Die Hexenbraut und der Ritter

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Es ist die magische Nacht vor All Hallows, als Brigit eine kleine Beschwörung wagt: Im Feuer hofft sie das Gesicht ihres zukünftigen Ehemannes zu erblicken. Doch stattdessen sprengt ein Ritter hoch zu Ross durch die Flammen und nimmt sie gefangen! Er ist gekommen, um die heidnischen Bräuche auf Warehaven zu beenden - und um Brigit zu seiner Braut zu machen …


  • Erscheinungstag 12.07.2015
  • ISBN / Artikelnummer 9783733788315
  • Seitenanzahl 128
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Leseprobe

1. KAPITEL

27. Oktober 1117 – Burg Warehaven auf der Isle of Wight

Dichte Wolken zogen über den nächtlichen Himmel, reckten ihre Schwaden wie gespenstische Finger dem Vollmond entgegen. Sir Randall FitzHenry, der uneheliche Sohn des Königs, wartete geduldig unter dem Schutz ausladender Eichen auf den richtigen Moment.

Sobald der fahle Schein des Mondes völlig hinter den dunklen Wolkenmassen verschwunden war, wollte er mit seinen Soldaten Warehaven erstürmen.

Er spähte über den schmalen Feldstreifen zwischen dem dichten Wald und der Burganlage. Durch das offene Tor der Wehrmauer flackerte der Widerschein der Flammen des Freudenfeuers im Burghof.

Seit drei aufeinanderfolgenden Nächten drang das Johlen und Lachen der um das Feuer tanzenden Burgbewohner über das Feld, untermalt von rhythmischen Schlägen der Trommeln.

Der erste Teil seiner Mission war mühelos zu bewältigen. Da es auf der Insel seit den Tagen seines Großvaters keine kriegerischen Auseinandersetzungen gegeben hatte, war die Festung nur leicht bewacht – wie das offene Burgtor deutlich zeigte. Warehaven wäre eingenommen, bevor die Bewohner begriffen, dass sie überfallen wurden.

Seine Späher hatten gute Arbeit geleistet und ihm einen Lageplan des Kastells geliefert sowie Einzelheiten über die Stärke der Wachmannschaft und die Art der Feierlichkeiten.

Randall hob den Blick zum Himmel. Sein Auftrag war von Gott gesegnet – die Wolken zogen rasch dahin und würden den Mond bald verfinstern. Seine Vorhut lag auf der Lauer. Sobald der Himmel schwarz wurde, würden die Männer die Wachen am Burgtor überwältigen.

Mit Genugtuung horchte er auf das fröhliche Stimmengewirr der Feiernden. Sollten sie sich getrost belustigen. Denn dies war die letzte Nacht ihrer heidnischen Umtriebe.

Nie wieder sollten sie ihrem schamlosen Treiben frönen, trunken und ausgelassen um das Feuer tanzen und es in aller Öffentlichkeit miteinander treiben.

Und nie wieder sollten sie eine „Wilde Jagd“ veranstalten. Ein Schauder überlief ihn bei der Erinnerung an die Frau, die sie geopfert hatten. Geprügelt, zerschunden, an Leib und Seele gebrochen, war sie unter unsäglichen Qualen gestorben, mit weit aufgerissenen glasigen Augen, die nichts mehr sahen, einen stummen Schrei für ewig auf ihrem blutigen offenen Mund.

Er würde den brünstigen Hirsch in den Wäldern ausfindig machen – diesen heidnischen Gott und seine von Dämonen besessenen Gefolgsleute. Er würde dem schändlichen Treiben auf Warehaven ein für alle Mal ein Ende bereiten. Diesen Befehl würde er ohne Zögern und ohne Gnade ausführen.

Den letzten Auftrag seines Vaters und Königs – der ihm gallebitter aufstieß – würde er allerdings nur zähneknirschend erfüllen. Ihm war es bestimmt, die Loyalität der Burgbewohner zu gewährleisten, indem er die unverheiratete Hexe von Warehaven für immer an die Krone band.

Tiefe Schatten krochen über das freie Feld, als der Mond hinter dunklen Wolken verschwand. Randall hob den Arm, hielt ihn über den Kopf gestreckt, bis die Dunkelheit den letzten Lichtschimmer verschluckt hatte.

Dann senkte er den Arm, und seine Männer rückten lautlos vor.

2. KAPITEL

Vater wird uns bei lebendigem Leib das Fell über die Ohren ziehen, wenn er davon erfährt.“

Brigit of Warehaven wandte sich an ihre älteste Schwester Ailis, die ihre Befürchtung händeringend flüsterte, während Mathilda ihr ängstlich über die Schulter spähte.

