. Wie geht es dir? Hast du dich schon, sagen wir mal, akklimatisiert?“

„Die Umzugskartons stapeln sich bis unter die Decke, aber zumindest habe ich jetzt ein Bett. Gott sein Dank haben Judith und David mir geholfen.“ Sie machte eine Pause. „Das soll kein Vorwurf sein … ich meine, ich verstehe ja, dass du letztes Wochenende schon wieder arbeiten musstest.“

„Erinnere mich bloß nicht daran.“ Sie hörte, dass er ungeduldig mit Papier raschelte. „Judith … wer ist das noch mal?“

„Meine Freundin vom College. Sie ist mit David verheiratet und hierher gezogen, warte mal, das muss jetzt drei Jahre her sein. Erinnerst du dich nicht? Wir waren bei ihrer Hochzeit.“

Nach einer Weile fragte er. „Die Chinesin?“

Sarah verdrehte die Augen. „Ganz genau die.“

„Aha. Na ja, dann bis du ja nicht völlig alleine.“

Sie drückte sich gegen die Armlehne des Sofas. „Das ist nicht dasselbe, und das weißt du“, sagte sie und blickte aus dem Fenster. Es sieht ganz so aus, als würde jeden Moment ein Gewitter aufziehen, dachte sie. Dabei hatte sie geglaubt, dass es in Los Angeles niemals regnete, aber wahrscheinlich war das nur ein Mythos. Sie hoffte, dass es nicht gewittern würde. „Ich kann es einfach nicht mehr abwarten, dass du endlich hierher kommst, mit mir in dem Bett kuschelst, mir hilfst, die Möbel auszusuchen und … du weißt schon … uns ein richtiges Nest zu bauen.“

Kaum hatte sie die Worte ausgesprochen, zuckte sie auch schon zusammen. Sie hätte besser nicht Nest bauen sagen sollen, schließlich wollte sie ihn nicht drängen, sie zu heiraten … obwohl sie schon seit vier Jahren verlobt waren. Sie wollte einfach nur eine gute Lebensgefährtin sein und ihm helfen.

Wirklich.

„Ich verstehe ja, dass du mich vermisst, natürlich. Aber es ist nicht so, dass es dich umbringt, oder?“ Sein Lachen klang warm.

Sie spürte ein alarmierendes Kribbeln, denn sie kannte dieses Lachen. Während einer Feier hatte er den Geschäftsführer einer Computerfirma mit eben diesem Lachen bedacht, als er versuchte, ihm einige Halbleiter zu verkaufen. Und er hatte den Auftrag bekommen.

„Ich werde nicht sterben, weil du nicht bei mir bist, aber ich bin unglücklich“, sagte sie und hoffte, dass das nicht zu weinerlich klang. Auf der anderen Seite war sie allein in einer Millionenstadt voller Menschen, die sie nicht kannte. Ein bisschen Gejammer war da ganz bestimmt angebracht! „Wie hat Mr. Richardson es aufgenommen, dass du dich versetzen lassen willst? Du warst ja der Meinung, dass er sich sehr ärgern würde, aber andererseits nichts mehr unternehmen könnte, sobald du bei dem Filiale in Los Angeles unterschrieben hast …“

Er seufzte laut. „Wie sich herausgestellt hat, habe ich mich geirrt.“

Aus dem alarmierenden Kribbeln wurde ein heftiges Stechen. „Was ist passiert?“

„Richardson hat sich wie ein Idiot benommen“, antwortete Benjamin mit säuerlicher Stimme. „Er wusste es bereits. Er wusste, dass ich versuchen wollte, unser Büro zu verlassen. Aber er will nicht auf mich verzichten. Ich bringe einfach zu viel Umsatz. Ich habe nicht damit gerechnet, dass er mir so viel bieten würde, damit ich bleibe. Er will nicht einen seiner besten nordkalifornischen Vertreter an Südkalifornien verlieren.“

„Aber es gibt nichts, was er dagegen tun kann, nicht wahr?“ drängelte sie. „Du hast bereits alles mit dem Verkaufsleiter, wie heißt er noch mal, geregelt, oder?“

„Sarah, er hat sogar den Vizepräsidenten der Firma mit ins Spiel gebracht. Und der hat mir klipp und klar gesagt, dass ich, wenn ich versuchen würde, Fairfield zu verlassen, nicht nur in eine andere Stadt sondern auch zu einer anderen Firma wechseln müsste.“

Sarah wurde bleich und setzte sich auf die Armlehne des Sofas. „Aber … du hast doch hier schon einen Mietvertrag unterschrieben!“

Ich wäre niemals hierher gezogen, wenn du nicht mitgekommen wärst!

„Das weiß er.“ Benjamins Stimme triefte vor Bitterkeit. „Er nahm mich persönlich zur Seite und sagte, er würde mit Richardson sprechen, aber die beiden sind, du weißt schon, Freunde.“ Er spuckte das Wort geradezu aus. „Er sagte, ich solle ihm einfach ein wenig Zeit geben.“

„Über wie viel Zeit sprechen wir?“ Sarah versuchte, ihre Stimme ruhig zu halten. Sie klammerte sich an den Telefonhörer wie an einen Lebensretter.

„Etwa zwei Monate.“

„Zwei Monate!“

„Glaubst du vielleicht, ich bin froh darüber?“

Sarah beruhigte sich wieder. „Zwei Monate. Okay. Das ist so lang wie … Semesterferien. Das ist nicht so schlimm.“

„Ehrlich gesagt könnten es auch drei Monate werden“, korrigierte er sich. „Das hängt alles von Richardson ab. Verdammt noch mal!“ Er hielt inne und senkte dann die Stimme, als er sich offenbar erinnerte, dass er, trotz Wochenendes, in der Firma war. „Verdammt. Dieses Kaff hier geht mir so auf die Nerven!“

Sie sah wieder aus dem Fenster. Die Wolken wirkten tatsächlich ziemlich schwer, und ein paar Tropfen schlugen bereits gegen die Scheibe. Sie knipste das Licht an. „Du könntest nicht vielleicht … na ja, könntest du dir hier nicht vielleicht einfach einen anderen Job suchen? Musst du unbedingt bei Bear Electronics bleiben?“

„Bist du verrückt? Der Arbeitsmarkt ist katastrophal“, gab er scharf zurück. „Hier habe ich schon so viel erreicht, da werde ich doch nicht alles aufgeben und von vorne anfangen!“

„War ja nur ein Vorschlag“, sagte Sarah beruhigend. Ich will ja nur, dass du bei mir bist. Aber das würde in nächster Zeit nicht der Fall sein. „Ich könnte den Mietvertrag kündigen und zurückkommen …“

„Du hast deine Wohnung bereits aufgegeben.“

„Ich könnte bei dir einziehen …“

„Sarah, die Wohnung läuft auf meinen Namen. Ich will nicht, dass du meinen Ruf aufs Spiel setzt, okay?“

Nun, es war ja wohl nicht meine Idee, diesen Vertrag überhaupt zu unterschreiben, oder?

