Nanny gesucht, Liebe gefunden

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"Das Leben ist kurz. Mach ein Abenteuer daraus", lautet Tricias Motto. Und das muss sie bei dem vermögenden Unternehmer Noah Falcon beweisen, der sie als Nanny einstellt. Denn zwischen ihr und dem attraktiven, alleinerziehenden Vaters knistert es heiß! Das Lachen in Noahs Augen zurückzubringen, Hoffnung und Zärtlichkeit in seine Blicke zu zaubern: Tricia ist bereit für das große Abenteuer, das man Liebe nennt …


  • Erscheinungstag 28.05.2018
  • ISBN / Artikelnummer 9783733756802
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Tricia McBride blieb kurz vor dem Besprechungsraum von At Your Service stehen, einer bekannten Vermittlungsagentur für Haushaltshilfen und Bürokräfte in Sacramento. Ungläubig schaute sie die Chefin Denise Watson an, die sie gerade über die Einzelheiten eines neuen Stellenangebots informierte.

„Moment mal“, meinte Tricia. „Habe ich das richtig verstanden: Ich habe mein Vorstellungsgespräch nicht mit diesem Noah Falcon, für den ich arbeiten soll? Ich würde den Job also übernehmen, ohne meinen Arbeitgeber zu kennen?“

„Richtig“, antwortete Denise. „Das kommt doch ständig vor, Tricia.“

„Tatsächlich?“

„Du weißt, dass ich alle meine potenziellen Arbeitgeber sorgfältig überprüfe, genau wie meine Mitarbeiter. Wenn die Situation unzumutbar sein sollte, kannst du jederzeit gehen. Aber ich glaube nicht, dass dies der Fall sein wird. Noah ist ein erfolgreicher Geschäftsmann, Witwer mit vier Kindern, eine Stütze der Gesellschaft.“

„Aber er führt das Einstellungsgespräch nicht selbst. Du verheimlichst mir doch irgendwas“, entgegnete Tricia.

Denise zögerte. „Na ja, um ehrlich zu sein, er weiß noch gar nicht, dass seine jetzige Angestellte gehen wird. Sie hat es seinem Bruder gesagt, und der hat beschlossen, die Sache in die Hand zu nehmen.“

„Wieso das denn?“

„Frag ihn doch selbst.“ Denise öffnete die Tür und ging hinein.

Ein attraktiver Mann etwa in Tricias Alter stand auf, und Denise machte sie miteinander bekannt. „Tricia McBride, das hier ist David Falcon.“

Nachdem sie sich begrüßt hatten, ließ Denise sie allein.

„Ihr Lebenslauf klingt beeindruckend.“ David setzte sich wieder an den Konferenztisch.

„Danke.“ Tricia nahm ebenfalls Platz. „Warum ausgerechnet ich, Mr. Falcon?“

Er hob die Brauen. „Warum nicht?“

„Denise hat Ihnen doch sicher erzählt, dass ich im Januar aus beruflichen Gründen nach San Diego ziehen werde“, erwiderte sie. „Ich wäre weniger als drei Monate bei Ihrem Bruder beschäftigt. Das erscheint mir der Familie gegenüber ziemlich unfair.“

„Das ist für uns natürlich keine ideale Situation“, gab er zu. „Aber das Wichtigste ist, dass wir drei Monate Zeit haben, um die perfekte Kandidatin zu finden. Jemand, der auch wirklich bleibt. Und sobald wir jemanden haben, sind Sie raus. Der Job ist also nicht für drei Monate garantiert. Aber bisher musste Noah immer sehr schnelle Entscheidungen treffen. Sie würden ihm die nötige Zeit geben, um die Richtige zu suchen.“

„Soll das heißen, seine Angestellten wechseln häufig?“

Zögernd antwortete David: „Mein Bruder neigt dazu, Leute einzustellen, die frisch vom College kommen. Die haben weder Alltagskompetenzen noch können sie mit vier Kindern umgehen. Sie dagegen waren Erzieherin und besitzen praktische Berufserfahrung. Und mit vierunddreißig haben Sie auch genügend Lebenserfahrung. Daher bin ich überzeugt, dass Sie ein Gewinn für die Familie wären.“

