Ein Traumteam

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Heirate mich! Als Brad diese Worte ausspricht, spürt Rachel, dass sie dem großen Glück ganz nah ist. Seit acht Jahren liebt sie diesen Mann, ihren Boss, der oft so misstrauisch ist und so hart arbeitet. Und so sagt Rachel Ja - auch wenn sie weiß, dass Brad noch nicht gelernt hat, an die Liebe zu glauben …


  • Erscheinungstag 23.05.2018
  • ISBN / Artikelnummer 9783733757311
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Wo ist sie bloß?

Brad Phillips warf den Telefonhörer auf die Gabel. Rachel Wood ging nicht an den Apparat. Stattdessen lud ihre fröhliche Stimme ihn ein, seinen Namen und seine Nummer auf dem Anrufbeantworter zu hinterlassen. Aber beides hatte sie längst. Er war ihr Boss, und sie sollte seit Stunden im Büro sein.

Ungeduldig schob Brad seinen Stuhl vom Schreibtisch zurück, stand auf und lief im Zimmer auf und ab. Rachel arbeitete seit acht Jahren bei ihm. Er erinnerte sich an kein einziges Mal, wo sie ihn nicht angerufen hatte, wenn es später wurde.

Was war passiert?

Brad blickte auf seine Armbanduhr. Normalerweise saß Rachel schon an ihrem Schreibtisch, wenn er gegen halb acht in seiner Firma eintraf. Also war sie seit mehr als zwei Stunden überfällig. Dafür konnte es nur eine Erklärung geben: Sie musste auf dem Weg ins Büro einen Unfall gehabt haben.

Zwei Mal hatte er inzwischen zum Telefon gegriffen, um alle Krankenhäuser in der Umgebung von Dallas, Texas, anzurufen. Doch im letzten Moment hatte er sich anders besonnen. Der Verstand sagte ihm, dass es noch zu früh war, um in Panik zu geraten. Sicher gab es eine völlig logische Erklärung dafür, weshalb Rachel sich nicht gemeldet hatte. Doch leider fiel ihm keine ein.

Seine Gegensprechanlage summte, und Brad eilte zu seinem Schreibtisch zurück.

„Ja?“

„Ich wollte Sie nur daran erinnern, dass Sie um zehn eine Besprechung mit Arthur Simmons haben“, sagte seine Sekretärin.

„Danke, Janelle“, antwortete er. Ein Besprechung mit Arthur Simmons ohne Rachel als Stütze hatte ihm gerade noch gefehlt. Simmons war ein wahres Genie, was Zahlen und Finanzstrategien betraf. Brad war heilfroh, dass er dem Mann die Leitung der Buchhaltung von Phillips Construction Company übertragen hatte.

Doch leider war Arthur auch einer der langweiligsten Männer, die er kannte. Deshalb brauchte er Rachel. Sie merkte sofort, wenn er Simmons’ langatmiges Gerede endgültig leid war, und brachte die Unterhaltung zum Abschluss, ohne den Mann zu kränken.

Wenn Rachel die nächste Viertelstunde nicht auftauchte, wäre er gezwungen, die umständlichen Erklärungen über den letzten Finanzbericht allein über sich ergehen zu lassen. Die Zahlen waren wichtig. Brad war der Letzte, der deren Bedeutung leugnen würde. Aber er hätte es vorgezogen, die Unterlagen allein durchzusehen.

Vielleicht lag es an Simmons’ Verhalten, dass er ihm auf die Nerven ging. Der Mann stammte aus einer reichen, angesehenen Familie irgendwo im Osten. Obwohl sie ungefähr gleichaltrig waren, hätten die beiden Männer nicht unterschiedlicher sein können. Brad war auf die harte Tour nach oben gekommen. Er war ein Straßenjunge gewesen, dem es gelungen war, mit kaum mehr als seinen bloßen Händen und der Ermutigung eines Mannes, der an ihn glaubte, ein Multimillionen-Baugeschäft aufzubauen.

Simmons hatte dagegen die richtigen Privatschulen besucht und seinen Abschluss an einer angesehenen Universität im Osten der Vereinigten Staaten gemacht.

Brad war kein bisschen neidisch auf den Mann. Ihre unterschiedliche Herkunft unterstrich einfach, dass sie nichts gemeinsam hatten – abgesehen von dem Ziel, die Firma zum Erfolg zu führen.