Sie wollte nicht streiten. Sie würde einfach das Beste aus der Situation machen. „Gut. Drei Monate alleine. Das ist nicht so schlimm“, sagte sie, obwohl es umso schrecklicher klang, je öfter sie darüber nachdachte. „In dieser Zeit kann ich bestimmt eine Menge Dinge erledigen.“ Zum Beispiel die Hochzeit vorbereiten. Er hatte versprochen, dass sie bis zum Ende des Jahres heiraten würden. Zwar hatte er keine genaueren Angaben gemacht, aber sie wusste, dass er das auch niemals tun würde. Und deswegen war es auch nicht sinnvoll, es ihm schon wieder unter die Nase zu reiben. Vor allem jetzt, wo er so ein Problem mit Richardson hatte.

„Vier Monate im schlimmsten Fall“, sagte er und machte es damit nur noch schlimmer. „Oh Mann. Ich beneide dich.“

„Tatsächlich?“ Sarah lächelte. „Wieso?“

„Wenn ich endlich nachkomme, bist du praktisch schon eine Einheimische. Du wirst wissen, wo die schönsten Flecken sind, du wirst bereits eine Arbeit haben, du wirst echt …“

„Warte mal einen Moment“, unterbrach sie ihn. „Ich weiß nicht, ob ich innerhalb von drei Monaten einen Job finde, den ich wirklich will. Benjamin, du wirst mir doch keine Steine in den Weg legen?“

Er lachte, es war wieder dieses Verkäuferlachen. „Ich weiß, dass du dir die Zeit nehmen wolltest herauszufinden, was du wirklich tun willst, allerdings scheint das jetzt nicht mehr besonders realistisch in der jetzigen Situation, meinst du nicht?“

Sie versuchte, sich zurückzuhalten. „Aber das war Teil unserer Abmachung. Ich sollte nach L.A. ziehen und die Wohnung für dich einrichten, und du wolltest ein paar Monate lang die Rechnungen bezahlen, bis ich meine … äh … Richtung gefunden habe.“

„Nach drei Jobs in vier Jahren, Liebling, spielt es da wirklich eine Rolle, ob du jetzt eine Arbeit findest, die dir Spaß macht?“ Seine Stimme war drängend. „Du kannst später, wenn ich da bin, jederzeit kündigen.“

Sarah hätte am liebsten mit den Fäusten gegen die Wand getrommelt. „Der Punkt ist, Benjamin, dass ich keine Lust mehr habe, zu kündigen. Ich fühle mich so … planktonisch.“

„Planktonisch?“ Dieses Mal klang sein Lachen echt. „Gibt es so ein Wort überhaupt?“

„Ich will einfach aufhören, mich so treiben zu lassen wie Plankton“, sagte sie. „Ich brauche etwas Beständigkeit.“

Er stöhnte ein wenig gereizt. „Dafür bin ich aber nicht verantwortlich, oder Sarah?“

„Darum geht es doch nicht.“ Sie runzelte die Stirn. „Ich bin einfach immer so unglücklich, wenn ich arbeite. Ich meine, es muss doch irgendetwas geben, das mir wirklich Spaß macht.“

„Niemandem macht seine Arbeit wirklich Spaß“, stellte er kurzerhand fest. „Okay, mir vielleicht. Trotzdem wirst du nicht in der Lage sein, die Miete zu bezahlen, wenn du keinen Job hast, stimmt’s? Also ist jetzt wirklich nicht die richtige Zeit, wählerisch zu sein. Und die Rechnungen werden ziemlich bald ins Haus flattern.“

„Wie viel wirst du in der Lage sein beizusteuern?“

Wieder entstand eine dieser langen Pause, die sie langsam zu hassen begann.

„Sarah“, sagte er langsam. „Ich wohne noch nicht da, oder?“

Sie blinzelte. „Aber du hast gesagt …“

„Es hat sich einiges geändert.“ Sein Ton war etwas barsch. „Du erwartest doch nicht ernsthaft von mir, dass ich die Miete bezahle, wenn ich nicht umziehe.“

„Noch nicht“, sagte sie widerspenstig. „Du ziehst noch nicht um.“

„Auf jeden Fall kannst du das nicht erwarten“, fuhr er unbeirrt fort.

„Du hast Recht, Benjamin.“ Ihre Stimme war kalt.

„Natürlich, ich wäre mit meinen wenigen Ersparnissen in der Tasche hierher gezogen, bereit, die Miete zu zahlen, die du eigentlich übernehmen wolltest, auch wenn ich gewusst hätte, dass du nicht kommen würdest, bevor ich alles eingerichtet habe. Natürlich! Was habe ich mir nur gedacht?“

„Ich habe die Kaution bezahlt und die erste Monatsmiete, also bitte tu nicht so, als seist du völlig mittellos“, antwortete Benjamin. „Du warst es doch, die gesagt hat ‚Oh, L.A. wird ja so viel Spaß machen‘! Du warst es, die meinte, es wäre großartig, dorthin zu ziehen!“

Ja, weil du es wolltest, du Idiot!

Aber ihr Temperament war sowieso schon viel zu weit mit ihr durchgegangen. Sie wollte nicht streiten … vor allem nicht wenn achthundert Meilen zwischen ihnen lagen, und das Telefon die einzige Verbindung war, die sie zu ihm hatte. „Es tut mir Leid. Ich … ich habe nie erwartet, dass du mich aushältst.“

„Schon gut. Stell dir einfach nur vor, wie ich mich fühle.“

Sie versuchte es. Sie versuchte es wirklich sehr.

Drei Monate allein und einen Job suchen, in einer Stadt, in der sie außer Judith niemanden kannte. Sarah schloss die Augen und atmete tief durch. Sie wollte nicht losheulen. Er hasste es, wenn sie weinte, und konnte es immer schon ein paar Sekunden im Voraus ahnen. „Besuchst du mich bald?“

„Ich bin gerade an einem Riesengeschäft dran, und bisher haben wir unser Jahresziel noch nicht annähernd erreicht …“

Das bedeutete Nein.

„Sarah, ich merke, dass dich all das verärgert. Glaube mir, du wirst so beschäftigt sein, dass du nicht einmal Zeit hast, an mich zu denken.“

Wenn man bedachte, dass sie das alles nur getan hatte, um ihn dazu zu bringen, mit ihr zusammen zu ziehen, dann klang das äußerst unwahrscheinlich. „Ich vermisse dich bereits“, sagte sie.

Er seufzte. „Weißt du, ich glaube, das alles wird uns beiden wahrscheinlich sehr gut tun“.

„Wie meinst du das?“

„Nun, wir haben so viel Zeit miteinander verbracht. Wir waren praktisch ständig zusammen.“

„Nicht ständig“, protestierte sie. „Nicht wo du so viel arbeitest.“

„Aber immer wenn ich nach Hause kam, warst du da. Und jetzt hast du einmal die Chance, es alleine zu versuchen.“

„Willst du, dass ich das als eine Art Überlebenstraining ansehe?“ Sie bemühte sich, es wie einen Scherz klingen zu lassen, aber ihre Stimme verriet sie.