Tricia sah ihn offen an. „Und warum tun Sie das hinter seinem Rücken?“

Er lächelte ein wenig. „Ganz ehrlich? Noahs Kinder brauchen eine Frau wie Sie, und wenn auch nur für ein paar Monate. Ihre Mutter starb vor drei Jahren. Das Haus ist sehr still. Für die Kinder ist es wichtig, dass mal wieder gelacht wird und jemand da ist, der sich Noah gegenüber behauptet.“

„Warum?“

„Er braucht Hilfe, sperrt sich jedoch meistens gegen Ratschläge“, meinte David. „Noah trauert noch. Er weiß nicht, wie er mit seinen Kindern umgehen soll. Er liebt sie, kann es aber nicht so recht zeigen.“

„Denise zufolge handelt es sich nicht nur um eine Stelle als Nanny“, sagte Tricia.

„Eigentlich wären Sie eher Lehrerin als Nanny. Die Kinder werden zu Hause unterrichtet.“

„Vier Kinder zu unterrichten ist aber etwas ganz anderes, als sie nur zu betreuen“, gab Tricia zurück.

„Deshalb ist das Gehalt auch so hoch. Aber die Kinder sind intelligent und haben Spaß am Lernen“, antwortete er.

„Wie alt sind sie?“

„Die Jungs sind neun und die Mädchen zwölf. Zwei Zwillingspärchen.“ David lächelte bedauernd. „Auch ein Grund für die Höhe des Gehalts. Aber sie sind längst nicht so schlimm, wie Sie vielleicht denken. Allein die Vorstellung schreckt allerdings viele ab. Darum hatte ich Denise gebeten, es nicht zu erwähnen.“

Unschlüssig meinte Tricia: „Ich bin wirklich nicht sicher.“

„Ich kann Ihre Bedenken verstehen.“ Er beugte sich vor. „Aber warum kommen Sie nicht einfach mal mit zu Noahs Haus, während er im Büro ist? Dann können Sie die Kinder kennenlernen und sich die Umgebung mal anschauen. Die Familie wohnt nördlich von Sacramento an der Sierra Nevada. Es ist ein geräumiges Haus auf einem vierzig Quadratkilometer großen Gelände.“

Tricia war entsetzt. „Das heißt, mitten auf dem Land und weit und breit keine Nachbarn?“

„So in etwa, ja.“

„Ich müsste also dort wohnen?“, fragte sie. „Ich will mein Haus demnächst verkaufen und muss renovieren.“

„Sie könnten die Wochenenden freihaben“, sagte David.

Tricia überlegte. Es war nicht gerade das, was sie sich vorgestellt hatte. Aber schließlich war es nur für drei Monate. Und ihr neues Lebensmotto kam ihr wieder in den Sinn: Das Leben ist kurz. Mach ein Abenteuer draus.

„Okay“, meinte sie schließlich. „Fahren wir.“

Mit verkrampften Schultern bog Noah Falcon in die Zufahrt zu seinem Haus ein. Er fuhr den Wagen in die Garage, stellte den Motor aus, blieb einen Moment lang sitzen und versuchte, von Chef auf Vater umzuschalten. Die Anforderungen in der Firma waren ein Kinderspiel im Vergleich zu dem Zusammensein mit seinen Kindern jeden Abend. Irgendwie waren sie einander in den vergangenen drei Jahren fast fremd geworden.

In letzter Zeit war Noah immer später nach Hause gekommen. Er wusste, dass die Kinder dann entweder kurz vorm Schlafengehen oder schon im Bett waren. Dadurch konnte er den Kontakt mit ihnen weitgehend vermeiden, abgesehen von einer kurzen Frage danach, wie der Tag verlaufen war.

Falls er es doch einmal schaffte, rechtzeitig zum Abendessen da zu sein, bemühte er sich, bei Tisch ein Gespräch in Gang zu halten. Aber wenn er ihnen nicht ständig Fragen stellte, blieben die Kinder beinahe stumm. Er wusste nicht, wie er dieses Schweigen brechen sollte, damit sie von sich aus etwas erzählten.

