So verliebt in den Feind

– oder –

 

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Ihr Leben könnte perfekt sein: Die Nächte mit Ilya Horvath entfesseln in Yasmin eine unglaubliche Leidenschaft! Ihr einstiger Konkurrent und jetziger Ehegatte ist der Traummann der Pilotin. Doch ihr dunkelstes Geheimnis konnte sie ihm nie anvertrauen, zu groß ist die Scham. Und nun wird sie eiskalt damit erpresst! Sie muss Ilya alles beichten. Wird er zu ihr stehen, wenn er erfährt, dass sie in ihrer Jugend einen folgenschweren Fehler begangen hat? Oder wendet er sich für immer von ihr ab?


  • Erscheinungstag 18.09.2018
  • Bandnummer 2046
  • ISBN / Artikelnummer 9783733722128
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

„Das Ganze ist ein Riesenfehler!“

Yasmin Carter erstarrte auf dem königsblauen Teppich, der zum Altar führte, und blickte den Mann an, der sich gerade zu ihr umgedreht hatte. Ilya Horvath, Erbe der Horvath Unternehmensholding und CEO ihres schärfsten Konkurrenten.

Ihr Bräutigam – den sie eben erst kennengelernt hatte.

Sie konnte ihn unmöglich heiraten.

Ihr Blick glitt über die Hochzeitsgäste, die in den Bänken nah am Gang saßen und eindeutig geschockt waren. Zumindest blickten sie sie ungläubig und bestürzt an.

Und Ilya? Ihre Ankündigung schien ihn nicht zu überraschen – oder zu amüsieren. Er wirkte verärgert.

Das konnte sie gut verstehen. Ihr ging es nicht anders, und das würde sie den Leuten von der Heiratsvermittlung bei der nächstbesten Gelegenheit auch sagen.

Als ihre Assistentin Riya ihr von dieser Agentur erzählte, schien das die Lösung ihrer geschäftlichen Probleme zu sein. Mal abgesehen von den Kosten, gewann sie mehr, wenn sie sich auf eine arrangierte Ehe einließ, als wenn sie Single blieb.

Mit diesem Gedanken im Hinterkopf absolvierte sie die psychometrischen Tests und die Interviews. Und es klappte.

Wegen der geplanten Eheschließung gelang es ihr, den ersehnten Exklusivvertrag mit Hardacre Incorporated abzuschließen. Nun würde sie die Flüge für die Angestellten und deren Familienmitglieder durchführen. Das war die Sache allemal wert. Hardacre Inc. war eine der bekanntesten Firmen für Motivationstraining und Coaching und arbeitete überall in den Vereinigten Staaten. Dank des Exklusivvertrags würde ihre kleine Chartergesellschaft endlich aus den roten Zahlen gelangen.

Allerdings hatte sie den Vertrag nur unter der Bedingung bekommen, dass sie verheiratet war und die Ehe mindesten drei Monate aufrechterhielt.

Ohne mit der Wimper zu zucken unterschrieb Yasmin auch diesen Passus, aber inzwischen hatte sie schwere Bedenken. Es war falsch, ganz falsch. Die Hochzeit durfte nicht stattfinden.

Sie hätte sich nie auf diese windige Geschichte einlassen dürfen, nur um ihre Firma zu retten. Aber man hatte ihr zu verstehen gegeben, dass die Ehefrau des Verantwortlichen bei Hardacre Inc. dem Vertrag nie zustimmen würde, wenn die Vertragspartnerin jung, hübsch und unverheiratet war. Wallace Hardacre war dafür bekannt, ein Auge auf junge Frauen zu werfen, er war jedoch anständig genug, sich nie mit verheirateten Frauen einzulassen.

Alles hatte so einfach ausgesehen. Ledig zu sein war die einzige Hürde für den Exklusivvertrag gewesen, denn preislich hatte Yasmin alle anderen unterboten, daher musste es mit der Eheschließung schnell gehen. Und es war ja nicht so, dass sie nicht irgendwann heiraten wollte. Nur hatte sie mit dem Aufbau und dem Führen ihrer Chartergesellschaft so viel zu tun, dass ihr gar keine Zeit für Männer blieb.