Brad kehrte an seinen Schreibtisch zurück und fuhr nervös mit den Fingern durch sein Haar. Er brauchte seine Assistentin, und zwar sofort. Nie würde er den Tag vergessen, an dem er sie eingestellt hatte. Damals wäre er nicht im Traum auf den Gedanken gekommen, dass es die klügste Entscheidung seines Lebens war.

Brad war fünfundzwanzig gewesen und hatte versucht, seine junge Firma durch harte Arbeit aufzubauen. Meistens hatte er im Bauwagen gleich neben der Baustelle geschlafen.

Er hatte eine gute Arbeitskolonne besessen. Aber niemand hatte eine Ahnung von den Büroarbeiten gehabt, er selbst eingeschlossen.

Dann hatte er den Zuschlag für ein Multiplex im nördlichen Dallas erhalten, den größten Auftrag seiner Karriere. Nachdem sich sein erstes Hochgefühl gelegt hatte, war ihm klar geworden, dass er sein wachsendes Geschäft nicht länger von seiner Wohnung und einem Bauwagen aus führen konnte.

Er brauchte ein ordentliches Büro mit richtigen Bürokräften. Ein erschreckender Gedanke. Ein Büro bedeutete, dass er Leute einstellen musste, mindestens eine Telefonistin und einen Buchhalter. Die Buchhaltung nahm jetzt schon viel zu viel seiner Zeit in Anspruch.

Das Problem war nur, dass er sich dieses Personal nicht leisten konnte. Noch nicht. Allerdings würde der Bau des Kinokomplexes weitere Aufträge nach sich ziehen. Dessen war er gewiss. Er lieferte Qualitätsarbeit und hatte seinen Ruf als vertrauenswürdiger Unternehmer sorgfältig aufgebaut.

Doch bis es so weit war, musste er mit einem äußerst knappen Budget arbeiten. Tatsache war, dass er höchstens eine Empfangsdame bezahlen konnte – in der Hoffnung, dass sie mehr leisten würde, als nur das Telefon zu bedienen. Erwartungsvoll setzte er eine Anzeige in die Zeitung.

Ein Woche später war sein Optimismus erheblich geschrumpft. Die Bewerberinnen verlangten entweder zu viel Gehalt, oder sie besaßen nicht die notwendige Qualifikation. In der dritten Woche war er fast verzweifelt.

Dann rief Rachel Wood an.

Phillips Construction“, brüllte Brad durch den kreischenden Baulärm ins Telefon.

„Mr. Phillips, bitte“, sagte eine kühle, kultivierte Stimme.

„Am Apparat“, antwortete er und überlegte, wie die Frau mit der kühlen, aber dennoch sinnlichen Stimme aussehen mochte.

„Mein Name ist Rachel Wood. Ich habe gelesen, dass Sie eine Empfangsdame suchen. Ist die Stelle noch frei?“

Brad hatte sich gerade zurückgelehnt und einen Bericht gelesen, als der Anruf kam. Rasch stellte er die Füße auf den Boden. „Äh – ja, die Stelle ist noch zu haben, falls Sie interessiert sind“, antwortete er und hörte den Zweifel in der eigenen Stimme. Hoffentlich bemerkte die Anruferin es nicht.

Die Frau seufzte leise. Er hätte schwören können, dass es aus Erleichterung geschah. Doch als sie wieder sprach, klang ihre Stimme absolut neutral.

„Wann kann ich zu einem Vorstellungsgespräch kommen?“

Beinahe hätte er geantwortet, dass ihr die Stelle schon gehörte, wenn sie wollte. Doch er riss sich zusammen. Es musste sich um einen Irrtum handeln. Andererseits war er neugierig, wie die Frau aussah. Mit solch einer Stimme am Telefon würde seine Firma absolut gesund und vertrauenswürdig wirken. Schade, dass er sich diese Rachel niemals leisten konnte.

Er blickte auf seine Uhr. „Wäre es Ihnen heute schon zu spät?“, fragte er und hielt den Atem an.

„Nein, durchaus nicht. Wenn Sie mir eine Uhrzeit und Ihre Anschrift nennen, werde ich da sein.“

Jetzt wurde es heikel. „Leider wird mein Büro erst nächste Woche bezugsfertig. Aber in der Nähe meiner derzeitigen Baustelle ist ein Coffee Shop, in dem wir uns treffen können. Sagen wir gegen fünf?“

„Einverstanden“, sagte sie mit einer Festigkeit, die er ebenso attraktiv wie beruhigend fand.

