Zu einem Milliardär sagt man nicht Nein

– oder –

 

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So etwas passiert nur in Las Vegas: Nachdem er sie vor einem zudringlichen Kerl gerettet hat, erlebt Gavin mit der schönen Cassidy eine unvergessliche Nacht voller Leidenschaft und Ekstase. Als er am nächsten Morgen aufwacht, ist das Bett neben ihm leer. Cassidy ist verschwunden. Umso besser, redet sich Gavin ein, dann kann ich meinen Flieger nehmen und mich wieder voll und ganz auf die Arbeit konzentrieren. Doch sechs Wochen später steht Cass überraschend vor seiner Tür - und behauptet Unglaubliches …


  • Erscheinungstag 21.02.2017
  • Bandnummer 1965
  • ISBN / Artikelnummer 9783733723613
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Gavin Kavanagh brauchte dringend eine Frau. Und zwar sofort. Allerdings waren Beziehungen nicht gerade seine Stärke – dafür war er viel zu gerne Einzelgänger und hatte darüber hinaus auch noch Bindungsängste. One-Night-Stands waren jedoch auch nicht nach seinem Geschmack. Deswegen ertrug er sein selbst auferlegtes Zölibat, bis der sexuelle Frust irgendwann seine guten Vorsätze zunichtemachte.

Zurzeit befand er sich in Vegas. Stellvertretend für einen kranken Freund hatte er spontan einen Vortrag vor einer großen Gruppe von Computer-Sicherheitsexperten gehalten. Obwohl es ihm nichts ausmachte, in der Öffentlichkeit zu sprechen, wäre er viel lieber in North Carolina geblieben.

Eilig bahnte er sich seinen Weg an gut besuchten Spieltischen und lärmenden Spielautomaten vorbei, um draußen frische Luft zu schnappen. Seit dem Mittag befand er sich in dem teuren Luxushotel, und inzwischen war es beinahe zweiundzwanzig Uhr.

Erleichtert blieb er kurz darauf auf dem Bürgersteig vor dem Gebäude stehen und betrachtete die grellen Leuchtreklamen und die Lichter der vorbeifahrenden Autos. Las Vegas – die Stadt der unbegrenzten Möglichkeiten und verlorenen Träume. Ort wilder Junggesellenabschiede und immerwährender Hoffnungen darauf, doch noch das große Los zu ziehen.

Die außergewöhnliche Stadt pulsierte förmlich vor Leben und hatte zweifellos eine Menge zu bieten. Las Vegas stand New York in nichts nach. Wer genügend Geld und Zeit besaß, konnte sich hier grenzenlos amüsieren.

Gavin Kavanagh hingegen konnte es kaum erwarten, endlich wieder nach Hause zu kommen. Obwohl er den Gedanken nicht unterdrücken konnte, dass er hier für ein paar hundert Dollar ganz leicht seiner drängenden Begierde nachgeben könnte, um endlich wieder für ein paar Monate Ruhe zu haben.

Doch so tief wollte er auf keinen Fall sinken, dass er für Sex bezahlte. Allerdings brachte er es auch nicht fertig, einer Frau einfach ein paar nette Komplimente zu machen, um sie so ins Bett zu bekommen. Was wiederum bedeutete, dass er eben ohne Sex auskommen musste. Verzweifelt presste er die Fingerspitzen an die Schläfen, um den stechenden Schmerz zu vertreiben, der ihn plagte. Heute Morgen war er um drei Uhr aufgestanden, um noch rechtzeitig seinen Flug zu bekommen. Vermutlich würde er in diesem Zustand sogar beim Sex einschlafen.

Ergeben seufzte er und ging ein Stück die Straße entlang, wobei er vermied, die freizügig gekleideten Damen vor den Nachtklubs näher zu betrachten. Er kam sich vor wie ein abstinenter Alkoholiker bei einer Weinverkostung.

Gavin bewegte sich zügig, in der Hoffnung, seine Libido in den Griff und mithilfe der frischen Luft wieder einen klaren Kopf zu bekommen.

