Traummann sucht Powerfrau

– oder –

 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

Die schöne Anwältin Emma Rogers denkt gar nicht daran, sich von dem Journalisten Ford Hamilton interviewen zu lassen - doch der ist fest entschlossen, herauszufinden, warum diese Powerfrau so vorsichtig ist. Erst will er ihr Vertrauen gewinnen - und dann ihr Herz erobern. Ein ganz hervorragender Plan, wie ihre vier Freundinnen finden. Denn sie haben längst erkannt, dass Ford der Richtige für Emma ist …


  • Erscheinungstag 19.05.2018
  • ISBN / Artikelnummer 9783733757106
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

PROLOG

Das einzige Licht kam aus dem Kühlschrank. Emma Rogers stand barfuß in der Küche, noch immer in dem Designerkostüm, das sie vor Gericht getragen hatte, und löffelte Joghurt.

Es war zehn Uhr abends. Am Morgen um halb sieben hatte sie auf dem Weg zur Arbeit eine Scheibe Toast und mittags in der Gerichtskantine ein Sandwich mit Thunfisch gegessen. Der Joghurt war ihr Abendessen. Mehr ließ ihr Terminkalender nicht zu.

Seit Wochen hatte sie nicht mehr mit ihrer sechsjährigen Tochter an einem Tisch gesessen. Caitlyn war inzwischen so sehr daran gewöhnt, mit der Haushälterin zu essen, dass sie ihre Mutter schon gar nicht mehr fragte, wann sie nach Hause kommen würde.

Emmas Exmann Kit war nicht so duldsam gewesen. Nach der Geburt ihrer Tochter hatte er von ihr verlangt, zu Hause zu bleiben. Sein Jahreseinkommen war sechsstellig, also hätte seine Frau nicht mehr zu arbeiten brauchen.

Aber sie hatte darauf bestanden, nach dem Examen in eine angesehene Kanzlei in Denver einzutreten und selbst Karriere zu machen. Als alle Versuche, ihr beruflich zu schaden, gescheitert waren, verließ er sie und kündigte an, vor Gericht um das Sorgerecht für Caitlyn zu kämpfen.

Vielleicht wäre Emma endlich aufgewacht und hätte ihr Leben geändert, wenn es dazu gekommen wäre. Doch kurz nach ihrer Trennung hatte Kit eine andere Frau kennengelernt und Emma das Sorgerecht kampflos überlassen. Inzwischen sah Caitlyn ihren Vater sogar kaum noch.

Wütend warf Emma den Joghurtbecher in den Abfalleimer und schloss den Kühlschrank. Ihre Tochter hatte viel zu viele gescheiterte Plänen und gebrochene Versprechen hinnehmen müssen.

Emma schaltete das Licht an und griff nach der Einladung, die sie in der Post vorgefunden hatte. In wenigen Wochen würde ihr Highschool-Jahrgang sich in Winding River, im Staate Wyoming, zu einer großen Wiedersehensfeier treffen. Dann hatte Caitlyn bereits Ferien, und sie könnte endlich etwas Zeit mit ihrer Tochter verbringen.

Emma schlug den Kalender auf und markierte das Wochenende – in weiser Voraussicht mit einem Kugelschreiber, nicht mit einem Bleistift, dessen Spuren sich ausradieren ließen, sobald ihr Bedenken kamen. Gleich morgen würde sie ihre Sekretärin bitten, alle Termine von Mittwoch bis Sonntag auf die darauf folgende Woche zu verlegen. Nun ja, bis zum Nationalfeiertag würde sie nicht in Winding River bleiben können, aber fünf Tage waren auch nicht schlecht.

Fünf Tage ohne Arbeit und Hektik, was für eine herrliche Aussicht! Und ihre besten Freundinnen, die Unzertrennlichen aus der Highschool-Zeit, würden sie zum Lachen bringen und daran erinnern, wer sie gewesen war, bevor es für sie nur noch den Beruf gegeben hatte.