Heute war auch noch Freitag. Das bedeutete wieder ein ganzes Wochenende mit ihnen. Aber wenigstens musste er sich heute Abend keine Gedanken darüber machen, weil sie schon längst im Bett sein würden. Auf dem Weg zum Haus sah Noah jedoch, dass im Zimmer der Mädchen noch Licht an war. Die übrigen Zimmer an der Rückseite des Hauses lagen dagegen im Dunkeln.

Durch die Hintertür kam er in die Küche. Wie üblich stand ein mit Klarsichtfolie abgedeckter Teller im Kühlschrank. Das Essen bestand aus Hackbraten, Kartoffelbrei und grünen Bohnen. Da Noah der Magen knurrte, schob er den Teller in die Mikrowelle, ehe er nach oben ging, um Gute Nacht zu sagen.

Als er den Treppenabsatz erreichte, hörte er eine dramatische Frauenstimme. Anscheinend schauten sich Ashley und Zoe einen Film an, denn es war nicht die Stimme von Jessica, ihrer Nanny.

Kurz vor dem Zimmer seiner Töchter sah Noah alle vier Kinder in Ashleys großem Ballettspiegel an der Wand. Sie hatten ihre Schlafanzüge an. Die Jungen hockten auf Sitzsäcken, die sie aus ihrem eigenen Zimmer mitgebracht hatten. Die Mädchen lagen bäuchlings auf Ashleys Bett, den Kopf in die Hände gestützt. Alle hörten aufmerksam der Frau zu, die mit einem aufgeschlagenen Buch mitten im Raum stand.

Sie war groß. Noah selbst war eins dreiundneunzig und schätzte sie auf mindestens eins achtzig. Sie hatte eine wilde Mähne goldblonder Locken, die sich bei ihrer dramatischen Erzählung heftig bewegten. Die Unbekannte verwendete für jede Person der Geschichte eine andere Tonlage, und ihr gesamter Körper spielte dabei mit.

Ein wirklich sehr ansprechender Körper, wie Noah feststellte. Sie trug enge Jeans, die ihre langen Beine betonten, und ihre herrlichen Brüste zeichneten sich unter dem körpernahen Pullover ab.

Nackt sah sie bestimmt atemberaubend aus, wie eine Amazone, eine Kriegerin.

Er verdrängte das Bild. Wer war die Frau? Was hatte sie hier verloren? Und wo zum Teufel war Jessica?

Noah trat ins Zimmer. Die Kinder drehten sich um und sahen ihn an, sagten jedoch nichts.

„Guten Abend“, begrüßte er sie.

„Guten Abend, Vater“, antworteten sie einstimmig.

Er merkte, dass die unbekannte Frau für einen Augenblick die Brauen zusammenzog. Dann ging sie auf ihn zu und streckte ihm die Hand entgegen. Mit ihren strahlend grünen Augen musterte sie ihn. „Hallo, Sie müssen Noah Falcon sein. Ich bin Tricia McBride, Ihre neue Hauslehrerin.“

„Meine neue Hauslehrerin?“ Er gab ihr die Hand. „Aber wo ist Jessica?“

„Sie guckt in ihrem Zimmer fern. Am Montag können wir die offizielle Übergabe machen.“ Noah wirkte so schockiert, dass Tricia mitfühlend meinte: „Sie sollten Ihren Bruder David anrufen.“

Er presste die Lippen zusammen. „Dürfte ich Sie vielleicht für einen Moment draußen sprechen?“ Ohne ihre Antwort abzuwarten, verließ er das Zimmer.

Tricia wappnete sich für die bevorstehende Auseinandersetzung. Nach allem, was sie von David und Jessica gehört hatte, rechnete sie mit einigem Widerstand von Noahs Seite. Doch nachdem sie den Nachmittag und den Abend mit seinen Kindern verbracht hatte, hatte sie beschlossen, ihn dazu zu bringen, dass er sie einstellte. Die Kinder brauchten sie, basta.

Sie legte das Buch hin und lächelte ihnen zu. „Ich komme gleich zurück, um die Geschichte fertig vorzulesen. Ihr könnt ja solange eine Kissenschlacht veranstalten.“

Die Kinder schauten einander verblüfft an, als Tricia hinausging. Prompt prallte sie auf dem Flur beinahe mit ihrem neuen Arbeitgeber zusammen.

