Liebe, Landluft, Leidenschaft …

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"Wetten, dass ich bleibe?" Verheißungsvoll lächelt City-Girl Eve den attraktiven Ryder an. Sie wird ihm schon beweisen, wie gut sie aufs Land passt! Und zu einem Cowboy wie ihm, der sie gleich an ein heißes Abenteuer denken lässt, sowieso …


  • Erscheinungstag 14.02.2016
  • ISBN / Artikelnummer 9783733773281
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Er sah aus wie ein junger Gott und kam aus dem Nichts in ihr Leben geritten.

Hätte Eve Terry sich nicht so verbissen darauf konzentriert, ihm auszuweichen, hätte sein Anblick sie womöglich wie der Blitz getroffen.

Aber noch bevor sich die wirbelnde Wolke aus rotem Wüstensand verflüchtigt hatte, entpuppte sich der Mann bereits als gewöhnlicher Sterblicher.

„Haben Sie Ihren Führerschein im Lotto gewonnen? Oder warum fahren Sie wie eine Irre?“

Eve straffte die Schultern. Was für einen Ton sich dieser Typ anmaßte! Er war größer als sie, obwohl sie für eine Frau überdurchschnittlich groß gewachsen war. Aber sie würde sich nicht von Äußerlichkeiten einschüchtern lassen, seine ansehnlichen Muskeln mit eingeschlossen.

Falls sie beeindruckt war, ließ sie es sich nicht anmerken. „Ich kann Ihnen zumindest einen Grund dafür nennen, warum Sie Ihre Meinung über meine Fahrkünste lieber für sich behalten sollten. Zufällig bin ich nämlich Ihre neue Chefin.“

Trotz der staubigen Windschutzscheibe sah Eve, wie sich die Miene des Mannes unter dem breitkrempigen schwarzen Hut verdüsterte. Sie erlaubte sich einen ausführlicheren Blick auf das gut geschnittene Gesicht ihres Angestellten: auf die hohen Wangenknochen, die gerade Nase und das feste Kinn. Wenn man sich die Staubverkrustungen wegdachte, war er zweifellos sehr attraktiv – nicht, dass sie das in irgendeiner Weise interessiert hätte. Sie hatte ihre Prioritäten, und Männer − so gut aussehend sie auch sein mochten − zählten im Augenblick ganz sicher nicht dazu.

„Meine Chefin? Wohl kaum“, gab er zurück. Der gedehnten Aussprache nach schien er aus dem Westen zu kommen. Seine Stimme klang tief und etwas rau. „Diese Ranch gehört zu einem Unternehmen aus Dallas, der E. T. Holding.“

„So ist es. Und ich bin das E. T., Eve Terry, die Besitzerin genau dieses Unternehmens und seit zehn Tagen auch dieser Ranch.“

Der Mann zog unbeeindruckt eine Augenbraue hoch. Es bedurfte wohl anderer Mittel als einer offensichtlich unwillkommenen Neuigkeit, um diesen Mann aus der Fassung zu bringen. „Würden Sie mich freundlicherweise darüber aufklären, wieso Sie direkt vor meinen Jeep geritten sind und mich behindert haben?“

Er versteifte sich. „Ich soll Sie behindert haben? Sie sind doch wie eine Wilde durch diese ausgetrocknete Wasserrinne gebrettert!“

In ihrem ganzen Leben war Eve noch durch keine Wasserrinnen gefahren, erst recht nicht gebrettert − auch nicht durch ausgetrocknete. Dieser Jeep war genau eine Woche alt, und sie wollte den Vierradantrieb testen und herausfinden, ob sie damit umgehen konnte. Bis dieser Cowboy plötzlich aufgetaucht war, hatte sie die holprige Fahrt bei offenem Verdeck und den warmen Wind in ihren dunkelblonden Haaren sehr genossen.

„Sie haben Lucky zu Tode erschreckt!“, warf er ihr vor, als sie keine Antwort gab.

Lucky? Das war vermutlich der riesengroße karamellfarbene Hengst, auf dem er saß.

„Lucky sieht nicht so aus, als ob er leicht zu erschrecken wäre“, gab sie ungerührt zurück. „Und jetzt schlage ich vor, dass Sie sich wieder Ihrer Arbeit widmen – falls Sie tatsächlich auf dieser Ranch arbeiten und nicht unbefugt auf meinem Besitz unterwegs sind.“

„Keine Angst, ich arbeite hier“, knurrte er.