Zuweilen konnte Brigit es nicht fassen, dass sie die Jüngste war, denn ihre zwei älteren Schwestern waren im Gegensatz zu ihr furchtsam und kleinmütig.

Im Grunde hatte Ailis recht. Ihr Vater würde vor Zorn schäumen, wenn er von ihrem tollkühnen Abenteuer erfuhr. Aber Brigit dachte nicht daran, sich mit ihren Schwestern im Keep zu verstecken wie drei verschreckte Hühner. Stattdessen schlug sie mit fester Stimme vor: „Dann sollten wir es ihm vielleicht nicht erzählen, Ailis.“

„Er wird es herausfinden.“

„Und was hast du schon zu befürchten? Abgesehen von Simon bin ich die Einzige, die noch unter seinem Dach und seinem Gesetz lebt.“

„Wohl wahr“, räumte Mathilda ein. „Aber denkst du etwa, unsere Ehemänner würden unseren Ausflug gutheißen?“

„Keine von uns muss mit Strafe rechnen, wenn alles gut geht.“ Brigit zog Ailis den Umhang enger um die Schultern und versteckte deren Zopf unter der Haube. „Wir müssen nur vorsichtig sein. Zieht die Kapuzen tief ins Gesicht, und keiner wird auf uns aufmerksam. Wenn uns niemand erkennt, gibt es auch kein Gerede.“

„Ich weiß nicht, Brigit …“

Sie warf Mathilda einen strengen Blick zu. „Fängst du auch noch an? Ich dachte, du willst deinen Zauber vor dem Freudenfeuer heute Nacht aussprechen?“

Mathilda senkte den Blick und zog mit der Schuhspitze Linien in den Sand. Brigit fuhr fort: „Offenbar liegt dir nicht sonderlich viel an Daniels Zuneigung.“

Mathilda straffte die Schultern. „Doch, natürlich. Ich will den Zauber ausprobieren.“

Brigit verdrehte die Augen zum Himmel über die Unschlüssigkeit ihrer Schwestern. Alle drei hatten sich einen Plan für diese Nacht zurechtgelegt. Ihr Vater, ihr Bruder und die zwei Ehemänner waren zur Jagd ausgeritten und wollten zudem auf den Ländereien nach dem Rechten sehen.

Sir Geoffrey, dem die Obhut des Kastells in Vertretung ihres Vaters übertragen war, hatte den zeitigen Beginn der jährlichen Erntedankfeiern zu All Hallows’ Eve angeordnet. In der Mitte des Burghofs loderte seit drei Nächten ein Freudenfeuer, und die Bewohner von Warehaven nutzten die Abwesenheit des Burgherrn, um jede Nacht bis zum Morgengrauen ausgelassen zu tanzen und feiern.

Brigit und ihre Schwestern hatten sich freiwillig in ihrer Kammer aufgehalten und den Riegel vorgeschoben, um sich nicht der Gefahr auszusetzen, von einem betrunkenen Wächter, der seine Grenzen vergaß, belästigt zu werden.

Nur widerwillig hatte Brigit sich in die freiwillige Gefangenschaft begeben, bis sie es nicht länger ertrug. An diesem Morgen hatte sie den Schwestern eröffnet, sie wolle sich unerkannt unters Volk mischen, um herauszufinden, ob die Zaubersprüche tatsächlich wirkten, von denen ihre Kinderfrau seit Jahren erzählte. Ihre Schwestern hatten sie inständig gebeten, keine Torheit zu begehen. Als Brigit sich jedoch weigerte, von ihrem Vorhaben abzulassen, hatten sie zugestimmt, sie zu begleiten, und sich ihrerseits einen Zauberspruch ausgedacht.

Ailis, die ihr erstes Kind unter dem Herzen trug, wollte erfahren, wie viele Kinder sie zur Welt bringen würde. Sie wollte sich ans Feuer stellen, einen Apfel an seinem Stiel so lange drehen, bis der Stiel brach. Jede volle Umdrehung bedeutete ein weiteres Kind für sie und Robert.

Mathilda, die sich Sorgen machte, ob ihre kürzlich geschlossene Ehe auch von Dauer wäre, wollte einen Liebesbann über ihren Gemahl Daniel aussprechen. Sie hatte einzelne Haare von seiner Tunika gesammelt und sie mit einigen Strähnen ihrer Haare zusammengeflochten. Man sagte, dass, wenn sie den Zopf ins Feuer würfe, Daniel und sie in ewiger Liebe zueinander entbrennen würden.

