Spiel um Lust und Liebe

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Als die Anwältin Taylor auf der Hochzeit ihres Freundes Max einen heißen Flirt mit dem Rancher Clint beginnt, ahnt sie nicht, wie sich ihr Leben dadurch verändern wird. Die Bewohner von Bingo kennen plötzlich nur ein Ziel: Clint und Taylor sollen ein Paar werden! Gezielt nehmen sie die Sache in die Hand …


  • Erscheinungstag 07.04.2018
  • ISBN / Artikelnummer 9783733756390
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

„Wer will denn schon dieses verrottete Strumpfband anziehen?“

Taylor Madison drehte sich zu der kleinen älteren Frau mit den orangeroten Haaren und dem knallgrünen Kleid um, die gerade gesprochen hatte.

Die Frau fuhr fort: „Es bringt zwar Glück, ein gebrauchtes Kleidungsstück zu tragen, aber doch nicht so ein von Motten zerfressenes abscheuliches Ding!“

„Ach, dieses Leder-Bustier gefiel dir wohl besser?“, konterte ihre blondierte Freundin bissig. Ihre vor Erregung geröteten Wangen unterstrichen noch die vielen Krähenfüße unter ihren Augen. „Hör doch auf, Mona. Du bist bloß beleidigt, weil mir das mit dem Tattoo eingefallen ist.“

Taylor massierte sich mit den Fingern die Schläfen. Ihr Flug von Boston nach Las Vegas hatte drei Stunden länger gedauert als geplant, und sie hatte es gerade noch rechtzeitig zu Max´ und Abbys Hochzeit geschafft. Das Letzte, was sie jetzt gebrauchen konnte, waren diese beiden keifenden alten Weiber, die sich über Hochzeitsbräuche stritten.

Nicht dass sie sonst dem traditionellen Frauenbild entsprachen. Die Garderobe, die sie für sich und Taylor ausgesucht hatten – die drei würden bei der Hochzeit als Brautjungfern fungieren –, war eher für eine Halloween-Party geeignet.

Taylor drängelte sich zwischen den beiden durch, um einen Blick in den Spiegel zu werfen. Sie fragte sich, ob ihr Freund Max auch wirklich wusste, was er tat, wenn er in einem Kaff wie Bingo heiraten und leben wollte. Er kannte seine Braut Abby erst seit drei Monaten. Und in diesem Ort gab es eigentlich nur Verrückte.

„Mädels, ihr verderbt Abby die ganze Hochzeit!“ Rose strich sich das lange schneeweiße Haar zurück. Sie war noch die normalste Frau aus dem seltsamen Trio von der Swinging-R-Ranch. Jedenfalls benahm sie sich am ehesten wie eine ältere Dame, wenn man von dem selbst gemalten Schönheitsfleck auf ihrer linken Wange absah.

Abby trat vor den großen Spiegel und zupfte ihren Schleier zurecht. Sie warf Taylor im Spiegel ein verschmitztes Lächeln zu. „Möchtest du dir das wirklich ansehen?“

„Wie bitte?“

Abby ließ den Blick im Spiegel an dem pfirsichfarbenen, viel zu engen und viel zu kurzen Kleid, in das sich Taylor gezwängt hatte, herabgleiten. Das Dekolleté war so gewagt, dass sich Taylor nicht einmal leicht vorbeugen konnte. Wenn sie sich auf dieser Hochzeit nicht erkältete, würde sie die 12 cm hohen pfirsichfarbenen Sandaletten aufessen.

Im Grunde konnte sie es immer noch nicht glauben, dass sie das scheußliche Kleid tatsächlich angezogen hatte. Wenn jemand aus der Kanzlei sie in diesem Outfit sehen könnte! Daran durfte sie gar nicht denken. Sie stand mit ihren neunundzwanzig Jahren kurz davor, als jüngste Partnerin in eine der renommiertesten Anwaltskanzleien Bostons aufgenommen zu werden. Da konnte sie sich jetzt keinen Patzer erlauben.