Brad gab Rachel die Anschrift und eine Wegbeschreibung. Freu dich nicht zu früh, ermahnte er sich. Sobald die Frau erkennt, wie klein mein Unternehmen ist und wie viel Büroarbeit hier anfällt, wird sie bei dem winzigen Gehalt, das ich ihr zahlen kann, entrüstet ablehnen.

Als er kurz vor fünf den Coffee Shop betrat, war er frisch geduscht. Doch seine Kleidung – ausgewaschene Jeans, ein Hemd mit aufgerollten Ärmeln und abgetragene staubige Stiefel – wiesen ihn als das aus, was er war: ein Bauarbeiter. Sicher, er war der Boss. Aber er war zu ungeschliffen, um sich gesellschaftlich unter die Klientel zu mischen, die er mit der Leistung seines Unternehmens zu beeindrucken hoffte.

Brad blickte sich in dem kleinen Café um und erkannte zu spät, dass er vergessen hatte, ein Erkennungszeichen mit ihr auszumachen. Nachdenklich strich er mit der Hand über sein Gesicht. Also kam nur ein Ausscheidungsverfahren infrage. Wie viele Frauen waren allein hier?

Leider mindestens fünf.

Sah ihm eine davon entgegen?

Alle beobachteten ihn, zwei sogar mit geradezu gierigem Blick.

Plötzlich fragte eine vertraute Stimme hinter ihm: „Entschuldigung, sind Sie Mr. Phillips?“

Brad drehte sich um und blickte in die kühlen grünen Augen einer sehr attraktiven jungen Frau in einem korrekten Kleid von der Farbe ihrer Augen. Das dunkelbraune Haar hatte sie zurückgebunden und betonte damit ihr herzförmiges Gesicht.

Sie reichte ihm gerade bis zum Kinn.

„Sie müssen Ms. Wood sein“, antwortete er erleichtert.

Rachel nickte lächelnd. „Ich hatte mich nach hinten gesetzt, weil es dort etwas ruhiger ist.“

Brad hörte kaum, was sie sagte. Ihre Stimme klang noch kultivierter als am Telefon. Diese Rachel Wood war eine Klassefrau. Ihr Schönheit, ihre aufrechte Haltung und ihre offensichtlich gute Erziehung schüchterten ihn ein bisschen ein.

Er wünschte, er hätte sich die Zeit genommen, um in seine Wohnung zu fahren und sich umzuziehen. Aber jetzt war es zu spät.

Sie setzten sich einander gegenüber, und Brad bestellte Kaffee. Sobald die Kellnerin gegangen war, sah er Rachel an und überlegte, wie er beginnen sollte. Er hatte schon mit einem Dutzend Bewerberinnen gesprochen. Aber heute kam er sich wie ein unbeholfener Teenager bei seinem ersten Date vor.

„Ich sage Ihnen lieber gleich, dass ich sehr wenig Büroerfahrung habe“, gestand Rachel kleinlaut. „In Ihrer Anzeige stand zwar nicht, dass man Erfahrung braucht. Aber ich möchte keine Missverständnisse aufkommen lassen.“

„Wie schnell können Sie lernen?“, fragte er lächelnd. Rachel war nervöser als er, auch wenn sie es bisher erfolgreich verborgen hatte. Allmählich entspannte er sich.

„Zeigen Sie mir, was ich tun soll, und ich werde es tun“, antwortete sie.

Die Kellnerin brachte den Kaffee. „Danke“, murmelte er, ohne Rachel aus den Augen zu lassen. „Verstehen Sie etwas vom Baugeschäft?“

„Nein, Sir.“

„He, so viel älter als Sie bin ich auch nicht. Auf das Sir können Sie verzichten“, erklärte er und tat, als wäre er entsetzt. Ihre Hand neben der Kaffeetasse zitterte unmerklich. Sie war tatsächlich nervös. Seinetwegen? Oder wegen des Vorstellungsgesprächs?

Um Rachel zu beruhigen, beschrieb er ihr seine Firma. „Ich habe vor etwas über drei Jahren ein eigenes kleines Unternehmen gegründet. Auf Baustellen habe ich gearbeitet, seit ich alt genug war, um ein Werkzeug zu halten. Damit kenne ich mich aus. Doch von Buchhaltung, Rechnungswesen und all dem, was die Behörden regelmäßig von mir verlangen, habe ich wenig Ahnung.“

Rachel trank einen Schluck Kaffee, bevor sie antwortete. „In Ihrer Anzeige stand etwas von einer Empfangsdame.“ Es klang beinahe wie eine Frage.

