Liebesleben verzweifelt gesucht!

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Die leidenschaftlichen Liebesstunden mit Finola kann Travis einfach nicht vergessen. Aber sie ist Karrierefrau in Manhattan, während der reiche Rancher am Fuße der Rocky Mountains wohnt. Nichts scheint die beiden zu verbinden - außer dass Finola ein Baby erwartet ...


  • Erscheinungstag 24.02.2016
  • ISBN / Artikelnummer 9783733766979
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

„Ich kann nicht glauben, dass wir tatsächlich schon den 1. November haben“, murmelte Finola Elliott, während sie die Einträge in ihrem elektronischen Kalender durchging.

Nur noch zwei Monate, dann würde sich Patrick Elliott, Gründer und Geschäftsführer von Elliott Publication Holdings und Patriarch des Elliott-Clans, zurückziehen und einen seiner Nachkommen zu seinem Nachfolger benennen und ihm die Leitung des Verlagsimperiums anvertrauen, das er über Jahre hinweg aufgebaut hatte. Fin hatte die feste Absicht, die unanfechtbare Gewinnerin des Wettbewerbs zu werden, den er initiiert hatte, um zu entscheiden, wer für die Rolle des Geschäftsführers am besten geeignet war.

Sie hatte ihr ganzes Erwachsenenleben darauf hingearbeitet, EPH eines Tages zu übernehmen. Zwar waren zwei ihrer Brüder und ein Neffe für die Position gleichermaßen qualifiziert, doch Patrick – sie bezeichnete ihn seit Jahren nicht mehr als ihren Vater – war ihr diesen Job und noch so etliches schuldig. Wenn er das Wachstum und die Gewinnspanne der Magazine The Buzz, Snap, Pulse und Charisma verglich, sollte unverkennbar sein, dass Charisma, ihr „Baby“, die anderen deutlich abgehängt hatte.

Am Ende des zweiten Quartals hatte ihr Modemagazin in Führung gelegen. In den letzten Monaten allerdings war ihr Zwillingsbruder Shane mit seiner Unterhaltungspublikation The Buzz an ihr vorbeigezogen. Trotzdem machte sie sich keine großen Sorgen. Sie war wieder auf dem richtigen Kurs und würde es schaffen.

Zärtlich lächelnd blickte sie auf das neue gerahmte Foto auf ihrem Schreibtisch. Die junge Frau auf dem Bild war der Grund, weshalb ihr Eifer, ihr hochgestecktes berufliches Ziel zu erreichen, kurzfristig nachgelassen hatte. Finola hatte erfahren, dass ihre Praktikantin Jessica Clayton das Mädchen war, das sie vor dreiundzwanzig Jahren zur Adoption freigegeben hatte, weil Patrick sie dazu zwang. Sie und ihre Tochter hatten Gelegenheit gebraucht, die verlorene Zeit nachzuholen.

Jessie war eine wundervolle junge Frau, und sie waren sich in den vergangenen Wochen sehr nahegekommen. Fin hatte ihre Tochter sogar auf die Silver Moon Ranch in Colorado begleitet, um deren Adoptivvater kennenzulernen und zu sehen, wo sie aufgewachsen war.

Nun, da Jessie und Cade McMann, ihre rechte Hand bei Charisma, mit den letzten Vorbereitungen für ihre Hochzeit Ende des Monats beschäftigt waren, musste sie sich wieder auf ihr Ziel konzentrieren. Wenn sie nur nicht die ganze Zeit so müde wäre. Sie gähnte verhalten.

Als sie in ihrem Kalender zum Oktober zurückblätterte, um die Notizen zu den Wachstumsprognosen des Magazins für November zu überprüfen, bekam sie plötzlich eine Gänsehaut und ein kalter Schauer lief ihr den Rücken hinunter.

Irgendetwas fehlte. Wo war der private Vermerk über den Beginn ihrer Periode?

Sie wechselte zu den Einträgen im September und ihr Herzschlag setzte erst aus, dann begann er zu rasen. Sie hatte ihre Periode seit fast sechs Wochen nicht gehabt?

