Liebe ohne Tabu

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Pure Begierde sieht Elizabeth in Jakes Augen. Und sie, die sonst immer so beherrschte Mathematiklehrerin, kann an nichts anderes mehr denken als an heißen Sex und alle Zeit der Welt, um diese verrückte Liebe zu genießen. Aber dann zwingt sie sich, wieder ihren Verstand einzusetzen. Sie kennt diesen muskulösen Cowboy kaum. Könnte sie als Großstädterin hier im tiefsten Texas je mit ihm glücklich werden? Entschlossen bucht sie ihren Rückflug nach Hause. Doch so einfach entflieht sie Jakes überwältigender Anziehungskraft nicht...


  • Erscheinungstag 01.11.2012
  • Bandnummer 1136
  • ISBN / Artikelnummer 9783864948121
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

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1. KAPITEL

“Ich heirate.”

Die Gespräche am Spieltisch der Dead Horse Ranch erstarben schlagartig. Dusty öffnete den Mund, um etwas zu sagen, bekam jedoch kein Wort heraus. Marty, der soeben die Pokerchips ordentlich übereinander stapelte, erstarrte. Roy hörte auf, Karten auszuteilen. Der alte Shorty verschluckte sich an seinem Bier. Jake klopfte ihm zwei Mal auf den Rücken und starrte dann seinen Boss an. “Sag das noch mal!”

“Ich heirate.” Bobby lächelte breit. Er lehnte sich auf dem Stuhl zurück und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. “Wahrscheinlich seid ihr alle jetzt ganz schön überrascht, nicht wahr?”

Jake war nicht sonderlich beeindruckt. Darum war er auch der Einzige, der überhaupt sprechen konnte. “Das ist doch wohl nur ein Scherz, oder?”

“Absolut nicht. Wollt ihr wissen, wen ich heirate?”

Alle vier Männer nickten.

“Amy Lou Comstock.” Bobby runzelte die Stirn, als er angestrengt überlegte. “Sie kommt aus Rhode Island, aber sie ist in Colorado zur Schule gegangen.”

“Ein Mädchen von der Ostküste?”, murmelte Shorty. “Ja, das kann ich mir gut vorstellen. Kein Mädchen aus dieser Gegend will mehr was mit dir zu tun haben. Du hast schließlich schon allen das Herz gebrochen.”

“Da bin ich mir aber gar nicht so sicher”, warf Dusty ein. “Jessie hat erst gestern eine Nachricht für ihn hinterlassen. Und die Wynette-Zwillinge haben sich das ganze Wochenende über bei den Ställen herumgetrieben.”

“Vielleicht waren sie da, weil sie unbedingt mich treffen wollten.” Marty bemühte sich fast rund um die Uhr, mit Bobby Schritt zu halten. Er klopfte auf seine Pokerchips. “Heute Abend habe ich genug Geld eingeheimst, um die beiden am Sonntag ins Kino einzuladen.”

Jake stärkte sich mit einem ordentlichen Schluck Bier und stellte die Flasche auf den Tisch, bevor er sich wieder zu Wort meldete. Er machte sich keine allzu großen Hoffnungen. Seit Jahren bemühte er sich nun schon, Bobby dazu zu überreden, solider zu werden und eine Familie zu gründen. Der gute Junge führte sich eher wie ein Fünfzehnjähriger als wie ein Fünfundzwanzigjähriger auf. Bobby entwickelte so viel Energie, dass Jake sich wesentlich älter fühlte, als es seinen eigenen fünfunddreißig Jahren entsprach.

“Das ist ja wirklich eine interessante Neuigkeit”, stellte Jake fest und hoffte, dass es sich nicht wieder um einen von Bobbys Scherzen handelte. “Wann findet die Hochzeit statt?”

Bobby zögerte so lange, dass sich Jake schon der Magen zusammenkrampfte. “Ich will es noch in diesem Sommer so schnell wie möglich durchziehen, aber Amy Lou möchte, dass ihre Tante mich vorher kennenlernt.”