„Auf jeden Fall wird es mir zeigen, wie lange du ohne mich auskommen kannst.“

Sie schnappte nach Luft. „Was soll das heißen?“

„Nichts … nichts. Manchmal bist du einfach wie ein verzogenes Kind. Ich habe immer das Gefühl, dass ich für dich sorgen muss. Und jetzt überfällst du mich mit diesem ‚wie viel kannst du zur Miete beitragen?‘ und ‚wann fliegst du nach L.A., um mich zu besuchen?‘ und ich frage mich einfach – wie willst du eigentlich in L.A. ohne mich zurechtkommen?“

„Ich war mir nicht klar darüber, dass ich das müsste“, antwortete sie eingeschnappt.

„Siehst du? Genau das meine ich!“

Sie stöhnte. „Benjamin …“

„Ich muss jetzt aufhören. Diese Umsatzzahlen schreiben sich nicht von selbst in die Kalkulationstabelle.“ Sie vermutete, dass er versuchte, einen Witz zu machen. Aber es funktionierte nicht so richtig.

„Ich suche mir einen Job“, versicherte sie schnell. „Und ich komme schon zurecht.“

„Ich muss jetzt wirklich auflegen.“

„Jam“, sagte sie und benutzte seinen alten Spitznamen, „du weißt, dass ich dich liebe.“

„Ich weiß, Sarah“, antwortete er. „Lass uns nächste Woche telefonieren.“

Er legte auf.

Sie starrte den Hörer so lange an, bis ein lästiges Piepsen erklang, und drückte dann den Aus-Schalter.

Martika lag nackt auf dem Rücken, fühlte das Streicheln seiner Finger und war wahrhaft und vollständig gelangweilt.

„Woran denkst du?“ fragte er, und seine Augen waren weit geöffnet und neugierig.

Sie sah ihn an. „Das fragt normalerweise die Frau.“

„Du bist so geheimnisvoll“, antwortete er und dachte bestimmt, er mache ihr damit ein Kompliment. Dabei würde es ja schon helfen, wenn er wenigstens aufhören würde, sie wie ein mittelalterlicher Minnesänger anzuschmachten. „Ich frage mich immerzu, was du denkst.“

Ich denke, warum zum Teufel ich noch hier bin!

Sie war bei … Andre. Sein Name ist Andre, rief sie sich ins Gedächtnis und betrachtete sein blondes Haar, das ihm, wie jetzt, oft über die Augen fiel. Anfangs hatte sie das entzückt. Doch jetzt zuckten ihre Finger, weil sie am liebsten eine Schere geholt hätte. Wie auch immer, seit fünf Monaten war sie mit diesem Mann zusammen, und seit einiger Zeit begann er, sie zu bedrängen, nach dem Motto ‚wohin führt uns das?‘ und deutete Dinge an wie ‚feste Partnerschaft‘. Sie glaubte, dass er etwa zwei Jahre jünger war als sie, chronologisch gesehen, etwa fünf Jahre jünger gefühlsmäßig, und ungefähr fünfzig Jahre älter wenn es um Dinge ging wie Hochzeiten. Sie versuchte, nicht mit den Augen zu rollen.

„Also, woran denkst du?“ drängelte er.

Sie seufzte. „Ich denke daran, dass ich gerne in einen Club gehen würde. Ins Sunset.“

Er runzelte die Stirn. „Du bist doch diese Woche schon drei Nächte lang unterwegs gewesen. Ich dachte, wir könnten heute mal zu Hause bleiben.“ Er grinste, und auf seinen Wangen bildeten sich tiefe Grübchen. „Im Bett.“

Das langweilte sie auch schon … und sich im Bett zu langweilen bedeutete, am besten schnell zu verschwinden, durch die Hintertür. „Ich habe aber wirklich Lust auszugehen.“

Er sah sie finster an. „Schön.“

Sie wurde wütend. „Du brauchst nicht gleich zu schmollen.“

„Du kannst manchmal ein derartiges Miststück sein, Martika.“

Sie streifte den leichten schwarzen Seidenmorgenrock über. „Nicht nur manchmal“, stimmte sie ihm zu, langte nach ihren Zigaretten und steuerte auf den Balkon zu. Sie war erst zwei Schritte in die Richtung gegangen, als sie das schrille Klingeln ihres Handys hörte. Schnell schnappte sie es und schloss die Glastür hinter sich, bevor sie den Antwort-Knopf drückte. „Ich bin’s. Und wer bist du?“

„Sind wir heute Trink-Kumpel?“

Sie grinste, lehnte sich zurück, klopfte eine Zigarette aus der Schachtel und steckte sie zwischen die Lippen. Es roch nach Regen … und sah auch danach aus. Dicke Tropfen klatschten auf den Gehsteig. Sie hoffte, dass es ein Gewitter geben würde. „Taylor, du bist mein Retter. Ich hatte schon befürchtet, ich müsste mir erst mein eigenes Bein abbeißen, bevor ich aus dieser Falle raus komme.“

„Oh, Tika“, sagte er, in seiner Stimme schwang ein klein wenig Missbilligung mit. „Wir sind also schon wieder so weit?“

„Wenn du meinst, ob ich bereit bin, wieder mal zu gehen: Ja, den Punkt haben wir erreicht und sogar schon überschritten.“

„Verdammt. Er hat so einen herrlichen Körper.“

„Ich weiß.“ Sie zündete die Zigarette an und nahm einen tiefen Zug. „Zu schade, dass er nicht stumm ist. Obwohl, selbst dann könnte ich diese seelenvollen Blicke nicht mehr länger ertragen.“

Sie blickte über ihre Schulter durch die Glastür. Andre saß noch immer auf dem Bett, nackt, beleidigt.

„Also. Wann geht’s los?“

„Ich habe noch keine konkrete Abflugzeit, Taylor … aber bald. Ich habe das Gefühl, dass es sehr bald losgehen wird.“ Sie zog noch einmal an ihrer Zigarette. „Mist. Ich hasse es umzuziehen.“

„Bei jemandem, der das so oft tut wie du, klingt das merkwürdig“, kommentierte Taylor trocken. „Du bist eine Nomadin. Vielleicht solltest du mal mit jemandem zusammenleben, mit dem du nicht ins Bett gehst.“

„Ich habe bereits mit Leuten zusammengewohnt, mit denen ich nicht geschlafen habe.“

„Deine Familie zählt nicht, Schätzchen, und vor wie vielen Jahren war das gleich?“

„Touché.“ Daran hatte sie nicht mehr gedacht. „Aber es gab da einen Kerl … wie hieß er doch gleich? Robbie?“

Taylor lachte. „Noch eine Einschränkung. Es muss jemand sein, mit dem auch ich nicht schlafen kann. Erinnerst du dich?“

Sie kicherte. „Oh, richtig. Mein Gott war das ein Fiasko.“

„Vielleicht solltest du es mal mit einer Frau versuchen?“

„Was, mit ihr zu schlafen?“

Taylor seufzte. „Mit ihr zu wohnen, Dummerchen. Obwohl …“

Martika unterbrach ihn. „Ich glaube kaum. Frauen mögen mich nicht.“ Sie grinste dämonisch. „Wahrscheinlich aus gutem Grund.“

Sie hörte, dass gegen die Scheibe geklopft wurde, drehte sich um und sah einen offensichtlich gar nicht amüsierten Andre. „Willst du die ganze Nacht da draußen bleiben?“ fragte er durch die Scheibe.

