Bianca Extra Band 17

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ZARTE KÜSSE IM KERZENSCHEIN von WILKINS, GINA
Als Hochzeitsplanerin sollte Alexis an die große Liebe glauben. Tut sie aber nicht. Und sie hat schon alles, was sie will: eine lustvolle Affäre mit Logan Carmichael. Bis er überraschend eine Reise vorschlägt. Alexis ist alarmiert: Sie beide unterwegs, als seien sie ein verliebtes Paar?

FLIRT MIT DEM SCHICKSAL von BUTLER, CHRISTYNE
Wie kann er sich nicht an sie erinnern? Tanya ist fassungslos. Ausgerechnet sie ist die neue Therapeutin von Devlin Murphy, der sich nach einem schrecklichen Unfall nur langsam erholt. Vielleicht helfen ihm ihre sanften Berührungen, ins Leben und in die Liebe zurückzufinden?

GESTRANDET IM GLÜCK von ALTOM, LAURA MARIE
Gestrandet in Bent Road: Libbys Auto ist kaputt, ihr Konto leer, und ihr Baby wird in einem Monat zur Welt kommen. Was sie jetzt braucht, ist ein Engel - und der kommt in Gestalt des breitschultrigen Heath Stone. Er hilft ihr gern, aber eins will er nicht: sich verlieben …

WAS, WENN ES LIEBE IST? von MAJOR, MICHELLE
Das ist der Kuss, auf den sie immer gewartet hat! Eng schmiegt Lexi sich an Scott. Dass er unwiderstehlich und gleichzeitig ihr Boss ist, kann sie dabei fast vergessen. Aber nicht, dass sie das Städtchen bald verlassen muss - wo doch hier ihre große Liebe wohnt …


  • Erscheinungstag 14.04.2015
  • Bandnummer 0017
  • ISBN / Artikelnummer 9783733732462
  • Seitenanzahl 448
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Gina Wilkins, Christyne Butler, Laura Marie Altom, Michelle Major

BIANCA EXTRA BAND 17

GINA WILKINS

Zarte Küsse im Kerzenschein

An Liebe für immer glaubt Logan nicht. Was nicht heißt, dass er die Affäre mit Alexis nicht genießt! Aber eines Nachts, als er seine heimliche Geliebte zart küsst, spürt er: Er will mehr … als sie ihm geben kann?

CHRISTYNE BUTLER

Flirt mit dem Schicksal

Tanyas Berührungen tun so gut! Ihr gelingt es, Devlin den Schmerz seiner Verletzungen zu nehmen. Aber warum kommt die schöne Therapeutin ihm so vertraut vor? Als hätte sie ihn schon früher sanft berührt?

LAURA MARIE ALTOM

Gestrandet im Glück

Seine Frau zu verlieren, war die schlimmste Erfahrung in Heaths Leben. Nie wieder Liebe! Doch dann steht plötzlich Libby vor ihm, schwanger, allein. Aber mit einem Lächeln, das sein gefrorenes Herz erwärmt …

MICHELLE MAJOR

Was, wenn es Liebe ist?

Wie ein Kartenhaus bricht die Vergangenheit hinter Lexi zusammen. Aber jedem Ende wohnt auch der Zauber des Neuanfangs inne. Und wer könnte zauberhafter sein als Scott, dem sie sonst niemals begegnet wäre …

1. KAPITEL

Unerschrocken ging die adrette Alexis Mosley auf Konfrontationskurs mit Logan Carmichael. Von seiner finsteren Miene würde sie sich kein bisschen einschüchtern lassen.

„Im Gegensatz zu dir denke ich nicht, dass meine Kundin zu viel verlangt“, vermerkte sie kühl. „Kannst du ihre Wünsche nun erfüllen oder nicht?“

Eine tiefe Falte erschien zwischen seinen dunklen Augenbrauen. „Deiner Kundin fehlt der Bezug zur Wirklichkeit. Wir sind hier im Südwesten von Virginia, nicht in Montego Bay. Wenn sie eine jamaikanische Strandhochzeit will, soll sie sich gefälligst dorthin begeben oder zumindest die fünf Stunden Fahrt nach Virginia Beach zu einem richtigen Ozean auf sich nehmen.“

Alexis seufzte schwer. „Ich habe dir doch schon erklärt, dass die Hochzeit hier stattfinden muss, weil ältere Familienmitglieder daran teilnehmen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht reisefähig sind. Die Braut träumt von Montego Bay, weil ihr Verlobter ihr dort vor zwei Jahren den Antrag gemacht hat. Deswegen möchte sie die Trauung im Juli vornehmen und den Schauplatz hier nachbilden.“

Es war der erste Montagmorgen im März. Die Besprechung fand im Garten des Bride Mountain Inn statt, das Logan sowie seinen Schwestern Kinley und Bonnie zu gleichen Teilen gehörte.

Mit einem sarkastischen Ausdruck auf dem markant-attraktiven Gesicht drehte er sich langsam um die eigene Achse und umfasste mit einer ausladenden Geste die gepflegte Außenanlage, das Haupthaus der Frühstückspension und den weißen Pavillon am anderen Ende des Kieselweges. Ein großer dreistufiger Springbrunnen bildete den Mittelpunkt des Gartens, der noch Winterschlaf hielt. Das rhythmische Plätschern sorgte für eine beruhigende Geräuschkulisse. Am Horizont ragten stolz die majestätischen Gipfel der Blue Ridge Mountains in den blassblauen Himmel auf.

Alexis musste Logan insofern recht geben, als die Szenerie nicht die geringste Ähnlichkeit mit einem jamaikanischen Strand aufwies.

Trotzdem versicherte Kinley: „Natürlich können wir deine Kundin zufriedenstellen. Ich bin überzeugt, dass wir alle zusammen einen Weg finden, um ihre spezifischen Wünsche umzusetzen. Schließlich wäre es nicht die erste Hochzeit mit tropischer Kulisse, die wir hier ausrichten.“

Während Logan zumeist negativ auf ausgefallene Kundenwünsche reagierte, war die eingefleischte Geschäftsfrau zu allem bereit, um eine Buchung für das Inn zu ergattern. Und erstaunlicherweise pflegte sie ihre hochgesteckten Ziele zu erreichen.

Während der fast einjährigen Zusammenarbeit mit den Geschwistern Carmichael war in Alexis’ Eventagentur namens Blue Ridge Celebrations noch nie eine Beschwerde eingegangen. Für Hochzeiten und auch andere Feiern, die sie ausrichtete, empfahl sie ihrer Kundschaft gern und oft das Bride Mountain Inn, obwohl sie und Logan sich bei den Vorbereitungen meistens in die Haare gerieten.

„Lass dir von deiner Kundin eine detaillierte Aufstellung über ihre Vorstellungen geben, und dann gehen wir sie gemeinsam durch“, schlug Kinley vor. „Sag ihr, dass ihre Pläne rechtzeitig vorliegen müssen und dass bei einem so speziellen Thema keine kurzfristigen Änderungen möglich sind.“

„Natürlich.“

„Und ich werde mal jamaikanische Speisen recherchieren“, warf Bonnie ein. „Bestimmt gibt es originellere Rezepte als mariniertes Hühnchen vom Grill.“

Die Geschwister sahen sich nicht besonders ähnlich. Kinley hatte eine sportlich schlanke Figur, brünette Haare und grau-blaue Augen. Bonnies Gestalt war zierlich, ihr Haar goldblond gelockt, ihre Augenfarbe leuchtend blau. Ihr großer Bruder Logan war hochgewachsen und hatte einen ausgesprochen muskulösen Körperbau, dunkle Haare und nussbraune Augen. Alexis hätte ihn nicht als hübsch bezeichnet, aber er war ein Typ, der durchaus Anklang bei heißblütigen Frauen fand. Ihr war er auf den ersten Blick ins Auge gestochen.

In der frischen Morgenluft ließ eine Atemwolke deutlich erkennen, wie er resigniert durchatmete. Die vliesgefütterte graue Jacke, die er zu T-Shirt, Jeans und Stiefeln trug, war sein einziges Zugeständnis an die Kälte. An wärmeren Tagen ließ er die Jacke weg, ansonsten blieb sein Outfit das ganze Jahr über gleich – zumindest nach Alexis’ bisheriger Beobachtung.

„Hauptsache, du gibst mir und meinen Leuten genügend Zeit, um ein Wunder zu vollbringen, was du mir offensichtlich zutraust. Solange du sämtlichen Krimskrams findest, den die Braut haben will, baue ich alles auf. Aber es wird kein Sand angekarrt.“ Er warf Kinley einen finsteren Blick zu. „Als jemand unlängst auf die geniale Idee kam, anlässlich einer tropischen Party Sandkästen für die Kinder aufzustellen, hatte ich nachher ungeheure Reinigungsarbeit zu leisten.“

„Kein Sand“, versprach Alexis.

Einen Moment hielt er ihren Blick gefangen. Dann wandte er sich ab und ging wieder an seine Arbeit. Ein klein wenig zog er das linke Bein nach, was auf sie jedoch eher reizvoll als störend wirkte.

Sie zwang sich, ihm nicht länger nachzublicken, und versicherte seinen Schwestern: „Ich werde versuchen, die Erwartungen der Braut auf ein realistisches Level runterzuschrauben.“

„Das weiß ich doch“, erwiderte Kinley. „Achte nicht auf Logan. Er ist heute einfach mürrisch.“

Alexis lachte. „Heute?“

Kinley und Bonnie grinsten in stummer Übereinkunft. Alle waren sich einig, dass er selbst an guten Tagen nicht gerade vor guter Laune übersprudelte.

Doch Alexis wusste, dass Logan gar nicht so negativ war, wie es schien. Im Lauf des vergangenen Jahres hatte sie ihn oft freundlich mit Kindern und Senioren, nachsichtig-höflich mit gestressten Brautpaaren und entgegenkommend mit seiner Belegschaft umgehen sehen. Er ist nur unverblümt und hält den Austausch von Nettigkeiten für überflüssig.

So unterschiedlich die Geschwister Carmichael auch wirkten, kamen sie doch bestens miteinander aus. Tagtäglich arbeiteten sie miteinander in dem Inn, das sie von einem Großonkel geerbt hatten. Bonnie und Logan wohnten sogar auf dem Anwesen – sie in einer Zweizimmerwohnung im Souterrain, er in einem gemütlichen Cottage an der unteren Grundstücksgrenze.

Sowohl Kinley als auch Bonnie hatten im letzten Winter geheiratet. Doch obwohl sie jetzt mit ihren Ehemänner zusammenwohnten, war die Unternehmensdynamik gleich gut geblieben: Nach wie vor brachten die Geschwister ihre individuellen Stärken in den Familienbetrieb ein und erzielten mit vereinten Kräften eindrucksvolle Resultate.

Alexis war überzeugt, dass auch bei ihrem neuesten Projekt alles zu ihrer Zufriedenheit und der ihrer Kundin laufen würde. Sie freute sich sogar auf die feurigen Dialoge mit Logan, die ihrem Alltag eine gewisse Würze verliehen.

Die Dämmerung war hereingebrochen, als Alexis sich eine Tasse Tee in ihrer behaglichen Küche aufbrühte. Die Tage wurden allmählich länger, der Frühling rückte näher, und schon hatte sie alle Hände voll zu tun mit Vorbereitungen für Mai und Juni, der Hauptsaison in der Hochzeitsbranche.

Sie beklagte sich nicht über das erhöhte Pensum. Obwohl sie erst seit gut einem Jahr im Geschäft war, konnte sie bereits eine stattliche Anzahl an Buchungen verzeichnen. Denn sie hatte klug in Werbung investiert und sich hart für positive Mundpropaganda eingesetzt.

Aus irgendeinem Grund musste Alexis plötzlich an früher denken. Sie trug ihren Tee ins Wohnzimmer. Fiona, ihre verschmuste graue Katze, tapste neben ihr her.

Neben einer Ausbildung in Musik und Theater hatte Alexis in verschiedenen Blumenläden gejobbt – zunächst bei ihrer Mutter in Roanoke, später bei Floristen in Maryland und New York. Dadurch war sie mit der dekorativen Ausrichtung von Hochzeiten und ähnlichen Ereignissen vertraut. Außerdem lagen ihr organisatorische Aufgaben von jeher, und ihr Talent für Eventplanung hatte sich im Laufe der Jahre immer mehr gezeigt.

Kurz nach ihrem siebenundzwanzigsten Geburtstag war Alexis klar geworden, dass es ihr an der nötigen Passion fehlte, um ein großer Bühnenstar zu werden. Sie liebte das Schauspiel und hatte hart daran gearbeitet, ihre Fähigkeiten zu perfektionieren. Doch sie hatte sich mehr und mehr daran gestört, kaum Einfluss auf ihre eigene Zukunft zu haben. Als ihr eine zunächst angebotene Hauptrolle dann doch versagt geblieben war, hatte sie den Mut gefasst, ihre Zukunft selbst in die Hand zu nehmen und sich selbstständig zu machen.

Es war ihr nicht leicht gefallen, ihren lang gehegten Karrierezielen den Rücken zu kehren. Doch dann hatte sie alles hinter sich gelassen: ihre Freunde und ihre schicke kleine Stadtwohnung in New York ebenso wie Harry, dem sie nach einer turbulenten Affäre ein angeknackstes Ego und ein versteinertes Herz zu verdanken hatte.

