Bianca Exklusiv Band 276

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RACHELS TRAUM von AMBROSE, ELISSA
Die große Liebe erwartet Rachel gar nicht mehr. Aber sie möchte ihre Tochter wiedersehen, die sie vor zwölf Jahren zur Adoption freigeben musste. Und so beschließt sie, in die Nähe von Megan und ihrem Adoptivvater zu ziehen … ohne den beiden jedoch zu verraten, wer sie ist ...

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WAS UNS FEHLT IST LIEBE von CAJIO, LINDA
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  • Erscheinungstag 07.10.2016
  • Bandnummer 0276
  • ISBN / Artikelnummer 9783733732776
  • Seitenanzahl 384
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Elissa Ambrose, Sally Carleen, Linda Cajio

BIANCA EXKLUSIV BAND 276

1. KAPITEL

Middlewood, 50 Meilen.

Das Schild am Straßenrand huschte vorüber. Noch fünfzig Meilen bis in ihre Zukunft. Weniger als eine Stunde entfernt.

Rachel blickte auf den Tacho und widerstand dem Drang, das Gaspedal durchzutreten. Warum die Eile? Welchen Unterschied machten schon ein paar Minuten? Sie hatte bereits zwölf Jahre gewartet – zwölf lange, schmerzliche Jahre.

Sie umklammerte das Lenkrad, als sie an die fünf schlichten Worte des Privatdetektivs dachte. Fünf schlichte Worte, die ihr Leben für immer verändert hatten.

Sie leben in Middlewood, Connecticut.

So nahe. Wie war es nur möglich, dass sie es nicht gespürt hatte?

Anderthalb Stunden nach der Abfahrt in Hartford checkte sie in das Gasthaus Colonial Inn ein. Ihr Zimmer mit Bad war behaglich, überstieg aber ihr Budget. Sie musste sich schleunigst ein kleines, billiges Apartment suchen. Der Privatdetektiv war teuer gewesen, und sie zahlte immer noch Miete in Hartford. Wenn ihr Plan aufging, brauchte sie die Wohnung dort natürlich nicht mehr.

Nachdem sie ausgepackt hatte, machte sie sich frisch und schlüpfte in ein grünes Leinenkostüm. Sie wollte professionell und doch feminin wirken. Attraktiv, aber nicht zu aufgetakelt.

Sie blickte zur Uhr. Ihr blieb noch eine halbe Stunde. Sie setzte sich an den Schreibtisch, öffnete ihren Aktenkoffer und holte ein Foto aus dem großen Umschlag.

Das Mädchen auf dem Bild, mit den langen Wimpern und hohen Wangenknochen, mochte auf andere zart wirken, aber Rachel ließ sich nicht irreführen. Das herzförmige Gesicht, von schulterlangen roten Locken umrahmt, ließ sie sanft erscheinen, aber die Augen blickten eindringlich und herausfordernd.

Rachel lächelte vor sich hin. Sie hatte sich immer vorgenommen, ihr Baby Katie zu nennen – nach ihrer Großmutter Katie McCarthy, einer eigensinnigen, stolzen Person, die nie einer Herausforderung ausgewichen war.

„Katie“, flüsterte sie und strich mit einem Finger über das Gesicht ihrer Tochter, die sie mit siebzehn, vor zwölf Jahren, zur Adoption freigegeben hatte. Laut dem Bericht des Privatdetektivs hieß sie Megan.

Jahrelang hatte Rachel davon abgesehen, nach ihr zu suchen. Sie hatte sich eingeredet, dass sie kein Recht hatte, sich in das Leben ihrer Tochter einzumischen, die bestimmt glücklich war, die behütet und geliebt wurde.

Jahrelang hatte sie versucht, die Sehnsucht zu ignorieren, und jahrelang war es ihr misslungen. Dann hatten die Träume eingesetzt, und die Sehnsucht war übermächtig geworden. Als die Träume sie schließlich vor einer Gefahr gewarnt hatten, war sie ausgezogen, um ihre Tochter zu suchen.

Und nun war die Suche vorüber.

Rachel holte ein zweites Foto heraus. Sie musste zugeben, dass Adam Wessler, Megans Adoptivvater, gut aussah. Sein markantes Gesicht deutete auf Fairness und Integrität, aber war es ein gütiges Gesicht? Ein mitfühlendes Gesicht? Um ihrer Tochter willen hoffte sie es inbrünstig.

Erneut blickte sie zur Uhr. Es war Zeit zu gehen. Sie steckte die Fotos zurück in den Umschlag, nahm Handtasche und Aktenkoffer und verließ das Gasthaus.

Eigentlich hatte sie beabsichtigt, mit dem Auto zu fahren, denn es waren starke Regenfälle vorausgesagt worden. Doch der Himmel war strahlend blau, und keine Wolke war in Sicht. Spontan beschloss sie, zu Fuß zu gehen.

Sie hatte einen Sommer lang Zeit, ein wesentlicher Teil von Megans Leben zu werden. Erst wenn ihr das gelungen war, wollte sie ihre wahre Identität enthüllen. Und welcher Mensch würde jemanden abweisen, der seiner Tochter so wichtig geworden war?

Aber wenn er es doch tat? Was war, wenn er sie ausschloss, sobald ihr Geheimnis gelüftet war?

Eine weitere, dringendere Sorge beschlich sie. Was war, wenn das Einstellungsgespräch schief lief?

Rote und gelbe Tulpen säumten den gepflasterten Gehweg und verneigten sich vor ihr in der leichten Brise, doch sie achtete kaum darauf. Im Geiste sah sie Adams Gesicht vor sich.

Aus einem Zeitungsausschnitt, den ihr der Privatdetektiv geschickt hatte, wusste sie, dass Adam kürzlich seine Stellung an der Highschool aufgegeben hatte, um das neue Gemeindezentrum zu leiten, und dass er Personal suchte. Es war kein Zufall, dass es sich bei einer der freien Stellen um eine Schauspiellehrerin handelte und sie die perfekte Kandidatin war. Es war Schicksal.

Ein Spaziergang von fünf Minuten brachte sie zu einem supermodernen, großen Bauwerk aus Backstein und Glas. Der Komplex erhob sich vor ihr wie eine abweisende Festung. Das war das Gemeindezentrum einer Kleinstadt? Unschlüssig blieb sie auf den Stufen stehen und erwog, sich abzuwenden und nach Hause zurückzukehren. Aber was für ein Leben führte sie in Hartford? Ohne Megan war es bedeutungslos. Nichts anderes konnte die Leere in ihr füllen, die wie ein Brunnen von Jahr zu Jahr tiefer und breiter wurde.

Während sie sich zögernd den riesigen Glastüren näherte, blickte sie zu dem Komplex, der sich an das Hauptgebäude anschloss. Das Gemeindezentrum war nicht nur Mittelpunkt für die schönen Künste, sondern diente auch für Freizeitaktivitäten von Yoga bis Eiskunstlauf. Eine Eisbahn am Arbeitsplatz zu haben, war unbestritten ein großer Vorteil. Zusammen mit Megan Schlittschuh zu laufen, konnte eine Verbindung zwischen Mutter und Tochter knüpfen.

Mit frischem Mut betrat Rachel die Eingangshalle. Fröhliche, leuchtende Aquarelle zierten die Wände. Eines fesselte ihre Aufmerksamkeit. Es zeigte einen Marktplatz mit fünf Kindern in Mänteln und Handschuhen, die gerade einen Schneemann bauten. Die Sonne fiel auf den Schnee, erschuf ein Kaleidoskop an Farben und erweckte den Zauber der Kindheit zum Leben.

„Es ist wundervoll, nicht wahr?“, fragte eine Stimme hinter ihr. „Es ist das Werk unserer besten Künstlerin, Laura Matheson-Logan. Ihr Mann, Jake Logan, hat diesen Komplex erbaut und das Gemälde gestiftet.“

„Es ist wunderschön“, sagte Rachel, den Blick auf das Bild geheftet. „Ich beneide Künstler. Sie haben diese erstaunliche Gabe, eine Illusion einzufangen und zu etwas Permanentem zu machen.“ Sie drehte sich zu der Frau um. „Ich bin beim Theater. Sobald das Stück vorüber ist, bleibt nichts weiter als eine Erinnerung.“

„Ich weiß, was Sie meinen. Aber ich bewundere Menschen, die aus dem Effeff Gemütsbewegungen erzeugen können. Die Stimmung mag vergänglich sein, aber das ist das Leben doch auch.“ Die Frau lächelte. „Ich bin Doreen Parker, die Direktionsassistentin. Momentan bin ich Empfangsdame, Sekretärin und allgemein Mädchen für alles. Wir haben erst vor ein paar Tagen eröffnet, und wie Sie sehen, stecken wir mitten im Chaos.“ Sie deutete zu zahlreichen Kisten an den Wänden. „Wie kann ich Ihnen helfen?“

„Ich bin Rachel Hartwell.“ Obwohl sie seit zwei Jahren als Single lebte, trug sie noch ihren Ehenamen. Zumindest war die Ehe nicht ganz umsonst, dachte sie sarkastisch. „Ich habe einen Termin bei Mr. Wessler.“

Doreen musste bereits um die sechzig sein, aber sie sah keineswegs matronenhaft aus. Ihr dunkelblaues Schneiderkostüm war schlicht, aber dennoch schick, und ihr Haar war zu einem eleganten Knoten hochgesteckt. Rachel wurde bewusst, dass auch sie gemustert wurde, und wusste instinktiv, dass dem prüfenden Blick nicht viel entging.

„Entschuldigen Sie, dass ich Sie so anstarre“, sagte Doreen. „Aber Sie kommen mir irgendwie bekannt vor. Sind wir uns schon mal begegnet?“

Rachels Herz setzte einen Schlag lang aus. Ihre Mutter war im Nachbarort Ridgefield aufgewachsen und erst einen Monat vor Rachels Geburt nach Hartford gezogen. Hatte Doreen sie womöglich gekannt? Waren ihr vielleicht Jahre später Gerüchte über Beth Cunninghams zügellose schwangere Tochter zu Ohren gekommen?

Erneut war Rachel ihrem Exmann dankbar, dass er ihr seinen Namen gegeben hatte. „Ich komme aus Hartford“, sagte sie ausweichend. „Ich bin durch und durch ein Großstadtmensch.“

„Middlewood ist zwar keine Großstadt, aber es wird Ihnen bestimmt gefallen. Kommen Sie mit. Ich bringe Sie zu Adams Büro.“

Rachel folgte ihr über einen langen Korridor. „Haben Sie keine Angst vor Diebstahl?“, fragte sie, als sie um eine Ecke bogen. Alle Fenster der Empfangshalle standen weit offen, damit der Geruch nach frischer Farbe abziehen konnte. „Gibt es keine Alarmanlage?“

Doreen lachte. „Sie sind wirklich ein Großstadtmensch.“ Dann wurde sie ernst. „Ich muss zugeben, dass es auch in Middlewood Verbrechen gibt. In letzter Zeit wurde ein paar Mal eingebrochen. Aber das waren wohl nur Kids, denn es wurde nichts weiter als CDs und DVDs entwendet. Aber um Ihre Frage zu beantworten, wir aktivieren eine Alarmanlage, wenn das Zentrum geschlossen ist. So, da sind wir.“ Sie klopfte an eine unlackierte Holztür und öffnete, ohne auf eine Antwort zu warten.