„Ja, weil ich jemanden brauche, der die Gespräche annimmt. Ich habe mehr Aufträge verloren, als mir lieb ist, weil ich meinen Anrufbeantworter nicht öfter abhören konnte. Das darf nicht so weitergehen. Sonst ist der Aufschwung dahin, in dem ich mich derzeit befinde.“

„Ja, das verstehe ich“, sagte Rachel langsam. Sie hielt einen Moment inne, als suche sie nach Worten. „Was das Gehalt betrifft …“

Jetzt wurde es heikel. Rachel würde sofort aufstehen und verschwinden, wenn sie die Summe erfuhr, die er ihr zahlen konnte. Er musste ihr die Stelle als Sprungbrett für spätere vielversprechende Aufgaben schildern. Das Schlitzohr von seinem Vater hatte ihm unzählige Beispiele dafür geliefert, wie man die Zukunft rosig ausmalen konnte.

„Die Sache ist die“, begann er und lächelte so zuversichtlich wie möglich, „selbst wenn ich vierundzwanzig Stunden am Tag arbeite, was ich fast schon tue, kann ich nicht alle Aufträge ausführen, die ich bekomme. Arbeit ist also genügend da. Nur fehlt es mir im Moment an flüssigen Mitteln. Ich könnte Ihnen ein Anfangsgehalt anbieten und die feste Zusage, dieses regelmäßig zu erhöhen.“

Obwohl Rachel sich nicht rührte, hatte er den Eindruck, dass sie innerlich zusammensank.

„Wie viel hatten Sie denn erwartet?“, fragte er und hielt gespannt den Atem an.

„Ich habe keine bestimmte Summe im Kopf“, antwortete sie. „Ich bin im Mai mit dem College fertig geworden und brauche unbedingt einen Job. Meine Mutter hat gesundheitliche Probleme und kann nicht mehr arbeiten. Sie hat große Opfer gebracht, damit mein Bruder, meine Schwester und ich eine gute Ausbildung erhielten. Ich möchte nicht, dass sie Geldsorgen bekommt.“ Nur der Schmerz in ihren Augen verriet ihre Gefühle.

„Soll das heißen, Sie haben noch nie gearbeitet?“, fragte Brad. Er rieb seine Wange und merkte, dass er sich vor diesem Gespräch hätte rasieren sollen.

Rachel verzog die Lippen zu einem kläglichen Lächeln. „Oh doch, ich habe gearbeitet, Mr. Phillips. Nur nicht in einem Büro. Mit dreizehn begann ich als Babysitter. In meiner High-School-Zeit räumte ich Tische ab, und während des Colleges stieg ich zur Kellnerin auf“, erklärte sie ruhig.

Brad versuchte, sich sein Erstaunen nicht anmerken zu lassen. Er hatte angenommen, Rachel wäre mit einem Silberlöffel im Mund geboren worden.

„Wo haben Sie studiert?“, fragte er und wurde immer neugieriger.

„An der Southern Methodist University. Ich wollte in der Nähe meiner Mutter bleiben. Zum Glück erhielt ich ein Stipendium.“

„Da haben Sie mir eine Menge voraus. Ich habe alle möglichen Kurse besucht, fast alle an Abendschulen. Tagsüber musste ich arbeiten.“ Erschrocken hielt Brad inne. Er sprach sonst nie über seinen Werdegang. „Worin haben Sie Ihren Abschluss gemacht“, fuhr er rasch fort.

Sie lächelte erneut. „Sie mögen es merkwürdig finden, dass ich mich um die Stelle einer Empfangsdame bewerbe. Ich habe alle Wirtschaftskurse belegt, die es dort gab: Buchhaltung, Wirtschaftsrecht, Büro-Management …“

Sie zählte eine ganze Reihe von Fächern auf. Brad musste sich kneifen, um sicher zu sein, dass er nicht träumte. Als sie geendet hatte, erklärte er: „Ich mache Ihnen einen Vorschlag. Sie fangen am nächsten Montag bei mir an und entscheiden selbst über die Höhe Ihres Gehalts. Sehen Sie sich die Bücher an, und zahlen Sie sich aus, was möglich ist. Was halten Sie davon?“

„Das kann nicht Ihr Ernst sein“, sagte Rachel kühl.