Und dieser Ilya … Kurz trafen sich ihre Blicke, und Yasmin überlief es heiß. Das hatte nichts mit Sympathie oder Zuneigung zu tun, sondern war eher ein primitiveres Gefühl. Es machte ihr jedoch klar, dass eine Ehe mit diesem Mann ein Riesenfehler wäre. Auch wenn Ilya Horvath aussah, als wäre er gerade dem Cover eines Männermagazins entstiegen, ihren Konkurrenten konnte sie unmöglich heiraten.

Äußerlich war nichts an ihm auszusetzen. Er war groß und breitschultrig, und der Dreitagebart stand ihm ausgesprochen gut. Sexuell würden sie sich gut verstehen, da war Yasmin sicher. Schon bei dem Gedanken fühlte sich das Korsett ihres trägerlosen Hochzeitskleids, in das sie sich heute Morgen mit Riyas Hilfe gezwängt hatte, noch enger an. Trotzdem verdrängte sie diese Empfindungen und holte tief Luft – soweit das möglich war – und sagte sich, dass sie vom sozialen Umfeld und dem finanziellen Hintergrund her überhaupt nicht zusammenpassten. Nein, sie konnte das schon im Gedenken an ihren verstorbenen Großvater nicht tun. Denn der hatte sie aufgenommen und sie aufgezogen, als ihre Eltern sie einfach bei ihm abluden. Sie wollten von ihrem Leben noch was haben und sich nicht mit der Verantwortung für ein Kind belasten.

Und Ilya war unglücklicherweise der Enkel des Mannes, der mit ihrem Großvater eng befreundet gewesen war, bis er ihm die Frau wegnahm, die ihr Großvater liebte. Seitdem bestand zwischen den beiden Familien Funkstille, ja, sogar echter Hass.

Sexuelle Anziehung war ja schön und gut, aber schon wegen der Sache mit ihrem Großvater konnte sie Ilya nicht heiraten.

„Das Ganze ist tatsächlich ein Riesenfehler“, sagte sie noch einmal, diesmal laut und fest in die atemlose Stille hinein. Sie bückte sich, raffte ihren weiten Organzarock zusammen und hastete so schnell aus dem Ballsaal, wie es auf den perlengeschmückten Sandaletten ging. Ein paar Sekunden herrschte absolutes Schweigen hinter ihr, dann redeten alle durcheinander.

Wo sollte sie hin? In die luxuriöse Suite für Flitterwöchner, in der sie sich heute Morgen fertig gemacht hatte, oder raus auf die Straße, in der Hoffnung, dass dort ein Taxi wartete? Allerdings war es wohl ein bisschen zu weit von Port Ludlow im nördlichen Washington bis nach Kalifornien, wo sie zu Hause war. Eine Fahrt mit dem Taxi über diese lange Strecke wäre heller Wahnsinn.

„Yasmin!“ Eine Frau kam hinter ihr her. „Warten Sie! Wir müssen unbedingt miteinander reden!“

Yasmin blieb stehen und wandte sich um. Eine elegante alte Dame folgte ihr, Alice Horvath. Ihretwegen war es vor knapp sechzig Jahren zur Feindschaft zwischen den Horvaths und den Carters gekommen.