Der Raum wirkte leer. „Der verdammte Pfosten will einfach nicht halten“, knurrte eine tiefe Stimme aus einem Schrank. „Wo steckt Farley? Er hat versprochen, diesen Schrank bis Mittag fertig zu haben.“

Ein großer Mann in gut geschnittenem, aber zerknittertem Anzug tauchte auf und schalt: „Also wirklich, Doreen, kannst du nicht auf eine Antwort warten, bevor du hereinkommst?“

Der Privatdetektiv hatte Adam Wessler beschrieben als einen wichtigtuerischen und arroganten Mann, der großen Wert auf seine Privatsphäre legt. Offensichtlich liebte Adam seine Privatsphäre, denn sonst hätte er Doreen nicht zurechtgewiesen, und ob er ein Wichtigtuer war oder nicht, blieb abzuwarten. Aber arrogant? In seinem zerknitterten, verstaubten Anzug entsprach er nicht dem, was sie erwartet hatte. Zugegeben, er sah so gut aus wie auf dem Foto mit seiner geraden, schmalen Nase und dem kantigen, stolzen Kinn, aber seine Kleidung ließ ihn eher wie einen Bauarbeiter als den Direktor eines Gemeindezentrums wirken. Er hielt einen Hammer in einer Hand und strich sich mit der anderen durch das völlig zerzauste Haar.

Als er sich umdrehte und den Hammer auf den Schreibtisch legte, musste sie ein Grinsen unterdrücken. Im Gegensatz zu dem einfarbigen grauen Anzug war seine Krawatte mit bunten Cartoons bedruckt. Ein Geschenk von Megan? Dass er sie trug, widersprach jedenfalls dem Bericht des Detektivs, der ihn nicht nur als wichtigtuerisch und arrogant, sondern auch als konservativ darstellte.

Adam Wessler schien eine sehr interessante Mischung an Charakterzügen aufzuweisen.

Er wirbelte herum und musterte sie unverhohlen. Weder der Bericht noch die Fotos von ihm hatten sie auf seine stahlblauen Augen vorbereitet, deren scharfer Blick sich wie ein Laserstrahl in sie zu bohren schien.

„Aber, Adam“, sagte Doreen wie zu einem Kind, „Farley hat gesagt, dass er hier erst Ende der Woche fertig wird. Du weißt doch, dass das Theater Vorrang hat. Wie sollen die Kinder denn ohne Bühne proben? Sie können nicht ewig die Cafeteria benutzen.“

„Und was ist damit?“, murrte Adam und deutete zu der Wand hinter ihm. Die linke Seite war in einem freundlichen Grün, die rechte hingegen in einem schmutzigen Grau gestrichen.

Doreen schnalzte missbilligend mit der Zunge. „Es ist nicht Farleys Schuld, dass du dich nicht entscheiden kannst. Was meinen Sie, Rachel? Grün oder Grau?“

Sie blickte zu Adam, der mit verschränkten Armen und gereizter Miene dastand. „Grün beruhigt angeblich die Augen. Der Anblick besänftigt das Gemüt, genau wie Harfenmusik.“

„Wer ist diese Frau, und warum redet sie mit mir über Harfenmusik?“ Während er zu Doreen sprach, ließ er Rachel nicht aus den Augen. Er heftete den Blick auf ihr pfefferminzgrünes Kostüm und erklärte: „Ich ziehe Grau vor.“

Das merkt man, dachte sie und bemühte sich, seine Grobheit zu übersehen. „Ich bin Rachel Hartwell“, sagte sie, reichte ihm die Hand und ließ sie wieder sinken, als er sie nicht nahm. „Ich bin wegen der Stelle hier …“, fuhr sie mit erzwungener Zuversicht fort. „Mr. Wessler?“, hakte sie nach, als er unter seinem Schreibtisch verschwand.

„Da ist es ja.“ Triumphierend tauchte er wieder auf. „Nach diesem kleinen Kasten habe ich verzweifelt gesucht.“ Er stand auf und begann, an seinem Computer zu basteln. „Vielleicht kann ich jetzt endlich meine E-Mail einrichten, wenn das Telefon schon nicht installiert wird.“

„Entschuldigen Sie, dass ich mich einmische, aber ich wüsste nicht, wie Sie ohne Telefon E-Mails empfangen wollen.“

„Zu Ihrer Information, wir haben einen permanenten, drahtlosen Internetzugang. Was sagten Sie doch gleich, wie Sie heißen, Miss …?“

„Mr. Wessler“, entgegnete sie in geduldigem Ton, „wenn es kein günstiger Zeitpunkt für Sie ist, kann ich ja später wiederkommen. Wenn es Ihnen genehm ist, natürlich.“

„Siehst du, was du angestellt hast?“, schalt Doreen. „Wie du dich aufführst, ist es ein Wunder, dass du überhaupt Personal hast. Warum ich noch für dich arbeite, ist mir selbst ein Rätsel.“

„Es liegt daran, dass du insgeheim seit Jahren in mich verliebt bist und sofort mit mir durchbrennen würdest, wenn dieser Roger dich ließe.“

„Achten Sie nicht auf ihn“, riet Doreen. „Er entwickelt immer Wahnvorstellungen, wenn er gereizt ist. Mein Roger konnte diesem Jungen schon vor dreißig Jahren den Hintern versohlen, und er kann es immer noch.“ Sie lachte über Rachels verwirrte Miene und erklärte: „Mein Mann und ich waren mit Adams Eltern befreundet. Jetzt bin ich für ihn wie eine zweite Mutter.“

„Er hat Glück, dass er zwei Mütter hat“, scherzte Rachel. „Ein Mann braucht so viele vernünftige Ratschläge, wie er nur kriegen kann.“

Abrupt trat ein gespanntes Schweigen ein, und Adam erblasste.

Was habe ich denn jetzt gesagt? fragte sie sich und blickte Hilfe suchend zu Doreen, die jedoch ebenfalls sehr ernst geworden war.

„Ich lasse euch beide jetzt zum Geschäft kommen“, sagte sie. Dann kehrte ihr Lächeln so schnell wieder zurück wie die Sonne, die plötzlich durch eine Wolke bricht. „Viel Glück, meine Liebe, ich drücke Ihnen die Daumen.“

„Es tut mir leid wegen Ihrer Mutter“, murmelte Rachel, nachdem Doreen die Tür hinter sich geschlossen hatte. „Wie lange ist sie schon … von Ihnen gegangen?“

„Sie ist nicht von mir gegangen, und sie geht nirgendwohin, weder jetzt noch später.“

„Entschuldigung, Mr. Wessler“, sagte sie hastig. „Ich hatte angenommen …“

„Nennen Sie mich Adam“, warf er ein. „Mir persönlich wäre es lieber, wenn wir uns als potenzielle Angestellte und Vorgesetzter mit Miss und Mr. anreden würden, aber leider sind diese Zeiten vorbei.“

Er war in der Tat ein Wichtigtuer und überheblich dazu. Und was hatte es mit seiner Mutter auf sich? Anscheinend hatte er Probleme, die der Privatdetektiv übersehen hatte, und das war seltsam angesichts seiner sehr umfassenden, detaillierten Nachforschungen. „Ms.“, sagte sie schroff.

„Wie bitte?“

„Die politisch korrekte Anrede lautet Ms. und nicht Miss. Ein Arbeitgeber hat kein juristisches Anrecht darauf, den Personenstand einer potenziellen Arbeitnehmerin zu erfahren.“ Sie wusste, dass sie sich aufs Glatteis begab, denn er hatte ihre Zukunft in der Hand, aber er war so provozierend.

Ms. Hartwell, Ihr Personenstand ist mir völlig egal. Ich wollte nur sagen, dass Sie mich mit meinem Vornamen anreden dürfen. Es wird sogar bevorzugt. Eines der Ziele dieses Zentrums ist es, die Gemeinschaft und ihre Werte zu reflektieren. Sie wissen schon, was ich meine: eine große, glückliche Familie. Dieses Image versuchen wir zu fördern.“

„Ich nehme an, Sie billigen diese Philosophie nicht?“

„Ob ich sie billige oder nicht, tut nichts zur Sache. Wollen wir jetzt anfangen, Ms. Hartwell?“

„Nennen Sie mich Rachel. Denken Sie an die große, glückliche Familie.“

Einen Moment lang blickte er sie finster an. Doch dann grinste er unverhofft, und ihr stockte der Atem. Sein strenges Gehabe schwand völlig dahin, und sie fragte sich, wie ein einfaches Lächeln ein Gesicht so total verändern konnte. Er sah charmant und fast jungenhaft aus, ganz anders als auf den Fotos in ihrem Hotelzimmer.

Diesmal reichte er ihr die Hand. „Was halten Sie davon, wenn wir noch mal von vorn anfangen? Ich bin Adam Wessler, der arrogante, abscheuliche Direktor dieser wundervollen neuen Einrichtung.“

„Rachel Hartwell“, erwiderte sie und nahm seine Hand. Sie hatte einmal gelesen, dass ein Händedruck viel über den Charakter einer Person aussagte. Seiner wirkte sehr herzlich.

Ihr wurde bewusst, dass sie ihn zu lange festhielt, und mit glühenden Wangen zog sie die Hand zurück. „So abscheulich sind Sie gar nicht“, scherzte sie, um ihre Verlegenheit zu verbergen.

Er lachte laut auf. „Endlich sind wir uns in etwas einig. Setzen Sie sich, Rachel Hartwell. Entschuldigen Sie die Klappstühle. Das Mobiliar ist noch nicht vollständig eingetroffen.“ Er setzte sich neben sie. „Erzählen Sie mir doch etwas über sich.“

„Haben Sie meinen Lebenslauf nicht bekommen? Ich habe Kopien dabei.“ Sie griff zu ihrem Aktenkoffer. „Hier …“

Er nahm ein Blatt Papier von seinem Schreibtisch. „Ich habe Ihren Lebenslauf. Ich weiß, was darin steht. Ich möchte etwas wissen, das ich nicht weiß. Etwas über die Person, die Sie sind.“

„Ich verstehe nicht, was Sie meinen.“

„Ich gebe Ihnen einen Hinweis. Erzählen Sie mir, warum Sie hier unterrichten möchten.“

„Ich liebe Kinder und das Theater. Also habe ich mich für einen Beruf entschieden, der beides verbindet.“ Als er nicht reagierte, stieg Panik in ihr auf. Was konnte sie sonst noch sagen, ohne ihr Geheimnis zu lüften? Sie musste sich etwas einfallen lassen. Sie musste den Job bekommen. Dann fiel ihr das Gemälde an der Wand in der Eingangshalle ein. Es zeigte nicht nur die Freuden der Kindheit; es ging auch um die Freuden des Kleinstadtlebens. „Außerdem bin ich die Großstadt leid. Sie ist mir zu laut und unpersönlich. Ich möchte in einer beschaulichen, altmodischen Gemeinde leben, in der jeder über jeden Bescheid weiß.“ Solange es nicht um mich geht, dachte sie. „Wie Sie vorhin sagten: in einer großen, glücklichen Familie.“

„Sie scheinen seltsame Vorstellungen entwickelt zu haben“, entgegnete er schroff. „Wir sind keine Hinterwäldler, sondern ebenso modern und aufgeschlossen gesinnt wie in den Großstädten.“

„Sie haben mich falsch verstanden. Ich wollte nicht …“

„Sagen Sie mir, was für ein Mensch Sie sind.“

„Ich habe Ihnen doch zusammen mit meinem Lebenslauf eine Liste mit Referenzen geschickt. Haben Sie die nicht erhalten?“

Keine der Personen auf der Liste kannte ihre Vergangenheit. Ebenso wichtig war, dass die Privatschule, an der sie unterrichtete, den Sommer über geschlossen war. Vorläufig sollte niemand dort erfahren, dass sie vielleicht nicht zurückkehrte. Momentan war es unklug, die Brücken hinter sich abzubrechen. Denn wenn ihr Plan nicht aufging, wollte sie nach Hartford zurückkehren. Sie konnte nicht in Middlewood bleiben, wenn Megan ihr so nahe und doch unerreichbar war.