Da Brigit als Einzige unverheiratet war, redeten ihre Schwestern ihr ein, sie würde das Bildnis des Mannes im Feuer sehen, den sie im Laufe des kommenden Jahres kennen und lieben lernen würde. Sie musste sich nur ein paar Schritte vom Feuer entfernen, einen Blick über die Schulter werfen und sein Bild in den Flammen sehen.

Brigit hatte sich in letzter Zeit sehr darum bemüht, ihr ungestümes Naturell zu zügeln. Aber der Kitzel, etwas Verbotenes zu tun, war zu erregend, um davon zu lassen.

„Seid ihr bereit?“ Ailis’ dünne Stimme klang eher mutlos, und Brigit wusste, wenn sie jetzt zögerte, würden ihre Schwestern vollends den Mut verlieren.

„Ja, es ist Zeit.“ Brigit zog die Kapuze tiefer in die Stirn und führte die Schwestern, die ihr dicht folgten, zum Feuer. Sie hörte Mathildas aufgeregtes Kichern und Ailis’ gehetzte Ermahnungen hinter sich.

„Hoho, wen haben wir denn da?“ Ein Wächter näherte sich schwankend, der Bierdunst seines Atems eilte ihm voraus.

Brigit zog ihren Dolch aus dem Umhang und richtete ihn in die Lendengegend des Betrunkenen. „Bleib uns vom Leib!“ Zu ihrer Verwunderung klang ihre Stimme laut und streng, da sie befürchtet hatte, vor Herzklopfen kaum ein Wort hervorzubringen.

Und zu ihrer Erleichterung gehorchte der Kerl. Er starrte verdutzt auf das Messer, bevor er achselzuckend kehrtmachte, um nach einer willigen Gefährtin Ausschau zu halten.

„Er hat uns erkannt.“ Ailis zerrte an Brigits Ärmel. „Hast du gehört? Wir sind verloren.“

„Hör auf!“ Brigit schlug ihr die Hand weg. „Hast du seinen Bierdunst nicht gerochen? Der Kerl hätte nicht einmal seine eigene Mutter erkannt.“ Sie verzichtete darauf, hinzuzufügen, dass er auch seine eigene Ehefrau nicht erkannt hätte, aber seine Treulosigkeit sollte ihre Sorge nicht sein.

„Was ist das denn?“ Mathildas geflüsterte Frage brachte alle drei zum Stehen.

Brigit blickte in die Richtung, in die der zitternde Finger wies. Argwöhnisch näherte sie sich einem Stapel seltsam geformter bauchiger Geflechte.

Ailis griff an Brigit vorbei nach ein paar losen Lederriemen an einer seitlichen Öffnung eines Korbes. „Käfige?“

Brigit hob einen hoch und drehte ihn um. Schilfgräser und Weiden waren zu einer groben Form geflochten, die einer … einer Kuh glichen? Ein anderer ähnelte der Form eines Schweins. Sie stellte den Korb wieder ab. „Ja, aber zu welchem Zweck?“

Eine Frau, die Brigit nicht kannte, näherte sich eiligen Schritts dem Stapel, in einer Hand hielt sie ein flatterndes Huhn am Hals. Wortlos steckte sie das gackernde Federvieh in den Käfig, band die Öffnung zu und trug ihn zum Feuer.

Mathilda krallte die Hand um Brigits Ärmel. „Sie wird doch nicht …“

Die Frau warf den Käfig in hohem Bogen in die lodernden Flammen und machte Mathildas Frage überflüssig.

„Barmherziger Vater im Himmel.“ Ailis bekreuzigte sich und klammerte sich ebenfalls an Brigits Arm. „Wir müssen weg von diesem unseligen Ort.“

„Weg von diesem Ort?“ Brigit schüttelte die Hände ihrer Schwestern ab. „Das ist unser Zuhause.“

„Ich meine den Burghof. Brigit, wir sollten nicht hier sein.“

„Das wusstest du, bevor wir unsere Kammer verließen.“

„Aber da wussten wir noch nicht, dass die Leute heidnische Opfer bringen.“ Vor Angst war Mathildas Stimme lauter und schriller geworden.

„Sprich leise.“ Brigit drehte sich zu ihren Schwestern um. „Was dachtet ihr denn, was sie tun? Wenn ihr euch benehmt wie kleine Kinder, lauft zurück in eure Kammer. Ich jedenfalls bleibe und schau mir das an.“

Die Hitze des Feuers schlug ihr in den Rücken. Das Gejohle und Gelächter der ausgelassen feiernden Menschen war ohrenbetäubend. Das rhythmische Schlagen der Trommeln, begleitet von hellen trällernden Flötenklängen, zog sie magisch an, drängte sie näher zu dieser verbotenen Belustigung.