„Geben Sie sich keine Mühe, ich ändere meine Meinung nicht.“

„Ich werde Sie nicht lange aufhalten.“ Alice legte ihr eine Hand auf den Arm und drängte sie sanft in Richtung Fahrstuhl. „Ich bitte Sie. Es ist sehr wichtig.“

„Hören Sie, ich …“

„Lassen Sie uns doch kurz in Ihre Suite gehen, da sind wir ungestört.“

Das Adrenalin, das beim Anblick ihres Bräutigams schlagartig durch ihre Venen gerauscht war, verebbte und hinterließ ermüdende Lethargie. Yasmin zuckte mit den Schultern. „Okay. Aber gerade Sie sollten am besten wissen, dass dies reine Zeitverschwendung ist. Sie können mich nicht überreden, Ihren Enkelsohn zu heiraten.“

Inzwischen hatten sie den Fahrstuhl erreicht. Alice sagte nichts, sondern lächelte nur wissend, während sie hinauffuhren. Vor der Hochzeitssuite zog sie eine Schlüsselkarte aus der Tasche und öffnete die Tür damit. Nachdem sie eingetreten waren, warf sie die Karte auf den Tisch.

„Das ist Ilyas Karte“, sagte sie. „Ich wollte sie ihm nach der Zeremonie geben.“

„Aha.“ Yasmin runzelte die Stirn und setzte sich auf eins der Sofas. Alice nahm ihr gegenüber Platz und blickte sie verlegen an.

„Ich verstehe sehr gut, dass Sie wissen wollen, was das alles bedeutet.“

Allerdings! Um das Zittern ihrer Finger zu verbergen, umklammerte Yasmin das Bouquet aus dunkelroten Rosen fester.

„Ich will offen zu Ihnen sein, meine Liebe. Als Sie sich bei der Heiratsvermittlung anmeldeten, wusste ich sofort, dass Sie und mein Enkelsohn durchaus zusammenpassen. Ich brauchte keine Testergebnisse, um sicher zu sein, dass Sie und Ilya das ideale Paar sind.“

Yasmin glaubte, ihren Ohren nicht zu trauen. „Wie bitte? Arbeiten Sie etwa für Match Made in Marriage? Wollen Sie damit sagen, dass Sie die Auswahl treffen?“

Alice nickte. „Ich weiß, das ist nicht allgemein bekannt. Und normalerweise helfen uns Tests und Interviews dabei, die richtigen Partner zu finden. Aber eigentlich benutze ich die Ergebnisse mehr oder weniger nur als Bestätigung dessen, was ich sowieso schon entschieden habe. Glauben Sie mir, ich kann mich auf mein Gefühl verlassen und liege selten falsch mit meinen Entscheidungen. Als ich aus dem Familienunternehmen ausstieg, lag es für mich auf der Hand, mein Talent anderswo einzusetzen. Also habe ich die Heiratsvermittlung gegründet. Und als mein Enkelsohn meinte, er sei jetzt so weit und wolle heiraten und eine Familie gründen, hat er sich verständlicherweise an mich gewandt. Ich war verblüfft, als ich so schnell die passende Partnerin fand. Nämlich Sie. Ich konnte es kaum glauben, als ich Ihre Bewerbung las.“

Alice Horvath blickte bekümmert auf die hübsche, aber unübersehbar verwirrte junge Frau, die ihr gegenübersaß. Wenn die Familien doch nur besser miteinander auskämen, wenn die Entfremdung, ja, der Hass sie nur nicht entzweit hätte. Wieso hatten Eduard Horvath und Jim Carter sich auch beide in sie verlieben müssen.

Vielleicht hatte sie jetzt die Chance, diesen Riss zu kitten, besser gesagt, die Schlucht zu überbrücken, die sich zwischen den Familien aufgetan hatte. Mit dieser albernen Feindschaft musste endlich Schluss sein. Die Heirat von Ilya und Yasmin war eine einmalige Gelegenheit, die sie sich nicht entgehen lassen durfte.

Sie blickte Yasmin ernst an und wusste, sie musste ihre Worte sorgfältig wählen. Die junge Frau war karrierebewusst und wollte mit Carter Air Erfolg haben. Aber ihre Firma steckte in den roten Zahlen. Alice war klar, dass Yasmin die Hochzeit durchziehen wollte, weil sie mit dem Exklusivvertrag mit den Hardacres ihr Unternehmen retten konnte.