“Ihre Tante”, wiederholte Shorty und nickte anerkennend. “Das Mädchen hat offenbar Familiensinn. Das ist gut.”

“Ja”, bestätigte Bobby. “Es ist gut, falls die alte Tante mich mag.”

“Du kannst das Tantchen bestimmt bezaubern”, versicherte Marty. “Du versprühst so viel Charme, dass das für dich eine Kleinigkeit ist.”

Jake war da gar nicht so sicher. In den letzten zwei Jahren hatten drei Köchinnen gekündigt und erklärt, sie seien anständige Frauen. Und sie waren nicht bereit gewesen, Bobbys Verhalten auch nur eine Minute länger zu ertragen. Das Wohnhaus der Ranch hatte noch nie besonders toll ausgesehen, doch jetzt wirkte es regelrecht schäbig.

Wie kam Bobby bloß auf die Idee, sie könnten mit diesem Haus zwei Frauen aus der Großstadt beeindrucken? Jake musste schnellstens herausfinden, was hier wirklich vor sich ging. Er beugte sich vor und sah dem Jungen direkt in die Augen. “Wo hast du denn ein Mädchen aus Rhode Island kennengelernt? Und wieso haben wir bisher nichts von ihr gehört?”

“Das ist eine lange Geschichte.” Bobby holte sich vergnügt lächelnd eine Hand voll Tacochips aus der aufgerissenen Tüte, die vor ihm auf dem Tisch lag. Amüsiert betrachtete er einen seiner aufmerksamen Zuhörer nach dem anderen. “Wollt ihr bestimmt nicht lieber pokern?”

Roy legte die Karten aus der Hand. “Ich würde ja gern noch zwei oder drei Spiele gewinnen, aber die anderen sind garantiert viel zu neugierig und denken nicht daran, sich um ihren eigenen Kram zu kümmern. Sagt mir Bescheid, wenn ihr weiterspielen wollt.”

“Hör gar nicht auf ihn”, verlangte Marty. “Hat diese Amy Lou eine Schwester?”

“Nein.” Bobby schob sich ein paar Chips in den Mund und wischte die Hände an der Jeans ab. “Die Tante ist ihre einzige Verwandte.”

“Verdammt! Wie alt ist denn die Tante?”, fragte Marty hoffnungsvoll.

Der künftige Bräutigam zuckte die Schultern. “Amy meinte, sie ist schon ziemlich alt. Die Tante ist Lehrerin.”

“Vor Lehrerinnen habe ich Todesangst.”

Jake riss allmählich der Geduldsfaden. “Ich will endlich wissen, wie du das Mädchen kennengelernt hast, Bobby.”

“Erinnert ihr euch noch daran, dass ich im April den McAllisters Pferde geliefert habe?”

Jake erinnerte sich nur zu gut daran. Bobby war vier Wochen fortgeblieben und deshalb in der anstrengenden Zeit des Kalbens nicht auf der Ranch gewesen.

“Die McAllisters hatten Besuch”, fuhr Bobby fort. “Die Zimmergenossin der älteren Tochter, die aufs College geht, war da.” Er griff nach seinem Bier. “Aus Colorado.”

“Geht sie in Boston oder in Colorado aufs College?” Jake glaubte noch nicht recht an eine bevorstehende Hochzeit. Bobby war es durchaus zuzutrauen, dass sich alles nur als gewaltiger Scherz herausstellte.

“Im letzten Jahr ist sie nach Colorado gegangen”, berichtete er. “Ich denke wenigstens, dass es so war. Ich habe nicht so genau zugehört, als darüber gesprochen wurde, falls du weißt, was ich meine.” Er blinzelte Marty zu.

“Ich begreife einfach nicht, wieso du immer dermaßen viel Glück hast”, beschwerte sich Marty.

Bobby zuckte die Schultern. “Ich glaube, das liegt in meiner Natur.”

“In deiner Natur liegt nur dieser ganze Quatsch, den du uns da auftischst”, stellte Roy fest. “Spielen wir jetzt Karten oder nicht?”

