Die Kraft der Liebe

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Nicht blond, nicht kurvig - Computerexpertin Nicki weiß, sie ist nicht der Typ Frau, den Zane Rankin mag. Und sie kennt ihren Boss und alten Freund genau. Deshalb will sie - obwohl heimlich in ihn verliebt! - erst ablehnen, als er sie nach einer Party zu sich einlädt …


  • Erscheinungstag 21.06.2018
  • ISBN / Artikelnummer 9783733736194
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

„Nicki, ich bin verzweifelt. Du musst mir unbedingt helfen.“

Nicole Beauman hörte die leidenschaftliche Bitte über ihren Kopfhörer und fühlte sich ein wenig geschmeichelt. „Ich feile mir gerade die Nägel, Zane, und gähne dabei. So beeindruckt bin ich.“

Ein Fluch drang an ihr Ohr. Trotz der über siebenhundert Meilen Entfernung zwischen ihr und Zane war der Klang dank moderner Technologie kristallklar.

„Ich hänge in der Luft. Verdammt, Nicki, tu was“, flehte er.

Sie seufzte, legte die Nagelfeile nieder und blickte auf die Konsole mit den sechs Monitoren. Sie hatte das eindrucksvolle Sicherheitssystem der Computerfirma in Silicon Valley angezapft, in die Zane gerade einzubrechen versuchte. Fast sechzig Kameras zeigten das Gelände von den sechs Eingängen bis hin zu den heiklen Zonen. Sie musste nur ein paar Tasten betätigen, um den Blickwinkel ihrer Wahl zu bekommen.

Auf dem körnigen Bild der Kamera sah sie Zane hektisch auf einer tragbaren Tastatur tippen, um die Seitentür zu öffnen. Er kannte den Zugangscode, aber manchmal erforderten diese Dinge das Fingerspitzengefühl einer Frau.

„Geh auf Entfernen“, wies sie ihn an.

„Okay, erledigt.“

Sie gab den Code auf ihrer Tastatur neu ein. Als nichts geschah, entriegelte sie einen Hintereingang von innen.

Zane blickte zu der Kamera hinauf, die seinen Standort überwachte. „Du bist die Beste.“

„Das sagst du jetzt“, entgegnete sie. „Aber gestern hast du mir erklärt, dass du meine Hilfe bei diesem Job nicht brauchst und sehr gut fähig bist, es ganz allein zu schaffen.“

„Bin ich ja auch.“

„Aha.“ Sie schaltete auf eine andere Kamera und sah Nachtwächter nahen. „Dann brauche ich dir also nicht zu sagen, dass dir eine Begegnung mit deinen Gastgebern bevorsteht, oder?“

Er blickte den langen Korridor auf und ab, tauchte dann in einem Raum unter. Fünf Sekunden später bogen die Wächter um die Ecke und gingen an der geschlossenen Tür vorbei.

„Die Luft ist wieder rein“, sagte sie. „Ich gehe jetzt nach Hause.“

Ein schwerer Seufzer machte sich von dem Lagerraum im nördlichen Kalifornien auf die Reise zu ihrem Kopfhörer in Seattle.

„Was muss ich dir bieten, damit du mir weiter hilfst?“, fragte Zane resigniert.

„Geld, aber da du nicht hier bist, um es zu übergeben, nehme ich ein Lob an.“

Er trat auf den Korridor, stellte sich der Kamera und sagte in langmütigem Ton: „Du bist die Beste. Ich würde es ohne dich nicht schaffen.“

Nicki grinste. „Du hast noch was vergessen.“

„Ich habe mich geirrt, und ich danke dir, okay? Würdest du mich jetzt bitte ins Forschungslabor bringen?“

„Natürlich. Nimm die Hintertreppe.“

Fünf Minuten später öffnete Nicki die schwere Doppeltür und bugsierte Zane durch die Lasersensoren. Der Safe, versteckt im Vorratsschrank, war nicht mit dem Hauptcomputer verbunden, sodass sie ihm dabei nicht helfen konnte. Aber sie schaltete die Sprinkleranlage ab, damit sie nicht vom Rauch der Explosion ausgelöst wurde.