Alles in allem waren ihr Umzug und die Selbstständigkeit ein beängstigender, aber letztendlich befreiender Schritt gewesen. Sie war in ihren Heimatstaat zurückgekehrt und hatte das etablierte Unternehmen Blue Ridge Celebrations übernommen. Nicht nur ihr Talent für Organisation, sondern auch ihre Fähigkeit, kreativ zu denken, erwiesen sich als perfekt für den neuen Berufszweig. Zudem waren die Angestellten der Firma ihr sofort zugetan und unterstützten ihre neue Chefin nach Kräften.

Anfänglich war es zu einigen kleineren Pannen gekommen, aber im Großen und Ganzen war Alexis sehr zufrieden mit ihrer Entscheidung. Nun, mit neunundzwanzig, war sie unabhängig und eigenständig, konnte auf mehrere gute Freunde zählen und lebte zur Miete in einem hübschen Haus, das sie zu kaufen erwog.

Sie führte sogar eine undramatische und gleichzeitig sexuell leidenschaftliche Beziehung zu einem faszinierenden Mann, der ebenso wenig wie sie an der Problematik einer romantischen Langzeitbeziehung interessiert war. Was mehr kann eine moderne Frau sich wünschen?

Wie aufs Stichwort ertönte ein forsches Klopfen an der Haustür, begleitet von einem wohlbekannten Kratzen.

„Das klingt, als ob wir beide Besuch kriegen“, sagte sie zu ihrer Katze, die mit eifrig gespitzten Ohren auf die Tür starrte. „Sie sind etwas zu früh dran. Meinst du, dass sie es nicht erwarten können, uns zu sehen?“

Alexis strich sich über das pinkfarbene Top, das sie zu einer verblichenen Jeans trug. Anstatt sich zu kämmen, schüttelte sie nur das dunkle Haar zurecht, sodass es ihr locker um die Schultern fiel. Sie war barfuß und machte sich nicht die Mühe, Schuhe zu holen. Zum Glück konnte sie bei ihrem Besucher ganz sie selbst sein. Ihr Puls raste bereits vor Vorfreude, als sie ihm öffnete.

Logan Carmichael stand mit typisch ernstem Gesicht im Schein der Verandabeleuchtung. Neben ihm gab ein großer schwarz-brauner Rottweiler-Mischling ein heiseres inbrünstiges Geräusch von sich, das entfernt an ein Knurren erinnerte. „Ninja hat geschmollt, weil ich ihn letztes Mal zu Hause gelassen habe, und förmlich darum gebettelt, heute mitkommen zu dürfen. Ich hoffe, das ist okay.“

Mittlerweile kannte Alexis das brummige Grollen des Tieres als seine einzigartige Manier, Menschen zu begrüßen, die es mochte – vergleichbar mit dem Schnurren einer Katze. „Er ist hier immer willkommen.“ Sie bedeutete ihnen einzutreten. „Fiona, du hast Besuch.“

Ninja lief schnurstracks zu der Katze, die auf das Sofa sprang, um auf Augenhöhe mit ihm zu sein. Sie rieb sich an seinem Kopf und entlockte ihm damit ein neuerliches Knurren und frenetisches Schwanzwedeln. An diesen Geschöpfen war es wohl vorbeigegangen, dass sie eigentlich eingeschworene Feinde sein sollten. Stattdessen waren sie im Lauf der vergangenen fünf Monate zu den besten Kumpeln geworden.

Das mochte seltsam sein, aber Alexis fand es nicht weniger überraschend als ihre eigene sehr private Freundschaft mit Ninjas Herrchen.

Logan schloss die Tür, streifte sich die Jacke ab und warf sie auf einen Stuhl. Dann zog er Alexis stürmisch an sich. Mit funkelnden Augen schenkte er ihr ein seltenes Lächeln. „Ist Ninja etwa der Einzige, der hier willkommen ist?“

Sie legte ihm eine Hand auf die muskulöse Brust, sah eine Ader an seinem Hals pochen und sonnte sich in dem Wissen, dass sie ihm diese Reaktion entlockte. Sie nahm sich die Brille ab und blickte ihn unter halb gesenkten Lidern verführerisch an. Scheinbar ganz entspannt flirtete sie mit ihm und berührte ihn, obwohl der Kontakt sie gleichzeitig erregte. „Ich finde es ganz okay, wenn du ihn gelegentlich begleitest.“

Er schmunzelte. Sein warmer Atem streifte ihre Lippen, als er den Kopf senkte. „Ich weiß deine großmütige Einladung sehr zu schätzen“, murmelte er, bevor er ihren Mund mit einem hungrigen Kuss versiegelte, der das Geplänkel augenblicklich in Leidenschaft umschlagen ließ.

Sie bot ihm weder einen Sitzplatz noch eine Erfrischung an, als der leidenschaftliche Kuss endete, sondern nahm ihn bei der Hand und zog ihn in ihr Schlafzimmer. Er kannte den Weg gut, da er sie seit dem vergangenen Oktober durchschnittlich dreimal im Monat besuchte.

Neben dem antiken Himmelbett brannte eine Bleiglaslampe, die durch bunt getönte Scheiben einen gedämpften Schein verbreitete. Die Bettdecke war bereits zurückgeschlagen und enthüllte weiße Laken und fluffige Kissen.

Alexis hatte mit dem Gedanken gespielt, die dicken weißen Kerzen anzuzünden, die im Raum verteilt standen, sich aber dagegen entschieden. Sie und Logan führten eine für beide Seiten körperlich befriedigende Beziehung ohne traditionelle und möglicherweise schmerzliche romantische Anwandlungen. Sie waren Freunde. Gute Freunde. Sozusagen Freunde mit Vorzügen. Keiner von beiden erwartete eine dauerhafte Bindung.

Was nicht bedeutet, dass ich nicht jede Minute mit ihm auskosten kann, solange es anhält. Mit diesem Gedanken sank sie in seine muskulösen Arme.

Ihr Liebesspiel begann gemächlich. Beide ließen sich Zeit dabei, Kleidungsstücke abzulegen und entblößte Haut zu liebkosen. Sie wurde es nie leid, seine eindrucksvollen Muskeln mit Fingerspitzen und Lippen zu erforschen. Trotz der Narben auf seinem linken Bein, die von einer alten Verletzung aus College-Zeiten herrührten, war er in bester körperlicher Verfassung. Robust und kräftig, gebräunt und fit – das Resultat harter Arbeit und gesunder Lebensführung. Und er wusste diesen Körper auf verschiedenste Weise zielführend einzusetzen.

Ihre Kommunikation beschränkte sich auf Gemurmel und Seufzer, kehliges Lachen und tiefes Stöhnen. Wie jedes Mal führten ihre Küsse und Berührungen schon bald zu heftiger Leidenschaft, die keinen Raum für Zurückhaltung ließ. Laken verhedderten sich, Kissen fielen zu Boden, während Alexis und Logan alles um sich herum vergaßen und sich stürmisch vereinigten.

Nach einem überwältigenden Höhepunkt blieb Logan erschöpft auf dem Rücken liegen. Lange Zeit kam sein Atem unregelmäßig; sein Herzschlag fand nur ganz allmählich in einen steten Rhythmus zurück. Wie kann es mit ihr von Mal zu Mal besser werden?

Alexis lag dicht neben ihm, so reglos und still, dass er nicht wusste, ob sie überhaupt wach war.

Nach einer Weile seufzte sie und hob den Kopf. Der diffuse Schein der bunten Bleiglaslampe ließ ihr dunkelbraunes Haar glänzen und spiegelte sich in ihren rauchgrauen Augen. Ihre Wangen waren ein wenig gerötet, ihre vollen Lippen noch feucht von seinen Küssen. Sie sah eben aus wie kurz nach einem heißen und rundum befriedigenden Liebesspiel.

Das war bloß Sex, korrigierte er sich hastig. Großartiger Sex. Er liebte es, sie so zu sehen: total zerzaust und mit Schlafzimmerblick, so ganz anders als die aparte Erscheinung bei der Arbeit. Natürlich betrachtete er sie auch gern in ihrer geschmackvollen schlichten Berufskleidung – zumal er genau wusste, was sich darunter verbarg, wie ihr Körper sich anfühlte und schmeckte.

„Wow“, murmelte sie.

Logan schmunzelte. Auch das gefiel ihm an ihr. Dass sie weder schüchtern noch verschämt mit ihrer Freude am Sex umging, obwohl sie sehr wählerisch war, was die Befriedigung ihrer Bedürfnisse anging. Bei ihrem ersten Mal hatte sie ihm anvertraut, dass es für sie schon eine ganze Weile her war.

Genau wie für ihn. Es lag nicht an mangelnden Gelegenheiten, dass er geraume Zeit wie ein Mönch gelebt hatte. Er wollte sich nur nicht auf potenziell problematische Beziehungen einlassen, war aber auch nicht der Typ für One-Night-Stands.

Alexis war die erste Frau seit Langem, die ihn aus seiner selbst erwählten Abstinenz gelockt hatte. Davon abgesehen, dass er sich körperlich stark zu ihr hingezogen fühlte, mochte er sie aufrichtig. Er bewunderte ihre Intelligenz und Kompetenz, ihren Humor und ihre Direktheit. Sie hatte ihm geradeheraus gesagt, dass Hochzeiten ihr Beruf waren, ihr aber privat gar nicht der Sinn danach stand.

In diesem Punkt waren sie sich einig. Er hatte gute Gründe, Bindungen zu scheuen. Ihr erging es offensichtlich ebenso. Über vergangene Beziehungen sprachen sie nicht, aber hinsichtlich ihrer gegenwärtigen Wünsche waren sie übereingekommen.

Sie hielten ihre Affäre geheim. Weil sie ihre ungezwungene Freundschaft nicht durch hochgesteckte Erwartungen von Freunden und Angehörigen verkomplizieren wollten. Er traf sich mit niemandem sonst, ebenso wenig wie sie, aber es stand beiden frei. Momentan war ihm einfach nicht nach der Gesellschaft anderer Frauen zumute.

Sie stützte sich auf einen Ellbogen und schaute zu ihm hinunter. „Da wir das jetzt hinter uns gebracht haben …“

Er lachte leise über ihre Wortwahl.

„… kann ich dir was anbieten? Soll ich Tee kochen?“

„Klingt verlockend, aber ich kann nicht lange bleiben. Ich muss morgen früh raus. Bonnie wünscht sich ein Hochbeet für ihre Kräuter von mir.“

Auch wenn sie nicht viel über die Vergangenheit sprachen, plauderten sie häufig über die Arbeit. Sie erzählte ihm lustige Begebenheiten aus ihrem Berufsleben und er berichtete über die zahlreichen Verbesserungsvorschläge seiner Schwestern für das Inn und den Park, die er in die Tat umsetzte.

Logan beklagte sich nicht über das umfangreiche Arbeitspensum im Bride Mountain Inn, obwohl er daneben auch noch als Softwareberater tätig war. Auch Kinley arbeitete nebenbei als Immobilienmaklerin. Solange der erst kürzlich übernommene Hotelbetrieb noch nicht genügend Profit abwarf, wollten sie ihre erlernten Berufe nicht gänzlich aufgeben.

Alexis stieg aus dem Bett und schlüpfte in einen roten Bademantel, der ihr dunkles Haar und die grauen Augen hübsch zur Geltung brachte. Während sie in der Küche Tee aufsetzte, duschte er und zog sich an, bevor er das Bett machte. Der Anblick der zerwühlten Laken brachte sein Blut erneut in Wallung.

Der Tee war fertig, als Logan die Küche betrat, die in Edelstahl und Weiß gehalten war und lediglich einige rote Akzente aufwies.

Das ganze Haus war mit weißen Stoffen, hellem Holz und Kristallglas eingerichtet. Sehr sauber und nüchtern, rationell und minimalistisch. Typisch für Alexis, dachte er, während er sich auf einen weiß gepolsterten Stuhl am Glastisch setzte.

Ninja trottete in den Raum, setzte sich ihr zu Füßen und schaute sie erwartungsvoll an. Lachend holte sie ein Leckerli aus der Speisekammer und warf es ihm zu.

Fiona wand sich ihr um die Füße und miaute, bis sie einen Katzensnack bekam.

Logan runzelte die Stirn. Ein wenig störte er sich daran, dass Alexis neuerdings nicht nur für ihre Katze, sondern auch für seinen Hund Leckerlis bereithielt. Doch er schob den Gedanken beiseite und sagte sich, dass es nichts weiter bedeuten musste. Er wollte den Abend nicht durch Grübeleien verderben.

Sie stellte ihm den Tee hin und fragte grinsend: „Was ist mit dir, Logan? Soll ich dir auch ein Leckerli zuwerfen? Ich glaube, ich hab irgendwo noch ein paar Kekse.“

Er schüttelte den Kopf. „Mir reicht der Tee, danke.“

Sie setzte sich neben ihn und hob ihre Tasse an die Lippen. Ihr Bademantel klaffte auf und gewährte ihm einen Blick auf ihre Brüste. Er trank so hastig von seinem Tee, dass er sich den Mund verbrannte. Im Stillen schalt er sich, weil er sich wie ein sexhungriger Teenager aufführte, obwohl sie gerade erst aus dem Bett gekommen waren. Wie schafft sie das bloß?

