Eine unvergessliche Hochzeit

– oder –

 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

Die hübsche Hochzeitsplanerin Scarlet will kein Risiko eingehen. Besonders, was Männer angeht. Deshalb gibt sie dem sexy Playboy-Milliardär Daniel McNeal sofort einen Korb, als er versucht, sie zu verführen. Ein Mann wie er ist einfach viel zu gefährlich! Doch dann stolpert Scarlet über einen Brautschleier, verliert ihr Gedächtnis - und ist auf einmal wie verwandelt. Gänzlich unbeschwert flirtet Scarlet mit Daniel und lässt sich zum ersten Mal im Leben auf eine leidenschaftliche Affäre ein. Sie ist überglücklich - bis plötzlich ihre Erinnerung zurückkehrt


  • Erscheinungstag 11.02.2014
  • Bandnummer 1806
  • ISBN / Artikelnummer 9783733720247
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Es gab also doch Engel auf Erden.

Dieser hier war definitiv weiblich, balancierte auf einer Stehleiter und war dabei, einen Torbogen mit Girlanden aus Sonnenblumen und glitzernden Amoretten zu dekorieren. Mit ihrem hochgesteckten rotblonden Haar, ihren grünen Augen, zu denen die Smaragdohrringe passten, gekleidet in einen schwarzen Bleistiftrock und eine pfirsichfarbene Seidenbluse, wirkte die himmlische Erscheinung überaus elegant und gleichzeitig unglaublich sexy.

Am Fuß der Leiter stand ordentlich nebeneinander ein Paar schwarze Pumps, und als das engelgleiche Wesen sich bemühte, die letzte Girlande aufzuhängen, streckte es ein wohlgeformtes, schwarz bestrumpftes Bein aus, um das Gleichgewicht zu halten. Daniel McNeal lehnte sich gegen den Türrahmen und genoss den Anblick. Was ihn betraf, so war er sicher, dass ein einziger Kuss dieses Engels einen Sterblichen in die Knie zwingen würde.

Normalerweise gehörte es nicht zu seinen Aufgaben, seine Zeit in einer Agentur für Hochzeitsplanung zu vergeuden, schon gar nicht in Washington. Er war nur hier, weil er sich mit ein paar Ideen in die Hochzeitsvorbereitungen seines besten Freundes einklinken wollte. Allerdings gestand er sich ein, dass er zurzeit eigentlich nirgendwo anders lieber gewesen wäre als genau an diesem Ort.

Obwohl er in ihrer Blickrichtung stand, hatte die junge Frau ihn bisher noch nicht entdeckt. Jetzt hatte sie es geschafft, die letzte Amorette zu befestigen, und stieg langsam die Leiter hinunter. Begierig, ihre Bekanntschaft zu machen, schlenderte Daniel zu ihr hinüber, doch da sah er, wie sie von einer Stufe abglitt. Mit einem kleinen Schrei verlor sie den Halt, riss die Arme hoch – und Daniel sprintete los, um sie aufzufangen. Es gelang ihm gerade noch, ehe es zu spät war, und Sekunden später hielt er sie in den Armen.

Etwas atemlos sah der Engel aus grünen Augen zu ihm auf. Es dauerte einen Moment, bis sie ihre Stimme wiederfand. Dann sagte sie: „Ich habe schon so oft auf dieser Leiter gestanden, und nie ist etwas passiert.“ Ihre Lippen zitterten, als sie lächelte. „Ich bin Ihnen wirklich zu Dank verpflichtet.“

„Idealerweise könnten Sie dies einlösen, indem Sie heute Abend mit mir essen gehen.“

Irritiert schaute sie ihn an. „Ich weiß doch nicht einmal Ihren Namen.“

„Daniel McNeal.“

„Daniel McNeal, der Waves gegründet hat? Das soziale Netzwerk?“, rief sie erstaunt. „Ja, jetzt erkenne ich Sie. Sie sind Australier, richtig?“

Er nickte. „Und Sie sind vermutlich Scarlet Anders.“

Soweit er wusste, war sie eine der Inhaberinnen von DC Affairs, einer Agentur, die sich auf Hochzeitsplanung und andere große Events spezialisiert hatte. Bei ihrer Geschäftspartnerin handelte es sich um Ariella Winthrop, jene Frau, die angeblich ein uneheliches Kind des derzeitigen US-Präsidenten war. Zumindest hatte ein Reporter des American News Service dieses Gerücht bei einer Einweihungsparty in die Welt gesetzt. Die Nation war erschüttert, aber das, was zurzeit am meisten interessierte, war: Falls Ariella tatsächlich die Tochter von Präsident Morrow war – wie waren die geheimen Informationen dann an die Öffentlichkeit gelangt? Saß die Quelle etwa im Weißen Haus? Und war dieser Informant gefährlich?