Großartig. Ein weiterer misslauniger Angestellter. Das hatte ihr gerade noch gefehlt. Gestern Nachmittag hatte sie schon den Koch kennengelernt − der miesepetrigste Mensch, der ihr jemals über den Weg gelaufen war.

Eve legte den Rückwärtsgang ein. „Dann überlasse ich Sie jetzt Ihrer Arbeit, worin auch immer die besteht.“ Sie lenkte den Wagen ein Stück zurück, damit sie wenden konnte. Dabei spielte sie kurz mit dem Gedanken, sich im Rückspiegel zu vergewissern, ob er ihr nachsah – oder, wenn sie ehrlich war, vielleicht auch, um selbst einen genaueren Blick zu riskieren. Aber sie beherrschte sich. Schlecht gelaunte Cowboys gehörten nicht zu ihrem Beuteschema, ganz gleich, wie ansehnlich sie sein mochten.

Der Jeep zog eine Staubwolke hinter sich her und war bald in den felsigen Santa Catalina Mountains verschwunden. Es war eine Landschaft, die die meisten Menschen als Postkartenidylle bezeichnet hätten. Für Ryder Quinn bedeutete sie Heimat.

Kein Wunder, dass diese Eve Terry ihn für einen Rancharbeiter gehalten hatte, so wie er aussah. Er trug seine ältesten Jeans und ein nicht minder betagtes Jeanshemd, denn er hatte sich heute Morgen vorgenommen, alle Zäune zu überprüfen. Das war mühsam, aber gleichzeitig konnte er dabei stundenlang allein in der Weite unterwegs sein, ohne auf eine Menschenseele zu treffen, und darüber nachdenken, wie es jetzt weitergehen sollte.

Selbst eine schlaflose Nacht unter dem Sternenhimmel hatte ihn keiner Antwort nähergebracht. Der Verstand sagte ihm, dass er weggehen und seine Träume endgültig begraben sollte, aber da war dieser Widerspruchsgeist in ihm, dieser Eigensinn, der ihm sagte, er solle auf die Vernunft pfeifen und bleiben. So oder so.

Aber noch nagten Zweifel an ihm. Nur eines war ganz sicher: Die neue Besitzerin der Ranch konnte sich auf eine Überraschung gefasst machen. Diese rauchgrauen Augen, so groß sie auch waren, würden sicher noch größer werden, und die elegant geschwungenen dunklen Augenbrauen, die einen so reizvollen Gegensatz zu dem satten Gold ihrer kurzen Haare bildeten, sich leicht nach oben ziehen. Und ihre vollen, sanft roten Lippen öffneten sich vielleicht einen Spalt …

Vorläufig konnte er nichts weiter tun als hoffen. Und so beugte er sich vor und tätschelte Luckys Hals. „Auf jeden Fall bleiben wir noch ein bisschen und warten ab. Was meinst du dazu, mein Freund?“

Mit einem kurzen Schnauben stimmte Lucky ihm zu.

Hank Swenson sah man nicht an, dass er einer der erfolgreichsten Immobilienmakler hier im Südwesten war. Er war ein kleiner Mann, aber unter seinem zarten Knochenbau und dem fast kahlen Schädel steckte viel Kompetenz.

Er lehnte sich in dem schäbigen Ledersessel, der wie die übrige Einrichtung des Büros bessere Tage gesehen hatte, zurück. Neueren Datums waren nur der PC und noch ein paar andere Geräte.

„Wenn Sie direkt mit den Erben verhandelt hätten, wären Sie vermutlich günstiger davongekommen“, meinte er jetzt.

Eves Lächeln vertiefte sich. „Damit wollen Sie mir auf diplomatische Weise klar machen, dass ich zu viel bezahlt habe. Ich weiß sehr gut, was der Besitz wert ist.“ Sie nannte eine Zahl.

