Diamant der Leidenschaft

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Diese Hitze, diese Sehnsucht … Gabe Moretti wird von nie gekannter Begierde überwältigt, als die schöne Kat sein Büro betritt. Dabei dürfte er eigentlich nichts als Verachtung für die berüchtigte Femme Fatale empfinden. Was ist bloß mit ihm los? Er sollte Kat sofort hinauswerfen! Doch leider besitzt sie etwas, das Gabe um jeden Preis haben will - das Diamanthalsband seiner Mutter. Und Kat wäre nicht Kat, wenn sie keine Bedingungen stellen würde: Gabe bekommt Heart’s Desire nur zurück, wenn er sich als ihr Verlobter ausgibt! Und so beginnt ein gefährlich heißes Spiel …


  • Erscheinungstag 16.12.2014
  • Bandnummer 1851
  • ISBN / Artikelnummer 9783733720872
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Die Tür zu Gabe Morettis Büro wurde aufgerissen, und herein rauschte eine der schönsten Frauen, die er je zu Gesicht bekommen hatte. Als er sie sah, überlief ihn ein merkwürdiges Kribbeln, ein Gefühl, wie er es noch nie erlebt hatte. Es störte ihn auf aus seiner Ruhe und versetzte all seine Sinne in Alarmbereitschaft.

Sie gehört dir, vernahm er eine heimtückische Stimme. Nimm sie dir!

Gabe schob den aberwitzigen Gedanken beiseite und konzentrierte sich stirnrunzelnd auf die Frau. Sie war groß, beziehungsweise sie wirkte groß durch ihre acht Zentimeter hohen Absätze, sie war zart, beinahe zerbrechlich. Unter einem offenen schwarzen Wollmantel trug sie ein grauweißes Dior-Kostüm, das ihre weiblichen Rundungen betonte. Das rote Haar hatte sie im Nacken zu einem schweren Knoten zusammengefasst.

Doch sie war mehr als eine reine Schönheit. In ihrer Erscheinung spiegelten sich Charakter und Willensstärke, Intelligenz leuchtete in ihrem Blick, ihre Augen, so unglaublich hellgrün, ließen einen nicht mehr los … und wirkten doch selbst gefangen. Sie verliehen ihr eine beinahe schmerzliche Verletzlichkeit, auf die Gabe mit erschreckender Heftigkeit reagierte.

Nimm dir diese Frau!

Diese Sehnsucht überstieg jede Vernunft. Die Zeit kam zum Stillstand, er verlor beinahe seine eiserne Selbstbeherrschung, alles, was ihn antrieb und zu dem Mann machte, der er war. Sein Begehren spitzte sich zu einem Befehl zu … diese Frau, jetzt, in diesem Augenblick. Unerträgliche Hitze erfasste ihn, pulsierte mit jedem Herzschlag durch seine Adern. Und dann löste sich die Zeit aus ihrer Erstarrung, und er wurde ins Hier und Jetzt zurückgestoßen.

Die Frau hielt in ihrer Bewegung inne, als hätte sie seine innere Unruhe verspürt. Sie zögerte, sah ihm in die Augen. Offenbar war er nicht das, was sie erwartet hatte, was ihn nur noch neugieriger machte. Wen oder was hatte sie wohl erwartet? Oder reagierte sie einfach nur auf ihn, genau wie er auf sie reagierte?

„Gabe Moretti?“, fragte sie mit tiefer, heiserer Stimme, die ihn nur noch mehr um den Verstand brachte.

Sie ist die Frau für mich!

„Entschuldigen Sie, Mr Moretti.“ Seine Assistentin kam ins Büro geeilt. „Sie hat darauf bestanden, Sie sofort zu sprechen.“

Gabe schloss die Akte, die er durchgesehen hatte, und stand auf. Er fixierte die geheimnisvolle Frau mit jenem stählernen Blick, der ihm unter Konkurrenten und Gegnern den Spitznamen „Iceman“ eingetragen hatte. Vielleicht reagierte er so heftig, weil ihm die innere Stimme keine Ruhe ließ – er hatte sie noch nie zuvor gehört und hoffte, sie auch nie wieder hören zu müssen. Vielleicht wollte er auch den Instinkt in Schach halten, der ihm entgegen jeden zivilisierten Benehmens zuraunte, sich zu nehmen, was er wollte, ohne an die Konsequenzen zu denken. Doch sie schaute ihn einfach nur an, und ihr Blick war ebenso brillant und leidenschaftlich wie Dantes Feuerdiamanten.