„Max hat mir erklärt, dass du eher klassische Kostüme trägst. Ich hoffe, du weißt, dass ich nicht dabei war, als sie dieses Kleid für dich ausgesucht haben.“ Sie half Taylor, eine Strähne in ihrer Frisur wieder festzustecken. „In der allgemeinen Hektik war ich ganz froh darüber, dass Mona und Candy sich um die Garderoben gekümmert haben.“ Sie betrachtete sich selbst im Spiegel und seufzte. „Als ich das hier das erste Mal sah, traute ich meinen Augen kaum.“

Taylor sah sich das Hochzeitskleid von oben bis unten an, vor allem den langen Schlitz, der Abby bis hinauf zum Oberschenkel reichte, und den tiefen Ausschnitt, an dem sie immer wieder zupfte, um die lila Rose, die sie als vorübergehendes Tattoo auf dem Dekolleté trug, etwas mehr zu verdecken. Das Kleid war eigentlich ganz sexy. Nur dass Abby wahrscheinlich für ihre Hochzeit etwas ganz anderes im Sinn gehabt hatte. Vielleicht war es gut, dass Max’ Familie nicht zur Hochzeit kommen würde.

Abby seufzte erneut. „Candy hat mir versprochen, dass die Rose beim Duschen wieder abgeht.“

„Es ist eben mal was anderes. Sehr aufregend.“

Abby musste lachen. „Typisch Anwältin. Sehr diplomatisch ausgedrückt.“

„Merkt man es mir so sehr an?“

„Das war als Kompliment gemeint.“ Wieder zupfte sie an ihrem Ausschnitt. „Max meinte, dein vortrefflicher Ruf als Anwältin wird nur noch von deiner Loyalität gegenüber Freunden übertroffen. Dass du ihm zuliebe dieses Kleid trägst, ist der ultimative Beweis.“

„Wenn ich mit diesen Schuhen stolpere und mich lächerlich mache, ist es mit der Freundschaft vorbei.“

Abby blickte auf Taylors Sandaletten. „Da hättest du wirklich einen Schlussstrich ziehen müssen. Die gehen entschieden zu weit.“

„Ich hatte nicht das Gefühl, dass ich dazu überhaupt eine Chance hätte“, erwiderte Taylor. „Na ja, wir können schon froh sein, dass alles passt.“

Sie spürte, dass so etwas wie Eifersucht in ihr aufstieg. Max war ihr bester Freund. Sie waren so vertraut miteinander und hatten alle Geheimnisse miteinander geteilt. Im Grunde hatten sie fast eine Ehe geführt, nur ohne den sexuellen Part, der sowieso immer nur Ärger brachte. Jetzt hatte er eine tatsächliche Ehefrau, mit der er wirklich alles teilen würde.

„Ich konnte einfach nicht Nein sagen, als Mona und Candy mich fragten, ob sie die Hochzeit für uns planen dürften. In Bingo passiert nicht viel Aufregendes, und diese Hochzeitsfeier bedeutet ihnen sehr viel.“

Sie schob ihren mit Spitze verzierten Schleier zurecht. „Und was ist mit dir?“, fragte sie Taylor plötzlich. „Hast du keine Heiratspläne?“

Taylor schüttelte nur den Kopf. „Ich bin mit meiner Arbeit verheiratet. Vielleicht später einmal. Aber im Moment bin ich auch nicht scharf darauf.“

„Das ging mir ganz ähnlich. Doch dann kam Max.“ Sie hob entschuldigend die Schultern, und ihr Gesicht glühte. Taylor bekam plötzlich ein flaues Gefühl im Magen.

„Max ist ein Supertyp, und ich freue mich wirklich für euch beide.“ Sie ergriff Abbys Hand. „Ich glaube, dass ihr perfekt zusammenpasst.“

Das meinte sie ernst. Es war selbstlos von Abby, ihre Hochzeit von den beiden älteren Damen planen zu lassen. Auch das versetzte Taylor einen kleinen Stich. Sie war auch mal so ein sensibler Mensch gewesen, der oft an andere dachte und ihnen gern eine Freude machte. Wie sehr hatte sie sich verändert!