Zu Hause in Silver Glen war es schon fast ein Uhr nachts. Obwohl er furchtbar erschöpft war, wusste er, dass er keinen Schlaf finden würde, bis er vor Müdigkeit einfach umfiel und somit das körperliche Verlangen zum Schweigen brachte – vorerst jedenfalls.

Als mittlerer von sieben Brüdern war Gavin schon immer ein einsamer Wolf gewesen. Seine jüngeren Geschwister waren ihm wie Babys vorgekommen, doch seine älteren waren viel zu cool gewesen, um sich mit ihm abzugeben. Es war beinahe so, als wäre er unsichtbar gewesen, denn im Gegensatz zu seinen Brüdern hatte er nie für großen Wirbel gesorgt.

Auch in der Schule fiel er nicht negativ auf. Er war immer gerne dorthin gegangen und kaum in nennenswerte Schwierigkeiten geraten. Obwohl er bereits in der elften Klasse groß, muskulös und sportlich gebaut gewesen war, hatte er viel lieber über den Büchern gesessen. Wenn es darauf ankam, verstand er es allerdings, sich zu behaupten. Daher hatte er auch keinen Sinn darin gesehen, sich mit anderen zu messen, denn dafür war ihm die Zeit zu kostbar.

Er bog in eine Nebenstraße ein, der er mehrere Blocks lang folgte, bevor er sich wieder auf den Rückweg zum Hotel machte. Hier gab es weniger Lärm, Licht und Versuchungen in Form von sinnlich gekleideten Damen. Er war jedoch nicht der Einzige, der sich um diese Zeit in der ruhigen Gegend aufhielt.

Als er nämlich an einer abgelegenen Seitenstraße vorbeikam, in der einige Lieferwagen geparkt hatten, wurde er unfreiwillig Zeuge eines hitzigen Streitgesprächs. Gavin blieb alarmiert im Sichtschutz eines Hauses stehen, denn er hatte eine Frauenstimme herausgehört.

„Lass mich endlich in Ruhe“, rief sie. „Es geht nicht immer alles nach deiner Nase.“

Vorsichtig spähte Gavin um die Hausecke und sah, wie ein Mann die Schultern einer Frau umfasste und sie heftig schüttelte. Der Typ war wenigstens zwei Mal so groß wie seine Kontrahentin. „Halt dich einfach da raus, Cass“, sagte er. „Oder du wirst es bereuen.“

Gavin hatte genug gesehen. „Hey, lassen Sie sie sofort los!“, rief er und ging auf den grobschlächtigen Kerl zu, der die Handgelenke einer zierlichen Brünetten umfasst hielt. Gavins Ruf lenkte den Mann einen winzigen Augenblick ab, den die Frau ausnutzte, um nach ihrem Gegner zu treten.

„Autsch, verdammt!“

Diese Gelegenheit ließ Gavin sich nicht entgehen und verpasste dem muskulösen Mann kurzerhand einen gezielten Kinnhaken, der ihn rückwärts straucheln und auf dem Kies ausrutschen ließ. Daraufhin schlug der Kerl mit dem Rücken auf dem Boden auf und rührte sich nicht mehr.

„Schnell“, sagte Gavin und zog die fremde Frau am Arm hinter sich her. „Wir wollen bestimmt nicht mehr hier sein, wenn er wieder aufwacht.“

„Aber wenn er verletzt ist?“

Ungläubig sah er die Frau einen Moment lang an. „Darum machen Sie sich wirklich Sorgen?“, fragte er.

„Nein, wie kommen Sie darauf?“, erwiderte sie hastig, sah jedoch unschlüssig zu ihrem Angreifer zurück.

Trotz langer, dichter Wimpern und sinnlich geformter Lippen war die junge Frau nach ihrem Erlebnis ganz sicher nicht dazu geeignet, Gavins brennende Begierde zu stillen. Ihm stand der Sinn nach schnörkellosem Sex, hart und schnell. Mit so einem Vorschlag würde er die Kleine, die völlig unschuldig aussah, vermutlich zu Tode erschrecken.