Es war seltsam, dass fünf Frauen so verschieden sein und doch so viel gemeinsam haben konnten. Lauren war inzwischen ein Hollywood-Superstar, Karen Rancherin. Cassie musste als alleinerziehende Mutter jeden Cent umdrehen, während in Ginas Restaurant in New York die Prominenz von Manhattan verkehrte. Trotzdem hatte ihre Freundschaft Zeit und Entfernungen unbeschadet überstanden. Zum letzten Mal hatten sie sich bei Emmas Examensfeier gesehen, hatten die Verbindung jedoch nie abreißen lassen.

Lauren, selbst zwei Mal geschieden, hatte am Telefon immer wieder geduldig zugehört, als Emma das Scheitern ihrer Ehe durchlitt. Bei Cassie hatte sie sich ausgeweint, wann immer das Schuldgefühl, nicht genug Zeit für Caitlyn zu haben, übermächtig wurde. Die glücklich verheiratete Karen war ein Fels in der Brandung gewesen und hatte immer ein offenes Ohr für Emmas Sorgen gehabt. Und seit der Scheidung schickte Gina ihr und Caitlyn regelmäßig Pakete mit Leckereien.

Doch trotz aller Vorfreude musste Emma seufzen, als sie daran dachte, was für ein Berg Akten am Montag darauf im Büro auf sie warten würde. Die Arbeit musste jedoch wenigstens ein einziges Mal warten. Sie war nicht unersetzlich. Sie hatte mehr Geld, als sie ausgeben konnte. Ein paar freie Tage würden ihre Karriere nicht gefährden.

Wann würde sie je wieder so eine Chance bekommen? Sie sehnte sich danach, ihre Freundinnen wieder zu sehen. Plötzlich musste Emma lächeln. Ihre Mutter würde sie besorgt mustern und fragen, ob sie auch genug aß. Ihr Vater würde ihr sagen, wie brillant und hübsch und liebenswert sie sei – etwas, was sie nach ihrer Scheidung nicht oft genug hören konnte. Auch wenn Kit letztlich kein großer Verlust war, hatte das Scheitern ihrer Ehe Emma doch tief getroffen. Seit der Grundschule war sie daran gewöhnt gewesen, bei allem, was sie anpackte, Erfolg zu haben.

Sie konnte es kaum abwarten, Caitlyn von dem Kurzurlaub zu erzählen. Endlich würde sie ihre Tochter wieder lächeln sehen.

„Dieses Mal werde ich dich nicht enttäuschen, mein Schatz“, flüsterte sie, bevor sie das Licht ausmachte und in ihr Arbeitszimmer ging, um vor dem Schlafengehen noch eine Stunde lang Akten zu studieren.

Caitlyn und sie würden unbeschwert lachen und mit der Familie und Freunden zusammen sein. Nichts würde sie davon abhalten. Nichts auf der Welt.

1. KAPITEL

Ford Hamilton starrte auf den Bildschirm, der die Titelseite der wöchentlich erscheinenden „Winding River News“ zeigte. Leider befand sich dort, wo der Aufmacher stehen sollte, noch eine große Lücke. Da er das Blatt gerade erst gekauft hatte und dies die erste Ausgabe sein würde, für die er als Verleger verantwortlich war, wollte er die Leser natürlich mit einer möglichst interessanten Story beeindrucken.

„Chef, soll ich die Leute interviewen, die dieses Klassentreffen organisieren? Fragen, wer kommt und so?“ bot Teddy Taylor an. Teddy war achtzehn und wollte Fotoreporter werden. Er machte in diesem Sommer ein Praktikum bei Ford und träumte natürlich von einem Titelfoto.

Ford seufzte. Ein Klassentreffen war nicht gerade das, was er sich als Aufmacher vorgestellt hatte. Er hatte lange in Großstädten gearbeitet, wo die Schlagzeilen sich meistens um Politik, Korruption und Kriminalität drehten. Davon gab es hier jedoch nicht sehr viel. Winding River war eine verschlafene Kleinstadt – aber genau deshalb war er schließlich hergekommen. Er war es leid gewesen, sich mit Chefredakteuren darüber zu streiten, ob seine Artikel reißerisch genug waren. Jetzt hatte er selbst das Kommando.