„Das kann nicht stimmen.“

Wahrscheinlich hatte sie einfach vergessen, das Datum im Oktober zu notieren. Sie vergegenwärtigte sich den zurückliegenden Monat und musste sich eingestehen, dass ihre letzte Menstruation lange vor ihrer Reise nach Colorado gewesen war.

Fassungslos setzte Fin sich zurück und starrte aus dem Fenster auf die Skyline von Manhattan. Bisher hatte ihre Periode nur ein Mal ausgesetzt – als sie im Alter von fünfzehn Jahren nach einer einzigen leidenschaftlichen Nacht mit ihrem sechszehnjährigen Freund Sebastian Deveraux schwanger geworden war. Dieses Mal dürfte das aber nicht der Grund sein.

Sie musste fast lachen. Um in andere Umstände zu geraten, müsste sie ein Liebesleben haben. Und das hatte sie nicht. Sie konnte sich nicht einmal erinnern, wann sie das letzte Mal völlig privat mit einem Mann ausgegangen war – entweder hatte sie bei diesen Gelegenheiten einen potenziellen Werbekunden hofiert oder einen der vielen Designer unterhalten, die ihre neue Modelinie in Charisma groß herausbrachten.

Ihr Privatleben spielte eine Nebenrolle, das Magazin bestimmte seit Jahren ihr Leben und so würde es vermutlich auch immer bleiben. Plötzlich schoss ihr ein Gedanke durch den Kopf und ihr stockte der Atem. Es hatte diese eine leidenschaftliche Episode auf der Party gegeben, zu der Travis Clayton, Jessies Adoptivvater, anlässlich der Verlobung seiner Tochter mit Cade eingeladen hatte.

Finola stieg das Blut in die Wangen, als sie sich daran erinnerte, was passiert war, als sie und Travis in diese alte Scheune gegangen waren, um nach einer Stute und ihrem Fohlen zu sehen. Sie hatte nur zum Ausdruck bringen wollen, wie dankbar sie war, dass Travis und seine verstorbene Frau Lauren ihre Tochter Jessie zu solch einem wunderbaren Menschen erzogen hatten. Doch was als harmlose Umarmung begonnen hatte, mündete in eine leidenschaftliche Begegnung. Nur ein einziges Mal hatte sie sich bis dahin erlaubt, so die Kontrolle zu verlieren und alle Vorsicht in den Wind zu schießen. In der Nacht, in der sie Jessie empfing.

Nachdenklich kaute sie auf ihrer Unterlippe. Sie konnte unmöglich bei diesem einen intimen Moment mit Travis schwanger geworden sein, oder?

Kopfschüttelnd verwarf sie den Gedanken. Es wäre möglich, aber es war höchst unwahrscheinlich. Je weiter sich eine Frau der vierzig näherte, desto geringer wurde die Chance, schwanger zu werden. Das hatte sie zumindest gelesen. Und mit achtunddreißig war sie der vierzig näher, als ihr lieb war.

Außerdem konnte das Schicksal doch nicht so grausam sein. Sie hatte Jessie in der Nacht empfangen, als sie ihre Jungfräulichkeit an Sebastian verlor. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie wieder schwanger war, nachdem sie ein einziges Mal Sex mit einem Mann hatte, musste verschwindend gering sein.

Nein, dass ihre Periode nicht kam, war vermutlich ein Zeichen dafür, dass irgendetwas anderes nicht stimmte.

Sie schwenkte den Stuhl zum Schreibtisch herum und griff zum Telefon, um einen Termin bei ihrer Gynäkologin zu vereinbaren, hielt jedoch mitten in der Bewegung inne, bei dem unerwarteten Anblick, der sich ihr bot. Travis Clayton lehnte lässig am Türrahmen. Sie sog hörbar die Luft ein.

