Tausend Worte ...

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Fünfzig Männer darf Reporterin Tara interviewen, um die Eigenschaften "echter" Männer zu ergründen. Von Vier-Augen-Gesprächen ist dabei aber keine Rede, denn der Schriftsteller Chase Montgomery soll Tara bei dem Projekt zur Seite stehen. Und der entspricht nun mal so gar nicht ihrem Idealbild eines Mannes! Zumindest nicht, bis er mit ihr eine heiße Liebesszene aus seinem Roman nachstellt. Und das macht Lust auf mehr als Worte …


  • Erscheinungstag 29.01.2017
  • ISBN / Artikelnummer 9783733775940
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Gute Männer sind schwer zu finden. Ist Ihnen Ihr Traummann noch nicht begegnet? Verzweifeln Sie nicht, meine Damen. Es lohnt sich, auf den Richtigen zu warten. Sie werden ihn erkennen an seiner liebenswürdigen und optimistischen Lebenseinstellung, seiner zupackenden Art und dem Selbstvertrauen, mit dem er das Leben meistert. Glauben Sie mir, der Richtige wartet an der nächsten Ecke auf Sie.

Aus: „49 Punkte, an denen Sie Ihren Traummann erkennen“ in „Real Men“, April 1949

„Offensichtlich halte ich mich immer an den falschen Ecken auf“, murmelte Tara. Sie saß in Charlenes Büro und las in der ersten Ausgabe der 1949 gegründeten Zeitschrift Real Men. Die Überschrift des Artikels stand auf der linken Seite, auf der rechten zeigte ein Schwarz-Weiß-Foto eine junge Frau, die zu einem etwa gleichaltrigen Mann in Anzug und Krawatte emporblickte. Sie schien einfach hingerissen zu sein, was angesichts ihres sehr attraktiven Gegenübers leicht zu verstehen war.

„Was hast du gesagt?“ Charlene Mortimer-Phelps, Redakteurin bei Real Men, sah hoch und blickte Tara überrascht an.

„Genau das behaupten sie in diesem Artikel. ‚Der richtige Mann wartet an der nächsten Ecke auf Sie.‘ Diese Erfahrung habe ich noch nie gemacht, Charlene. Und dabei bin ich schon in vielen Städten gewesen und bin um viele Ecken gegangen. Das Einzige, was mir begegnet ist, war ein Straßenräuber.“

„Ich verstehe nicht ganz …“

„Und so was hatten sie bestimmt nicht gemeint. Hör zu.“ Tara hob die Zeitschrift hoch und las vor: „‚Gehören Sie zu den Frauen, die sich nicht entscheiden können? Keine Sorge! Männer sind im Allgemeinen sehr entscheidungsfreudig. Ob es darum geht, was Sie essen, was Sie anziehen oder wohin Sie gehen, der richtige Mann wird keine Schwierigkeiten haben, eine Entscheidung für Sie zu fällen.‘“ Sie ließ die Zeitschrift wieder sinken. „Sag mir ehrlich, wann ist dir das letzte Mal ein solcher Mann begegnet?“

Charlene hob leicht die Augenbrauen. „Ich kann mich nicht daran erinnern.“

„Ich mich auch nicht.“ Tara lehnte sich zurück. „Der einzige Mann mit diesen Qualitäten, den ich kenne, war mein Vater. Das wäre ein Mann für dich gewesen. Charmant, höflich, gut aussehend.“ Sie seufzte leise. Ihr Vater war schon vor Jahren gestorben, aber sie hatte viele schöne Erinnerungen an ihn. „Mir ist noch nie jemand wie er begegnet.“

„Wirklich nicht?“ Charlene wirkte abwesend. „Keine Sorge, eines Tages wirst auch du jemanden treffen, der zu dir passt.“

„Dieser Tag war bestimmt nicht der letzte Sonnabend. Du kannst dir nicht vorstellen, wie diese Verabredung ablief! Dennis schien vollkommen in Ordnung zu sein, als ich ihn kennenlernte, aber er entpuppte sich dann als das absolute Gegenteil. Er war weder charmant noch höflich und ganz sicher nicht entscheidungsfreudig. Er schleppte mich von einem Restaurant zum nächsten, wohl weil er hoffte, etwas Billigeres zu finden.“ Tara legte die Zeitschrift wieder auf den Tisch. „Mir ist noch nie jemand begegnet, der so ist wie der Mann hier in dem Artikel.“

„Das wundert mich nicht. Der Artikel wurde 1949 geschrieben. Seitdem hat sich vieles verändert, auch die Männer.“

Tara sah sich das Foto des gut gekleideten Mannes noch einmal an. Er war nicht nur attraktiv, er wirkte auch liebenswürdig, optimistisch und weltgewandt. „Das kann man wohl sagen.“ Liebenswürdig und weltgewandt war keiner der Männer gewesen, mit denen sie ausgegangen war. Sie wirkten eher unbeholfen und waren Taras Meinung nach meistens zu leger angezogen.

