Ein Star für Jade

– oder –

 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

Der Schauspieler Mack Reese kommt an Bord, um für seinen nächsten Film zu recherchieren! Jade kann nicht verstehen, wieso sich die weiblichen Crewmitglieder ihres Schiffes in heller Aufregung befinden. Bis der Filmstar vor ihr steht und sie in seine leuchtend blauen Augen blickt …


  • Erscheinungstag 13.01.2018
  • ISBN / Artikelnummer 9783733755041
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

„Ist er schon hier?“

Jade Parker traute ihren Ohren nicht, als sie die Kabine des Captains betrat. Ausgerechnet der Mann, der gegen diesen ganzen bevorstehenden Zirkus immun sein und sich nur um die USS Baddager kümmern sollte, stellte ihr diese Frage. Außerdem hatte der Captain die weiße Ausgehuniform der Navy angezogen. Vermutlich war sie selbst der einzige Offizier an Bord, der heute nicht „die Weiße“ trug. Der missbilligende Blick des Captains auf ihre Khakiuniform war ein deutlicher Wink, dass sie es sich noch einmal überlegen sollte.

„Nein, Sir, er ist noch nicht eingetroffen.“ Und wenn sie Glück hatte, fiel der unerwünschte Gast ins Hafenbecken, bevor er an Bord ging. „Hier ist das Protokoll der Übung auf dem Hauptdeck. Wie Sie sehen, habe ich jene Änderungen angestrichen, die wichtig sind, damit wir die Inspektion bestehen. Darunter liegen die neuen technischen Anweisungen für den Einsatzfall. Der Chefingenieur hat bereits unterschrieben.“

Der Captain warf kaum einen Blick auf die Papiere und legte sie ab. Und dafür war Jade bis zwei Uhr morgens wach geblieben …

„Ist die Kabine vorbereitet?“

„Ja, Sir, und der von Ihnen gewünschte zusätzliche Schreibtisch wurde in mein Büro gestellt.“

„Gut.“ Der Captain zupfte ein Fädchen von der Weißen und strich die Taschen glatt. „Wenn das alles ist, Lieutenant Parker, können Sie gehen. Bestimmt möchten Sie gleich die Uniform wechseln und Posten auf Deck beziehen, bevor unser Gast eintrifft. Verständigen Sie mich sofort, wenn er da ist.“

Das war doch ein Scherz! Sie war vollauf beschäftigt, sollte aber auf dem Achterdeck herumhängen wie ein Groupie, bis der große Star sich herabließ zu erscheinen? Dieser Befehl passte ihr ganz und gar nicht, doch leider kam er vom Captain, und daher gab es nur eine einzige mögliche Antwort.

„Aye, aye, Sir.“

Jade drückte die Tür zum Lazarett auf und ging an zwei wartenden Matrosen vorbei zum Lazarettgehilfen hinter dem Pult der Anmeldung. „Ist Frau Doktor frei?“

„Ja, Ma’am, sie hat soeben die Visite beendet. Gehen Sie direkt hinein.“

Jade bog um die Ecke, betrat Karins Büro und ließ sich auf den Stuhl vor dem Schreibtisch fallen. „Ich brauche sofort Valium.“

Karin lächelte. „So schlimm kann es doch nicht sein.“

Jade legte den entblößten Unterarm auf den Schreibtisch. „Keine Pillen, Doc, sondern das pure Zeug. Ein ganzer Infusionsbeutel sollte reichen.“

„Jade“, erwiderte Karin lachend, „er ist noch nicht einmal hier … oder doch?“

Jade runzelte bei dem hoffnungsvollen Klang der Stimme ihrer Freundin die Stirn. „Nein, nicht du auch noch! Du hast geschworen, dass du nicht durchdrehst. Von mir aus können ihm auf diesem Kahn alle sonst wohin kriechen, aber du nicht!“