„Das ist ziemlich genau die Summe, die Ryder Quinn geboten hat.“

Eve beugte sich vor und stützte die Ellbogen auf die Schreibtischplatte. „Aber er hat den Zuschlag nicht bekommen, sondern ich.“

„Richtig. Aber ohne ihn können Sie die Ranch nicht führen.“

„Nein“, gab sie sofort zu. „Für den Übergang brauche ich ihn auf jeden Fall. Glauben Sie denn, dass er von hier fortgeht?“

„Vielleicht. Jeder hier weiß, dass er die Ranch gern gekauft hätte. Er schien geradezu besessen davon.“

„Hm.“ Eve sah Hank an. „Aber Mr Cutter wollte nicht verkaufen?“

„Zum Schluss hat er wohl ernsthaft darüber nachgedacht, aber dann ereilte ihn dieser Schlaganfall. Also erbten seine einzigen noch lebenden Verwandten, zwei Töchter, alles. Amos hatte sie das letzte Mal vor fast vierzig Jahren gesehen, als seine Frau ihn verließ und die Mädchen mitnahm.“ Hank machte eine kleine Pause. „An Sie hätte Amos die Ranch sicher nicht verkauft.“

Eve lachte. „Ich wusste gar nicht, dass ich so abschreckend aussehe.“

„Ganz im Gegenteil. Sie bieten einen höchst erfreulichen Anblick, Eve.“ Hank legte eine kleine Pause ein. „Aber Sie sind nun einmal eine Frau.“

Eve schob eine Augenbraue in die Höhe. „Und?“

„Das letzte weibliche Wesen, das diese Schwelle überschritten hat, war Amos’ Frau, als sie ging.“

„Ich habe den Eindruck, als ob der Koch auch keine sehr hohe Meinung von Frauen hat.“

Hank nickte. „Pete hält es genauso wie Amos.“ Er zwinkerte Eve zu. „Ich für meinen Teil habe allerdings nichts gegen den Anblick einer schönen Frau.“ Nach Eves Eindruck musste er sich stramm auf die Siebzig zubewegen.

Sie legte den Kopf auf die Seite. „Sie flirten doch wohl nicht mit mir, Hank?“

„Ich tue, was ich kann, Ma’am“, gab er lächelnd zurück.

„Tut mir leid, wenn ich das traute Zusammensein stören muss“, erklang eine tiefe Stimme hinter Eve.

Sie drehte sich halb um und erstarrte, als sie den Neuankömmling erkannte. Es war der Mann, mit dem sie vor ein paar Stunden aneinandergeraten war. Wie sie richtig vermutet hatte, sah er ohne die Staubschicht höchst attraktiv aus. Allerdings hatte sie sich geirrt, als sie einen Rancharbeiter in ihm vermutet hatte. Kein einfacher Arbeiter hätte sich solche Kleider leisten können. Von Stoffen verstand Eve etwas, und Qualität erkannte sie auf den ersten Blick.

Nein, sicher war er kein Arbeiter, aber er war ein Cowboy. Um das zu beweisen, brauchte er kein Pferd. Trotz seiner auf Hochglanz polierten Stiefel und der langen dunklen Haare, die bis zum Kragen seines hellen Hemdes reichten, strahlte er etwas Schroffes, Erdverbundenes, fast Wildes aus. Solche Männer – und Frauen – hatte es damals gebraucht, um den Wilden Westen zu zähmen und sich untertan zu machen.

Ja, er war eindeutig ein Cowboy.

Plötzlich merkte Eve, dass sie ihn anstarrte. Sie riss sich zusammen und sah ihm geradewegs in die Augen, ohne auch nur einmal zu blinzeln. Eine Ahnung sagte ihr, dass das die beste Art war, mit ihm umzugehen. Und das würde in Zukunft häufig der Fall sein, denn ihr war längst instinktiv klar, dass sie Ryder Quinn vor sich hatte.

„Eve, darf ich Sie mit Mr Quinn bekannt machen? Ryder, das ist Miss Eve Terry.“

Eve verzichtete darauf, ihn darüber aufzuklären, dass sie und Ryder sich bereits getroffen hatten, und stand auf. „Ich freue mich, Sie kennenzulernen, Mr Quinn.“

Ryder holte tief Luft und versuchte, sich unbeeindruckt zu geben. Dabei fühlte er sich, als hätte man ihm gerade einen Magenschwinger verpasst. Er war schon von widerspenstigen Pferden abgeworfen worden, und wütende Stiere hatten versucht, ihn in den Boden zu trampeln oder sogar aufzuspießen. Aber noch nie in seinem jetzt dreiunddreißig Jahre währenden Leben hatte eine Frau ihn aus dem Konzept gebracht. Bis jetzt.