„Danke, das glaube ich auch. Und ich bin froh, dass du hier bist. Es bedeutet Max sehr viel.“ Abby lächelte. „Doch jetzt zur Sache. Du kannst einfach andere Schuhe nehmen, wenn du willst. Clint hat sich auch geweigert, weiße Wildlederschuhe zu tragen. Candy hatte sie ausgesucht. Ich weiß nicht, welche er jetzt trägt.“

Taylor stutzte. „Clint kommt auch zur Party?“

„Du erinnerst dich also an Clint Southwick.“

Ja, das konnte man wohl sagen. Vor drei Monaten war sie für einen Tag hierher geflogen, um für Max ein paar Angelegenheiten zu regeln. Dabei hatte sie Clint Southwick kennen gelernt: dunkelhaarig, verwegen und sexy. Den Rest des Tages ging ihr sein Gesicht nicht mehr aus dem Kopf.

„Clint und ich sind zusammen aufgewachsen. Nach der High School haben wir uns aus den Augen verloren, aber seitdem er wieder hier lebt, haben Max und ich viel Zeit mit ihm verbracht. Clint wird dir gefallen. Außerdem ist er dein Begleiter.“

„Was für ein Begleiter?“, fragte Taylor argwöhnisch.

„Bei der kirchlichen Trauung. Die Trauzeugen gehen doch immer paarweise den Gang zum Altar.“

„Ach so, verstehe.“ Das ging ja noch, konnte alles in allem höchstens ein paar Minuten dauern.

„Und beim Empfang natürlich dein Tischherr. Max hat ihn darum gebeten, sich ein bisschen um dich zu kümmern.“

„Erinnere mich daran, dass ich Max dafür noch ausführlich danke“, antwortete Taylor. „Und Mr. Southwick kannst du ausrichten, dass ich keinen Babysitter brauche.“

Abby drehte sich zum Spiegel um und lächelte. „Ich glaube nicht, dass du Clint so einfach loswirst. Er war ganz begeistert von der Idee.“

Nevada hatte auch im Dezember angenehme Temperaturen, aber heute war ein besonders warmer Tag. Clint stand im Schatten der großen Kirche und versuchte seine Fliege und den gestärkten Hemdkragen ein bisschen zu lockern. Er konnte sich nicht daran erinnern, jemals so einen albernen Smoking getragen zu haben. Aber von allein wäre er auch nicht auf diese Idee gekommen.

Das tat er alles Abby und Max zuliebe. Wenn sie nicht ausgerechnet heute heiraten würden, hätte er den Abend bei ein paar kühlen Bieren am Pool verbracht.

Max und Herb Hanson fuhren in Herbs auf Hochglanz poliertem altem Cadillac vor. Die Show konnte also beginnen.

Max sprang aus dem Wagen. Der weiße Smoking stand ihm wirklich gut. „Hast du Taylor gesehen?“, rief er Clint zu.

„Noch nicht. Wieso?“

„Ihr Flieger hatte Verspätung, und der Mann, den ich zum Flughafen geschickt habe, um sie abzuholen, hat sie offenbar verpasst. Ich hoffe, dass sie inzwischen angekommen ist.“

Das hoffte Clint auch. Er hatte sich schon darauf gefreut, sie wieder zu sehen. Er erinnerte sich noch gut an Taylor: groß, schlank, blond, tiefblaue Augen, eigentlich genau sein Typ. Äußerlich zumindest. Was Max von ihr erzählt hatte, fand er jedoch nicht so sympathisch. Sie war anscheinend sehr ehrgeizig, eine echte Streberin, und sie kam ihm sehr verbissen vor. Gott sei Dank hatte er den ganzen Stress, den sie sich mit ihrem Job machte, hinter sich gelassen. Jetzt ließ er es in Bingo wesentlich ruhiger angehen und fühlte sich dabei großartig.

„Die Kirche ist voll. Vielleicht habe ich sie übersehen. Aber wenn sie nicht eingetroffen wäre, hätte Mona schon einen Herzanfall bekommen“, sagte er.

„Das stimmt.“ Max entspannte sich. „Taylor ist sehr erfinderisch. Sie wird schon irgendwie hergekommen sein.“

„Bist du denn jetzt endlich soweit?“, fragte Clint und sah auf die Uhr. „Es wird Zeit, dass du hineingehst.“

Max holte tief Luft. „Ich bin bereit.“

Sie betraten die Kirche und gingen schnell auf ihre Plätze im hinteren Teil, wo sie auf die Brautjungfern warten sollten, mit denen sie dann paarweise weitergingen. Clint ertappte sich dabei, dass er immer wieder nervös zur Tür zum Nebenraum der Kirche blickte, in der Hoffnung, Taylor zu finden. Mona und Candy standen vor der Tür und diskutierten heftig über etwas. Sie hatten sehr eigenwillige pinkfarbene Kleider an. Daneben wartete Estelle überglücklich darauf, ihre Enkelin zum Altar zu führen.