Um sich abzulenken, schnitt er ein Thema an, über das sie stets ungezwungen plaudern konnten: die Arbeit. „Du hast noch gar nicht erzählt, wie die bombastische Hochzeit letztes Wochenende gelaufen ist.“

Sie stöhnte bei dem Gedanken an das größte Event, das sie bisher auf die Beine gestellt hatte. „Es war anstrengend. Wenn alle Bräute so schwierig wären, würde ich das Geschäft sofort an den Nagel hängen.“

Die Trauung zählte zu den bedeutendsten gesellschaftlichen Ereignissen der gesamten Wintersaison. Die Braut hatte unter anderem eine Pferdekutsche und weiße Tauben, ein Kammerorchester sowie einen dekadent teuren Dinnerempfang in einem nahen Country Club verlangt.

Logan war dankbar dafür, dass das Bride Mountain Inn nicht einmal flüchtig als Schauplatz für diese vornehme Gesellschaft in Betracht gekommen war. „Konntest du alle Forderungen erfüllen?“

Alexis nickte mit einem müden, aber zufriedenen Lächeln. „Die Braut hat sogar versprochen, mich ihren Freundinnen weiterzuempfehlen. Nebenbei bemerkt gebe ich der Ehe ein Jahr. Allerhöchstens zwei.“

„Schon Probleme in Sicht?“

„Der Bräutigam hat mich eine halbe Stunde vor der Trauung angebaggert.“

Mit einem Knall stellte er die Teetasse ab. „Wie bitte?“

Ninja setzte sich neben Alexis und legte ihr den Kopf auf die Knie. Liebevoll kraulte sie seine Ohren. Und Fiona sprang Logan auf den Schoß, um von ihm menschliche Aufmerksamkeit einzufordern. Geistesabwesend streichelte er ihr den Rücken. Sie machte einen Katzenbuckel, während er mit finsterer Miene nachhakte: „Bist du sicher, dass es so gemeint war?“

„Er hat mich in eine Ecke gedrängt und vorgeschlagen, dass wir uns demnächst mal treffen. Um ein ganz spezielles Event zu veranstalten, hat er augenzwinkernd hinzugefügt. Wie klingt das für dich?“

„Als ob er dich angebaggert hat.“

„Danke.“

„Ich nehme an, du hast es der Braut gegenüber nicht erwähnt?“

„Natürlich nicht. Er hätte behauptet, dass ich ihn missverstanden habe, und ich hätte wie ein Dummkopf dagestanden. Außerdem war die Braut damit beschäftigt, mit dem Cellisten des Kammerorchesters zu flirten. Wie gesagt, ich gebe ihnen ein Jahr.“

„Bei uns wurden auch schon einige Hochzeiten abgehalten, die von Vornherein zum Scheitern verurteilt waren. Das hinterlässt einen schalen Nachgeschmack, oder?“

Sie nickte. „Ich richte viel lieber eine Trauung aus, bei der zumindest ein Quäntchen Hoffnung besteht, dass die Ehe anhält. Obwohl die Chancen in den meisten Fällen gering sind.“

„Sehr gering.“

„Äußerst gering“, bestätigte Alexis. „Habe ich eigentlich schon mal erwähnt, dass meine Eltern geschieden sind? Mein Vater hat kurz nach der Trennung von meiner Mutter wieder geheiratet und war ein drittes Mal verlobt, als er vor zwei Jahren an einer Blutvergiftung gestorben ist. Die dritte Ehe meiner Mutter hält jetzt erstaunlicherweise schon zehn Jahre.“

Er fragte sich, was er dazu sagen sollte. Bisher hatte sie ihm nur erzählt, dass ihr Vater tot und ihre Mutter wieder verheiratet war. Weil Alexis häufig mit seinen Schwestern zusammenarbeitete, wusste sie etwas mehr über seine Familie. Zum Beispiel, dass seine Eltern sich in seiner Kindheit getrennt hatten und dass er und seine Schwestern in Tennessee bei ihrer Mutter aufgewachsen waren, die seit fast fünf Jahren tot war. Dass sein Vater Robert Carmichael ein Weltenbummler war, der seit der Scheidung nur noch selten Kontakt zu seinen Kindern aufnahm.

Alexis hatte ihn flüchtig kennengelernt, als er zu Kinleys und Bonnies Doppelhochzeit im Dezember aus Neuseeland gekommen war.

„Mein Bruder war auch schon zwei Mal verheiratet“, eröffnete sie. „Dabei ist er erst siebenundzwanzig.“

Allmählich verstand Logan, warum sie der Ehe so abgeneigt war. Bei ihrer Familiengeschichte hegte sie aus gutem Grund eine zynische Einstellung zu dem Versprechen „bis dass der Tod uns scheidet“.

„Da hat er aber jung angefangen.“

„Er ist eben ein impulsiver Typ.“

„Kinleys erste Ehe hat auch nicht funktioniert. Allerdings glaube ich, dass sie und Dan es schaffen können. Für Bonnie und Paul stehen die Chancen auch ganz gut. Meine Schwestern sind nämlich sehr beharrlich.“

In seiner Familie waren durchaus erfolgreiche lebenslange Verbindungen zu verzeichnen, wie bei seinen Großeltern mütterlicherseits und auch bei seinem Großonkel Leo. Der hatte seiner geliebten Ehefrau Helen sogar achtzehn Jahre nach ihrem Tod die Treue gehalten – bis zu seinem eigenen Lebensende.

Logan wusste also, dass es bei anderen möglich war. Er war sich nur nicht sicher, wie es mit ihm selbst stand. Enttäuschende Erfahrungen hatten ihn skeptisch gegenüber allem gemacht, was mit Romantik zusammenhing.

„Deine Schwäger scheinen sehr nett zu sein“, bemerkte Alexis. „Du magst sie doch, oder?“

Er nickte. „Sehr. Sie sind für mich nicht nur Familienmitglieder, sondern Freunde geworden.“

Sie stützte das Kinn in eine Hand und musterte ihn nachdenklich. „Du befürchtest also nicht, dass sie dich im Falle von Ehestreitigkeiten aus dem Unternehmen drängen könnten?“

„Das wird nicht passieren. Wir haben sie einen Vertrag unterschreiben lassen, der ihnen im Scheidungsfall jedes Anrecht auf das Bride Mountain Inn abspricht.“

„Kluger Schachzug. Aber vielleicht funktionieren die Ehen deiner Schwestern ja. Manche Leute schaffen es.“ Augenzwinkernd fügte sie hinzu: „Dass unverbesserliche Optimisten es immer wieder versuchen, bedeutet mehr Geschäft für uns.“

Er schmunzelte. „Stimmt genau.“

So viel hatten sie noch nie über ihre Familien geredet, seit sie sich vor fünf Monaten an einem stürmischen Herbsttag in einem Kaffeehaus über den Weg gelaufen waren. Bis dahin hatten sie sich nur berufsbedingt und sehr flüchtig gekannt, obwohl seit der ersten Begegnung eine starke Anziehungskraft bestand. Nach einem stundenlangen erfreulichen Gespräch hatte sie ihn auf ihre erfrischend unverblümte Art zu sich nach Hause eingeladen. Dort waren sie kaum zwanzig Minuten später im Bett gelandet.

Das war die schönste Erfahrung meines Lebens. Zumindest bis zum nächsten Treffen und dann dem übernächsten … Logan setzte die Katze auf den Fußboden und trug seine Tasse zur Spüle. „Ich muss noch einen Bericht für einen Software-Kunden schreiben und deshalb nach Hause fahren.“

Auch Alexis stand auf. „Ich komme nächste Woche zwei Mal mit Kundschaft vorbei. Die einen suchen eine Lokalität für eine Trauung, die anderen für eine Erneuerung des Eheversprechens zum vierzigsten Hochzeitstag. Ein weiteres Paar, das es geschafft hat.“

„Sie wollen doch hoffentlich keinen Sand oder Palmen, oder?“

„Ich habe noch keine Details besprochen, aber ich denke, dass sie es eher schlicht mögen.“

„Gut. Ich wünschte, du könntest mehr von deinen Kunden dazu überreden.“

Grinsend tätschelte sie ihm die Wange. „Um mir deinen entnervten Gesichtsausdruck entgehen zu lassen, wenn ich unmögliche Anforderungen an dich stelle? Dann würde mir mein Job nur noch halb so viel Spaß machen.“

Er brummte etwas Unverständliches vor sich hin, konnte aber nicht widerstehen, sie rasch auf den Mund zu küssen. „Wir sehen uns.“

„Bis demnächst, Logan.“

Sehr zwanglos. Sehr höflich. Sehr unbestimmt. Genau so, wie es mir gefällt, dachte er auf dem Weg zu seinem Truck. Er öffnete die Fahrertür. Ninja sprang hinein und machte es sich auf dem Beifahrersitz bequem, um die Heimfahrt auszukosten.

Es brauchte nicht viel, um den Hund glücklich zu machen. Eine Fahrt im Truck. Ein Leckerli. Streicheleinheiten von einer hübschen Lady. Er hing nicht der Vergangenheit nach und sorgte sich nicht um die Zukunft. Er lebte einfach.

Logan tätschelte seinem besten Freund den Kopf und dachte dabei: Es gibt Schlechteres, als ihm nachzueifern.

2. KAPITEL

Es war eine ruhige Zeit für die Hotelbranche in den Blue Ridge Highlands. Die Wintersportsaison war vorbei, und für die beliebten Freiluftaktivitäten im Frühjahr und Sommer war es noch ein paar Wochen zu früh. Dementsprechend war der Parkplatz des Bride Mountain Inn fast leer, als Alexis eintraf.

Das grau getünchte Hotel mit den weißen Holzverzierungen bezauberte im traditionellen Queen-Anne-Style, die leuchtend rote Doppeltür wirkte fröhlich und einladend. Die rundum laufende Veranda war mit einem hübschen weißen Geländer versehen und verbreiterte sich auf der Rückseite des Hauses zu einer großen Terrasse, die einen atemberaubenden Blick auf die Bergkette am Horizont bot.

Alexis nahm ihren Lederkoffer mit einem Tablet-Computer und anderen Geschäftsunterlagen vom Rücksitz. Der Nachmittag war kühl, aber sonnig, sodass sie nur eine leichte Jacke zu einem dünnen Sweater und einer leichten Hose trug. Hier und da sprießte schon etwas Grünes im Park; auf den Beeten zeigten sich die ersten frühen Narzissen.

Ein gelbes Sportcoupé fuhr auf den Parkplatz und hielt direkt neben ihr an. Paul Drennan, Bonnies Ehemann, stieg aus und blickte zu Alexis hinunter. Muskelbepackt und mit einer Körpergröße von gut zwei Metern wirkte er wie ein durchtrainierter Cowboy, obwohl er „nur“ Mathematiklehrer war. Sie hätte wetten können, dass unzählige seiner Schülerinnen für ihn schwärmten. „Hallo, Paul.“

„Hi, Alexis. Suchst du Kinley oder Bonnie?“

„Eigentlich beide. Wir haben einen Termin mit Kunden von mir.“

„Kinley ist wahrscheinlich drinnen. Bonnie ist mit Logan ins Krankenhaus gefahren.“

Sie rang nach Atem. Im Geist malte sie sich alle möglichen Unfälle aus, die sich ereignet haben könnten. Ihr Magen verkrampfte sich. „Wieso?“

„Sie haben einen seiner Mitarbeiter wegen akuter Blinddarmentzündung eingeliefert.“

Um das Ausmaß ihrer Erleichterung zu verbergen, rückte sie sich unnötigerweise die Brille zurecht. „Das muss allen einen gehörigen Schrecken eingejagt haben.“

„Stimmt. Aber Bonnie hat vorhin bei mir angerufen und gesagt, dass Zach das Schlimmste überstanden hat.“

„Ein Glück!“ Alexis wollte ihre anfängliche Erschütterung über die Mitteilung, dass Logan im Krankenhaus war, lieber nicht näher analysieren. Sie rief sich in Erinnerung, dass zwischen ihnen lediglich eine lockere Beziehung bestand. So gesehen hatte sie überreagiert. Andererseits war es ganz natürlich, sich um das Wohlergehen eines Freundes zu sorgen. „Da sind ja meine Kunden“, verkündete sie, als ein dunkler Sedan auf den Parkplatz einbog.

Paul stieg wieder ins Auto. „Viel Erfolg.“

„Danke.“ Sie winkte ihm nach, als er um das Haus herum zu dem Apartment fuhr, das er mit Bonnie bewohnte. Dann wandte sie sich ab und begrüßte Sharon Banfield und ihre frischverlobte Tochter Liberty.

Kinley kam aus dem Haus und empfing die Kunden mit ihrem üblichen Enthusiasmus. Bei einer Führung durch das Gebäude und den Park gab sie einen Überblick über die buchbaren Dienstleistungen und zählte auf, welche Blumen zum geplanten Hochzeitstermin Anfang Juni in voller Blüte stehen würden. Zum Schluss zeigte sie die kürzlich eingerichteten Ankleideräume unter der großen rückwärtigen Terrasse.

Alexis schmunzelte über Kinleys unverhohlenen Stolz auf die neuen Errungenschaften, zumal sie wusste, wie viel Arbeit Logan hineingesteckt hatte.

Apropos …

Gerade bog er in seiner Arbeitskleidung aus Jeans, Stiefeln, T-Shirt und grauer Jacke um die Ecke. Sie war inzwischen sehr geübt darin, ihre Reaktion auf seinen Anblick zu verbergen, sodass wohl niemand ahnte, wie ihr Herz höher schlug. Er begrüßte alle Anwesenden, ohne besonderes Interesse an ihr zu zeigen.

