Reich, arrogant - und unwiderstehlich

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Er hält sich wohl für unwiderstehlich! Jessi findet Allan McKinney einfach unerträglich arrogant. Je weniger sie von dem neuen Eigentümer ihrer Firma sieht, desto besser. Doch das Schicksal schlägt erbarmungslos zu: Ihre beiden besten Freunde verunglücken, und ausgerechnet sie müssen sich gemeinsam um deren Baby kümmern. Plötzlich wandelt sich Jessis Feind von arrogant zu absolut unwiderstehlich! Trotzdem sollte sie besser einen Bogen um ihn machen, denn Allan behauptet, dass er nicht an die Liebe glaubt. Aber warum küsst er sie dann?


  • Erscheinungstag 18.10.2016
  • Bandnummer 1947
  • ISBN / Artikelnummer 9783733723156
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Man hätte Allan McKinney dank seiner sportlich-schlanken Figur und dem gepflegten dunkelbraunen Haar durchaus für einen Filmstar halten können. Sein strahlendes Lächeln und die silbergrau leuchtenden Augen taten ein Übriges dazu, dass ihm die Frauen reihenweise zu Füßen lagen. Doch Jessi Chandler wusste ganz genau, dass sich hinter dieser ansprechenden Fassade der Teufel in Menschengestalt verbarg.

In geschäftlichen Angelegenheiten war er schon immer ein aalglatter Taktiker gewesen, der kurz vor der Zielgeraden auftauchte, um alles in Schutt und Asche zu legen. Wahrscheinlich hatte er bei ihrer heutigen Verabredung nichts anderes im Sinn, als mit seinem neuesten Triumph zu protzen.

Es war erst drei Wochen her, dass er – zusammen mit seinen rachsüchtigen Cousins Kell und Declan Montrose – die Firma ihrer Familie, Infinity Games, übernommen hatte. Das war der üble Höhepunkt des langjährigen Konkurrenzkampfes zwischen ihren Familien gewesen.

Sie kam gerade von einem Meeting in seinem Unternehmen, Playtone Games, in dessen Verlauf sie verschiedene Vorschläge gemacht hatte, um ihren Job zu retten. Was Jessi bei der Firmenübernahme am meisten demütigte, war die Tatsache, dass sie vor Allan zu Kreuze kriechen musste. Sie gehörte zu den besten Vertriebsmanagern der Branche. Doch anstatt sie in Ruhe ihre Arbeit machen zu lassen, zitierten die Montrose-Erben sie einmal pro Woche von Malibu nach Los Angeles, um abzuklären, ob sie ihren Gehaltsscheck auch wirklich wert war.

Lässig ließ er sich ihr gegenüber im Separee nieder und stieß sie dabei mit den Knien an. Wie gern hätte sie ihm für sein arrogantes Gehabe mal eins ausgewischt!

Es war fünf Uhr nachmittags, und die Bar füllte sich allmählich mit Feierabendgästen. Idealerweise hätte sie sich hier ein wenig entspannen können. Aber das war ihr nicht vergönnt, denn allein schon Allans Gegenwart stellte ihr Selbstvertrauen auf eine harte Probe.

„Bist du hier, um Salz in meine Wunden zu streuen? Deine ganze Familie scheint Spaß daran zu haben.“ Sie hielt ihn für einen schlechten Menschen und suchte immer wieder Streit mit ihm.

Wegen des Familienzwists hatte ihr Vater einst jeden Kontakt mit den Enkeln von Thomas Montrose abgeblockt. Doch sie hatte sich nicht davor drücken können, weil ihre Busenfreundin Patti sich in Allans besten Kumpel verliebt und ihn schließlich auch geheiratet hatte.

„Eigentlich nicht. Vielmehr will ich dir ein Angebot machen“, sagte Allan und bestellte sich einen Scotch.

„Danke, aber auf deine Hilfe kann ich verzichten.“ Wenn er seine Hände im Spiel hätte, würde sie ihren Job schneller loswerden, als ihr lieb war.

„Macht es dir eigentlich Spaß, mich zu provozieren?“, fragte er entnervt.

„Irgendwie schon“, gab Jessi unverhohlen zu. Sie fand ihre Rededuelle amüsant und führte sogar eine Strichliste über Siege und Niederlagen.

„Warum?“ Er inspizierte sein Handy, bevor er sie erneut ins Visier nahm.