„Vielleicht“, gab sie zurück, drehte sich dann wieder um und sah auf die Straße. „Taylor, da ist mein Aufpasser wieder. Wir gehen nicht nur was trinken, Süßer, wir ziehen durch die Clubs. Sunset?“

„Och, lass uns ein paar Martinis im Viper Room nehmen.“

Sie grinste. „Deshalb liebe ich dich, Süßer. Ich will mich diesmal richtig rausputzen – also werde ich noch eine Stunde länger brauchen als üblich. Okay?“

„Ich werde zuerst essen gehen und dann Kit Hallo sagen.“

„Okay. Also im Viper Room, so gegen elf.“ Sie küsste ihn durchs Telefon. „Tschü-hüüüss.“ Dann klappte sie ihr Handy zu und öffnete die Balkontür.

„So ist das also“. Andre stand mit vor der nackten Brust gekreuzten Armen vor ihr. „Kaum ruft dich der andere Mann in deinem Leben an, willst du schon wieder verschwinden?“

„Ich kann nicht glauben, dass du auf einen Schwulen eifersüchtig bist.“

„Langsam glaube ich, dass das die einzigen Männer sind, die du lieben könntest.“

Sie lächelte ihn bittersüß an. „Verstehe. Reagierst du deswegen so zickig? Damit ich glaube, du hast ans andere Ufer gewechselt, und mich unsterblich in dich verliebe?“

„Verdammt.“ Der Muskel in seinem wie gemeißelten Kinn zuckte, als er die Kiefer zusammen biss. Er sah aus wie das Model, das er ja auch war. Okay, gib mir diesen verärgerten Blick. Verärgert! Martika musste bei dem Gedanken fast lachen.

„Martika, ich glaube, ich habe mich in dich verliebt. Ich will nicht, dass du heute Nacht mit Taylor ausgehst.“

Sie musterte ihn gelangweilt von Kopf bis Fuß. Normalerweise hätte sie angesichts der Tatsache, dass er so etwas wie Rückgrat zeigte, Beifall geklatscht, aber er hatte einen wunden Punkt getroffen. Taylor war ihr bester Freund. Und niemand legte sich mit ihren Freunden an – oder schrieb ihr vor, wen sie zu sehen hatte und wen nicht.

„Ich werde heute Abend ausgehen, Andre. Du kannst gerne mitkommen, wenn du willst …“ Sie machte eine Pause. „Nein. Wenn ich es mir genau überlege, kannst du nicht mitkommen. Ich treffe meinen Freund, um nicht darüber nachdenken zu müssen, was für ein idiotisches Verhalten du an den Tag legst. Du kannst jetzt einen Wutanfall bekommen oder aber etwas Produktives tun. Schlafen. Fernsehen. Ein angsterfülltes Sonett schreiben. Ehrlich gesagt, es ist mir egal.“

Sie stolzierte ins Badezimmer und stellte das Wasser in der Dusche an. Dann zog sie den Bademantel aus, stieg in den Dampf und regelte die Temperatur. Das fühlte sich gut an! Entspannend. Doch Andre war ihr gefolgt und riss die Tür auf. Sein attraktives Gesicht sah in dem Dampf ganz verschwommen aus. „Vielleicht … vielleicht solltest du ausziehen“, sagte er und atmete tief aus. Seine blauen Augen blickten gleichermaßen verärgert und flehend. Es würde sie nicht wundern, wenn er jetzt anfinge zu heulen.

Sie seufzte. „Ich bin bis Ende der Woche ausgezogen.“

Er schloss die Tür.

Im Regen stehend, starrte Sarah das Schild an. Basix Café. Wenn sie schon ganz alleine diese Stadt erkunden musste, dann war dieser Ort hier ein ebenso guter Anfang wie jeder andere.

Zugegeben, er lag nur zwei Blocks von ihrer Wohnung entfernt, aber schon allein die Tatsache, dass sie ihr Apartment verlassen und sich unter Fremde begeben hatte, war ein Schritt in die richtige Richtung. Natürlich hatte sie zuerst Judith angerufen, um sie zum Abendessen zu treffen, doch nur der Anrufbeantworter hatte sich eingeschaltet. Danach brauchte sie etwa eine halbe Stunde, um all ihren Mut zusammenzunehmen und ganz alleine hierher zu kommen.

Das Lokal war überfüllt, es gab einen Innenhof, der von durchsichtigen Plastikvorhängen eingegrenzt und mit Butangas-Strahlern erwärmt wurde, die wie Fackeln aussahen. Sie drängelte sich in das Restaurant und fragte sich, ob sie womöglich einen Promi sehen würde. Schließlich war sie hier in Hollywood. Gut, West-Hollywood, aber immerhin …

Der Oberkellner sah sie mit einem fragenden Lächeln von oben bis unten an. „Guten Abend. Wie viele?“

„Nur ich.“

„Schön.“

Bildete sie sich das ein oder taxierte er sie jetzt abschätzend? Nicht auf eine sexuelle Art, wie das die Männer in ihrer Heimatstadt taten. Es war mehr als ob … als ob mit ihr etwas nicht in Ordnung wäre oder so. Sie überprüfte unauffällig den Reißverschluss ihrer Jeans.

Vielleicht liegt es daran, dass ich alleine bin, dachte sie. Sie bemerkte, dass an den meisten Tischen mindestens zwei Leute saßen, meistens mehr. Sie nahm sich vor, das nächste Mal ein Buch mitzubringen. Wenn es ein nächstes Mal gab. Der Ober führte sie an einen winzig kleinen Ecktisch, der von einer Topfpalme halb verdeckt wurde. Sarah nahm die Speisekarte entgegen und setzte sich. Zumindest konnte sie sich von diesem versteckten Platz aus unbemerkt umschauen, das war gut. Noch hatte sie keine Berühmtheit entdeckt, aber es war ja auch erst acht Uhr. Wahrscheinlich würden sie wie Vampire erst viel später ihre Behausungen verlassen.

Was sie sofort bemerkte war, dass das Restaurant überwiegend von Männern besucht war … alle waren gut gekleidet, stellte sie fest, in diesem nachlässig eleganten Stil, der ganz nach „MTV“ aussah. In Fairfield kleideten sich Männer nicht so. Zumindest nicht für ein Abendessen in einem Restaurant.

Sie richtete ihre Aufmerksamkeit auf die Speisekarte. Ihr Magen knurrte. Hier roch es wundervoll, und die Desserts, die in einer Glasvitrine ausgestellt waren, sahen so lecker aus, dass sie kurzfristig in Betracht zog, ein Dinner aus Schokoladenkuchen mit Eclairs als Beilage zu bestellen. Allerdings war sie halb verhungert, sie brauchte erst was Richtiges im Magen, wenn sie nicht den Abend damit verbringen wollte, sich im Zuckerschock direkt hier auf dem Teppich zu winden.