Zane verließ den Vorratsschrank und schloss die Tür. Zwei Sekunden später ertönte ein Knall. Er eilte wieder hinein und kehrte mit einem kleinen schwarzen Kasten zurück. „Alles klar. Jetzt bring mich hier raus.“

„Ich sollte dich wirklich schmoren lassen, nur um dir eine Lektion zu erteilen.“

Er grinste in die Kamera. „Aber du tust es nicht.“

Er hat recht, dachte sie. „Nimm die nördliche Treppe ins Erdgeschoss. Ich öffne dir die Vordertür.“

Als er das Gebäude sicher verlassen hatte, schaltete sie das Sicherheitssystem wieder ein, aktivierte die Rauchmelder und klinkte sich aus dem Computersystem aus. Sie konnte den Einbruch nicht vertuschen, aber sie hatte alle Spuren so weit verwischt, dass man ihr nicht auf die Schliche kommen konnte.

Natürlich würde Jeff Ritter, Zanes Partner, am nächsten Morgen um kurz nach neun Uhr die Computeraufzeichnungen der letzten vierundzwanzig Stunden prüfen und zahlreiche unerlaubte Aktivitäten feststellen. Dass er nicht gerade amüsiert reagieren würde, war milde ausgedrückt.

„Ich bin dir reichlich was schuldig.“

„Allerdings.“

„Soll ich morgen Donuts mitbringen?“

„Das macht es kaum wett, aber okay. Iss diesmal aber bitte nicht alle mit Zuckerguss auf.“

„Versprochen.“

„Haha.“ Sie wusste genau, dass sie von Glück sagen konnte, wenn er ihr einen Krümel Zuckerguss übrig ließ. „Ich mache jetzt Feierabend.“

„Fahr vorsichtig. Und Nicki?“

„Ja?“

„Du bist die Beste.“

„Ich weiß. Nacht, Zane.“ Sie lächelte vor sich hin, während sie die Verbindung abbrach und den Kopfhörer abnahm.

„Ich habe dir einen aufgehoben“, sagte Zane am folgenden Morgen, als er in Nickis Büro spazierte und einen Donut mit Zuckerguss auf ihren Schreibtisch legte.

Sie blickte zu ihm auf und fragte sich, warum sie sich die Mühe gemacht hatte, Kaffee zu kochen. Sie brauchte kein Koffein, wenn sie seinen lässigen Gang und sein charmantes Lächeln sah. Die Kombination brachte ihren Puls stets zum Rasen, ihr Blut in Wallung und ihr Herz zum Hämmern. Peinlich, aber wahr.

In seiner Nähe zu sein, wirkte beinahe wie eine Aerobic-Stunde auf sie. Eines Tages wollte sie den Kalorienverbrauch berechnen. Wenn das Verheimlichen ihrer Vernarrtheit einem Krafttraining gleichzusetzen wäre, hätte ihre Fitness für ein Umpaddeln der ganzen Welt in einem Kajak gereicht.

„Wann bist du gestern nach Hause gekommen?“, erkundigte sie sich.

„Ich bin um kurz vor eins ins Bett gefallen.“ Er sank auf den Stuhl neben ihrem Schreibtisch und grinste. „Ich habe geschlafen wie ein Baby.“

„Wie? Hat dir diesmal keine Mieze das Bett angewärmt?“

Er schüttelte den Kopf. „Ich muss meinen Schönheitsschlaf nachholen.“

Nicki hatte ihn häufig nach Schlafmangel erlebt und wusste, dass er trotzdem zu gut für ihr Seelenheil aussah. Groß und schlank, mit dunklen Haaren und tief liegenden, geheimnisvollen Augen hätte er als Filmstar ein Vermögen verdienen können.

Er gehörte zu den Männern, die Frauen unwiderstehlich fanden. Obwohl sie sich rühmte, einzigartig zu sein, war sie in diesem Punkt eine von vielen. Der einzige Unterschied zwischen ihr und den anderen Frauen, die sich nach seinen breiten Schultern und seinem knackigen Po verzehrten, lag darin, dass sie ihre törichten Träume für sich behielt. Er ging nicht mit Frauen, deren IQ größer als ihr Brustumfang war, und sie war mit reichlich Intelligenz gesegnet. Leider wirkte all der Verstand der Welt nicht als Gegengift gegen seine besondere Sorte von Charme.

Er griff nach ihrem Kaffeebecher und nahm einen Schluck. „Und du? Hat Brad auf dich gewartet?“

Sie nahm ihm den Becher weg. „Er heißt Boyd, und ich habe ihn gestern Abend nicht gesehen.“ Sie sah Boyd in letzter Zeit sehr wenig, aber das wollte sie Zane nicht verraten.