Trotzdem konnte er der Versuchung nicht widerstehen, sie zu berühren. Er strich eine Haarsträhne aus ihrem Gesicht und streichelte mit dem Daumen über ihre Wange. „Keine Sorge“, sagte er. „Ich lasse nicht zu, dass Ihnen etwas geschieht. Das schwöre ich.“

„Sie sind sehr freundlich“, erwiderte sie und sah ihm in die Augen.

Plötzlich hatte er das Gefühl, das alles schon einmal erlebt zu haben. „Nein, bin ich nicht“, widersprach er. „Aber ich kann Männer nicht ausstehen, die Frauen in die Enge treiben.“ Eigentlich hätte er die ganze Nacht hier stehen bleiben und sie ansehen können. Unvermittelt empfand er Gefühle, die ihn verwirrten und gleichzeitig erregten.

Mühsam konzentrierte er sich wieder auf ihre Situation. „Wir sollten jetzt gehen“, schlug er vor und berührte ihren Arm, um sie sacht nach vorne zu schieben. Obwohl sie Schuhe mit hohen Absätzen trug, konnte sie mühelos mit ihm Schritt halten. Fest hielt sie die kleine Handtasche umklammert, die sie über der Schulter trug. „Mein Auto steht am Hotel“, sagte Gavin. „Ich kann Sie nach Hause fahren.“

„Nein“, entgegnete sie heftig. „Er weiß, wo ich wohne.“

Ach, du lieber Himmel, dachte Gavin. „Okay. Aber wir verständigen die Polizei. Sie müssen unbedingt Anzeige erstatten“, stieß er hervor. Es war etwas schwierig, sich zu unterhalten, während sie nahezu rannten. Vermutlich war ihre Eile völlig unbegründet, denn es sah nicht danach aus, dass der Typ ihnen folgte.

„Ich habe Seitenstiche“, beschwerte seine Begleiterin sich. „Und ich möchte nicht, dass die Polizei eingeschaltet wird.“ Erschöpft blieb sie stehen und lehnte sich gegen einen Briefkasten.

Fasziniert beobachtete Gavin ihre Brust, die sich unter ihren raschen Atemzügen hob und senkte. Beschämt versuchte er, seine Aufmerksamkeit auf etwas anderes zu richten.

„Wie weit ist es denn noch?“, fragte sie.

„Es ist gleich der nächste Block“, antwortete Gavin. „Hat er Ihnen wehgetan?“ Der Kerl hatte sie seinem Wissen nach zwar nur geschüttelt, aber das reichte eigentlich schon aus. Wer wusste schon, wie der Streit eskaliert wäre, wenn Gavin sich nicht eingemischt hätte?

„Es geht mir gut“, behauptete die Frau, richtete sich wieder auf und musterte ihn ungeniert von Kopf bis Fuß. „Sie könnten mich ja mit auf Ihr Hotelzimmer nehmen“, schlug sie vor. „Dort könnte ich mich ein bisschen erholen.“

„Ich … ich weiß nicht, ob das besonders schlau wäre“, stieß er hervor und hörte beinahe den Klang von Höhlentrommeln in seinem Kopf. Wollte sie vielleicht auf diese Weise überprüfen, ob sie ihm vertrauen konnte?

„Keine Sorge. Ich mache Ihnen keine Umstände. Es sei denn, Sie möchten das gerne“, entgegnete sie verschmitzt. „Aber ich möchte jetzt nicht allein sein. Bitte.“

Grundgütiger! Wenn er sich nicht täuschte, erkannte er sexuelles Interesse in ihrem Blick. Er räusperte sich. „Wenn Sie wollen. Kommen Sie.“

Als er dieses Mal das belebte Foyer mit den Spielautomaten und Tischen durchquerte, nahm er die anderen Menschen kaum wahr. Seine Aufmerksamkeit galt einzig und allein der Frau, die er soeben gerettet hatte. Er hielt ihr Handgelenk umfasst, während er sie durch die Menschenmenge zog und dabei ihren Pulsschlag spürte. Erst im Fahrstuhl hatte er Gelegenheit, die geheimnisvolle Fremde genauer zu betrachten, während sie verlegen auf den Boden sah.