„Was soll das heißen, du hast keinen Tisch für mich?“ Eine grelle Stimme durchbohrte das allgemeine Stimmengewirr. Alle Augen richteten sich auf den Neuankömmling. Sarah drehte sich ebenfalls um und starrte den Mann an, die Speisekarte war mit einem Mal vergessen. Er war einer der größten Männer, die sie je gesehen hatte. Sein kurzes Haar schien im natürlichen Zustand lockig zu sein, jetzt aber wellte es sich von Gel gebändigt nur leicht über seiner Stirn. Er hatte große dunkle Augen, breite Schultern, und wie jedermann hier war auch er sehr modisch angezogen. Er trug schwarze, glänzende Cargohosen und ein metallicrotes Hemd. In seinem rechten Ohr steckten zwei Ohrringe, und zu ihrer Überraschung musste sie fest stellen, dass seine Nägel schwarz lackiert waren.

„Aber ich verhungere, Mitch“, jammerte er melodramatisch und winkte dem Oberkellner. „Ich kann keinesfalls zwei Stunden auf einen freien Tisch warten!“ Der Riese schaute durch den Raum, bis sein Blick plötzlich an Sarah hängen blieb. „Sitz hier noch jemand?“

Trotz ihres Erstaunens war sie doch noch geistesgegenwärtig genug, um den Kopf zu schütteln.

„Großartig. Dann werde ich einfach mit dir zu Abend essen. Hi“, sagte er, setzte sich und streckte die langen Beine lässig aus. „Ich heiße Taylor.“

Sie nickte völlig überwältigt. „S-sarah.“

Er grinste. „Was für eine köstliche Stimme! Wie von einem der Powerpuff Girls. Kennst du die Serie? Ich bin ganz verrückt nach ihnen. Aber ich schweife ab.“ Er sah sie an. „Du hast noch nicht bestellt, oder?“

„Äh … nein.“ Sie starrte wieder auf die Speisekarte. „Ich habe hier noch nie gegessen“, gab sie zu. „Deswegen habe ich mich auch noch nicht entschieden.“

„Noch nie?“ Er klang erfreut. „Nun denn, dann lass dich von mir beraten. Fang mit der Maissuppe an, dann eine Pizza … die mit gegrillter Hähnchenbrust und Gouda. Die schmeckt fantastisch!“

Ihr Magen knurrte wieder, und verlegen presste sie eine Hand auf den Bauch. „Das klingt toll.“

„Ganz offensichtlich!“ Er sah sie abschätzend an. Was ist das nur für ein Blick? Doch dieser schien weniger geringschätzig, außerdem lächelte er jetzt. „Du bist nicht von hier, oder?“

Wie kommst du nur darauf? „Nun, jetzt schon.“ Sie lächelte schwach. „Ich bin gerade hierher gezogen. Die Straße rauf.“

„Echt?“ Sie fragte sich, ob seine Stimme wohl jemals enttäuscht klang. „Das ist ja großartig. Ich wohne auch in der Straße. Oh, warte mal eine Sekunde, da ist ein Freund von mir.“ Er stand auf und bahnte sich einen Weg durch den Raum, wobei es ihm gelang, den Blick eines jeden in dem Restaurant auf sich zu ziehen. Sarah vermutete, dass er genau das erreichen wollte.

„Michael! Wie lange ist das her! Warum warst du nicht im Beer Bust?“

Sarah beobachtete verblüfft, wie Taylor den angesprochenen Mann ausführlich umarmte, der ihn wiederum einem anderen Mann vorstellte.

Auf jeden Fall ist das besser, als alleine zu essen.

Der Ober kam an ihren Tisch. „Haben Sie gewählt?“

Sie nickte. „Die Maissuppe“, antwortete sie pflichtbewusst, „und dann die Pizza mit gegrillter Hähnchenbrust.“

Er lächelte wieder dieses glatte, höfliche Lächeln, ohne sie direkt anzusehen.

„Warten Sie, dieser Mann dort sitzt auch hier“, rief sie, als er weggehen wollte. „Er hat noch nicht bestellt.“

„Das braucht er auch nicht“, sagte der Ober ein wenig spöttisch. „Er bestellt sowieso immer das Gleiche.“

„Oh.“ Hoffentlich war wenigstens das Essen gut, denn der Service ließ eindeutig zu wünschen übrig.

Taylor kehrte nach wenigen Minuten zurück. „Großartiger Kerl, dieser Michael.“

„Er sieht nett aus.“ Sarah wusste nicht, was sie sonst sagen sollte.

Er grinste und blinzelte ihr zu. „Nächstes Mal werde ich dich vorstellen. Schließlich sind wir Nachbarn.“ Er seufzte laut. „Ich rede und rede. Dabei siehst du aus wie eine ertrunkene Ratte, wie jemand, der keinen einzigen Freund auf der ganzen Welt hat – das soll keine Beleidigung sein. Also, wie ist deine Geschichte, kleines Mädchen?“

„Ich wusste nicht, dass es in L.A. regnet“, sagte sie zu ihrer Verteidigung, „sonst hätte ich einen Schirm mitgenommen.“

Er grinste sie an. „Du kennst dich in L.A. also nicht aus. Woher kommst du?“

„Fairfield.“

Er hob eine Augenbraue. Sie war so perfekt geschwungen, dass Sarah sich unwillkürlich fragte, ob er sie zupfte. „Fairfield? Habe ich noch nie gehört. Wo liegt das? Außerhalb der Stadt?“

Sie schüttelte den Kopf. „Nein, das ist in der Nähe von Sacramento, irgendwie. Oder eigentlich näher an … nun ja, es liegt in Nordkalifornien“, sagte sie und war sich ziemlich sicher, dass er sich im Norden so gut wie gar nicht auskannte.

„Oh, Nordkalifornien“, murmelte er und rollte mit den Augen. „Das erklärt zumindest deine Klamotten. Du bist also heute erst angekommen? Bist du … nein, du bist keine Schauspielerin.“

„Woher willst du das wissen?“

„Dein Zicken-Faktor ist nicht hoch genug, um ehrlich zu sein. Ich meine, du könntest eine Schauspielerin sein, aber dann bestimmt keine sehr erfolgreiche … von denen es natürlich genügend in L.A. gibt. Davon abgesehen hast du dafür viel zu viel Geld.“

Sie wusste nicht, ob sie sich von Taylors Ausführungen beleidigt fühlen sollte oder nicht, also entschied sie, es nicht zu sein. Die Maissuppe war inzwischen gekommen. Sarah probierte sie und seufzte zufrieden.

„Habe ich doch gesagt“, rief Taylor selbstgefällig.

„Es schmeckt herrlich“, sagte sie und bemühte sich, die Suppe nicht herunterzuschlingen. Sie hatte keine Lust herauszufinden, wie Taylor sich über unzureichende Tischmanieren äußern würde.

Taylor neigte den Kopf zu Seite und blickte sie an. „Weißt du“, sagte er und nahm einen Löffel von seiner Maissuppe. „Ich habe beschlossen, dich zu mögen.“

Sie lächelte und vergaß für einen Moment den Muskelkater, der sie seit dem Umzug plagte. „Danke. Das ist nett.“

„Und selbstverständlich wirst du mich auch mögen, und so ist alles in bester Ordnung“, fuhr er fort, und Sarah musste lachen, sie konnte sich nicht dagegen wehren. Er winkte dem Ober.