Feuer und Eis, eine faszinierende Kombination.

„Warum fangen wir nicht am Anfang an?“, schlug er vor. Er war höchst beeindruckt, dass er so ruhig sprechen konnte, während in ihm die Leidenschaft brodelte. „Zum Beispiel, wer sind Sie?“

„Erkennen Sie mich denn nicht? Das sollten Sie eigentlich.“ Ihre Stimme klang amüsiert. „Ich bin Kat Malloy.“

Diese Aussage traf ihn wie ein Schlag. So viel also zu dieser albernen inneren Stimme. Diese Frau war nicht nur nicht die Frau für ihn, sie konnte sie auch niemals sein. So sehr er sie auch körperlich begehren mochte, sie wäre die letzte Frau auf Erden, mit der er ins Bett gehen würde. Er hatte sie erst ein einziges Mal zuvor gesehen. Damals hatte er ähnlich auf sie reagiert, wenn auch nicht so heftig. Vielleicht hatte seine frühere Reaktion damit zu tun, dass sie im Bett eines anderen gelegen hatte – und dieses Bett hatte dem Verlobten ihrer Cousine gehört.

Gabe sah zu seiner Assistentin und schickte sie mit einem leichten Nicken wieder hinaus.

Sobald sie allein waren, trat er näher und feuerte die erste Salve ab. „Vielleicht hätte ich dich leichter erkannt, wenn du keine Kleider getragen hättest.“

In ihrem Blick flackerte Zorn auf. „Wie reizend von dir, das anzusprechen. Wie immer, ganz der Gentleman.“

„In diese Richtung solltest du besser nicht weiterargumentieren“, sagte er sehr sanft. „Sonst sähe ich mich gezwungen, darüber zu diskutieren, in welchem Maße du der Definition einer Lady entsprichst.“

Sie tat diese Warnung mit einem lässigen Schulterzucken ab, obwohl die leise Röte auf ihren Wangen verriet, dass seine Bemerkung gesessen hatte. Gut. Diese Feindseligkeit verhinderte andere Gefühle – zum Beispiel Lust. Oder Leidenschaft. Oder das Bedürfnis, ihr die Kleider vom Leib zu reißen und sie zu verführen.

„Du könntest mir wenigstens die Höflichkeit erweisen, dir meinen Vorschlag anzuhören, bevor du mich rauswirfst.“

Er starrte sie nur an. Und die ganze Zeit redete diese furchtbare innere Stimme auf ihn ein, verlangte Dinge, die er sich nicht einmal anhören, geschweige denn erfüllen wollte.

„Ich bin dir nichts schuldig. Vielleicht meine verstorbene Frau. Schließlich warst du Jessas Cousine“, sagte er schließlich. Er hielt kurz inne, ehe er im Plauderton fortfuhr: „Wusstest du eigentlich, dass sie dich wie eine Schwester geliebt hat? Auch nach allem, was du getan hast, auch nach deiner kleinen Affäre mit Benson Winters, hat sie die letzten beiden Jahre ihres Lebens um den Verlust eurer Freundschaft getrauert.“

„Tatsächlich?“ Kat hob eine schmale Augenbraue. „Dann hatte sie aber eine höchst merkwürdige Art, das zu zeigen, denn sie hat unsere Großmutter gegen mich aufgehetzt und mich in der Presse verunglimpft. Irgendwie kann ich das nicht sehr schwesterlich finden.“

Er sah rot. „Vielleicht liegt das daran, dass du mit ihrem Verlobten geschlafen hast. Und obwohl ich letztendlich davon profitiert habe, war das von dir absolut widerwärtig.“

Kat Malloy hatte sich bewundernswert rasch wieder gefangen. „Das bekomme ich andauernd zu hören. Aus irgendeinem seltsamen Grund sehe ich die Geschehnisse in jener Nacht ein wenig anders.“

Sie schaute sich in seinem Büro um, betrachtete die großzügige Sitzecke, wo er seine Gäste empfing, und nahm auf dem Sofa Platz. Dann schlüpfte sie aus dem Mantel und machte es sich bequem, indem sie die Beine übereinanderschlug – herrliche, wohlgeformte Beine, wie er nicht umhin konnte zu bemerken. Beine, die er nur zu gern um sich geschlungen sähe.