Also lächelte sie zuversichtlich. „Bitte, glauben Sie mir, es ist kein Riesenfehler, sie beide zusammenzuführen, wie Sie meinen. Sie passen perfekt zueinander, auch, weil Sie die gleichen Werte haben und Ihre Erwartungen und Wünsche an die Zukunft sich sehr ähneln. Ich habe volles Vertrauen, dass Sie zusammengehören und eine glückliche und befriedigende Ehe führen werden.“

„Aber …“

Alice hob eine Hand. „Bitte, lassen Sie mich ausreden. Irgendwann muss man die Vergangenheit mal hinter sich lassen, sonst kann man sich nie auf die Zukunft konzentrieren. Und genau dieser Zeitpunkt ist jetzt gekommen. Ich weiß, dass sich zwischen unseren Familien viel Hass aufgestaut hat. Und dass Ihr Großvater und mein Eduard kein freundliches Wort mehr miteinander gewechselt haben, seit …“ Alice stockte von Gefühlen überwältigt, die sie nicht zeigen wollte. „Was ich damit sagen will, dieser Hass hat schon viel zu lange viel zu viele Leben bestimmt.“

„Aber es geht nicht nur um diese leidige Familienfehde, Mrs. Horvath …“

„Sagen Sie Alice zu mir“, unterbrach sie Yasmin schnell. „Und ja, ich weiß, es gibt noch andere Gründe. Doch im Augenblick möchte ich Sie nur bitten, sich alles noch einmal zu überlegen und wieder mit mir in den Ballsaal zu kommen. Alle warten.“

Yasmin schüttelte den Kopf. „Das kann ich nicht. Ich kann nicht gegen die Werte verstoßen, mit denen ich aufgewachsen bin, und den Mann heiraten, der versucht, mich in den Konkurs zu treiben. Das bin ich schon meinen Leuten und auch meinem Großvater schuldig. Daher muss ich die Klausel in Anspruch nehmen, die es mir ermöglicht, aus dem Vertrag mit Ihrer Heiratsvermittlung auszusteigen. Ilya und ich passen aus vielen Gründen nicht zusammen.“

Die grauen Augen der jungen Frau zeigten Alice, wie sehr sie mit dem Herzen dabei war. Sie musste sofort an Yasmins Großvater denken, und schon deshalb gab sie nicht auf. „Ach, meine Liebe, wie oft habe ich erlebt, dass übertriebener Stolz alles kaputt machen kann. Von Ihrem Großvater mal ganz abgesehen, Sie schulden es Ihren Angestellten, die Sache durchzuziehen. Wir wollen nicht darum herumreden, finanziell steht es nicht zum Besten mit Carter Air, oder?“ Alice ließ eine kurze Pause eintreten, um Yasmin die Gelegenheit zu geben, diesen Haken zu schlucken. „Die Zahlen, die Sie genannt haben, sind sehr geschönt“, fuhr sie fort, „um es freundlich auszudrücken. Und um Ihre Frage vorwegzunehmen, ja, wir haben alles genau überprüft.“

Yasmin wollte protestieren, aber Alice ließ sie nicht zu Wort kommen. „Indem Sie den Vertrag mit meiner Heiratsagentur unterschrieben haben, gaben Sie uns das Recht, die Fakten zu überprüfen. Wir wollen ehrlich miteinander sein. Negative Schlagzeilen in der Presse über Vertragsbrüche und falsche Zahlenangaben Match Made in Marriage gegenüber helfen Ihrer Sache nicht weiter.“

„Was soll das?“, brauste Yasmin auf. „Wollen Sie mich erpressen?“

„Manchmal, mein Kind, heiligt der Zweck die Mittel. Schließlich geht es doch hier um Ihre glückliche Zukunft, die Sie sich nicht verbauen sollten.“