„Und hier fängt deine Aufgabe an.“ Charlene lächelte leicht. „Wie du selbst sagst, der Artikel über den richtigen Mann ist vollkommen veraltet. Du sollst ihn auf den neuesten Stand bringen.“

Tara arbeitete seit über drei Jahren als freie Mitarbeiterin für Real Men, aber sie hatte manchmal immer noch Schwierigkeiten zu verstehen, was Charlene meinte. „Ich glaube nicht, dass ich die Männer ändern kann. Zumindest bin ich bei meinen Versuchen bisher nicht sehr erfolgreich gewesen. Man muss wohl einfach lernen, die Männer so zu nehmen, wie sie sind.“

Charlene verzog keine Miene. „Du sollst doch nicht die Männer verändern, sondern die Liste auf den neuesten Stand bringen.“

Tara begriff. „Ich soll 49 Punkte herausfinden, die man heutzutage über den richtigen Mann wissen muss?“

„Nein, du sollst sogar 50 Punkte aufführen.“ Charlenes Augen leuchteten. „Das war natürlich Sophias Idee, um so wieder auf den fünfzigsten Geburtstag der Zeitschrift aufmerksam zu machen.“

„Das hätte ich mir denken können.“ Sophia Watson, die Chefredakteurin von Real Men, legte größten Wert darauf, auch den neuen Leserinnen immer wieder klarzumachen, dass die Zeitschrift schon 50 Jahre alt war. Tara arbeitete gern für das Magazin. Real Men war eine liberale, moderne Frauenzeitschrift, deren Journalisten gut bezahlt wurden. Tara war begeistert gewesen, als ihr erster Artikel angenommen worden war. Und dennoch hatte sie in letzter Zeit immer häufiger das Gefühl, sie sollte mal etwas mit ein bisschen mehr Substanz schreiben. Artikel wie „Schlafzimmer, die verführen“ oder „Kleidung, die Ihnen Mut macht“ oder gar „Essen, das ihn in Stimmung bringt“, ein Thema, an dem sie gerade saß, gingen ihr zunehmend auf die Nerven.

Eine Auflistung von 50 Merkmalen, die den perfekten Mann charakterisierten, war auch nicht viel besser. „Das hört sich interessant an“, sagte Tara. „Aber ich bin mir nicht sicher, ob ich die Geeignete bin für so etwas. Ich will sagen, meine Erfahrungen mit ‚echten‘ Männern sind nicht gerade …“

„Oh, darum brauchst du dir keine Gedanken zu machen. Wir haben sie bereits für dich zusammengestellt.“

Tara sah Charlene erstaunt an. „Ihr habt was?“

„Ja.“ Charlene öffnete einen Ordner und reichte ihr ein paar getippte Seiten. „Auf dieser Liste stehen viele ‚richtige‘ Männer.“

Tara überflog die Namen. „Enright Stefens. Harry Bakersfield. Tim McKewan.“ Sie sah hoch. „Was sind das für Leute?“

„Männer, die für unseren Artikel infrage kommen.“ Charlene blickte auf ihre Kopie. „Enright Stefens arbeitet im Umweltschutz. Harry Bakersfield gibt Lateinunterricht an der Universität, und Tim McKewan hat eine hübsche kleine Kunstgalerie im Süden der Stadt. Und natürlich haben wir auch die üblichen Computerspezialisten aufgelistet, außerdem ist der Besitzer einer Männerboutique darunter, ein Unternehmer, ein Finanzberater …“

Tara lehnte sich zurück. „Ein Umweltschützer, ein Lateinprofessor und ein paar Computergurus, das sollen die Traummänner von heute sein? Genau mit solchen Typen bin ich ausgegangen, und glaub mir: Das, was ich unter einem richtigen Mann verstehe, war nicht darunter.“