Der Hochzeitsmarsch ertönte auf der Orgel. Sofort wurde die Tür zum Nebenraum geöffnet, und Taylor kam als Erste in die Kirche. Mit ihrer schmalen, hochgewachsenen Figur überragte sie die anderen Frauen um mindestens eine Kopflänge. Die Lichter der Kirche glänzten golden auf ihrem blonden Haar.

Das war auch die einzige Ähnlichkeit, die sie mit einem Engel hatte. Ihre Miene war finster. Sie zwang sich nicht einmal zu einem Lächeln, als der Fotograf vor ihr auftauchte, um einen Schnappschuss zu machen. Nein, sie sah ihn so wütend an, als hätte sie ihm am liebsten den Hals umgedreht.

Clint wollte sich zum Altar umdrehen, als Taylor sich an Mona und Candy vorbeidrängte, um weiter nach vorn zu kommen. Clint stockte der Atem. Dieses Kleid … konnte man das überhaupt noch als Kleid bezeichnen? Der Saum war so kurz – trug sie Shorts? Nein, das war ein Kleid, nur ein sehr kurzes. Und es zeigte diese fantastischen schlanken Beine, die so lang waren, dass einem die Luft wegblieb.

Er versuchte sich auf die Musik zu konzentrieren, damit er auf keinen Fall seinen Einsatz verpasste, als sein Blick auf den tiefen V-Ausschnitt von Taylors Kleid fiel.

Jetzt war der Moment gekommen. Clint gab Zeke ein Zeichen. Dieser trat neben Candy und begann mit ihr im Gleichschritt den Kirchengang entlangzuschreiten. Herb und Mona folgten ihnen.

Taylor machte einen Schritt auf Clint zu. Augenblicklich stieg ihm ihr geheimnisvolles Parfum in die Nase und schien seinen Puls zu beschleunigen. Er wandte sich zu ihr, doch sein Blick blieb zuerst im atemberaubenden Dekolleté ihres Kleides hängen. Erst dann sah er ihr in die Augen.

„Ganz ruhig bleiben. Das ist nur ein WonderBra.“ Sie lächelte spöttisch, hakte sich bei ihm unter und ging mit großen Schritten los, dass er ihr kaum folgen konnte.

Clint geriet fast ins Stolpern. Er dachte kurz daran, sie mit einer Bemerkung in Verlegenheit zu bringen, ließ es dann aber doch bleiben.

Mit ihren hohen Absätzen war Taylor fast so groß wie er selbst. Als er sie von der Seite kurz betrachtete, fiel ihm sofort auf, wie makellos schön und glatt ihre Haut war und wie vollkommen ihr Gesicht aussah.

Als sie vor dem Altar angekommen waren, ließ Taylor Clint sofort los, um sich zu den anderen Brautjungfern zu stellen. Alle wandten sich um, weil jetzt Abby am Arm von Estelle zum Altar geführt wurde.

Max strahlte vor Glück, als er seine Braut auf sich zukommen sah. Clint empfand plötzlich so etwas wie Eifersucht. Nicht dass er mit dreiunddreißig Jahren schon zum alten Eisen gehörte, aber in letzter Zeit fühlte er sich in dem großen Ranchhaus seiner Familie sehr allein. Er vermisste seine Mutter, die jetzt in Florida lebte, und seinen jüngeren Bruder, der in Los Angeles Karriere machte.

Clint hatte sich entschieden, die Ranch weiterzuführen. Er erwirtschaftete genug, um die restlichen Hypotheken abzuzahlen. Das Leben als Rancher war vollkommen anders als sein früherer Job bei der Marine, doch er hatte seinen Entschluss nie bereut. Er liebte die Landschaft und die Leute hier. Nur dass er leider selbst noch keine Familie gegründet hatte.