Scarlet Anders sah immer noch unverwandt zu ihm auf. „Sind Sie wegen einer Hochzeit hier, Mr McNeal?“

„Ja. Aber nicht wegen meiner eigenen.“

Das schien sie zu freuen, denn sie schenkte ihm ein bezauberndes Lächeln. Doch dann spürte er, dass es ihr unangenehm war, von ihm gehalten zu werden, und er setzte sie ab. Rasch strich sie eine rotgoldene Locke, die sich aus der Frisur gelöst hatte, hinters Ohr, und schlüpfte in ihre Pumps.

„So, alles wieder in Ordnung“, sagte sie, straffte ihre Schultern und verkündete: „Jetzt können wir übers Geschäft reden.“

„Müssen wir?“, fragte er mit verführerischem Unterton.

Sofort errötete sie, doch sie ließ sich davon nicht beirren. „Um welche Hochzeit geht es denn?“, wollte sie wissen.

„Ich bin Max Graysons Trauzeuge.“

Begeistert wie ein Kind, das seine Weihnachtsgeschenke vorzeitig entdeckt hat, wippte sie auf den Zehenspitzen und fasste nach ihrer Perlenkette. Wenn es nicht völlig unpassend gewesen wäre, hätte sie ihren Besucher vermutlich am liebsten umarmt.

„Max ist mit einer meiner besten Freundinnen verlobt. Caroline Cranshaw“, erklärte sie. „Die Veranstaltungen, die DC Affairs ausrichtet, sind immer etwas Besonderes, aber Caras großer Tag soll alles übertreffen.“

„Da bin ich Ihrer Meinung.“

„Umso mehr freue ich mich, Sie kennenzulernen, Mr McNeal.“

Als sie ihm die Hand reichte, war er kurz davor, die zarte Innenseite ihres Handgelenks zu küssen. Doch er lächelte nur und erwiderte sanft ihren Händedruck.

„Daniel“, bat er. „Wir sind doch Freunde, oder?“

Sie blinzelte verblüfft. „Freunde? Oh, ja, natürlich.“

Zögernd löste sie ihre Hand aus seinem Griff und ging hinüber zu einem großen Tisch, auf dem Kataloge und verschiedene Dinge präsentiert wurden, die bei einer Hochzeit eine Rolle spielten. Die Agentur verfügte über drei verschiedene Räume, jeweils mit einer eigenen thematischen Ausrichtung.

„Ich habe mir vorhin Gedanken über Caras Farbschema gemacht“, erläuterte sie und blätterte in einem Stoffmusterbuch. Daniel fielen ihre gepflegten Hände mit den französisch gestylten Fingernägeln auf. Automatisch registrierte er: Kein Verlobungsring an der linken Hand.

„Rosa ist so hübsch für eine Braut“, schwärmte sie.

„Für Männer nicht so sehr.“

„Cara hat uns ein paar ihrer Wünsche bereits mitgeteilt. In den nächsten Wochen werden wir herausfinden, was ihr und Max am besten gefällt.“ Scarlet hielt eine pinkfarbene Swatch hoch und betrachtete die Uhr verliebt. Dann wandte sie sich an Daniel. „Schön, dass Sie vorbeikommen konnten. Wir treffen uns sicher bei der Generalprobe.“

„Hört sich ziemlich steif an.“

„Gar nicht. Es geht dabei ganz entspannt zu und macht Spaß.“

„Das beruhigt mich“, erwiderte er mit einem frechen Grinsen.

Da er sich nicht vom Fleck rührte und ihr nach wie vor in die Augen blickte, fragte sie: „Hatten Sie einen speziellen Grund, weshalb Sie heute zu uns gekommen sind?“

Er war abgelenkt von Gedanken wie: Was sie wohl zum Frühstück trinkt? Tee, Kaffee, Orangensaft? Oder von Überlegungen wie: Ob sie ein Spitzennachthemd trägt oder Omas Pyjamas? Doch das ging gar nicht, also riss er sich zusammen.