“Es war Liebe auf den ersten Blick”, versicherte Bobby. “Es hat mich getroffen wie vor einigen Jahren der Blitz die alte Pappel. Ihr wisst doch, die Pappel unten am Fluss auf der Weide, die …”

“Liebe”, fiel Shorty ihm ins Wort. Alle waren daran gewöhnt, Bobby zu unterbrechen, wenn er vom eigentlichen Thema abschweifte. “Liebe kann einen Mann ganz schön in Schwierigkeiten bringen. Bist du dir denn sicher, was du da machst, mein Sohn?”

“Und ob ich das bin.” Bobby sah Jake an und hörte zu lächeln auf. “Mach kein so ernstes Gesicht, Jake. Ich bin schließlich derjenige, der heiratet, nicht du.”

“Und das ist sehr gut so”, erwiderte Jake. “Ich möchte mir nämlich nicht Gedanken machen müssen, wie ich diese alte Ranch für neue Bewohner auf Hochglanz bringen soll. Schon gar nicht für eine Frau”, fügte er hinzu und hoffte, Bobby damit wenigstens ein bisschen aus der Ruhe zu bringen.

“Ach ja?”, meinte Bobby nur.

“Ach ja”, bestätigte Jake. “Wenn du heiraten willst, müssen wir uns einiges ausdenken. Da geht es ums Saubermachen und ums Kochen. Du musst dir überlegen, was du mit Gus machst. Und lass dir was einfallen, wie du die Wynette-Mädchen aus dem Stall fernhältst.”

“Und wie ich verhindere, dass mir Amys alte Tante ins Handwerk pfuscht.”

Jake runzelte die Stirn. “Du wirst nicht … Na ja, du weißt schon, was du hier nicht machen wirst.”

“Ja, ich weiß”, bestätigte Bobby, wirkte jedoch nicht sonderlich begeistert.

Jake fragte sich, ob der Junge womöglich seine Amy Lou schon verführt hatte. Je eher Bobby heiratete, desto eher wurde er, Jake, die Sorge los, der Junge könnte ein Mädchen in Schwierigkeiten bringen. Solange Jake auf der Dead Horse Ranch etwas zu sagen hatte, sollte es hier keine unerwünschten Kinder geben.

“Also, wir brauchen als Erstes einen Plan.”

“Was haltet ihr von dem Plan, noch ein paar Runden Poker durchzuziehen?” Roy griff nach den Karten und teilte weiter aus. “Es ist noch nicht mal neun Uhr.”

“Gute Idee”, sagte Bobby und warf einen roten Chip in die Mitte des Tisches. “Machen wir das Spiel richtig interessant, einverstanden?”

Alle außer Jake stimmten begeistert zu.

Bobby griff nach seinen Karten, doch bevor er sein Blatt studierte, blinzelte er Jake zu. “Der Verlierer bekommt die Tante.”

Jake schüttelte den Kopf. “Zum Teufel, was soll denn das heißen?”

“Na, sie braucht doch einen Anstandswauwau, der ihr die Ranch zeigt, ihr Tee macht, ihr beim Einsteigen ins Auto und auch beim Aussteigen hilft.”

“Ach, Bobby”, stöhnte Roy und gab die letzte Karte. “Ich dachte, wir spielen endlich Karten und reden nicht mehr über Frauen.”

Sein Boss achtete nicht auf ihn, sondern warf einen blauen Chip in die Mitte des Tisches. “Wer geht mit?”

“Wir alle. Also”, fügte Jake hinzu und dachte vorerst nicht weiter an die alte Tante, “wir spielen nur bis neun. Morgen früh müssen wir ganz zeitig Kälber brandmarken.”

“Kein Problem”, versicherte Bobby, griff nach den Karten, warf einen Blick darauf und lächelte. “Bei einem so guten Blatt muss ich mich garantiert nicht um die Tante kümmern.”

Dusty warf ihm einen finsteren Blick zu. “Du bluffst schon wieder.”

“Warte es ab”, sagte Bobby, griff nach einem roten Chip und warf ihn zu den anderen. “Ich eröffne.”