„Ich mag sie“, rief er überschwänglich. Der Ober lächelte nur, allerdings dieses Mal sowohl freundlicher als auch affektierter, wie Sarah feststellte. „Wir brauchen eine Flasche Wein.“

Sie versuchte, ihn davon abzuhalten. „Oh nein, wirklich nicht, ich könnte jetzt nicht …“

Er starrte sie so lange an, bis sie verstummte. „Unsinn. Ich schmeiße eine meiner typischen Willkommen-in-L.A.-Partys. Bringst du uns bitte eine Flasche von dem Ravenwood? Danke“, sagte er und entließ den Kellner, der sich nur wortlos nickend entfernte.

„Also gut“, sagte Taylor und rieb sich die Hände. „Nachdem wir jetzt richtig gute Freunde sind, musst du mir dein ganzes Leben erzählen. Fang mit dem Ende an und lass nicht das geringste Detail aus. Ich will alles wissen.“

Das große Badezimmer in Judiths und Davids Haus hatte zwei Waschbecken: seines und ihres. Ein Symbol für Davids Erfolg, das zeigte, dass es nicht mehr lange dauern konnte, bis er von seiner Firma die Partnerschaft angeboten bekam. Seine Seite des Badezimmers sprach Bände, seine Toilettenartikel waren säuberlich aufgereiht wie in einem Schaufenster: angefangen bei dem silbernen Halter für die Zahnbürste und den Rasierer (David würde niemals Einwegrasierer benutzen) und dem kleinen silbernen Becher, in dem er den Rasierschaum zubereitete, bis hin zu dem perfekt gefalteten Handtuch. Die schäbigeren Dinge wie Zahnpasta versteckte er in einer Schublade, obwohl er die teure Rembrandt und nicht etwa die billige Colgate benutzte.

Auf Judiths Seite sah es eher steril aus. Dort fand sich die komplette Öko-Skin-Care-Linie, die Tiegel standen einträchtig mit ihren unscheinbaren in Weiß und Orange gehaltenen Etiketten nebeneinander. Reinigungsmilch, Reinigungscreme, Gesichtswasser, Moisturizer, Tagescreme und Rosencreme für Problemzonen. Ihre orangefarbene Zahnbürste steckte in einem cremeweißen Keramikbecher.

Judith begann mit ihrem allabendlichen Ritual: Die Gesichtshaut peelen, waschen, Gesichtswasser und Feuchtigkeitscreme auftupfen. Obwohl sie erst fünfundzwanzig Jahre alt war und robuste asiatische Haut hatte, die ihre Kolleginnen immer wieder neidisch als ein Wunder bezeichneten, hielt sie nach Falten Ausschau. Danach löste sie das Band aus den Haaren, bürstete das schimmernde Schwarz mit fünfzehn Strichen, warf dann ihre Kleider in den Wäschekorb und zog das Baumwoll-Nachthemd über. Schließlich kletterte sie in das riesige Bett und legte sich auf die rechte Seite an die Wand. Sie streckte sich nach dem Buch aus, das auf dem Nachtisch lag. „Das Oz-Prinzip.“ Etwas, das sie für den Job lesen musste. Sie wollte endlich ein paar Seiten hinter sich bringen, denn in den nächsten Wochen würde sie dafür viel zu beschäftigt sein. Ihr Terminkalender war ziemlich voll.

Die Geräusche, die David machte, als er sein Ritual durchlief, nahm sie kaum wahr: Er brauchte immer sehr lange im Badezimmer. Ausführlich putzte er sich die Zähne und erkundete ebenfalls die Faltensituation, wobei er bessere Chancen hatte, fündig zu werden, schließlich war er schon zweiunddreißig. Sie spürte mehr als dass sie hörte, wie er seine Geheimratsecken erforschte, um festzustellen, ob er Haare verlor. Dabei gab er ein leises, besorgtes Zungenschnalzen von sich, bevor er sich mit einem Achselzucken abwandte. Er würde sich nie herablassen und zugeben, dass er das ganze abendliche Prozedere inklusive Feuchtigkeitscreme über sich ergehen ließ, doch manchmal ertappte sie ihn dabei, wie er ihre Kosmetik ausprobierte. Judith hatte sich vorgenommen, ein paar Töpfchen und Fläschchen mehr zu besorgen, um für alle Eventualitäten gewappnet zu sein.

Er lief mit tapsigen Schritten und nur mit Boxershorts bekleidet auf das Bett zu. Sie reichte ihm sein Buch, doch er legte es nur auf seinen Nachttisch. Wenn David Boxershorts trug, signalisierte das Sex. Also zog sie Nachthemd und das Höschen aus und reichte ihm beides. Er streifte seine Shorts ab, schlüpfte unter die Decke und strich sie glatt.

Er brauchte immer noch fünf bis zehn Minuten Konversation, bevor er bereit war.

„Nun. Hat jemand angerufen, während wir weg waren?“

„Sarah“, antwortete Judith. „Sie fragte, ob ich morgen mit ihr zu Mittag esse. Ich glaube, das werde ich tun … sie klang ein wenig einsam.“

„Sarah. Das war doch eine deiner Freundinnen im College, oder?“ Er spielte mit ihrer Schulter und dann, geistesabwesend, mit ihrer Brust.

Sie lächelte. „Sie war im College meine beste Freundin, fast schon so etwas wie eine kleine Schwester. Wir haben im ersten Studienjahr zusammengewohnt.“

„Wie eine kleine Schwester? Ist sie jünger als du?“

Judith zuckte mit den Schultern. Er streichelte sie jetzt ein wenig intensiver. „Sie wirkte immer jünger. Sie hat das Hauptfach vier Mal gewechselt“, sagte sie lachend. „Sie musste einfach immer … ich weiß nicht. Sie hatte einfach Probleme, alles in den Griff zu bekommen.“

Er lachte auch und unterbrach für einen Moment seine wohl durchdachten Liebkosungen. „Ihr wart bestimmt das seltsame Paar am College.“

„Ich habe ihr ein bisschen geholfen. Sie ist nett. Man hat einfach das Bedürfnis, sie an die Hand zu nehmen.“ Judith starrte an die Decke. „Trotzdem war ich ziemlich froh, als sie sich mit Benjamin einließ. Er hat so eine festigende Wirkung auf sie. Wenn sie es nur endlich schaffen würde, ihn vor den Altar zu bringen …“

David sah sie einen Augenblick lang an. „Es klingt komisch, wie du seinen Namen aussprichst, bei dir klingt er wie ein Titel oder so.“

„Wirklich?“ Sie dachte darüber nach. „Er ist ein großartiger Verkäufer, soweit ich das beurteilen kann. Ich habe nie zuvor jemanden getroffen, der so ehrgeizig ist.“

„Nicht einmal du?“ Er setzte das Streicheln fort. Sie versuchte das Kitzeln, als er über ihren Bauch fuhr, zu ignorieren und bewegte sich absichtlich so, dass er eine andere Stelle berührte. Er merkte es nicht.

„Er hat sein Studium in Rekordzeit abgeschlossen, aber trotzdem hat er sich entschieden, in die Verkaufsabteilung einzutreten. Das liegt wahrscheinlich an seinem Charakter. Er ist sehr charismatisch.“

„Der Junge hat geradezu himmlische Eigenschaften, oder?“

Aus David sprach die Eifersucht. In letzter Zeit fühlte er sich in seinem Ego immer erstaunlich schnell verletzt, weswegen Judith sicherstellte, dass ein wenig von ihrer nackten Haut seine leichte Erektion streifte.