Kinley machte ihn mit Liberty und Sharon Banfield bekannt und erklärte: „Mein Bruder und seine Mitarbeiter kümmern sich um alles Nötige im Außenbereich.“

Eifrig verkündete Liberty: „Meine Freundin Mandy hat im letzten Frühjahr hier ihre Hochzeit gefeiert. Unter dem Motto Toskana. Alles sah sehr italienisch aus. Es war ein wunderschönes Fest.“

„Stimmt“, bestätigte Sharon trocken. „Zu schade, dass die Braut zwei Monate später zu ihrer Mutter zurückgelaufen ist.“

„Ach, das waren doch bloß Startschwierigkeiten. Inzwischen sind Mandy und Blake wieder zusammen. Mehr oder weniger. Jedenfalls habe ich eine tolle Idee für mein Motto.“

Logan gab ein Geräusch von sich, das wie ein unterdrücktes Stöhnen klang.

Kinley warf ihm einen strengen Blick zu, bevor sie nachhakte: „Was ist das für eine Idee?“

„Na ja, mein Verlobter …“, stolz ließ Liberty ihren Diamantring in der Nachmittagssonne funkeln, „… ist in Louisiana zur Schule gegangen und ein glühender Anhänger der New Orleans Saints. Deshalb soll das Thema Mardi Gras lauten. Sie wissen schon, der Karneval von New Orleans. Ich hätte gern Masken, Luftschlangen und so coole übergroße Gestalten aus Pappmaschee. Ach ja, und Steven und ich sollen auf einem Floß ankommen, das von einem Traktor oder von Pferden gezogen wird.“

Alexis tauschte einen Blick mit Logan. Wie erwartet gab er ihr mit finsterer Miene zu verstehen, dass sie ihre Kundin zügeln sollte, bevor noch Mississippi-Dampfer von ihm verlangt wurden.

Sharon lachte und klopfte Liberty auf die Schulter. „Lass mal die Kirche im Dorf, Süße.“ Mit einem nachsichtigen Kopfschütteln erklärte sie den anderen: „Meine Tochter übertreibt gern in ihrem Enthusiasmus. Vor lauter Kreativität ist sie manchmal schwer zu zügeln.“

„Mardi Gras ist durchaus ein umsetzbares Thema“, warf Kinley sanft ein.

„Natürlich“, bestätigte Alexis. „Ich habe schon ähnliche Feste organisiert. Da lässt sich sicher was machen.“

„Die Sache ist noch nicht entschieden“, entgegnete Sharon. „Gestern noch wollte Liberty was Japanisches. Wir besprechen uns mit ihrem Verlobten und melden uns dann wieder.“ Sie blickte zur Uhr. „Wenn Sie uns jetzt bitte entschuldigen? Wir sind zum Dinner mit den Eltern ihres Verlobten verabredet.“

Mutter und Tochter verabschiedeten sich und verschwanden um die Hausecke.

Kaum waren sie außer Hörweite, da wandte Logan sich mit finsterer Miene an Kinley und Alexis. „Mardi Gras mit Floß und allem Drum und Dran? So ein Schwachsinn! Und falls sie sich für Japan als Motto entscheidet, verlangt sie womöglich, dass ich alle Bäume auf Bonsai-Größe zurückschneide und den Pavillon in eine Pagode verwandle. Was zum Teufel ist an dem Thema Blue Ridge Mountains auszusetzen, wo die verdammte Hochzeit stattfindet?“

Kühl konterte Alexis: „Die meisten Feste, die ich organisiere, sind schlicht gehalten, unterstreichen die natürliche Umgebung und haben nur bestimmte Farbkombinationen als Thema.“ Insgeheim fragte sie sich, was eigentlich in sie gefahren war. Denn obwohl sie sich über seine negative Einstellung ärgerte, fand sie ihn unglaublich anziehend mit seiner mürrischen Miene.

Er schnaubte verächtlich und wandte sich an Kinley. „Und du ermutigst sie auch noch und versicherst, dass wir jede noch so hirnverbrannte Idee umsetzen können! Ich verstehe durchaus, dass du Aufträge an Land ziehen willst. Aber du musst auf derart übersteigerte Themen verzichten, um mich nicht zu überfordern.“

Kinley kostete es sichtlich Mühe, die Fassung zu wahren und ihn nicht anzufauchen. Sie wandte sich an Alexis. „Mein Bruder will damit keineswegs sagen, dass wir nicht an künftiger Zusammenarbeit mit dir interessiert sind. Wir bemühen uns sehr gern, auch deine kreativen Kunden zufriedenzustellen. Stimmt doch, Logan?“

Seine Antwort beschränkte sich auf ein Knurren.

Alexis mied seinen Blick und presste die Lippen zusammen, um ein Grinsen zu unterdrücken.

„Ich habe zu arbeiten“, erklärte er. „Alexis, hat mich gefreut wie immer.“

„Mich auch, Logan“, antwortete sie höflich und zwang sich, ihm nicht nachzublicken, obwohl sie es liebte, seinen lässigen Gang zu beobachten.

Lachend schüttelte Kinley den Kopf. „Tut mir leid. Mein Bruder hat mal wieder seine komischen fünf Minuten.“

„Das ist mir nicht entgangen.“ Weil es womöglich so klang, als ob sie Logan näher kannte, fügte sie hastig hinzu: „Ich habe auch einen Bruder und kann die Anzeichen daher deuten.“

„Älter oder jünger?“

„Jünger.“

„Versteht ihr euch gut?“

„Nicht besonders“, murmelte Alexis und lenkte das Gespräch schnell auf berufliche Dinge.

Nur selten unterhielt sie sich privat mit Kinley oder Bonnie. Trotz Sympathien auf beiden Seiten waren sie nicht wirklich befreundet, weil Alexis eine gewisse Distanz wahrte. Der Grund dafür war Logan. Es war auch so schon schwierig genug, mit seinen Schwestern zusammenzuarbeiten und die Affäre mit ihm geheim zu halten.

Alexis und Logan waren übereingekommen, Berufswelt und Privatleben strikt zu trennen, was auch kommen mochte. Bei der Arbeit wollten sie einander höflich begegnen – zumindest nach seiner Auffassung von Höflichkeit – und sich ganz auf optimale Ergebnisse für beide Unternehmen konzentrieren.

Und genauso vernünftig und sachlich soll es bleiben, selbst wenn die private Verbindung irgendwann im Sande verläuft …

Steinchen lösten sich unter Alexis’ Wanderstiefeln und prasselten über den Steilhang in die Tiefe.

Logan blieb einige Schritte über ihr stehen und schaute über die Schulter zurück. „Alles okay?“

Sie grinste ihn an. „Alles bestens.“

Er reichte ihr eine Hand. Obwohl sie eigentlich keine Hilfe brauchte, ließ sie sich von ihm hochziehen.

Flüchtig drückte er ihre Finger, bevor er sie losließ. „Sollen wir eine Pause machen?“

„Bald. Ist es nicht ein wundervoller Tag für eine Wanderung?“

„Ja, ganz nett.“

Eine gewaltige Untertreibung in ihren Augen. Der Morgenhimmel war wolkenlos blau, die Luft frisch und klar. Eine stete Brise sorgte für Abkühlung von der körperlichen Anstrengung. Vereinzelte Nadelbäume verströmten einen würzigen Duft. Die Laubbäume ringsumher waren noch winterkahl, trugen aber die ersten zarten Frühlingsknospen. Durch die nackten Äste war das atemberaubende Catawba Valley zu sehen.

Fünf Tage nach ihrer letzten Begegnung im Bride Mountain Inn zeigten Alexis und Logan sich zum allerersten Mal zusammen in der Öffentlichkeit. Allerdings waren sie vorsorglich getrennt zum Parkplatz der Wanderregion gefahren.

Zwar bestand ein gewisses Risiko, Bekannten zu begegnen, doch es war gering. Obwohl der Berghang ein beliebtes Ausflugsziel darstellte, war er an diesem kühlen Werktag kaum besucht. Mittlerweile hatten sie fast vier Meilen zurückgelegt, mehrere Holzbrücken überquert und Lagerplätze passiert, doch bisher waren sie nur auf fremde Wanderer gestoßen, die sie an einer Hand abzählen konnten.

Anscheinend bewältigte Logan die als mittelschwer eingestufte Strecke ohne große Mühe. Alexis fragte sich, ob die Gehbehinderung ihm auf dem unebenen steilen Untergrund trotzdem zu schaffen machte, erkundigte sich aber lieber nicht. Schließlich wollte sie seinen männlichen Stolz nicht durch Zweifel an seiner Kondition verletzen. Außerdem ist er in Topform, dachte sie, während sie seine Rückenansicht bewunderte.

An einem gurgelnden Bach machten sie Rast. Logan lehnte sich an einen Baumstamm und holte eine Wasserflasche aus dem Rucksack.

Alexis setzte sich auf einen flachen Felsen und kramte ein Putztuch aus ihrem eigenen Rucksack. Während sie ihre Brille reinigte, beobachtete sie verstohlen, wie Logan aus der Flasche trank. Sein Anblick in engen Jeans und straffem T-Shirt ließ sie erwägen, die Windjacke auszuziehen, die sie wegen der kühlen Brise trug. War die Temperatur gerade deutlich angestiegen oder lag es nur an ihrer üblichen Reaktion auf seine natürliche sexuelle Attraktivität?

Sie setzte sich die Brille auf und sah ihn dadurch noch deutlicher. Hastig holte sie ihre Wasserflasche heraus und trank in großen Schlucken, um sich abzukühlen. Doch schon wurde ihr erneut heiß, als sie bemerkte, dass er sie mit einem Ausdruck musterte, der ihr bestens vertraut war. Bei mir zu Hause würden wir sofort im Bett landen.

Er räusperte sich. „Es ist lange her, seit ich hier war. Als Kind bin ich immer mit meinem Großonkel Leo hergekommen. Er war damals schon Ende sechzig und konnte mich trotzdem locker in die Tasche stecken. Neuerdings soll es hier von Touristen nur so wimmeln, aber ich dachte mir, so früh am Morgen ist es noch ruhig.“

Sie zwinkerte ihm zu. „Zum Glück hast du recht. Ich habe dich lieber ganz für mich allein.“ Sie trank noch einen Schluck, verstaute die Flasche im Rucksack und stand auf. „Gehen wir weiter?“

„Gleich.“ Er stieß sich vom Baumstamm ab, zog Alexis in die Arme und senkte den Mund auf ihren.

Kurz darauf lagen ihre Arme um seinen Hals, ihre Körper pressten sich aneinander, und ihr war eindeutig zu warm in der Jacke. Sie war froh über den Wind, der ihr das Haar zauste und die Wangen kühlte.

Als der Kuss endete, spähte sie durch leicht beschlagene Brillengläser zu Logan. „Und das war wofür?“

Widerstrebend ließ er sie los. „Um Energie zu tanken.“

Sie seufzte schwer und blickte sich um. „Zu schade, dass wir nicht sicher sein können, ob wir wirklich allein sind.“

Grinsend ließ er die Hand zu ihrem Po hinunterwandern. „Führe mich nicht in Versuchung.“

Sie liebte es, mit ihm zu flirten und zu beobachten, wie seine nussbraunen Augen vor Verlangen golden glühten. Eine Welle der Erregung lief durch ihren Körper.

Offensichtlich spürte er es, denn er drückte ihren Po einen Moment lang fest an sich, bevor er zurückwich. „Auf geht’s!“

Nach wenigen Metern kam ihnen eine Gruppe Rucksacktouristen entgegen. Logan und Alexis tauschten einen belustigten Blick, bevor sie die anderen Wanderer grüßten.

Bald darauf erreichten sie den Gipfel. Der Ausblick war die Mühe des Aufstiegs wert. Imposante Monolithen ragten auf einer steinigen Lichtung empor, die an einem klaren Tag wie diesem einen atemberaubenden Panoramablick bot. Hinter zerklüfteten Felsvorsprüngen fiel der Hang steil in ein tiefes Tal ab.

Einige wagemutige Teenager posierten dicht am Rand der Klippen und fotografierten sich gegenseitig. Ein Paar mittleren Alters hielt sich in sicherem Abstand zum Abgrund. Der Mann betrachtete die Gegend durch ein Fernglas; die Frau beobachtete kopfschüttelnd die Eskapaden der Jugendlichen.

Alexis konnte nicht widerstehen, ihr Fotohandy herauszuholen und Logan zu knipsen, dessen Silhouette sich imposant vom tiefblauen Himmel abhob. Er zog ihren Blick stärker an als der wundervolle Ausblick auf ferne Berge und weite Täler.

Erst als er sie auf die Sehenswürdigkeiten hinwies, zwang sie sich, die Umgebung gebührend zu beachten. Sie stellte sich die Landschaft zu anderen Jahreszeiten vor. Im Sommer, wenn der Berglorbeer blüht und die Bäume sich mit sämtlichen Grüntönen schmücken. Im Herbst, wenn leuchtend buntes Laub das Tal wie eine Patchworkdecke aussehen lässt. Im Winter, wenn Berge und Täler schneeweiß in der Sonne glitzern …

Sie hörte ein Klicken und stellte fest, dass Logan Schnappschüsse von ihr machte. „Ich hätte dich nicht für einen Handyfotografen gehalten“, witzelte sie.