Das kinnlange dunkle, lockige Haar umrahmte ein herzförmiges Gesicht, und obwohl sie bestimmt nur einen Meter und sechzig groß war, wirkte sie dank ihrer bemerkenswerten Schuhe annähernd so groß wie Gavin mit seinen einhundertachtzig Zentimetern.

Himmel, wie sehr er solche Schuhe liebte! Er stellte sich vor, wie sie nichts als diese sündhaft sinnlichen Pumps trug, wenn er sie in sein Bett legte und …

Ruhig Blut, Junge, ermahnte er sich in Gedanken. Er hatte sich doch vorgenommen, die Lage dieser hilflosen Frau nicht schamlos auszunutzen, oder etwa nicht?

Dummerweise war sie genau an den richtigen Stellen wunderbar weiblich gerundet, und ihr Dekolleté, das sich in dem tief ausgeschnittenen, silberfarbenen Abendkleid zeigte, war einfach atemberaubend. Genau wie das glänzende Material des Kleides, das sich wie eine zweite Haut an diesen sexy Körper schmiegte.

Gavin erschrak ein wenig vor der Intensität der Begierde, die von ihm Besitz ergriff. Aber das lag vermutlich nur daran, dass er schon so lange nicht mehr mit einer Frau geschlafen hatte, beruhigte er sich selbst. Eigentlich war sie wirklich nichts Besonderes. „Wie heißen Sie?“, fragte er.

Als sie ihn lächelnd ansah, hatte er das Gefühl, vor Erregung gleich in Flammen stehen zu müssen.

„Cassidy. Cassidy Corelli. Meine Freunde nennen mich Cass. Und wer sind Sie?“

„Gavin Kavanagh.“

Ein „Ping“ kündigte an, dass sie zwischenzeitlich die gewählte Etage erreicht hatten. Gemeinsam verließen sie den Fahrstuhl und gingen den Flur entlang bis zu Gavins Zimmer. Nachdem er die Schlüsselkarte durch das Schloss gezogen und die Tür geöffnet hatte, trat er ein Stück beiseite, um seinem Gast den Vortritt zu lassen.

Interessiert betrachtete Cassidy die geschmackvoll eingerichtete Luxussuite. „Entweder haben Sie viel Glück im Spiel, oder Sie sind ziemlich wichtig.“

„Kann man nicht unbedingt behaupten.“ Er setzte sich in einen Sessel und bemühte sich darum, entspannt auszusehen. Womöglich würde er seine Besucherin schnell in die Flucht schlagen, wenn er ihr offenbarte, wie sehr er innerlich vor Lust brannte. „Ich spiele nicht. Ein Freund von mir sollte hier eigentlich einen Vortrag halten, er ist aber krank geworden. Ich habe ihn vertreten.“

Als ob es das Normalste auf der Welt wäre, schlüpfte Cassidy aus ihren Schuhen und ging zur Minibar. Ohne eine Aufforderung abzuwarten, holte sie einen Softdrink und eine Dose Nüsse heraus. „Sie haben doch nichts dagegen, oder? Ich habe das Abendessen verpasst und sterbe fast vor Hunger.“

„Bitte, tun Sie sich keinen Zwang an“, entgegnete er und verschluckte sich fast, als sie sich kurz darauf in den gegenüberliegenden Sessel setzte und der Saum ihres Kleides so weit über ihre Schenkel nach oben rutschte, dass Gavin äußerst tiefe Einblicke erhielt.

Verlegen räusperte er sich. „Haben Sie ein Telefon, oder wollen Sie meins benutzen?“

Sie trank einen Schluck Wasser und vollbrachte das Kunststück, gleichzeitig völlig entspannt und trotzdem ladylike zu wirken. „Wozu brauche ich ein Telefon?“

„Um die Polizei zu verständigen?“ Ihre stoische Gelassenheit zerrte an seinen Nerven. Machte es ihr etwa Spaß, ihn derart auf die Folter zu spannen?