Er zog die Augenbrauen hoch. „Warum nicht? Langweilt dich sein Computerjargon allmählich? Im Ernst, Nicki, bist du es nicht leid, dass der Junge in binärem Code redet?“

„Boyd ist kein Programmierer. Er ist Elektroingenieur. Und …“ Kopfschüttelnd unterbrach sie sich. „Wozu mache ich mir die Mühe? Du machst dich lustig über die Männer in meinem Leben, weil dir die Frauen in deinem Leben peinlich sind. Nimm doch nur mal Julie.“

Zane schmunzelte. „Warum sollte es mir peinlich sein? Julie ist ehemalige Miss Apple und studiert sehr hart, um Dentalhygienikerin zu werden.“

„Richtig. Sie ist im vierten Jahr eines neunmonatigen Kurses.“

„Mathe ist nun mal nicht ihr Ding.“

„Wie viel Mathe braucht sie denn schon, um Zähne zu reinigen? Oh, ich weiß, sie kann nicht bis dahin zählen, wie viele Zähne jemand im Mund hat, oder?“

„Sie ist umwerfend.“

„Sie ist ein Dummkopf. Willst du nie ein Gespräch mit deinen Frauen führen? Was ist, wenn der Sex vorbei ist?“

Er zwinkerte ihr zu. „Dann gehe ich nach Hause und schlafe. Und wenn ich mit einer Frau reden will, komme ich zu dir.“

„Wie schmeichelhaft.“ Die gute alte beste Freundin, dachte sie in einer Mischung aus Bedauern und Belustigung, das bin ich.

„Ich rate dir, Nicki, lass die smarten Typen sausen. Such dir lieber einen Sexprotz.“

„Nein danke.“

„Warum nicht? Du bist hübsch genug.“

„Wie schmeichelhaft. Hübsch genug für einen hirnlosen Narren, der mit seinem Bizeps denkt? Warum sollte ich das tun?“

„Aus Spaß.“

„Ich bin mehr für Substanz.“ Sie würde Zanes oberflächliche Einstellung zum anderen Geschlecht nie begreifen. In den zwei Jahren, seit sie für ihn arbeitete, war er nie länger als ein paar Wochen mit jemandem liiert gewesen. Ständig hatte er einen neuen Hohlkopf an seiner Seite, und es schien ihn nicht zu kümmern, dass sie austauschbar waren.

Sie hingegen neigte zu ernsthaften Männern, die ihren Verstand benutzten. Leider hatte ihr bisher keiner genug gefallen, um sie von ihrer Schwärmerei für Zane abzubringen. „Ich muss den Typ zuerst mögen, bevor ich mit ihm Sex habe“, erklärte sie. „Nenn mich altmodisch, aber so ist es nun mal.“

„Eine faszinierende Information“, bemerkte Jeff Ritter, während er in ihr Büro trat. „Vielen Dank, aber wir haben dringendere Angelegenheiten zu klären.“

Nicki stöhnte im Stillen. Ausgerechnet diese Information hatte sie ihrem zweiten Boss eigentlich nicht zukommen lassen wollen. Als er die Tür hinter sich zuknallte, wappnete sie sich für die bevorstehende Explosion.

Zane hingegen wirkte bemerkenswert unbeeindruckt. „Was liegt an?“

Jeff warf ihm eine Mappe zu. „Was zum Teufel hast du dir dabei gedacht? Verdammt, du hättest es mir sagen müssen.“

Zane blätterte in dem Bericht über die Computeraktivitäten. „Du hättest es mir verboten. Technisch gesehen sind wir Partner und du kannst mich nicht herumkommandieren, aber du hättest mir einzureden versucht, dass es eine schlechte Idee wäre.“

„Es war eine schlechte Idee. Weißt du überhaupt, gegen wie viele Gesetze du gestern Nacht verstoßen hast?“

Nicki befand, dass sie sich an dem Streitgespräch beteiligen sollte. „Ich kann dir die genaue Zahl sagen.“

Jeff richtete seinen laserartigen Blick auf sie. „Du hast schon genug auf dem Kerbholz.“

Sie seufzte. „Ich weiß. Aber nur das Einloggen in den Computer und das Ausschalten des Sicherheitssystems Ach ja, und die Rauchmelder. Okay, es sind einige Gesetze.“

Zane grinste sie an. Sie unterdrückte ein Lächeln. Jeff war nicht amüsiert.