Jake betrachtete seine Karten, dachte jedoch an ganz andere Dinge als ans Pokern. Endlich wurde Bobby erwachsen. Endlich wollte er heiraten, eine Familie gründen und ein angesehenes Mitglied der Gemeinde werden. Das verlangte nach einem kühlen Bier. “Gib mir noch eines”, sagte er zu Dusty, der neben der Kühlbox saß. Die Box war mit Eis gefüllt und mit Bier und zuckerfreiem Eistee ausgestattet, weil Roy Diabetiker war und Shorty nur samstagabends Alkohol trank.

“Ich dachte, wir spielen nur bis neun”, scherzte Bobby und reichte Jake eine Dose Bier.

“Ich trinke schnell”, versprach Jake und betrachtete den jungen Boss. “Du weißt doch, was es bedeutet, wenn man heiratet. Keine Frauen mehr. Andere Frauen, meine ich.”

“Ja, Sir”, erwiderte er. “Für mich gibt es nur noch eine Frau.”

Jake hätte sehr gern daran geglaubt. Er wagte kaum, sich vorzustellen, wie einfach dann das Leben sein würde. Er legte die Karten weg und öffnete die Bierdose. “Ich passe”, sagte er, weil er mit seinen schlechten Karten nichts riskieren wollte. “Wozu Geld zum Fenster hinauswerfen, wenn Bobby mit seinem Blatt so zufrieden ist.”

Wenn die Neuigkeit tatsächlich stimmte, begann seine Glückssträhne jetzt erst richtig.

Elizabeth Comstock betrachtete das winzige Fellbündel, das auf dem Fußboden ihrer Küche schlief. Der sechs Pfund schwere Shih-Tzu lag zusammengerollt auf seinem Plätzchen und achtete nicht auf die beiden Frauen, die ihn betrachteten. “Ich weiß nicht, was ich mit ihm machen soll.”

“Er liebt dich”, erwiderte Amy und lächelte ihre Tante strahlend an.

“Er versteht es nicht besser”, meinte Elizabeth. “Er ist nicht sonderlich klug.”

Amy setzte sich auf den weißen Fliesenboden und streichelte den Hund. “Wenn ich erst einmal verheiratet bin, werde ich große Hunde haben.”

“Könnten wir eine Weile nicht übers Heiraten sprechen?” Elizabeth sah auf die Uhr. Sie wollte bis eins den Wagen beladen und die Wohnung abschließen, um die Stoßzeit auf dem Interstate 195 zu vermeiden. Die Highways von Rhode Island waren im Sommer stets überlastetet. Es war nur vernünftig, dem zusätzlichen Pendlerverkehr und den Wochenendurlaubern auszuweichen, die nach Cape Cod wollten. “Ich bin schon spät dran. Könntest du ihn für mich ausführen?”

“Sicher. Ich habe fertig gepackt.”

“Und du willst trotz all meiner Einwände nach Texas?”

“Warum denn nicht?”, hielt Amy ihr vor. “Schließlich bin ich einundzwanzig.”

“Natürlich bist du das”, stimmte Elizabeth halbherzig zu. “Das bedeutet aber nicht unbedingt, dass du auch schon reif genug für eine Heirat bist.” Sie hatte allerdings wenig Hoffnung, dass ihre Nichte auf ihre Ratschläge hören würde.

“Ich bin verliebt. Glaubst du mir nicht?”

Elizabeth zog den Mülleimer zum Kühlschrank, öffnete die Tür und warf alles Verderbliche in die Plastiktüte. “Ich habe dir geglaubt, als du mit deinem Englischlehrer durchbrennen wolltest, der nach deinen Angaben eine unglaublich poetische Ader besaß.”

“Aber …”

“Und ich habe dir geglaubt, als du die Kunsthochschule in Italien aufgegeben hast wegen … wie hieß er doch gleich?”

“Vincenzo.”

“Und dann war da noch dieser Fernsehregisseur, der behauptete, du wärst für 'Baywatch' perfekt.”