„Dann wollen Sie unbedingt, dass ich Ilya heirate? Warum nur?“

Alice blickte Yasmin lange an, die blass geworden war. Die großen grauen Augen, die vollen Lippen, die sie zusammenpresste, und die aufrechte Haltung, mit der sie verzweifelt versuchte, eine Schlacht zu gewinnen, die längst verloren war. Die Leidenschaft, mit der Yasmin sich für ihre Sache einsetzte, beeindruckte Alice und sie lächelte leise. War sie nicht als junge Frau genauso gewesen? Und auch jetzt kämpfte sie noch leidenschaftlich für die Menschen, die sie liebte. Dazu gehörte, dass sie Yasmin und Ilya zusammenbringen musste, denn sie zweifelte nicht daran, dass sie füreinander geschaffen waren. Wenn sie nicht davon überzeugt wäre, hätte sie die beiden nie zusammengeführt. Das war ihr Talent, ihre Gabe, die sie einsetzte, wenn etwas Positives zu erreichen war.

Alice liebte ihren ältesten Enkelsohn, den Sohn ihres Ältesten, von ganzem Herzen, mehr als sie je für möglich gehalten hätte. Für ihn war das Beste gerade gut genug, und sie wusste, dass diese junge Frau hier ihn glücklich machen konnte. Sie wusste es mit der gleichen Sicherheit, mit der sie sich damals für Eduard Horvath entschieden hatte. Sie hoffte nur, dass Yasmin auch zu dieser Überzeugung gelangte.

„Ich liebe meinen Enkelsohn sehr. Er arbeitet zu viel, und ich glaube, dass er im Grunde seines Herzens nicht glücklich ist in seinem Leben. Ob Sie mir nun zustimmen oder nicht, ich weiß, dass Sie ihn glücklich machen können. Und Sie beide glücklich zu sehen ist das Einzige, was ich mir wünsche. So einfach ist das. Und doch so kompliziert, ich weiß.“

Alice schnippte einen unsichtbaren Fussel von ihrem maßgeschneiderten Jackett und blickte Yasmin dann wieder an. „Wie ist es, wollen wir zu den anderen zurückkehren? Wir wissen beide, dass Sie es sich gar nicht leisten können, die Hochzeit abzusagen.“

„Aber wie soll ich mit dem Interessenkonflikt umgehen? Ilya ist mein schärfster Konkurrent, und ich weiß nicht, wie ich damit zurechtkommen kann.“

Alice hob kurz die Schultern. „Das müsst ihr zwei schon selbst miteinander ausmachen.“

„Nein, da machen Sie es sich zu leicht. Ich muss sicher sein, dass Horvath Air sich nicht gegen Carter Air stellt. Ilyas Unternehmen hat bisher jedes kleine Charterunternehmen aufgekauft oder in den Konkurs getrieben. Das darf mit Carter Air nicht passieren. Ich habe meinem Großvater versprochen, dass die Firma, die er gegründet hat, bestehen bleibt.“

Alice nickte und sah Yasmin mitfühlend an. „Sie armes Ding, ich weiß, Sie haben Ihren Großvater sehr geliebt. Und trotz seines polterigen Temperaments war er ein Mann, der sich viele Gedanken um seine Lieben machte. Aber manchmal gibt man in bestimmten Situationen Versprechen, die man bei Licht besehen nicht hätte machen sollen und die es nicht wert sind, gehalten zu werden. Hängen Sie wirklich mit ganzer Seele an Carter Air, oder fühlen Sie sich nur Ihrem Großvater gegenüber verpflichtet? Seinen Träumen und seiner unseligen Verbitterung?“

„Wie können Sie so etwas sagen! Er war ja wohl zu Recht verbittert. Sie haben ihn fallen gelassen wie eine heiße Kartoffel! Ja, Sie waren nicht mal so anständig, es ihm selbst zu sagen. Er musste von Ihrer Verlobung mit Eduard Horvath aus der Zeitung erfahren!“

Alice senkte den Kopf. „Es war für alle das Beste so“, sagte sie leise.