Er deutete zu den anderen Anwesenden mit den gezückten Handys. „Ich versuche nur, mich anzupassen.“

Sie lachte leise, weil Angepasstheit so gar nicht seinem Wesen entsprach.

„Soll ich ein Bild von Ihnen zusammen machen?“, bot die ältere Frau an.

Nach kurzem Zögern und fragendem Blick zu Logan übergab Alexis ihr Handy. „Ja, bitte.“

Er legte ihr einen Arm um die Schultern und lächelte in die Kamera.

Im Gegenzug fotografierte Alexis das Ehepaar mit den Monolithen im Hintergrund. „Soll ich Sie nicht noch an den Klippen knipsen?“, fragte sie im Spaß, als sie die Kamera zurückgab.

Die Frau verdrehte die Augen. „Nein, danke! Diese Kinder …“, sie deutete in die Richtung, in die die Teenager gerade verschwunden waren, „… haben mir eine Heidenangst eingejagt.“

Kurz darauf zog das Ehepaar weiter. Alexis blieb allein mit Logan zurück, doch sie bezweifelte, dass die Zweisamkeit lange anhalten würde. Tief atmete sie die frische saubere Luft rein, lauschte dem Rascheln des Windes in den Bäumen, dem Gezwitscher der Vögel und den Rufen eines Habichts, der hoch oben seine Kreise zog. „Wundervoll“, flüsterte sie.

Logan strich ihr eine Haarsträhne zurück, die sich aus dem Pferdeschwanz gelöst hatte. „Stimmt.“

Ihr Puls beschleunigte sich, doch nach außen hin blieb sie gelassen. „Das habe ich gebraucht. Einen Tag draußen in der Natur, ohne Termine und Papierkram und unrealistische Bräute.“

Er deutete mit einer ausladenden Armbewegung zum Horizont. „Bei dieser herrlichen Umgebung als Inspiration – wie kann man da unser Grundstück in ein gefaktes Japan, Jamaika oder Italien verwandeln wollen?“

Sie lachte leise. „Wenn man in dieser Gegend aufgewachsen ist, neigt man vielleicht dazu, die Schönheit als gegeben hinzunehmen. Ich stamme zwar auch von hier, bin aber gleich nach der Highschool in Maryland aufs College gegangen und dann nach New York City gezogen. Ich bin erst seit anderthalb Jahren wieder hier und deshalb ist für mich alles wieder frisch. Ich hatte fast vergessen, wie schön Virginia ist.“

„Ich bin in den Hügeln von Tennessee aufgewachsen. Dort ist es wundervoll. Trotzdem sehe ich die Landschaft hier nicht als selbstverständlich an, wie oft ich sie auch betrachte.“

Das passt zu ihm, dachte sie. Er war der Typ, der zu schätzen wusste, was er besaß, ohne Zeit daran zu verschwenden, sich etwas anderes zu wünschen. Und genau so scheint er zu unserer lockeren Affäre zu stehen.

Er holte Studentenfutter aus dem Rucksack, warf sich eine Handvoll in den Mund und hielt Alexis das Säckchen hin. Sie lehnte mit einem Kopfschütteln ab, setzte sich auf einen massiven Felsvorsprung und ließ die Beine baumeln.

Logan setzte sich im Schneidersitz zu ihr und aß weiter. „Ich bin heute Morgen nicht dazu gekommen, richtig zu frühstücken“, erklärte er. „Willst du wirklich nichts?“

Sie gab sich geschlagen und kostete. „Das ist eine gute Mischung. Schmecke ich da eine Prise Cayennepfeffer?“

„Richtig. Bonnie machte es für mich. Sie weiß, dass ich es pikant mag.“ Er zwinkerte ihr verführerisch zu und entlockte ihr damit ein Kichern.

Es war ihr peinlich, weil sie wie ein Schulmädchen klang. Deshalb erkundigte sie sich schnell: „Musst du heute Nachmittag hart arbeiten, um den freien Vormittag aufzuholen?“

„Nein. Curtis ist für mich eingesprungen. Wie sieht’s bei dir aus?“

„Ich muss bloß ein paar Telefonate führen und habe um sechs eine Besprechung mit Kunden. Ansonsten ist heute ausnahmsweise ein ruhiger Tag. Für den Rest der Woche ist mein Terminkalender allerdings voll.“

„Und am Wochenende?“

„Am Samstagabend eine Party. Am Freitag muss ich zu meiner Mutter nach Roanoke fahren und ein Dinner mit ihrem neuesten Heiratskandidaten für mich ertragen. Ich weiß nicht, ob es diesmal ein Arzt, Anwalt oder Kerzenmacher ist, aber garantiert hat sie jemanden eingeladen.“

Logan runzelte die Stirn. „Wieso denn das?“

„Sie versucht schon seit einem Jahr, mich zu verheiraten, und bringt alle möglichen Argumente dafür vor – von meinem fortgeschrittenen Alter bis zu der Tatsache, dass es aus geschäftlichen Gründen nicht gut für eine Hochzeitsplanerin ist, Single zu sein. Sie ist gelinde gesagt eine anstrengende Frau.“

Dein fortgeschrittenes Alter? Ernsthaft? Wie alt bist du? Anfang dreißig?“

„Entschuldige mal! Ich bin neunundzwanzig!“

„Oh“, murmelte er grinsend.

„Meine Mutter hat mit zweiundzwanzig zum ersten und mit fünfundzwanzig zum zweiten Mal geheiratet. Sie war sechsundvierzig, als sie vor zehn Jahren meinen Stiefvater Duncan Healey geehelicht hat.“

„Und dein Bruder ist mit sechsundzwanzig zum zweiten Mal geschieden“, murmelte Logan. „Ist das der Weg, den du ihrer Meinung nach auch einschlagen solltest?“

Alexis zuckte die Schultern. „Da ich nicht der berühmte Musical-Star werde, wie wir beide es uns früher mal erträumt haben, denkt sie sich wohl, dass ich ihr wenigstens einen betuchten Schwiegersohn liefern sollte, mit dem sie angeben kann.“

„Dass du eine erfolgreiche Geschäftsfrau bist, reicht ihr nicht zum Angeben?“

„Natürlich freut sie sich, dass es bei mir gut läuft. Aber sie besitzt seit fünfundzwanzig Jahren einen florierenden Blumenladen. Geschäftsinhaberin zu sein ist für sie also nichts Besonderes.“

„Das sehe ich anders. Du machst deine Sache außergewöhnlich gut. Ich bin sehr beeindruckt, in welchem Ausmaß du expandiert hast, seit du das Geschäft übernommen hast.“

Kein Kompliment hätte ihr eine größere Freude bereiten können. Sie strahlte ihn an. „Danke, Logan.“

„Ich habe nur Tatsachen festgestellt.“ Schroff fügte er hinzu: „Das gilt natürlich nur, solange du nicht versuchst, das Inn in den Taj Mahal oder den Buckingham Palace zu verwandeln.“

„Fängst du schon wieder davon an!“ Sie seufzte. „Wenn du so weitermachst, muss ich mich bei Kinley über deine mangelnde Kooperationsbereitschaft beschweren.“

Logan stieß ein seltenes Lachen aus, stand auf und bot ihr die Hand. „Du drohst mir, mich in Schwierigkeiten zu bringen?“

Sie ließ sich von der Klippe hochziehen und legte ihm die Arme um die Taille. „Ich habe wirkungsvollere Waffen als Überredungsstrategie als Drohungen“, entgegnete sie, und dabei blickte sie ihn unter halb gesenkten Lidern glutvoll an und presste sich an ihn.

Mit golden funkelnden Augen senkte er den Mund auf ihren.

Es gefiel ihr ausnehmend gut, ihn da draußen im Sonnenschein zu küssen, mit dem Wind in den Haaren, dem Gesang der Vögel in den Ohren, dem großartigen Panorama im Blick. Es fühlte sich wundervoll an, ihn ganz für sich allein zu haben, ihre Zuneigung nicht verbergen zu müssen und sich nicht darum zu scheren, wer sie sehen könnte.

Kein Druck, keine Erwartungen, keine Fragen oder Zensuren. Bloß zwei gesunde ledige Erwachsene, die das Zusammensein genießen, bei denen die Chemie einfach stimmt.

Widerstrebend lösten sie sich voneinander, als Stimmen zu ihnen hinaufwehten. Kurz darauf kamen einige Frauen in Sicht. Logan und Alexis schulterten resigniert ihre Rucksäcke, nickten den Neuankömmlingen zur Begrüßung zu und machten sich an den Abstieg.

Als sie ihre Fahrzeuge erreichten, sagte er: „Ich rufe dich im Laufe der Woche mal an.“

„Wie gesagt, ich habe einen ziemlich vollen Terminplan, aber gegen zehn Uhr abends müsstest du mich erreichen.“

„Gut. Das war übrigens richtig schön heute.“

„Finde ich auch.“

„Also dann, ich wünsche dir eine schöne Woche. Ach ja, und viel Glück bei dem Verkupplungsessen.“

Alexis schmunzelte über seine trockene Bemerkung. „Glück würde bedeuten, dass mich meine Vorahnung trügt und es diesmal bloß ein Familientreffen ist.“

Viel Hoffnung hegte sie in dieser Beziehung nicht. Viel lieber hätte sie den Abend mit Logan verbracht, der nichts weiter von ihr erwartete als eine vergnügliche Zeit.

Was mehr könnte ich mir wünschen? fragte sie sich erneut, während sie die einsame Fahrt zu ihrem Haus antrat.

3. KAPITEL

Kritisch beäugte Bonnie ihren neuen Kräutergarten. „Können wir ihn an diesem Ende vielleicht etwas vergrößern? Damit ich Platz für meinen Rosmarin habe.“

Gereizt entgegnete Logan: „Wieso das denn? Ich habe ihn doch genau nach deinen Angaben angelegt.“

„Ich weiß. Aber jetzt, wo ich ihn fertig sehe … Ach, vergiss es. Er ist großartig geworden. Vielen Dank.“

Mit einem leisen Seufzen drückte er ihre Schulter. „Sag mir einfach, was du geändert haben möchtest.“

Besorgt musterte sie ihn. „Fühlst du dich nicht wohl? Du bist heute nicht du selbst.“

„Ich bin bloß ein bisschen launisch. Die meisten Leute würden also sagen, dass ich ganz ich selbst bin.“

Sie schmunzelte nur flüchtig über seine Bemerkung. „Tut dir der Kopf weh? Du hast zu viel gearbeitet. Vielleicht brauchst du eine Auszeit.“

„Bonnie, mir geht es gut. Tut mir leid, dass ich dich angefaucht habe.“

„Vergiss den Kräutergarten erst mal. Komm mit ins Haus. Ich habe Schmorbraten gemacht.“

„Ich wollte noch das Rosenbeet mulchen, bevor ich Feierabend mache.“

„Das hat Zeit. Iss erst mal was. Ruh dich aus. Zum Nachtisch gibt’s Kirschkuchen.“

Er stöhnte. „Also gut.“

Sie lachte. „Dachte ich’s mir doch, dass ich dich damit ködern kann.“

„Aber immer“, bestätigte er betont leichtherzig, um ihre Besorgnis zu zerstreuen. Er konnte sich selbst nicht erklären, warum er so mürrisch war. Seine Stimmung hatte sich im Laufe des Tages beständig verschlechtert. Vielleicht brauchte er wirklich eine Pause. In letzter Zeit arbeitete er praktisch nonstop.

Seit der Wanderung am Dienstag hatte er Alexis nicht mehr gesehen und nur am vergangenen Abend ganz kurz mit ihr telefoniert. Sie war nach langen Meetings müde gewesen und er verärgert, weil bei ihm vieles schiefgelaufen war. Ganz zu schweigen davon, dass er sie bereits seit zwei Wochen nicht mehr in ihrem Schlafzimmer aufgesucht hatte.

Zu Beginn hatten sie sich nur mit großen Abständen privat getroffen. Mittlerweile war er jedoch verwöhnt, weil sich in der geruhsamen Wintersaison häufiger Gelegenheit dazu ergeben hatte. Leider klappte es nun im arbeitsreichen Frühling höchstens ein Mal im Monat. Außerdem konnte er nie mit Sicherheit sagen, ob sie sich überhaupt wiedersehen würden, da sie keine Verpflichtung eingegangen waren.

Vielleicht trifft sie ja heute Abend bei ihrer Mutter den Richtigen.

Alexis hatte zwar wiederholt betont, dass sie sich vorläufig nicht binden wollte, aber wenn ihr Mr Right über den Weg lief …

Entschieden verdrängte Logan diese unerfreuliche Vorstellung, während er sich die Hände im Gästebad wusch, und legte die mürrische Miene ab, bevor er das Esszimmer betrat.

Eine Weile später beim Kirschkuchen schlug Bonnie vor: „Du solltest dir endlich Urlaub nehmen, Logan. Das hast du uns schon im Januar versprochen, als Kinley und ich auf Hochzeitsreise gegangen sind. Du wolltest es gleich nach unserer Rückkehr tun – als Ausgleich, weil du dich hier ganz allein um alles kümmern musstest, während wir weg waren.“

Die Zeit allein mit Ninja auf dem Anwesen hatte ihm gut gefallen, zumal Alexis eines Abends vorbeigekommen war, um ihn zum ersten und bisher einzigen Mal in seinem Schlafzimmer zu besuchen. Noch immer erregte ihn die Erinnerung an jene intimen Stunden.