Cassidy rümpfte die zierliche, perfekt geformte Nase. „Ich glaube nicht, dass das besonders schlau wäre. Würde nur für Ärger in der Familie sorgen.“

„Das klingt ja fast nach Mafia.“

„Grundgütiger, nein“, rief sie.

„Sind Sie dann mit dem Typen verheiratet?“, erkundigte er sich. Es musste ja schließlich nichts zu bedeuten haben, dass sie keinen Ring trug.

Verdutzt sah sie ihn an, und erst jetzt fiel Gavin auf, dass ihre Lippen farblich mit dem Lack auf ihren Zehennägeln harmonierten. „Ich bin nicht verheiratet“, entgegnete sie. „Und auch nicht anderweitig vergeben.“

„Wie alt sind Sie eigentlich?“ Unter anderen Umständen hätte er nie so früh etwas Persönliches gefragt, aber er wollte sich auf keinen Fall hinterher wegen Verführung Minderjähriger verantworten müssen.

„Dreiundzwanzig“, erwiderte sie zu seiner großen Erleichterung.

„Gut.“

„Warum ist das gut?“, erkundigte sie sich neugierig.

„Weil ich keine Lust habe, im Gefängnis zu landen, wenn ich Ihrer Einladung folge“, entgegnete er lächelnd.

„Welcher Einladung?“, fragte sie unschuldig, doch er sah ihrem Blick an, dass sie sehr wohl wusste, was er meinte, und die Situation durchaus anregend fand.

Es wäre besser, die Dinge langsamer anzugehen, dachte Gavin, denn er kannte diese Frau ja gar nicht. Doch Cassidy war warmherzig, spontan und humorvoll – alles Eigenschaften, die in seinem Leben so gut wie gar nicht vorkamen. Es schien, als hätte sie einen Zauber um ihn gewoben, der ihn magisch anzog. Doch er hatte sich schon einmal böse die Finger verbrannt, weswegen er Frauen gegenüber jetzt immer misstrauisch war.

„Sie brauchen gar nicht so schüchtern zu tun. Bestimmt haben Sie mir nicht ohne Grund erzählt, dass Sie zurzeit in keiner festen Beziehung sind“, erwiderte er.

„Aha.“ Genüsslich aß sie ein paar Nüsse und trank anschließend einen Schluck Wasser. „Warum spielen Sie eigentlich nicht?“

Ihre Frage traf ihn völlig unvorbereitet. „Ich bin ziemlich gut in Mathe. Daher weiß ich, dass das Haus immer gewinnt“, erwiderte er schulterzuckend. „Ich ziehe es jedoch vor, das Ergebnis selbst festzulegen.“

„Oh, Sie wissen, was Sie wollen. Das mag ich an einem Mann.“

„Haben Sie sich deswegen auf diesen Schlägertypen eingelassen?“, fragte er.

„Glauben Sie mir“, antwortete sie. „Das war wirklich nicht geplant.“

„Worüber haben Sie sich denn gestritten?“

„Darüber möchte ich lieber nicht sprechen.“

„Sie würden mit einem völlig Fremden schlafen, aber keine einfache Frage beantworten?“

Sie errötete und stand auf. „Wer sagt denn, dass ich mit Ihnen schlafen will?“

Unverhohlen blickte er sie an und machte keinen Hehl mehr aus seiner Absicht. „Keine Spielchen, Cass. Sie haben mir das ziemlich eindeutig gezeigt. Bleiben Sie oder gehen Sie. Es liegt ganz bei Ihnen.“

Cassidy erschauerte wohlig. Gavin Kavanagh war ein richtiger Mann und kein Junge. Er hatte sie aus einer seiner Meinung nach gefährlichen Situation gerettet, ohne sich um seine eigene Sicherheit zu kümmern. Obwohl sie durchaus in der Lage war, auf sich selbst achtzugeben, fand sie seine männliche Ausstrahlung sehr anziehend.

Er war ein äußerst attraktiver Mann mit dunkelblondem, kurz geschnittenem Haar und graublauen Augen. Ein Mann, der anscheinend genau wusste, was er wollte. Er war groß, breitschultrig und unverschämt selbstsicher – besonders Letzteres fand Cassidy über die Maßen erregend. Sie spürte, wie ein heißes Sehnen in ihrem Körper erwachte.