„Teddy, was hältst du von einem Interview mit dem Sheriff?“, schlug Ford vor. „Frag ihn, welche Sicherheitsmaßnahmen er geplant hat, seit bekannt ist, dass diese Schauspielerin kommt. Hat er Verstärkung angefordert, um die Schaulustigen zurückzuhalten?“

Teddy blieb der Mund einen Moment lang offen stehen. „Schaulustige? Hier?“

„Lauren Winters hat im Frühjahr einen Oscar bekommen. Jedes Boulevardblatt, das etwas auf sich hält, wird einen Fotografen herschicken. Erkundige dich, ob alle Hotels ausgebucht sind. Wenn die Paparazzi keine Zimmer in Laurens Nähe bekommen, werden sie in ihren Autos schlafen. Frag Ryan, ob er darauf vorbereitet ist.“

Der Junge strahlte. „Sie lassen mich den Sheriff interviewen?“

Ford verkniff sich ein Lächeln. „In zwei Stunden will ich den Artikel auf dem Tisch haben.“

„Versprochen!“ Teddy eilte davon.

Ford seufzte erneut. War er selbst jemals so jung und voller Energie gewesen? Nun gut, mit zweiunddreißig war er nicht gerade alt, aber nach nur einem Monat begann er schon, sich an das langsamere Tempo von Winding River anzupassen. Er stand nicht mehr im Morgengrauen auf und arbeitete auch keine zwölf Stunden mehr. Und beim Kaffee in „Stella’s Diner“ nahm er sich sogar die Zeit, ein wenig mit den anderen Gästen zu plaudern.

Die Stadt war dabei, sich zu verändern. Gleich neben dem Geschäft, das Western-Bekleidung verkaufte, hatte eine schicke Boutique eröffnet. Zwischen den Pick-ups mit ihren Pferdeanhängern parkten immer mehr Range Rovers. Im Schaufenster neben der Futter- und Saatguthandlung lagen teure Geschenkartikel. Und auf dem Flugplatz standen mittlerweile mehr Privatjets als Sprühflugzeuge für die Schädlingsbekämpfung.

Ford konnte es kaum abwarten, seine Zeitung zum kritischen Begleiter dieser Entwicklung zu machen, aber er musste auf den richtigen Einstieg warten. Was er brauchte, das war eine große Titelstory – sensationell und kontrovers.

„Darf ich wirklich Reiten lernen?“, fragte Caitlyn zum zehnten Mal, während Emma am Mittwoch mit ihr von Denver nach Winding River fuhr.

„Grandpa hat versprochen, es dir beizubringen, oder?“

Caitlyns Locken hüpften, als sie heftig nickte. „Ich bin ja sooo aufgeregt. Und wie viele Kinder gibt es in unserer Familie?“

„Fünf. Du hast doch einige kennengelernt, als wir das letzte Mal dort waren.“

„Aber da war ich noch ein Baby. Ich war erst vier“, erwiderte Caitlyn. „Ich habe es vergessen.“

„Okay. Da ist Jessie …“

„Wie alt ist Jessie?“

„Sechs, genau wie du.“

„Meinst du, sie kann schon reiten?“, fragte Emmas Tochter besorgt. „Wird sie sich über mich lustig machen?“

„Ich weiß nicht, ob sie reiten kann. Aber Grandpa wird nicht zulassen, dass sie sich über dich lustig macht.“

Caitlyn nickte wieder. „Wen gibt es noch?“

„Davey, Rob, Jeb und Pete.“

„Das sind doch alles Jungs“, meinte Caitlyn enttäuscht. „Aber Jessie und ich werden Freundinnen sein, richtig?“

„Bestimmt“, versicherte Emma ihr.