Zum Glück ahnte Bonnie nichts von seinen abschweifenden Gedanken und fuhr fort: „Wenn du es nicht bald tust, fängt die Hochsaison an und du kannst dich für mindestens sechs Monate nicht länger als ein paar Stunden am Stück loseisen.“

Logan nahm einen Bissen Kuchen und einen Schluck Kaffee. „Ich brauche keinen Urlaub.“

„Aber du hast mindestens drei Jahre keinen gemacht.“

„Ich habe mir letzten Dienstag zum Wandern freigenommen“, rief er ihr in Erinnerung.

„Und am Nachmittag warst du schon wieder zurück. Das reicht nicht, um Stress abzubauen.“

„Sie wird nicht locker lassen“, warnte Paul. „Sie hat nämlich Angst, dass du Burn-out kriegst.“

„Mir geht es gut. Ich habe genug Freizeit.“

„In letzter Zeit gehst du zwar öfter aus“, räumte sie ein, „aber gelegentliche Abende mit Freunden haben nicht den Erholungswert eines Urlaubs.“

Sie konnte nicht ahnen, wie sehr er diese „Abende mit Freunden“ genoss – vor allem, seit Alexis die Rolle der Freunde einnahm.

Obwohl Bonnie fast vier Jahre jünger war als er, bemutterte sie ihn seit seiner Studentenzeit. Damals war in seinem linken Bein ein Tumor festgestellt worden, weshalb er ein Jahr lang schmerzvolle Behandlungen hatte ertragen müssen.

Vom Verstand her wusste sie, dass er vollständig genesen war, aber sie sorgte sich noch immer unnötig um ihn. Sie war häuslicher veranlagt als ihre Geschwister und liebte es, sich um andere zu kümmern, was sie zu einer perfekten Geschäftsführerin und Chefköchin im Bride Mountain Inn machte.

Durch seine Krankheit war Logan reservierter geworden und stand Versprechungen von Außenstehenden skeptisch gegenüber. Nur seinen Schwestern vertraute er absolut. Er wusste, dass sie mit ihm durch dick und dünn gingen, was auch geschehen mochte – genau wie umgekehrt. Was alle anderen Personen anging, hatte er schon vor langer Zeit gelernt, Enttäuschungen zu vermeiden, indem er keine Erwartungen stellte.

In nachsichtigem Ton sagte er zu Bonnie: „Ich gebe dir Bescheid, falls ich entscheide, deinen Rat anzunehmen. Jetzt muss ich aber nach Hause. Ninja braucht seinen Abendspaziergang. Danke fürs Essen. Es war köstlich wie immer.“

„Ich gebe dir Kuchen mit.“

Er grinste. „Da kann ich nicht widerstehen.“

Am Sonntagabend ergab sich wieder eine Gelegenheit für Logan und Alexis, sich zu treffen. Kaum hatte er ihr Haus betreten, da zog er sie auch schon in die Arme. Obwohl seit seinem letzten Besuch nur knapp zwei Wochen vergangen waren, schaffte er es kaum ins Schlafzimmer, bevor er sie ungestüm auszog.

Dass sie offensichtlich ebenso nach ihm hungerte wie er nach ihr, stärkte sein Ego beträchtlich. Er spürte ihre Hände zittern, als sie ihm das Shirt auszog, hörte ihren Atem stocken, als sie sich schließlich Haut an Haut berührten und er ihre warmen weichen Brüste umfasste. Ihm gefiel, wie sie sich wand und stöhnte, während er ihr heiße Küsse auf Bauch und Schenkel hauchte.

Ungeduldig drückte sie ihn auf die Matratze hinab. Mit einem verwegenen Lachen, das sein Blut gehörig in Wallung brachte, setzte sie sich auf ihn. Bald konnten beide sich nicht mehr zurückhalten. Eng umschlungen rollten sie auf den weißen Laken herum, vereinigten sich und brachten ihre Ekstase durch Seufzer und sanftes Flüstern zum Ausdruck.

Danach hatten sie es nicht eilig, das Bett zu verlassen.

Logan stützte sich auf einen Ellbogen, strich Alexis eine Haarsträhne aus der Stirn und zitierte ihre Bemerkung vom letzten Mal: „Da wir das jetzt hinter uns gebracht haben …“

Sie lachte. „Mich wundert, dass das Bett nicht zusammengebrochen ist.“

Er grinste. „Die Nacht ist ja noch jung.“

„Klingt vielversprechend.“

Natürlich scherzten sie nur. Er blieb nie die ganze Nacht bei ihr. Höchstens noch eine Stunde und dann musste er zurück zum Inn. Was ihm nur recht sein konnte. Für gestelzte Dialoge am Morgen danach hatte er nichts übrig.

„Fiona schmollt bestimmt noch, weil du Ninja nicht mitgebracht hast“, prophezeite Alexis.

„Sie kriegt von mir eine zusätzliche Streicheleinheit, bevor ich gehe. Vielleicht hilft ihr das über die Enttäuschung hinweg.“

Verwundert musterte sie ihn. „Du bist heute Abend ja so aufgeräumt.“

Wie könnte es nach einem so fantastischen Liebesspiel anders sein? Nach so tollem Sex, korrigierte er sich sofort. „Nach einer langen Woche mit vielen Ärgernissen tut es einfach gut, für eine Weile rauszukommen und abzuschalten.“

Sie runzelte die Stirn und strich ihm sanft über das Gesicht. „Ja, du siehst müde aus. Vielleicht brauchst du mal Urlaub.“

Er zog eine Grimasse. „Jetzt klingst du wie meine Schwester.“

„Welche?“

„Bonnie. Sie liegt mir andauernd damit in den Ohren.“

Alexis drehte sich auf die Seite und klemmte sich ein Kissen unter den Kopf. „Hast du Lust, für ein paar Tage wegzufahren?“

„Wohin sollte ich denn fahren?“

„Hast du keine Angehörigen, die du besuchen möchtest? Gibt es keinen Ort, den du schon immer mal sehen wolltest?“

„Angehörige sehe ich tagtäglich, und spontan fällt mir kein Ort ein, an den es mich zieht.“

„Du kannst ja deinen Vater besuchen.“

Er zog die Brauen zusammen. „Den habe ich doch im Dezember gesehen. Das reicht für mindestens ein Jahr.“

„Hattest du schon mal den Drang, den Nordwesten zu besichtigen? Zum Beispiel Seattle?“

„Nicht unbedingt. Wieso fragst du?“

„Vielleicht möchtest du ja mitkommen, wenn ich in der letzten Märzwoche zu einem Seminar fahre. Es dauert bloß anderthalb Tage. Mittwoch und Donnerstag. Aber ich will übers Wochenende bleiben. Ich habe also viel Freizeit, und weil ich noch nie dort war, würde es mir Spaß machen, mit jemandem zusammen auf Besichtigungstour zu gehen.“

Verblüfft hakte Logan nach: „Du willst, dass wir zusammen wegfahren?“

Sie winkte ab. „Kein Grund, viel Wind darum zu machen. Weil es neulich beim Wandern so schön war, dachte ich bloß, dass es ganz nett wäre, ein paar Tage in einer fremden Stadt zu verbringen. Das Risiko, Bekannte zu treffen, ist dort gleich null. Du würdest einen Kurzurlaub kriegen, ich könnte die Arbeit mit dem Vergnügen verbinden, und zu Hause stürzen wir uns dann wieder getrennt ins Berufsleben. Bei dem Pensum, das uns beiden bevorsteht, können wir von Glück reden, wenn wir bis zum Winter auch nur einen Abend gemeinsam freihaben.“

Das klang sehr ungewohnt in seinen Ohren. Es war für ihn schon selbstverständlich, sich häufig mit Alexis zu treffen. Was in der Hochsaison zweifellos nicht möglich war. Während sein Arbeitstag frühmorgens begann und mit der Abenddämmerung endete, musste Alexis fast jeden Abend Veranstaltungen organisieren, vor allem an den Wochenenden.

Sie schien sich auf diese hektische Zeit zu freuen, was gut für ihr Geschäft war, ihn jedoch in den Hintergrund drängte. Natürlich war es richtig so. Ihr Beruf sollte eindeutig Vorrang vor ihrer lockeren Affäre haben, so fantastisch der Sex auch sein mochte.

Als er nichts dazu sagte, winkte sie ab. „Schon gut. Das war nur ein impulsiver Vorschlag. Du kannst ja für ein paar Tage mit deinen Kumpeln zum Campen und Biertrinken fahren. So stellt mein Bruder sich jedenfalls einen gelungenen Urlaub vor.“

Logan kannte bisher weder ihren jüngeren Bruder noch andere Mitglieder ihrer Familie. „Ich habe großartige Wochenenden genau so verbracht. Keine schlechte Art, sich zu entspannen.“

„Tja, jeder nach seiner Fasson. Bonnie hat mir erzählt, dass sie und Paul in ihrer Freizeit gerne wanderreiten. Kinley und Dan testen lieber neue Restaurants.“

„Das hat sie von unserem Vater. Er ist ein Feinschmecker. Als wir noch Kinder waren, hat er uns bei jedem seiner Besuche in Lokale mit ausgefallener Spezialitätenkarte geschleift. Und mindestens einmal im Jahr ist er mit uns nach Dollywood gefahren – in den Vergnügungspark in Tennessee. Er ist geradezu krankhaft besessen von Dolly Parton.“

„Hey, Dolly ist eine brillante Songwriterin!“, protestierte Alexis und zählte einen Titel nach dem anderen auf.

Er stöhnte gequält, schnappte sich ein Kopfkissen und drohte, es ihr auf das Gesicht zu drücken. Prustend stieß sie es fort. Prompt wählte er eine wirkungsvollere Alternative, um sie zum Schweigen zu bringen: Er küsste sie so stürmisch, dass sich ihr Lachen in lustvolles Stöhnen verwandelte.

Es war spät, als Logan sich schließlich anschickte zu gehen. Wie versprochen streichelte er Fiona, doch sie rückte ein Stück von ihm ab und putzte sich. „Anscheinend ist sie immer noch sauer, weil ich ihren Kumpel nicht dabeihabe.“

Alexis grinste. „Sie wird es überwinden. Und vielleicht kannst du Ninja nächstes Mal mitbringen.“

Zu seiner Verwunderung wirkte sie gar nicht sauer, obwohl er nicht auf ihren Vorschlag eingegangen war, sie nach Seattle zu begleiten. Vielleicht war es nur eine impulsive Idee und es ist ihr im Grunde genommen egal, ob ich mitkomme oder nicht. Sie wird sich so oder so amüsieren.

„Ich überleg’s mir“, sagte er ein wenig schroff. „Ich meine die Sache mit Seattle.“

Sie zog die Augenbrauen hoch, als hätte sie die Angelegenheit längst vergessen. „Ja, gut. Die Einladung steht, falls du doch Lust bekommst.“

Er küsste sie zum Abschied und fuhr nach Hause. Die Versuchung, sofort einen Flug nach Seattle zu buchen, war stark und machte ihm Sorgen. Natürlich klang es verlockend, ein paar Tage in einer fremden Stadt mit einer wundervollen verführerischen Begleiterin zu verbringen. Doch er störte sich daran, dass er bei keiner anderen Frau in Versuchung geraten wäre.

Und ich werde sie bestimmt vermissen. Gerade deshalb muss ich ihr Angebot unbedingt ablehnen.

Neuerdings verbrachte er wohl zu viel Zeit mit Alexis. Er wollte sich nicht angewöhnen, ihre Gesellschaft zu erwarten, wann immer ihm danach zumute war. Denn nur bei seinen Angehörigen konnte er sich auf das Versprechen verlassen, dass sie stets für ihn da waren. Bei den meisten andern Leuten führte es unweigerlich zu Kummer. Das wusste er aus Erfahrung und wollte es nie wieder riskieren.

Im Winter und Vorfrühling wurden die meisten Hochzeiten im Bride Mountain Inn drinnen ausgerichtet. Der hübsche kleine Salon, in dem Bonnie und Kinley getraut worden waren, eignete sich bestens für Feiern im engsten Kreis; der große Speisesaal mit seinen Holzschnitzereien, antiken Kronleuchtern und Panoramafenstern bot Platz für größeren Gesellschaften.

Von Dezember bis Mitte April konnte es empfindlich kalt in der Gegend sein; Trauungen im Freien drohten buchstäblich ins Wasser zu fallen. Daher war ein Ausweichprogramm erforderlich.

Die Planung eines Outdoor-Events in der Nebensaison war immer eine nervenaufreibende Angelegenheit. Da bildete die Hochzeit, die für den kommenden Samstag anberaumt war, keine Ausnahme.

Die Braut, Josie Kempshall, war mit Alexis zusammen zur Highschool gegangen und hatte sich gleich nach der Übernahme von Blue Ridge Celebrations als Kundin angesagt. Sie bestand auf einem Gartenfest im März – dem Monat, in dem sie und ihr Verlobter sich kennengelernt hatten.

„Hoffentlich wird es wirklich ein sonniges Wochenende wie vorhergesagt“, bemerkte Kinley.

„Mit etwas Glück bleibt es wenigstens trocken“, warf Alexis ein.