„Zum einen, weil du dich auf dein Telefon konzentrierst statt auf deine Begleitung. Außerdem freut es mich, wenn deine perfekte Fassade bröckelt und der wahre Allan zum Vorschein kommt.“

Die Kellnerin servierte ihm seinen Drink. Sie war ein hübsches Ding, was er mit einem anerkennenden Lächeln quittierte, woraufhin die junge Frau errötete. Jessi verdrehte genervt die Augen.

„Warum bist du mir gegenüber bloß so feindlich eingestellt?“, fragte er, als die Bedienung gegangen war.

„Wieso interessiert dich das?“

„Weil ich es leid bin, ständig mit dir zu streiten. Das ist einer der Gründe, warum ich mich mit dir treffen wollte. Ich möchte nämlich deine Anteile an Infinity Games aufkaufen. Sie sind im Wert stark gestiegen, und wir beide wissen, dass du weder für Kell noch für mich tätig sein willst. Ich werde dir ein faires Angebot unterbreiten.“

Jessi war schockiert. Glaubte er wirklich, dass ihr das Familienerbe so wenig bedeutete? Sowohl ihr Vater als auch ihr Großvater hatten so hart dafür gearbeitet, dass sie kaum zu Hause gewesen waren … Sie würde auf keinen Fall verkaufen, schon gar nicht an einen Montrose.

„Nie im Leben! Eher verschenke ich meine Anteile, als sie dir zu überlassen.“

„Na gut. Ich wollte uns lediglich eine Menge Frust ersparen. Du scheinst nicht ernsthaft an einer Mitarbeit im fusionierten Konzern interessiert zu sein.“

„Ich verkaufe nicht“, wiederholte sie, um zu bekräftigen, dass man sie nicht so einfach loswurde. „Ich habe vor, meinen Job zu behalten, damit ihr eure Meinung ändert.“

„Was für eine Meinung?“

„Dass Emma und ich entbehrlich sind. Du brauchst gar nicht abzustreiten, dass du so denkst.“

Tatsächlich standen ihre Jobs auf dem Spiel. Sie und ihre ältere Schwester mussten ihre Fähigkeiten erst noch unter Beweis stellen. Cari, die jüngste Chandler-Schwester, hatte sich schon beizeiten für Playtone ins Zeug gelegt, dadurch ihren Job gesichert und sich obendrein in einen der Firmeninhaber verliebt.

Declan Montrose war heute mit ihr verlobt, obwohl er drei Monate zuvor als Manager der Übernahme angetreten war. Zu seinen Aufgaben hatte es gehört, die Chandlers zu feuern. Aber Cari hatte den Spieß umgedreht und ihm eröffnet, dass er der Vater ihres achtzehn Monate alten Sohnes war. Die Folge einer kurzen Affäre … Das hatte alle Beteiligten sehr überrascht. Am Ende hatten sich die beiden verliebt, und Cari konnte ihre Position im neuen Konzern Playtone-Infinity Games festigen.

„Das will ich gar nicht abstreiten“, sagte Allan. „Bei dir und Emma liegt der Fall jedoch anders als bei Cari. Als sie uns ihren Plan zur Rettung eurer Belegschaft unterbreitet hat, war sie offen für unsere Ideen.“

Seine Worte trafen sie an einem wunden Punkt. Cari war für ihr ausgleichendes Wesen bekannt, während Jessi selbst schon immer aufbrausend und rebellisch gewesen war.

Doch sie war ehrlich daran interessiert, die Familientradition im Videospielbereich fortzuführen. Immerhin war Gregory Chandler in den Siebzigerjahren ein Pionier der Branche gewesen.

„Ich habe bereits über einige Neuerungen nachgedacht.“

„Erzähl mir davon“, sagte Allan aufmunternd, während er auf sein Handy blickte. „Ich muss wissen, ob du deinen Job ernst nimmst. Du bist die Marketingchefin, von der wir mehr erwarten als alberne Werbeaktionen wie den Auftritt von kostümierten Spielfiguren in Einkaufszentren.“

Im Innersten wusste sie, dass er recht hatte. Der Erfolg von Playtone-Infinity hatte bis jetzt nicht auf ihrer Prioritätenliste gestanden. „Okay, vielleicht war das tatsächlich etwas lahm.“

„Was für Ideen hast du sonst noch? Du bist intelligent genug, um etwas Spektakuläres zu entwickeln.“ Er betrachtete sie mit erwartungsvoller Intensität.