„Wann sind wir da?“

„In einer halben Stunde.“

„Wie spät ist es jetzt?“

„Halb eins.“

Caitlyn legte einen Finger auf die Uhr neben dem Tacho. „Wenn der große Zeiger hier ist und der kleine da unten, richtig?“

„Genau.“

Das Mädchen runzelte die Stirn. „Grandma hat doch gesagt, dass wir um zwölf essen.“

„Ich habe sie angerufen und ihr gesagt, dass wir etwas später losgefahren sind.“

„Weil du noch ins Büro musstest“, beschwerte Caitlyn sich. „Obwohl wir Urlaub haben.“

„Bis Montag“, versprach Emma.

„Warum klingelt dann dauernd dein Handy?“

Emma seufzte. Es klingelte, weil sie es nicht ausgeschaltet hatte.

„Keine Angst“, tröstete sie ihre Tochter. „Wir lassen uns den Urlaub nicht verderben.“

Kurz darauf läutete das Handy schon wieder. Emma warf Caitlyn einen entschuldigenden Blick zu. „Rogers“, meldete sie sich.

„Ist dort die berühmte Anwältin, die nur die schwierigsten Fälle übernimmt?“

Emma lächelte. „Lauren? Wo bist du?“

„Ich sitze mit deiner Familie am Tisch. Wir warten auf euch. Wo seid ihr?“

„Etwa eine Meile von der Ranch entfernt. Sag Mom, sie soll das Essen servieren und den Eistee eingießen.“

„Schon erledigt. Ich habe ihr geholfen.“

„Na? Und war die Familie beeindruckt, dass eine prominente Schauspielerin das Essen für sie zubereitet?“

Lauren schmunzelte. „Rob hat Erbsenpüree auf meine elegante Bluse geschmiert, aber er ist ein Baby, also habe ich ihm verziehen.“

„Das ist gut. Ich glaube nicht, dass Robs Daddy dir eine neue Bluse kaufen könnte. Vermutlich kostet sie mehr, als er in einem Monat verdient.“

„So ungefähr“, bestätigte Lauren. „Ich habe ihm gesagt, du würdest sie mir ersetzen. Du kannst es dir leisten.“

„Ich bin heilfroh, dass ich gleich bei euch bin. Offenbar ist es höchste Zeit, dass ich komme“, erwiderte Emma.

Kurz darauf hörte sie freudige Rufe, die verrieten, dass die Kinder ihren Wagen gesehen hatten. Mit großen Augen starrte Caitlyn zum Haus hinüber, wo die ganze Familie sie erwartete. Neben ihren Großeltern stand Lauren, das Handy noch in der Hand.

Kaum hielten sie, öffnete ihre Grandma die Wagentür und strich ihr über die Wange. „Ich bin ja so froh, dass ihr hier seid“, sagte sie zur Begrüßung. „Dein Grandpa und ich haben dich vermisst.“

„Wirklich?“, fragte Caitlyn und wirkte überrascht.

„Wirklich. Möchtest du mitkommen? Er hat eine Überraschung für dich. In der Scheune.“

Caitlyn sah Emma an. „Darf ich, Mommy?“

„Ich dachte, ihr kommt vor Hunger um“, erwiderte Emma und warf Lauren einen Blick zu.

„Schon gut. Ich werde es überleben“, erwiderte ihre Freundin.

Emma ließ Caitlyns Hand los. „Natürlich darfst du.“

Als das Mädchen und ihre Großeltern davongingen, gefolgt von den anderen Kindern, stieg Emma aus. Ihre Brüder und Schwägerinnen umarmten sie herzlich.

„Du siehst müde aus“, bemerkte Lauren, bevor sie Emma an sich drückte.

„Es war eine lange Fahrt.“

„So lang nun auch wieder nicht“, meinte Lauren, während sie ihre Freundin ins Esszimmer führte, wo der Tisch mit dem besten Service gedeckt war. „Solche Schatten unter den Augen bekommt man nicht über Nacht. Glaub mir, ich weiß, wie man aussieht, wenn man zu wenig schläft. Aber du hast Glück, ich kenne ein paar Tricks. Wenn wir am Samstag auf den Ball gehen, werden die Männer dir zu Füßen liegen.“

„Ich bin nicht hier, um mir einen Mann zu suchen“, protestierte Emma. „Außerdem wirst du alle Blicke auf dich ziehen. Für mich wird sich niemand interessieren.“