Die Trauung begann, und Clint versuchte sich wieder auf die Gegenwart zu konzentrieren. Doch es war einfach zu heiß und so voll in der Kirche, dass er nur einen Gedanken hatte: endlich sein Sakko auszuziehen. Glücklicherweise war die Zeremonie genauso ergreifend wie kurz. Als sich alle wieder zu Paaren zusammenfanden, um den Gang wieder nach draußen zu schreiten, bemerkte Clint, dass Taylor ihn anstarrte. Sie blickte schnell weg und hakte sich bei ihm ein, um mit ihm zusammen zu gehen.

Als die gesamte Hochzeitsgesellschaft vor der Kirche stand, die inzwischen in angenehmem Schatten lag, begannen alle auf einmal zu plaudern und zu lachen. Immer wieder wurde Reis über Max und Abby geworfen. Doch vor der Tür ließ Taylor augenblicklich Clints Arm los und wandte sich ab.

Er fand es sehr bedauerlich, dass sie nicht mit den anderen zusammen Spaß haben wollte. Aber offensichtlich wollte sie nichts mit den Leuten der Provinz zu tun haben. Solche Typen kannte er noch aus seiner Marinezeit, und sie waren ihm zuwider.

Mona stieß Clint einen Ellenbogen in die Rippen. „Warum steht denn Taylor da hinten ganz allein herum? Du sollst dich doch um sie kümmern. Warum unterhältst du sie nicht? Das ist eine Schande.“

„Sie unterhalten? Womit? Soll ich etwa für sie strippen?“

Mona musste lachen. „Das ist gar keine schlechte Idee.“

Clint blickte verächtlich zu Taylor hinüber. „Wenn sie sich zu fein für uns Bauerntrampel ist, dann pack ihr doch ein Stück Kuchen ein und ich fahre sie zum Flughafen.“

Rosie hatte ihn gehört und hob kritisch eine Augenbraue. „Hör auf damit, Clint. Taylor ist nicht arrogant. Sie ist eine ganz bezaubernde Frau. Wenn sie im Moment schlechte Laune hat, dann wegen dieses Kleides, zu dem Mona sie genötigt hat. Wenn ich das tragen müsste, würde ich mich auch in einer Ecke verstecken.“

Clint war überrascht. Er sah Taylor auf einmal mit ganz anderen Augen. Und jetzt tat sie ihm wirklich leid. Das Kleid war eher für die Eröffnung eines neuen Bordells geeignet. Eine einzige Zumutung für eine Hochzeit. Klar, dass sich Taylor darin extrem unwohl fühlte. Clint verließ die Gruppe um Mona und Rosie und ging zu Taylor.

„Warum stehen Sie hier ganz allein?“, fragte er fröhlich. „Mona und Rosie streiten sich da drüben gerade. Der Kampf spitzt sich langsam zu.“

Immerhin lächelte sie. „Ich setze auf Mona.“

„Tja, da können Sie aber falsch liegen, Ma’am.“ Er lächelte zurück und wollte sich gerade den Hut zurechtrücken, als er feststellte, dass er gar keinen Hut trug. Wie schnell er sich an den Cowboyhut und die Stiefel gewöhnt hatte! Verlegen fuhr er sich stattdessen durchs Haar.

„Sie haben Ihr Haar schneiden lassen.“ Taylor konnte nicht glauben, dass sie das tatsächlich gesagt hatte.

„Mein Haar?“ Er fuhr sich erneut durch die dunklen Wellen. Wie kam sie denn darauf? Das war schon sehr lange her. Dann nickte er. „Stimmt. Als wir uns das letzte Mal gesehen haben, war es noch länger. Ich hatte gerade eine ausgiebige Tour durch das ganze Land hinter mir und habe es einfach wachsen lassen. Aber ich mag es eigentlich lieber kurz.“

Sie nickte, aber ihr Blick schweifte zu Max und Abby. Dann lächelte sie fast mitleidig. „Ich hätte nie gedacht, dass sich Max irgendwann mal vor den Altar zerren lässt.“

„Sie halten nicht viel von der Ehe?“

Taylor sah ihm in die Augen. „Ich habe überhaupt nichts gegen die Ehe.“

„Solange es nicht Ihre eigene ist.“

Sie zuckte mit den Schultern. „Das will ich damit nicht sagen. Ich habe nur nie ernsthaft darüber nachgedacht. Vielleicht ist es noch zu früh dafür.“

Die untergehende Sonne gab ihrer seidigen Haut einen goldenen Glanz. Clint war etwas abgelenkt. Schließlich sah er ihr wieder in die Augen. Sie waren blau und klar.