Karin wischte die Lachtränen mit einem Taschentuch weg, warf es in den Papierkorb und strich sich das kurze blonde Haar zurück. „Lieber Himmel, ist das eine reine Wonne, dich zu quälen.“

Jade seufzte. Sie war ihrer Freundin auf den Leim gegangen, nicht zum ersten und sicher auch nicht zum letzten Mal. „Schön, dass du dich auf meine Kosten amüsierst.“ Sie warf einen Blick auf die dampfende Tasse auf dem Schreibtisch. „Na gut, wenn du mir schon kein Valium gibst, wie wäre es dann mit Koffein?“

Karin warf einen Blick auf die Wanduhr und schob die Tasse über den Tisch. „Hast du dafür überhaupt Zeit? Der Captain hat doch gesagt, dass unser Gast jetzt eintrifft.“

Jade nahm dankbar einen Schluck von dem starken Gebräu. „Auf den Captain kann man sich auch nicht mehr verlassen. Er hat sich mit dem gleichen Virus angesteckt wie die gesamte Mannschaft. Du hättest ihn sehen sollen. Er hat vorhin fast gesabbert. Vermutlich ertrinken wir in Sabber, bevor der Kerl überhaupt an Bord ist.“

„Der Kerl hat einen Namen.“

Jade starrte finster in die Tasse. „Erinnere mich bloß nicht daran. Ich versuche, ihn zu vergessen.“

„Keine gute Idee. Schließlich ist es deine Aufgabe, ihn in den nächsten sechs Wochen glücklich zu machen.“

„Eigentlich habe ich eine Menge anderer Dinge zu erledigen. Was soll ich denn deiner Meinung nach für unseren Macbeth ausfallen lassen? Die Löschübungen? Oder die Simulation eines Wassereinbruchs? Da wäre auch noch die Übung für einen Chemieunfall.“ Jade stärkte sich mit einem kräftigen Schluck. „Nein, warte! Warum sagen wir nicht alles ab? Wen interessiert es, ob das Schiff einsatzbereit ist? Die Landesverteidigung ist bei weitem nicht so wichtig wie ein zweitklassiger Schauspieler.“

„Komm, Jade, so schlecht ist er nicht. Er ist sogar ziemlich gut, und das wüsstest du auch, hättest du seinen Film gesehen.“

„Das ist nur ein lausiger Slasher-Streifen, schön blutig und eklig. Dafür bekommt er bestimmt keinen Oscar. Warum hat man ihn ausgerechnet mir aufs Auge gedrückt? Ich will den Job nicht.“

„Genau deshalb wurde er dir zugeteilt“, entgegnete Karin lachend. „Du bist der einzige Offizier, der sich nicht den ganzen Morgen vor dem Spiegel herausgeputzt oder eine Liste von Seemannsgeschichten geschrieben hat, auf der er ein Autogramm haben will.“

„Du hast dich auch nicht herausgeputzt.“

„Ich habe diesen sagenhaften Blondschopf mit den himmlisch blauen Augen auf der Leinwand gesehen, meine Süße“, sagte Karin amüsiert. „Hätte ich nicht Visite machen müssen, hätte ich mich sicher herausgeputzt.“

Jade warf einen Blick auf ihre Uhr und stand auf. „Mist. Ich muss mich umziehen. In fünfzehn Minuten verkaufe ich nämlich Eiscreme auf dem Achterdeck, und dafür muss ich ganz in Weiß strahlen. Danke fürs Koffein. Ich stehe tief in deiner Schuld.“

„Besorge mir ein Autogramm, und wir sind quitt.“

Jade hob drohend die Hand. „Ich gebe dir gleich ein Autogramm auf deinem …“

„DCA, bitte aufs Achterdeck“, tönte es durch die Krankenstation.