„Max und ich sind seit Jahren eng befreundet“, antwortete er. „Eigentlich dachte ich, wir wüssten alles voneinander. Daher war ich überrascht, als er verkündete, er würde heiraten. Schließlich passiert es nicht jeden Tag, dass der beste Freund die Frau seines Lebens trifft. Bisher dachte ich immer, er wäre nur mit seiner Arbeit verheiratet.“

Sie zuckte die Achseln. „Vorlieben ändern sich.“

„Scheint so. Nachdem ich Cara kennengelernt und die beiden zusammen erlebt habe, freue ich mich riesig, sowohl was die Hochzeit betrifft als auch die Schwangerschaft. Max ist der glücklichste Mann der Welt.“

Scarlets Gesichtsausdruck veränderte sich, wurde weicher, fast verträumt. Behutsam legte sie die rosa Uhr weg, merkte, dass Daniel sie genau beobachtete, und lächelte schnell. „Ich hätte nicht gedacht, dass Sie ein Romantiker sind.“

Belustigt zog er eine Augenbraue hoch. Ein Romantiker? „Nun ja“, fuhr er fort, „ich würde gern einen Beitrag zu Max’ und Caras großem Tag leisten.“

„Und zwar?“

„Etwas, woran sie Spaß haben werden. Ein bisschen Humor von Down Under. Und dabei benötige ich Ihre Hilfe.“

„Humor von Down Under?“

„Nichts, was die Veranstaltung sprengt, versichere ich Ihnen.“

„Also keine Kängurus im Frack?“

„Hm, ich dachte an ein paar Krokodile aus dem Kakadu-Nationalpark.“ Sofort sah er, wie sich ihre Miene verfinsterte. Scarlet Anders hatte für diese Art Scherz keinen Sinn.

„Ich bin schon einige Male Trauzeuge gewesen“, informierte er sie. „Es ist mir jedes Mal gelungen, etwas ganz Besonderes auf die Beine zu stellen. Mittlerweile ist es fast schon Tradition.“

„Machen Sie doch einfach eine Liste mit Vorschlägen.“ Sie strich über ein Stoffmuster. „Ich gebe Ihnen unsere Visitenkarte, und dann schauen wir, was wir für Sie tun können. Allerdings bestehe ich darauf, dass der Ablauf der Veranstaltung nicht gestört und der gute Geschmack nicht verletzt wird.“

Aha, dachte er. Mein Engel hat gewisse konservative Attitüden und ist nicht frei von Hochmut. „Mein Beitrag soll das Fest bereichern, nicht stören.“

„Im Outback laufen solche Dinge vermutlich etwas … unkonventioneller ab.“

„Ich lebe nicht im Outback, und ich komme auch nicht von dort.“

„Vielleicht wäre es eine Option?“ Ihr kritischer Blick taxierte seine Jeans, zu der er Halbschuhe trug, ein T-Shirt und darüber ein legeres Jackett mit aufgekrempelten Ärmeln. „Sieht so aus, als wären Sie der handfeste Typ.“

„Kommt auf die Definition von handfest an“, gab er amüsiert zurück und bemerkte zufrieden, dass Scarlet unter seinem Blick nervös wurde. Doch sie fasste sich sofort wieder.

„Ich möchte nicht unhöflich sein“, sagte sie, „aber ich habe heute Nachmittag einen vollen Terminkalender.“

„Und das erinnert mich an meinen Vorschlag von vorhin. Was halten Sie von einem gemeinsamen Abendessen?“

„Tut mir leid, ich glaube, das passt nicht.“

Er grinste. „Dabei habe ich Ihnen doch gerade das Leben gerettet, erinnern Sie sich? Die Aussicht auf ein Drei-Gänge-Menü an meiner Seite kann da eigentlich nicht abschreckend wirken.“

„Im Gegenteil …“ Sie brach ab und errötete. „Es war nett, Sie kennenzulernen.“

Das wäre der Moment gewesen, um sich höflich zu verabschieden und nie wiederzukommen, Hochzeit hin oder her. Dumm nur, dass diese Frau ihn vom ersten Moment an fasziniert hatte. Und daher war sein Entschluss gefasst.

Er würde an Scarlet Anders dranbleiben.

Als er die kurze Distanz zwischen ihnen verkürzte, sein Blick voller Selbstvertrauen, spürte Scarlet, wie ihre Nerven zu vibrieren begannen. Woher kam bloß diese angenehme Schwäche, die sie gerade überfiel? Woher kamen die Schmetterlinge im Bauch?