„Es freut mich, dass ihr beide es so verdammt lustig findet, aber ich tue es wahrlich nicht. Unsere Firma hat einen Ruf zu wahren. Wir brechen nicht einfach Gesetze zu eigennützigen Zwecken.“

Zane zog die Augenbrauen hoch.

Jeff schob die Hände in die Taschen. „Nur unter extremen Umständen.“

„Ich habe einem Freund ausgeholfen“, erklärte Zane.

„Du hättest mir sagen müssen, was du vorhattest.“

„Das konnte ich nicht. Ich wollte niemanden aus der Firma reinziehen für den Fall, dass etwas schiefläuft.“

„Nicki wusste davon.“

„Sicher, aber sie würde nie etwas verraten.“

Sein Glaube an ihre Loyalität war erfreulich und ärgerlich zugleich. Sie fühlte sich wie das treue Faktotum – oder der Lieblingshund.

„Du hättest sie in große Schwierigkeiten bringen können“, beharrte Jeff.

Zum ersten Mal, seit Zane ihr Büro betreten hatte, wirkte er betroffen. „Ich wäre nicht ohne sie ausgekommen.“

„Das stimmt“, bestätigte sie. „Er ist ziemlich nutzlos.“

Nun starrten beide Männer sie finster an. Sie zuckte die Achseln.

Zane erklärte: „Mein Freund hat zwei Jahre an dem Prototyp gearbeitet. Diese Kerle haben ihn gestohlen. Ich habe versprochen, ihm zu helfen. Ich musste es tun, Jeff. Ich war ihm was schuldig.“

Nicki wusste einige Details über Zanes Background. Er hatte der Marine angehört und dort viele Dinge getan, über die er nicht redete. Ebenso wie Jeff. Vor einigen Jahren waren die beiden sich wieder begegnet und hatten die Firma gegründet.

Keiner von beiden sprach über die Vergangenheit oder erzählte Kriegsgeschichten. Doch hin und wieder kam eine vage Andeutung ans Tageslicht. So auch nun.

Ich war ihm was schuldig.

Sie wusste nicht, was Zanes bedeutungsvoller Tonfall zu bedeuten hatte, aber Jeff wusste es offensichtlich. Er nickte nur und bat: „Nächstes Mal weihst du mich ein, okay?“

„Versprochen.“ Zane stand auf und verließ das Büro.

Nicki blickte ihm nach. Was mochte er seinem Freund geschuldet haben? Womöglich sein Leben? Sie wusste, dass es keinen Sinn hatte zu fragen. Er war ein Meister darin, Themen zu umgehen, über die er nicht reden wollte.

„Du könntest zumindest so tun, als hättest du Angst, dass ich dich entlasse“, sagte Jeff in ihre Gedanken.

„Das kannst du nicht. Jedenfalls nicht deswegen. Ich arbeite für Zane, und er hat meine Hilfe gebraucht. Mein Job besteht darin, ihn zu unterstützen, und nicht, sein Tun zu beurteilen.“

Jeff seufzte. „Du bist schlauer, als gut für dich ist.“

„Dir gefällt, dass ich schlau bin.“

„Tja, nun, du bist okay. Wenn du mir nicht gerade Kummer machst.“

Sie grinste. „Hat Zane Probleme? Wirst du ihn bestrafen? Darf ich zusehen?“

Es zuckte um seine Mundwinkel. „Ihr beide verdient einander.“ Er schlenderte zur Tür. „Ich habe jetzt ein Meeting mit einem Kunden, der uns für unsere Dienste bezahlen wird.“

„Viel Glück.“

„Danke.“

Sie wandte sich ihrem Computer zu. Zane ging an ihrem Büro vorbei und steckte den Kopf herein. „Wie steht’s mit Lunch? Mexikanisch. Du darfst zahlen.“

„Ich will Chinesisch, und diesmal bist du dran.“

„Na gut. Aber nur, weil du frustriert bist. Brad scheint sich diese Woche nicht sonderlich um dich zu kümmern.“

„Er heißt Boyd!“, rief sie ihm nach.

„Wie auch immer“, entgegnete er, während er weiterging.