“Ich bekam eine Rolle in …”

“Du musstest in einer Massenszene wegen einer Qualle schreien.” Elizabeth betrachtete ein Stück Mozzarella und legte es in das bereits volle Tiefkühlfach. Demnächst wollte sie dieses Fach ausräumen und einen Eintopf zubereiten.

Amy zuckte die Schultern. “Hollywood wusste mich nicht zu schätzen, den Schrei ausgenommen. Bestimmt hätte ich in Horrorfilmen mitspielen können.”

“Und dieser Cowboy weiß dich zu schätzen?”

“Er ist niedlich und amüsant. Und er sieht in Jeans einfach wahnsinnig aus.” Amy seufzte.

“Das ist für einen Ehemann bestimmt eine unverzichtbare Voraussetzung.”

“Du weißt doch, was man von Cowboys sagt, nicht wahr?”

“Nein, und ich will es auch nicht wissen.” Elizabeth wollte gar nichts mehr über Cowboys hören. Sie wollte nach Cape Cod fahren, Antiquitäten kaufen, Kriminalromane lesen und geblümte Kleider tragen, die sie in die richtige sommerliche Stimmung versetzten. Sie wollte Hummer mit geschmolzener Butter essen und gut gekühlten Wein trinken. “Ich habe Sonnencreme und einen neuen Badeanzug gekauft. Ich werde das Strandhaus bewohnbar machen und …”

“Ich möchte, dass du meinen zukünftigen Ehemann kennenlernst”, warf Amy ein. “Du bist schließlich meine einzige noch lebende Verwandte.”

Das war natürlich das Problem. Vor fünfeinhalb Jahren war Amys Mutter gestorben. Seither nahm Elizabeth ihre Rolle als Vormund sehr ernst. Viel zu ernst, behauptete Amy, seit sie einundzwanzig geworden war. Doch Amy war eines jener Mädchen, die sich ständig in schwierige Situationen brachten, aus denen sie gerettet werden mussten.

“Komm schon, Tantchen”, drängte Amy und hob den kleinen Hund auf den Schoß. “Pookie kann uns begleiten.”

“Das muss er schon”, meinte Elizabeth. “Ich kann ihn einfach in keinem Zwinger unterbringen.”

“Dann kommst du also mit?”

“Ausgeschlossen. Als ich dich das letzte Mal aus einer Klemme befreite, wurde ich eingeschneit und musste in …” Sie stockte, als sie sich an jenes Wochenende in Chicago erinnerte.

“Du kannst mir nicht die Schuld an dem Blizzard geben.”

Das stimmte. Elizabeth konnte nur sich selbst die Schuld daran geben, was in jener Nacht geschehen war. “Wieso kannst du nicht ans College zurückkehren und dich mit normalen Jungen treffen?”

“Bobby ist normal – für einen Texaner. Er besitzt eine Ranch”, erklärte Amy. “Und er möchte sie mir … uns zeigen.”

“Im letzten Herbst wolltest du nichts weiter, als ans College zurückzukehren. Jetzt willst du jemanden namens Bobby treffen, der angeblich eine Ranch in Texas besitzt. Woher weiß du überhaupt, dass er die Wahrheit gesagt hat?”

Amy zuckte die Schultern. “Die McAllisters behaupteten, er wäre einer der größten Grundbesitzer von Texas … oder in ihrem Bezirk oder so. Er wird dir gefallen.”

Nein, sicher nicht. Und selbst wenn doch, Amy war für eine Heirat einfach noch zu jung. “Du bist zu jung, um dich schon zu binden”, erklärte Elizabeth und schloss den Kühlschrank. Dann beging sie allerdings den Fehler, zu ihrer Nichte zu blicken, deren Augen verdächtig feucht schimmerten. “Tu mir das nicht an, Amy!”

“Wenn du ihn kennengelernt hast, kannst du immer noch an den Strand fahren.”

“Texas ist ziemlich weit von Cape Cod entfernt”, wehrte Elizabeth ab, ahnte jedoch schon, dass sie sich wieder einmal überreden lassen würde.