Das kann nicht sein, dachte sie verwirrt. Wir haben uns doch gerade erst kennengelernt, und jetzt wird er mich gleich küssen!

Alles geschah wie in Zeitlupe, und Scarlet hätte ohne Weiteres verhindern können, dass sie die Augen schloss, den Kopf erwartungsvoll hob, um … den größten Fehler ihres Lebens zu begehen. Schließlich gab es da einen Mann in ihrem Leben, eine gemeinsame Geschichte, eine Zukunft.

Vor ihrem inneren Auge blitzten Bilder auf – ihre Eltern, glücklich und zufrieden, dass sie einen in jeder Hinsicht passenden Partner gefunden hatte. Wenn sie wüssten, was sie gerade empfand, wie gern sie sich der Umarmung eines wildfremden Menschen hingegeben hätte, dann würden ihre Eltern sie vermutlich sofort enterben. Sie war ja selbst ganz entsetzt über ihre sinnliche Reaktion. An ihrer Erziehung konnte es jedenfalls nicht liegen, die war über jeden Zweifel erhaben.

Zitternd holte sie Luft und rückte von Daniel ab, ehe es zum Äußersten kam. Da bemerkte sie, dass sich noch jemand im Raum befand. Ein schneller Blick verriet ihr, dass es sich um die Floristin von nebenan handelte, die mit offenem Mund auf die Szene starrte.

„Katie“, brachte Scarlet mühsam hervor und wurde knallrot. Hastig strich sie sich eine Locke aus dem Gesicht. „Was machst du denn hier?“

Daniel McNeal schob die Hände in die Hosentaschen und schien nicht im Mindesten peinlich berührt.

„Am Empfang war niemand“, erklärte Katie, eine zierliche Frau in orangefarbener Schürze, und kam näher. „Deshalb bin ich gleich nach hinten gegangen. Tut mir leid. Ich wusste nicht, dass du Besuch hast.“

Wie immer kriegte Scarlet in einer heiklen Situation rasch die Kurve. „Katie Parker, darf ich dir Daniel McNeal vorstellen?“

„Nett, Sie kennenzulernen“, sagte Katie und musterte ihn neugierig. „Irgendwie kommen Sie mir bekannt vor. Und dieser Name …“

Puh, dachte Scarlet. Nicht auch noch das! Sie hatte nicht die geringste Lust, Daniels Promi-Status zu diskutieren oder sich anzuhören, dass ja heutzutage jeder einen Account bei Waves, dem sozialen Netzwerk, hatte, sie selbst eingeschlossen. Alles, was sie wollte, war, diesen ungebetenen Gast loszuwerden und einen klaren Kopf zu bekommen.

Also wies sie höflich zur Tür. „Mr McNeal wollte gerade gehen.“

„Stimmt. Ich melde mich in Kürze bei Ihnen“, informierte er Scarlet noch, ehe er sich an Katie wandte: „Könnten Sie sie bitte überreden, mit mir essen zu gehen?“

Er zwinkerte Scarlet zu und ging. Hatte sie sich überhört, oder pfiff er fröhlich vor sich hin?

Katie schüttelte verwundert ihre blonde Mähne. „Das verwirrt mich jetzt“, bekannte sie. „Hat er dich um ein Date gebeten?“

„Nur im Scherz.“

„Unsinn. Er hat das ernst gemeint, und das ist doch fantastisch. Hör zu, dieser Mann sieht unglaublich gut aus. Er ist charmant und sexy und …“

„Katie, hör auf!“

„Glaub mir, der steht auf dich. Und irgendwie habe ich das untrügliche Gefühl, dass es dir umgekehrt genauso geht. Wenn ich nicht reingeplatzt wäre, hättest du ihn geküsst.“

„Nein, hätte ich nicht.“ Während sie zerstreut einen Blumenstrauß neben dem geschmückten Torbogen neu arrangierte, murmelte sie: „Ich hatte mich bereits dagegen entschieden.“

„Ich wusste es!“

Rastlos ging Scarlet hinüber zur Stehleiter. „Außerdem weißt du genau, dass ich eine feste Beziehung mit einem Mann habe, um den mich jede Frau beneidet.“

„Bist du dir da sicher, Scarlet? Ich finde Everett Matheson III. eher stinklangweilig.“

„Everett und ich, wir passen perfekt zusammen. Ich kann mich voll und ganz auf ihn verlassen. Er ist gebildet, aus guter Familie …“

„Und langweilig“, beharrte Katie.