Andererseits – auch eine Giftschlange hatte einen geschmeidigen Körper. Was nicht hieß, dass er einer zu nahe kommen würde. Nicht dass seine innere Stimme nun Ruhe gegeben hätte. Anscheinend interessierte sie sich nicht für Schlangen, nur für diese Beine und wie eng sie ihn umschlingen konnten.

Mit bemerkenswerter Selbstbeherrschung sagte Kat: „Bevor du mich rausschmeißt, solltest du dir über ein wichtiges Detail im Klaren sein.“ Sie lächelte ihr Sirenenlächeln. „Ich habe etwas, was du willst.“

Er winkte ab. „Kann ich mir nicht vorstellen.“

Sie faltete die Hände im Schoß. So züchtig. So schicklich. So verdammt stilvoll. Und alles reine Lüge. „Das Detail, das ich meine, heißt Heart’s Desire.“

Er erstarrte. Verdammt! Jahrelang hatte er ohne Erfolg versucht, Matilda Chatsworth das Diamanthalsband seiner Mutter abzukaufen. Kats Großmutter wusste sehr wohl, wie viel ihm daran gelegen war, dass er buchstäblich alles getan hätte, um es zurückzubekommen. Zugegeben, das war nicht die beste Verhandlungsbasis für jemanden mit seiner Erfahrung. Aber damals war er sehr viel jünger gewesen und noch nicht so geübt darin, ein Pokerface zu wahren, vor allem wenn es um etwas ging, was mit so viel emotionalem Gepäck verbunden war.

Seine Mutter Cara hatte das Halsband kreiert, damals, als sie als Schmuckdesignerin bei den Dantes angefangen hatte. Während dieser frühen, aufregenden Tage hatte sie sich in Dominic Dante verliebt, den Sohn des Eigentümers. Ihre Affäre war leidenschaftlich und erfüllend gewesen, beinahe hätten sie geheiratet, aber dann hatte er doch nicht seine Mutter gewählt, sondern eine Frau mit genug Geld auf dem Konto, zweifellos auf Drängen seiner Eltern.

Nach diesem Verrat hatte seine Mutter eine Stellung bei Dante in New York akzeptiert und mit ihrem Leben weitergemacht – bis Dominic Jahre später wieder bei ihr aufgetaucht war. Sie hatte ihm nicht widerstehen können, und das Ergebnis dieses One-Night-Stands waren Dante und seine Zwillingsschwester Lucia. Daraufhin hatte Cara den Dantes endgültig den Rücken gekehrt.

Laut Dominic hatte er Cara nie vergessen können. Jahrelang hatte er verzweifelt nach ihr gesucht. Fünfzehn Jahre später hatte er sie schließlich gefunden und erfahren, dass sie Zwillinge geboren hatte. Diesmal machte er ihr einen Heiratsantrag, obwohl er immer noch mit seiner ersten Frau verheiratet war.

Er gab Cara ein Halsband, das sie für das Unternehmen entworfen hatte und das er ihr zu Ehren „Heart’s Desire“ getauft hatte, dazu einen Ring und das Versprechen, sie nach seiner Scheidung zu heiraten und seinen unehelichen Kindern seinen Namen zu geben. Natürlich war es nie dazu gekommen, alles, was Cara Moretti blieb, waren leere Versprechungen und das erlöschende Feuer der Diamanten, die Dominic ihr geschenkt hatte.