Da draußen in der Wüste hatte er nicht viel mehr als ihr Gesicht gesehen, aber jetzt stand sie in voller Größe vor ihm. Und sie war so wohlgeformt, wie er es bei Frauen schätzte. Eve Terry war eine Göttin, die sich als Cowgirl verkleidet hatte. Keinen Augenblick glaubte er, dass diese hautengen Jeans oder dieses bestickte Cowboyhemd, das ihre vollen Brüste nur unzulänglich verbergen konnte, auch nur ein einziges Mal Bekanntschaft mit einem staubigen Gatter gemacht hatte. Und wenn diese cremefarbenen Stiefel mit der kunstvollen Prägung auch nur in Geruchsnähe eines Kuhfladens gelangt waren, würde er ihren gemusterten Ledergürtel mitsamt der blitzenden Silberschnalle fressen.

Und doch, unter all dieser Verkleidung hatte diese Frau etwas, das ihn tief im Inneren anrührte, etwas Erdverbundenes. Oder, einfach ausgedrückt, sie weckte seinen Appetit.

Sie ist deine Chefin, Quinn, rief er sich ins Gedächtnis. Und er war ihr Angestellter, zumindest vorübergehend.

Er nahm die angebotene Hand, und sie fühlte sich an, wie er erwartet hatte: weich wie Seide, und gleichzeitig zupackend.

„Miss Terry.“ Er musste den Kopf nicht weit neigen, um ihr in die Augen zu sehen. Er war über einen Meter achtzig groß, und sie war höchstens zehn Zentimeter kleiner.

„Nennen Sie mich doch bitte Eve.“

Er hielt ihre Hand ein wenig länger, als er beabsichtigt hatte. Dann verschränkte er die Arme vor der Brust. „Ryder.“

Sie maßen sich eine Weile mit Blicken, dann setzte Eve sich wieder. „Hank hat mir erzählt, dass Sie schon sehr lange hier auf der Ranch sind.“

Ryder betrachtete es als Sieg, dass sie den Blick zuerst abgewandt hatte, auch wenn er zugeben musste, dass es nur ein kleiner Triumph war. Trotzdem … Es fühlte sich gut an.

Eve verschränkte ebenfalls die Arme. „Sie wollten die Ranch ebenfalls kaufen, habe ich mir sagen lassen.“

Er konnte nicht anders, als sie für ihre Offenheit zu bewundern. Anscheinend gehörte sie nicht zu den Menschen, die lange um den heißen Brei herumredeten. Darin ähnelte sie ihm. „Ja.“

„Aber ich habe sie bekommen.“

„Leider.“

„Weil ich mehr dafür bezahlt habe, als sie wert ist.“

Fast hätte er gelacht. Auf jeden Fall hatte er es mit einer intelligenten Frau zu tun, die noch dazu Humor hatte.

Das hatte ihm noch gefehlt – eine kurvenreiche Göttin mit Verstand und Sinn für Humor. Das war eine gefährliche Mischung, die auf verschiedenen Ebenen reizvoll war, herausfordernd und zugleich verführerisch. Hätte er sie unter anderen Umständen kennengelernt, wäre er vielleicht Wachs in ihren Händen gewesen. Schnell schob er den Gedanken beiseite.

„Sie wussten vielleicht nicht, was Sie mit Ihrem vielen Geld anfangen sollen.“

Er sagte nicht, dass er alles getan hätte, um sie zu überbieten, wenn er Zeit gehabt hätte, die zusätzliche Finanzierung auf die Beine zu stellen. Sie war ihm einfach nur zuvorgekommen.

Eves Augen waren schmal geworden. „Wenn Sie damit sagen wollen, dass ich ein reiches, verzogenes Gör bin, dann muss ich Sie enttäuschen. Ich habe alles selbst verdient, was ich habe.“

„Das gilt auch für mich“, antwortete er.

„Wollen Sie bleiben und noch mehr verdienen?“

„Möglich.“

„Gut. Kommen wir also zum geschäftlichen Teil.“

Hank machte sich mit einem Räuspern bemerkbar. „Dann überlasse ich das Weitere Ihnen.“

Eve legte die Arme auf die Tischplatte und atmete tief durch. Jetzt durfte ihr Temperament nicht mit ihr durchgehen. Ryder Quinn gegenüber brauchte sie einen klaren Kopf.

Statt sich ebenfalls zu setzen, lehnte Ryder sich lässig gegen die Schreibtischplatte und sah Eve an.