Jade blickte gespielt traurig zum Lautsprecher hinauf. „Wie schade! Keine Zeit mehr zum Umziehen.“

„Wenigstens ist der Kerl pünktlich“, stellte Karin fest. „Daraus kannst nicht einmal du ihm einen Vorwurf machen.“

Jade lächelte grimmig. „Und ob! Wollen wir wetten?“

Reese blieb am Ende des Kais stehen und betrachtete das graue Ungetüm auf dem Wasser. Er wollte nicht hier sein. Ganz sicher nicht.

Leider musste er die nächsten sechs Wochen auf diesem Schiff verbringen, obwohl er sich geschworen hatte, nie wieder eines zu betreten. Er versuchte, die Erinnerungen zu verdrängen, doch mit jedem Schritt die Metalltreppe hinauf verstärkte sich der Druck auf seiner Brust.

Nicht daran denken!

In Gedanken ging er seine Lügengeschichte durch, während ihn seine Cowboystiefel in dieses schwimmende Gefängnis trugen. Er war Mack Reese, bekannter Schauspieler, dreißig Jahre alt und an Bord, um …

„Gesicht zum Heck und stillgestanden!“

Reese hatte das Deck fast erreicht, erstarrte und betrachtete die Reihe weißer Uniformen und die einzelne Khakiuniform. „Wie bitte?“

Der Befehl kam von der Person in Khaki. „Ich sagte, Gesicht zum Heck und stillgestanden!“

Dieser Stimme musste man einfach gehorchen. Er biss zwar die Zähne zusammen, gehorchte jedoch und fragte sich, warum er das überhaupt tat. Er drückte den Rücken durch und schaffte es, Haltung anzunehmen … schaffte es fast, Haltung anzunehmen.

„Sehr gut.“

Er lächelte bei dem zufriedenen Klang der leicht heiseren Altstimme. Offenbar hatte er einen Pluspunkt erzielt, indem er die Ehrenbezeugung für die Flagge richtig gemacht hatte. „Soll ich auch salutieren?“

„Nein.“

Der Pluspunkt war futsch.

„Wenden Sie sich an den Deckoffizier, den Mann mit den beiden goldenen Streifen auf den Schulterklappen, nennen Sie Ihren Namen und bitten Sie um Erlaubnis, an Bord kommen zu dürfen.“

Reese führte eine perfekte Rechtsdrehung aus.

„Sogar sehr gut.“

Er musste lächeln und verlor prompt wieder auch diesen Pluspunkt. „Mack Reese. Erbitte Erlaubnis, an Bord kommen zu dürfen, Sir.“

Der Deckoffizier nickte. „Erlaubnis erteilt.“ Er streckte Reese die Hand hin, als dieser das Schiff betrat. „Lieutenant Greg Coffey. Willkommen an Bord, Mr. Reese.“

Reese gab ihm die Hand.

„Lieutenant Coffey muss Ihr Gepäck überprüfen.“ Das war wieder die Khakiuniform.

Reese schaffte es gerade noch, die Tasche von der Schulter zu nehmen und sie in die Richtung von Lieutenant Coffey zu halten. Lieber Himmel, in dieser Khakiuniform steckte kein weiblicher Offizier. Das war auch keine Frau, sondern eine Nymphe, eine Meeresjungfrau mit Beinen, schlank und kurvenreich, mit großen grauen Augen, sündig vollen Lippen und einem energischen Kinn.

Die Rundungen unter der unansehnlichen Khakibluse und die schmale Taille, die durch die Gürtelschnalle aus Messing betont wurde, bewiesen, dass sich die alten Griechen geirrt hatten. Aphrodite war nicht dem Schaum der Meeresbrandung entstiegen, sondern stand hier vor ihm auf dem stählernen Deck eines modernen Schiffes der US-Marine.

„Macbeth!“

Die scharfe Anrede riss ihn aus seinen Gedanken. Reese richtete den Blick wieder auf ihr Gesicht. Sagenhafte graue Augen unterhalb einer roten Schirmmütze mit der Aufschrift „USS Baddager, AD 52“. War ihr Haar so schwarz wie die Wimpern?