„Er arbeitet hart, und er wird ein guter Ehemann und Vater sein.“

„Liebst du ihn denn wirklich? Bist du verrückt nach ihm?“

Scarlet spürte, wie ihr Herz sich zusammenzog. Verrückt vor Leidenschaft zu sein, das war nicht ihr Stil. Entschlossen klappte sie die Stehleiter zusammen. „Ich bin anders erzogen worden, Katie. Für mich sind Respekt und Zuverlässigkeit wichtiger als große Gefühle. Die erweisen sich nur zu oft als rosa Wolke, aus der man unsanft wieder auf der Erde landet.“ Scarlet nahm die Leiter und verstaute sie in der Abstellkammer nebenan. Als sie zurückkam, fügte sie noch hinzu: „Ich bin einfach nicht der Typ, mich Hals über Kopf zu verlieben, und das weißt du genau.“

Katie schob beide Hände in die Schürzentasche und seufzte. „Nachdem Cara und Max ihre Verlobung bekannt gegeben haben, wird Everett dich sicher auch bald fragen.“

„Hat er bereits getan. Gestern Abend. Wir sind in einer Pferdekutsche gefahren, die er extra für diesen Anlass gemietet hatte, haben Champagner getrunken, und er hat mir einen formellen Heiratsantrag gemacht. Danach haben wir darüber gesprochen, wie gut wir zusammenpassen. Da der Ring ein Familienerbstück ist, war er etwas zu weit, und er hat ihn wieder mitgenommen, um ihn ändern zu lassen.“

Bei diesem Ring handelte es sich um einen achtkarätigen Rubin, eingefasst mit Brillanten. Ein wunderschönes Stück, aber Scarlet dachte an die Versicherungssumme, die nötig war, um den Schmuck überhaupt aus dem Safe nehmen zu können. Everett hatte vorgeschlagen, eine alltagstaugliche Kopie anfertigen zu lassen, doch Scarlet hatte nur gelacht. Manchmal kam dieser Mann auf seltsame Gedanken.

„Jetzt sollte ich dir wohl gratulieren“, meinte Katie. „Gratuliere.“

„Danke.“

„Aber weißt du was? Du kannst ja immer noch ausbüchsen. Bisher sind ja noch keine Einladungen verschickt.“

„Katie, du bist meine Freundin, aber ich habe keine Lust auf solche Ratschläge.“ Scarlet ging hinüber zum Tisch und legte die vielfarbigen Swatch-Uhren zu einem Stern.

Da sie merkte, dass sie zu weit gegangen war, wechselte Katie das Thema. „Wer war dieser Adonis eigentlich?“, erkundigte sie sich. „Das Gesicht kommt mir bekannt vor. Ist er ein Politiker, der gerade von sich reden macht?“

„Ihm gehört Waves.“

„Natürlich!“, rief Katie sofort. „Beim Friseur habe ich vergangene Woche einen Artikel über die Firma gelesen. Sehr interessant. Und die Fotos von diesem Typ haben mir den Mund wässrig gemacht. Er hat angeblich vor, nackt für einen Kalender zu posieren und die Einnahmen für wohltätige Zwecke zu spenden.“

Da sie eine Kundin erwartete, fügte Scarlet den Beispielen für verschiedene Tischdekorationen noch ein paar Muster hinzu, doch sie konnte nicht verhindern, dass ein überaus erregendes Bild vor ihr aufstieg. Daniel McNeal, nackt wie Gott ihn geschaffen hatte. Ohne dass sie es wollte, richteten sich ihre Brustwarzen auf. Daniel sah schon bekleidet gut genug aus. Braun gebrannt, durchtrainiert, breite Schultern, schmale Hüften. Ein Traum. Jeans und aufgekrempelte Ärmel passten zu seinem rebellischen Image. Ohne Klamotten war er vermutlich noch unwiderstehlicher …

„Was wollte er eigentlich hier?“, fragte Katie.