„Wart nur ab. Man kann nie wissen, wann einem der perfekte Mann über den Weg läuft.“

„In Winding River gibt es nur wenige perfekte Männer.“ Sie lächelte ihren Brüdern Wayne und Matt zu. „Anwesende natürlich ausgeschlossen. Deshalb sind wir doch fortgegangen, oder?“

„Ich bin Optimistin“, erklärte Lauren. „In zehn Jahren kann sich vieles geändert haben.“

„Allerdings“, bestätigte Matts Frau Martha. „An der Hauptstraße bekommt man jetzt sogar schon Cappuccino. Natürlich gehen die Einheimischen meistens zu Stella in den Diner. Die feine Küche ist eher etwas für die Touristen.“

Überrascht sah Emma sie an. „Touristen? Was gibt es denn hier zu sehen?“

„Den wahren Westen“, informierte Wayne trocken. „Natürlich brauchen sie dazu die Annehmlichkeiten, die sie zu von zu Hause gewöhnt sind. Aber wenigstens lassen sie ein paar Dollar hier.“

„Irgendwann wird der Tourismus unsere vertraute Lebensweise zerstören“, prognostizierte Matt mit finsterer Miene. „Und der neue Zeitungsverleger wird den Angriff anführen.“

„Ford Hamilton ist kein übler Mensch“, widersprach Martha. „Gib ihm eine Chance.“

„Wozu? Hier alles mit seinen schicken Großstadtideen kaputtzumachen?“

„Woher weißt du denn, dass er solche Ideen hat?“, fragte Martha. „Du willst ja nicht mal mit ihm reden!“

„Er ist aus Chicago“, erinnerte Matt ungnädig. „Ich wette, er wird der Erste sein, der verlangt, das Land an alle möglichen Investoren zu verkaufen. Wenn es so weitergeht, wird es zwischen hier und Laramie nur noch Erschließungsgebiete geben.“

In diesem Moment traten Emmas Eltern mit Caitlyn und den anderen Enkeln ein.

Emmas Mutter hob die Hand. „Okay, Matt, das reicht. Lass deine Schwester erst mal essen, bevor du deine Weltuntergangsstimmung verbreitest. Die ist nämlich schlecht für die Verdauung.“

Dennoch bekam Emma bei Tisch zu hören, was sich in den letzten Jahren alles verändert hatte – nicht zum Guten, wenn es nach Matt ging. Sie erfuhr auch eine Menge über diesen Ford Hamilton, der dem Lokalblatt ein neues Image verpasst hatte. Die ganze Stadt redete darüber.

„Er hat Rons Kolumne einfach gestrichen“, beschwerte sich Matt.

„Ron hat doch sowieso immer nur berichtet, was alle längst wussten“, wand Martha ein. „Ich bin froh, dass Ford hier ist. Es wurde höchste Zeit, dass ein aufregender Junggeselle nach Winding River zieht.“

„Warum interessiert dich das? Du bist mit mir verheiratet!“, erinnerte Matt sie.

Martha verdrehte die Augen. „Das bedeutet nicht, dass ich blind bin. Außerdem könnte ein Mann wie Ford Hamilton Emma dazu bringen, hierher zurückzukehren.“

„Hört sofort auf“, verlangte Emma. „Ich suche keinen Mann, und ich werde auch nicht zurückkommen, jedenfalls nicht für immer.“

„Nun, du kannst uns nicht verbieten zu träumen“, erwiderte ihre Mutter.

„Bedräng unsere Tochter nicht“, warf Emmas Vater ein. „Sie ist gerade erst angekommen.“

„Du denkst doch genauso wie ich“, konterte ihre Mutter. „Deshalb hast du doch das Pony gekauft.“

„Welches Pony?“, fragte Emma.

„Das war die Überraschung“, berichtete Caitlyn mit glühenden Wangen. „Grandpa hat mir ein Pony geschenkt.“

Emma warf ihrem Vater einen vorwurfsvollen Blick zu.