„Nach Aussage der modernen Frau sind sie es.“ Charlene legte die Liste zur Seite und klopfte mit dem Finger darauf. „Wir haben eine Umfrage durchführen lassen und daraufhin diese Liste zusammengestellt.“

„Und was anderes haben sie nicht finden können?“ Tara starrte mit zusammengezogenen Brauen auf die Liste. „Wie ist es denn mit Männern wie Gary Cooper und Cary Grant? Mutig, attraktiv und immer elegant gekleidet.“

Charlene winkte ab. „Das ist passé, meine Liebe. Die Frauen sind nicht mehr an Helden interessiert, die aus dem Flugzeug springen, um sie zu retten. Die Frauen von heute können sich sehr gut selbst retten.“

Tara musste daran denken, was sie alles seit ihrer Ankunft in Chicago erlebt hatte. Der Mann, der sie auf der Straße überfallen und ihr das Portemonnaie geraubt hatte. Der merkwürdige Kerl aus der U-Bahn, der ihr ständig gefolgt war. Die Schritte hinter ihr, als sie über den leeren Parkplatz ging. „Vielleicht können wir das, aber das bedeutet doch nicht, dass ein bisschen Hilfe hin und wieder nicht ganz angenehm wäre.“

„Die Frau von heute will einen Mann, der auch in die heutige Zeit passt. Und genau mit diesen Männern wirst du dich treffen. Ist das nicht spannend?“

„Ja, wunderbar“, log Tara. „Aber warum muss ich mich mit ihnen treffen? Warum muss überhaupt jemand mit ihnen sprechen? Können eure Soziologen nicht eine Untersuchung …“

Charlene nickte kurz. „Daran hatte ich auch zuerst gedacht. Aber Sophia ist der Meinung, dass der Artikel sehr viel lebendiger würde und auch bei unseren Leserinnen besser ankäme, wenn du die Männer persönlich kennenlernst. Und später können wir das Ganze mit ein paar Fotos deiner Interviewpartner aufpeppen.“

Tara hatte große Zweifel, dass Fotos von Computerspezialisten und Umweltschützern dazu geeignet waren, irgendetwas aufzupeppen. Vielleicht sollte sie den Auftrag einfach ablehnen. Sie hatte sich doch vorgenommen, so etwas in Zukunft nicht mehr zu machen.

Andererseits musste sie auch pragmatisch denken. Da waren der Stapel Rechnungen auf ihrem Küchentisch und die horrende Miete ihres neuen Apartments. Und ernsthafte Aufträge waren nicht in Sicht. „Bist du wirklich sicher, dass ich die richtige Person für einen solchen Artikel bin? Ich meine, ich fühle mich natürlich geschmeichelt, dass du dabei an mich gedacht hast, aber ich sitze noch an ‚Essen, das ihn in Stimmung bringt‘. Außerdem habe ich kaum Erfahrung mit dieser Art von soziologischen Studien, und deshalb ist es vielleicht besser …“

Charlene sah sie verwundert an. „Aber Sophia ist der Meinung, dass du genau die Richtige bist. Und ich stimme mit ihr da vollkommen überein. Du bringst alle Voraussetzungen mit, die man dafür braucht.“

„Wenn du an meinen Hochschulabschluss in Journalismus denkst …“

„Nein, daran eigentlich weniger“, unterbrach Charlene sie. „Damit will ich nicht sagen, dass du keine sehr guten Artikel schreibst, Tara. Aber ich denke an etwas anderes, nämlich daran, dass du nicht mehr ganz so jung bist.“ Sie machte eine kurze Pause. „Und noch ungebunden.“

Tara sah sie empört an. „Ich bin erst dreiunddreißig.“

„Ich weiß. Dreiunddreißig und unverheiratet. Du entsprichst genau dem Typ unserer treuesten Leserinnen, verzweifelt auf der Suche nach jemand Besonderem, der ihrem Leben einen Sinn gibt.“

„Als verzweifelt würde ich mich nicht gerade bezeichnen.“

„Du weißt, was ich meine. Du hast Erfahrung. Du bist mit einer Reihe von Männern ausgegangen. Jedes Mal, wenn ich dich sehe, hast du jemand Neues.“

„Aber deshalb bin ich doch keine Männerexpertin!“

Charlene stand auf, ein sicheres Zeichen dafür, dass sie die Besprechung als beendet ansah. „Dann ist ja alles klar. Ich bin dir dankbar, dass du diesen Auftrag übernimmst, und bin mir sicher, dass dein Artikel erstklassig wird.“ Sie ging um den Schreibtisch herum und gab Tara die Hand. „Ich bin schon sehr gespannt, was du Aufregendes herausfinden wirst.“

„Ich auch“, sagte Tara trocken. Verglichen mit ihrem neuen Auftrag war „Essen, das ihn in Stimmung bringt“ ja geradezu ein Kinderspiel.