„Ich weiß, dass es attraktivere Männer gibt als mich, aber mir war nicht bewusst, dass ich plötzlich hübsche Frauen und kleine Kinder zu Tode erschrecke.“

Humor schwang in seiner Stimme mit, seine unglaublich blauen Augen blitzten schalkhaft und ihr rieselte ein angenehmes Prickeln durch den Körper. Sie konnte sich nicht daran erinnern, je einen Mann kennengelernt zu haben, der so attraktive und markante Gesichtszüge hatte wie Jessies Adoptivvater. Travis wirkte viel jünger als neunundvierzig und war der Inbegriff des modernen Cowboys, angefangen beim breitkrempigen schwarzen Cowboyhut bis hinunter zu den Stiefeln. In seiner verwaschenen Jeans, dem dünnen Batisthemd und einem Sportsakko, das seine unglaublich breiten Schultern betonte, könnte er leicht als eins der männlichen Models in einer Werbung für Aftershave durchgehen.

„Travis, schön dich wiederzusehen. Jessie hat gar nicht erwähnt, dass du diese Woche zu Besuch kommst.“ Fin stand auf und ging um den Schreibtisch herum, um ihn zu begrüßen. „Bitte setz dich doch.“

Er schenkte ihr sein charmantes Lächeln und richtete sich zu voller Größe auf, um dann mit dem Selbstbewusstsein und der Anmut eines Mannes, der sich in seiner Haut wohlfühlte, den Raum zu durchqueren.

„Als ich neulich mit Jess gesprochen habe, klang sie etwas gestresst von all den Hochzeitsvorbereitungen. Deshalb habe ich beschlossen, sie zu überraschen.“ Er setzte sich auf einen der Stühle vor dem Schreibtisch.

„Ein wenig väterliche Unterstützung kann nie schaden“, stimmte Finola zu und fragte sich, wie es sein mochte, einen Vater zu haben, der empfänglich war für die emotionalen Bedürfnisse seines Kindes. Patricks Erziehungsstil war diktatorisch gewesen, es hatte ihn überhaupt nicht interessiert, dass sich seine herrische Art negativ auf die Gefühle seiner Kinder ausgewirkt hatte – vor allem auf die seiner Tochter.

„Wie geht es dir?“, fragte Travis, als sie sich zu ihm setzte.

Die Wärme und das ehrliche Interesse, die in seiner weichen Baritonstimme mitschwangen, jagten ihr einen leichten Schauer über den Rücken. „Gut. Und dir?“

Er zuckte mit den Schultern. „Kann mich nicht beklagen.“ Er sah sich in ihrem Büro um. Sein Blick blieb an dem Stapel Anzeigenkorrekturfahnen auf ihrem Schreibtisch hängen. „Als ich Jessie gefragt habe, wie es bei dir läuft, hat sie gesagt, dass du wie verrückt arbeitest, damit du den Wettbewerb gewinnst, den dein Dad euch eingebrockt hat.“

Ihr Magen vollführte einen merkwürdigen kleinen Salto bei dem Gedanken, dass er sich bei Jessie nach ihr erkundigt hatte. „Ja, dieser Wettstreit und die Vorbereitungen für die Hochzeit halten mich ordentlich auf Trab.“

„Das kann ich mir vorstellen.“ Er lachte. „Bei dem ganzen Rummel bin ich irgendwie froh, dass ich bis zu dem Moment, wenn ich sie zum Altar führe, in der fernen Provinz festsitze. Jess hat gesagt, dass ich nur noch einmal meinen Smoking anprobieren muss, wenn ich in der Stadt bin, und das passt mir ganz gut.“

Er konnte ihr nichts vormachen. Travis und Jessie hatten eine wundervolle Vater-Tochter-Beziehung, und er musste sich momentan etwas ausgeschlossen fühlen, wenn er den weiten Weg von Colorado hierher auf sich genommen hatte.

„Es ist nicht einfach für dich, oder?“

Er setzte schon an, um den Kopf zu schütteln und zu verneinen, dann grinste er jedoch verlegen.