„Warum hat das so lange gedauert?“, fragte er ungehalten.

„Zehn Sekunden ist lang? Ich habe Ihren Kindern nur versprochen, dass ich die Geschichte noch zu Ende vorlesen werde.“

„Sind sie nicht schon ein bisschen zu alt für Gutenachtgeschichten? Sie können doch selbst lesen“, entgegnete er.

Mit dem Vater würde es sicher entschieden mehr Probleme geben als mit den Kindern. Und außerdem hätte jemand Tricia sagen sollen, wie unglaublich attraktiv dieser Mann war mit diesem dichten dunkelbraunen Haar, den dunklen Augen, seinem muskulösen Oberkörper und den breiten Schultern. Zu schade nur, dass er offenbar nicht den geringsten Sinn für Humor besaß.

„Ich lasse mir auch heute noch gerne etwas vorlesen“, meinte sie.

Er schob die Hände in die Hosentaschen. „Ich nehme an, dass Jessica gehen will?“

„So ist es.“

„Und mein Bruder hat es herausgefunden, sich eingeschaltet und Sie dafür eingestellt.“

„Ja. Ich denke, er wartet darauf, dass Sie sich bei ihm melden“, erwiderte Tricia.

„Keine Sorge, das werde ich“, erklärte Noah. „Was sind Ihre Qualifikationen?“

„Ich bin Erzieherin“, antwortete sie. „Jessica hat mir den Lehrplan gezeigt. Scheint machbar zu sein.“ Er musste nur ein bisschen aufgepeppt werden, um auch etwas Spaß dabei zu haben.

Noah wandte sich halb ab. „Ich werde jetzt zu Jessica gehen und danach David anrufen. Bitte kommen Sie in mein Arbeitszimmer, sobald Sie mit der Geschichte fertig sind. Wissen Sie, wo es ist?“

„Ja. Jessica hat eine Hausführung mit mir gemacht.“ Sieben Schlafzimmer, sieben Bäder, zwei Stockwerke. Die Führung hatte eine geschlagene halbe Stunde gedauert.

„Gut.“ Noah wollte gehen.

„Entschuldigen Sie. Ich habe Sie wohl davon abgehalten, Ihren Kindern Gute Nacht zu sagen“, meinte Tricia.

Er sah sie an, ging dann an ihr vorbei und wieder in das Zimmer zurück. Tricia folgte ihm. Es fand keine Kissenschlacht statt, was sie nicht überraschte.

„Na ja, schon wieder jemand Neues“, sagte Noah zu seinen Kindern. „Das tut mir leid.“

Ashley lächelte. „Ist schon okay.“

„Nein, ist es nicht“, antwortete er. „Und ich werde mich darum kümmern.“

Die Mädchen saßen im Schneidersitz auf dem Bett. Er fuhr ihnen über das lange rotblonde Haar und sagte Gute Nacht. Bei den Jungen, die wie er dunkles Haar und dunkle Augen hatten, tat er das Gleiche.

Alle erwiderten brav: „Gute Nacht, Vater.“

Ehe er hinausging, nickte er Tricia kurz zu.

Sie nahm das Buch zur Hand. Es waren nur noch drei Seiten bis zum Ende der Geschichte. Die Kinder waren sofort wieder ganz bei der Sache. Am Schluss klatschte Ashley Beifall. Sie war leicht von ihrer Zwillingsschwester zu unterscheiden, denn sie lächelte häufig. Zoe dagegen nur selten.

„Ich nehme an, es ist Zeit zum Schlafengehen?“, fragte Tricia.

Die Jungen schleppten ihre Sitzsäcke zur Tür.

„Ich sage euch auch gleich Gute Nacht“, sagte sie zu ihnen.

Die beiden schauten sich an. „Warum?“, fragte Adam.

„Weil ich finde, dass es schön ist, den Tag so zu beenden“, erklärte Tricia.

Wieder sahen sich die Jungen an. Achselzuckend verließ der stille Zachary das Zimmer, und Adam ging hinterher.