Auch Chase Montgomery dachte in diesem Moment über Essen nach, wenn auch nicht über Essen, das ihn in Stimmung brachte.

War da nicht jemand in seiner Küche?

Unsinn, sagte er sich und versuchte, sich wieder auf den Computerbildschirm zu konzentrieren.

Ein gutes Dutzend von Humphry Laromees Männern befand sich an Bord der Jacht, alle gut trainiert und mit Waffen ausgerüstet. Und ein Großteil dieser Waffen war direkt auf Hunter gerichtet.

In der Küche wurde eine Schranktür geöffnet und wieder geschlossen. Chase sah hoch. Wer konnte das sein? Vielleicht einer seiner Freunde? Viele hatten einen Schlüssel zu dem Haus, aber die meisten würden nicht einfach so unangemeldet hereinplatzen. Selbst seine Schwester Molly rief immer an, bevor sie kam. Nur seine Mutter und sein Agent Jerome hatten die schlechte Angewohnheit, ohne Voranmeldung zu kommen. Seine Mutter war allerdings gerade wieder auf einer ihrer Kreuzfahrten. Und so konnte es nur Jerome sein oder ein Einbrecher.

Chase schätzte Jerome durchaus, aber er hatte jetzt absolut keine Lust, sich über den überzogenen Abgabetermin seines nächsten Buches zu unterhalten.

Die Kabinentür öffnete sich, und Laromee watschelte heraus. Er wirkte besonders klein und stämmig, weil die Blondine an seiner Seite schlank und hochgewachsen war. Er starrte Hunter mit seinen kalten grauen Augen an.

„Da sind Sie ja schon wieder, Mr McQuade.“

„Es scheint so“, sagte Hunter. „Warum geben Sie nicht endlich auf, Laromee? Sie haben doch keine Chance.“

Laromee grinste böse. „Wer will mich hindern? Der berühmte Hunter McQuade ist in meiner Gewalt. Wer könnte mir sonst gefährlich werden?“ Er wandte sich zu der Frau um.

„Bridgett, ich glaube, Mr McQuade ist dir noch nicht vorgestellt worden?“

„Nein“, sagte die Blondine. Ihr Tonfall war kühl, aber ihre dunkelblauen Augen sprachen eine andere Sprache. Hunter sah, wie sie ihn von oben bis unten musterte. Er hatte noch eine Chance. Er musste Bridgett dazu bringen, ihm zu helfen.

Irgendjemand hatte den Wasserhahn aufgedreht, dann gurgelte die Kaffeemaschine, und bald darauf roch es nach frisch gebrühtem Kaffee. Chase seufzte. Sofern es sich nicht um einen Einbrecher handelte, der hin und wieder eine Kaffeepause brauchte, konnte der mysteriöse Besucher kein Dieb sein.

„Mach dir keine Sorgen“, versicherte er Hunter. „Du schaffst es. Die schöne Bridgett ist dir bereits verfallen. Sie wird dir helfen.“ Es war vielleicht eine etwas banale Geschichte, aber mit etwas Spannung und Sex angereichert ließ sie sich bestimmt gut lesen. Chase sicherte das Geschriebene, stand auf, holte sich ein T-Shirt aus dem Schlafzimmer und ging den Flur hinunter zur Küche.

Die Küche war ein langer Schlauch. An der einen Schmalseite war die Arbeitsplatte angebracht, an der anderen stand ein kleiner Esstisch. In der Mitte des Raumes war ein kleiner untersetzter Mann in dunklem Anzug damit beschäftigt, Kaffee in einen Becher zu gießen.