Gabe war zwanzig gewesen, als seine Mutter krank wurde. Da er unbedingt Geld brauchte für die medizinische Versorgung, hatte er das Diamanthalsband an Matilda Chatsworth verkauft. Das Geld hatte ihm außerdem einen Start im Leben ermöglicht. Obwohl er immer gewusst hatte, dass ihm gar nichts anderes übrig geblieben war, als das Halsband zu verkaufen, hatte er immer gehofft, es eines Tages zurückkaufen zu können. Er hatte lange gebraucht, um zu erkennen, warum das für ihn einen so hohen Stellenwert hatte.

Schließlich hatte er sich eingestehen können, welche symbolische Bedeutung das Halsband für ihn hatte. Es stand für den Mann, der ihn gezeugt hatte. Die Familie, die ihn zurückgewiesen hatte. Und die Mutter und Schwester, die immer für ihn und füreinander da gewesen waren, in guten, schlechten und unglaublich schrecklichen Zeiten.

Bis er schließlich so weit war und über die finanziellen Mittel verfügte, das Halsband zurückzukaufen, hatte Matilda nicht mehr verkaufen wollen. Selbst als er ihre Enkelin Jessa geheiratet hatte, war das Halsband außer Reichweite geblieben. Ihm war es ein Rätsel, warum Matilda jetzt nach all den Jahren beschlossen hatte, das Halsband ihrer missratenen Enkelin zu übergeben, statt es an ihn zu veräußern. Warum hatte sie sich so gegen ihn gewandt, vor allem, nachdem sie Kat für ihren Verrat an Jessa von Herzen verachtete?

Gabe konzentrierte sich wieder auf Kat und sagte mühsam beherrscht: „Du hast es?“ Nur diese drei Worte, doch darin lagen Gefühle, die seine ganze Lebensgeschichte einschlossen. Die den Kern seines Wesens und seiner Persönlichkeit berührten.

Kat zögerte und antwortete dann indirekt. „Meine Großmutter hat vor Kurzem Kontakt zu mir aufgenommen und mich gebeten, nach Hause zu kommen. Ihr geht es nicht gut. Sie hat versprochen, mir das Halsband zu geben, wenn sie …“ Ein schmerzlicher Ausdruck huschte über ihr Gesicht. „Danach.“

„Dann komm zu mir, wenn du es wirklich hast. Und jetzt, wenn es dir nichts ausmacht …“ Er deutete mit dem Kopf zur Tür. „Ich habe zu tun.“

„Leider geht es um etwas mehr.“ Sie blickte sich um, sah die Hausbar und fragte etwas heiser: „Könnte ich wohl ein Glas Wasser haben? Ich komme um vor Durst.“

„Bereitest du dich darauf vor, die Rolle der trauernden Enkelin zu spielen, die sich über den Tod ihrer Großmutter grämt, Kat? Samt Krokodilstränen, möchte ich wetten. Tut mir leid, meine Süße, ich falle nicht drauf rein.“

Er sah Schmerz in ihrem Blick, doch im nächsten Augenblick war ihre Miene wieder verschlossen. „Jede Träne, die ich wegen meiner Großmutter vergieße, wird echt sein. Meine Eltern sind gestorben, als ich fünf war, und Gam hat mich großgezogen. Ich schulde ihr mehr, als ich sagen kann. Aber mach dir keine Sorgen, dass ich vor dir zusammenbrechen könnte. Ich weine nie.“

Gabe machte sich nicht die Mühe, um den heißen Brei herumzureden. „Wie viel? Wie viel für Heart’s Desire?“

Sie verzog keine Meine. „Es ist nicht zu verkaufen.“

Fluchend sprang er auf. „Weißt du, du bist wirklich das Letzte! Erst schläfst du mit Benson Winters, Jessas Verlobtem. Und jetzt hast du eine Methode gefunden, dich bei Matilda lieb Kind zu machen und das Halsband in die Hände zu bekommen. Warum? Was spielst du für ein Spiel?“

Ihre Antwort kam ebenso prompt. „Das ist kein Spiel. War es nie.“

Er kam sofort auf das Wesentliche zu sprechen – oder das, was er dafür hielt. „Ich gebe dir den vollen Wert. Mehr als den. Geld spielt keine Rolle.“ Wie immer, wenn es um das verdammte Halsband ging, verließen ihn all die Geschäftstaktiken und Verhandlungsstrategien, die er sich in den letzten zehn Jahren angeeignet hatte.