„Ach, ist doch nicht so wichtig“, meinte Bonnie pragmatisch. „Es wäre nicht das erste Mal, dass wir in allerletzter Minute den Speisesaal herrichten müssen, und es wird auch nicht das letzte Mal sein. So oder so wird es eine wundervolle Hochzeit.“

Alexis nickte. Zum Glück hatte Josie ein Thema gewählt, das leicht umzusetzen war: Frühlingsbeginn. Dekoration und Kleidung sollten die Farben von Narzissen widerspiegeln – das satte Grün der Blätter sowie das frische Weiß, leuchtende Gelb und strahlende Orange der Blüten. Riesige Kübel mit Narzissen und Tulpen sollten die spärliche Farbe in den kaum erblühten Blumenbeeten wettmachen.

Nach der Trauung war eine Verköstigung im Picknick-Stil auf der Rasenfläche geplant – ohne Stühle, ohne Zelte, lediglich wahllos verteilte Klapptische mit karierten Tafeltüchern und Narzissen in Einweckgläsern.

Über die Absicht, eine Liveband auf einem massiven hölzernen Heuwagen auftreten zu lassen, war Logan ganz und gar nicht glücklich. Da das Gelände noch von Regenfällen aufgeweicht war und sich noch nicht von Frost und Schnee erholt hatte, befürchtete er, dass die Räder tiefe Furchen in die sorgsam gehegte Rasenfläche graben würden.

Kinley rief ihm in Erinnerung, welche Strapazen die Außenanlagen bei früheren Events bereits unbeschadet überstanden hatten. Obwohl Logan nicht wirklich besänftigt war, protestierte er nicht länger und machte sich an die Arbeit.

Alexis war nach wie vor überzeugt, dass weder Kinley noch Bonnie etwas von ihren privaten Treffen mit Logan ahnten. Entweder war er fähig, seine Gefühle wie eine Glühbirne ein- und auszuschalten und Arbeit und Privatleben strikt zu trennen, oder er war ein brillanter Schauspieler. Sie war am Broadway mit Darstellern aufgetreten, die ihr Handwerk nicht halb so überzeugend beherrschten.

Sie schreckte aus ihren Gedanken auf, als sie Kinley in scharfem Ton rufen hörte: „Ninja! Bring das sofort zurück!“

Der Hund nahte mit der Tasche im Maul, die Alexis auf einer niedrigen Steinmauer abgelegt hatte. Belustigt ging sie in die Hocke und streckte eine Hand aus. „Bring sie mir, bitte, Ninja.“

Gehorsam kam er zu ihr. Mit einem Laut, der fast wie ein Kichern klang, legte er ihr die Tasche zu Füßen. Abgesehen von etwas Spucke waren keine Spuren auf dem Leder zu entdecken.

„Danke.“

Er schnaufte und wedelte mit dem Schwanz.

„Alberner Hund.“ Sie kraulte ihn zwischen den Ohren und lachte leise, als er ihr Gesicht mit einem schnurrenden Grollen beschnüffelte.

Verwundert bemerkte Kinley: „Wow! Er mag dich.“

„Hunde spüren eben, wenn jemand Tiere liebt.“

„Entschuldigung.“ Logan stürmte zu Ninja und packte ihn am Halsband. „Er ist einfach an mir vorbeigerannt, als ich das Gartentor aufgemacht habe. Normalerweise tut er das nicht.“ Flüchtig begegnete er ihrem Blick und teilte ihr ohne Worte die Vermutung mit, dass Ninja ihretwegen entlaufen war.

Sie richtete sich auf. „Kein Problem. Er war nur ein bisschen übermütig.“

„Dieser Hund ist der Fluch meines Lebens!“, klagte Kinley. „Ich kann gar nicht mehr zählen, wie oft er mir oder Bonnie etwas geklaut und im Garten versteckt hat. Komischerweise bestiehlt er nie die Gäste, sondern nimmt nur unser Zeug. Dass er sich deine Tasche geschnappt hat, ist ungewöhnlich.“

Geistesgegenwärtig entgegnete Alexis: „Du hast direkt neben mir gestanden, also wollte er wahrscheinlich mit dir spielen.“

„Einem Hund menschliche Regungen andichten – so ein Unsinn!“ Verständnislos schüttelte Logan den Kopf. „Du klingst ja schon wie meine Schwestern! Kinley glaubt, dass er sie vorsätzlich auf die Palme treibt, und Bonnie redet von seinem ‚schrulligen Sinn für Humor‘. Er ist zwar ein kluges Tier, aber dermaßen kalkuliert ist sein Verhalten nicht.“

Das breite Grinsen auf Ninjas schwarz-braunem Gesicht ließ Alexis an der letzten Bemerkung zweifeln, aber sie sprach es lieber nicht aus.

„Oh, was für ein wundervolles Tier!“ Begeistert kam Josie die Stufen von der Terrasse hinuntergelaufen. Ted Beecher, ihr Verlobter, folgte ihr gemäßigteren Schrittes. „Da steckt ein Rottie drin, oder? Ich hatte als Kind einen und habe ihn über alles geliebt.“

Obwohl Logan darauf brannte, wieder an die Arbeit zu gehen, wartete er geduldig, während die künftige Braut den Hund gebührend herzte und bewunderte.

Schließlich richtete sie sich auf und erklärte: „Ich liebe Hunde und vor allem Rottweiler.“

„Ninja gehört meinem Bruder“, erklärte Kinley. „Normalerweise läuft er nicht frei herum und wird daher keinesfalls in Ihre Hochzeit platzen.“

Josie winkte ab. „Ich hätte nichts dagegen.“

Ted schmunzelte. „Sie würde nicht mal mit der Wimper zucken. Insgeheim hofft sie sogar, dass das Brautgespenst als ungebetener Gast erscheint.“

Kinley wurde ganz ernst. Logan gab einen Laut von sich, der wie ein unterdrücktes Stöhnen klang. Die Geschwister Carmichael legten absolut keinen Wert darauf, Kapital aus der Legende von der Geisterbraut zu schlagen.

Wie die meisten Leute in der Gegend kannte Alexis die tragische Geschichte, die sich vor langer, langer Zeit – noch vor der Errichtung des Inns – zugetragen hatte. Nachdem ein junges Paar viele Hindernisse überwunden hatte, um zueinanderzufinden, war die Braut in der Nacht vor der Vermählung mit ihrer einzig wahren Liebe auf diesem Berg gestorben. Seitdem spukte sie angeblich auf diesem Anwesen. Allerdings zeigte sie sich nur gelegentlich und nur den Paaren, denen es vorherbestimmt war, einander bis zum Tod zu lieben.

Bonnie hatte Alexis einmal anvertraut, dass ihr Großonkel Leo und seine geliebte Helen die Braut am Vorabend ihrer Verlobung gesichtet hatten.

Logan redete nicht gern von dem Geist. Seiner Meinung nach war es nur eine sentimentale alte Geschichte, an die keine vernunftbegabte Person glaubte. Trotzdem gab er sich höflich, wenn Gäste das Thema anschnitten.

Das muss ihm verdammt schwerfallen, dachte Alexis, wo er doch so gern darüber gespottet hätte!

„Wenn Sie mich jetzt entschuldigen“, bat er. „Ich muss den Hund zurückbringen.“

Ausnahmsweise konnte sie ihm unverhohlen nachblicken, weil alle anderen es ebenfalls taten. Doch sie war die Einzige, deren Aufmerksamkeit mehr seinem sexy Gang als den Possen seines Hundes galt. Deshalb wandte sie sich lieber doch ab und konzentrierte sich auf die Besprechung mit ihren Kunden. An Logan zu denken, dazu blieb ihr später noch genügend Zeit, wenn sie mit ihrer Katze allein zu Hause war.

Am späten Abend setzte Alexis sich müde und hungrig mit Bratreis und Gemüse in die Küche und griff zu den Essstäbchen, die sie aus Spaß benutzte.

„Ninja lässt dich grüßen“, sagte sie zu ihrer Katze, die ihren Fressnapf bereits geleert hatte und sich neben dem Tisch putzte.

Einen Moment lang blickte Fiona mit gespitzten Ohren auf, bevor sie sich wieder der Fellpflege widmete.

Während Alexis aß, ließ sie ihren Gedanken freien Lauf. Sie dachte an ihre Termine am nächsten Tag, an die Hochzeit am kommenden Samstag und an eine SMS von Paloma, ihrer besten Freundin in New York. Sie waren in engem Kontakt geblieben und vertrauten einander in langen Telefonaten sogar die intimsten Geheimnisse an.

Doch je länger Alexis in Virginia lebte und ihrem neuen Beruf nachging, umso schwerer fiel es ihr, ihr früheres Leben im Gedächtnis zu behalten. Die winzige Wohnung und das Gedränge der Großstadt, die endlosen Unterrichtsstunden und Castings, die zahlreichen Partys und die Teilzeitarbeit im Blumengeschäft …

Auch ein Mann hatte eine Rolle gespielt: Harry. Sie hatte ihm seine Schwüre von ewiger Liebe und Treue geglaubt, nur um wie eine heiße Kartoffel fallen gelassen zu werden, sobald sie sich gegen eine Musicalkarriere und für die Gründung einer eigenen Firma entschieden hatte. Ihre Prominenz und ihr einflussreicher Bekanntenkreis waren ihm wichtiger gewesen als ihre Person.

Ein Grund mehr für sie, ihr altes Dasein hinter sich zu lassen, um ein völlig neues Leben anzufangen. Und der Erfolg gab ihr recht. Das Geschäft lief gut, und sie hatte neue Freunde gefunden, obwohl ihr Privatleben unter dem enormen Arbeitspensum litt.

Seit der ursprüngliche Kummer über die Trennung von Harry verblasst war, wusste Alexis, dass er ihr nicht das Herz gebrochen hatte. Allerdings war ihre Skepsis gegenüber romantischer Liebe gewachsen. Sie zog bedingungslose Ehrlichkeit und realistische Scharfsicht ewigem Süßholzraspeln und rosaroten Brillen vor.

Apropos ehrliche Realisten …

Ob Logan sich noch meldet? fragte sie sich mit einem Blick zum Handy, das neben ihrem Teller lag. Wahrscheinlich nicht. Keinesfalls werde ich tatenlos rumsitzen und auf seinen Anruf warten. Ich werde ausgiebig mit Paloma telefonieren und danach an bevorstehenden Projekten arbeiten.

Vielleicht war es ganz gut, dass er nicht auf den Vorschlag eingegangen war, sie nach Seattle zu begleiten. Mehrere Tage – und ganze Nächte – am Stück miteinander zu verbringen hätte ihrer unverbindlichen Beziehung womöglich die Dynamik geraubt.

Bisher sind wir ja noch nicht mal zusammen aufgewacht. Womöglich würde ich Gefallen daran finden …

So gesehen war es besser, das Risiko nicht einzugehen. Die Erinnerungen an das Debakel mit Harry riefen ihr ins Bewusstsein, warum es so wichtig war, sich nicht in Logan zu verlieben, zumal er ganz offensichtlich emotionale Barrieren aufgebaut hatte.

Drei Stunden später, nachdem sie ihren Computer heruntergefahren und sich bettfertig gemacht hatte, klingelte das Telefon. Auch ohne auf das Display zu sehen, wusste sie, wer der Anrufer war.

„Hey! Ich wollte fragen, ob Ninja deine Tasche ruiniert hat. Wenn ja, werde ich …“

„Nein, nein. Er hat sich bloß einen Spaß mit mir erlaubt und ist sehr vorsichtig damit umgegangen.“

„Gut. Dann bleibt nur zu hoffen, dass Kinley nicht stutzig geworden ist, weil er so vertraut mit dir umgeht.“

„Das wollen wir natürlich unbedingt vermeiden. Aber keine Sorge! Sie hat mir abgenommen, dass er einfach herumgealbert hat.“

„Und wie ist dein Tag danach so gelaufen?“

Sie lehnte sich an das Kopfbrett und zog die Knie an. „Ich habe eine lustige Geschichte gehört. Von einer Hochzeit mit einem Hund als Ringträger. Mitten in der Zeremonie ist er durchgedreht und …“

Sie plauderten eine Viertelstunde lang, bevor sie sich eine gute Nacht wünschten. Es gefiel Alexis, sich mit seiner tiefen Stimme im Ohr und ihrer Katze im Arm ins Bett zu kuscheln. Und doch spukte ihr die Tatsache im Kopf herum, dass er es geflissentlich vermieden hatte, das Thema Seattle anzuschneiden.

4. KAPITEL

Wenn das Brautpaar wie in Josies Fall keine Generalprobe inszenieren wollte, bedeutete es für Alexis viel Hektik am Tag der Trauung. Zum Glück war die gesamte Gesellschaft bereit, sich anderthalb Stunden früher einzufinden, um sich mit dem Schauplatz und dem Ablauf der Zeremonie vertraut zu machen.

Josie und Ted hegten keine Bedenken, einander vor der Trauung zu sehen. Schließlich lebten sie seit über einem Jahr zusammen. Daher befanden sie sich unter den Gästen, während Alexis eine kurze Einführungsrede hielt.

Anschließend wollte Josie wissen: „Wo ist eigentlich der niedliche Hund? Und sein niedliches Herrchen? Ich wollte Logan sagen, dass er die Dekoration ganz großartig hingekriegt hat.“

Da konnte Alexis nicht widersprechen. Das Anwesen sah wunderschön aus. Riesige Körbe mit leuchtenden Blumen brachten den Frühling in den Garten. Girlanden aus Efeu und Narzissen schmückten den Pavillon und die Sitzreihen aus weißen Stühlen. Lampions in fröhlichem Gelb, leuchtendem Orange, sattem Grün und strahlendem Weiß hingen als Ersatz für das noch nicht entfaltete Laubwerk in den Bäumen und tanzten in der Brise. Alles in allem ergab das eine Mischung aus festlicher Hochzeit im Freien und ungezwungener Gartenparty – genau wie von Josie gewünscht.