„In ihrem Alter hattest du auch eins“, rechtfertigte er sich.

„Aber ich habe hier gelebt“, antwortete Emma und beschloss, das Thema vorläufig ruhen zu lassen. Sie wollte sich nicht den Appetit verderben lassen.

„Reden wir doch lieber wieder über Ford Hamilton“, schlug Martha diplomatisch vor.

„Ja, genau“, pflichtete Lauren ihr bei. „Wenn Emma nicht interessiert ist, werde ich ihn mir vielleicht mal anschauen.“

„Sicher“, bemerkte Wayne skeptisch, „als würdest du jemals wieder herziehen.“

„Man kann nie wissen“, entgegnete Lauren so nachdenklich, dass alle sie anstarrten.

„Lauren?“, fragte Emma. Es war das erste Mal, dass ihre Freundin so etwas wie Unzufriedenheit über ihren glamourösen Lebensstil äußerte.

Die Schauspielerin stand auf. „Ich muss los. Ich habe Karen versprochen, ihr mit den Pferden zu helfen.“

„Das wäre ein Foto für die Boulevardpresse“, scherzte Emmas Vater. „Millie, wo ist meine Kamera? Ich könnte mir endlich die zwei neuen Stiere kaufen.“

„Tu das nicht, Dad“, warnte Emma. „Ich müsste Lauren raten, dich zu verklagen.“

„Als würde ich meinen Ersatzvater jemals verklagen“, sagte Lauren und gab ihm einen Kuss auf die Wange.

Er schüttelte den Kopf. „Wer konnte ahnen, dass eine von Emmas Freundinnen zu einer der bekanntesten Hollywood-Schönheiten heranwachsen würde? Ich weiß noch, wie du Zöpfe getragen und hinter dem Haus Kuchen aus Sand gebacken hast.“

„Das wäre nun wirklich ein Foto für die Klatschspalten“, bemerkte Wayne. „Ich glaube, ich weiß, wo es ist.“

„Ich auch.“ Endlich lächelte sogar Matt. „Soll ich es holen? Wir teilen uns das Geld.“

„Wenn du das tust, dann bist du ein toter Mann“, warnte Emma. „Ich bin nämlich auch auf dem Foto.“

Plötzlich bemerkte sie die Tränen in den Augen ihrer Mutter. „Mom? Was ist denn?“

„Ich bin nur so glücklich, euch alle mal wieder an diesem Tisch zu haben. Wie früher. Du glaubst nicht, wie sehr ich das vermisst habe.“

„Ich werde euch häufiger besuchen, Mom“, versprach Emma mit schlechtem Gewissen.

„Das sagst du jetzt, aber wenn du erst wieder in Denver bist, wirst du vor lauter Arbeit frühestens in zwei Jahren wieder dazu kommen.“

„Bestimmt nicht“, schwor Emma sich und den anderen.

Aber natürlich hatte ihre Mutter recht. Sie war machtlos dagegen, denn ihr Beruf war das, was sie ausmachte. Sie war auf der Highschool die Beste gewesen und wollte es auch in ihrer Kanzlei sein. Ihre Ehe war gescheitert, und sie war Caitlyn keine besonders gute Mutter. Also wollte sie wenigstens eine Spitzenanwältin sein.

Männer brachten ihrer Karriere andauernd Opfer, und niemand warf es ihnen vor. Warum sollte es bei ihr anders sein? Immerhin konnte sie Caitlyn ein Vorbild sein und ihr zeigen, dass auch eine Frau es bis ganz nach oben schaffen konnte.

Aber um welchen Preis? Das fragte Emma sich immer öfter, meistens spät in der Nacht. Bisher war ihr allerdings keine zufriedenstellende Antwort eingefallen. Ob sie je eine finden würde?

Ford hatte ursprünglich nicht vorgehabt, zur 10-Jahr-Feier der Highschool-Absolventen zu gehen. Deshalb hatte er Teddy beauftragt, und der Junge war begeistert gewesen.