Nicki drehte ihren Rollstuhl um und rollte zum Aktenschrank unter dem Fenster. Sie sagte sich, dass sie ihre Schwärmerei endlich überwinden musste, und zwar bald. Boyd war ein sehr netter Typ, und wäre ihre Schwäche für Zane nicht gewesen, hätte sie sich in ihn verlieben können. Sie ersehnte sich, einen anständigen Mann zu lieben und mit ihm eine Familie zu gründen.

Doch solange sie nicht von Zane loskam, hing sie in der Luft. Sie begehrte, was sie nicht haben konnte, und sie hatte, was sie nicht begehrte.

„Drei Punkte auf die Seahawks“, entschied Zane während des Essens im Chinarestaurant.

Nicki grinste. „Damit wirst du eine böse Pleite erleben. Du solltest es besser wissen. Diese drei Punkte gehen mit Sicherheit an mich. Ich höre jetzt schon, wie du am Montag jammern wirst.“ Sie notierte die Wette auf einem Blatt Papier, auf dem sämtliche Footballspiele der Profiliga am kommenden Wochenende aufgelistet waren.

Zane wusste, dass es nicht klug war, die Seahawks zu nehmen, aber er musste einfach auf das Heimteam setzen. Nicki hingegen besaß diese Loyalität nicht. Sie studierte Statistiken, las Sportberichte und basierte ihre Wahl auf Fähigkeiten, Verletzungen und Glückssträhnen der Spieler. Hin und wieder wählte sie ein Team, weil ihr die Trikots gefielen, aber nicht oft. Was ihn ärgerte, war, dass sie häufig gewann, selbst wenn ihre Entscheidung auf so unsinnigen Kriterien wie Vereinsfarben basierte. Die Saison war erst zwei Wochen alt, und schon lag sie mit drei Spielen in Führung.

Sie wetteten nicht um Geld. Wer am Ende der Saison die meisten Punkte hatte, schuldete dem anderen einen Tag Arbeit. In der vergangenen Saison hatte er geplant, sie seinen Gefrierschrank mit selbst gekochten Gerichten füllen zu lassen. Stattdessen hatte er fast acht Stunden damit zugebracht, ihren Van zu waschen und zu polieren, und danach drei Tage lang an Muskelkater gelitten.

„Diesmal werde ich dich mein Wohnzimmer streichen lassen“, frohlockte sie, während sie ihre restlichen Wetten notierte. „Ich denke da an eine besondere Technik, die mindestens drei Schichten erfordert.“

Er schüttelte den Kopf. „Diesmal wirst du nach Herzenslust für mich kochen.“

„Das hast du letztes Jahr auch gesagt. Erinnerst du dich, was dann passiert ist?“

„Lieber nicht.“

Sie grinste. „Du solltest auf die Experten hören. Die wissen meistens, wer gewinnen wird.“

„Das ist Betrug.“

„Nein, das erhöht deine Chancen.“

Er erwiderte ihr Lächeln. „Du bist ganz schön schlau für ein Mädchen.“

Sie griff zu ihrer Gabel und beugte sich zu ihm vor. „Du hast ‚hübsch‘ ausgelassen. Gestern Nacht hast du gesagt, dass ich hübsch genug wäre, um mir einen hirnlosen Macho mit Muskelpaketen zu angeln.“

Er musterte ihr herzförmiges Gesicht. Mit ihren großen Augen und vollen, sinnlichen Lippen war sie mehr als hübsch. Lange kastanienbraune Locken luden förmlich dazu ein, die Finger darin zu vergraben. Dazu kam ein Körper, der zwar nicht so üppig war wie die Frauen, mit denen er verkehrte, aber die richtigen Kurven an den richtigen Stellen aufwies. „Du bist schon ganz okay.“

Sie lachte. „Warte bitte. Ich will diesen Moment so lange wie möglich auskosten. Dieses wahnsinnig überschwängliche Kompliment ist mir zu Kopf gestiegen.“

Er zeigte mit der Gabel auf sie. „Komm schon, Nicki, du weißt doch, dass du attraktiv bist. Die Hälfte der Männer hier im Restaurant lässt dich nicht aus den Augen.“

„Nur die Hälfte?“ Sie guckte sich um. „Na ja, das ist schon was.“

Er folgte ihrem Blick und sah, dass zwei Geschäftsmänner in maßgeschneiderten Anzügen sie musterten. In einer Ecke saßen drei Studenten und starrten sie mit offenen Mündern an. „Ich gebe mich geschlagen.“