„Sie verstehen mich immer noch nicht. Nennen Sie mir einen guten, konkreten Grund, aus dem ich Ihnen den Job geben sollte.“

„Ich weiß, wie es ist, Träume zu haben“, erwiderte sie. „Ich weiß auch, wie es ist, niemanden zu haben, der einem bei der Verwirklichung dieser Träume hilft. Ich wollte Eiskunstläuferin werden, aber eine Profikarriere war zu teuer, und jetzt bin ich zu alt dafür. Ich möchte den Kindern helfen, ihre Träume zu verwirklichen.“

Nachdenklich blickte Adam auf ihren Lebenslauf. „Ihnen ist hoffentlich klar, dass Sie hier weniger verdienen würden als bisher in einer Privatschule.“

„Natürlich. Ich möchte in einer entspannten Atmosphäre arbeiten“, erwiderte sie aufrichtig. Sie war nicht begeistert über das geringere Gehalt, aber sie war die sinnlosen Sitten, die strenge Kleiderordnung, die willkürlichen Vorschriften in der Privatschule leid. „Außerdem gibt es hier gewisse Vorzüge. Die Eisbahn zum Beispiel. Ich liebe immer noch Eiskunstlauf, auch wenn es nicht länger mein Lebensziel ist. Und hier ist es nicht so hektisch wie in der Großstadt.“

„Leider befürchte ich, dass es nicht klappen wird“, entgegnete er mit abweisender Miene.

Leider? War es das? All ihre Hoffnung zerstört mit einem Wort? „Das verstehe ich nicht. Wollen Sie nicht …?“

„Sehe ich etwa wie Grace aus? Also wirklich!“ Ein junges Mädchen mit leuchtend roten Haaren stürmte in das Büro. „Würdest du Erika bitte sagen, dass ich Grace nicht spielen will? Was ist bloß los mit der Frau? Sieht sie denn nicht, dass ich für Annie geschaffen bin?“

In diesem Moment mischte sich Traum und Wirklichkeit für Rachel. Der Raum um sie her schien zu schwanken, und sie musste blinzeln, um die Tränen zu vertreiben, die ihr in den Augen brannten. Tränen der Freude, ihre Tochter zu sehen. Tränen der Freude, ihre Stimme zu hören.

Adam hatte sie um einen guten, konkreten Grund gebeten. Da stand dieser Grund, die Hände in die Hüften gestemmt, mit zornig blitzenden Augen.

2. KAPITEL

Rachel klammerte sich an die Stuhllehne. Abgesehen von den Haaren hätte sie schwören können, in einen Spiegel zu blicken, der sie in Megans Alter reflektierte. Die Ähnlichkeit war verblüffend. Würde es anderen auch auffallen? Wie konnte es anderen nicht auffallen?

Sie verdrängte ihre Befürchtung, indem sie sich einredete, dass niemand wissen konnte, wie sie im Alter von zwölf Jahren ausgesehen hatte.

„Siehst du denn nicht, dass ich in einem Meeting bin?“, fragte Adam in gereiztem Ton.

Rachel löste den Blick von ihrer Tochter. Adams angespannte Miene verriet das Ausmaß seiner Frustration, die offensichtlich nicht nur auf Megans kleiner Szene beruhte. Nein, die Probleme zwischen den beiden mussten schon länger bestehen. Darüber hinaus wurde Rachel bewusst, dass ihm die Ähnlichkeit zwischen ihr und Megan entging, und sie atmete erleichtert auf.

Sie richtete den Blick wieder auf Megan und ihr leuchtendes, lockiges Haar, das zum Glück von der Ähnlichkeit ablenkte, denn Rachels Haare waren glatt und brünette.

„Aber Dad, du bist doch immer in einem Meeting“, beklagte sich Megan, „Außerdem ist es wichtig.“ Sie wandte sich an Rachel. „Sind Sie die neue Schauspiellehrerin?“

„Ja. Ich bin Rachel Hartwell. Du kannst mich Rachel nennen.“

„Okay. Wir müssen gleich was klarstellen. Vor allem …“

„Megan, bitte“, unterbrach Adam in scharfem Ton. „Wir reden später.“

„Schon gut, Mr. Wes… Adam. Mich interessiert, was Ihre Tochter zu sagen hat.“

Zwei grüne Augen – wie meine Augen, dachte Rachel – blickten sie argwöhnisch an. „Ach ja? Warum?“

„Warum?“, hakte Rachel verwirrt nach.

„Bist du taub oder was?“

„Megan!“ Adam stand auf. „Kann das nicht bis später warten?“

Rachel hätte beinahe über seinen jammernden Tonfall gelacht. Der coole, beherrschte Mr. Wessler war offensichtlich Wachs in den Händen seiner Tochter, der es ebenso offensichtlich an Manieren mangelte. „Schon gut“, beschwichtigte sie. „Die Frage ist eine Antwort wert, und damit meine ich nicht die Frage über mein Gehör. Du würdest dich wundern, wie wenig meinen Ohren oder meinen Augen entgeht.“ Megan lehnte an der Wand, die Arme vor der Brust verschränkt wie ein trotziges kleines Kind. Doch Rachels Ansicht nach steckte mehr hinter ihrem Verhalten als nur schlechte Manieren. Dieses Kind, ihr Kind, litt.

„Es ist sehr schade, dass du Grace nicht spielen willst“, sagte sie. „Sie war immer meine Lieblingsrolle in Annie. Und du erinnerst mich an sie, denn du bist auch so groß und schlank und hübsch wie eine Prinzessin. Deswegen interessiert mich, was du zu sagen hast.“

„Ich bin überhaupt nicht wie sie!“, fauchte Megan. „Sieh dir doch bloß meine Haare an!“ Sie zerrte an ihren Locken. „Wozu habe ich denn einen Vater, der hier alles leitet, wenn ich nicht die Hauptrolle kriege? Ich kann genauso gut singen und tanzen wie die doofe Alice Tucker. Sogar besser. Ich bin Annie. Wieso sieht das denn keiner?“

„Ich beneide dich um deine Haare“, sagte Rachel. „Ich wette, du brauchst sie gar nicht zu stylen. Und was würde ich für die Farbe geben!“

Megan wirkte besänftigt. „Siehst du, Dad? Sie findet auch, dass ich Annie spielen sollte.“

„Das habe ich nicht gesagt“, entgegnete Rachel, „obwohl ich sicher bin, dass du eine wundervolle Annie abgeben würdest. Aber es wäre jammerschade.“

„Wieso das denn?“

„Ich denke mir, dass sich eine erwachsene Person wie du ein bisschen albern als Annie fühlen würde. Grace ist so wunderschön und talentiert, und zum Schluss heiratet sie den wundervollsten Mann der Welt. Für mich ist sie die Seele der Story. Ohne sie hätte Annie sich niemals mit Daddy Warbucks vereint.“

„Na ja, Annie ist schon irgendwie kindisch“, räumte Megan ein. „Vielleicht hast du recht. Vielleicht sollte ich wirklich Grace spielen. Sie ist kultivierter und weltoffener. Es wäre interessanter, eine reifere Person zu spielen. Glaubst du nicht?“

„Ich weiß es“, sagte Rachel nachdrücklich und wunderte sich über Megans Ausdrucksweise. Nun sprach sie wie eine Achtzehnjährige. Ihr ganzes Auftreten hatte sich plötzlich von einem trotzigen Kind in eine intellektuelle junge Dame verwandelt. Es war typisch für Mädchen in dem Alter. In einem Moment holten sie ihre alten Puppen hervor, und im nächsten verlangten sie den Autoschlüssel.

Megan wuchs schnell heran. Zu schnell. Rachel hatte die ersten zwölf Jahre ihrer Tochter verpasst und war nun entschlossen, sich nicht eine weitere Minute entgehen zu lassen.

„Aber was ist mit meinen Haaren?“, hakte Megan nach. „Ich muss sie doch nicht abschneiden oder färben lassen, oder?“

„Nein. Du kannst eine Perücke tragen. Eine Kleiderkammer ist doch vorhanden, oder?“, fragte sie Adam.

„Aber natürlich. Was glauben Sie denn, was für eine Organisation ich leite?“, entgegnete er sarkastisch. „Momentan haben wir so etwas nicht wirklich. Wir stehen noch in Verhandlungen mit Kostümverleihen. Das wenige, was vorhanden ist, haben Doreen und Erika in Secondhandshops erstanden.“

„Erika hat gesagt, dass wir uns selbst um unsere Kostüme kümmern müssen“, sagte Megan. „Sie hat gesagt, wir sollen unsere Mütter bitten, sie für uns zu nähen.“ Sie setzte sich auf den Schreibtisch und ließ die Beine baumeln. „Ziemlich blöd von ihr, oder? Wo sie doch genau weiß, dass mir Mütter momentan ausgegangen sind.“

„Erika hat es bestimmt nicht böse gemeint“, versicherte Adam. „Und wenn du sie bittest, näht sie dir bestimmt gern das Kostüm.“

„Hast du vergessen, dass sie nicht meine Mutter ist? Außerdem kennt die Frau nicht den Unterschied zwischen einer Nadel und einem Heuhaufen.“

Rachel lachte über die clevere Verdrehung der alten Redewendung. „Ich bin ganz geschickt mit Nadel und Faden. Aber in einem Heuhaufen wäre ich hoffnungslos verloren“, scherzte sie.

„Nun, in diesem Zentrum gibt es keine Heuhaufen“, warf Adam ein und setzte sich wieder.

Selbst im Sitzen war er groß. Trotz seiner unordentlichen Aufmachung strahlte er Autorität aus. Rachel musterte sein Gesicht. Auf den Fotos wirkte er hart und unnachgiebig, doch persönlich hatte er etwas Verletzliches an sich. Sie hatte den Drang, ihn zu trösten.

Sei vorsichtig, warnte sie sich. Sie besaß einen ausgeprägten Hang zu verletzten Seelen, und wohin hatte sie das geführt? Beim ersten Mal war sie allein und schwanger zurückgeblieben, und beim zweiten Mal nur allein.

„Offiziell fangen Sie morgen an, aber ich möchte nachher das Budget für die Kostüme mit Ihnen besprechen. Gehen Sie vorher bitte zu Doreen. Sie hat Formulare, die Sie ausfüllen müssen.“ Er beugte sich vor. „Der Unterricht fängt Montag an, also bleibt Ihnen das Wochenende zur Orientierung. Erika Johnson ist eine wundervolle Dramaturgin. Sie hat den Stundenplan ausgearbeitet, und sie führt Regie bei Annie. Da Sie mit ihr zusammenarbeiten werden, müssen Sie sich mit ihr besprechen. Noch irgendwelche Fragen?“

Adam hatte so schnell gesprochen, dass ihr beinahe schwindelte. „Ich … ich verstehe nicht. Was wollen Sie damit sagen?“

Megan schüttelte in gespieltem Entsetzen den Kopf. „Ich glaube, sie ist wirklich taub, Dad. Vielleicht solltest du es dir noch mal überlegen?“

Er ignorierte ihre Bemerkung und schenkte Rachel sein jungenhaftes Lächeln. „Ich will damit sagen, dass Sie den Job haben, Ms. Hartwell.“

„Rachel“, korrigierte sie und versuchte, ihre freudige Erregung zu verbergen. „Sie wissen doch: eine große, glückliche Familie.“

„Der Gang da führt zur Eisbahn“, erklärte Megan. „Ist das nicht toll? Man muss nicht mal aus dem Gebäude gehen.“

„Läufst du Schlittschuh?“, fragte Rachel hoffnungsvoll.

„Nein. Ich habe nicht viel Zeit für Sport, durch den Schauspielunterricht und die Proben und weil ich zu Hause helfen muss. Aber mein Dad spielt Eishockey.“

Sie betraten das Theater. „Das ist ja wundervoll!“, rief Rachel. „Ich hätte nicht gedacht, dass es so groß ist.“

„Es hat fünfhundert Sitzplätze. Middlewood ist zwar klein, aber wir stehen in dem Ruf, die schönen Künste zu fördern.“ Megan deutete zu dem Orchestergraben. „Wir haben sogar ein eigenes Symphonieorchester.“

Rachel war gerührt von Megans offenkundigem Stolz auf ihre Heimatstadt. „Wann soll es hier fertig werden?“, fragte sie, während sie zur Bühne gingen. Sie blickte hinauf zum Schnürboden, auf dem ein großer, kräftiger Mann etwas zimmerte.