„Soll das etwa ein Kompliment sein?“

„Tu nicht so überrascht! Du bist bekanntermaßen ein Ass auf deinem Gebiet. Spuck’s aus, Jessi.“

Sie überlegte. Natürlich war sie gut und selten so zurückhaltend wie in diesem Moment. Allerdings steckte ihr seine Kritik noch in den Knochen.

„Ich weiß nicht … Was stellst du dir denn vor?“

„Ich überlege, ob es sich lohnt, dir zu helfen“, sagte er schließlich. „Unsere besten Freunde haben geheiratet, und wir beide sind die Paten ihrer Tochter. Ich kann nicht zulassen, dass Kell dich feuert, ohne dir nicht wenigstens meine Hilfe anzubieten. Patti und John würden mir das nie verzeihen.“

„Warum überlegst du dann, meine Anteile zu kaufen?“, fragte sie.

„Damit wäre das Problem vom Tisch, und wir beide könnten unserer Wege gehen.“

„Das stimmt zwar, kommt für mich aber nicht infrage.“

Jessi befand sich in einer Zwickmühle. Einerseits verabscheute sie die Firmenfusion – andererseits war ihr der Gedanke zuwider, entlassen zu werden.

„Dein dickes Bankkonto stimmt mich jedenfalls nicht um.“

Er lächelte hintersinnig. „Es hat dich geärgert, dass ich dich und Patti damals mit dem Privatjet abholen ließ, oder?“ Er schielte kurz auf sein Telefon.

„Protziger ging’s ja wohl kaum.“

„Vielleicht wollte ich nur, dass Patti einen unvergesslichen Heiratsantrag bekommt. Wir beide wissen, dass John, im Gegensatz zu mir, kein Großverdiener ist. Ich habe nur meinem Freund aus der Patsche geholfen.“

„Natürlich, es war sehr romantisch. Ich gebe zu, dass ich mich damals danebenbenommen habe …“

„Das hast du definitiv das ganze Wochenende über getan“, sagte er und lehnte sich zu ihr, sodass ihr sein würziges Aftershave in die Nase stieg.

Sie schloss einen Moment lang die Augen – aus irgendeinem Grund ahnte sie, dass sie Gefahr lief, diesem Mann zu verfallen, sobald sie ihn aus der Kategorie „Todfeind“ entließ. Er war der einzige Mensch, mit dem sie sich erbittert streiten konnte, um sich am nächsten Tag wieder mit ihm zu unterhalten, als wäre nichts gewesen. Allan verstand, dass ihr der Sieg wichtig war, und steckte seine kleinen Niederlagen ohne Weiteres weg, weil er wusste, dass er sich in Kürze dafür revanchieren würde. Dieses Verhalten irritierte und faszinierte sie zugleich.

„Doch das ist Schnee von gestern. Lass uns an einem Strang ziehen. Ich denke, dass Emma und du möglicherweise von großem Nutzen für die neu gegründete Firma sein könntet.“

„Möglicherweise? Du scheinst uns ja wenig zuzutrauen“, murrte sie.

„Ich bemühe mich nach Kräften“, antwortete er.

„Fakt ist, dass ich über Insiderwissen aus der Filmindustrie verfüge“, sagte sie. „Im Sommer kommen drei neue Actionfilme ins Kino, die zu unserem Spieletyp passen. Wir hätten genug Zeit, um ein exakt abgestimmtes phänomenales Videospiel auf dem Markt zu platzieren.“

Der fusionierte Konzern entwickelte mittlerweile nicht nur Spiele für Konsolen, sondern mischte zusätzlich im App-Geschäft für Mobilgeräte mit. Deshalb fand Jessi die Idee, Spiele mit Bezug zum Actionkino zu veröffentlichen, geradezu genial. Für die Produktlinie von Infinity Games hatte dieser Zweig bisher keine Bedeutung gehabt. Aber seit der Übernahme dachten die Schwestern auch in ungewöhnliche Richtungen weiter.