Ihre Reaktion zeigte ihm, dass er die perfekte Kandidatin für die offene Stelle vor sich hatte. „Ich brauche jemand mit Ihren Qualifikationen“, fuhr er fort und hoffte inständig, dass sie ihn nicht für einen kompletten Idioten hielt. „Haben Sie die Absicht, meine Lage auszunutzen?“

Sie sah ihn entrüstet an. „Nein, natürlich nicht.“

„Dann sehe ich kein Problem.“

„So etwas habe ich noch nie gehört.“ Rachel betrachtete ihn misstrauisch.

Er lächelte wissend. „Mir ist klar, was Sie denken. Aber ich kann Sie beruhigen. Ich nehme keine Drogen, und abgesehen von einem gelegentlichen Glas Bier trinke ich auch nicht.“

„Woher wollen Sie wissen, was ich denke?“, fragte Rachel erschrocken.

„Sie haben ein sehr ausdrucksvolles Gesicht“, antwortete er, immer noch lächelnd. „Werden Sie sich meinen Vorschlag überlegen? Ich kann Ihnen das Büro gern zeigen. Bis Montag ist zwar noch eine Menge zu tun. Aber ich verspreche Ihnen, dass Sie einen ordentlichen Arbeitsplatz haben werden.“ Er hielt inne und flehte stumm, dass sie einwilligte.

„Also gut“, sagte Rachel endlich, wenn auch ein wenig unsicher.

„Großartig.“ Brad sprang sofort auf. „Fahren wir gemeinsam?“

Sie bewegte sich erheblich ruhiger und graziöser als er. „Es wäre sinnvoller, wenn ich Ihnen folge. Meinen Sie nicht auch?“

Eine Viertelstunde später erreichten sie einen älteren Stadtteil von Dallas und bogen auf den Parkplatz eines Backsteingebäudes aus den Dreißigerjahren. Reserviert für Phillips Construction Company stand auf drei Schildern – für Brad der sichtbare Beweis seines Aufstiegs. Mit Ms. Woods Hilfe würde auch dem künftigen Wachstum seiner Firma nichts im Weg stehen.

Schweigend fuhren sie mit dem Fahrstuhl nach oben. Sein Büro lag im dritten und letzten Stock, von dem man einen hübschen Blick auf das Zentrum von Dallas hatte. Brad lief den Flur hinab, schloss eine Tür mit Milchglasscheibe auf und ließ Rachel mit einer Verbeugung den Vortritt.

Rachel betrat die noch nicht ganz fertigen Räume und blieb erstaunt stehen. „Meine Güte. So ein großes Büro hatte ich nicht erwartet!“

Brad zuckte mit den Schultern. „Da ich eine ganze Weile hier bleiben muss, hielt ich es für sinnvoll, gleich ein größeres Objekt zu mieten. Wir beide brauchen ein Büro. Außerdem benötige ich Räume für die Bauaufsicht – sobald ich mir Leute dafür leisten kann. Und irgendwann wird auch der Platz für eine Empfangsdame fällig.“

Rachel dreht sich stirnrunzelnd zu ihm. „Ich dachte, ich sollte Ihre Empfangsdame sein.“

Er nickte. „Ja, zuerst. Aber eines Tages werden Sie meine Büroassistentin sein und eine eigene Sekretärin haben. Das heißt, falls Sie bereit sind, Ihre Zeit und Ihre Kraft einzusetzen, damit hier alles klappt.“

Rachel ging zu einem Fenster und blickte hinaus. Die beiden Männer, die er vom Bau abgezogen hatte, um das Büro bezugsfertig zu machen, hatten bei Dienstschluss alles stehen und liegen lassen. Brad war so an die Unordnung gewöhnt, dass er das Durcheinander bisher gar nicht wahrgenommen hatte. Jetzt betrachtete er den Raum mit Rachels Augen und fürchtete, dass sie längst nicht so beeindruckt war, wie er gehofft hatte.

Endlich drehte sie sich wieder um und zog unmerklich die Brauen in die Höhe. „Sind Sie sicher, dass bis Montag alles fertig wird? Bis dahin bleibt nicht einmal eine Woche.“

„Kein Problem. Wir machen einige Räume fertig und benutzen den Rest als Lager. Da hier keine Kunden auftauchen, brauchen wir keine aufwendige Einrichtung.“

Sie nickte nachdenklich und blickte sich weiter um.