„Irgendwann nächste Woche, sagt Farley.“ Megan setzte sich auf eine große Kiste und seufzte. „Ich muss dir wohl Erika vorstellen.“

„Du magst sie nicht besonders, oder?“

„Sie ist eine Hexe. Wegen ihr muss ich wegziehen.“

Bei ihrer sorgfältigen Planung hatte Rachel nicht bedacht, dass Adam Middlewood verlassen könnte. Eine kalte Hand schien sich um ihr Herz zu legen. „Dein Vater hat doch gerade erst einen neuen Job angenommen. Warum will er denn umziehen?“

„Er zieht ja nicht um. Nur ich. In irgendein Mädchenpensionat in Manhattan. Hast du schon mal so was Blödes gehört? Ein Mädchenpensionat in diesem Jahrhundert! Erika nennt es Kunstakademie, aber mir kann sie nichts vormachen. Das ist nur ein Internat, in das Eltern ihre Kinder abschieben können.“

Rachels Gedanken überschlugen sich. Natürlich konnte sie sich an der Kunstakademie in Manhattan bewerben, aber warum sollte man sie an einer derart renommierten Institution annehmen? „Das klingt, als ob du gar nicht gern dorthin gehst.“

Megan zuckte die Achseln. „Na ja, wenigstens brauche ich dann nicht mit Erika zusammen zu wohnen. Sie ist schon hinter meinem Vater her, seit Mom gestorben ist. Dad sagt, dass sie nur gute Freunde sind, aber ich kenne Erika. Die schleppt ihn demnächst zum Altar. Sie will mich aus dem Weg haben, aber Dad sieht das nicht so. Er sagt, sie will nur das Beste für mich.“

„Hast du deinem Vater denn erklärt, wie du das empfindest?“

„Was glaubst du denn! Aber er hört nur auf Erika. Er hört auf alles, was sie sagt, und neuerdings redet sie ihm ein, dass ich eine Mutter brauche. Also bitte! Eine Mutter, die ihr Kind ins Internat abschiebt, hat mir gerade noch gefehlt. Ich habe nichts dagegen, wenn Dad wieder heiratet. Es wäre ganz cool, jemand zu haben, der mir mit meinen Kostümen helfen kann und so. Aber nicht Erika.“

Rachel hörte Einsamkeit und Sehnsucht in Megans Stimme. „Ich würde dir sehr gern mit deinen Kostümen helfen.“

Megan blickte sie nachdenklich an. Dann grinste sie. „Ach ja, geschickt mit einer Nadel, hoffnungslos in einem Heuhaufen.“ Leise fügte sie hinzu: „Hol die Nadel schon mal raus. Die brauchst du vielleicht als Waffe. Da kommt die Hexe.“

Eine zierliche Frau näherte sich der Bühne. „Komm sofort da runter, Megan“, befahl sie. „Es ist gefährlich hier bei all den Bauarbeiten. Es ist ja wie ein Kriegsgebiet. Und wo hast du überhaupt gesteckt? Dein Vater hat dich überall gesucht.“

Megan rührte sich nicht vom Fleck. „Ich habe nur Rachel rumgeführt. Er hat mich selbst darum gebeten, und außerdem ist es hier gar nicht gefährlich. Farley ist weit weg und lässt mir bestimmt keinen Hammer auf den Kopf fallen.“

Die Frau wandte sich an Rachel und sagte kühl: „Sie sind also die neue Lehrerin. Ich bin Erika Johnson.“

„Rachel Hartwell. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit Ihnen. Und seien Sie Megan bitte nicht böse. Sie hat mir sehr geholfen.“

Erika wirkte sehr vornehm und raffiniert in einem Kostüm aus Rohseide, das einen tiefen V-Ausschnitt und einen Seitenschlitz im knielangen Rock aufwies. Sie ist eindeutig fehl am Platze in diesem Kriegsgebiet, dachte Rachel.

Mit durchdringendem Blick aus stahlgrauen Augen entgegnete Erika: „Da liegt offensichtlich ein Missverständnis vor. Wir werden nicht zusammenarbeiten. Sie sind mir vielmehr unterstellt.“ Sie wandte sich an Megan. „Dein Vater hat einen Anruf erhalten. Es gab eine kleine Krise mit deiner Großmutter, aber es ist nichts, worüber du dir Gedanken machen musst. Er ist nach Hause gefahren und holt dich nachher ab.“

„Nichts, worüber ich mir Gedanken machen muss! Sie ist meine Großmutter!“

„Schrei mich nicht an, Megan. Das waren die Worte deines Vaters, nicht meine.“

„Ja, ja. He, Ricky, ich habe eine tolle Idee. Du kannst ja Grandma auch aufs Internat schicken. Oh, ich hatte ja ganz vergessen, dass Großmütter nicht wie Kinder ins Internat abgeschoben werden. Sie werden in Altersheime gesperrt.“

„Hüte deine Zunge“, konterte Erika verärgert. Dann besann sie sich plötzlich und sagte in zuckersüßem Ton zu Rachel: „Das ist unsere Megan, wie sie leibt und lebt. Immer die Schauspielkönigin. Sie ist ein sehr talentiertes kleines Mädchen.“

„Kleines Gör, wolltest du wohl sagen. Gib’s zu, Ricky, du kannst es nicht erwarten, mich loszuwerden.“

Erika seufzte. „Ich lasse mich nicht wieder auf dieses Thema ein, schon gar nicht vor einer Fremden. Die Proben fangen gleich an. Du wirst in der Cafeteria erwartet.“

Megan sprang von der Kiste. „Siehst du, was ich meine? Auch jetzt will sie mich loswerden. Kommst du mit, Rachel?“

„Geh schon mal vor. Ich muss noch Formulare ausfüllen und mit deinem Vater das Budget für die Kostüme besprechen.“ Rachel wandte sich an Erika, während Megan davonging. „Würden Sie mich jetzt bitte entschuldigen?“

„Einen Moment. Ich will nicht, dass Sie Megan besondere Beachtung schenken. Zum einen wäre es nicht fair den anderen Kindern gegenüber, und als Freundin der Familie kann ich Ihnen versichern, dass dieses Kind alles andere als besondere Beachtung braucht.“

Was bildet sich diese Frau eigentlich ein? dachte Rachel erzürnt. „Ist sonst noch etwas?“, fragte sie kühl.

„Allerdings. Mr. Wessler ist ein viel beschäftigter Mann. Deshalb möchte ich, dass Sie sich mit Ihren Fragen an mich wenden. Und das schließt Fragen über das Budget ein – auch wenn ich nicht weiß, was Sie die finanziellen Details dieses Zentrums überhaupt angehen.“

Rachel hätte ihr gern gesagt, was sie von ihr hielt. Aber sie beherrschte sich, denn es wäre Adam gewiss zu Ohren gekommen und hätte für ihre Entlassung gesorgt. „Ich verstehe“, murmelte sie daher nur.

„Da ist noch etwas. Mr. Wessler ist sehr auf das Image dieses Zentrums bedacht, und ich möchte nicht, dass er in Verlegenheit gerät. Er hat erwähnt, dass Sie zu spät zu Ihrem Einstellungsgespräch erschienen sind. Die Zeremonie fängt morgen Abend um halb acht an. Bitte seien Sie pünktlich.“

„Welche Zeremonie?“

„Die offizielle Eröffnung. Haben Sie die Plakate an den Wänden nicht gesehen?“

„Nein, aber das macht nichts. Ich werde nicht hingehen.“

„Ach? Sie haben etwas Besseres vor?“

„Nein, aber ich habe keine Abendkleidung mitgebracht.“

„Es ist keine Galaveranstaltung. Wir sind schließlich nicht in Hollywood. Niemand wirft sich hier in Schale. Sogar das alte Kostüm, das Sie anhaben, wäre ausreichend.“

„Ich werde schon etwas Geeignetes finden“, sagte Rachel mit vorgetäuschter Freundlichkeit.

„Gut. Nun, da Sie mich verstehen, werden wir beide miteinander auskommen.“

Aber ja, dachte Rachel, solange wir uns aus dem Weg gehen. Doch das war unmöglich, da sie von nun an miteinander arbeiten mussten.

Korrektur, dachte sie seufzend, ich werde für Erika arbeiten.

Nachdem sie die Formulare ausgefüllt hatte, machte sie sich auf den Weg zu Adam. Erika hatte zwar klargestellt, dass er nicht belästigt werden sollte, aber schließlich hatte er die Besprechung selbst anberaumt. Wenn sie nicht erschien, hielt er sie womöglich für unzuverlässig.

Doch er war nicht in seinem Büro. Sollte sie warten oder nach Hause gehen? Ein Blick zur Uhr verriet ihr, dass es bereits nach fünf war. Nun, damit war die Sache entschieden.

In der Eingangshalle blieb sie abrupt an der Tür stehen und stöhnte. Ein bisschen Regen hätte ihr nichts ausgemacht, aber bei diesem Unwetter hätte ihr selbst ein Schirm nichts genützt. Ihr blieb keine andere Wahl als abzuwarten.

Sie beschloss, sich die Eisbahn anzusehen, um sich die Zeit zu vertreiben. Als sie die Halle betrat, erblickte sie Adam auf dem Eis, der einen Hockeyschläger wie eine Waffe schwang. Er trug eine Trainingshose und ein ärmelloses T-Shirt, und er hatte sich ein Sweatshirt um die Taille gebunden. Unablässig schoss er einen Puck nach dem anderen gegen die Bande. Nachdem sein Arsenal erschöpft war, sammelte er es ein und fing von vorn an.

Rachel ging zu den Tribünen, setzte sich und beobachtete fasziniert, wie er über das Eis glitt, abrupt anhielt und einen Schlag vollführte. Er war kein schlechter Schlittschuhläufer. Die Sportkleidung betonte seinen muskulösen Körperbau, seine breiten Schultern. Unwillkürlich fragte sie sich, wie es sein mochte, mit ihm auf dem Eis zu tanzen, seine Hände auf der Taille zu spüren, von diesen starken Armen empor gehoben zu werden …

Entschieden verdrängte sie den lächerlichen Gedanken. Hockey hatte nichts mit Eiskunstlauf zu tun, und sie bezweifelte, dass Adam Wessler sich an andere Regeln anpassen konnte, selbst wenn es nur um Sport ging. Er war ein Pedant. Es wunderte sie, dass er sie überhaupt eingestellt hatte, nachdem sie die Frechheit besessen hatte, zu spät zu erscheinen. Eine volle Minute Verspätung! Es störte sie außerdem, dass er mit Erika darüber gesprochen hatte. Die beiden passten zueinander, mit ihrer arroganten Art.

Erika hatte sich verhalten, als wäre Rachel eine persönliche Bedrohung, eine Konkurrentin. Doch da irrte sie sich gewaltig, denn ein derart überheblicher Mann interessierte Rachel überhaupt nicht.

Die wahre Bedrohung war Erika – wie jeder, der Megan auch nur schief anblickte. Hätte ihr wirklich etwas an Megan gelegen, hätte Rachel sich zurückgezogen und wäre nach Hartford zurückgekehrt, so schmerzlich es auch sein mochte. Sie wollte nur sichergehen, dass ihre Tochter von jemandem bemuttert wurde, dem ihr Wohlergehen wirklich am Herzen lag.

Natürlich hatte Adam das Recht, sich wen immer er wollte zur Frau zu nehmen. Es sei denn, seine Wahl fiel auf die Falsche. Es sei denn, seine Auserwählte plante, seine Tochter – Rachels Tochter – abzuschieben. Vielleicht passten er und Erika zusammen, aber Rachel würde niemals zulassen, dass diese Frau über Megans Leben zu bestimmen hatte.