„Tut mir leid, aber der Meinung bin ich nicht.“ Yasmin stand auf und ging aufgebracht hin und her. „Leider haben Sie in einem Punkt recht. Ich kann es mir nicht leisten, auf den Vertrag mit Hardacre zu verzichten. Also werde ich die Hochzeit durchziehen. Allerdings unter einer Bedingung.“

„Und die wäre?“

„Dass Carter Air und Horvath Air weiterhin unabhängig voneinander existieren und geschäftliche Themen zwischen Ilya und mir tabu sind.“

Auch Alice erhob sich nun. „Wie stellen Sie sich das vor? Ihr jeweiliges Unternehmen ist für Sie beide sehr wichtig. Wenn Sie miteinander nicht über Ihre Arbeit reden können, dann fällt ein großer Teil Ihres gemeinsamen Lebens weg. Halten Sie das für klug?“

Yasmin blieb stehen und sah sie scharf an.

„Ob klug oder nicht, das ist meine Bedingung. Wenn sie nicht erfüllt wird, müssen wir die Hochzeit abblasen, und Sie werden mich aus dem Vertrag mit Ihrer Ehevermittlung entlassen. Und zwar ohne Strafzahlung. Mir geht dann zwar der Auftrag von Hardacre verloren, aber auch Ihre Agentur sieht nicht gut aus, wenn Ihre Vermittlung platzt. Schließlich ist Ilya Ihr Enkelsohn, und wenn Sie noch nicht einmal fähig sind, für Ihren eigenen Enkelsohn die passende Partnerin zu finden …“

Bewundernswert, wie die junge Frau für ihre Sache kämpft … Alice nickte. „Und es genügt Ihnen, wenn Ilya Ihnen sein Wort gibt, dass Ihre Bedingung erfüllt wird? Sie haben sicher gehört, dass man sich auf sein Wort hundertprozentig verlassen kann.“

„Ja, es genügt mir.“

„Gut. Dann will ich das mit ihm besprechen.“

Valentin Horvath lehnte sich vor und flüsterte Ilya zu: „Ich bin wirklich überrascht, wie gelassen du mit dieser Sache umgehst. Schließlich kommt es nicht oft vor, dass ein Mann schon beim ersten Zusammentreffen so vehement von seiner Braut abgelehnt wird. Vielleicht bin ich voreingenommen, aber so unattraktiv bist du doch gar nicht.“

Ilya presste die Lippen zusammen und zählte bis zehn, bevor er Valentin antwortete, der nicht nur sein Cousin, sondern auch sein bester Freund war. Valentin führte das Pharmaunternehmen der Horvaths in New York und war normalerweise ernsthafter als sein jüngerer Bruder Galen. „Ich habe erwartet, dass sie nervös ist.“

„Und wenn sie nun nicht zurückkommt?“, fragte Galen.

„Sie kommt zurück.“

„Mit Nagy dicht hinter ihr gibt es kein Entkommen“, sagte Valentin grinsend. „Wahrscheinlich kann Großmutter eine Niederlage nicht ertragen. Wir wissen ja, wie sehr sie sich immer für ihre Paare einsetzt.“

Ilya rollte mit den Augen. Das Gerede seines Cousins nervte, denn er wurde allmählich ungeduldig. Wo, um alles in der Welt, blieb seine Braut?

Als er sie in ihrem Hochzeitskleid gesehen hatte, war er hingerissen gewesen. Sie war wunderschön. Er hätte nie geglaubt, dass die burschikos wirkende junge Frau in Jeans und T-Shirt sich in ein so feminines Zauberwesen verwandeln könnte. Sie wirkte zerbrechlich, verletzlich und rührte sofort etwas in ihm an: sein Bedürfnis, für die zu sorgen und die zu beschützen, die ihm wichtig waren. Dass er genau das bereits für seine Braut empfand, hatte ihn selbst überrascht. Spontan wollte er ihr folgen, als sie den Gang hinunterlief, nachdem sie verkündet hatte, ihn nicht heiraten zu können. Und er hätte es getan, wenn Grandma ihm nicht signalisiert hätte, er solle die Sache ihr überlassen.