„Mein Name ist Reese, Mack Reese.“ Er schenkte ihr ein Lächeln. „Aber Sie können mich Reese nennen.“

Sie reichte ihm die Hand und zog sie nach einem festen Druck rasch wieder zurück.

„Seine Sachen sind sauber, Lieutenant Parker.“

So hieß also Aphrodite. Reese nahm seine Reisetasche wieder an sich und prüfte dabei das Achterdeck und die Sicherheitsvorkehrungen.

Lieutenant Coffey deutete auf die Tasche. „Tut mir Leid, Sir, Vorschrift. Jeder Gegenstand, der auf ein Schiff der Navy gebracht wird, muss überprüft werden.“

„Verstehe.“

„Übrigens, falls Sie Ihren Walkman an eine Steckdose anschließen wollen, muss er vorher von einem Elektriker kontrolliert werden.“

Reese entdeckte den Wachoffizier. Er hatte eine Pistole, Kaliber 45 umgeschnallt. Jetzt war wichtig, ob sie auch geladen war. Lächelnd wandte Reese sich an Lieutenant Coffey. „Nein, ich benütze nur Batterien. Also, was steht auf dem Programm? Wann und wo fange ich an?“

„Hier und jetzt.“ Das war wieder Aphrodite. „Sie beginnen mit einer Besichtigung des Schiffes, Mr. Reese – ein Schnellkurs in Sachen Seefahrt, wenn Sie so wollen. Die Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit ist der Ansicht, dass dieses Projekt, wenn es schon von der Navy übernommen wird, in jeder Hinsicht unterstützt werden sollte.“

Reese nickte. „Und wie wird es unterstützt?“

„Sie erhalten einen ständigen Begleiter, der Ihnen an Bord der Baddager zur Hand geht, Sie herumführt, Ihre Fragen beantwortet und Ihnen beim Rollenstudium hilft.“

„Sie meinen, ich bekomme einen Babysitter“, stellte er amüsiert fest.

„Ich würde es nicht so ausdrücken.“

Doch, genau so würde sie es ausdrücken. Reese hatte außerdem den Eindruck, dass sie zögerte. „Und wer ist dieser Babysitter?“

„Es ist eine ständige Begleiterin.“

Reese hielt den Atem an. Vielleicht, wenn Sterne und Planeten eine perfekte Konstellation bildeten, vielleicht lächelte ihm dann das Glück und belohnte ihn dafür, dass er diesem elenden Plan überhaupt zugestimmt hatte.

„Ich.“

Er stieß den angehaltenen Atem aus. Nun war die Welt wieder in Ordnung, und er war zufrieden.

Nur Aphrodite war es nicht. Sicher, sie bemühte sich sehr, es nicht zu zeigen, aber sie lächelte etwas zu steif, hielt sich etwas zu stramm und sah ihn etwas zu abweisend an.

„Captain an Deck!“

Reese ging mit einem strahlenden Lächeln auf ihn zu.

„Mr. Reese! Mack! Willkommen an Bord! Hoffentlich haben Ihnen meine Leute schon gesagt, was für eine Ehre es ist, Sie auf der Baddager zu haben.“

Reese drückte dem Captain die Hand. „Ja, Sir, das haben sie. Lieutenant Parker hat mir soeben versichert, wie sehr sie sich darauf freut, mir beim Rollenstudium zu helfen.“

„Gut, gut.“ Der Captain drehte sich um. „DCA, habe ich Sie nicht gebeten, mich sofort zu verständigen, sobald Mr. Reese eintrifft?“

Reese störte sich am tadelnden Ton des Captains. „Das ist meine Schuld, Sir. Ich habe den Lieutenant mit Beschlag belegt, seit ich an Bord gekommen bin.“

Sie schoss ihm einen scharfen Blick zu. Reese zuckte mit den Schultern.