3. KAPITEL

Adam blickte zur Tribüne hinüber, so als hätte er Rachels Anwesenheit gespürt. Behände glitt er zur Bande und hielt abrupt an. „Sieh an, wen haben wir denn da“, neckte er und ging durch das Tor. „Sind Sie gekommen, um mir beim Schlittschuhlaufen zuzusehen?“

„Ich wusste nicht, dass Sie hier sind. Außerdem würde ich das, was Sie da getan haben, nicht als Schlittschuhlaufen bezeichnen. Es sah eher wie Kriegsführung aus.“

Er setzte sich neben sie und zog sich die Handschuhe aus. „Wenn Sie nicht gekommen sind, um eine heroische Hockey-Kanone in Action zu bewundern, warum sind Sie dann hier?“

„Wir wollten uns in Ihrem Büro treffen, aber Sie waren nicht da. Ich vertreibe mir hier nur die Zeit, bis der Regen nachlässt, bevor ich ins Hotel gehe.“

Er schlug sich an die Stirn. „Ach ja, wir wollten über das Budget reden. Entschuldigung. Ich hatte einen kleinen Notfall in der Familie und darüber das Meeting ganz vergessen.“

Sein großspuriges Getue war verschwunden, und somit schwand auch ihre Verärgerung. „Ist wieder alles in Ordnung?“, fragte sie besorgt.

„Es war nur eine kleine Episode in der unendlichen Saga des Wessler-Haushalts. Wir werden es verkraften.“

Sie widerstand dem Drang, die Haarsträhne zurückzustreichen, die ihm in die Stirn gefallen war. „Sie sollten einen Helm tragen.“

Er lächelte. „Tragen Sie denn einen Helm, wenn Sie Schlittschuh laufen?“

„Nein, aber mir werden auch keine Pucks um die Ohren geschossen.“

„Falls Sie es nicht bemerkt haben sollten, bin ich der einzige, der in diesem einseitigen Krieg schießt.“

„Gegen wen kämpfen Sie denn?“

„Warum sagen Sie es mir nicht? Sie scheinen immer auf alles eine Antwort parat zu haben.“

„Sie bekämpfen sich selbst, und Sie sind an einem toten Punkt angelangt.“

„Sprechen Sie weiter.“

„Ich glaube nicht, dass es der Zwischenfall zu Hause war, der diesen Krieg ausgelöst hat. Das mag mitspielen, aber es steckt wesentlich mehr dahinter.“

„Und ich habe das Gefühl, dass Sie mir genau sagen werden, was es ist.“

„Ich glaube, dass Sie unschlüssig sind, was Megan und das Internat angeht.“

„Meine Tochter hat mal wieder geplaudert. Was hat sie sonst noch gesagt?“

„Seien Sie ihr bitte nicht böse. Sie brauchte nur jemanden zum Reden. Merken Sie denn nicht, dass sie durcheinander ist?“

„Sie kann reden, mit wem sie will. Und zu Ihrer Information, ich weiß sehr gut, wie meine Tochter empfindet, und ich bin keineswegs unschlüssig.“

Rachels Herz sank. „Also ist es endgültig? Sie wollen sie wegschicken?“

„Mir gefällt nicht, wie Sie es ausdrücken. Ich schicke sie nicht weg. Ich fördere ihre Ausbildung.“ Er starrte auf das Eis. „Ach, verdammt, es geht nicht nur um ihre Ausbildung. Aber auch das haben Sie gestimmt schon ergründet. Megan hat Probleme, wie zum Beispiel ihr loses Mundwerk. Sie ist trotzig und rebellisch, und ich bin überzeugt, dass sie sich bei jeder Gelegenheit aus dem Haus schleicht. Aber sosehr ich ihr auch drohe, sie leugnet es und will mir nicht verraten, mit wem sie sich herumtreibt. Offen gesagt macht mir diese Sache Angst.“

Rachel dachte zurück an die Szene in seinem Büro. Megan hatte schlechte Manieren gezeigt, aber das war nichts Ernstes und durch die Anleitung einer liebevollen Mutter rasch zu beheben. Bisher hatte sie nichts feststellen können, das seine Sorge rechtfertigte. Aber sie wusste, wie sehr der Schein trügen konnte.

Sie erinnerte sich an ihre Träume, und Angst beschlich sie. Zwei Jahre zuvor hatte eine leise, sehnsüchtige Stimme sie im Schlaf zu rufen begonnen. Mit einer unerklärlichen Gewissheit hatte sie gewusst, dass etwas passiert war. Besorgt um ihre Tochter hatte sie die Adoptionsagentur kontaktiert, doch ihre Bitte um Information war ihr abgeschlagen worden. Die Unterlagen mussten geheim bleiben.

Dann, vor zwei Monaten, hatten sich die Träume geändert. Die Stimme war nun nicht mehr schwach und klagend, sondern beharrlich und zwingend. Daraufhin hatte Rachel einen Privatdetektiv mit der Suche nach ihrer Tochter beauftragt und erfahren, dass Megans Adoptivmutter vor zwei Jahren – als die Träume begonnen hatten – bei einem Autounfall getötet worden war. Doch der Detektiv hatte keine andere Krise erwähnt. Warum hatten sich die Träume geändert? Leider konnte sie Adam nicht danach fragen. Es hätte nicht nur seinen Argwohn geweckt, sondern ihn auch an ihrem Verstand zweifeln lassen.

„Glauben Sie wirklich, dass es ihre Probleme beseitigt, sie wegzuschicken?“, hakte sie nach.

„Sie braucht einen Neuanfang.“

Es war Erika, die einen Neuanfang wollte – ohne seine Tochter. Rachel hätte ihn am liebsten geschüttelt, um ihn zur Einsicht zu bringen. „Megan ist verunsichert. Das machen alle Mädchen in ihrem Alter durch, aber für sie ist es schlimmer, weil sie keine Mutter hat. Und jetzt verlangen Sie von ihr, dass sie das einzige Zuhause verlässt, das sie je hatte. Sie sind hier aufgewachsen. Sie müssten doch verstehen, wie furchtbar der Gedanke für sie ist, von hier wegzugehen. Ich weiß, dass ich es nicht tun könnte.“

„Woher wissen Sie denn, dass ich hier aufgewachsen bin?“

„Wie bitte?“

„Sie haben mich gehört. Woher wissen Sie es?“

Rachel sann fieberhaft auf eine plausible Erklärung. „Daraus, wie Megan über Middlewood gesprochen hat, habe ich geschlossen, dass Sie ein echter Einheimischer sind.“

„Aha. Wieso sagen Sie, dass Sie es nicht könnten? Sie sind doch gerade erst aus Hartford hierher gezogen.“

Wenn sie weiterhin so drauflos plapperte, würde ihre Tarnung im Nu auffliegen. Sie musste vorsichtiger sein, aber das war schwer. Adam hatte eine Art, sie scharf und wissend anzublicken. Selbst wenn sie sich nicht durch Worte verriet, war zu befürchten, dass er sie durchschaute.

„Ich meinte damit, dass ich nie ein richtiges Zuhause verlassen könnte. Von Hartford wegzugehen, hat mir nichts ausgemacht.“ Als er nichts dazu sagte, erklärte sie: „Meine Mutter war Konzertpianistin. Sie hat ziemlich schnell Karriere gemacht, und wir sind viel herumgereist. Obwohl ich in Hartford gelandet bin, habe ich gelernt, nirgendwo Wurzeln zu schlagen.“

Sein Blick wurde sanft. „Entschuldigung. Ich wollte Sie nicht in die Zange nehmen.“

Rachel atmete beinahe erleichtert auf. „Was ist mit Megan? Sie müssen andere Gründe dafür haben, sie ins Internat zu schicken.“

„Ich weiß nicht, was sie Ihnen alles erzählt hat, aber Erika ist nicht nur die Leiterin der Theaterabteilung. Sie und ich sind seit langer Zeit befreundet, und wir … Ich will Sie nicht langweilen. Ich weiß gar nicht, warum ich Ihnen das alles erzähle.“

„Sie langweilen mich nicht. Ich mag Megan, und ich möchte gern helfen.“

Nach kurzem Zögern fuhr Adam fort: „Sie ist eine sehr talentierte Schauspielerin. Erika meint, dass sie eine Zukunft auf der Bühne hat. Sie denkt, dass die Kunstakademie ihr das Handwerkszeug vermittelt, das sie zum Erfolg braucht. Und ich glaube, dass sie recht haben könnte.“

Recht haben könnte? Vielleicht war er doch unschlüssig, wie Rachel sich erhoffte. „Und andererseits?“

„Wieso andererseits?“

„Bisher haben Sie mir gesagt, was dafür spricht, Megan in dieses Internat zu schicken. Was spricht dagegen?“

Er beugte sich vor und stützte die Ellbogen auf die Knie. „Sie hat noch viel Zeit, um an ihre Zukunft zu denken. Wenn sie eines Tages nach New York gehen will, werde ich ihr nicht im Wege stehen. Aber sie ist noch so jung, und was ist an unserem Gemeindetheater auszusetzen? Da ich hier arbeite, können wir viel Zeit miteinander verbringen. Obwohl …“

„Obwohl was?“, hakte Rachel nach, als er nicht weiter sprach.

„Ich bin mir nicht sicher wegen des Stücks Annie. Es ist kein Geheimnis, dass Megan adoptiert wurde, und jetzt, wo Cathy … tot ist, setzt sie sich vielleicht in den Kopf, nach ihrer leiblichen Mutter zu suchen – wie Annie.“

Rachels Herz pochte so laut, dass sie fürchtete, er könnte es hören. Sie wollte nicht über Megans Adoption reden. „Annie ist ein wundervolles Stück“, sagte sie etwas zu laut, so als wollte sie ihr Herzklopfen übertönen. „Kids lieben es. Die Musik ist großartig, das Bühnenbild einfallsreich und das Ende glücklich.“

„Ich bezweifle nicht den Unterhaltungswert, sondern ich fürchte, dass Megan Pandoras Büchse öffnen könnte. Aber das ist nicht alles. Mir gefallen die negativen Werte nicht, die das Stück propagiert. Zum Beispiel bekommt Annie alles, was sie will, während die restliche Welt weiter hungert.“

„Es ist doch nur Fiktion“, wandte Rachel sehr nachdrücklich ein. „Außerdem steht die Tatsache, dass Annie Liebe und Anerkennung findet, wesentlich mehr im Vordergrund als der materielle Aspekt. Meiner Ansicht nach werden überhaupt keine negativen Werte propagiert.“

Abwehrend hob er eine Hand. „Kein Grund, sich so zu ereifern. Wie Sie selbst gesagt haben, ist es nur Fiktion. Und vergessen Sie einfach, was ich über Pandoras Büchse gesagt habe. Warum sollte Megan nach ihrer leiblichen Mutter suchen? Cathy war die einzige Mutter, die sie je gekannt hat, und sie standen sich sehr nahe. Näher als die meisten Mütter und Töchter.“

„Da haben Sie sicher recht“, murmelte Rachel kleinlaut.

Ein unbehagliches Schweigen folgte.

Adam räusperte sich. „Nun dann, für mich heißt es zurück aufs Eis. Wir sprechen morgen früh über das Kostüm-Budget.“

„Ich gehe dann jetzt. Der Regen hat bestimmt aufgehört.“

„Das glaube ich nicht. Wenn ich hier fertig bin, fahre ich Sie zum Gasthaus.“

„Das ist nicht nötig. Ich kann mir ein Taxi nehmen.“

Er lachte. „Die Chancen, in der Lotterie zu gewinnen, sind größer, als ein Taxi zu kriegen. Es gibt nur zwei Stück im ganzen Ort, und bei dem Wetter müssten Sie ewig warten.“ Er stand auf, und dabei streifte er ihre Hand. „Sie sind ja eiskalt. Ich lasse Sie auf keinen Fall zu Fuß gehen. Ich kann nicht riskieren, dass sich meine neue Schauspiellehrerin eine Lungenentzündung holt.“

Wie auf Stichwort nieste sie.