Allan nickte anerkennend. „Großartige Idee. Ich verfüge über einige Kontakte in der Branche, falls du darauf zurückkommen möchtest.“

„Tatsächlich?“

„Allerdings. Es liegt in meinem eigenen Interesse, dich zu unterstützen. Ich bin der Finanzvorstand, Jessi. Alles, was sich auf den Nettogewinn auswirkt, betrifft mich persönlich.“

„Das glaube ich dir gern.“

Sie war hin- und hergerissen. Am liebsten hätte sie seine Hilfe angenommen, aber Allan McKinney war nun einmal nicht zu trauen. Das lag nicht allein daran, dass er mit Geld nur so um sich warf. Sondern auch daran, dass der Privatdetektiv, den sie damals auf John McCoy angesetzt hatte, um dessen ehrliche Absichten bezüglich Patti zu beleuchten, nicht viel über Allan hatte herausfinden können.

Der Detektiv hatte in Allans Vergangenheit nichts Negatives entdecken können – fast zu schön, um wahr zu sein. Aber zum damaligen Zeitpunkt hatte John im Fokus gestanden – und sich als integer erwiesen.

Erst kürzlich hatte sie Allans Cousin Dec beschatten lassen, und möglicherweise war jetzt, im Anschluss an die Firmenfusion, der günstigste Zeitpunkt, um Allan erneut unter die Lupe zu nehmen.

„Ich würde mich sehr über deine Unterstützung freuen“, sagte sie.

„Höre ich da Sarkasmus heraus?“, fragte er und warf erneut einen raschen Blick auf sein Mobiltelefon. „Entschuldige mich einen Moment. Jemand versucht andauernd, mich zu erreichen. Allerdings kenne ich die Nummer nicht.“

Er nahm den Anruf entgegen und lehnte sich dann zurück. „Oh, nein“, murmelte er verzweifelt.

„Was ist?“, fragte Jessi und wollte aufstehen, doch Allan hielt sie unvermittelt an der Hand fest.

Verständnislos schüttelte sie den Kopf, blieb jedoch sitzen und wartete auf das Ende des Gesprächs. Er war mittlerweile ganz blass geworden und sah an ihr vorbei ins Leere.

„Wie ist es passiert? Und das Kind?“, stammelte er sichtlich schockiert. „In Ordnung. Ich werde am Freitag da sein.“ Damit beendete er das Telefonat.

„John und Patti sind tot.“

Jessi hoffte, dass er nur einen bösen Scherz machte, aber er war aschfahl im Gesicht, und sein arroganter Charme schien restlos verflogen. Sie zog ihr eigenes Handy aus der Tasche und sah, dass sie ebenfalls mehrere Anrufe von einer unbekannten Nummer erhalten hatte.

„Ich kann es nicht glauben. Bist du sicher?“

Sein verzagter, hilfloser Blick sprach Bände.

„Um Himmels willen, nein!“ Entsetzt schlug sie die Hände vors Gesicht.

Allan war zutiefst erschüttert. Er hatte bereits als kleiner Junge seine Eltern verloren, deshalb war seine Freundschaft mit John umso intensiver gewesen. Es war so ungerecht, dass ein junger Mensch sterben musste, der sein Leben noch vor sich gehabt hatte.

Er sah, dass Jessi am ganzen Leib zitterte. Ihr schien das Unglück genauso nahezugehen wie ihm. Sie, die sonst immer alles unter Kontrolle hatte, wirkte plötzlich klein und zerbrechlich.

Er setzte sich zu ihr und legte den Arm um sie. Einen kurzen Moment lang versteifte sie sich, doch dann lehnte sie sich an ihn und ließ ihren Tränen freien Lauf.

Selbst in diesem Moment rang sie um Fassung, denn sie weinte leise, ohne zu schluchzen. Allan war froh, sich um sie kümmern zu können. Das lenkte ihn von seiner eigenen unsäglichen Trauer ab. Er konnte sich die Welt nicht ohne seinen Freund vorstellen. John hatte ihn immer wieder ins Lot gebracht und ihm vor Augen geführt, warum das Leben schön war. Und jetzt …

„Wie ist es passiert?“, stieß Jessi hervor und rückte ein wenig von ihm weg, um sich zu schnäuzen.

Ihre momentane Verfassung stand im krassen Gegensatz zu ihrem rebellischen Kleidungsstil. Zum knallgrünen Blazer trug sie einen schwarzen Minirock und ein freizügiges Miedertop, das ihr üppiges Dekolleté samt kleinem Tattoo betonte.

Der Schmerz schnürte Allan die Kehle zu, doch er musste sich zusammenreißen. Für Jessi.

„Ein Autounfall“, stieß er hervor.