Der Captain lächelte wieder. „Nun ja, jetzt sind Sie jedenfalls hier. Vermutlich wollen Sie Ihre Sachen unterbringen, bevor der DCA Sie herumführt. Möchten Sie mit mir in meiner Kabine essen?“

Eigentlich nicht, aber beim Mittagessen konnte Reese damit anfangen, sich über die Besatzung der Baddager zu informieren, und das machte er am besten beim Kommandanten. „Es wird mir eine Ehre sein, Sir.“

„Gut.“ Der Captain nickte. „DCA, ich erwarte Sie um 12.30 Uhr in meiner Kabine.“ Alle salutierten, und fort war er.

Reese folgte seiner ständigen Begleiterin, die eine schwere ovale Tür öffnete und vorausging. „Wieso nennt er Sie DCA?“

Sie drehte sich nicht einmal auf dem schmalen Niedergang um. „Weil ich das bin. Damage Control Assistant, DCA, zuständig für Schadensbegrenzung. Viele Offiziere auf einem Schiff werden ihrer Position entsprechend angeredet.“

Sie nickte einem anderen Offizier in Khakiuniform zu, der grüßend vorbeiging. „Das ist Ops, Operations Officer. Er für die Orientierung bei der Fortbewegung des Schiffes zuständig – Navigation, Radar, Kommunikation, die gesamte Elektronik der Orientierung eben. Ich arbeite für den Cheng, Chief Engineer. Der Chefingenieur ist für die mechanische Seite der Fortbewegung verantwortlich – Kessel, Turbinen, alles, was zum Antrieb gehört.“

Sie bogen um eine Ecke. Plötzlich wurde es im gesamten Schiff schwarz. Eine unheimliche Stille trat ein. Reese spannte sich an, als seine Begleiterin ihm die Hand auf den Unterarm legte.

„Ganz locker“, sagte sie leise lachend und löste bei ihm erotische Fantasien aus.

Sie beide in der Dunkelheit – in einem Bett, an die Wand gelehnt, auf dem Fußboden. Wo und wie spielte keine Rolle, wenn er nur ihre Hände am Körper spürte und nicht nur auf dem Unterarm. Auch auf der Brust, am Bauch, an den Hüften, zwischen den Schenkeln und am …

Das Schiff vibrierte, und im nächsten Moment gingen die Lichter wieder an. Gleichzeitig setzten sämtliche Geräusche von Motoren, Ventilatoren und anderen Geräten ein.

Aphrodite zog die Hand zurück und ging weiter. „Das Schiff wurde auf Stromversorgung von Land umgeschaltet. Wir erzeugen nur unterwegs unseren Saft selbst.“

„Und was ist dabei passiert? Hat jemand einen Finger in eine Lampenfassung gesteckt?“

Sie fand das gar nicht lustig.

Er schaffte es nicht, ein breites Lächeln zu unterdrücken.

„Hören Sie, Macbeth …“

„Reese. Ich sagte Ihnen schon, dass ich Mack Reese heiße.“

„Hören Sie, Macbeth, ich weiß nicht, wie Sie die Sache sehen, aber dies hier ist kein Spiel, und mein Schiff ist nicht Ihr Spielzeug.“

„Ihr Schiff?“ Es machte viel Spaß, sie zu ärgern. „Ich dachte, es wäre das Schiff von diesem Typen.“ Er deutete mit dem Daumen zum Deck. „Von dem mit dem Rührei auf dem Hut.“

Sie blieb am Fuß einer Stahlleiter stehen, und er wäre beinahe gegen sie geprallt und musste sich abstützen. Ihr Blick war geradezu tödlich, als er sie dabei streifte. Hastig zog er die Hände zurück.