“Du brauchst nicht lange zu bleiben. Und du hast dann noch immer den ganzen Sommer vor dir, bevor die Schule wieder beginnt.” Amy stand auf und drückte den schlafenden Pookie an sich. “Bitte! Ich habe schon Tickets für uns beide gekauft.”

“Der Atlantik gegen das heiße und trockene Texas”, murmelte Elizabeth und wusste bereits, wie ihre Entscheidung ausfallen würde. “Was für eine tolle Auswahl.”

“Komm schon, Tante B. Es wird bestimmt lustig.”

Garantiert nicht, dachte Elizabeth und band die Mülltüte zu. Es war nie lustig, Amy aus der Klemme zu helfen.

“Ich habe in der Zeitung nachgesehen, Jake. Am nächsten Wochenende gibt es in Beauville eine Quilt-Ausstellung.”

“Eine Ausstellung von Quilts”, wiederholte Jake und betrachtete seinen Boss alles andere als begeistert. Es sah Bobby ähnlich, ausgerechnet so etwas vorzuschlagen. “Was, zum Teufel, soll ich denn machen, während sich die alte Lady stundenlang kunstvoll gesteppte Decken ansieht?”

Der junge Mann spielte mit seinem Hut, strich sich das Haar glatt und stülpte sich den Stetson wieder so fest auf, dass die Augen gegen den nachmittäglichen Sonnenschein abgeschirmt waren. “Das wird bestimmt nicht schlecht”, meinte er und wich dabei Jakes Blick aus. “Wahrscheinlich sogar sehr bunt.”

“Ich habe eher an Antiquitäten gedacht”, schlug Jake vor. “Ältere Damen mögen dieses alte Zeug.”

Bobby grinste breit. “Ja, Häkeldecken und Spitze und solche Sachen. Das ist eine gute Idee. Spielkarten sind auch nicht schlecht”, fügte er hinzu. “Gus hat mir erzählt, dass seine Mutter Canasta und Bridge mag.”

“Ich sehe mich schon kreuz und quer durch Texas fahren.” Jake stellte einen Fuß auf die unterste Stange des Zauns und beobachtete die drei jungen Stuten, die in der Koppel trabten. “Was ist mit denen hier?”

“Ich mache das bald. Noch diese Woche.” Bobby schob die Hände in die Taschen der Jeans und sah zu den Pferden. “Es wird Amy Lou tief beeindrucken, wenn ich die Stuten trainiere.”

“Ja, vermutlich.”

“Sie mag Cowboys”, behauptete Bobby stolz.

Jake unterdrückte einen Seufzer. Alle Frauen mochten Cowboys. Und die Frauen waren schon hinter Bobby her gewesen, als er noch zu jung war, um den Grund zu begreifen.

“Und du weißt, dass ich auf einem Pferd verdammt gut aussehe.”

Jake war überzeugt, dass Bobby darauf keine Antwort erwartete.

“Du wirst sie mögen.”

Jake nickte. Er würde den Boden küssen, auf dem diese Amy Lou ging, wenn Bobby sich nur in einen verantwortungsbewussten Ehemann und Rancher verwandelte.

“Und die Tante kann auch nicht so übel sein.”

Jake wollte schon darauf hinweisen, dass junge und alte Frauen gleichermaßen jede Menge Ärger machen konnten, sparte sich jedoch die Mühe, denn er hatte einen anstrengenden Arbeitstag hinter sich. Was er brauchte, war eine nette und häusliche Frau, die nach Zimt und Vanille duftete und sich nicht aufregte, wenn die Männer Schmutz in ihre saubere Küche trugen. Eine Frau, die jede Nacht ihren Mann im Bett willkommen hieß, ohne so zu tun, als würde sie ihm einen gewaltigen Gefallen erweisen.

Leider kannte er in dieser Gegend keine solche Frau, die jünger als vierzig war. Und das brachte ihn zum Thema zurück. “Kann Amy Lou kochen?”

Bobby zuckte die Schultern. “Keine Ahnung.”

Das war kein gutes Zeichen, aber Jake blieb ruhig. “Hat sie schon mal auf dem Land gelebt und ein Pferd geritten?”