„Aber alle beide können doch erstklassig Auto fahren. Oh, Gott, ist mit Hannah alles okay?“

„Ja. Sie war bei ihrem Babysitter. Patti und John waren wohl gerade auf dem Heimweg von einem Essen, als ein entgegenkommendes Fahrzeug frontal in sie hineingerast ist.“

Allan stand auf und nahm ihre Tasche. „Lass uns von hier verschwinden!“

Sie nickte. Gemeinsam verließen sie das Lokal. Da Jessi offensichtlich nicht in der Lage war, sich hinters Steuer zu setzen, führte er sie zu seinem Jaguar. Als sie auf der Beifahrerseite eingestiegen war, wurde sie von einem heftigen Weinkrampf geschüttelt.

Noch nie zuvor hatte er sich so ohnmächtig gefühlt. Er blieb neben dem Wagen stehen und ließ seinen Blick zum Horizont schweifen. Tränen stiegen in ihm hoch, doch er drängte sie zurück, indem er die Finger so fest auf die Nasenwurzel presste, dass es wehtat. Dann ging er um das Auto herum und stieg ein.

Die Frau, die er nur als forsche, angriffslustige Person kannte, saß jetzt verstört neben ihm und schaute ihn hilflos an.

„Was passiert jetzt mit Hannah? Pattis Mutter leidet an Alzheimer, und sonst gibt es keine Verwandten.“

„Ich weiß es nicht“, bekannte er. „John hat ein paar Cousins, aber niemanden, der ihm wirklich nahesteht. Alles Weitere müssen wir herausfinden.“

„Gemeinsam“, sagte sie und sah ihn an. „Oh, Gott. Ich kann kaum glauben, was ich eben gesagt habe.“

„Mir geht es ähnlich. Aber das ist der einzig mögliche Weg.“

„Das stimmt. John und Patti hätten es auch so gewollt“, flüsterte Jessi.

Das kleine Mädchen würde ihre wahren Eltern niemals kennenlernen, aber Allan wollte alles tun, was in seiner Macht stand, um ihr ein behütetes Zuhause zu sichern.

„Wir sollten ihren Anwalt zurückrufen, damit wir Antworten auf unsere Fragen bekommen.“ Er nahm Jessis Hand.

Sie verschränkte ihre Finger mit seinen, als er mit der anderen Hand sein Telefon bediente.

„Hier ist noch einmal Allan McKinney. Wir haben gerade über den Unfall gesprochen. Ich würde das Gespräch gern laut stellen, damit Jessi Chandler, Hannahs Patentante, mithören kann. Fahren Sie jetzt bitte fort!“

„Ms. Chandler, ich bin Reggie Blythe, der Anwalt der Familie McCoy.“

„Guten Tag, Mr. Blythe. Was können Sie uns sagen?“

„Ich weiß nur, dass John und Patti auf dem Heimweg von einem Geschäftsessen waren, als sie den Unfall hatten. Die kleine Hannah war zu diesem Zeitpunkt zu Hause mit einem Babysitter. Sie soll morgen in eine Pflegefamilie gebracht werden.“

Allan spürte, wie sich Jessis Hand verkrampfte.

„Patti und John hätten das bestimmt nicht gewollt. Gibt es keine Möglichkeit, Hannah in ihrer häuslichen Umgebung zu belassen?“, fragte er.

„Als Paten haben Sie tatsächlich einige Rechte, aber um zu verhindern, dass der Staat sich um Hannah kümmert, müssten Sie so schnell wie möglich hierherkommen.“

Staatliche Fürsorge. „John hat doch einen Cousin, der in der Nähe wohnt“, bemerkte Allan.

„Das lässt sich am Telefon schlecht besprechen. Wann können Sie beide vor Ort in North Carolina sein?“

„Wir beeilen uns.“

„Gut“, sagte der Anwalt. „Ich bin morgen den ganzen Tag über in meinem Büro. Bitte melden Sie sich nach Ihrer Ankunft sofort bei mir.“

„Könnte es ein Problem sein, dass wir kein Paar sind?“, fragte Jessi betreten.