„Dieser Hut ist eine Mütze, das Rührei ist Blattgold, und dieser Typ ist ein Captain, Captain White, um genau zu sein. Ich schätze zwar seine Idee nicht, Sie herzuholen, damit Sie unser Image in einer Fernsehserie lächerlich machen, aber täuschen Sie sich nicht, Mister. Das ist mein Schiff. Ich trainiere die Mannschaft in Brandbekämpfung. Ich kümmere mich um die Lecks des Schiffes, und ich schicke die Schweißer los, die es flicken. Ich sorge hier sogar für saubere Luft, wenn mal wieder Chemikalien zum Himmel stinken.“

Reese sah ihr fassungslos nach, als sie die Leiter hinaufdonnerte. Der Instinkt sagte ihm, dass sie nicht die Person war, die er suchte. Bei einem solchen Wesen konnte sie es gar nicht sein. Doch er durfte nicht auf den Instinkt achten. Noch hatte er nicht den geringsten Beweis. Und er kannte nicht mal ihren Vornamen.

„DCA, warten Sie!“ Er nahm jeweils drei Sprossen auf einmal und holte sie ein, als sie einen Schlüssel ins Schloss einer der schmalen grauen Türen des Korridors rammte.

Sie stieß die Tür auf und deutete in die winzige Kabine. „Hier wohnen Sie für die Dauer Ihres Aufenthalts. Willkommen.“ Das letzte Wort war eindeutig nicht so gemeint, wie es klang.

„Wollten Sie mir nicht alles zeigen?“

Ihre Wangen wurden fast so rot wie ihre Mütze. Sie war herrlich leicht zu ärgern. Er hütete sich jedoch zu lachen, als sie die Kabine mit dem erbsengrünen Teppichboden betrat.

„Nun gut, wenn Sie es so wünschen. Dies ist Ihre Pritsche, dies ist Ihr Schreibtisch, dies Ihr Stuhl und dies ist Ihr Waschbecken. Toilettenartikel können Sie hinter dem Spiegel verstauen.“ Sie deutete auf die Einbauwand. „Dies sind Ihre Schubladen, dies ist Ihr Schrank.“ Danach trat sie an die offene Luke und tippte auf ein darunter hängendes Schild, das ein großes D mit einem schwarzen Z darin zeigte. „Dieses Symbol nennt man Dog Zebra. Während der Fahrt müssen alle Türen, Luken und Schotts mit diesem Symbol von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang geschlossen werden.“

„Warum?“

Sie sah ihn abweisend an. Vielleicht sollte er sie für sich gewinnen. Das hätte seine Aufgabe erleichtert, sofern sie ihre Pflichten als Babysitter ernst nahm. Also lächelte er, doch seltsamerweise strahlte sie daraufhin noch mehr Kälte aus. Es versuchte es anders. „Tut mir Leid.“

Das klappte auch nicht. Was nun?

„Hören Sie, Macbeth, wir beide wissen, dass Sie einige Fäden gezogen haben, um diese Nummer hier abzuspulen. Obwohl ich kaum Zeit habe, mir die Schuhe zuzubinden, muss ich die glückliche Marionette spielen. Warum kommen Sie nicht gleich zur Sache und sagen mir, was Sie wirklich wollen?“

Das war eine gefährliche Frage. Andererseits hatte er eine gefährliche Aufgabe vor sich. Darum war es besser, er setzte den DCA für seine Zwecke ein. „Nehmen Sie die Mütze ab.“

Sie zog die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen. „Warum?“

„Vielleicht höre ich dann auf, Fäden zu ziehen?“

Unter dem Mützenschirm hervor sah sie ihn starr an, bis er schon dachte, sie würde seinen Wunsch nicht erfüllen. Doch endlich nahm sie die Mütze langsam ab. Und er hielt den Atem an, als er die Stirnfransen sah, die fast bis zu den Augen reichten.

Schwarz. Ihr Haar war schwarz!

Es war genau von jenem bläulich schimmernden Schwarz, das ihn seit der sechsten Klasse heiß machte, und im Moment war ihm so heiß, dass er vermutlich gleich zu rauchen begann.