“Wohl kaum, aber das ist unwichtig. Das kann sie lernen.” Bobby seufzte. “Jake, ich dachte, du würdest dich freuen, wenn ich endlich heirate.”

Freuen? Jake würde über sämtliche Weiden tanzen, Zigarren verschenken und die Flasche Whiskey öffnen, die er für besondere Gelegenheiten aufbewahrte. Er rauchte zwar nicht und trank nur Bier, und er hatte auch zwei linke Füße, doch das spielte keine Rolle. Bobby sollte allerdings praktisch denken. Wie sollte denn eine Frau aus der Großstadt auf einer Ranch leben? “Sagen wir es mal so, Kleiner. Ich glaube es erst, wenn ich es mit eigenen Augen sehe.”

“Das wirst du heute Abend”, versprach der Junge und blickte auf die Uhr. “Ich fahre gleich zum Flughafen.”

“Du führst die beiden hoffentlich zum Essen aus, bevor du sie herbringst?” Zum Flughafen und zurück waren es vier Stunden. Falls Bobby nicht in ein Restaurant ging, mussten sie alle bis sieben warten.

“Aber ja.” Der Junge lächelte. “Machst du dir Sorgen wegen des Essens?”

“Allerdings.” Jake hatte Martys Mutter zum doppelten Lohn als Köchin auf Zeit eingestellt. Und er hatte Mrs Martin versprochen, es werde auf der Ranch keinen “Unfug” geben. Er hatte nicht klargestellt, was er unter “Unfug” verstand, doch er hatte darauf hingewiesen, dass Bobbys Verlobte ihre unverheiratete Tante als Anstandsdame mitbrachte. “Das Problem habe ich gelöst. Wie lang werden die beiden eigentlich bleiben?”

Bobby drückte den Hut tief in die Stirn. “Natürlich bis ich mein Ziel erreicht habe.”

Jake wünschte ihm und dem Rest der Welt alles erdenklich Gute. Diese Ranch brauchte die ordnende Hand einer Frau, und die Welt brauchte einen gezähmten und häuslichen Bobby Calhoun.

“Freut mich, dass du dich endlich bindest”, sagte Jake.

“Ja.” Bobby lachte. “Habe ich schon erwähnt, dass sie in 'Baywatch' aufgetreten ist?”

“Mindestens drei oder vier Mal”, erwiderte Jake. Also war die Kleine blond und hatte gewaltige Brüste, was in Texas nicht ungewöhnlich war. Vielleicht hing das irgendwie mit dem Wetter zusammen.

Bobby holte einen zerknitterten Zettel aus der Hemdtasche. “Mir ist gestern noch etwas eingefallen”, sagte er und reichte Jake den Zettel. “Ich meine, damit die Tante beschäftigt ist.”

Jake strich das Blatt glatt. “Blumen ansehen”, las er vor. “Kino. Einkaufen.” Er warf Bobby einen Blick zu. “Und wie soll ich dabei meine Arbeit erledigen?”

“Das kriegen wir schon hin.”

“Aber sicher”, murmelte Jake und steckte den Zettel in die Gesäßtasche. “Du musst für mich einspringen.”

“Amy wird dabei helfen. Sie freut sich schon darauf.”

Jake malte sich aus, wie Amy Lou Comstock, Collegegirl und Baywatch-Schönheit, eine ordentliche Portion texanischen Staubs schluckte. “Mute ihr nicht zu viel zu.”

Bobby schüttelte den Kopf. “Wir haben schon darüber geredet. Sie weiß, wie es auf einer Ranch zugeht. Sie wollte schon immer auf einer Ranch leben. Das hat sie mir versichert. Und sie wollte schon immer einen Cowboy kennenlernen.”

Jake hoffte nur, dass Amy Lou nicht beim Anblick der ersten Klapperschlange schreiend aus Texas floh.

“Ich mache mich auf den Weg”, erklärte Bobby. “Wenn wir uns wiedersehen, werde ich bereits mit meiner Verlobten Händchen halten.”

“Ich kann es kaum erwarten. Und ich hoffe, dass sie hier glücklich wird.”