„Guten Morgen, Jerome.“

Der Agent sah Chase über den Rand des Kaffeebechers hinweg missmutig an. „Es ist bald Mittag. Bist du etwa gerade erst aufgestanden?“

„Nicht ganz.“ Chase zog sich schnell das T-Shirt über und ließ sich auf die Holzbank neben dem Tisch fallen. „Ich bin seit gestern nicht ins Bett gekommen.“ Er blickte auf die Uhr. „Von wegen Mittag. Es ist gerade erst halb elf.“

Jerome machte eine abwehrende Handbewegung. „Anderswo auf diesem Kontinent ist es bereits Nachmittag.“ Er nahm einen zweiten Becher aus dem Regal, goss Kaffee ein und stellte ihn vor Chase hin. „Hier. Du siehst so aus, als könntest du ihn gebrauchen.“

Chase starrte in die schwarze Flüssigkeit. „Danke, nein. Die Kaffeemaschine hast du mir geschenkt, weil du selbst Kaffeetrinker bist. Das ist nicht gut für dich. Das ganze Koffein …“

„Genau das brauchst du, damit du in Schwung kommst.“

Es lohnte sich nicht, darüber zu streiten. „Weshalb bist du gekommen? Solltest du nicht lieber versuchen, meine Bücher an den Mann zu bringen?“

Jerome lächelte überlegen. „Ich bin dein Agent, Chase, kein Straßenverkäufer. Ich kümmere mich um die Leute, die deine Bücher verkaufen sollen.“ Er setzte sich. „Hast du wirklich die ganze Nacht geschrieben? Oder hast du was Interessanteres mit Arla vorgehabt?“ Er sah sich um. „Sie ist nicht hier, oder?“

„Wer? Arla? Nein, sie ist weg.“

„Weg wie gegangen oder weg wie endgültig aus?“

„Es ist endgültig aus.“

Jerome sah ihn überrascht an. „Wieso denn? Ich dachte, du magst sie?“

„Ja, sie ist ja auch nett.“

„Was ist denn passiert?“

„Keine Ahnung.“ Chase stand auf und goss den Kaffee in die Spüle. „Sie war nur der Meinung, dass wir beide mit anderen Partnern besser dran wären.“

„Aha.“ Jerome beobachtete ihn aufmerksam. „Es scheint dir nicht allzu viel auszumachen.“

„Nein.“ Arla hatte recht. Sie würden mit anderen Partnern glücklicher sein.

„Das sollte es aber. Bei dir gehen mehr Beziehungen kaputt als Autos in deinen Romanen.“

„Das ist nicht wahr.“

„Oh, doch. Du hast schon mehr Frauen gehabt als meine Exfrau Therapeuten.“ Jerome strich sich nachdenklich über die Stirn. „Das ist nicht gut für dein Image. Du solltest doch der Inbegriff eines Machos sein und nicht ein Mann, der von allen Frauen Chicagos sitzen gelassen wird. Schließlich bist du ein berühmter Schriftsteller. Die Frauen sollten hinter dir her sein. Stattdessen verlassen sie dich.“

„Das stimmt nicht.“ Chase setzte den Wasserkessel auf. Ein guter Tee wäre jetzt das Richtige. Und kein Jerome, der ihm Vorträge hielt. „Sie wollen einfach ihr Leben weiterführen. Ohne mich.“

„Sie scheinen dir nicht das Haus einzurennen.“ Jerome sah sich um. „Und das kann ich ihnen gar nicht mal übel nehmen.“

Chase runzelte die Stirn. „Was meinst du damit?“

Jerome trank einen Schluck Kaffee. „Ich möchte dich ja nicht verletzen, aber du bist nicht gerade das, was man unter einem aufregenden Mann versteht. Dein halbes Leben verbringst du vor dem Computer.“

„Na und? Ich bin Schriftsteller, ich muss schreiben. Sonst macht ihr mir doch Vorwürfe, mein Verleger, der Lektor und vor allen Dingen du.“

Jerome achtete nicht auf ihn. „Und wenn du nicht gerade schreibst, dann bist du auf Signiertour, oder du recherchierst für ein neues Buch, oder du spielst mit deinen Neffen.“

Chase lehnte sich gegen den Schrank und verschränkte die Arme vor der Brust. „Warum sollte ich nicht mit meinen Neffen spielen?“

„Natürlich sollst du das. Es sind tolle Kinder, und du liebst Kinder. Aber sie haben nichts bei einem Rendezvous zu suchen. Die Frau, mit der du ausgehst, möchte etwas mit dir unternehmen.“

„Ich unternehme doch etwas mit ihr“, sagte Chase störrisch.