„Also? Wie lautet Ihre Antwort?“, fragte er ungeduldig.

„Na, sind wir ein wenig mürrisch?“, erkundigte sie sich und hoffte, dadurch Zeit gewinnen zu können, um ihre Entscheidung zu überdenken. Wenn sie jetzt nicht zugriff, würde sie diesen Mann nie wiedersehen. Sie war es allmählich leid, immer nur Daddys gutes Mädchen zu spielen. Jeder schien von ihr zu erwarten, dass sie wie eine Nonne lebte. Wäre ihre Mutter noch am Leben, dann hätte Cassidy mit ihr über ihren Plan reden können, auf Mr. Right zu warten. Inzwischen kam sie sich jedoch wie die älteste Jungfrau auf Erden vor. Aber bisher war sie noch niemandem begegnet, der sie auch nur annähernd in Versuchung geführt hätte.

Doch vielleicht hing sie ja auch nur einer romantischen Wunschvorstellung nach, die sich niemals erfüllte und die es nur in Büchern und Filmen gab.

Sie holte tief Luft. Zum Teufel mit ihrem Status als Erstgeborene, die immer nur das Richtige tat. Zwar hatte sie sich bisher für einen weißen Ritter in glänzender Rüstung aufgespart, doch das Schicksal hatte ihr ausgerechnet diesen schroffen und leicht abweisend wirkenden Typen über den Weg laufen lassen, zu dem sie sich aus unerklärlichen Gründen hingezogen fühlte.

Also nahm sie ihren ganzen Mut zusammen, ging zu ihm hinüber, setzte sich auf seinen Schoß und schlang den Arm um seinen Nacken. „Vielleicht küsst du mich mal, dann fällt es mir leichter, mich zu entschieden.“

Kurz darauf spürte sie seine warme, kräftige Hand auf ihrer Hüfte und atmete den betörend männlichen Duft seines Eau de Cologne ein, das ihre Sinne berauschte. Plötzlich wurde ihr klar, wie sehr sie sich nach wildem, hemmungslosem Sex mit diesem Mann sehnte.

„Eigentlich sollte ich dich vor die Tür setzen“, sagte er leise. „Du bist eine Bedrohung für alle Männer auf dieser Welt.“

„Wirklich?“ Meinte er das tatsächlich?

„Du spielst ein gefährliches Spiel.“

In seinem Blick erkannte sie, dass er ihr immer noch nicht traute. „Komm schon“, sagte sie lächelnd und legte eine Hand auf seine Wange. „Wenn du willst, gehe ich natürlich. Aber ich würde viel lieber bleiben.“

Ziemlich lange ließ er sie auf eine Antwort warten – dreißig Sekunden oder vielleicht noch länger. Doch dann spürte sie deutlich, dass sie den stummen Zweikampf gewonnen hatte. Mit der freien Hand fasste er in ihr Haar und zog sie so dicht an sich heran, dass ihre Lippen sich beinahe berührten.

„Gavin …“ Sie hatte keine Ahnung, was sie eigentlich hatte sagen wollen, denn als ihre Lippen sich berührten, kam es ihr so vor, als hätte ihr Gehirn einen Kurzschluss erlitten. Er verstand es wirklich, fantastisch zu küssen. Auf einer Skala von null bis zehn würde sie ihm eine Dreizehn geben. Unglücklicherweise waren sie beide immer noch vollständig angezogen.

Er nahm sich Zeit, bis sich schließlich ihre Zungen zu einem höchst erregenden Tanz trafen, dem Cassidy sich wohlig erschauernd hingab. Dieser Kuss schien wie ein Versprechen auf das vor ihnen liegende erotische Spiel zu sein.

Als sie kurz nach Luft schnappte, unterbrach Gavin den heißen Kuss und sah sie an, den Blick dunkel vor Lust. „Mir ist immer noch nicht klar, warum du hier bist“, stieß er heiser und etwas anklagend hervor.