Wieder blickte er auf die Uhr. Fast zwanzig Minuten waren die beiden Frauen schon fort.

„Man wird nervös.“ Valentin ließ den Blick über die Gästeschar schweifen. Erstaunlich viele Verwandte und Freunde waren trotz der kurzfristigen Einladung gekommen. „Gut, dass du den Champagner entkorkt hast, Galen.“

Galen war der CEO der Horvath Hotelkette und hatte sofort reagiert, als die beiden Frauen den Ballsaal verließen. Kellner gingen mit gefüllten Champagnergläsern herum, was wohlwollend aufgenommen wurde. Ilya lehnte jedoch ab. Er wollte einen klaren Kopf behalten.

Es gab eine Bewegung an der Tür, und er eilte seiner Großmutter entgegen, die ihn schnell in den Flur zog. „Alles okay mit Yasmin?“

„Ja.“

„Ich frage mich immer noch, wie du auf die Idee kommen konntest, dass wir zusammenpassen. Doch ich verlasse mich auf dein Urteil. Wie ist es mit ihr? Sie ist kritischer, als ich dachte.“

„Vertrau mir. Du weißt, dass ich nur dein Bestes will.“ Alice tätschelte ihm die Wange. „Es gibt allerdings ein kleines Problem.“

Ein kleines Problem? Dass seine Braut sozusagen vorm Altar davongelaufen war, war ja wohl etwas mehr als nur ein kleines Problem.

„Sie stellt eine Bedingung.“

„So? Und welche?“

Carter Air ist ihr sehr wichtig. Sie ist nur dann bereit, dich zu heiraten, wenn du versprichst, nie mit ihr Geschäftliches zu besprechen und wenn eure Firmen getrennt bestehen bleiben. Also keine Übernahme, keine Zusammenarbeit, kein Informationsaustausch.“

„Das ist alles?“ Aufs Ganze gesehen war das wirklich nicht viel. Natürlich wollte sie ihre Firma schützen, und er war auch gar nicht daran interessiert, Carter Air zu übernehmen. Abgesehen von der üblichen Konkurrenzsituation wünschte er ihr nichts Schlechtes, das war nicht sein Stil. Er hatte sowieso nie verstanden, wieso dieser Hass zwischen ihren Familien herrschte, und das schon seit Generationen.

„Dann bist du einverstanden?“, fragte seine Großmutter lächelnd.

„Aber sicher, Nagy. Zeig mir, wo ich unterschreiben soll.“ Er sah, wie erleichtert sie war. Offenbar war das für sie wirklich eine große Sache.

„Danke, mein Junge. Vorläufig sollten wir es bei einer mündlichen Abmachung belassen, man weiß nie, ob sich die Umstände nicht mal ändern. Und da du einen so guten Ruf hast, ist Yasmin mit einer mündlichen Erklärung einverstanden.“ Sie schob ihn spielerisch in Richtung Tür. „Und nun geh rein und warte auf uns.“

„Dann geht’s jetzt weiter wie geplant?“

„Allerdings.“

2. KAPITEL

Alles schon da gewesen, dachte Yasmin, als sie sich zum zweiten Mal der hohen Flügeltür näherte. Sie würde heiraten. Dies war ihr Hochzeitstag. Sie zog das Ganze tatsächlich durch. Und damit wären ihre Probleme hoffentlich bald gelöst, zumindest die geschäftlichen. Die privaten, nun, das war etwas anderes.

Vor dem Teppich blieb sie stehen. Und plötzlich war Ilya an ihrer Seite.

„Yasmin Carter, willst du mich heiraten?“, fragte er leise und reichte ihr den Arm, um mit ihr zusammen nach vorn zu gehen.