Ashley schlüpfte unter ihre Bettdecke. „Sie kommen am Montag, stimmt’s?“

„Die Entscheidung liegt bei eurem Vater, aber ich hoffe es. Ich freue mich darauf“, erwiderte Tricia.

„Wieso?“, wollte Zoe wissen.

„Weil ich euch mag.“

„Sie kennen uns doch gar nicht“, gab das Mädchen verächtlich zurück.

„Das stimmt, Zoe. Und ihr kennt mich auch noch nicht. Aber was ich bisher gesehen habe, gefällt mir.“ Tricia steckte die Decke um Ashley herum fest. „Gute Nacht, schlaf gut.“

Ashley lächelte Tricia an. Zoe wollte nicht zugedeckt werden, also versuchte Tricia es gar nicht erst.

Danach ging sie zum Zimmer der Jungen. Die Tür war zu, und es war kein Licht zu sehen. Tricia klopfte. Als keine Antwort kam, machte sie die Tür weit auf, sodass das Licht vom Flur hereinfiel. Keiner der Jungen rührte sich. Da sie nicht wusste, wer in welchem Bett schlief, richtete sie sich nach dem, was sie sehen konnte.

Die eine Seite des Zimmers war aufgeräumt und ordentlich. Auf der anderen Seite lagen jede Menge Sportgeräte herum. Dort ging Tricia zuerst hin, wobei sie über einen Basketball stolperte.

„Gute Nacht, Adam.“ Sie drückte seine Schulter.

Rasch hob er den Kopf. „Woher wussten Sie, dass ich das bin?“

„Du bist eben einmalig.“

Er schwieg einen Moment. „Echt?“

„Na klar“, meinte sie. „Schlaf gut.“

„Kommen Sie wieder?“

„Das hoffe ich.“

Tricia ging zu Zachs Bett hinüber, sagte auch ihm Gute Nacht und berührte seine Schulter. Er reagierte nicht, bis sie an der Tür war.

„Ich weiß Ihren Namen nicht mehr“, sagte er dann.

„Tricia McBride.“ Sie schloss die Tür hinter sich, froh, dass sie die beiden hatte unterscheiden können. Dann ging sie nach unten, um sich in die Höhle des Löwen zu wagen.

Ungeduldig trommelte Noah mit den Fingern auf den Schreibtisch, während er sich anhörte, wie sein Bruder sich verteidigte.

„Dass sie attraktiv ist, schadet ja auch nichts“, meinte David scherzhaft.

„Ich habe mich noch nie mit einer Angestellten eingelassen, und ich werde auch jetzt nicht damit anfangen“, entgegnete Noah gereizt.

„Du solltest dir ein Beispiel an mir nehmen. Bei mir hat’s geklappt.“

„Es war ein großes Risiko, dass du dich mit deiner Haushälterin eingelassen hast. Sie hätte kündigen oder dich anzeigen können.“

„Stattdessen hat sie sich mit mir verlobt“, erklärte David. „Wunderbar.“

„Du hattest Glück.“

„Kann man wohl sagen.“

„Das war nicht positiv gemeint, David.“

David lachte. Im Grunde war Noah erleichtert, dass er sich nicht schon wieder um eine neue Hauslehrerin kümmern musste.

„Die Kinder scheinen sie zu mögen“, meinte er. „Sie mussten sich schon viel zu oft an jemand Neues gewöhnen. Ich hoffe, die hier bleibt.“

David schwieg einen Moment lang. „Das hoffe ich auch.“

Noah hörte Tricia die Treppe herunterkommen. „Ich muss Schluss machen. Wir sehen uns dann am Montag im Büro.“

„Da kannst du mir ja dann immer noch gebührend danken.“

Kopfschüttelnd legte Noah auf. Nun, da er endlich die richtige Frau gefunden hatte, wollte David, dass jeder so glücklich war wie er.

Es klopfte.

„Herein.“ Sie ist in der Tat attraktiv, dachte Noah. Er deutete auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch.

„Sie sind alle im Bett.“ Tricia setzte sich. „Es sind wirklich nette Kinder.“

Er lehnte sich zurück. „Danke. Sie haben es schwer, seit ihre Mutter gestorben ist.“

„Das war vor drei Jahren, oder?“

„Ja. Aber erzählen Sie mir nicht, dass sie inzwischen darüber hinweg sein sollten.“ Noah war es satt, das zu hören.