„Ihre Aufmerksamkeit wird nur so lange anhalten, bis wir uns zum Ausgang begeben.“

Er runzelte die Stirn. „Wegen des Stuhls?“

„Was glaubst du denn?“

„Das wird niemanden kümmern. Brad stört es auch nicht.“

„Er heißt Boyd, und es stört ihn wirklich nicht. Aber er hat ja auch Substanz.“

„Ich nicht, und mich stört es auch nicht.“

Sie verdrehte die Augen. „Weil wir Freunde sind. Du würdest nicht mit einer Frau im Rollstuhl gehen.“

Er dachte kurz darüber nach. „Doch. Wenn sie große Brüste hätte.“

Nicki schüttelte den Kopf. „Ich weiß nicht, ob ich dir danken oder dich abstechen soll.“

„Technisch gesehen arbeitest du für mich. Wenn du mich abstichst, wirkt es sich negativ auf deine nächste Bewerbung aus.“

„Du machst mich wahnsinnig.“

Er grinste. „Ich weiß. Ist das nicht toll?“

Als das Mahl beendet war und sie ihn überredet hatte, die Kosten zu übernehmen, schob sie sich vom Tisch zurück. Er stand auf und wartete, um die Reaktion der Männer zu beobachten.

Bisher hatte keiner den schnittigen Rollstuhl bemerkt. Nicki hatte ihn extra in Kalifornien anfertigen lassen. Er war extrem leicht, speziell für ihren schlanken Körper zugeschnitten und unauffälliger als andere Modelle.

Die Studenten tauschten überraschte Blicke, zuckten die Achseln und starrten ihr unverhohlen nach. Einer der Geschäftsmänner wandte sich ab, aber dem anderen fielen beinahe die Augen aus dem Kopf. Zane hatte richtig vermutet. Die meisten störten sich nicht daran.

Er folgte ihr hinaus auf den Parkplatz. Sie drückte eine Taste ihrer Fernbedienung. Die Hecktür des Vans öffnete sich, und eine Rampe wurde herabgesenkt. Nicki rollte darauf und ließ sich auf die Höhe der Ladefläche heben. Während Zane auf den Beifahrersitz glitt, schloss sie die Hecktür und rollte ans Lenkrad. Spezialklammern sicherten den Rollstuhl, und ein nach Maß gearbeitetes Geschirr diente ihr als Sicherheitsgurt. Sie startete den Motor.

„Sie waren trotzdem interessiert“, bemerkte er nebenhin.

„Ich nicht.“

„So toll ist Brad auch wieder nicht.“

Sie seufzte. „Er heißt Boyd. Du wirst ihn in ein paar Tagen auf der Party bei den Morgans treffen. Versuch bitte, dir bis dahin seinen Namen zu merken.“

„Ich tue mein Bestes.“

„Wen bringst du mit? Miss Apple?“

Er zuckte die Achseln. Momentan war er gerade solo. Seltsamerweise hatte er es nicht eilig, eine Neue zu suchen. Er blickte zu Nicki. Bisher waren sie nie beide gleichzeitig Single gewesen. Nicht, dass er andernfalls mit ihr angebändelt hätte. Sie war …

Nachdenklich blickte er aus dem Fenster. Nicki war etwas Besonderes. Sie war ihm wichtig, und er hatte es sich zur Regel gemacht, sich nicht mit einer Frau einzulassen, die in diese Kategorie fiel. Nicht noch einmal.

2. KAPITEL

„Also sagt er: ‚Es ist doch nur ein Papagei.‘“ Rob, einer der Bodyguards der Firma, lachte herzhaft, nachdem er seinen Witz zu Ende erzählt hatte.

Nicki verdrehte die Augen und lächelte. Rob liebte Witze beinahe ebenso wie Wortspiele. Manchmal war es unmöglich, ein normales Gespräch mit ihm zu führen.

„He, du schwitzt ja gar nicht, Nicki!“, rief Ted. „Ich will dich triefen sehen.“

„Mal sehen, wer von uns beiden schneller ist!“ Sie steigerte das Tempo auf dem liegenden Fahrrad. Ihre Beinmuskeln schmerzten, aber auf angenehme Weise, und Schweiß rann in Bächen über ihren Rücken.

Sie hasste Sport. Sicher, er war gut für ihr Herz und verlängerte ihr Leben vermutlich um Jahre, aber sie musste sich dazu zwingen – im Gegensatz zu Zane, der jede Art von körperlicher Betätigung als Vergnügen auffasste.