„Aber nicht das Richtige.“ Jerome nahm wieder einen Schluck Kaffee. „Was hast du zum Beispiel das letzte Mal mit Arla gemacht?“

Chase überlegte. „Wir haben eine Autotour gemacht. Ich wollte mir darüber klar werden, wo sich Hunter im Wald verstecken konnte. Dann sind wir hierhergefahren. Ich habe eine Pizza bestellt, bei der neuen Pizzeria. Die ist wirklich gut. Du solltest mal deren fettarme …“

„Die Pizza interessiert mich nicht“, unterbrach ihn Jerome. „Ich möchte wissen, was du mit Arla gemacht hast.“

„Okay. Also, wir haben die Pizza gegessen, und dann kamen Mollys Kinder rüber.“

„Und ihr habt den Rest des Tages mit ihnen gespielt?“

„Ja, so ungefähr.“

„Aber, Chase, so was stellt sich eine Frau doch nicht unter einer Verabredung mit einem Mann vor. Du hättest mit ihr essen gehen sollen, hättest sie dann ins Kino einladen können, ins Theater oder ins Konzert. Welche Frau hat schon Lust, mit einem Hot Dog während einer Sportveranstaltung abgespeist zu werden? Um danach mit irgendwelchen Kindern Räuber und Gendarm zu spielen, bevor die übliche Nummer im Bett läuft.“

Chase sah ihn verblüfft an. Er aß zwar nie Hot Dogs, aber davon abgesehen hatte Jerome den Verlauf seiner Verabredungen ganz treffend geschildert. „Mit welchem Recht hältst du dich für einen Frauenexperten?“, fragte er. „Wie oft wurdest du geschieden? Ein oder zwei Mal?“

„Drei Mal“, sagte Jerome. „Dabei bleibt es auch. Vanna ist die ideale Frau für mich. Aber immerhin war ich schon ein paarmal verheiratet. So wie du die Sache anfängst, müsstest du die Frau gleich bei der ersten Verabredung fragen, sonst ist sie wieder weg.“

Da war etwas dran. Chase hatte es zwar nicht eilig zu heiraten. Das Leben als relativ wohlhabender und berühmter Single hatte durchaus seine Vorteile, aber dass ihn bisher noch nie eine Frau hatte heiraten wollen, beunruhigte ihn schon etwas. Vielleicht hatte Jerome ja doch recht.

Er schob den Gedanken beiseite. „Du bist doch sicher nicht gekommen, um dich mit mir über mein Fehlverhalten Frauen gegenüber zu unterhalten.“

„Nein, das stimmt“, sagte Jerome. „Ich möchte mit dir über ‚Gefahr beim Morgengrauen‘ sprechen. Woher weiß Hunter, als er in das Atomkraftwerk einbricht, dass der Böse bereits den Atomsprengkopf der Cruise-Missile scharf gemacht hat?“

Chase atmete auf. Zu diesem Thema konnte er etwas sagen.

Stella Brisworth war begeistert von Taras neuem Auftrag. Sie war am Abend vorbeigekommen, um Tara beim Einrichten des neuen Apartments zu helfen. Während sie auf dem blanken Holzfußboden saßen, umgeben von Umzugskartons, und ihr Abendessen in Form von Sandwiches zu sich nahmen, erzählte Tara ihr Genaueres.

„Das hört sich doch fabelhaft an“, meinte Stella. „Auf diese Weise lernst du wenigstens ein paar interessante Männer kennen. Das passiert mir leider nie. Die Männer, mit denen ich arbeitsmäßig zu tun habe, sind nur an ihren Steuern interessiert.“

„Als Buchhalterin ist das zu erwarten.“ Tara fing an, Bücher in ihr Rattanregal einzuräumen. Sie hielt inne und sah sich in dem Raum um. „Findest du, dass das Bücherbord hier richtig steht? Oder sollten wir es lieber an die andere Wand schieben?“

Stella fuhr sich durch ihr kurzes blondes Haar. „Weder noch. Es sieht überall schrecklich aus.“ Sie nahm ein paar Bücher aus dem Regal und warf sie in den Karton zurück. „Du kannst nur eins tun. Pack alles zusammen und zieh wieder in dein altes Apartment. Das Bücherregal sah dort viel besser aus.“