„Er ist treu, glaube ich.“ Selbst jetzt, wo sie es sagte, war sie sich nicht sicher. „Zumindest hoffe ich das für Sarah. Trotzdem sollte er sich nicht allzu viel Zeit lassen, bis er hierher zieht. Ein Mann sollte niemals lange sich selbst überlassen bleiben.“

„Wieso das denn?“

„Er ist jung, attraktiv, verdient gut, fährt ein schönes Auto, geht aus. Frauen setzen sich solche Männer als Ziel, und Männer wie er finden genau diese Frauen unwiderstehlich, glaube ich zumindest. Sarah täte besser daran, ihn im Auge zu behalten bis sie verheiratet sind.“

Seine Erektion war noch immer nicht voll ausgeprägt, und Judith studierte sein Gesicht, um herauszufinden, ob es ein Problem gab. Das würde womöglich eine Blowjob-Nacht werden. Verdammt.

Er starrte sie mit einer Mischung aus Faszination und Ekel an. „Zielscheibe, ja? Das klingt verdammt Furcht erregend.“

„Ich mache die Regeln nicht.“

„Du lebst nur nach ihnen, stimmt’s?“

Sie rückte irritiert von ihm ab. Warum konnte er es nicht einfach genießen und dann einschlafen? „Das habe ich nicht gesagt.“

„Das brauchst du auch nicht.“

Er wollte also verhätschelt werden, nun gut. Sie hätte eine passendere Vorspiel-Konversation wählen sollen, aber in letzter Zeit machte ihr die Arbeit einfach zu schaffen. Sie musste wieder anfangen zu meditieren. Mit einem Seufzen konzentrierte sie sich, lehnte sich über ihn und küsste ihn lang und ausführlich. „Ich habe dich an Land gezogen, oder etwa nicht?“ fragte sie und war froh, als sie das vertraute Pochen an ihren Schenkeln spürte. Wenn es so leicht war, dann war er nicht wirklich verärgert.

„Das stimmt. Du hast mich an Land gezogen. Und du hast eine verdammt gute Wahl getroffen.“ In seiner Stimme lag der großspurige Ton eines Anwaltes. Also ist er recht energiegeladen, dachte sie, während sie sich von ihm abwandte, die Chancen stehen gut, dass es schnell geht.

Gleich darauf hatte er das Licht gelöscht. Sie spürte, wie er in der Dunkelheit seine Arme nach ihr ausstreckte. Ein paar Minuten später drückte er sie auf die weiche Decke, die auf ihrer Matratze lag. Judith stöhnte absichtlich, und als sein Atem schneller ging, verstärkte sie die Lautstärke.

Als er sich keuchend auf sie legte, schloss sie die Augen.

Kurz danach rollte er von ihr herunter, reichte ihr Nachthemd und Unterwäsche, und sie spürte, wie sein Gewicht die Matratze nach unten drückte, als er ungeschickt versuchte, seine Boxershorts wieder anzuziehen. Kurz darauf begann er, leise zu schnarchen.

Judith versuchte, das Nachthemd anzuziehen und sich dabei so wenig wie möglich zu bewegen, damit er nicht wieder aufwachte. Sie rief sich ihren Terminkalender in Erinnerung und vermerkte im Geiste, dass sie nach ihrem Zehn-Uhr-Meeting unbedingt ihren Meditations-Lehrer anrufen und dafür die Maniküre streichen musste. Außerdem wollte sie herausfinden, ob es in ihrer Firma für Sarah einen Job gab … vielleicht in der Buchhaltung oder so. Als sie in ihrem gedanklichen Kalender die Schlafenszeit erreicht hatte, schlief sie auch tatsächlich ein.

2. KAPITEL

Take It As It Comes

Sarah benötigte am nächsten Morgen einige Minuten, um herauszufinden, wo sie eigentlich war. Grelle Sonnenstrahlen knallten durchs Schlafzimmerfenster, und sie dachte erschöpft: Los Angeles. Sie lag im Bett, in ihrem neuen Schlafzimmer, in ihrem neuen Apartment. Sie konnte sich allerdings absolut nicht daran erinnern, wie sie da hingekommen war und warum ihr Schädel so brummte. Sie blickte an sich herunter: Oder warum sie ihre Kleider noch anhatte!

Als es an der Tür klingelte, kämpfte sie sich stöhnend aus dem Bett. Immerhin, die Tür war verschlossen, das war wenigstens etwas, auch wenn sie die Kette nicht vorgelegt hatte… Sie drückte den Knopf der Gegensprechanlage. „Hallo?“ krächzte sie.

„Sarah, Darling? Ich bin’s, Taylor.“

Taylor? Sie durchwühlte ihr geistiges Adressbuch. „Taylor …“

„Der hinreißende Mann, der dich gestern abgeschleppt hat, Süße. Komm schon, sei ein braves Mädchen und mach auf … oh, bemühe dich nicht, da kommt gerade ein Gentleman zur Tür. Bin in einer Sekunde bei dir.“

Sie stand da und lauschte entsetzt, wie die Haustür laut ins Schloss fiel. Ihr Herz begann, schneller zu schlagen.

Wie konntest du nur so dumm sein?

Die vergangene Nacht sah sie nur vollkommen verschwommen vor sich, aber sie wusste noch, dass sie mit einem eleganten Riesen zu Abend gegessen hatte. Na ja, zumindest wusste sie es bis zu einem gewissen Grade. Sie schloss die Augen, schwankte ein wenige dabei und kämpfte um ihre Erinnerung. Offenbar war es ihr gelungen, eine Flasche – oder waren es zwei Flaschen? – Raven-wood Cabernet mit einem ein Meter neunzig großen fremden Mann zu leeren. Er hatte ihr nach Hause geholfen … sie glaubte sich zu erinnern, dass er sie einen Teil des Weges sogar getragen hatte, oder war das nur ein Traum gewesen? Sie glaubte, dass er sie in die Wohnung gebracht, auf die Stirn geküsst und gesagt hatte, er käme am nächsten Morgen wieder. Hastig riss sie ihre Handtasche an sich und durchwühlte sie. Gut, die Kreditkarten waren alle noch da, genauso wie das Bargeld.

Wie konntest du nur so blöd sein? Ganz egal, wie nett dieser Taylor war, sie hatte einem absoluten Fremden erlaubt, in ihre Wohnung zu kommen, hatte sich mit ihm gemeinsam betrunken und es ihm einfach überlassen, die Tür hinter sich zu schließen.

Ein scharfes Klopfen an der Tür riss sie aus den Gedanken, und ihr Herz begann schmerzhaft gegen ihre Brust zu klopfen. Er ist womöglich ein Serienmörder. Mach auf keinen Fall die Tür auf!

„Sarah? Süße, mach die Tür auf, ich bin’s nur.“

Sie antwortete nicht.

„Sarah.“ Sie hörte, wie er ein wenig gereizt seufzte. „Komm schon, ich weiß, dass du da bist, und ich habe hier etwas, das dir sofort helfen wird.“

Sie spielte mit dem Gedanken, in die Küche zu gehen und ein Messer zu holen. Schließlich konnte sie nicht einfach die Türkette vorlegen, ohne …

Ohne was? Ohne unhöflich zu sein?