Scarlet unterdrückte das ungewohnte Verlangen und rückte ein Blumengesteck auf dem Tisch zurecht. „Man sollte annehmen, dass er wegen einer Hochzeit gekommen ist, oder?“

„Klar, aber nicht wegen seiner eigenen.“

„Wieso? Nur, weil es keine offizielle Ankündigung gegeben hat?“

„Nein, weil er dich nicht so angesehen hätte, wenn er in Kürze eine andere heiraten wollte.“

Hastig schaute Scarlet zur Tür. „Willst du, dass dich jemand hört?“

Als Katie statt einer Antwort nach dem Glas mit den Gummi­drops griff, warnte Scarlet: „Nicht die pinkfarbenen.“

Also schob Katie eine weiße und eine grüne Jelly Bean in den Mund. „Weißt du, was dir fehlt?“, bemerkte sie kauend.

Scarlet nahm die rosafarbene Süßigkeit, die obenauflag. „Du wirst es mir vermutlich gleich mitteilen.“

„Du müsstest mal deine ganze gute Erziehung und deine gesellschaftlichen Verpflichtungen vergessen. Mindestens eine Woche lang.“

„Und was soll ich in dieser Woche tun?“

„Feststellen, dass das Leben mehr zu bieten hat als gutes Benehmen, Luxus und gepflegte Langeweile. Und das ist alles, was ich für heute dazu sagen werde.“ Katie sah sich um. „Ist Ariella nicht hier?“

„Sie arbeitet zu Hause.“

„Das war vielleicht aufregend, in der Zeitung zu lesen, dass sie vielleicht die Tochter des Präsidenten ist“, plapperte Katie weiter drauflos. „Die Aufmerksamkeit der Medien hat ihr bestimmt ziemlich zugesetzt. Aber Ariella ist ein Fels in der Brandung. Ich wäre wahrscheinlich schon durchgedreht und würde mich nicht mehr aus dem Haus trauen.“

„Es ist sicher sehr schwierig für sie.“ Scarlet aß die rosa Jelly Bean und kaute nachdenklich. „Eigentlich unerträglich.“

„Wann bekommt sie den DNA-Test?“

„Demnächst vermutlich.“

In diesem Moment summte Scarlets Smartphone, das auf dem Tisch lag. Eine neue SMS war angekommen. Von Ariella.

Ich muss dich sehen. Der Test ist da.

2. KAPITEL

Morgan Tibbs sah von der Lektüre des Time Magazine auf, als ihr Chef schwungvoll das Penthouse betrat. Sooft er in Washington zu tun hatte – und das war ziemlich oft –, nutzte er einen Teil der Suite als Büro, den Rest als Wohnung. Eine Dauermiete lohnte sich ebenso wie ein Auto, das ihm und seiner persönlichen Assistentin zur Verfügung stand.

„Sie sagten doch, Sie würden für den Rest des Tages außer Haus sein“, bemerkte Morgan, als Daniel in der Tür erschien.

„Könnten Sie kurz rüberkommen?“, bat er.

Sie folgte seiner Aufforderung, kam ins Büro und sah, dass er nachdenklich an der Fensterfront stand, von der aus man einen herrlichen Blick über die Connecticut Avenue bis hinüber zum Washington Monument besaß.

„Wow. Sie sind gestresst, oder liege ich da falsch?“, fragte sie.

„Ich habe eine Frau kennengelernt.“

Morgan wartete. „Und?“

„Irgendetwas ist anders an ihr.“

Theatralisch fasste die Assistentin sich ans Herz. „Und ich dachte schon, es würde nie passieren. Seit hundert Jahren erkläre ich Ihnen, dass wir Frauen nicht austauschbar sind.“

„Das habe ich auch nie behauptet, vor allem, was Sie betrifft.“

„Ach, lassen wir mich beiseite und stellen wir uns den Tatsachen. Sie sind vielleicht Einstein, was Computer angeht, aber Beziehungen waren bisher nicht so Ihr Ding. Vier Wochen waren das Längste, was ich errechnet habe.“

„Warum soll man eine Geschichte nicht beenden, wenn man merkt, dass es nicht funktioniert?“

„Und der Tränenstrom unglücklicher Frauen benetzte seinen Weg“, echote Morgan sarkastisch.

Daniel sah sie aufmerksam an. „Sie sind, glaube ich, nie in Gefahr gewesen. Oder irre ich mich da? Und da wir schon mal dabei sind – warum eigentlich nicht?“

Vermutlich hatte Morgan asiatische Vorfahren. Sie war zierlich, hatte ein rundes Gesicht und glänzendes, tiefschwarzes Haar. Was ihren IQ betraf, so war sie ihm ebenbürtig, vielleicht sogar überlegen, und außerdem verfügte sie über fast telepathische Fähigkeiten, ihm den Arbeitsalltag so angenehm wie möglich zu machen. Deshalb nahm er sie auch auf Reisen immer mit. Normalerweise war sie nicht so leicht zu schockieren, doch nun verriet ihr Blick blankes Entsetzen.