Auf der großen Rasenfläche waren hohe Metallpfosten errichtet und mit Drähten verbunden worden, an denen noch mehr Lampions schaukelten. Lange Tische mit gelb-weiß karierten Tüchern standen für das Buffet im Picknickstil parat, das bei einem renommierten Caterer bestellt war. Ein rustikaler Leiterwagen aus Holz war behutsam in Position gebracht worden. Dekoriert mit gelben Narzissen und weißen Tulpen bildete er eine bezaubernde Bühne für die Countrymusik-Band, die zur Unterhaltung der Gäste aufspielen sollte.

„Der Hund ist im Cottage-Garten eingeschlossen“, erwiderte Alexis. „Falls du Logan heute nicht zu Gesicht kriegst, gebe ich dein Kompliment an ihn weiter.“

Josie umarmte sie impulsiv. „Du hast auch fantastische Arbeit geleistet. Genau so wollten Ted und ich unsere Hochzeit feiern. Vielen, vielen Dank!“

„Das Fest hat ja noch nicht mal angefangen. Ich kann nur hoffen, dass nichts schiefgeht.“

„Solange wir rechtsgültig getraut werden und die Gäste sich amüsieren, bin ich zufrieden. Vor allem freue ich mich wahnsinnig, dass du für uns singen willst. Ich habe deine Stimme bei den Veranstaltungen in der Highschool immer geliebt.“

Alexis lächelte ein wenig wehmütig bei dem Gedanken an die Jahre des Trainings, der Proben und der Bühnenvorstellungen nach der Highschool. Bei Hochzeiten aufzutreten wollte sie nicht zur Gewohnheit werden lassen. Nur ausnahmsweise war sie bereit, ein Lied zum Besten zu geben, weil Josie eine so liebe alte Freundin und eine angenehme Kundin war.

„Ach ja, und da ist noch was“, eröffnete Josie. „Ted hat einen echt niedlichen Freund. Single, gut verdienend, nett anzusehen. Ein toller Typ.“

„Josie, bitte!“, rief Alexis entsetzt. Warum legen es plötzlich alle darauf an, mich zu verkuppeln?

„Jedenfalls kommt er zur Hochzeit und ich habe ihm alles über dich erzählt. Er freut sich riesig darauf, dich kennenzulernen.“

„Du hast mich beauftragt, dafür zu sorgen, dass hinter den Kulissen alles glatt läuft. Das bedeutet für mich lückenlose Aufsicht und Koordination. Ich bin viel zu beschäftigt, um mich mit irgendeinem Gast zu beschäftigen – selbst wenn ich verkuppelt werden wollte, was nicht der Fall ist.“

Josie zwinkerte ihr schelmisch zu. „Tja, ich werde ihn dir trotzdem vorstellen. Wer weiß, es könnte Liebe auf den ersten Blick sein.“

Alexis glaubte nicht an Liebe auf den ersten Blick, doch als Hochzeitsplanerin war es wohl besser, ihren Zynismus für sich zu behalten. Stattdessen betonte sie noch einmal: „Dazu habe ich heute keine Zeit. Und du solltest zusehen, dass du fertig wirst, während ich mich um die letzten Details kümmere.“

„Okay, ich gehe ja schon.“ Josie machte sich auf den Weg zur Garderobe, doch sie blieb unterwegs mehrmals stehen, um Freunde zu begrüßen.

Hoffentlich wird sie zu sehr von den Feierlichkeiten abgelenkt, um ihre Drohung wahr zu machen, dachte Alexis seufzend und holte ihren Tablet-Computer hervor, um ein letztes Mal die Checkliste durchzugehen.

Unwillkürlich blickte sie zu Logans Cottage hinüber. Als es ihr bewusst wurde, lenkte sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf das umfangreiche Tagesprogramm.

Logan pflegte sich während der Veranstaltungen vom Haupthaus des Inns fernzuhalten. Für gewöhnlich saß er mit Ninja im Wohnzimmer, sah sich eine Sportsendung im Fernsehen an oder arbeitete am Computer. Kinley hatte ihn gebeten, die Website neu zu gestalten, außerdem entwickelte er gerade ein neues Programm in seiner Funktion als Softwareberater.

An diesem Tag wollte es ihm jedoch nicht gelingen, sich auf die Programmierung zu konzentrieren. Sogar Ninja lief unruhig herum, starrte immer wieder aus dem Fenster und seufzte schwer.

Schließlich kapitulierte Logan vor ihrer Rastlosigkeit. „Komm, wir gehen spazieren. Aber benimm dich.“

Mit täuschend unschuldiger Miene grinste Ninja ihn an.

Das Cottage lag am Fuß eines Hügels, umgeben von hohen Bäumen. Der große eingezäunte Garten grenzte an einen rauschenden Bach. Ein schmaler Pfad führte durch dichte Wälder zu einem sechs Meilen langen Wanderweg. Sofern das Wetter es zuließ, absolvierten Logan und Ninja dieses Pensum Tag für Tag, für gewöhnlich vor Arbeitsbeginn. An diesem Morgen hatte die Zeit jedoch nicht gereicht, also machten sie sich nun auf den Weg.

Eifrig lief Ninja voraus, schnüffelte hier und da, kontrollierte das Land, das er als seines erachtete. An einem Wintermorgen vor über einem Jahr war er praktisch aus dem Nichts beim Cottage aufgetaucht, damals noch ein Welpe in erbärmlichem Zustand: nass, frierend und ausgehungert, um etliche Pfunde leichter, ohne Halsband oder Chip.

Eine ausgiebige Suche nach seinem Herrchen war erfolglos geblieben. Logan hatte sich nie ein Haustier gewünscht. Niemand hätte ihm einen Hund aufschwatzen können. Doch mittlerweile konnte er sich nicht mehr vorstellen, diese Spaziergänge allein zu machen. Ninja gehörte zu ihm und zeigte deutlich, dass er es ebenso sah.

Eine hoch gelegene Lichtung bot einen guten Blick über das ganze Grundstück des Bride Mountain Inn – vor allem zu dieser Jahreszeit, da die Bäume noch nicht belaubt waren. Dort blieb Logan gern stehen, um zu begutachten, was zu einem Drittel ihm gehörte.

Von Kindheit an hatten er und seine Schwestern die Ferien auf dem Anwesen verbracht und gewusst, dass sie es irgendwann erben würden. Trotzdem war ihm damals nicht in den Sinn gekommen, dass er einmal als Verwalter dort enden könnte.

Nach einem Informatikstudium hatte er zusammen mit einem Partner ein eigenes Unternehmen gegründet. Immer war er davon ausgegangen, seinen Drittelanteil am Inn an seine Schwestern zu verkaufen oder lediglich als stiller Teilhaber zu fungieren. Dass Bonnie das Hotel einmal führen würde, stand von jeher fest. Es war ihr Ziel seit Kindertagen. Kinley war ein geborenes Verkaufsgenie, was ihr in ihrem erlernten Beruf als Immobilienmaklerin ebenso zugutekam wie bei der Akquise für das Inn.

Logan selbst besaß einen ausgeprägten technischen Sachverstand und ein gutes Gespür für Computer. Er hatte geschickte Hände und einen grünen Daumen. Da seine Firma fast zeitgleich mit dem Tode seines Großonkels bankrottgegangen war, hatte er sich in Renovierung und Erhaltung des Anwesens gestürzt. In dem Cottage hatte er ein abgeschiedenes Refugium, in der harten körperlichen Arbeit Trost gefunden.

Er hatte Familie und einen treuen Hund, ein gemütliches Zuhause und war wieder bei bester Gesundheit. Alles in allem war er ein glücklicher Mensch und wollte nichts an seinem Leben ändern.

Als er so zwischen den Bäumen stand, suchte er unwillkürlich nach Alexis. In ihrer leuchtend roten Kleidung stach sie aus der pastellfarbenen Hochzeitsgesellschaft heraus.

Die Trauungszeremonie war vorüber; die Gäste hatten sich bei den Esstischen um das glückliche Brautpaar versammelt. Fröhliche Countrymusik wehte von dem Quartett auf dem Leiterwagen zu Logan hinauf; er tippte mit einem Fuß im Takt. Diese Art von Hochzeit war gar nicht so schlecht. Schlicht und ungezwungen, ohne übertriebenen Klimbim wurde die wundervolle natürliche Umgebung genutzt.

Ninja winselte und zerrte an der Leine.

Logan hielt ihn zurück und versprach ihm ebenso wie sich selbst: „Wir gehen nachher zu ihr.“

Gerade wollte er die Wanderung fortsetzen, als er zu seinem Verdruss beobachtete, wie die Braut einen großen schlaksigen Mann zu Alexis führte und mit ausladenden Gesten auf sie einredete. Zumindest aus der Ferne sah es ganz nach einem Verkupplungsversuch aus.

Zum Glück wandte Alexis sich einen Moment später ab und stieg auf den Leiterwagen. Laut und deutlich verkündete sie: „Das Brautpaar hat mich gebeten, ein Lied zu singen. Es stammt aus Josies Lieblingstrickfilm und Musical König der Löwen.“

Logan gegenüber hatte sie ihr Musikstudium und die darauf folgenden Auftritte nur ganz nebenbei erwähnt. Als ihre Stimme nun zu ihm herüberwehte, erkannte er, dass die Musik in Alexis’ Leben eine viel größere Rolle gespielt haben musste, als er vermutet hatte.

Sie ist verdammt gut. Besser sogar. Sie ist faszinierend. Er schluckte schwer. Ihre klare, facettenreiche Stimme ging ihm ins Ohr und übte eine kraftvolle Wirkung auf seinen ganzen Körper aus. Regungslos, wie verzaubert, stand er da. Auch Ninja saß ganz still an seiner Seite, bis die letzte Note verklang.

Die Gäste auf dem Rasen applaudierten frenetisch und verlangten Zugaben, doch Alexis gab das Mikrofon unbeirrt an den Leadsänger der Band zurück und stieg von der Wagenbühne.

Der große schlaksige Mann bahnte sich einen Weg zu ihr und legte ihr auf vertrauliche Weise eine Hand auf die Schulter.

Abrupt wandte Logan sich ab. Er musste an Ninjas Leine zerren, um ihn in die entgegengesetzte Richtung zu bewegen. Aus irgendeinem Grund war beiden die Lust an der Wanderung vergangen.

Kaum öffnete Alexis ihre Haustür, nachdem es geklingelt hatte, warf sich ihr ein zappelnder winselnder Hund in die Arme, und eine lange Zunge wusch ihr das Gesicht. Lachend stolperte sie rückwärts und drehte den Kopf zur Seite, um einem nassen Kuss mitten auf den Mund zu entgehen. „Selber Hallo.“

„Runter, Ninja! Runter!“, befahl Logan streng.

Ninja gehorchte sofort, wirkte aber keineswegs kleinlaut. Schwanzwedelnd lief er zur Couch, wo seine Freundin ihn mit lautem Schnurren und verschmustem Kopfstupsen begrüßte.

Logan trat ein. „Entschuldige. Ich versuche, ihm Manieren beizubringen, aber er hat ein sehr selektives Gedächtnis.“

„Er weiß eben, dass er bei mir mit seinem albernen Grinsen immer durchkommt.“

„Du verziehst ihn.“

„Kann sein. Weil er so niedlich ist.“

„Und er weiß es.“ Er zog sie an sich. „Ich würde dir ja einen Begrüßungskuss geben, aber du hast Hundespucke auf dem ganzen Gesicht.“

Spielerisch boxte sie ihn in die Brust. „Vorsicht, Kumpel! Du bist längst nicht so niedlich wie Ninja.“

Grinsend küsste er sie auf den Mund, bevor er die braune Papiertüte in seiner Hand hochhielt. „Dinner, wie versprochen.“

„Ich muss nur noch schnell eine Ladung Wäsche in den Trockner stecken. Dann können wir essen.“

„Ich decke inzwischen den Tisch.“

„Danke. Im Kühlschrank steht eine Flasche von dem Riesling, den du so gern magst.“

„Super.“ Zielsicher öffnete er den Küchenschrank, in dem die Teller standen.

Ihr fiel auf, wie vertraut ihm ihre Wohnung inzwischen war. Er kannte sich in ihrer Küche ebenso gut aus wie in ihrem Schlafzimmer.

Wie und wann ist es dazu gekommen? So oft hat er mich doch gar nicht besucht. Oder doch? Auf dem Weg in die Waschküche rechnete Alexis im Geist nach und staunte über das Ergebnis. Was als lockere Affäre gedacht war, drohte Gewohnheit zu werden. Dagegen solltest du was tun.

Sie öffnete ihre schon lange nicht mehr neue Waschmaschine – und stöhnte laut.

Autor

Gina Wilkins

Die vielfach ausgezeichnete Bestsellerautorin Gina Wilkins (auch Gina Ferris Wilkins) hat über 50 Romances geschrieben, die in 20 Sprachen übersetzt und in 100 Ländern verkauft werden!

Gina stammt aus Arkansas, wo sie Zeit ihres Leben gewohnt hat. Sie verkaufte 1987 ihr erstes Manuskript an den Verlag Harlequin und schreibt...

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