„Mir geht es nicht um Geld.“ Sie winkte ab und lächelte kühl. „Ich dachte, du wolltest mir etwas zu trinken geben?“

Verdammt, verdammt, verdammt! Da hatte er keine fünf Minuten mit dieser Frau verbracht, und schon hatte sie seine jahrelangen Bemühungen um Selbstbeherrschung untergraben. Es musste daran liegen, dass er sie begehrte. Weil sie zu ihm gehörte. Er erstarrte, fassungslos. Du lieber Himmel, was zum Teufel war nur mit ihm los?

Wortlos ging er zur Hausbar. „Mit oder ohne Kohlensäure?“

„Ohne.“

„Eis?“

„Danke. Das wäre eine nette Abwechslung.“

„Allerdings.“ Das Eis klirrte im Glas. „Du hast dich die letzten fünf Jahre in Europa versteckt.“

„Ich habe mich nicht versteckt“, protestierte sie.

Interessant. Offenbar hatte er schon wieder einen wunden Punkt getroffen. Erstaunlich, dass eine Frau wie Kat ihre Verletzlichkeiten nicht besser schützte. „Unsinn. Du hast das Land doch fluchtartig verlassen, nachdem rauskam, dass du etwas mit dem Senatskandidaten Benson Winters hattest, dem Verlobten deiner Cousine! Und seither bist du nicht mehr hier gewesen, nicht mal zu Jessas und meiner Hochzeit, geschweige zu ihrer Beerdigung.“

Er reichte ihr das Glas und bemerkte befriedigt, dass es in ihrer Hand ganz leicht zitterte. „Aber sobald dir klar wird, wie du Heart’s Desire in die Hände kriegst, kommst du nach Seattle zurück.“

Sie nahm rasch einen Schluck Wasser, zweifellos, um ein paar kostbare Sekunden zu gewinnen und sich zu fassen. „Hast du dich deswegen immer geweigert, mich zu sehen? Weil ich nicht zu Jessas Beerdigung gekommen bin?“

„Das passt als Grund genauso gut wie jeder andere, findest du nicht?“

„Wenn es stimmen würde.“ Sie trank etwas von ihrem Wasser. „Tut es aber nicht.“

Wenn er sich auf seinen Zorn konzentrierte, würde das Begehren vielleicht verschwinden. Oder zumindest nachlassen. Das war alles, was er brauchte, ein paar Augenblicke Pause von den Wellen heftigen Verlangens, die in seinem Innersten anbrandeten und jede Selbstbeherrschung zu unterhöhlen drohten. Er verstand es nicht. Für diese Frau hätte er nichts anderes empfinden dürfen als tiefe Verachtung. Und doch … Er fühlte etwas ganz anderes. Warum?

„Was stimmt nicht?“, stieß er hervor. „Dass du dir nicht die Mühe gemacht hast, zu Jessas Beerdigung zu erscheinen? Oder dass du nur zurückgekehrt bist, um Heart’s Desire in die Hände zu bekommen?“

Lässig zuckte sie mit den Schultern. „Jessa hätte nicht gewollt, dass ich komme.“

„Keine Frage. Und trotzdem kehrst du zurück wie ein Aasgeier, sobald du erfährst, dass Matilda krank ist. Oder täusche ich mich da ebenfalls?“

Sie fuhr kaum merklich zusammen, und in ihren brillanten, gequälten Augen zeigte sich eine Spur Verletzlichkeit. Andererseits – nach allem, was er von ihr wusste, hatte sie sich diesen Blick vielleicht patentieren lassen und wandte ihn nun bei ihrer momentanen Trickserei an. Das schien ihm jedenfalls plausibler als die Alternative – dass sie auch nur eine Spur echter Verletzlichkeit besitzen sollte. Bei dieser Frau konnte er seinen Instinkten nicht trauen, nicht, solange sie ihn drängten, sie zu verführen.