„Sie sind mein Boss“, sagte sie. „Ich würde mich niemals in Sie verlieben.“

„Umgekehrt ebenso.“

„Weil ich mitten auf der Stirn ein drittes Ohr habe?“, fragte sie keck.

„Nein, weil ich genau erkenne, wenn es zwischen Mann und Frau funkt. Und zwischen uns funkt überhaupt nichts.“

Sie runzelte die Stirn. „Vielleicht sollten Sie lieber mit einem Freund über solche Dinge reden.“

„Nein, ich brauche den Rat einer Frau.“

Mit einem Seufzer kam sie zu ihm, setzte sich und streckte ihre Beine, die in einer Designer-Hose im Military Look steckten, lässig aus. „Sie haben also eine Frau kennengelernt.“

„Ich habe sie eingeladen, mit mir essen zu gehen, aber sie hat abgelehnt.“

Morgan grinste. „Ich schicke sofort eine Pressemitteilung raus.“

„Mir war klar, dass sie eigentlich gern zugesagt hätte, aber irgendwas hat sie zurückgehalten. Stattdessen tat sie ganz cool und hat mich mehr oder weniger abserviert. Aber ich täusche mich nicht. Zwischen uns hat es heftig geknistert.“

Zu gut erinnerte er sich an Scarlet Andersons Blick. Fast ängstlich, und trotzdem voller Verlangen. Wo also lag das Problem? Mochte sie sein Aftershave nicht?

„Also, ich vermute, dass sie entweder einen Freund oder gerade eine Trennung hinter sich hat.“

„Gebunden oder verletzt. Ich verstehe.“ Er dachte einen Moment nach, ehe er meinte: „Ich habe ihre Telefonnummer. Jedenfalls die der Agentur.“ Mit den Fingern trommelte er kurz auf die Schreibtischplatte, dann war sein Entschluss gefasst, und er griff nach dem Telefon. „Ich rufe sie an.“

„Bloß nicht“, warnte Morgan. „Wenn sie wirklich so abweisend war, könnte sie das als Belästigung auffassen.“

„Ich bin kein Stalker, sondern pflege einen neuen Kontakt.“

„Hm.“ Sie kreuzte ihre Beine und grub die Absätze ihrer Doc Martens in den flauschigen Teppich. „Um wen handelt es sich eigentlich?“

Kurz erläuterte Daniel, wer Scarlet Anders war. Morgan wusste über die Hochzeit von Max und Caroline Cranshaw Bescheid, weil Daniel diesmal vor allem nach Washington gekommen war, um zu gratulieren und eigene Ideen für den großen Tag einzubringen. Was Morgan überraschte, war, dass er die Agentur aufgesucht hatte, und als er mit seinem Bericht fertig war, zog sie das Näschen kraus.

„Heißt das, Sie wollen einer professionellen Hochzeitsplanerin dabei helfen, eine Hochzeit auszurichten?“

„He, Sie sind doch auf meiner Seite, falls Sie sich erinnern.“

„Na schön.“ Mit einem Achselzucken präsentierte sie die Lösung des Problems. „Wenn Sie Max Grayson und seine Verlobte das nächste Mal treffen, fragen Sie die beiden einfach geschickt ein wenig über Scarlet aus. Wenn Caroline Cranshaw wirklich so gut mit ihr befreundet ist, werden die Informationen nur so aus ihr heraussprudeln.“

Daniel lächelte zufrieden. „Sehr schlau ausgedacht, Ms Tibbs.“

„Von wem ich das wohl gelernt habe?“

Autor

Robyn Grady
Es ist schon lange her, doch Robyn Grady erinnert sich noch ganz genau an jenes Weihnachten, an dem sie ein Buch von ihrer großen Schwester geschenkt bekam. Sofort verliebte sie sich in die Geschichte von Aschenputtel, die von märchenhaftem Zauber und Erfüllung tiefster Wünsche erzählte. Je älter sie wurde, desto...
Mehr erfahren

Entdecken Sie weitere Bände der Serie

Daughters of Power: The Capital