“Wirklich?”

“Ja.”

“Hast du mit den Jungs gesprochen?”, fragte Bobby nervös. “Sie dürfen vor den Ladys nicht fluchen, sich kratzen oder spucken.”

“Ja”, versicherte Jake.

“Gut. Amy soll keinen falschen Eindruck erhalten, sonst glaubt sie, wir wären unzivilisiert.”

“Klar.”

“Also, ich fahre.” Bobby war blass geworden wie damals mit zwölf, nachdem er die erste Zigarre geraucht hatte.

“Alles Gute.” Jake sah ihm nach, wie er zur Garage eilte, bevor er zu seinem Haus ging.

Das kleine gelbe Haus mit der Veranda war für den Vorarbeiter bestimmt. Es musste frisch gestrichen werden, und die mittlere Stufe zur Veranda knarrte, aber ansonsten war es in Ordnung. Jake besaß sechzig Kilometer nordwestlich der Dead Horse Ranch ein kleines Stück Land, das ihm der alte Herr hinterlassen hatte. Zurzeit wohnte er jedoch in Bobbys Nähe. Der alte R.J. Calhoun hatte schon gewusst, was er tat.

“Verantwortungslos”, hatte der alte Mann gemurmelt, als er das Grab seines Sohnes und seiner Schwiegertochter verließ. Jake war damals erst achtzehn gewesen und hatte schon immer auf der Dead Horse Ranch gelebt. Seine Mutter war R.J.s treue Haushälterin gewesen. Seit er alt genug war, um Stiefel anzuziehen und die Küchentür ohne fremde Hilfe zu öffnen, war er hinter R.J. hergelaufen. “Wir müssen gut auf den Jungen aufpassen, du und ich.”

“Ja, Sir.” Jake hatte sich ganz gerade aufgerichtet und dem kleinen Bobby auf die Schulter geklopft.

R.J. war knapp zwei Jahre später gestorben. Die nächsten dreizehn Jahre waren rasch vergangen, angefüllt von harter Arbeit und der doppelten Verantwortung als Vorarbeiter und Vormund eines Jungen, der nichts als Unfug im Kopf hatte.

Jake wollte sein Haus aufräumen, sich Sandwiches mit Roastbeef machen und sich mit der Buchhaltung beschäftigen, bis Bobby mit den Frauen zurückkam. Vielleicht sah er sich auch noch ein Mal diese Liste mit Ideen an und ließ sich selbst etwas einfallen.

Er wollte dafür sorgen, dass die alte Tante gar nicht mehr aus Texas weg wollte.

2. KAPITEL

“Das Problem mit Tante Elizabeth ist”, sagte Amy auf dem Flughafen am Telefon zu Bobby, “dass sie nie verliebt war.”

“Das ist wirklich traurig”, versicherte Bobby, als hätte er eine ganz schlimme Nachricht erfahren.

“Falls sie es doch war, hat sie nicht darüber gesprochen.” Amy war überzeugt, dass es nie geklappt hatte. Sie stand ihrer Tante so nahe, dass sie es erfahren hätte. Und letztlich hätte eine glückliche Beziehung zum Traualtar führen müssen. Aber wieso verliebte sich kein Mann in ihre Tante? Sie war hübsch und klug, wenn auch ein wenig prüde.

“Wie lange wird sie bleiben?”

“Ich weiß es nicht. Ich wollte nur, dass ihr zwei euch kennenlernt, bevor …” Amy zögerte und nahm das Handy ans andere Ohr. Noch hatte sie nicht zugesagt, Bobby zu heiraten. Vorher musste ihre Tante erst mit ihm zusammentreffen.

Autor

Kristine Rolofson
Kristine Rolofson, Autorin von über zwei Dutzend Romanen für Harlequin, lebte 12 Jahre in den Bergen von Nord Idaho, bevor sie 1987 nach Neu England zurück kehrte. Sie ist in Rhode Island geboren und lebt jetzt wieder dort in der Stadt, in der sie ihre Kindheit verbrachte. Als sechsfache Mutter...
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