Es entstand ein langes Schweigen. Schließlich hörte sie ihn sagen: „Oh, Baby, sei doch nicht so.“ Er versuchte, seiner Stimme einen tieferen Klang zu verleihen. „Nachdem du letzte Nacht mit mir geschlafen hast, dachte ich …“

Sie schnappte nach Luft, und bevor sie noch länger überlegen konnte, riss sie die Tür auf. „Ich habe nicht mit dir geschlafen!“

Sie sah auf und stellte fest, dass er sie angrinste. „Nein, natürlich nicht. Aber das war der einfachste Weg, dich dazu zu bringen, diese Tür zu öffnen.“

Sie errötete. Und sie wusste, dass sie errötete.

„Hast du was dagegen, wenn ich eine Sekunde reinkomme? Das hier ist ein bisschen schwer.“

Ohne auf eine weitere Einladung zu warten, trat er, gefolgt von einem fremden Mann, ein. Sie betrachtete die beiden nervös. Taylor sah geradezu strahlend aus. Er trug ein knallweißes T-Shirt und Jeans mit Löchern an den Knien, die nicht natürlich entstanden waren, sondern die er offenbar aus dekorativen Gründen in den Stoff geschnitten hatte. Außerdem schleppte er etwas, das aussah, wie zwei Kisten Mineralwasser. „Ich dachte, elf Uhr ist spät genug, um vorbei zu kommen. Kit? Gibst du ihr bitte den Kaffee?“

Der andere Mann war schlaksig und hatte sandbraunes Haar, das er unter seine umgedrehte Baseballkappe gesteckt hatte. Er trug ein graues T-Shirt, khakifarbene, ebenfalls löchrige Cargohosen und ausgetretene Wildlederschuhe. Neben Taylor sah er klein aus, aber sie schätzte, dass er mindestens ein Meter achtzig groß war. „Willkommen … im Jurassic Park“, sagte er und reichte ihr einen Pappbecher mit Deckel.

Sie sah Taylor, der mit den Augen rollte, irritiert an.

„Du wirst dich an Kit gewöhnen. Er ist mein DHF.“

„DHF?“ fragte sie.

„Designierter Heterosexueller Freund.“

„Es ist so schön, die Quote zu erfüllen“, sagte Kit mit einem Achselzucken.

Sarah lächelte schwach und trank einen Schluck Kaffee. Er schmeckte gut. Die Kopfschmerzen zogen sich ein paar Millimeter zurück. Allerdings hätte sie sich viel besser gefühlt, wenn es nicht genau in diesem Augenblick an der Tür geklingelt hätte.

„Ja?“

„Sarah? Ich bin’s, Judith. Ich war in der Nähe, deshalb dachte ich, wir könnten zusammen zu Mittag essen.“

Sarah schaute das dynamische Duo in ihrem Wohnzimmer an.

„Ähm … es wird ein wenig dauern, bis ich fertig bin …“

„Lass mich einfach rein, Sarah. Ich warte.“

Sarah drückte auf den Türöffner und warf den beiden Männern einen bedeutungsvollen Blick zu. „Das ist meine Freundin Judith“, erklärte sie. Sie wollte, dass die beiden verschwanden.

Taylor lächelte, offensichtlich wollte er ihre Andeutung nicht verstehen. „Das ist also deine Wohnung?“

„So ist es“, sagte sie. „Drei Zimmer und ein Bad.“

„Himmlisch.“ Ohne zu fragen, spähte er in die beiden anderen Zimmer. „Geräumig. Du suchst nicht zufällig noch eine Mitbewohnerin, oder? Ich kenne jemanden, die gerne …“

„Nein“, sagte sie nachdrücklich und rieb sich die Schläfen.

Gut, weniger Nachdrücklichkeit, und zwar in jeder Beziehung!

„Ich … mein Freund wird bald einziehen.“

„Oh, stimmt. Dieser Typ, den du letzte Nacht erwähnt hast.“ Er warf Kit einen bedeutungsvollen Blick zu.

Sarah runzelte die Stirn. „Ich bin mir sicher, dass er …“

Judith trat durch die halb offene Tür. „Sarah? Hi. Ich dachte, weil es schon elf ist, wäre es nicht zu früh …“ Schockiert blieb sie mitten im Zimmer stehen und betrachtete Taylor und Kit von oben bis unten. „Oh. Ich wusste nicht, dass du Besuch hast.“ Sie zog eine ihrer tiefschwarzen Augenbrauen in die Höhe. „Freunde von dir?“

Sarah sah weg. „Nun …“

„Tut mir Leid, ich hätte mich selbst vorstellen sollen, das ist eine meiner leichtesten Übungen“, sagte Taylor und streckte ihr seine riesige Hand hin. Judith war so überrascht, dass sie sie ergriff. „Ich bin Taylor, ein Nachbar von Sarah. Und das ist Kit.“ Kit schüttelte ihr nicht die Hand, sondern nickte nur. „Kit ist einfach Kit.“

„Verstehe. Wie gut kennen Sie Sarah?“

Taylor blickte sie fröhlich an. „Oh, so gut, wie man nur einen Menschen kennen kann, mit dem man vollkommen versackt ist. Sie ist ein Goldkind“, verkündete er, und es hätte Sarah nicht überrascht, wenn er sie in die Wange gekniffen hätte. „Ich glaube, wir behalten sie.“

„Sarah?“ Judith wirkte eher besorgt als verärgert.

„Taylor ist in Ordnung“, versicherte Sarah, und stellte erstaunt fest, dass sie das wirklich so meinte. „Taylor, danke, dass du vorbeigekommen bist und … äh … nach mir gesehen hast.“

„Kein Problem.“ Er ignorierte, dass Judith ihn anstarrte, tänzelte auf Sarah zu und senkte seine Stimme zu einem unüberhörbaren Flüstern. „Nimm’s nicht persönlich, meine Liebe, aber du solltest vielleicht kurz unter die Dusche springen, bevor du mit Frau Mutter Essen gehst. Danach wirst dich garantiert besser fühlen.“

„Das hatte ich sowieso vor“, gab sie zurück.

„Oh, und hier.“ Er nahm eine Flasche aus dem Kasten und stellte sie auf den Küchentisch.

„Was ist das?“

„Herrliches Zeug. Das kriegt man in Chinatown“, sagte er. Sie konnte das Etikett nicht lesen, vermutlich war die Schrift chinesisch oder koreanisch. „Ich nenne es immer Kater-Killer. Schluck es einfach runter wie ein braves Mädchen. Danach geht es dir garantiert besser. Gehst du gerne in Clubs?“

Sie riss die Augen auf. „Ähm …“

Autor

Cathy Yardley

„Als ich noch auf der Schule war, haben mir meine Eltern das Lesen von Liebesromanen verboten. Für sie zählten nur lehrreiche Bücher", erinnert Cathy sich lächelnd. „Als ich dann aufs College kam und dort entdeckte, dass meine Freundin einen ganzen Schrank voll besaß, konnte ich nicht mehr aufhören zu lesen."

Aus...

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