„Hier, nehmen Sie.“ Er löste den Sweater von seiner Taille und reichte ihn ihr. „Mir ist warm geworden von der Bewegung, aber für Sie muss es hier drinnen wie im tiefsten Winter sein.“

„Ich kann doch nicht …“

„Seien Sie nicht so störrisch. Sie müssen frieren in dem dünnen Kostüm. Übrigens ist es ein hübsches Kostüm. Ich entschuldige mich, dass ich es vorhin in meinem Büro kritisiert habe. In Wirklichkeit gefällt mir dieses Grün sehr gut.“

„Sie haben es doch gar nicht kritisiert.“

„Grau gefällt mir eigentlich gar nicht“, beharrte er mit belustigt funkelnden Augen. „Ich muss geistig umnachtet gewesen sein, als ich Farley beauftragt habe, die Wände in diesem hässlichen Ton zu streichen.“

Sein Humor wirkte ansteckend auf Rachel. Er schien rücksichtsvoll und zuvorkommend zu sein, und darüber war sie froh – um Megans willen.

Sie zog sich den Sweater über den Kopf und fing den männlichen Duft auf, der dem Stoff anhaftete. Sofort wurde ihr warm. Die Hitze seines Körpers schien durch den Flanell in ihr Blut zu strömen. Ein wohliger Schauer rann über ihren Rücken.

Es hatte nichts mit seinem ansteckenden, jungenhaften Lächeln zu tun, nichts mit seinem athletischen Körper und auch nichts mit der Berührung seiner Hand, die ein Prickeln ausgelöst hatte.

Als sie beobachtete, wie er über das Eis glitt, hörte sie im Geiste eine Stimme. Zuerst dachte sie, es wäre Megans, aber dann wurde ihr bewusst, dass es ihre eigenen war, die da flüsterte: Also wirklich!

„Sie will einfach nicht anspringen“, murrte Adam, während er zum wiederholten Male den Schlüssel im Zündschloss drehte.

„Warum kaufst du nicht einfach ein neues Auto?“, fragte Megan vom Rücksitz her. „Was nützt es, Geld zu haben, wenn man es nicht ausgibt?“

Er warf ihr einen steinernen Blick über die Schulter zu. Er war nicht bereit, mit ihr über seine finanzielle Lage zu reden, und schon gar nicht, während Rachel auf dem Beifahrersitz saß. „Ethel ist noch für einige Meilen gut“, behauptete er, doch er zweifelte selbst daran. Erika drängte ihn andauernd, den 59er Chrysler DeSoto loszuwerden, der ständig in die Werkstatt musste und für den es kaum noch Ersatzteile gab. Aber es war das letzte Weihnachtsgeschenk von Cathy, die Verständnis für seine Liebe zu Oldtimern gehabt hatte.

„Er hat diesen alten Schrotthaufen sogar getauft“, sagte Megan. „Hast du schon mal so was Albernes gehört?“

„Ethel war meine Großtante“, erklärte Adam. „Angeblich hatte sie eine großartige …“ Er blickte im Rückspiegel zu Megan und unterbrach sich. „Sagen wir nur, dass dieses Auto für Ausdauer geschaffen wurde.“ Er drehte erneut den Zündschlüssel, und diesmal sprang der Motor an.

„Kaum zu glauben“, murmelte Megan.

„Ich bin Ethel und ihrem Besitzer jedenfalls sehr dankbar“, versicherte Rachel.

„Es ist mir ein Vergnügen“, erwiderte er, und es war ihm ernst, auch wenn er nicht wusste warum. Sie war verdammt neugierig und dazu so raffiniert, dass sie ihm Dinge entlockte, die er gewöhnlich keinem Fremden anvertraute.

„Wenn das nächste Mal Regen vorausgesagt wird, glaube ich es“, sagte Rachel mit einem Blick aus dem Fenster. „Es ist zwar nicht weit zum Gasthaus, aber ich wäre völlig durchnässt worden.“

„Wann wollen Sie sich denn nach einer Wohnung umsehen?“

„Gleich dieses Wochenende.“

„Ich wüsste ein Apartment für Sie. Der Mieter ist ein Freund von mir. Er ist für ein Ferienjahr nach Frankreich gegangen, und der Besitzer vermietet es auf monatlicher Basis weiter. Sehen Sie es sich doch mal an. Wenn Sie erst mal da einziehen, können Sie sich in aller Ruhe nach einer endgültigen Wohnung umsehen.“

„Ist es möbliert?“

„Ja. Ist das ein Problem? Aber natürlich, Sie werden Ihre eigenen Sachen hier haben wollen.“

„Nein, möbliert ist mir lieber.“ Sie nahm Zettel und Bleistift aus der Handtasche. „Wenn Sie mir die Telefonnummer geben, kann ich es vielleicht heute noch ansehen.“

Adam nannte ihr die Nummer. Er hätte gern gewusst, was sie mit ihren eigenen Möbeln vorhatte, aber er schwieg. Im Gegensatz zu anderen Personen war er nicht neugierig.

Als hätte sie seine Gedanken erraten, erklärte sie: „Da ich nicht auf Dauer in dem Apartment bleiben werde, wäre es töricht, meine Sachen dorthin zu bringen. Ich lasse sie erst mal … da eingelagert, wo sie sind.“

„Rachel?“, meldete sich Megan zu Wort. „Komm doch zu uns zum Essen, wenn du das Apartment angeguckt hast. Es liegt gleich bei uns um die Ecke.“

Adam sah aus den Augenwinkeln, dass Rachel ihn erwartungsvoll anblickte. Er wollte keinen falschen Eindruck bei ihr erwecken, vor allem nicht, nachdem er sich ihr vorhin auf der Eisbahn anvertraut hatte. Sicher, sie war durchaus attraktiv, und ihm war die Anteilnahme in ihren Augen, als sie über Megan gesprochen hatten, ebenso wenig entgangen wie das Erröten ihrer Wangen, als er ihr das Kompliment über ihr Kostüm gezollt hatte. Aber er hatte bereits genug Probleme in seinem Leben. „Rachel hat bestimmt etwas anderes vor.“

„Also wirklich! Was soll sie denn schon vorhaben? Sie kennt doch hier keinen.“ Megan wandte sich an Rachel. „Und Paula, das ist unsere Haushälterin, kann ganz toll kochen. Das schmeckt bestimmt viel besser als das Essen im Gasthaus. Was ist, wenn du da eine Lebensmittelvergiftung kriegst?“

Rachel lachte. „Angeblich soll die Küche dort ausgezeichnet sein, und dein Vater hat recht. Ich habe wirklich schon etwas anderes vor.“

Als Adam vor dem Gasthaus anhielt, unternahm Megan einen letzten Versuch. „Willst du es dir nicht noch mal überlegen, Rachel? Du musst unbedingt Cinnamon kennenlernen. Sie ist meine beste Freundin auf der ganzen Welt.“

„Tut mir leid, Megan. Ein andermal.“

„Cinnamon ist eine Hündin“, erklärte Adam, „und Megan will Sie bestimmt überreden, dass Cinnamon den Köter Sandy spielt, der Annie überallhin nachläuft. Ich finde die Idee furchtbar. Cinnamon ist zwar ganz lieb, aber dumm und total ungelehrig. Was ist, wenn sie während der Aufführung ihr Geschäft verrichtet?“

„Das würde sie nie tun!“, rief Megan entrüstet.

„Außerdem ist Sandy ein Rüde“, wandte Adam ein.

„Schauspielerische Freiheit“, konterte Megan. „Wir machen unsere eigenen Regeln.“

„Du meinst dichterische Freiheit“, korrigierte Rachel lachend, „aber du hast recht.“

„Siehst du, Dad? Rachel findet auch, dass Cinny mitspielen sollte.“

Adam seufzte. Die beiden waren sich so einig, als würden sie sich schon ewig kennen. Er wusste, dass Rachel die Einladung zum Essen nur seinetwegen ausgeschlagen hatte. Er fühlte sich wie ein Schuft. „Kommen Sie doch auf eine Tasse Kaffee vorbei, nachdem Sie sich das Apartment angesehen haben“, schlug er vor.

„Oh ja! Bitte, Rachel“, flehte Megan. „Ich kann dir mein Sammelalbum zeigen. Da sind Bilder von meinen ganzen Auftritten drin. Meine Mom hat es angelegt, als ich vier war.“

„Ich würde sehr gern dein Sammelalbum sehen, und ich würde Cinnamon auch gern kennenlernen.“

Angesichts ihrer strahlenden Miene bezweifelte Adam die Weisheit seiner Einladung. Was war, wenn sie ein Auge auf ihn geworfen hatte? Er wollte ihr keine Hoffnungen machen. Ihm gefiel sein Leben so, wie es war. Er hatte sehr lange gebraucht, um Cathys Tod zu verwinden, aber inzwischen ging es ihm wieder recht gut. Er war zufrieden. Er hatte Megan, seine Mutter, seinen Beruf – und Erika.

Erika hatte seinetwegen sehr viel geopfert, ihm in den vergangenen zwei schweren Jahren treu zur Seite gestanden und sogar ihre Stellung als Verwalterin des Musical-Theaters in Ridgefield aufgegeben, um ihn im Gemeindezentrum zu unterstützen. Er schuldete ihr sehr viel.

Hundegebell und Lärm aus einem Fernseher drangen aus Adams Haus, als Rachel an der Tür klingelte. Sie lächelte, als sie ihn rufen hörte: „Würde bitte jemand das idiotische Ding abstellen und die Tür öffnen?“

„Ich mache auf!“, rief Megan. „Und ich rate dir, dass du den Fernseher meinst, denn Cinny ist kein Idiot!“ Sie riss die Tür auf und strahlte Rachel an. Hinter ihr tollte ein rotbrauner Cockerspaniel unter lautem Gekläff herum.

Adam kam ins Foyer. „Hi, Rachel. Entschuldigen Sie das Chaos. Kommen Sie rein. Was ist mit dem Apartment?“

„Es ist wundervoll. Ich habe es genommen.“

„Ich hole mein Sammelalbum“, verkündete Megan und lief ins Obergeschoss hinauf.

„Wer hat den Fernseher abgestellt?“ Eine Frau in Doreens Alter erschien in einem alten Bademantel und Pantoffeln. „Wo steckt die alte Schlange? Ich bin sehr versucht, sie zu feuern. Paula!“

Adam nahm ihre Hände. „Mom, das ist Rachel Hartwell, die neue Lehrerin. Rachel, das ist meine Mutter, Evelyn Wessler.“

Evelyn war ihrem Sohn sehr ähnlich. Ihre Augen waren von demselben strahlenden Blau, ihre Wangenknochen ebenso hoch. Sie hielt sich auch so stolz, doch das beruhte vermutlich eher auf dem Milieu als auf Vererbung. Auch Megan war dieser Stolz eigen.