„Was verlangen Sie, damit Sie hierbleiben?“

„Das kommt darauf an, wie nötig Sie mich brauchen.“

Es hatte keinen Sinn, ihm etwas vorzumachen. In kürzester Zeit hätte er sie entlarvt. „Was ich über Vieh und Pferde weiß, passt auf einen kleinen Zettel. Und dann wäre immer noch Platz.“

Ryders Mundwinkel bewegten sich fast unmerklich nach oben. „Ja, so ähnlich dachte ich mir das angesichts Ihrer Kleidung.“

Eigentlich sollte seine Meinung sie nicht weiter scheren, aber ein bisschen tat sie es doch. „Gefällt sie Ihnen?“

Er zögerte und schien nicht recht antworten zu wollen. „Yeah, doch“, gab er dann zu.

Eve gestattete sich ein Lächeln. „Die Entwürfe stammen von mir.“

„Machen Sie das als Hobby?“

Ihr Lächeln wurde breiter. „Nein, das ist mein Beruf. Und er ist sehr lukrativ. Ich habe das Geschäft verkauft, und mit dem Erlös konnte ich die Creedence-Creek-Ranch kaufen – und es ist auch noch etwas übrig geblieben.“

„Sie haben mit Klamotten so viel Geld verdient, dass Sie die Farm kaufen konnten?“

Es tat einfach nur gut, seine Überheblichkeit etwas zu erschüttern. Aber er konnte sich auf eine noch größere Überraschung gefasst machen. Eve fing an, sich prächtig zu unterhalten.

„Es handelt sich hier nicht um ‚Klamotten‘, sondern um hochwertige Westernkleidung für Frauen, ‚Sassy Lady‘“, erklärte sie ihm. „Wie gesagt, es ist ein profitables Geschäft. Es gehört mir zwar nicht mehr, aber die Entwürfe sind nach wie vor von mir.“

Es war ihr anzuhören, wie stolz sie auf ihre Leistung war. Es hatte lange Jahre gedauert, Jahre voller Hoffnung, Träume und vor allem harter Arbeit, bis ihre Kollektion endlich landesweit in den Kaufhäusern angekommen war, und das, obwohl sie dabei eher wohlgerundete Frauen im Sinn gehabt hatte.

Als Kind war sie ziemlich pummelig gewesen, auch als Teenager noch, und das hatte es ihr auf dem College manchmal schwer gemacht. Immer noch hörte sie diese spöttischen Rufe, die sie an manchen Sommertagen verfolgt hatten.

In einer Gesellschaft, in der Schlanksein als ebenso erstrebenswert galt wie Reichtum, hatte sie immer ein Gefühl der Unzulänglichkeit gehabt. Später hatte sie zwar abgenommen, aber nach dem gängigen Schönheitsideal hatte sie immer noch etliche Kilo zu viel auf den Hüften. Inzwischen kam sie aber gut damit zurecht, meistens jedenfalls.

„Sassy Lady“, wiederholte Ryder jetzt und holte Eve damit aus ihren Gedanken. „Klingt gut.“

Er lachte, und dieses Lachen war so männlich und anziehend, dass Eve größte Mühe hatte, seine Wirkung auf sie zu verbergen. Das war wirklich das Letzte, was ihr jetzt noch fehlte, dass er davon etwas mitbekam.

Sie brauchte ihren klaren Verstand, um sich die Kontrolle über die Verhandlungen nicht aus der Hand nehmen zu lassen. Von dem Ergebnis hing zu viel ab.

„Wir sind uns also einig, dass mir die Kompetenz für das Führen einer Ranch fehlt“, begann sie.

„Das bringt es vermutlich auf den Punkt“, war Ryders trockene Antwort.

„Das heißt, ich brauche Sie – und zwar dringend“, fügte sie hinzu.

Das klang nicht ganz so geschäftsmäßig kühl, wie sie beabsichtigt hatte, und für einen winzigen Sekundenbruchteil schien die Luft zwischen ihnen zu vibrieren. „Ich meine, ich brauche Ihr Fachwissen.“

Sein Lachen erschien ihr etwas selbstgefällig. „Und ich nehme an, Sie können es sich leisten, mich entsprechend zu bezahlen.“

„Über eine Gehaltserhöhung können wir gern sprechen“, meinte Eve, froh, das gefährliche Terrain verlassen zu haben. „Nennen Sie Ihren Preis, dann werden wir sehen, ob wir ins Geschäft kommen.“

Ryder holte tief Luft und sah aus dem Fenster. Nennen Sie Ihren Preis. Aber was war sein Preis? Ging es ihm wirklich um ein höheres Gehalt? Geld hatte für ihn seinen Reiz verloren, nachdem er sich seinen Lebenstraum nicht mehr erfüllen konnte. Natürlich konnte er von hier weggehen und woanders neu anfangen. Oder er konnte für eine Weile in die Stadt ziehen, um das Leben dort auszuprobieren.