„Gefällt Ihnen, was Sie sehen?“, fragte sie herausfordernd.

„Ja.“ O ja, und wie. Doch während sie den Blick über seinen Körper gleiten ließ, als könnte sie durch T-Shirt und Jeans hindurchsehen, dachte er daran, dass sie nur ein Mittel zum Zweck war, nichts weiter.

Endlich sah sie ihm wieder ins Gesicht. „Mir auch. Nächste Frage.“

Es war erschreckend, wie leicht er vergessen konnte, warum er hier war. „Wie heißen Sie?“

„Jade.“

Fasziniert beobachtete er, wie sie sich mit der Zungenspitze über die Lippen fuhr. Es war höchste Zeit, das Spiel zu beenden, bevor es außer Kontrolle geriet. „Gut, Jade, dann lassen Sie mich auspacken, sonst schaffen wir es nicht zum Essen beim Captain. Den Zebra Dog können Sie mir später erklären.“

Im nächsten Moment verwandelte sie sich wieder in den strengen Lieutenant, was ihm gar nicht gefiel, setzte die Mütze auf und sah auf ihre Sportuhr. „In Ordnung. Ich hole Sie in zwanzig Minuten ab.“

Sobald er allein war, öffnete er die Einbauwand. Wie in allen Offizierskabinen gab es einen Safe. Reese stellte die Kombination neu ein, setzte sich aufs Bett, das Jade Pritsche genannt hatte, und zog die Stiefel aus.

Ja, seine Tasche war sauber, aber er nicht. Er holte seine Sachen aus den Stiefeln und versteckte sie im Safe.

2. KAPITEL

Jade schloss die Tür ihrer Kabine und lehnte sich bebend dagegen.

Reese … Mack Reese!

Wie sollte sie die nächsten sechs Wochen in der Nähe dieses Mannes überstehen? Sie hatte ja kaum dreißig Minuten überstanden, und letztlich gerettet hatte sie nur der Gedanke an ihren Vater. Er war zwar weit weg, aber sie hörte trotzdem noch seine Warnung, an Bord nie zu zeigen, dass sie eine Frau war. Sie musste ein Offizier wie jeder andere sein, jemand, den man respektierte.

Gegen diese Regel hatte sie verstoßen, und prompt sehnte sie sich nach einem Mann. Aber nach was für einem Mann!

Das Komische daran war, dass sie Blonde überhaupt nicht mochte, schon gar nicht, wenn sie einen Körper hatten, als kämen sie direkt von „Baywatch“. Wahrscheinlich hätte sie Reese nicht einmal beachtet, hätte er ihr nicht tief in die Augen gesehen.

Blaue Augen. Ein solches Blau hatte sie bisher nur in Buntstiftkästen gefunden. Wie sollte sie sich dagegen wehren? In diese Augen durfte sie jedenfalls nicht mehr blicken, sonst brach sie womöglich die Grundregel der Navy.

Absolut kein Sex an Bord!

Es klopfte. Entsetzt wich sie in die Mitte der Kabine zurück. Reese! Nein, das konnte er nicht sein. Es fehlten noch fünfzehn Minuten. Außerdem wusste er nicht, dass ihre Kabine neben seiner lag. Sie öffnete.

Karin stand vor ihr und klopfte mit dem Fuß auf den Boden. „Na?“

„Was na?“

Das Klopfen wurde schneller. „Jade, sobald er auch nur einen Fuß an Deck gesetzt hat, ist der Alarm rundgegangen. Alle wissen, dass er da ist. Wie ist er?“

In der Kabine nebenan polterte es. Jade bekam ein flaues Gefühl im Magen und zog Karin herein. „Leise!“

„Warum?“, fragte ihre Freundin erstaunt. „Wohnt er womöglich nebenan?“

„Ja!“

„Yippee!“ Karin störte sich nicht an Jades bösem Blick. „Na los, spuck es aus! Wie ist er? Ist er in natura so sexy wie auf der Leinwand?“

Jade wurde unerwartet und unerwünscht in der Halsgegend und auf den Wangen sehr heiß.