Brad wartete und wollte sie nicht drängen. Die Entscheidung lag ausschließlich bei ihr. Rachel stieg über den Abfall am Boden und betrachtete den Lageplan, der an die Seitenwand geheftet war. „Möbel haben Sie, nehme ich an?“, fragte sie, ohne sich umzudrehen.

Er lachte leise. „Sie werden am Montag geliefert. Sie sind gebraucht, aber in einem guten Zustand.“

Endlich trat sie zu ihm. „Um wie viel Uhr soll ich am Montag hier sein?“

Brad atmete erleichtert auf und war sicher, dass seine Firma von nun auf einem guten Weg war.

Seitdem waren Rachel und er ein Team. Seit acht Jahren arbeiteten sie erfolgreich zusammen. Brad hatte den Verdacht, dass es eher an Rachels diplomatischem Geschick lag als an seiner Kontaktfähigkeit. Schon bald hatte er gemerkt, dass sie tatsächlich so konservativ und wohlerzogen war, wie er bei ihrem Bewerbungsgespräch vermutete. Sie besaß eine strenge Arbeitsmoral, die er sehr zu schätzen wusste.

Bisher hatte sie keinen einzigen Tag gefehlt, weder bei glühender Hitze noch bei Platzregen oder den gelegentlichen winterlichen Graupelstürmen. Nicht einmal, wenn sie eine Grippe hatte.

Also, wo war sie jetzt?

Brad mochte nicht einmal daran denken, was geschehen würde, wenn Rachel ihn nicht mehr bei der Leitung seiner Firma unterstützte. Sie kümmerte sich um die kaufmännische Seite, sodass er Zeit hatte, das zu tun, was er am besten konnte: Geschäftskomplexe bauen.

Innerhalb von drei Jahren hatte er weiteres Personal eingestellt, darunter Janelle. Schon bald hatte die Buchhaltung einen eigenen Leiter gebraucht, und Arthur Simmons war gekommen. Wenig später hatte Rich Harmon die Büroleitung übernommen.

Rachel erstaunte ihn immer noch. Sie begleitete ihn gelegentlich zu Geschäftsessen mit wichtigen Kunden. Sie sprach wenig, und manche Gäste glaubten, sie wäre nur schmückendes Beiwerk. Das verschaffte ihm sogar einen Vorteil. Rachel besaß die Gabe, dem Gesichtsausdruck und der Körpersprache zu entnehmen, was die Leute nicht laut aussprachen.

Innerhalb von zwei Jahren war sie von einer Assistentin zu einer Art Geschäftspartnerin aufgestiegen. Mehr als einmal hatte er ihr die Partnerschaft angeboten. Doch sie hatte sich stets geweigert, auch nur darüber zu reden.

Ihre gegenwärtige Beziehung beunruhigte ihn nicht nur, weil Rachel eine Partnerschaft ablehnte. Er fühlte sich stark zu ihr hingezogen. Geschäftlich waren sie sich ebenbürtig. Gesellschaftlich konnte er ihr jedoch nicht das Wasser reichen. Aus Furcht davor, dass sie die Firma verlassen könnte, wenn er etwas Falsches tat oder sagte, hatte er ihr seine Gefühle nie gestanden.

Rachel war seine beste Freundin. In ihrer Gegenwart fühlte er sich frei und unbeschwert. Genauer gesagt, war sie seine einzige Freundin. Er hatte keine Zeit für weitere Bekanntschaften. Außerdem vertraute er ihr. Und er vertraute nur wenigen Menschen.

Wo war sie heute Morgen?

Die Gegensprechanlage summte und riss ihn aus seinen Gedanken. „Ja?“

„Mr. Simmons ist da“, antwortete Janelle.

„Danke“, sagte Brad und unterdrückte ein Stöhnen. „Er soll reinkommen.“ Entschlossen richtete er sich in seinem Sessel auf und bereitete sich auf ein weiteres langatmiges Gespräch vor.

Arthur Simmons betrat schweigend den Raum und schloss leise die Tür hinter sich. Verwundert blickte er sich um.

„Ist Ms. Wood nicht da?“, fragte er. Sein Unbehagen, es allein mit Brad zu tun zu haben, war unübersehbar.