„Ich kann ja gehen.“ Wahrscheinlich wäre es wirklich das Beste für sie. Das hier schien wesentlich mehr zu werden als nur eine persönliche Bestätigung ihrer Unabhängigkeit – wesentlich gefährlicher.

„Machst du so etwas oft?“

„Nein“, entgegnete sie verärgert. „Du etwa?“

„Nein, nie.“ Er lächelte. „Vielleicht sind wir vom Vegasfieber befallen. Ich habe davon gehört.“

„Das würde ich merken“, erklärte sie. „Ich bin schließlich hier geboren.“

„Und ich nur ein unschuldiger Tourist.“

„Wie wäre es dann, wenn ich dir ein paar Sehenswürdigkeiten zeige?“, fragte sie.

„Ich fliege aber schon morgen wieder nach Hause.“

„Dann haben wir immer noch diese Nacht.“ Sie wollte endlich wissen, wie es war, sich als Frau zu fühlen.

Spielerisch berührte er den Ausschnitt ihres Kleides. Allein das Gefühl seiner warmen Finger auf ihrer Haut ließ ihre Brustwarzen vor Erregung steif werden.

„Die einzige Sehenswürdigkeit, für die ich mich im Moment interessiere, befindet sich in diesem Zimmer“, sagte er geradeheraus. Keine Komplimente, kein Geschwafel. Doch die Sehnsucht, die sich in seinen Augen widerspiegelte, entschädigte Cassidy für seinen mangelnden Charme. Außerdem hatte er ihr eben da draußen beigestanden. Das würde doch nur ein Mann mit hohen moralischen Ansprüchen tun, oder etwa nicht?

Schon immer hatte sie Menschen gut einschätzen können. Diese Fähigkeit war unentbehrlich, wenn man in Vegas aufwuchs und darüber hinaus noch aus einer reichen Familie stammte. Ihr Instinkt verriet ihr, dass Gavin Kavanagh ein guter Mann war. Und er würde morgen früh wieder abreisen. Bisher hatte sie immer getan, was man von ihr erwartete, aber heute Nacht bot sich ihr endlich eine einmalige Gelegenheit, ihre wilde Seite zu erkunden. Sie musste sich nur trauen.

„Ich würde gerne kurz duschen“, sagte sie schließlich.

„Darf ich dir Gesellschaft leisten?“

So höflich! Trotzdem schien es nicht wirklich als Frage gemeint gewesen zu sein. Sie schluckte. „Ich schätze, ja.“

Er hob sie von seinem Schoß, sodass ihre Füße wieder den Boden berührten. Doch ihre Beine schienen auf einmal weich wie Spaghetti zu sein, und ihr Herz trommelte wie wild in ihrer Brust.

„Dein Haar gefällt mir“, erklärte er und zerzauste es, womit die Frisur unwiederbringlich dahin war.

Jedes Mal, wenn sie dachte, dass er jetzt langsam zur Sache käme, überraschte er sie erneut. Die Männer, die sie bisher kennengelernt hatte, verfügten in der Regel nicht über so viel Geduld, wenn es um Sex ging. Gavin hingegen schien einen unerschöpflichen Vorrat davon zu besitzen.

„Danke schön“, entgegnete sie.

„Kein Grund, schüchtern zu werden“, erwiderte er lachend, bevor er ihre Hand ergriff, um mit ihr gemeinsam über den dicken Teppich zum luxuriös eingerichteten Badezimmer zu gehen.

Fragend sah Cassidy zu der großen Wanne hinüber, doch Gavin schüttelte den Kopf. „Später“, erklärte er und betätigte den Wasserregler der Duschkabine. „Letzte Chance.“

Sie waren beide barfuß, ansonsten jedoch noch vollständig angezogen. Cassidy konnte also immer noch ihr Heil in der Flucht suchen. Plötzlich geriet ihr Selbstvertrauen ins Wanken. Wollte sie sich wirklich ausziehen, um mit einem völlig Fremden zu duschen?