„Lieber Himmel! Du wirst rot!“

„Stimmt nicht!“, zischte Jade.

„Ist er so toll?“, fragte Karin genießerisch.

Seufzend sank Jade auf den Schreibtischstuhl. „Du willst es wirklich hören? Gut, ich spreche es aus. Er ist sagenhaft. Er ist sexy. Er ist scharf. Er ist so heiß, dass ihn wahrscheinlich eine Feuerbekämpfungseinheit gelegentlich mit Wasser abspritzen muss, damit er das Schiff nicht in Brand setzt.“

„Verdammt!“

„Genau“, bestätigte Jade seufzend.

„Dann ist alles klar. Wir tauschen die Aufgaben. Du schneidest die Leute auf, und ich versorge Mack Reese.“

„Reese.“

„Wie bitte?“

„Nur Reese. Frag mich nicht, warum, aber er will nur mit dem Familiennamen angesprochen werden.“

Karin setzte sich auf den Schreibtisch. „Mann, Mann, Mann, sind wir diesem Mr. Macbeth vielleicht schnell nahe gekommen, nicht wahr?“

Jade zeigte ihr die Zunge.

„Mach das lieber bei Reese. Bestimmt weiß er damit etwas anzufangen.“

„Karin!“

Ihre Freundin lachte. „Hey, an meinem Benehmen ist nur die Navy schuld. Erkläre du mal einem Haufen rasiermesserscharfer Matrosen Safer Sex und führe ihnen vor, wie man ein Kondom überzieht. Dann wirst du schon sehen, ob deine Denkweise und Ausdrucksweise blütenweiß bleiben. Da wir gerade von Kondomen sprechen – brauchst du welche?“

„Nein!“

Karin schüttelte den Kopf. „Sei dir nicht so sicher. Wenn Reese auch nur halb so wild auf dich ist wie du auf ihn, fehlt mir vor Sonnenaufgang vermutlich eine Großpackung aus dem Bestand. Was ist schon gegen eine kleine Affäre einzuwenden, solange sie sich am Strand abspielt und du dich schützt?“

„Ich habe Nein gesagt.“

„Denk wenigstens darüber nach. Du hast auch gesagt, dass er sagenhaft ist, und besser als mit einem Schauspieler kannst du es nicht treffen. Die haben ständig Affären und wollen keine festen Bindungen. Du wirst ihm nie wieder begegnen, weil er hinterher ohnedies verschwindet.“

„Kommt gar nicht infrage.“ Beim letzten Mal hatte Jade bitter bezahlt. Das passierte ihr nicht mehr.

Karin seufzte. „Wann wirst du begreifen, dass Jeff eine Ausnahme und nicht die Regel war? Nicht jeder Mann träumt vom schwangeren Frauchen hinterm weißen Lattenzaun.“

„Vergiss Küche und Herd nicht.“

„Ich meine es ernst, Schatz“, versicherte Karin. „Bei Reese wirst du nie deiner Nachfolgerin begegnen. Er …“

Eine Abfolge von Pfiffen und Trillern unterbrach Karin, als ein Bootsmannsmaat zum Essen pfiff. Gerettet!

Jade sah auf die Uhr und zog die Mütze tief ins Gesicht. „Doc, ich muss los. Macbeth und ich sind zum Captain bestellt.“

„Igitt“, entgegnete Karin. „Dafür entschädigt einen ja nicht mal, wenn Reese neben einem sitzt.“

Jade stimmte ihr zu, doch die Pflicht ging vor.

„Geben Sie mir nur noch eine Chance, DCA, mehr will ich nicht.“

Autor

Candace Irvin
Mehr erfahren