Ein Sonnenstrahl fiel in den Raum, ließ ihr Haar rot aufleuchten. „Du täuschst dich nicht. Ich bin hier, weil meine Großmutter krank ist.“

„Deswegen sitzt du aber doch nicht in meinem Büro, oder?“ Seine Stimme klang zynisch. „Ich glaube, du sitzt hier, weil du weißt, wie sehr ich Heart’s Desire haben will.“

Sie reckte das Kinn. „Das stimmt. Ich setze darauf, dass du alles tun würdest, um das Halsband zu kriegen.“

„Dann sag schon, was du dafür willst.“

„Ich will kein Geld. Was ich für das Halsband will, ist etwas ganz Einfaches, das sehr wohl in deiner Macht liegt.“ Als er schwieg, fuhr sie fort: „Ich habe gehört, dass du einer der besten Verhandlungsführer von Seattle bist.“ Sie stellte ihr Glas ab und verschränkte die Hände; die weiß hervortretenden Fingerknöchel verrieten, wie nervös sie war. „Willst du es unter Beweis stellen?“

„Lass hören.“

„Meine Großmutter ist eine sehr konservative Frau. Natürlich macht sie sich Sorgen wegen mir und meiner …“, sie zögerte und fügte dann vorsichtig hinzu: „… und meiner, sagen wir, bis jetzt eher unglücklichen Entscheidungen. Momentan ist sie noch nicht bereit, sich mit mir zu versöhnen. Sie hat mich nur in Kenntnis gesetzt, dass sie ihr Versprechen halten und mir das Halsband über kurz oder lang geben will.“

„Und dir reicht das nicht?“

Kat schüttelte den Kopf. „Nein. Ich will mehr. Viel mehr.“

„Deine Großmutter ist reich. Lass mich raten. Du findest, du hättest Anspruch auf einen großzügig bemessenen Anteil dieses Reichtums.“

Lässig hob sie eine Schulter. „Ich will eine Versöhnung. Die Gründe sind meine Sache.“

„Und wo komme ich ins Spiel?“

„Gam hat mir zu verstehen gegeben, dass sie einen Beweis für meine Anständigkeit braucht. Sie will sehen, dass ich mich mit einem ehrbaren Mann häuslich niedergelassen habe, der meine Flausen nicht dulden wird, so hat sie es formuliert.“

„Du lieber Himmel“, sagte er schwach.

„Ja, das war auch meine erste Reaktion. Aber wenn ich tue, was sie verlangt, wird Gam mich wohl zu Hause willkommen heißen. Und das bringt mich nun auf den ehrbaren Mann.“ Sie fixierte ihn mit ihren hellgrünen Augen. „Hallo, ehrbarer Mann.“

Entsetzt starrte er sie an. „Du trägst mir die Ehe an? Nein. Unmöglich. Du bist ja verrückt, wenn du glaubst, ich würde jemals einwilligen.“

Er konnte gar nicht in Worte fassen, wie sehr ihn dieser empörende Vorschlag abstieß. Oder auch sein heftiges Begehren. Ehe. Das Ehebett. Die Hochzeitsnacht. Er dachte daran, wie er Kat zum ersten Mal gesehen hatte, und ballte die Hände zu Fäusten. Sie hatte nackt auf den Satinlaken gelegen, immer noch die schlafende Unschuld, obwohl sie längst durch einen Kuss erweckt worden war.

Selbst damals hatte sie ihm den Atem geraubt, er hatte die verwirrenden ersten Regungen verspürt, die sich diesmal zu weitaus mehr ausgewachsen hatten. Damals hatte er einfach angenommen, es sei die normale männliche Reaktion auf den Anblick einer schönen nackten Frau. Allerdings hatte er sich nie recht erklären können, warum ihm dieses fünf Jahre alte Bild noch lebhaft vor Augen stand, während die Erinnerungen an seine Frau, die vor zwei Jahren gestorben war, bereits angefangen hatten zu verblassen.