„Gehören Sie zu den Karrierefrauen, die so lange warten werden, bis sie ihre Kinder mit ihrem Gehstock herumscheuchen können?“

„Nichts spricht dagegen, Kinder erst etwas später zu bekommen. Wissen Sie, wo das Durchschnittsalter einer neuen Mutter heute liegt?“

Clint musste lachen. „Ehrlich gesagt, nein.“

Sie sah ihn verächtlich an. „Schon gut.“

„Hey, Sie brauchen nicht gleich beleidigt zu sein.“ Er legte den Kopf schief. „Möchten Sie lieber zu den anderen zurückkehren? Wir werden bestimmt schon vermisst.“

Taylor zitterte. Ihr wurde allmählich kühl.

„Erlauben Sie?“ Clint zog sein Jackett aus und reichte es ihr.

Sie lächelte. „Danke.“

Statt ihr jedoch das Jackett zu geben, legte er es ihr selbst um die Schultern. Wenn er ehrlich war, dann tat er das nur, um in die Nähe ihres verführerischen Dufts zu kommen. Als er das Revers des Jacketts unter ihrem Kinn zusammenzog, ging sie automatisch einen Schritt auf ihn zu. „Vielen Dank“, sagte sie ein wenig atemlos.

In ihrem Blick lag dieselbe Verwirrung, die auch seinen Puls plötzlich zum Rasen brachte. Sie standen inzwischen so eng zusammen, dass ihm der verrückte Gedanke durch den Kopf schoss, sie einfach an sich zu ziehen und zu küssen, bis ihnen beiden die Luft wegblieb und sie sich die ganze Nacht schlaflos herumwälzen würden. Stattdessen seufzte er und sagte: „Sollen wir dann?“

Verwundert starrte Taylor auf den Arm, den er ihr anbot. Sie nickte und hakte sich unter. Während sie so zu den anderen Gästen gingen, raunte Taylor ihm zu: „Schicke Stiefel.“

Clint sah auf seine ausgetretenen Cowboystiefel hinunter. Wenigstens hatte er sie noch geputzt. „Sie hätten sehen sollen, was Mona für mich ausgesucht hatte.“

„Ich kann es mir ungefähr vorstellen.“

„Ja. Stimmt. Wie lange müssen wir noch in dieser Verkleidung herumlaufen? Was glauben Sie?“

„Nun, üblicherweise bis nach dem Empfang.“ Sie senkte die Stimme, als sie in Hörweite kamen. „Aber sicher könnten Max und Abby es auch verstehen, wenn wir uns schon früher umziehen.“

„Wir sollten wenigstens abwarten, bis der Fotograf die offiziellen Bilder gemacht hat.“

Taylor stöhnte. „Nicht unbedingt. Ich kann Max und Abby nirgends entdecken …“

„Okay“, lenkte Clint ein. „Dann stehlen wir uns einfach davon. Wir fahren irgendwohin, wo wir uns ausziehen können.“

Sie warf ihm einen verächtlichen Blick zu. Doch dann sah sie über seine Schulter und änderte ihre Meinung sofort. Clint wollte sich gerade umblicken, da riss sie ihn schon mit sich fort in Richtung Parkplatz. „Eine hervorragende Idee“, antwortete sie zu seiner Überraschung.

2. KAPITEL

Es tat gut, Clint etwas von seiner eigenen Medizin zu verabreichen und festzustellen, dass ihre Bemerkung ihn aus der Fassung brachte. Im Grunde genommen aber wollte Taylor vor allem dem Fotografen entgehen. Sie beachtete überhaupt nicht, dass er hinter ihnen herrief, während sie Clint weiter zum Parkplatz zog. Sie hoffte, dass er wenigstens mit dem Auto hier war.

„Der Mann ruft nach Ihnen.“ Clint wollte stehen bleiben, doch Taylor riss ihn mit sich weiter.