„Ist das so deutlich zu merken? Ich dachte, ich schaffe es ganz gut, mich zu verstellen, aber offensichtlich ist das nicht der Fall.“

Fin nickte voller Mitgefühl. „Ich kann mir vorstellen, dass es schwierig ist, plötzlich nicht mehr die Nummer eins im Leben seiner Tochter zu sein.“

„Es fällt mir schwer, zu akzeptieren, dass sie schon alt genug ist, um zu heiraten.“

Travis nahm den Hut ab, um sich durch das dichte blonde Haar zu streichen, dann setzte er ihn wieder auf. Sein Blick wurde wehmütig.

„Mir ist, als hätte ich erst gestern auf ihre aufgeschürften Knie gepustet und ihr beigebracht, ihren Namen zu schreiben.“

Ein kleiner Anfall von Eifersucht durchbohrte Fins Herz. Sie war um so vieles betrogen worden, weil Patrick sie gezwungen hatte, ihr Baby gleich nach der Geburt zur Adoption freizugeben.

Sie saßen einen Moment lang schweigend da, bis Travis sagte: „Ich weiß, es kommt etwas kurzfristig, aber ich wollte dich fragen, ob du Lust hast, heute Abend mit Jessie und mir essen zu gehen. Wir treffen uns in einem Lokal, das ‚Lemon Grill‘ heißt.“ Er grinste. „Wenn der Name ein Hinweis ist, scheint man dort ein anständiges Steak zu bekommen.“

Finola lächelte. „Da bin ich sicher. Es ist ein nettes kleines Bistro mit ausgezeichneter Küche.“

„Dann kommst du also mit?“

Sie sollte die Einladung sofort ausschlagen, sie und Travis verband nichts außer ihrer Liebe zu Jessie, aber aus irgendwelchen unerklärlichen Gründen fühlte sie sich zu diesem Mann hingezogen, seit sie ihn das erste Mal gesehen hatte.

„Ich möchte die Treffen mit deiner Tochter nicht stören. Du siehst sie so selten.“

Er schüttelte den Kopf. „Sie ist auch deine Tochter. Außerdem hätte ich nicht gefragt, wenn ich nicht gewollt hätte, dass du mitkommst. Und ich kann mir vorstellen, dass du so viel Zeit wie möglich mit ihr verbringen willst, jetzt, wo ihr euch endlich gefunden habt.“

Finola war gerührt über sein Einfühlungsvermögen. „Sicher, dass du nichts dagegen hast?“

Als er ihre Hand nahm und sie die von der Farmarbeit raue Handfläche an ihrer weichen Haut spürte, zog ein erregendes Kribbeln ihren Arm hinauf.

„Absolut sicher.“

Die Wärme im Blick seiner unglaublich blauen Augen versicherte ihr, dass er sie tatsächlich bei dem Dinner dabeihaben wollte.

„Welcher Mann würde nicht gern mit den zwei schönsten Frauen in dieser ganzen verdammten Stadt ausgehen?“

Die Wahrheit war, dass es weitaus verlockender war, den Feierabend mit Travis und Jessie zu verbringen, als allein in ihrer viel zu großen Wohnung zu sitzen, irgendetwas zu essen, das sie auf dem Weg nach Hause aus einem Restaurant mitnehmen würde, und Tabellen mit Wachstumsprognosen und Gewinnspannen von Charisma zu studieren. Ein Abend mehr oder weniger, an dem sie nicht über Zahlen brütete, würde ihre Chance, den Wettbewerb zu gewinnen, sicherlich nicht schmälern.

„Wann soll ich in dem Bistro sein?“, hörte sie sich sagen und fragte sich, weshalb sie sich plötzlich wie ein junges Mädchen fühlte, das vom bestaussehenden und beliebtesten Jungen der Schule zu einem Tanzabend eingeladen worden war.

„Um acht.“ Immer noch ihre Hand haltend, stand er auf und zog sie mit sich. „Ich denke, ich sollte dich jetzt wieder arbeiten lassen. Schließlich willst du das Rennen um die Führungsposition in diesem Verlag für dich entscheiden.“

„Das wäre vermutlich das Beste.“ Warum klang sie so wenig energisch? So, als wäre ihr dieses Thema eigentlich egal?