„Sind Sie nicht? Ich hatte es angenommen, weil Sie mich gemeinsam angerufen haben. Außerdem haben die McCoys per Testament verfügt, dass Sie beide die Vormundschaft für Hannah erhalten sollen. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass eine stabile Familie die beste Umgebung für ein Kind ist. Aber das können wir alles besprechen, wenn Sie hier sind.“

Als Allan das Telefonat beendet hatte, sah Jessi ihn mit großen Augen an. „Wir streiten uns doch die ganze Zeit.“

„Stimmt“, sagte er, bevor er sich im Sitz aufrichtete, um einen klaren Gedanken fassen zu können.

Was hier auf ihn einstürmte, war beinahe unerträglich. Sein bester Freund war tot. Er selbst war ein überzeugter Junggeselle, doch wie es aussah, sollte er die Vormundschaft für ein Kind übernehmen. Und das ausgerechnet gemeinsam mit der Frau, die es schaffte, ihn ohne Unterlass auf die Palme zu bringen.

Allerdings schien Jessi von der Tragödie genauso schockiert zu sein wie er, und sie beide würden alles daransetzen, die Situation in den Griff zu bekommen. Ihre Feindschaft dürfte keine Rolle mehr spielen – von jetzt an würde sie die Sorge für Hannah eng miteinander verbinden.

„Ich und du …“, fing sie an.

„Und ein Baby.“

2. KAPITEL

Allan fuhr Jessi zurück zu ihrer Wohnung. Sie war am Boden zerstört und stieg grußlos aus. Bestimmt würde sie bald wieder die Alte sein, oder hatten die Ereignisse sie beide für immer verändert?

Er brauchte fast eine Stunde, um im Feierabendverkehr zu seiner Villa in Beverly Hills zu gelangen. Sie gehörte ihm, seit er mit Playtone seine erste Million gemacht hatte, und John hatte ihm dabei geholfen, das Haus zu renovieren. Als er seinen Wagen die Auffahrt hinauf steuerte, musste er an den letzten Besuch seines Freundes in Kalifornien denken.

Erschöpft stützte Allan sich auf das Lenkrad. Obwohl er sich irgendwie leer und einsam fühlte, konnte er keine Tränen vergießen. Er hatte den einzigen Menschen verloren, der ihm noch etwas bedeutet hatte.

Zu seinen Eltern hatte er eine sehr enge Beziehung gehabt. Seine Mutter war enterbt worden, als sie sich geweigert hatte, eine arrangierte Ehe mit dem Spross einer reichen Dynastie einzugehen. Dessen Vermögen hätte den Kampf seines Großvaters mit den Chandlers finanzieren sollen.

Erst nach dem Tod von Thomas Montrose hatte Kell seinem Cousin Allan eine Teilhaberschaft an Playtone Games angeboten. Seitdem arbeitete Allan als Finanzmanager der Firma.

Seine Mutter hatte hingegen aus Liebe geheiratet und mit ihrer Familie ein beschauliches Leben außerhalb von Los Angeles geführt.

Ein Klopfen gegen das Autofenster riss ihn aus seinen Gedanken. Michael Fawkes, sein Butler. Der bullige Endfünfziger war früher einmal Mittelgewichtsboxer gewesen.

„Alles in Ordnung, Sir?“

Er stieg aus seinem Wagen. „Nein, Fawkes, ganz und gar nicht. John McCoy ist tödlich verunglückt. Ich fliege morgen nach Outer Banks, um die Beerdigung zu organisieren.“

„Mein herzliches Beileid! Ich konnte ihn gut leiden“, sagte Fawkes. „Soll ich Sie begleiten?“

„Ja. Besorgen Sie uns bitte für morgen eine Unterkunft in Hatteras. Erkundigen Sie sich, ob wir in der Pension absteigen können, die John und Patti gehört … gehörte.“ Allan musste schlucken. „Einen Moment, bitte.“

Um diese Uhrzeit würde es Jessi kaum gelingen, einen Flug ins Hinterland von North Carolina zu bekommen. Zuerst hatte er keine Lust gehabt, ihr anzubieten, bei ihm mitzufliegen. Doch dann sah er ein, dass er einen Schritt auf sie zu machen musste. Obwohl sie ihn regelmäßig zur Weißglut brachte, gab sie ihm jetzt das Gefühl, mit Johns Tod nicht allein dazustehen.

„Bitte, beziehen Sie Ms. Chandler in Ihre Planung mit ein“, sagte Allan.

„Tatsächlich?“, fragte Fawkes erstaunt. Diese Ms. Chandler hatte sich bei jeder Begegnung mit ihm einen Spaß daraus gemacht, seinen Chef vorzuführen.