Brigit sorgte sich zwar um ihr Seelenheil, aber ihre Neugier zu erfahren, was die Leute von Warehaven hier trieben, die Verlockung der Musik und die wilden, ausgelassenen Tänze übten einen unwiderstehlichen Sog auf sie aus.

„Ich bin kein Kind“, schnaubte Ailis beleidigt und näherte sich der trinkenden und singenden Menge, gefolgt von Mathilda. Alle drei schoben sich durch das Gedränge bis nahe ans Feuer.

Ailis öffnete den Beutel an ihrem Gürtel, holte den Apfel hervor und schloss die Augen. Dann drehte sie den Apfel am Stiel, drehte ihn wieder und wieder.

Bei der sechsten Umdrehung riss sie die Augen auf, die beinahe so groß waren wie der Apfel. „Oh nein, bitte nein“, jammerte sie und versetzte dem Apfel einen weiteren, diesmal energischen Stoß.

Der Stiel brach, und Ailis taumelte, den Tränen nahe, ein paar Schritte rückwärts. „Sieben?“, entfuhr es ihr entsetzt, und dann schlug sie heftig nach Brigit. „Das ist nur deine Schuld!“

„Ja, natürlich. Habe ich dich etwa gezwungen, den Stiel so leicht zu drehen, damit es lange dauert, bis er endlich abfällt?“

Mathilda schob sich zwischen die beiden. „Jetzt bin ich dran.“ Die flackernden Flammen spiegelten sich im Glanz ihrer Augen.

Brigit indes hatte plötzlich das unheimliche Gefühl, als strecke sich ihr ein eisiger Finger aus den Flammen entgegen. Ihre feinen Nackenhärchen sträubten sich. Jemand beobachtete sie. Sie drehte sich um und sah sich Warehavens Burgvogt Sir Geoffrey gegenüber. Bestürzt über den stechenden Blick seiner funkelnden Augen wich Brigit zurück wie vor einer stummen Drohung.

Wieso wagte es der Gefolgsmann ihres Vaters, sie anzustarren, als wolle er sie verschlingen … oder Schlimmeres? Seine dreiste Musterung war höchst ungehörig und unangebracht. Eine stumme Aufforderung, die Brigit ausgesprochen anstößig fand.

Brüsk wandte sie sich ihren Schwestern zu und hoffte, er habe ihre Ablehnung begriffen.

Eine behandschuhte Hand legte sich auf ihre Schulter. „Es ist mir eine Ehre, dass Ihr uns die Gunst Eurer Anwesenheit schenkt.“ Sein fauliger Atem streifte ihre Wange. „Aber Ihr seid gewiss nicht nur als Zuschauer gekommen, wie?“

Erschrocken über Geoffreys Kühnheit, wagte Brigit keine Erwiderung, in der Hoffnung, er würde sie zufriedenlassen. Würde sie ihn zur Rede stellen und ihn ihren Unmut spüren lassen, würde sie die Aufmerksamkeit der Leute auf sich und ihre Schwestern ziehen. Bislang hatte niemand eine Bemerkung über ihre Anwesenheit gemacht, und so sollte es auch bleiben. Brigit wandte sich wortlos ab.

Mathilda und vier andere Frauen schienen ihre jeweiligen Zaubermittel miteinander zu vergleichen, bevor sie die Zöpfe mit einem Jubelschrei ins Feuer warfen und kichernd zurück in die Zuschauermenge liefen.

Brigit schüttelte Geoffreys Hand ab und gesellte sich zu Ailis und Mathilda. Zu ihrer Erleichterung folgte er ihr nicht, entfernte sich aber auch nicht.

„Nun?“, fragte Ailis, deren Aufregung wuchs. „Wirkt der Zauber? Spürst du es schon?“

Mathilda rekelte sich wie eine zufriedene Katze und strich mit gespreizten Fingern über ihren Körper, streckte die Arme in den Nachthimmel, und dann lachte sie hell. „Oh ja. Ich bin sicher, der Zauber wirkt. Ich fühle mich … irgendwie anders. Lebendiger. Verführerisch. Ich bin sicher, Daniel wird wieder in Liebe zu mir entbrennen.“

Jede Frau würde sich bei Musik und Tanz im Bannkreis eines Freudenfeuers mit all den fröhlichen Menschen lebendig und verführerisch fühlen, dachte Brigit bei sich. Aber vielleicht hatten auch Mathildas Wunsch und ihr Glaube an den Zauber Glücksgefühle in ihr geweckt.