Aber im Grunde wusste er, dass er die Weite und das offene Land brauchte. Die Wüste, die sanften Hügel und niederen Berge des Südwestens waren ein Teil von ihm. Nie würde er …

Und dann wurde ihm schlagartig eines klar. Mit ihrem modischen Haarschnitt, den manikürten Fingernägeln und diesen Fantasiekleidern gehörte Eve Terry eindeutig in eine andere Umgebung. Eine Ranch am Rande von Tucson war nicht ihre Welt, nicht auf Dauer.

Sie würde nicht durchhalten, unmöglich. Davon war er felsenfest überzeugt. Und das konnte er zu seinem Vorteil nutzen.

„Ich will keine Gehaltserhöhung“, sagte er schließlich und sah sie an. „Ich will nur das Vorkaufsrecht, falls Sie sich entschließen sollten, die Ranch wieder zu verkaufen. Und ich werde Ihnen genau dasselbe bezahlen, was Sie dafür bezahlt haben.“ Wenn er ein bisschen Zeit bekam, dann konnte er auch noch die restlichen Finanzen aufbringen. Ein paar Wochen gab er ihr.

Eve lächelte ihn kühl an. „Machen Sie sich keine Hoffnungen. Ich habe meine Wohnung weitervermietet, meine Möbel verkauft, die Pflanzen verschenkt und alles, was ich für meine Arbeit brauche, hierher bringen lassen. Außerdem habe ich insgesamt 123 Karten mit meiner neuen Adresse verschickt. Hier bringt mich nichts mehr weg.“

„Dann sollte es Ihnen nicht schwerfallen, auf meine Bedingung einzugehen“, meinte Ryder.

Sie sahen sich eine Weile nur an. Dann nickte Eve. „Okay. Sie bekommen das Vorkaufsrecht vertraglich zugesichert.“

Ryder atmete tief durch. So gut hatte er sich seit Wochen nicht mehr gefühlt. Amos Cutters Tod hatte ihn schwer getroffen, auch wenn der alte Mann so starrköpfig wie ein Maulesel sein konnte. Aber er und Pete Rawlins in all seiner Knurrigkeit waren ihm mehr Familie geworden, als er seit Jahren gehabt hatte.

Jetzt sah die Welt schon wieder freundlicher aus. Er blieb auf der Ranch, und in dem Moment, in dem seine Chefin keine Lust mehr hatte, das Cowgirl zu spielen, und zurück in die Stadt floh, wohin sie gehörte, würde er …

Eves Stimme holte ihn in die Gegenwart zurück. „Nachdem Sie also bekommen, was Sie wollten, hätte ich als Gegenleistung auch gern etwas von Ihnen.“

Er hätte sich ja denken können, dass es nicht ganz so problemlos laufen würde. Das Wort „problemlos“ im Zusammenhang mit dieser Frau existierte nicht.

„Und zwar?“, wollte er wissen.

Sie zögerte keine Sekunde. „Ich möchte Ihre Zusicherung, dass Sie die nächsten sechs Monate hier auf der Ranch bleiben, ganz gleich, wozu ich mich entschließe.“

Ryder betrachtete sie abwägend. Dass er blieb, ging in Ordnung. Lange bevor die sechs Monate vorüber waren, war er mit ziemlicher Sicherheit ohnehin der neue Besitzer. Was ihm ein wenig Sorgen machte, war der Zusatz „ganz gleich, wozu ich mich entschließe“.

Eigentlich hatte er angenommen, dass die Ranch mehr oder weniger so blieb, wie sie schon immer gewesen war. Das war wohl voreilig gewesen. Andererseits: Was konnte sie schon groß vorhaben? Er runzelte die Stirn.