„Stella!“

„Aber es ist die Wahrheit.“ Stella setzte sich wieder auf den Boden und umschlang die Knie mit den Armen. „Ich habe keine Ahnung, warum du eigentlich umgezogen bist. Dein altes Apartment lag zentraler, war größer und wesentlich billiger. Außerdem gibt es hier noch nicht einmal einen Fahrstuhl.“

„Es sind doch nur zwei Stockwerke. Und ein bisschen Laufen hat noch nie jemandem geschadet.“

„Laufen ist schön und gut, wenn du Lust dazu hast. Aber wenn du beladen mit Einkäufen nach Hause kommst, dann sehnst du dich nach einem Fahrstuhl.“ Stella sah sie traurig an. „Das Beste an deinem alten Apartment aber war, dass es meinem direkt gegenüberlag. Du wirst mir sehr fehlen und das nicht nur als Babysitter.“

Nebenan im Schlafzimmer spielte Stellas sechsjähriger Sohn.

„Ihr werdet mir auch fehlen“, erwiderte Tara melancholisch. Sie sah sich in dem großen hohen Raum um mit den alten hölzernen Türrahmen und der Stuckdecke. Nein, es war richtig, dass sie die Wohnung gewechselt hatte. „Ich musste umziehen, Stella. Ich habe mich immer nach einer solchen Wohnung gesehnt – geschmackvoll, elegant, edel.“

„Das ist sie. Und die Gegend erst.“

„Mach dir keine Sorgen.“ Tara beugte sich vor und klopfte Stella liebevoll aufs Knie. „Wir werden uns auch in Zukunft oft sehen, und wenn du mich brauchst, bin ich immer für Matthew da.“ Sie war nun doch ganz zufrieden mit dem Standort des Regals und fing wieder an, Bücher einzuordnen. „Ich hoffe nur, ich kann immer das Geld für die Miete aufbringen.“

Stella reichte ihr einen Bücherstapel. „Warum denn nicht? Du hast doch viele Aufträge.“

„Ja, solange ich bereit bin, dieses banale Zeug zu schreiben.“

„Das ist doch nicht banal, was du schreibst.“

Tara lachte kurz auf. „Als was würdest du denn Artikel bezeichnen wie ‚Kleidung, die Ihnen Mut macht‘, ‚Schlafzimmer, die verführen‘ oder ‚Essen, das ihn in Stimmung bringt‘? Als anspruchsvollen Journalismus?“

„Nein, nicht unbedingt. So was produziert man, um die Miete bezahlen zu können. Obwohl mir ‚Schlafzimmer, die verführen‘ sehr gefallen hat. Und dein neuer Auftrag hört sich doch ganz gut an. Du musst dir schließlich nicht 50 neue Punkte ausdenken, die Frauen über Männer unbedingt wissen müssen. Du brauchst die Liste nur zu aktualisieren.“

„Vermutlich.“ Tara lehnte sich gegen das Sofa. „Obwohl ich gar nicht so sicher bin, dass das notwendig ist.“

Stella starrte sie an. „Wie meinst du das?“

„Seit dem Gespräch mit Charlene denke ich darüber nach. Sie sagte, ich hätte mich mit vielen Männern verabredet, und sie hat recht. Ich habe mich mit Unmengen von Männern getroffen, und keiner hat mich besonders beeindruckt im Hinblick auf das, was man unter einem richtigen Mann versteht.“

„Aber, Tara, du hast doch ein paar tolle Männer kennengelernt.“

„Wen denn zum Beispiel?“

„Na, zum Beispiel Derek. Der war doch süß. Das lockige blonde Haar, die Muskeln …“

„Ja, er hatte Superbizepse. Aber das war auch kein Wunder, denn sie waren das Wichtigste in seinem Leben. Er hat sogar mit ihnen gesprochen! ‚Keine Sorge, Jungs, morgen geht es wieder zum Training.‘“

„Vielleicht war Derek kein gutes Beispiel“, gab Stella zu. „Wer war denn da noch? Wie war es mit Owen? Der sah doch wirklich gut aus und verbrachte sein Leben nicht beim Hanteltraining.“

„Das ist wahr.“ Tara sah den elegant gekleideten dunkelhaarigen Owen wieder vor sich. „Er verbrachte sein Leben bei Therapeuten.“

„Dagegen ist doch nichts zu sagen. Viele Leute …“

Autor

Alyssa Dean
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