„In mancher Hinsicht wird es im Laufe der Zeit sogar schwerer“, erwiderte sie. „Wahrscheinlich können sie sich inzwischen nicht mehr so leicht an das Gesicht ihrer Mutter erinnern. Es macht Angst, wenn die Bilder verblassen, obwohl man sie so gerne im Gedächtnis behalten möchte.“

Tricias Bemerkung traf Noah, denn ihm erging es genauso. Er konnte sich Margies Stimme nicht mehr vorstellen. Außer dass Ashley und Zoe so lachten wie sie. „Das klingt, als hätten Sie eigene Erfahrungen damit.“

„Mein Vater starb, als ich elf war. Deshalb verstehe ich, was in den Kindern vorgeht.“ Tricia sah ihn an. „Sollen wir über den Job reden? Hat David Sie über mich informiert?“

„Er sagte, dass Sie die Wochenenden freihaben wollen, aber in der Woche hier wohnen würden. Cora, unsere Haushälterin, arbeitet auch nur von montags bis freitags. Dann habe ich am Wochenende niemanden hier“, meinte er.

Lächelnd gab sie zurück: „Da das Haus am Wochenende nicht geputzt werden muss und die Kinder keine Schule haben, müssen Sie doch nur mit ihnen essen und spielen. Ich nehme an, dass die Kinder ihre Betten selbst machen. Und kochen können Sie doch mittlerweile sicher auch.“

„Gibt es irgendeinen besonderen Grund, warum Sie nicht ganz hier wohnen können?“, fragte Noah.

Tricia hob die Brauen. „Habe ich die Stellenbeschreibung etwa falsch verstanden? David meinte, ich wäre hauptsächlich als Hauslehrerin engagiert. Nach meinem Verständnis ist das ein Job von montags bis freitags. Und jeder hat ein Recht auf etwas Freizeit.“

„In dem recht lukrativen Gehalt, das ich zahle, war immer auch die allgemeine Betreuung der Kinder mit eingeschlossen“, sagte er. „Nanny und Hauslehrerin zugleich. Und das bedeutet auch am Wochenende.“

„Dann werden Sie mir mein Gehalt entsprechend kürzen müssen. Denn ich möchte nicht rund um die Uhr hier wohnen. Ich lebe in Sacramento“, erklärte Tricia. „Gibt es irgendeinen Grund, warum Sie nicht in der Lage sind, sich am Wochenende selbst um Ihre Kinder zu kümmern?“

Damit hatte sie einen wunden Punkt getroffen. Noah war bewusst, dass er als Vater versagte, wollte sich das jedoch von niemand anderem sagen lassen. „Manchmal muss ich arbeiten“, meinte er kühl.

„Dann müssen Sie fürs Wochenende eben eine Aushilfe einstellen. David hat Ihnen sicher gesagt, dass ich dabei bin, mein Haus zum Verkauf vorzubereiten.“ Sie sah ihn an. „Finanziell scheint das für Sie ja kein Problem zu sein.“

„Vater?“ Alle vier Kinder standen dicht nebeneinander an der Tür.

„Wieso seid ihr nicht im Bett?“, fragte er.

Ashley kam einen Schritt herein, und die anderen drängten sich um sie herum. „Wir möchten, dass Miss Tricia unsere neue Nanny wird.“

Noah legte die Fingerspitzen aneinander. „Verstehe. Na ja, noch kann ich das nicht mit Sicherheit sagen. Miss Tricia und ich verhandeln gerade.“

„Was heißt das?“, wollte Adam wissen.

„Das heißt, dass wir die beste Lösung für uns alle suchen.“

„Das Beste wäre, wenn sie hier bei uns wohnt“, erklärte Zach.

„Du musst ihr nur viel Geld bezahlen“, sagte Ashley.