Er beugte sich vor und drückte einen zarten Kuss auf ihre Stirn. „Wir sehen uns heute Abend, Fin.“

Ihre Haut prickelte an der Stelle, wo seine Lippen sie berührt hatten. Bevor sie etwas sagen konnte, tippte Travis schon galant an den Rand seines Cowboyhuts und wandte sich zum Gehen.

Während sie ihn im Vorzimmer verschwinden sah, verspürte sie das unbändige Bedürfnis, sich Luft zuzufächeln. Meine Güte, der Mann hatte unglaublichen Sex-Appeal und heizte einen Raum schneller auf als ein Hochofen. Sein Kuss war nichts weiter als eine freundliche Geste gewesen, doch es hatte sich angefühlt, als hätte ihr Herz einige Schläge lang ausgesetzt, als seine Lippen ihre plötzlich hochempfindliche Haut berührten hatten.

„War das das Model für Calvin Kleins neues Cowboy-Aftershave?“, fragte Chloe Davenport, die ihr Büro betrat. Sie blickte über die Schulter zu Travis. „Wenn ja, könnte ich mich dann als sein Cowgirl bewerben?“

Finola lachte ihre Assistentin an. „Nein. Das ist Travis Clayton, Jessies Vater.“

Ihre Assistentin schnappte nach Luft. „Sie machen Witze.“

Fin beobachtete, wie die junge Frau noch einen langen Blick riskierte, bevor sie die Bürotür schloss.

„Was für ein Mann.“ Chloe seufzte wehmütig. „Wenn in Colorado solche Männer leben, sollte ich mich vielleicht einmal dort umsehen.“

Fin lachte. „Und Ihr süßes kleines Apartment in Chelsea aufgeben?“

„Ja, das wäre ein Problem. Es ist endlich so eingerichtet, wie ich es haben möchte.“ Chloe legte den letzten Finanzbericht auf den Schreibtisch. „Außerdem bleibe ich eh lieber in New York, denn hier habe ich ja schon einen Großstadtcowboy, der mich glücklich macht.“

Fin nickte, hatte den Blick jedoch schon auf die Umsatzzahlen gerichtet. „Gibt es irgendwas Neues bei EPH, das ich wissen müsste?“

Die junge Frau schüttelte den Kopf. „Nein, ich glaube nicht. Sie und Shane sind immer noch die Topkandidaten für den Posten des Geschäftsführers. Die Zahlen von The Buzz sind momentan zwar etwas besser als die von Charisma, aber in der gesamten Finanzabteilung herrscht die allgemeine Meinung vor, dass Charisma trotzdem als Sieger aus dem Wettbewerb hervorgehen könnte.

„Gut.“ Etwas unsicher ging Finola um den Schreibtisch herum und setzte sich in ihren Chefsessel mit der hohen Lehne, da ihr plötzlich schwindelig war. Sie musste unbedingt zum Arzt.

„Alles in Ordnung mit Ihnen?“

Im hübschen Gesicht ihrer Assistentin spiegelte sich Besorgnis wider. Finola nickte und lächelte. „Ich bin nur müde, das ist alles.“

„Ich mache mir Sorgen um Sie, Fin. Sie arbeiten viel zu viel.“ Chloe runzelte die Stirn. „Sie waren ja schon immer sehr ehrgeizig, aber in den letzten zehn Monaten sahen Workaholics neben Ihnen wie Faulpelze aus.“

„Mir geht es gut, wirklich.“

„Sicher?“, fragte ihre Assistentin zweifelnd.