Flüchtig sah sie in den Spiegel und erkannte die Frau kaum wieder, die sie dort erblickte. „Hast du vielleicht etwas Wein?“

„Musst du dir erst ein bisschen Mut antrinken?“

„Mach dich nicht lustig über mich“, sagte sie. „Du bist eben ein einschüchternder Mann.“

„Und genau aus diesem Grund hast du darauf bestanden, mit auf mein Zimmer zu kommen und dich mir an den Hals zu werfen.“

Beschämt musste sie sich eingestehen, dass das aus seiner Sicht wirklich so wirken musste. Wie sollte sie ihm erklären, dass sie sich unerklärlicherweise zu ihm hingezogen fühlte? „Ich bin kein Profi in solchen Dingen, also sei bitte nicht enttäuscht.“

„Ich hätte dich auch nicht für eine Professionelle gehalten.“

„Du weißt schon, was ich meine. Ich habe so etwas noch nie getan.“

„Sex? Oder jemanden verführt?“

„Ich habe dich nicht verführt“, widersprach sie, obwohl sie sich insgeheim darüber freute, dass er ihr das zutraute.

Lächelnd nickte er. „Ich gestehe, dass ich auf dich stehe. Du bist wirklich eine sehr attraktive Frau.“

Das gab den letzten Ausschlag, und ihre Entscheidung zu bleiben war gefallen. „Wie wäre es dann, wenn du uns etwas Wein holst, während ich mich ausziehe?“

2. KAPITEL

Gavins Hände zitterten leicht, als er die Flasche Zinfandel entkorkte. Trotzdem gelang es ihm, zwei Gläser zu befüllen, ohne etwas zu verschütten. In seinem Bad befand sich eine nackte, junge Frau … und zwar die schönste Frau, die er je in seinem Leben gesehen hatte. Cassidy Corelli war in jeder Beziehung ein wahr gewordener Männertraum.

Ihr fröhliches, mediterranes Temperament und ihr attraktives Äußeres waren einfach unwiderstehlich. Allerdings glaubte er nicht an schicksalhafte Begegnungen, dafür war er viel zu sehr ein Kontrollfreak. Trotzdem hatte eine unsichtbare Macht ihn und Cassidy im richtigen Moment aufeinandertreffen lassen. Es lag jetzt ganz bei ihm, was er aus dieser Gelegenheit machte.

Er trug die Weingläser ins Bad und blieb wie angewurzelt stehen, als er sah, dass Cassidy sich bereits ausgezogen und einen der Hotelbademäntel übergestreift hatte, der viel zu groß für sie war. Vermutlich versuchte sie damit, ihre Unsicherheit zu überspielen. Sie sah entzückend unschuldig aus, wie sie barfuß mit vor Aufregung geröteten Wangen vor ihm stand.

„Die meisten Leute ziehen sich erst nach dem Duschen einen Bademantel an“, kommentierte er trocken.

„Mir war kalt“, sagte sie.

Gavin beschloss, darüber hinwegzusehen, dass im Bad behagliche Wärme herrschte. Dabei hatte er das Wasser in der Dusche bereits wieder abgedreht, nachdem ihm klar geworden war, dass sie nicht gleich zur Sache kommen würden.

„Trink einen Schluck“, forderte er Cassidy auf und reichte ihr ein Glas. „Das beruhigt die Nerven.“

Misstrauisch betrachtete sie ihn über den Rand ihres Weinglases hinweg. „Wer sagt denn, dass ich nervös bin?“

Lässig lehnte er sich gegen den Waschtisch und leerte mit einem Zug sein Glas zur Hälfte. „Bist du das denn nicht? Solltest du es nicht sein?“

„Eigentlich nicht. Es sei denn, du bist ein durchgeknallter Psychopath.“

„Findest du nicht auch, dass es jetzt ein bisschen spät ist, um sich darüber Sorgen zu machen?“

Autor

Janice Maynard
Janice Maynard wuchs in Chattanooga, Tennessee auf. Sie heiratete ihre High-School-Liebe während beide das College gemeinsam in Virginia abschlossen. Später machte sie ihren Master in Literaturwissenschaften an der East Tennessee State University. 15 Jahre lang lehrte sie in einem Kindergarten und einer zweiten Klasse in Knoxville an den Ausläufern der...
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