„Es geht nicht um Geld.“ Tricia freute sich, dass die Kinder sie haben wollten. „Euer Vater zahlt sehr gut. Es geht darum, dass ich die Wochenenden freihaben muss.“

Die Kinder schauten sich an. Schließlich meinte Ashley: „Wir sind keine kleinen Kinder mehr, Vater. Wir brauchen nicht ständig eine Nanny.“

„Ich werde darüber nachdenken. Aber jetzt geht ihr alle wieder ins Bett und lasst uns hier weiter diskutieren.“

Zach kam zu Tricia und schüttelte ihr mit ernster Miene die Hand. Mit einem breiten Grinsen folgte Adam seinem Beispiel.

Danach kam Zoe. „Können Sie Fußball spielen?“

„Aber klar.“

„Okay.“ Zoe gab ihr ebenfalls die Hand, ehe sie hinausging und dabei einen imaginären Ball zwischen ihren Knien hin- und herhüpfen ließ.

Als Letzte kam Ashley. „Bitte sagen Sie Ja, Miss Tricia.“ Rasch umarmte sie Tricia und eilte aus dem Zimmer.

Noah merkte, wie gerührt Tricia war. Wenn ihr die Kinder schon nach wenigen Stunden so viel bedeuteten, dann war sie auf jeden Fall die Richtige für den Job. Das würde ihm eine große Last von den Schultern nehmen.

„Also“, sagte er etwas freundlicher. „Von Samstagmorgen bis Sonntagabend haben Sie frei. Und diesen Sonntagabend fangen Sie an.“

„Jessica geht doch erst am Montag“, widersprach sie.

„Nein, am Sonntagnachmittag.“

„Ach so.“ Tricia nickte. „Wäre Ihnen fünf Uhr recht, Mr. Falcon?“

Er stand auf. „Noah. Und ja, das ist in Ordnung.“

Sie erhob sich ebenfalls. „Es würde mich interessieren, warum Sie die Kinder nicht auf eine öffentliche Schule schicken.“

„Ich habe meiner verstorbenen Frau versprochen, das weiterzuführen, was sie angefangen hatte.“ Er hielt inne. „Ich bringe Sie noch zu Ihrem Wagen. Wo steht der überhaupt?“

„Gleich neben der Garage. Haben Sie ihn nicht gesehen?“

„Ich war in Gedanken. Lassen Sie mich nur schnell den Kindern sagen, dass Sie bereit sind, den Job zu übernehmen. Vorher werden sie sicher nicht einschlafen. Bin gleich wieder da.“ Noah gab ihr die Hand, genau wie seine Kinder. „Danke.“

„Ich freue mich, dass wir uns einig geworden sind.“

Ihr Händedruck war fest, ein Zeichen von Charakterstärke. Tricia schien sehr direkt zu sein und konnte ihre Meinung durchaus vertreten. Im Haus der Falcons würde sich ab jetzt wohl einiges ändern.

Zehn Minuten später ging Tricia mit Noah nach draußen in den kühlen Oktoberabend. Jetzt war es also offiziell. Sie hatte den Job.

Plötzlich fiel ihr die ungeheure Stille ringsum auf. An das Leben auf dem Land musste sie sich erst noch gewöhnen.

„Haben Ihre Kinder schon immer Vater zu Ihnen gesagt?“, fragte sie Noah.

„Ja, wieso?“

„Das hört man heutzutage nicht mehr oft. Haben Sie Ihren Vater auch so genannt?“

„Nein, meistens habe ich ihn Mistkerl genannt.“

Tricia stolperte unwillkürlich, und Noah fing sie auf. Sie hielt sich an ihm fest und blickte in sein Gesicht. Im Gegensatz zu dem kalten Ausdruck in seinen Augen fühlten sich seine Hände warm an.

„Danke“, sagte sie leise. Irgendwie war es schade, dass er sie losließ. Seine großen, sanften Hände hatten etwas Tröstliches. „Auf eine solche Antwort war ich nicht vorbereitet.“

„Warum die Wahrheit verschweigen? Ich habe es mir zum Ziel gesetzt, mein Leben so weit wie möglich anders zu gestalten als er.“

„Und weil Sie ihn Dad genannt haben, möchten Sie nicht, dass Ihre Kinder das Gleiche zu Ihnen sagen?“, fragte Tricia.