Eine andere ältere Frau kam dazu. Mit sanftem Blick und herzlichem Lächeln sagte sie zu Evelyn: „Es wird Zeit für deine Medizin und dann fürs Bett.“

„Paula, das ist Rachel Hartwell“, sagte Adam. „Rachel, Paula Hutchison. Sie kümmert sich um uns.“

„Du meinst um mich“, korrigierte Evelyn. „Aus irgendeinem Grund glaubt mein Sohn, dass man auf mich aufpassen muss. Ich kann Ihnen sagen, das ist sehr demütigend.“

„Es ist schwierig als alleinerziehender Vater“, bemerkte Rachel diplomatisch. „Er kann von Glück sagen, dass er Sie und Paula hat.“

Evelyn blickte sie scharf an. „Wollen Sie damit sagen, dass ich nicht allein auf Megan aufpassen kann?“

„Natürlich nicht. Ich weiß nur, wie schwierig ein Mädchen in ihrem Alter sein kann. Ich merke doch, dass Sie die Verantwortung tragen.“

„Da haben Sie recht. Ein kluges Mädchen. Wie heißt sie, Adam?“

„Rachel Hartwell, Mom, das habe ich doch schon gesagt.“

„Na ja, es stimmt schon, dass ich Hilfe gebrauchen kann“, gestand Evelyn ein. „Vielleicht ist es gut, dass Paula hier wohnt, auch wenn sie eine Plage ist. Ich muss unbedingt die Gardinen erneuern. Haben Sie je so was Hässliches gesehen? Vielleicht sollten wir die alte Schreckschraube doch nicht feuern. Wer passt sonst auf Megan auf, während ich das Haus herrichte? Wer soll sie sonst füttern und baden?“

„Die Gardinen sind in Ordnung, Mom. Geh jetzt mit Paula nach oben. Du musst deine Pillen nehmen.“

„Herrje, ich brauche keine Pillen. Ich bin nicht krank. Ich bin nur alt.“

Rachel spürte einen Stich in der Herzgegend. Evelyn war nicht alt. Sie schien erst Anfang sechzig zu sein.

„Du weißt doch, dass du ohne das Schmerzmittel nicht schlafen kannst, Mom.“ Adam schob sie sanft zur Treppe und erklärte Rachel: „Vor zwei Monaten hat sie sich das Handgelenk gebrochen, und es ist nicht richtig verheilt.“

Evelyn wirbelte herum. „Sprich nicht von mir, als wäre ich nicht hier! Dazu hast du früh genug Gelegenheit, wenn dein Flittchen mich weggeschickt hat. Ich weiß, dass sie es nicht erwarten kann. Sie zählt schon die Tage.“

Paula nahm sie am Arm. „Komm, Evelyn, ich bringe dich ins Bett. Sag dem Besuch Gute Nacht.“

„Hören Sie, wie die mit mir reden? Als wäre ich ein Kind! Ich kann allein ins Bett gehen, vielen Dank.“ Sie schüttelte Paulas Hand ab. „Es war nett, dich wieder zu sehen, Beth. Vielleicht können wir ja nächste Woche mal zusammen essen gehen.“

Rachel fühlte sich, als hätte sie einen Schlag in den Magen erhalten. Ihre Mutter hieß Beth. Kannte Evelyn sie etwa?

„Sie heißt Rachel, Mom.“ Adam umarmte seine Mutter herzlich und wartete, bis sie mit Paula die Treppe hinaufgegangen war. „Irgendwann wird sie es begreifen. Lassen Sie uns Kaffee trinken.“

Er führte sie in die Küche und schenkte mit deutlich zitternder Hand zwei Tassen Kaffee ein. „Für Megan ist es besonders schwer, den geistigen Verfall ihrer Großmutter zu erleben“, bemerkte er niedergeschlagen. „Ihre Demenz ist eine Belastung für uns alle.“

„Ist sie nicht zu jung für Alzheimer?“

Er schüttelte den Kopf. „Die ersten Anzeichen können schon Ende vierzig auftreten.“

Sie betrachtete sein trauriges Gesicht und verspürte den Drang, tröstend seine Hand zu nehmen. Sein Verhalten gegenüber seiner Mutter hatte ihr gezeigt, dass er ein gütiger, ein mitfühlender Mensch war.

Vielleicht kann ich ihm sagen, wer ich bin, dachte sie, vielleicht hat er Verständnis für meine Situation. Zwei Jahre zuvor, als sie Kontakt zu ihm hatte aufnehmen wollen, war ihr mitgeteilt worden, dass der Adoptivvater – dessen Identität nicht enthüllt worden war – nichts mit ihr zu tun haben wollte. Doch vielleicht hatte er sich geändert.

Sie beschloss, ihm die Wahrheit zu sagen, noch bevor der Abend endete.

Cinnamon stürmte in die Küche und begann, Rachels Schuhe zu lecken. Megan folgte mit einem Album unter dem Arm, ließ es auf den Tisch fallen und rief: „Cinny, lass das sein! Du vermasselst das Casting.“

Lachend kraulte Rachel die Hündin hinter den Ohren. „Sie ist wirklich sehr freundlich. Ich glaube, sie wäre bezaubernd als Sandy.“

Megan strahlte. „Ehrlich? Erika ist total dagegen. Sie nennt sie Flohschleuder. Dabei hat Cinny gar keine Flöhe.“

„Du müsstest ihr beibringen, Alice Tucker nachzulaufen“, gab Adam zu bedenken. „Und was willst du in den Szenen mit ihr anfangen, in denen sie nicht mitspielt?“

„Sie mag Rachel. Sie kann bei ihr hinter der Bühne bleiben. Wenn Rachel sie ruft, kommt sie bestimmt. Probier es doch mal.“

„Das möchte ich sehen“, meinte Adam. „Dieses Tier gehorcht nicht mal, wenn man ihm ein Steak hinhält.“

Rachel stand auf. „Bleib sitzen“, ordnete sie mit fester Stimme an, und Cinnamon neigte den Kopf und schaute sie wachsam an.

„Siehst du?“, rief Megan triumphierend, als Rachel die Küche durchquerte. „Sie rührt sich nicht.“

„Komm her, Cinny“, lockte Rachel. „Komm zu mir!“

Prompt sprang Cinnamon auf und lief zu ihr.

„Ich hab’s dir ja gesagt, Dad. Cinny gehorcht Rachel. Kann sie Sandy spielen? Bitte!“

„Na gut“, sagte er resigniert. „Wir können es ja mal versuchen. Aber wenn sie verrückt spielt, müssen wir sie ersetzen.“

Megan verdrehte die Augen. „Wen sollen wir denn als zweite Besetzung für einen Hund nehmen? Einen Goldfisch vielleicht?“

Rachel lachte und setzte sich wieder an den Tisch. „Sehen wir uns das mal an.“ Sie griff zu dem Album und blätterte darin, und mit jeder Seite wurde ihr das Herz schwerer. Da waren Fotos von Megan mit vier Jahren in einem rosa Tutu bei ihrer ersten Ballettstunde, mit sechs in einem Hasenkostüm bei einer Osteraufführung, mit zehn als Wendy in Peter Pan

Als die letzte Seite umgedreht war, stand Rachel auf. „Es ist schon spät“, brachte sie mühsam hervor. Ihre Kehle war wie zugeschnürt vor Reue über all die verlorenen Jahre mit ihrer Tochter. „Ich muss gehen. Ich will heute noch meine Sachen packen, damit ich morgen früh in das Apartment ziehen kann.“

„Ich bringe Sie zum Auto“, bot Adam an. „Megan, lauf du schon mal nach oben und sieh nach deiner Großmutter.“

Sie blickte von ihm zu Rachel und grinste von einem Ohr zum anderen. „Na klar, Dad. Lass dir Zeit.“

Sie möchte uns verkuppeln, dachte Rachel belustigt. Es wunderte sie nicht. Nach allem, was Megan bisher erzählt hatte, mochte sie Erika nicht und wollte sie nicht zur Stiefmutter haben. Daher suchte sie nach einem potenziellen Ersatz.

Rachel folgte Adam hinaus in den leichten Nieselregen. Sie holte tief Luft und eröffnete mit wild klopfendem Herzen: „Da ist etwas, das Sie wissen sollten.“

„Sie brauchen nichts zu sagen“, entgegnete er schmunzelnd. „Megan versucht ständig, mich zu verkuppeln. Mit ihren Lehrerinnen, der geschiedenen Mutter einer Freundin, der Besitzerin des Buchladens … Sie ist überzeugt, dass ich unglücklich bin. Ich sage ihr ständig, dass ich keinen Bedarf an einer Frau habe, aber sie versucht es weiter, und die Frauen belästigen mich weiter.“

Der Mann ist so eingebildet wie ein Hahn im Hühnerhof, dachte sie entrüstet. Glaubte er tatsächlich, dass sie es auf ihn abgesehen hatte? „Keine Sorge, ich habe keinen Bedarf an einem Mann.“

„Das wollte ich auch nicht andeuten.“ Er lächelte auf seine jungenhafte Art. „Ich bin wirklich froh, dass Megan und Sie sich miteinander anfreunden. Sie hat Sie aus irgendeinem Grund gleich ins Herz geschlossen, und ich glaube, dass Sie einen guten Einfluss auf sie ausüben. Der Umgang, den sie in letzter Zeit hat … Ich habe Angst, dass ihr eines Tages …“

„Ihr wird schon nichts passieren“, versicherte Rachel. Sie würde es nicht zulassen.

„Das verstehen Sie nicht“, entgegnete er mit kummervollem Blick. „Ich habe meine Frau wegen eines betrunkenen Autofahrers verloren, und ich will Megan nicht auch noch verlieren. Ich schwöre bei meinem Leben, dass ich sie mir durch nichts und niemanden wegnehmen lasse.“

Seine inbrünstigen Worte machten ihren Entschluss zunichte, ihm ihre Identität bereits zu enthüllen. Adam hätte sie als Feindin betrachtet, als Bedrohung. Sie musste sich an ihren ursprünglichen Plan halten und warten, bis Megan eine feste Bindung zu ihr geformt hatte und er sie deshalb nicht mehr fortschicken konnte. Sie wusste, dass ihr Vorhaben nicht unbedingt ehrenwert war, aber war es so verwerflich, dass sie eine Verbindung zu ihrem Kind aufbauen wollte? Sie wollte ihm Megan nicht wegnehmen, sondern nur für sie da sein, ihr Mutterliebe schenken. Und doch fühlte sie sich zum ersten Mal, seit sie ihren Plan geschmiedet hatte, wie eine Betrügerin.

4. KAPITEL

„Wie ich sehe, sind Sie diesmal pünktlich“, bemerkte Erika, als sie Rachel am nächsten Morgen auf dem Korridor begegnete. „Nun, das Gasthaus ist ja auch nur einen Block entfernt. Da wäre es unentschuldbar, wenn Sie zu spät kämen.“

Woher weiß sie, wo ich abgestiegen bin? fragte Rachel sich. Sie musste künftig besser aufpassen, was sie wem verriet. Offensichtlich drang dieser Frau irgendwie alles zu Ohren. Wissen bedeutete Macht, und je weniger sie wusste, umso besser.

Megan trat zu ihnen und warf ein: „Da wohnt sie gar nicht mehr. Sie hat Onkel Steves Apartment gemietet.“

„Hallo, Megan“, sagte Rachel erfreut. „Was tust du denn schon so früh hier?“

„Ich komme morgens immer mit Dad und helfe Doreen mit der Ablage und so. Er bezahlt mich sogar dafür“, erklärte sie stolz.

„Du sollst dich nicht so an andere Leute heranschleichen“, schalt Erika. „Außerdem ist Steven Parker nicht dein Onkel. Ich begreife nicht, warum du ihn immer so nennst.“

„Dass er nicht Dads richtiger Bruder ist, heißt doch nicht, dass ich ihn nicht Onkel nennen kann. Dass du ihn nicht ausstehen kannst, heißt nicht, dass ich aufhören muss, ihn zu mögen.“

Erika ignorierte Megans Einwand und wandte sich an Rachel. „Ich wusste gar nicht, dass Steve annonciert hat.“

„Hat er auch nicht. Adam hat mir von dem Apartment erzählt.“

„Als wir sie im Auto mitgenommen haben“, verkündete Megan. „Und nachher war sie bei uns zum Kaffee, und Cinny mag sie, und Dad hat gesagt, dass Cinny Sandy spielen kann.“

„Ich denke doch, du hast Besseres zu tun, als mit deinem Hund vor Fremden anzugeben. Du solltest lieber deinen Text lernen. Du bist hinter den anderen weit zurück. Dabei fällt mir ein, hast du endlich mit deinem Kostüm angefangen?“

„Rachel hilft mir. Wir machen es dieses Wochenende.“

Davon wusste Rachel zwar noch nichts, aber sie deckte diese kleine Lüge sehr gern. Im Stillen dankte sie Erika dafür, dass sie das Wochenende mit ihrer Tochter verbringen durfte.