Sie lachte. „Entspann dich, Gabe. Ich habe es nicht auf die Ehe abgesehen, nur auf eine Verlobung. Zugegeben, eine etwas längere Verlobung, die Gam beweist, dass ich zur Ruhe gekommen bin. Damit sorgst du auch dafür, dass sie die letzten Monate glücklich ist.“

„Als würdest du darauf auch nur einen Deut geben.“

„Doch, das tue ich. Sie ist meine Großmutter.“ Sie hielt kurz inne. „Außerdem, wer könnte perfekter sein? Du warst Jessas Ehemann, unsere Verlobung würde aus mir anrüchigem Weib im Handumdrehen eine ehrbare Frau machen. Du bist für deine Integrität und Ehre bekannt. Du bist mächtig und gleichzeitig fair, und du lässt dir nicht auf der Nase herumtanzen. Du bist genau die Sorte Mann, die Gam sich vorstellt, um …“, ihre Belustigung wuchs, sie lud ihn ein, an dem Witz teilzuhaben, „… um mich auf Linie zu halten.“

„Nein.“

„Denk drüber nach, Gabe.“ Ihre Sirenenstimme und das sinnliche Lächeln waren auf Verführung aus. „Ich wäre dir ausgeliefert. Müsste tun, was du sagst. Und du würdest dafür Heart’s Desire bekommen. Wir würden beide gewinnen.“

Er zögerte einen langen Augenblick, überlegte, wie er mit diesem Vorschlag umgehen wollte, den er doch eigentlich rundheraus hätte ablehnen sollen, aber verlockender fand, als er für möglich gehalten hätte. Wie hieß es in der Fernsehserie, die er als Kind immer gesehen hatte? Widerstand ist zwecklos. Er ging zu seinem Schreibtisch und drückte eine Taste seines Telefons. „Sarah?“

„Ja, Mr Moretti?“, erwiderte seine Assistentin sofort.

„Sagen Sie all meine Termine für heute ab. Ich verlasse das Büro und komme erst am Montag wieder. Verlegen Sie meine Termine auf nächste Woche.“

Er wartete die Antwort gar nicht erst ab, drehte sich zu Kat um und deutete auf die Tür. „Wollen wir?“

„Wollen wir … was?“

Ihre Belustigung schwand. Stattdessen zeigte sich Misstrauen in ihrer Miene, was Gabe ein Lächeln entlockte. „Schauen, ob wir unser Geschäftsabkommen vollziehen können, natürlich. Vorausgesetzt, wir können uns einigen.“

„Vollziehen“, wiederholte sie. Ihr ausdrucksvolles Gesicht verriet Nervosität. Und etwas anderes, was er nicht recht deuten konnte. Furcht?

Er konnte sich nicht erklären, warum er sie derart provozieren musste. Vielleicht lag es an der verdammten Verletzlichkeit, die er an ihr entdeckt hatte. Vielleicht spürte er auch eine Schwäche, etwas, was er ausnutzen konnte, um die Oberhand zu gewinnen. Höchstwahrscheinlich war es einfach die Lust, die ihn verfolgte, seit sie das Büro betreten hatte.

Er hob eine Braue. „Ist das nicht das Endergebnis, wenn ein Vorschlag angenommen wird? Die beteiligten Seiten melden Vollzug. Wollen wir irgendwo hingehen, wo wir unter uns sind? Schließlich hast du eben gesagt, Teil der Vereinbarung ist, dass du mir ausgeliefert bist und tun musst, was ich sage. Nun, meine Süße, ich verlange, dass wir uns an den Vollzug unseres Vertrages machen. Du kannst schon mal anfangen, mich um Gnade anzuflehen.“

„Du machst wohl Witze!“ Empört sprang sie auf. Nicht gerade schmeichelhaft – die meisten Frauen brannten nur darauf … Dinge mit ihm zu vollziehen.

„Nein, ich mache keine Witze. Ich bin jedoch offen für ein Gespräch davor. Danach …“ Er trat auf sie zu, blieb kurz vor ihr stehen, bis die Spannung zwischen ihnen unerträgliche Ausmaße annahm. „Nun, sagen wir einfach, du hattest recht. Ich tue alles, um an das Halsband zu kommen.“

„Sogar mit mir ins Bett gehen?“ Die Frage klang beinahe bitter, was seine Neugier weckte.