„Ja. Wir waren zusammen, als die Nachricht eintraf. Sie ist genauso schockiert wie wir beide.“

Allan nahm sein Handy und schrieb ihr eine Nachricht.

Ich nehme morgen früh meinen Privatjet, um nach North Carolina zu fliegen. Möchtest du mit?

Jessi antwortete unverzüglich.

Danke, das käme mir sehr gelegen. Wäre es möglich, heute Nacht schon abzureisen? Ich habe mit dem Bestatter für morgen Vormittag einen Gesprächstermin vereinbart, den ich dann persönlich wahrnehmen könnte.

Vielleicht ist es wirklich besser, bereits heute aufzubrechen, um Zeit zu sparen. Kannst du in zwei Stunden startklar sein?

Kein Problem. Bis später!

„Ganz, wie Sie wünschen, Sir. Ich kümmere mich um die Reservierungen“, sagte Fawkes.

Allan ging in sein Kaminzimmer, um von dort aus seine Cousins anzurufen. Doch noch ehe die Verbindung stand, klopfte es an der Tür.

„Ja bitte?“

Kell und Dec traten ein. Sie wirkten verstört. Offensichtlich hatten sie die schlimmen Nachrichten schon gehört.

„Wir sind sofort losgefahren, als wir davon hörten“, sagte Dec hilflos.

„Ich danke euch. Heute Nacht reise ich nach North Carolina, zusammen mit Jessi. Wahrscheinlich wird in einer Woche alles geregelt sein. Möglicherweise müssen wir ihre Terminvorgaben nach hinten verschieben, Kell.“

Jessi war zwar seine härteste Widersacherin, aber in dieser speziellen Situation fühlte er sich verpflichtet, ihr aus der Patsche zu helfen. Er hatte sie leiden sehen und teilte ihren Schmerz.

„Über Geschäftliches reden wir später. Wann findet die Beerdigung statt?“, fragte Kell.

„Ich weiß es nicht. Sobald wir angekommen sind, nehme ich Kontakt mit dem Bestattungsinstitut auf. Im schlechtesten Fall könnte alles an mir hängen bleiben. Jessi organisiert glücklicherweise Pattis Trauerfeier.“

„Halt uns einfach auf dem Laufenden, dann kommen wir hin“, beteuerte Dec. „Brauchst du noch irgendetwas?“

Er schüttelte den Kopf. „Nein, es geht schon in Ordnung.“

„Sicher, Allan. Aber er war auch unser Freund.“ Dec hatte sich durch seine neue Liebe verändert. Er war nicht mehr so reserviert wie früher. Und Allan war ihm dankbar für sein Mitgefühl.

„Die einzige Möglichkeit, diesen Schicksalsschlag zu verarbeiten, ist es, sich sofort auf die Planung der Formalitäten zu stürzen“, erklärte Allan.

„Das stimmt“, sagte Kell. „Davon wollen wir dich jetzt nicht länger abhalten.“

Als sie gegangen waren, ließ Allan sich in sein großes abgewetztes Sofa fallen. Es war ein Erinnerungsstück, denn er und John hatten es damals auf dem Flohmarkt für ihre erste gemeinsame Studentenbude gekauft.

Er presste die Handballen auf seine Augen, um die Tränen zurückzudrängen, und hörte erst damit auf, als er Sternchen zu sehen begann.

„Einen Scotch, Sir?“ Fawkes stand neben ihm.

„Nein danke. Ich packe rasch zusammen. Schließlich müssen wir gleich zum Flughafen.“

„Ja, Sir“, sagte Fawkes. „Die Zimmer sind bereits reserviert. Was das Wetter angeht, scheint ein tropischer Sturm aufzuziehen, der die Region um Hatteras aber nicht treffen soll. Ich behalte ihn trotzdem im Auge.“

Autor

Katherine Garbera

Katherine kann sich nichts Schöneres vorstellen, als zu schreiben. Jedes Buch gibt ihr die Gelegenheit, die unterschiedlichen Verhaltensmuster der Menschen hervorzuheben. Leidenschaftliche Liebesromane zu verfassen, bedeutet für sie die Verwirklichung eines Traumes.

Die Autorin lebt mit ihrem Ehemann, den sie in "Fantasyland" kennenlernte, und den beiden gemeinsamen Kindern in Florida.

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