„Ich muss jetzt arbeiten gehen“, verkündete Megan mit ernster Miene.

Rachel unterdrückte ein Lächeln. Welche Fehler ihre Tochter auch haben mochte, mangelndes Pflichtgefühl gehörte offenbar nicht dazu. „Wollen wir in der Mittagspause zusammen essen?“, schlug sie vor.

„Oh ja! Dann zeige ich dir, wie der Automat umsonst Limonade ausspuckt“, versprach Megan und ging davon.

Als Rachel sich ebenfalls abwenden wollte, sagte Erika in frostigem Ton: „Ich habe Ihnen doch gesagt, dass Sie diesem Mädchen keine besondere Beachtung schenken sollen.“

„Ich helfe doch nur aus. Schließlich hat sie keine …“

„Sie haben den Job doch bereits. Also können Sie dieses großmütige Gehabe einstellen. Ich weiß nicht, was für ein Spielchen Sie treiben, aber wenn Sie weiterhin hier arbeiten wollen, dann beenden Sie es lieber.“

„Ich versichere Ihnen, dass ich keine Spielchen veranstalte. Ich nehme alles, was ich tue, sehr ernst. Und jetzt entschuldigen Sie mich bitte. Adam erwartet mich zu der Budgetbesprechung.“

„Beeil dich!“, rief Megan, als Rachel zwölf Minuten vor halb acht Uhr das Foyer des Gemeindezentrums betrat. „Du kommst zu spät.“

„Wieso? Die Zeremonie fängt doch erst um halb acht an.“

„Ja, aber der Empfang hat schon vor einer halben Stunde angefangen. Du verpasst das Büfett. Ich habe extra hier auf dich gewartet.“

„Vor einer halben Stunde! Aber ich dachte …“ Rachel verstummte abrupt, als ihr bewusst wurde, wie schick Megan angezogen war. An der Tür zum Konferenzsaal erblickte sie einige Frauen in langen Abendkleidern. Sie blickte an ihrem schlichten schwarzen Kleid hinab, das ihr gerade bis an die Knie reichte. Es war das eleganteste Outfit, das sie aus Hartford mitgebracht hatte. „Ich kann da nicht reingehen“, flüsterte sie. „Sieh doch nur, wie ich angezogen bin. Ich wusste nicht, dass Gesellschaftskleidung vorgeschrieben ist.“

„Aber du musst mitkommen! Du bist doch die neue Lehrerin. Dad hat sogar einen Platz an unserem Tisch für dich frei gehalten.“ Megans Augen leuchteten auf. „Ich habe eine Idee. Du kannst ja ein Kostüm anziehen. Doreen und Erika kaufen immer Sachen im Secondhandshop. Vielleicht ist da was Schickes dabei.“

Rachel seufzte. Sie kam sich sehr töricht vor, weil sie Erika beim Wort genommen hatte, anstatt sich anderweitig nach der Art der Veranstaltung zu erkundigen. „Ich glaube kaum, dass was Passendes dabei ist.“

„Komm, wir gucken mal“, drängte Megan. „Du hast doch einen Schlüssel, oder?“

„Ja, aber wir haben keine Zeit mehr.“

Megan blickte zur Uhr. „Wir haben noch zehn Minuten.“

Hand in Hand liefen sie den Korridor entlang. Eine Minute später schloss Rachel den Umkleideraum auf. „Es hat keinen Sinn“, sagte sie, als sie die alten Kleider auf der Stange sah. „Hier finde ich bestimmt nicht das Richtige. Und selbst wenn, passt es mir wahrscheinlich nicht.“

„Rachel, guck mal!“

Ganz hinten auf der Stange hing ein wundervolles smaragdgrünes Chiffonkleid mit langen, weiten Ärmeln und Paillettengürtel. Es sah nicht nur teuer, sondern auch brandneu aus. Was tat diese wundervolle Kreation hier, und wie war sie in einem Secondhandshop gelandet?

„Es ist einfach toll!“, rief Megan. „Du siehst darin bestimmt aus wie eine Prinzessin.“

„Es sieht so klein aus.“

„Probier es an, bitte, bitte. Ich warte draußen, falls Dad mich sucht. Seit die Einbrüche angefangen haben, benimmt er sich wie eine Glucke, und wenn er mich nicht findet, macht er sich Sorgen.“

Rachel blickte ihrer Tochter ins Gesicht und seufzte. Sie konnte sie einfach nicht enttäuschen.

Megan ging hinaus auf den Korridor, und Rachel zog sich um. Das Kleid war ein bisschen zu eng über dem Busen, aber ansonsten wie für sie gemacht. Eigentlich war es gar nicht zu eng, wenn sie beabsichtigte, Erika auf die Palme zu bringen – oder Adams Aufmerksamkeit zu erregen.

„Beeil dich!“, rief Megan durch die Tür. „Nur noch vier Minuten!“

Rachel drehte sich zum Spiegel um und stellte erleichtert fest, dass ihre Füße nicht zu sehen waren. Ihre schlichten, schwarzen Schuhe passten zwar zu ihrem eigenen Kleid, waren aber nicht elegant genug für dieses Prachtgewand.

Erschrocken blickte sie auf, als eine der Deckenlampen zu brummen und zu flackern begann. Dann musterte sie sich ein letztes Mal im Spiegel. Ihr stockte der Atem, als sie um ihren Hals eine Goldkette mit einem herzförmigen Anhänger glitzern sah. Sie hob eine Hand an ihre Kehle, aber sie fühlte nichts. Die flackernde Lampe erlosch, und mit ihr das Glitzern.

„Noch zwei Minuten!“, rief Megan.

Reiß dich zusammen, ermahnte Rachel sich, du hast keine Halluzinationen. Bestimmt hatte nur das Flackern der Lampe ein Trugbild hervorgerufen. Sie atmete tief durch, um sich zu beruhigen, doch ihre Hände zitterten, als sie die Tür hinter sich verschloss.

„Du siehst toll aus!“, rief Megan. „Aber du brauchst was um den Hals. Du kannst mein Medaillon haben. Da ist ein Bild von meiner Mutter drin, aber das sieht ja keiner. Ich habe mir geschworen, es nie abzunehmen, aber das ist ein Notfall. Meine Mutter würde es bestimmt verstehen.“

„Nein, nimm es nicht ab. Ein Versprechen muss man halten, selbst wenn man es nur sich selbst gegeben hat.“

Immer noch unsicher und nervös betrat Rachel den festlich geschmückten Saal. Mindestens hundert Personen, alle in Abendkleidung, standen in kleinen Gruppen herum oder saßen an den Tischen.

Megan zog sie an der Hand zu einem Fenstertisch. „Setz dich hierhin, zwischen mich und meinen Dad.“

Rachels Magen verkrampfte sich. Was war, wenn Erika das Kleid erkannte?

Adams Miene ließ sie ihre Befürchtung rasch vergessen. „Schön, dass Sie kommen konnten“, sagte er und stand auf. Anerkennend musterte er sie. „Sie sehen sehr hübsch aus.“

„Danke. Sie auch. Ich meine, Sie sehen gut aus, nicht hübsch.“ Verflixt, warum brachte er sie so durcheinander? Schließlich sah sie nicht zum ersten Mal einen Mann im Smoking. Nur machte er zufällig eine sehr gute Figur darin.

„Ich bedanke mich auch“, sagte er und rückte ihr den Stuhl zurecht.

Rachel setzte sich und blickte sich um. „Es ist wunderschön dekoriert. Wann ist das alles passiert?“

„Die Lieferanten haben nicht lange gebraucht, um …“ Er verstummte abrupt, und sein Gesicht wurde aschfahl.

„Was haben Sie denn?“, fragte sie besorgt. „Sie sehen aus, als hätten Sie einen Geist gesehen.“

„Wo haben Sie das Kleid her?“

Betreten blickte sie an sich hinab. „Ich … ich …“

„Sei nicht böse auf sie, Dad“, warf Megan bittend ein. „Es war meine Idee. Ich dachte, dass sie toll darin aussehen würde, und das tut sie doch auch, findest du nicht?“

„Kommen Sie mit.“ Er packte Rachel am Arm und zerrte sie förmlich vom Stuhl.

„Dad, was machst du denn da?“, rief Megan entsetzt.

Rachel versuchte vergeblich, sich aus seinem Griff zu lösen. „Lassen Sie mich los“, zischte sie. „Sie tun mir weh.“ Als er sie nicht freigeben wollte, erklärte sie: „Die Leute gucken schon alle.“

Das wirkte. Wie sie vermutet hatte, war ihm sein Image in der Öffentlichkeit wichtiger als sein Zorn. Und worüber war er überhaupt so verärgert? Vielleicht hätte sie das Kleid nicht aus der Kostümkammer nehmen sollen, aber das war noch lange kein Grund, so mit ihr umzuspringen. Sie strich das Kleid glatt und setzte sich wieder.

Finster starrte er sie an. „Muss ich Sie hinauszerren, oder folgen Sie mir freiwillig?“

Erika, die neben Megan saß, beobachtete die Szene mit einem seltsamen Lächeln auf den Lippen.

Hatte sie eine zweifache Falle gestellt? Hatte sie das Kleid hingehängt in der Hoffnung, dass Rachel es nehmen würde, nachdem sie ihr fälschlich versichert hatte, dass kein Kleiderzwang bestand?

Diese Frau ist zu allem fähig, dachte Rachel und bedachte sie mit einem frostigen Lächeln, während sie innerlich vor Wut kochte. Dann stand sie auf und folgte Adam hinaus auf den Korridor. „Es tut mir leid“, sagte sie mühsam beherrscht. „Ich ziehe mir wieder mein eigenes Kleid an. Ich habe es nur getan, weil …“ Sie hielt abrupt inne in dem Wissen, dass Erika ihre Rolle in der Angelegenheit leugnen würde. Und warum sollte er Rachel eher glauben als seiner langjährigen Vertrauten?

„Was in aller Welt haben Sie sich dabei gedacht?“, schalt er. „Sind Sie völlig verrückt geworden? Das Kleid hat meiner Frau gehört. Tragen Sie etwa auch ihre Schuhe?“ Er griff nach dem Stoff und zerrte ihn bis zu ihren Knien hoch.

„Aufhören!“, protestierte sie und entriss ihm den Saum. „Was in aller Welt denken Sie sich? Sind Sie völlig verrückt geworden?“

„Lassen Sie sich eines sagen, Lady. Niemand auf dieser Welt oder sonst wo kann jemals in die Fußstapfen meiner Frau treten.“

„Vielleicht hätte ich mich nicht mit den Kostümen bedienen dürfen, aber wie können Sie es wagen, mich so zu behandeln? Nebenbei bemerkt, es sind meine eigenen Schuhe.“

Verblüfft zuckte er zurück. „Sie halten dieses Kleid für ein Kostüm? Sind Sie blind?“

„Adam?“

Er wirbelte herum. „Halt du dich da raus, Doreen. Das geht dich nichts an.“

„Es geht mich sehr viel an. Ich habe das Kleid sofort erkannt, als Rachel in den Saal gekommen ist. Es ist alles meine Schuld. Ich habe es hierher gebracht.“

Autor

Sally Carleen
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Linda Cajio
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Elissa Ambrose
Elissa Ambrose kommt ursprünglich aus Montreal, Canada. Jetzt lebt sie mit ihrem Ehemann und 2 Töchtern in Arizona. Sie hat einen College – Abschluss in Englischer Literatur und arbeitete danach als Software – Entwicklerin. Immer noch sucht sie nach der Verbindung beider Berufsfelder aber sie glaubt, nach all den Jahren...
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