Ausgerechnet in diesem Augenblick schlenderte er in den Fitnessraum der Firma. Die Bodyguards riefen ihm einen Gruß zu. Nicki ignorierte ihn, denn ihn anzusehen, erhöhte ihren Blutdruck.

Doch als er sich näherte, konnte sie nicht widerstehen, einen raschen Blick auf seine langen, nackten Beine, die locker sitzenden Shorts und das abgeschnittene T-Shirt zu werfen, das viel zu viel von seinem flachen, muskulösen Bauch enthüllte.

Sie hätte die Tatsache, dass er einen reizvollen Körper besaß, bereitwillig akzeptiert, wäre sie in der Lage gewesen, es unpersönlich zu sehen, so als wäre er nichts weiter als ein Kunstwerk. Aber sein Anblick löste ein Verlangen aus, das ihr Bedürfnis nach Süßigkeiten vor der Menstruation nichtig erscheinen ließ.

„He, du schwitzt ja gar nicht“, bemerkte er, während er sich in ihren Rollstuhl fallen ließ.

„Das habe ich auch schon gesagt“, warf Ted ein. „Das Mädchen faulenzt.“

„Die Frau trainiert bis zur Erschöpfung“, konterte Nicki.

Zane ignorierte ihre Bemerkung. „Ich wollte dich gestern Abend anrufen, aber du warst aus. Wie geht es Brad?“

Seine Hüften waren schmal genug, um in dem maßgefertigten Rollstuhl bequem Platz zu finden, aber seine Beine waren viel zu lang. Er streckte sie aus und ließ die Fersen auf dem Boden ruhen.

Boyd geht es großartig. Danke der Nachfrage. Aber ich habe ihn gestern Abend nicht gesehen.“

„Wo warst du dann?“

„Warum sollte ich es dir sagen?“

Er grinste. „Weil ich nur so vor Charme sprühe und du mich anbetest.“

Damit traf er den Nagel auf den Kopf. „Ich war im Buchladen.“

„Warum nicht bei deinem Computerfreak?“

„Er steckt gerade mitten in einem Projekt.“

Zane wirkte alles andere als überzeugt. „Sicher. Er langweilt dich, gib’s zu. Du findest ihn öde.“

„Ich glaube, du überkompensierst wegen persönlicher Unzulänglichkeiten.“

Rob und Ted beendeten ihr Training und gingen.

„Deine Mom hat mir Kekse geschickt.“

„Sie hat erwähnt, dass sie es tun wollte.“

Nicki hielt es für Ironie des Schicksals, dass ihre Eltern beinahe so angetan von ihm waren wie sie selbst. Vielleicht war es eine genetische Veranlagung. Eine Schwäche im Familienzweig der Beaumans.

„Wann kommen sie denn nun endlich zu Besuch?“, erkundigte er sich.

„Wahrscheinlich nicht vor den Feiertagen. Ende des Monats gehen sie erst einmal auf Kreuzfahrt nach Australien und Neuseeland.“

„Du musst mich zum Dinner einladen, während sie hier sind. Ich mag deine Alten.“

„Ich auch.“

Er grinste und fragte dann: „Ist ihr Umbau fertig?“

„So gut wie. Mom hat versprochen, dass das Gästezimmer bis zu meinem nächsten Besuch fertig wird.“

Nicki war als Leben verändernde Überraschung zur Welt gekommen, nachdem ihre Eltern längst die Hoffnung auf ein eigenes Kind aufgegeben hatten. Als solche war sie von Geburt an verwöhnt worden. Als sie das College beendet hatte, waren ihre Eltern alt genug gewesen, um den Ruhestand anzutreten, und hatten Seattle gegen das sonnige Tucson vertauscht. Das gab ihr einen Vorwand, jeden Winter dem unaufhörlichen Regen zu entfliehen.

„Vielleicht besuche ich sie auch irgendwann mal“, bemerkte Zane.

„Das würde sie freuen.“

Autor

Susan Mallery

Die SPIEGEL-Bestsellerautorin Susan Mallery unterhält ein Millionenpublikum mit ihren Frauenromanen voll großer Gefühle und tiefgründigem Humor. Mallery lebt mit ihrem Ehemann und ihrem kleinen, aber unerschrockenen Zwergpudel in Seattle.

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