„Mach ein paar Fotos von Lauren Winters“, verlangte Ford. „Jeder wird sehen wollen, wie der große Star sich in die Niederungen einer Kleinstadt begibt.“

Der Sarkasmus in Fords Stimme entging Teddy nicht. „Ich glaube nicht, dass Lauren so ist. Onkel Ryan hat mir erzählt, dass sie früher die Fleißigste und Ernsthafteste der Klasse war. Niemand hätte erwartet, dass sie Schauspielerin wird.“

„Mag sein. Mach einfach genug Fotos. Du weißt vermutlich besser als ich, wer hier wichtig ist.“

„Das hoffe ich. Onkel Ryan hat mir eine Liste geschrieben. Er kennt jeden. Da ist zum Beispiel eine Frau namens Gina, der eins der schicksten Restaurants von New York …“

„Gina Petrillo?“, unterbrach Ford ihn erstaunt. „Die, der das ‚Café Toscana‘ in Manhattan gehört?“

Teddy sah auf einen Zettel. „Genau. Kennen Sie es?“

„Ich habe dort gegessen.“ Ein New Yorker Chefredakteur hatte ihn dorthin eingeladen, als er ihn aus Chicago abwerben wollte.

„Und dann gibt es noch Emma Rogers, eine bekannte Anwältin aus Denver“, fuhr sein Praktikant aufgeregt fort. „Und Cole Davis, das Software-Genie. Er war zwar nicht in dem Jahrgang, aber seine Freundin. Onkel Ryan meint, er wird sicher kommen, obwohl er ein paar Jahre älter ist.“

Ford stammte selbst aus einem kleinen Ort und wusste, wie schwer man es dadurch in der Großstadt hatte. Dass so viele aus Winding River es in der Fremde zu Ruhm und Erfolg gebracht hatten, faszinierte ihn. Und je länger er darüber nachdachte, desto mehr reizte es ihn, daraus einen Artikel zu machen. Wer oder was hatte diese vier Menschen dazu motiviert, so hart zu arbeiten? Ein Lehrer? Die Eltern? Oder lag es daran, dass die hiesige Highschool besser war als andere Schulen? Die Lebensgeschichten der vier Absolventen konnten durchaus ein Anreiz für die gegenwärtigen Jahrgänge sein.

Also hatte er sich schließlich doch eine Karte für den Ball am Samstagabend gekauft. Und jetzt stand er am Rand der umgestalteten Sporthalle und hielt unauffällig nach den Prominenten Ausschau.

„Junger Mann, warum tanzen Sie nicht?“, fragte Geraldine Hawkins ihn.

Ford drehte sich zu der zierlichen Frau um. Die Englischlehrerin war fünfundsechzig und höchsten ein Meter fünfzig groß. Aber laut seinem Vorgänger bei der Zeitung konnte sie selbst den aufmüpfigsten Schüler einschüchtern. Mrs. Hawkins gehörte außerdem zu den einflussreichsten Bürgern von Winding River. Sie war zwei Mal nacheinander zur Bürgermeisterin gewählt worden, nun jedoch behauptete sie, für solchen „Unsinn“ keine Zeit mehr zu haben.

„Junger Mann?“

„Zwei linke Füße“, erwiderte Ford.

„Das glaube ich nicht.“ Sie zeigte auf einen Tisch, an dem fünf junge Frauen saßen. Eine davon war die wunderschöne Lauren Winters, und er erkannte auch Gina Petrillo. „Gehen Sie schon hin, und fordern sie eine auf. Keine Frau sollte bei ihrem Klassentreffen ein Mauerblümchen sein, erst recht nicht, wenn ein attraktiver Junggeselle im Saal ist.“

Ford lächelte. „Ich würde lieber mit Ihnen tanzen, Mrs. Hawkins. Darf ich bitten?“

Errötend streckte sie die Hand aus. „Warum nicht? Aber treten Sie mir nicht auf die Füße. Ich habe Hühneraugen.“

„Ich werde mein Bestes tun“, versprach er lachend.