„Du bist dran, Brigit.“ Mathilda nahm sie bei der Hand und zog sie näher ans Feuer.

Ailis folgte den Schwestern gut gelaunt. „Ich kann es kaum erwarten, wer dein Auserwählter sein wird.“

Aus den Augenwinkeln nahm Brigit wahr, wie Geoffrey kehrtmachte. Zu ihrem Entsetzen entfernte er sich jedoch nicht, sondern umrundete das Feuer. Ahnte er etwas von ihrer Absicht? Das Gesicht seines Liebsten im Feuer zu sehen, war ein uraltes, weitverbreitetes Märchen. Wollte er dafür sorgen, dass sie ihn durch den Schein der Flammen sah?

Sie schüttelte den Kopf. Das hatte keine Bedeutung. Selbst wenn ihr Blick auf ihn fallen sollte, wäre er niemals ihre wahre Liebe. Sie hatte wenig Sympathien für Geoffrey. Er war hochmütig, anmaßend und voller Eigendünkel. Abgesehen von seiner herrischen Art spürte sie etwas unheimlich Lauerndes im Blick seiner goldbraunen Augen. Etwas Böses, das ihr das Blut in den Adern gefrieren ließ.

Sollte er getrost tun, was er wollte. Sie fürchtete nicht, je seine Gemahlin oder Geliebte zu werden.

Brigit verdrängte Geoffrey aus ihren Gedanken und näherte sich zögernd dem Feuer. Mit jedem Schritt schlug ihr Herz schneller. Das Blut rauschte ihr in den Ohren. Und dann begann ihr Körper sich wie von selbst zum Rhythmus der Trommelschläge zu wiegen.

Zwei junge Frauen aus dem Dorf gesellten sich zu ihr. Alle drei lachten sie verschämt, nickten mit den Köpfen und begannen, die Füße im Takt der Musik in kleinen Schritten zu setzen.

Brigit legte ihren roten Umhang ab, warf ihn ihren Schwestern zu und versuchte, sich den Tanzschritten der Frauen an ihrer Seite anzupassen. Schwingende Hüften, kleine Schritte nach links und rechts, seitliches Neigen der Köpfe, Drehungen und wieder kleine Schritte mit schwingenden Hüften, die sie dem Feuer näher brachten. Derbe Zurufe der Männer und ermunternde Frauenstimmen aus der Zuschauermenge feuerten sie an.

Nun vergaß Brigit alle Hemmungen, gab sich dem berauschenden Gefühl hin, das sie durchflutete, schloss die Augen und wiegte sich selbstvergessen im Takt der Musik.

Zwei Schritte vor, einen zurück. Eine Drehung, Hüftschwung, Aufsetzen der Schuhspitze und wieder zwei Schritte nach vorne.

Das Prasseln und Fauchen der Flammen dröhnte ihr in den Ohren, schloss alle anderen Geräusche aus. Sie ließ die Hände an ihrem Körper entlanggleiten. Ihre Haut begann unter ihrer Berührung zu prickeln.

Sie und die beiden Frauen wiederholten ihre verführerischen Bewegungen und näherten sich einen weiteren Schritt dem Feuer.

Ein triebhaftes Verlangen stieg in Brigit hoch, von den Armen eines Mannes umfangen zu sein, sich nackt unter ihm zu winden, von ihm ausgefüllt zu werden, eine Sehnsucht so stark, dass sich ihrem geöffneten Mund ein lustvolles Stöhnen entrang.

Die nächste schwingende Drehung, zwei Schritte nach rechts und zwei nach links brachten sie dicht ans Feuer. Die zwei Mädchen aus dem Dorf wirbelten im Kreis herum und entflohen lachend der Hitze in die offenen Arme ihrer Männer.

Plötzlich allein vor dem Feuer gelassen, legte Brigit den Kopf in den Nacken, wild entschlossen, den Zauber zu Ende zu führen. Sie führte eine halbe Drehung aus und warf einen Blick über die Schulter.

Die jubelnde Begeisterung der Menge schlug plötzlich in Schreie der Angst und des Entsetzens um, die sie zu Eis erstarren ließen.

Autor

Denise Lynn

Als große Verfechterin ihrer Träume und dem Glauben an ein Happy End, lebt Lynn Denise mit ihrem Ehemann und einem Streichelzoo, bestehend aus einem Hund und sechs Katzen im Nordwesten Ohios. Denise las Bücher bevor sie Fahrrad fahren konnte. Sie lernte deswegen sehr früh, wenn ein Buch nicht leicht...

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