Fin nickte und gab ihr lächelnd den Bericht zurück. „Gehen Sie damit zu Cade und sagen Sie ihm, dass ich ihn gleich morgen früh sehen möchte, um die Zahlen mit ihm durchzugehen.“

„Sonst noch etwas?“

Fin blickte auf die Uhr. „Nein. Ich muss einige Telefonate führen, dann nehme ich mir für den Rest des Tages frei.“

Chloe stand da wie vom Donner gerührt. „Das ist nicht Ihr Ernst! Sie gehen doch sonst nie vor acht oder neun Uhr abends. Und öfter, als ich zu zählen wage, haben Sie morgens sogar schlafend auf der Couch gelegen, wenn ich zur Arbeit kam. Geht es Ihnen wirklich gut? Soll ich jemanden anrufen?“

„Nein, das ist nicht nötig.“ Finola lächelte und gähnte hinter vorgehaltener Hand. „Ich habe eine Einladung zum Dinner und brauche vorher unbedingt ein Nickerchen, damit ich den Abend durchhalte. Sonst könnte es passieren, dass ich zwischen Vorspeise und Hauptgericht einschlafe.“

„Das wäre nicht gut fürs Geschäft“, stimmte Chloe zu und ging kopfschüttelnd zur Tür.

Fin machte sich nicht die Mühe, ihre Assistentin zu korrigieren, als die junge Frau leise die Tür hinter sich schloss. Das Essen an diesem Abend hatte nichts mit dem Verlag zu tun, sondern war reines Privatvergnügen. Ihr einziges Problem dabei war, zu entscheiden, worauf sie sich mehr freute – Zeit mit ihrer wiedergefundenen Tochter zu verbringen oder mit deren Adoptivvater.

Travis fühlte sich in New York City äußerst unwohl. Stahl, Beton und Glas, wohin man auch blickte, nicht zu vergleichen mit dem weiten, offenen Land, an das er gewöhnt war. Und der „Lemon Grill“ war völlig anders als das gemütliche Restaurant, das er manchmal aufsuchte, wenn er zu einer Viehauktion nach Winchester County fuhr.

Da saß er nun in einem vornehmen Lokal mitten in Manhattan, und ein blasierter kleiner Kellner mit dünnem Schnauzer und Pomade im Haar scharwenzelte um ihn herum.

„Mein Name ist Henri, und es ist mir ein Vergnügen, Sie heute Abend bedienen zu dürfen.“

Das Wesen mit den aalglatten Manieren lächelte und zeigte seine unnatürlich weißen Zähne.

„Möchte der Herr vielleicht schon etwas trinken, während er wartet?“

Travis runzelte die Stirn. Der kleine Kerl benutzte viele Wörter, um eine einfache Frage zu stellen. Er war eher daran gewöhnt, direkt nach seinen Wünschen gefragt zu werden, statt dass in der dritten Person von ihm gesprochen wurde.

„Ich nehme ein Bier.“

„Möchte der Herr ein einheimisches Produkt oder ein importiertes?“

Travis konnte dem Drang nicht widerstehen, den schwülstig daherredenden kleinen Mann zu verunsichern. Grinsend erwiderte er: „Ich kann nicht sagen, was der Herr gern hätte, aber ich nehme ein einheimisches Bier.“ Als Henri sich zum Gehen umwandte, fügte er den Namen eines Biers hinzu, das exklusiv in den Rocky Mountains gebraut wurde.

„Tut mir leid, Sir. Diese Marke schenken wir nicht aus.“

Henris Entschuldigung war genauso unecht wie sein Lächeln. Er ratterte eine Liste der Biere herunter, die das Restaurant vorrätig hatte.

„Möchte der Herr eins von diesen auswählen?“

„Ich lasse mich von Ihnen überraschen.“

„Sehr gern, Sir.“

Als der Kellner forteilte, um das Bier zu holen, entdeckte Travis Fin, die gerade das Lokal betrat. Sie sprach kurz mit der Restauranthostess, und als sie schließlich auf ihn zusteuerte, staunte er wieder einmal, was für eine Schönheit sie war. Mit ihrem glatten, schulterlangen rotbraunen Haar und dem schwarzen, figurbetonten Kleid sah sie aus wie ein Model. Viel zu jung, um die Mutter seiner dreiundzwanzigjährigen Tochter zu sein.