Da sie inzwischen ihren Geländewagen erreicht hatten, drückte sie auf den Knopf ihres Autoschlüssels, um ihn zu entriegeln.

„Sie sind noch nicht lange genug hier, um mich zu kritisieren“, erwiderte Noah kühl. „Ich bin im totalen Chaos aufgewachsen, und so etwas will ich für meine Kinder nicht.“

Tricia öffnete die Fahrertür. „Entschuldigen Sie, Noah. Ich war nur neugierig. Das Verhältnis zwischen Ihnen und Ihren Kindern scheint sehr förmlich zu sein.“

Er wechselte das Thema. „Brauchen Sie noch irgendetwas, bevor Sie Ihre Stelle hier antreten?“

Sie spürte seinen tiefen Schmerz und fragte sich, ob er wohl jemals in der Lage sein würde, sich wieder dem Leben zuzuwenden.

„Wenn mir was einfällt, werde ich es einfach in Sacramento besorgen.“ Sie stieg ein. „Am Sonntagabend schaue ich mir den Lehrstoff an, damit ich am Montag gleich einsteigen kann.“

„Sie haben meine Telefonnummern?“

„Ja, danke.“ Tricia ließ den Motor an. Noah hatte den Arm an ihre Tür gelehnt. Trotz seiner starken inneren Anspannung war er wirklich ein außerordentlich attraktiver Mann.

„Bis Sonntag dann“, sagte er und lächelte.

Tricia legte den Rückwärtsgang ein. „Bis Sonntag.“

Noah trat zurück, stand jedoch noch in der Auffahrt, als sie in den Rückspiegel schaute, ehe sie auf die Straße einbog. Vielleicht würde es ihm irgendwann leidtun, sie eingestellt zu haben. Er war nämlich ziemlich sicher, dass sie anders war als alle anderen Nannys vor ihr.

2. KAPITEL

In der Küche schaute Noah zu, wie seine Kinder sich von Jessica verabschiedeten, die für einige Monate ihre Nanny und Hauslehrerin gewesen war. Normalerweise war jede Wachablösung, wie Tricia sich ausgedrückt hatte, Ursache schlechter Laune und stummer, vorwurfsvoller Mienen bei den Kindern. Aber diesmal nicht. Heute sagten sie einfach Auf Wiedersehen und ließen Jessica gehen.

Die Kinder mochten ihre Betreuerinnen eigentlich immer. Das Problem war eher, dass die Nannys Noah nicht mochten.

Er wusste, dass er Schwierigkeiten mit seinen Angestellten hatte. In den letzten beiden Tagen hatte er viel darüber nachgedacht und überlegt, wie er es vermeiden konnte, die nächste Nanny auch wieder zu verlieren. Nein, er sollte sich angewöhnen, Tricia Hauslehrerin zu nennen, da ihr diese Bezeichnung offenbar lieber war.

Warum ihre Vorgängerinnen sich wohl nie an dem Begriff Nanny gestört hatten? Vielleicht weil sie gerade frisch vom College kamen und noch keine praktische Erfahrung besaßen. Es gefiel Noah, dass Tricia eine erfahrene Erzieherin war. Margie hätte sie sicher gemocht.

„Sie ist weg“, meldete Adam. Er schaute aus dem Fenster, während Jessicas Wagen außer Sichtweite verschwand. „Wann kommt Miss Tricia, Vater?“

„Sie wollte um fünf hier sein.“ Das bedeutete, Noah musste sich überlegen, was er solange mit seinen Kindern anfangen sollte. Alle sahen ihn an. „Möchtet ihr mir irgendwas sagen?“ Sein Blick blieb an Ashley hängen.

„Wir wollen eine Familienkonferenz“, antwortete sie ernst.

„Gut. Dann gehen wir am besten ins Wohnzimmer“, meinte er.

Autor

Susan Crosby
Susan Crosby fing mit dem Schreiben zeitgenössischer Liebesromane an, um sich selbst und ihre damals noch kleinen Kinder zu unterhalten. Als die Kinder alt genug für die Schule waren ging sie zurück ans College um ihren Bachelor in Englisch zu machen. Anschließend feilte sie an ihrer Karriere als Autorin, ein...
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