Plötzlich hatte er eine albtraumhafte Vision. „Erzählen Sie mir nicht, dass Sie hier so eine Art Spielplatz für Möchtegern-Cowboys aufziehen wollen, so eine Touristenranch! Bitte nicht. Was immer Sie vorhaben, bitte nicht das!“

Eve schüttelte belustigt den Kopf, und dabei gerieten ihre silbernen Ohrringe ins Schwingen. „Nein, keine Angst, das habe ich bestimmt nicht vor.“

Erleichtert stieß Ryder den Atem aus. „Gott sei Dank.“

„Also?“, fragte sie. „Einverstanden?“

Da seiner Meinung nach nichts Schrecklicheres passieren konnte, als dass hier ein Dutzend Greenhorns auftauchte, die bei einem Pferd vorne nicht von hinten unterscheiden konnten, nickte Ryder. „Einverstanden.“

Eve stand auf. „Gut. Dann wäre das abgemacht. Es war mir ein Vergnügen, Mr Quinn.“

Das Vergnügen hätte ganz auf seiner Seite sein müssen und wäre es wohl auch gewesen, würde nicht immer noch ein kleiner Zweifel in ihm nagen. Er sah Eve an, dass sie auf seine Frage nach ihren Plänen wartete. Eigentlich wollte er ihr den Gefallen nicht tun, aber seine Neugier war größer.

„Also, sagen Sie schon: Was haben Sie vor?“

Eve lächelte. „Es freut Sie sicher zu hören, dass die Ranch größtenteils so bleiben wird, wie sie ist.“

Immerhin.

„Allerdings möchte ich hier im Haus größere Änderungen vornehmen.“ Eve sah sich um.

Die Möblierung war ziemlich spärlich und auf das Nötigste beschränkt. Diese Frau war damit natürlich nicht zufrieden. Vorhänge, ein paar Teppiche, Bilder an den Wänden … Das waren vermutlich die Änderungen, die sie im Sinn hatte.

Aber ob es wirklich so einfach war? Er hatte schon gehört, dass sie mit genügend Gepäck angereist war, um ein Kriegsschiff auszustatten, und vermutlich war noch mehr unterwegs.

„Und welche Änderungen sollen das sein?“, erkundigte er sich gegen seinen Willen.

Sie sah ihn direkt an, ohne auch nur einmal mit der Wimper zu zucken. „Ich möchte einen Teil des Hauses in eine Krippe umwandeln.“

Ryder runzelte die Stirn. Er musste sich verhört haben. „Eine Krippe?“

Eve nickte. „Ja.“

„Eine – eine Art Kindergarten?“

„Ja. Für Babys.“

2. KAPITEL

„Babys.“

Eve hatte Mühe, sich das Lachen zu verkneifen. Sie hatte es geschafft, Ryder Quinn bis in seine Grundfesten zu erschüttern. „Ja, Sie wissen doch: Diese niedlichen kleinen Wesen, die neun Monate, nachdem ihre Eltern miteinander im Bett waren, plötzlich auf die Welt kommen und danach gewisse Ansprüche stellen.“

Ryder sah sie an, als käme sie von einem anderen Stern. „Sind Sie übergeschnappt?“

„In Ihren Augen wahrscheinlich schon“, meinte sie. „Aber es gibt Leute, die meine Idee großartig finden.“

Ryder sank in sich zusammen. Er sah so fertig aus, dass er Eve schon fast wieder leidtat. Aber nur fast.

Eine Weile sah er sie nur an, dann stieß er einen resignierten Seufzer aus. „Sie haben sich das nicht nur ausgedacht, oder?“, fragte er vorsichtshalber nach, bekam aber keine Antwort. „Dann ist das nicht nur ein Albtraum, sondern Ihr voller Ernst?“

„Ja. Ich will damit Mütter unterstützen, die sich keine Ganztagsbetreuung leisten können. Sie sollen die Möglichkeit haben, sich Arbeit zu suchen oder Schule und Ausbildung abzuschließen. Das Angebot ist kostenlos, und wenn es nur einer Frau dadurch möglich ist, ihr Kind zu behalten, lohnt sich das Ganze.“

Ein forschender Ausdruck trat in Ryders Augen. „Ich vermute, das hat persönliche Gründe. Habe ich recht?“

Autor

Sharon Swan
Sharon Swan ist geboren und aufgewachsen in Chicago. Sie verdankt ihrer Mutter, die regelmäßig mit ihr gelesen hat, die Neigung zum geschriebenen Wort. Für sie hatten Bücher immer einen ganz eigenen Zauber. Sharon Swan, die eine Autorenkarriere in ihrer Jugend nie in Betracht zog, träumte von einer Zukunft als professionelle...
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