Er erhob sich, und als sie die schönen korallenroten Lippen zu einem warmen Lächeln verzog, bekam er Herzrasen, das so stark war, dass er meinte, das Herz würde ihm gleich aus der Brust springen.

„Ich hoffe, ich bin nicht zu spät. Der Verkehr war heute Abend besonders dicht.“

„Du bist gefahren?“ Er rückte ihr den Stuhl an dem kleinen Tisch zurecht. „Ich meine, Jessie hätte mir erzählt, dass du keinen Führerschein hast.“

Bei Fins fröhlichem Lachen breitete sich unerwartete Hitze in seinem Körper aus.

„Schuldig im Sinne der Anklage. Ich habe noch nie hinter dem Steuer eines Wagens gesessen.“

„Das ist nicht dein Ernst, oder?“ Mann, er fuhr mit dem Truck oder auf einem Trecker über die Ranch, seit er zehn Jahre alt war, und hatte Jessie das Fahren beigebracht, als sie zwölf war. „Du hast nie …“

„Nein. Als meine Brüder und ich noch zu Hause wohnten, hatten wir einen Fahrer, der uns überall hinbrachte, und nachdem ich von den Hamptons in mein Apartment in New York gezogen bin, musste ich nicht fahren. Alles, was ich brauche, ist zu Fuß zu erreichen, und bei weiteren Entfernungen nehme ich die Firmenlimousine oder ein Taxi.“ Sie konnte die Wehmut nicht ganz aus ihrer Stimme verdrängen, als sie hinzufügte: „Aber ich habe immer gedacht, dass es Spaß machen müsste, fahren zu lernen.“

„Wenn du das nächste Mal auf die Silver Moon Ranch kommst, bringe ich es dir bei“, versprach er. In ihrem Blick lag eine Wärme, die ihm den Atem nahm.

„Das wäre fantastisch, Travis. Danke.“

Bei dem Gedanken, dass Fin ihn wieder auf seiner Farm besuchen würde, fing sein Herz schon wieder wie wild an zu klopfen, doch es waren die zarte Röte auf ihren Wangen und das Funkeln in den schönen grünen Augen, die das Blut in seine Lenden schießen ließ. Genau wie er erinnerte sie sich an das, was passiert war, als sie im vergangenen Monat auf der Ranch gewesen war.

„Wünscht die Dame etwas zu trinken, bevor ich die Bestellung für das Dinner aufnehme?“, fragte Henri, als er mit einem Bier an den Tisch zurückkehrte.

Aus Gründen, mit denen Travis sich nicht näher befassen wollte, ärgerte er sich maßlos über das beifällige Grinsen des Mannes, als der Fin ansah.

„Nur ein Wasser mit einer Zitronenscheibe, bitte“, antwortete sie dem blasierten kleinen Kerl. Als dieser sich entfernte, um das Gewünschte zu holen, fragte sie: „Wo ist Jessie? Ich war sicher, sie wäre längst hier.“

Travis schüttelte den Kopf. „Ich weiß es nicht. Sie sprach davon, dass sie nach Feierabend mit Cade die Tickets für die Flitterwochenreise abholen wollte. Aber das war vor gut drei Stunden. Eigentlich dauert es doch nicht so lange …“ Er verstummte, als er eine von Fins zarten kleinen Händen auf seiner spürte.

„Ich bin sicher, alles ist in Ordnung, Travis. Ich habe zufällig gehört, wie Cade und sie darüber sprachen, dass sie beim Juwelier noch Geschenke für die Trauzeugen und Brautjungfern aussuchen wollen. Vielleicht hat es einfach länger gedauert als erwartet.“

Seine Kehle war plötzlich wie zugeschnürt. Er versuchte gerade, etwas zu sagen, als Henri mit einem Glas Wasser für Finola zurückkehrte.

„Sir, Sie haben einen Anruf. Wenn Sie mir bitte an den Empfang folgen würden?“

Fin lächelte ihn an. „Das ist vermutlich Jessie, die dir sagen will, dass sie im Verkehr feststeckt.“

Autor

Kathie De Nosky
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