Sie blickte hoch. In seinen blauen Augen stand Zuversicht und Herzenswärme. Seltsam, im Geschäftsleben waren sie harte Konkurrenten, und hier bot er ihr anscheinend Trost und Freundschaft an. Irgendwie ergab das keinen Sinn, denn sie kannte den Mann ja kaum. In diesem Augenblick hatte sie jedoch das verrückte Gefühl, dass er ihr den Weg in eine glückliche Zukunft öffnen könnte.

„Yasmin?“

„Ja, ich werde dich heiraten“, sagte sie, allerdings nicht so fest und überzeugt, wie sie es sich vorgenommen hatte. Ihre Stimme klang rau und atemlos.

„Wollen wir dann?“ Er wies mit dem Kopf auf den langen blauen Teppich.

Sie nickte und hakte sich bei ihm ein. Langsam schritten sie auf den lächelnden Mann zu, der die Trauung vornehmen sollte.

Von der Zeremonie selbst bekam Yasmin kaum etwas mit. Sie ging davon aus, dass sie die richtigen Worte zur richtigen Zeit gesagt hatte, denn ehe sie sichs versah, steckte Ilya ihr einen funkelnden Ring an den Finger, und die Ehe wurde als geschlossen verkündet.

Ilya beugte sich zu ihr herunter. Oh Gott, er will mich küssen, ging es ihr durch den Kopf, und ihr Herz hämmerte. Sie starrte ihn an, als sein Gesicht näher kam, er lächelte und hatte ein amüsiertes Glitzern in den Augen. Dann spürte sie seine Wärme und nahm seinen Duft wahr, ein herbes Cologne, das leicht nach Tannennadeln und Sandelholz roch. Als seine Lippen ihre berührten, überlief es sie heiß, ihr Atem stockte, und ihr war, als bliebe die Zeit stehen. Viel zu schnell richtete er sich wieder auf.

Die Hochzeitsgesellschaft klatschte, und Ilyas Trauzeuge und die Freunde johlten. Yasmin stand da wie erstarrt, sie fühlte immer noch seinen Kuss. Verrückt und wunderbar zugleich. Dann nahm sie den Applaus wahr, riss die Augen auf und sah direkt in Ilyas lächelndes Gesicht. Mein Ehemann …

„Vergiss nicht zu atmen, Yasmin“, flüsterte er ihr zu.

Ach so, ja. Sie holte tief Luft und wandte sich den Gratulanten zu. Ihre Mitarbeiter von Carter Air waren gekommen, was sie sehr freute, denn andere Freunde hatte sie nicht. Während sie lächelnd die Glückwünsche entgegennahm, ging ihr vieles im Kopf herum. Sie war verheiratet. Mit Ilya Horvath. Der Mann war gefährlich.

Ein einziger Kuss hatte sie vollkommen durcheinandergebracht. War sie so schwach, so leicht zu verführen? Sehnte sie sich so sehr nach einem Mann? Sie warf einen kurzen Blick auf Ilya, und sofort fühlte sie, wie ihre Erregung zunahm. Als er sich dann auch noch von der Person abwandte, mit der er sich gerade unterhalten hatte, und sie ansah, stieg ihr die Röte in die Wangen, und sie senkte schnell den Blick.

Plötzlich stand Alice Horvath vor ihr. Waren das tatsächlich Tränen in ihren Augen? Das konnte doch wohl nicht sein …

„Herzlichen Glückwunsch, meine Liebe, und herzlich willkommen in der Familie. Du gehörst jetzt zu uns.“

Autor

Yvonne Lindsay

Die in Neuseeland geborene Schriftstellerin hat sich schon immer für das geschriebene Wort begeistert. Schon als Dreizehnjährige war sie eine echte Leseratte und blätterte zum ersten Mal fasziniert die Seiten eines Liebesromans um, den ihr eine ältere Nachbarin ausgeliehen hatte. Romantische Geschichten inspirierten Yvonne so sehr, dass sie bereits mit...

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