„Wenn du darauf bestehst.“

„Ich bestehe nicht darauf. Im Gegenteil, ich will weder mit dir noch mit sonst irgendeinem Mann schlafen.“ Ihre sorgfältig zurechtgemachte Fassade bröckelte, ihre Worte zeigten eine leidenschaftliche Heftigkeit, die ihn nur noch neugieriger werden ließ. „Alles, was ich will, ist, die Forderung meiner Großmutter zu erfüllen.“

„Und alles, was ich will, ist Heart’s Desire. Die Verlobung hast du vorgeschlagen.“

„Das heißt aber nicht, dass wir …“ Sie unterbrach sich, ihre langen Wimpern senkten sich, um den Ausdruck in ihren Augen zu verbergen.

„Ich glaube, darüber müssen wir noch verhandeln. Und wie du schon gesagt hast, bin ich darin sehr erfahren.“ Er beugte sich vor, seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. „Du hast dich mir in den Weg gestellt. Und du hast etwas, was ich will. Warum bist du jetzt überrascht, wenn ich mir nehme, womit du mir so unklug vor der Nase herumwedelst?“

„Das hat nicht in meiner Absicht gelegen“, protestierte sie. In ihrer Stimme schwang eine Spur Panik mit. „Das weißt du.“

„Aber es läuft trotzdem darauf hinaus. Jetzt gehen wir irgendwohin, wo wir ungestört sind, und dort überlegen wir genau, womit wir diesen Teufelspakt besiegeln. Denn nichts – weder unsere Verlobung noch der Vollzug der Verlobung und ganz bestimmt nicht die anrüchige Cousine meiner verstorbenen Frau – wird mich daran hindern, das Halsband zu bekommen. Verstehen wir uns?“

Die plötzliche Stille darauf wurde nur von Kats ungleichmäßigem Atem unterbrochen, und dann wurde sie blass. Er rechnete schon damit, dass sie umkippte, doch sie fand irgendwo die Kraft, sich wieder zu sammeln und ihn mit trotzigem Blick anzusehen. „Ich lasse mir von keinem Mann vorschreiben, was ich zu tun habe. Nicht mal von meinem zukünftigen Verlobten.“

In diesem Augenblick wurde Gabe klar, dass er alles tun würde, um diese Frau zu bekommen, gleichgültig, was er von ihr wusste. Wie war das möglich? Seine verstorbene Frau hatte sich en detail über ihre lasterhafte Cousine geäußert. Normalerweise machte er um Frauen wie Kat einen großen Bogen.

Er versuchte, ihre Anziehungskraft auf die Ähnlichkeit der beiden Frauen zurückzuführen – beide waren schlank und dunkelhaarig. Doch Jessas Augen waren schwarz gewesen, und ihr Haar hatte jenes rote Feuer vermissen lassen. Und ihre Züge waren eher frisch und hübsch gewesen als atemberaubend elegant. Und das süße, nachgiebige Wesen seiner Frau hatte sich grundlegend von Kats reizbarer, trotziger Art unterschieden. Nicht dass es die geringste Rolle gespielt hätte, wer oder was diese Frau war. Ihm ging es ja nur um das Halsband.

„Wenn dir an der Versöhnung mit Matilda so viel gelegen ist wie mir am Familienhalsband, wirst du genau das tun, was nötig ist.“ Sie wollte Einwände erheben, doch er unterbrach sie. „Wenn du etwas dazu zu sagen hast, sollte das besser in privaterer Umgebung geschehen.“

„Aber …“

„Nicht hier.“

Sie verschränkte die Arme vor der Brust. „Nun, zu dir gehe ich jedenfalls nicht. Es sieht also so aus, als müsste es in deinem Büro passieren oder nirgends.“

„Schön. Wenn du es in meinem Büro machen willst, ist es mir recht. Lass mich nur rasch abschließen, dann können wir es hinter uns bringen. Was ist dir lieber, Schreibtisch oder Couch?“

Autor

Day Leclaire
Day Leclaire lebt auf der Insel Hatteras Island vor der Küste North Carolinas. Zwar toben alljährlich heftige Stürme über die Insel, sodass für Stunden die Stromzufuhr unterbrochen ist, aber das ansonsten sehr milde Klima, der Fischreichtum und der wundervolle Seeblick entschädigen sie dafür mehr als genug.
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