„Sie wurde aus irgendeinem Grund aufgehalten“, antwortete Brad kühl. „Ich bin sicher, dass wir auch ohne ihre Hilfe zurechtkommen werden.“

Simmons setzte sich auf einen gepolsterten Stuhl vor dem Schreibtisch. Er legte einen Stapel Ordner vor den leeren Platz neben sich und schob seine Drahtbrille auf die Nasenbrücke, von der sie sofort an ihren ursprünglichen Platz zurückrutschte.

Dann räusperte er sich unglücklich. „Ich hatte gehofft, Ms. Wood würde …“, begann er.

„Ich auch“, unterbrach Brad ihn. „Aber sie ist nicht da. Also fangen wir an.“

Simmons zuckte zusammen, und Brad fluchte stumm. Oh, Rachel, ich hoffe, Sie haben einen guten Grund, weshalb Sie mich mit Arthur allein lassen. Wenn nicht, werden Sie es büßen müssen.

Eine Dreiviertelstunde später wurde sein Flehen endlich erhört. Rachel öffnete die Tür zu seinem Büro und trat ein. Sie war makellos gekleidet und trug einen Aktenkoffer in der Hand, das Kennzeichen der modernen Geschäftsfrau.

Brad hätte sich ihr am liebsten zu Füßen geworfen und sie gebeten, ihn nie wieder im Stich zu lassen. Eindringlich sah er ihr in die Augen und erschrak. Was immer Rachel aufgehalten hatte, es war nichts Gutes. Solch einen schmerzlichen Ausdruck hatte er zuletzt bei ihr bemerkt, als sie erfuhr, dass ihre Mutter unheilbar erkrankt war.

Was in aller Welt war passiert?

Rachel kam näher und setzte sich neben Arthur. „Ich bitte meine Verspätung zu entschuldigen“, sagte sie ruhig. „Wo sind wir?“ Sie griff nach den Ordnern, die Simmons zu Beginn vor ihren Platz gelegt hatte.

Als das Gespräch vorüber war, schmerzten Brads Zähne, so stark hatte er sie zusammenbeißen müssen. Rachel brachte Simmons zur Tür, sagte einige freundliche Worte zu ihm und lächelte über seine beinahe lautlose Antwort.

Dann kehrte sie zum Schreibtisch zurück. „Ich möchte mich nochmals entschuldigen, dass ich so spät gekommen bin und Sie nicht angerufen habe“, begann sie und setzte sich wieder. „Ich brauche unbedingt einen längeren Urlaub, Brad. Wenn das nicht möglich ist, hätte ich Verständnis dafür, dass Sie mich durch jemand anders ersetzen.“

2. KAPITEL

Brad sah Rachel entsetzt an und war froh, dass er saß. Sie hatte gerade seine größten Befürchtungen bestätigt. Seine Brust zog sich schmerzlich zusammen, und das Atmen fiel ihm schwer.

Rachel wartete schweigend, dass er etwas sagte. Doch er war keines klaren Gedankens fähig. Sie wollte einen längeren Urlaub, während er kaum einen Morgen ohne sie heil überstand?

Plötzlich kam ihm eine Idee. Das konnte nur ein Scherz sein! „Worum geht es?“, fragte er lächelnd. „Möchten Sie mehr Gehalt? Wenn ja, dann ist es Ihnen gelungen.“

Rachel beugte sich weiter vor. „Mir ist klar, dass dies ein Schock für Sie sein muss, Brad. Es tut mir leid, wenn ich Ihnen Ungelegenheiten bereite. Nach reiflicher Überlegung aller Möglichkeiten bin ich zu dem Schluss gekommen, dass meine Abwesenheit die beste Lösung für alle Beteiligten ist.“

Brad schluckte trocken und musste sich zusammenreißen, um nicht auf den Tisch zu schlagen und Rachel anzuschreien. Verzweiflung befiel ihn bei dem Gedanken, dass sie das Unternehmen verlassen könnte, obwohl sie es selbst mit aufgebaut hatte.

Autor

Annette Broadrick

Bis Annette Broadrick mit sechzehn Jahren eine kleine Schwester bekam, wuchs sie als Einzelkind auf. Wahrscheinlich war deshalb das Lesen immer ihre liebste Freizeitbeschäftigung.

Mit 18 Jahren, direkt nach ihrem Abschluss an der Highschool, heiratete sie. Zwölf Monate später wurde ihr erster Sohn geboren, und schließlich wurde sie in sieben...

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