Sie drehten einige Runden, bevor die Musik endete. „Junger Mann, Sie haben geflunkert. Sie sind ein ausgezeichneter Tänzer.“

„Sie haben mich inspiriert.“

„Unsinn. Und jetzt fordern Sie eine Frau in Ihrem Alter auf.“

„Denken Sie an eine bestimmte?“

Die Lehrerin schaute wieder zu dem Fünfertisch hinüber. Eine von ihnen hatte ein Handy am Ohr und nickte. Sie war auf zurückhaltende, ja fast verschlossene Weise schön, fand Ford.

„Emma“, entschied Mrs. Hawkins. „Das ist die, die gerade telefoniert. Sie braucht etwas Ablenkung. Wer immer das Handy erfunden hat, sollte erschossen werden. Aber da es dazu zu spät ist, sollten wir sie den Menschen wegnehmen, die danach süchtig sind.“

„Emma?“, wiederholte er. „Die Anwältin?“

„Sie arbeitet zu hart. Sie ist auf einem Ball, umgeben von ihren besten Freundinnen, und was tut sie? Ich wette, das ist ihre Kanzlei oder irgendein Mandant.“

In diesem Moment reichte Emma das Handy widerwillig Lauren. Die Schauspielerin wählte, sprach kurz mit jemandem und beendete das Gespräch. Als Emma nach dem Handy griff, hielt Lauren es außer Reichweite.

„Gut gemacht, Lauren“, sagte Mrs. Hawkins anerkennend. „Jetzt sind Sie dran. Wenn es eine junge Frau gibt, die dringend etwas Spaß braucht, dann ist es unsere Emma.“

Da Ford ohnehin mit der arbeitswütigen Anwältin reden wollte, nickte er. „Okay, Sie haben gewonnen. Aber wenn ich ihr auf die Zehen trete und sie mich verklagt, sind Sie schuld.“

„Da mache ich mir keine Sorgen“, erwiderte Mrs. Hawkins strahlend.

Als er den Tisch erreichte, war Emma allein und starrte missmutig vor sich hin.

„Mir ist befohlen worden, mit Ihnen zu tanzen“, erklärte Ford.

Erstaunt hob sie den Kopf. „Was für eine schmeichelhafte Aufforderung.“ Aus der Nähe war sie sogar noch attraktiver.

„Mrs. Hawkins“, erläuterte er und nickte zu der Lehrerin hinüber.

Zu seiner Überraschung lächelte Emma. „Sie bekommt immer, was sie will. Sie hat mich sogar dazu gebracht, Shakespeare zu lesen.“

„Sie waren die Klassenbeste, nicht wahr?“, fragte er. „Ich bin übrigens Ford Hamilton.“

Ihre Miene wurde wieder kühl. „Der neue Verleger unserer Lokalzeitung. Ich habe von Ihnen gehört.“

„Nichts Strafbares, hoffe ich.“

„Bisher nicht, aber Sie sind erst wenige Wochen hier.“ Emma stand auf. „Danke, aber ich muss mit ein paar alten Freunden reden.“

Sie eilte in Richtung Ausgang. Ford sah ihr nach. Hatte er etwas Falsches gesagt?

„Ms. Rogers?“

Sie blieb stehen, drehte sich jedoch nicht um. Er folgte ihr und stellte sich vor sie. „Wenn Sie ein paar Minuten Zeit hätten, würde ich gern mit Ihnen reden.“

„Worüber?“

„Darüber, wer oder was Sie am meisten motiviert hat, als Sie auf der Highschool von Winding River waren. Ich möchte mit allen aus Ihrem Jahrgang sprechen, die erfolgreich sind. Ich bin sicher, die heutigen Schüler können eine Menge von Ihnen lernen.“

Autor

Sherryl Woods

Über 110 Romane wurden seit 1982 von Sherryl Woods veröffentlicht. Ihre ersten Liebesromane kamen unter den Pseudonymen Alexandra Kirk und Suzanne Sherrill auf den Markt, erst seit 1985 schreibt sie unter ihrem richtigen Namen Sherryl Woods. Neben Liebesromanen gibt es auch zwei Krimiserien über die fiktiven Personen Molly DeWitt sowie...

Mehr erfahren