„Nicht umdrehen. Einfach weitergehen.“

„Aber das ist doch nur der Fotograf.“ Diesmal schaffte sie es nicht, Clint weiterzuziehen. „Hat er Sie belästigt?“

Das böse Funkeln in seinen Augen überraschte sie ein wenig. Er wollte sie doch tatsächlich verteidigen. „Nein, Unsinn.“ Sie wagte einen Blick über die Schulter und stellte fest, dass Mona den Mann aufhielt. „Er will ein Foto machen.“

„Na und?“

„Lieber springe ich aus dem Fenster, als ein Bild von mir in diesem Fummel machen zu lassen.“

Clint betrachtete sie von oben bis unten. Sein Jackett, das sie sich über die Schultern gehängt hatte, klaffte auseinander. Unter seiner intensiven Musterung zog sie es wieder über den Brüsten zusammen. Seine Begeisterung war nicht zu übersehen. „Sie sehen fantastisch aus“, stellte er schließlich mit leiser Stimme fest. „Aber ich kann Sie verstehen. Warum sprechen Sie nicht kurz mit Abby? Sie hat sicher auch Verständnis dafür.“

Taylor seufzte. „Das ist wohl das Vernünftigste.“

Er zwinkerte ihr zu. „Ich kümmere mich inzwischen um den Paparazzo.“ Er ging zu Mona und dem Fotografen. Das war wirklich sehr rücksichtsvoll von ihm, vor allem, da sie ihm ja gar nicht die ganze Geschichte erzählt hatte. Weil sie ständig an ihrem Rocksaum gezogen hatte, war das Kleid auf dem Rücken eingerissen. Natürlich wäre das Problem mit einer Sicherheitsnadel behoben, andererseits war es aber die ideale Ausrede, sich umzuziehen.

Ohne es zu bemerken, hatte Taylor die Ärmel von Clints Jackett enger um sich geschlungen. Fast, als seien es seine Arme. Die Vorstellung, von ihm umarmt zu werden, war faszinierend. Sie sog den Duft ein, der an dem Jackett haftete. Es war Clints Geruch – nach Mann, ein bisschen verwegen, geheimnisvoll … und irritierend. Sie mochte diesen Duft. Und nicht nur das. Um ehrlich zu sein, löste er sehr konkrete Wünsche in ihr aus. Gott sei Dank blieb sie ja nur zwei Tage in Bingo.

Der Hochzeitsempfang fand auf dem Gelände um das Gemeindehaus statt. Die meisten Tische waren drinnen aufgestellt. Die restlichen Tische standen draußen vor einer kleinen Bühne, auf der eine Country-Band spielte. Taylor nahm von einem der Kellner ein zweites Glas Champagner entgegen. Dabei redete sie sich ein, dass es für heute auch ihr letztes sein würde. Sie hatte einen langen, mühsamen Tag gehabt. Außerdem konnte sie sich noch nicht einmal umziehen, weil die Fluggesellschaft ihr Gepäck nicht gefunden hatte. Wenn Clint ihr nicht sein Jackett geliehen hätte, dann hätte sie sich jetzt in eine der Tischdecken gewickelt.

„Ich habe mich schon gefragt, wo Sie sind.“ Clint kam mit einem Bier und einer kleinen Käseplatte auf sie zu.

„Brauchen Sie Ihr Jackett zurück?“

„Nein, nein.“ Er hielt ihr die Platte hin. „Es dauert noch ungefähr eine Stunde bis zum Essen. Nehmen Sie sich etwas hiervon.“

Sie sah ihn an. Seine Augen hatten etwas Besonderes, das musste sie schon zugeben. Goldene und grüne Flecken hellten das tiefe Braun auf. So etwas hatte sie noch nie gesehen. Als sie feststellte, dass sie ihn anzustarren begann, wandte sie ihre Aufmerksamkeit wieder der Bühne zu. „Was ist das für ein komischer Tanz?“

„Das kann nicht Ihr Ernst sein! Gehen Sie nie tanzen? Kommen Sie. Ich zeige es Ihnen.“

Autor

Debbi Rawlins

Endlich daheim – so fühlt Debbi Rawlins sich, seit sie mit ihrem Mann in Las Vegas, Nevada, lebt. Nach viel zu vielen Umzügen beabsichtigt sie nicht, noch ein einziges Mal den Wohnort zu wechseln. Debbie Rawlins stammt ursprünglich aus Hawaii, heiratete in Maui und lebte danach u.a. in Cincinnati, Chicago,...

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