Viel zu sehr verliebt

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Auf keinen Fall will sich Hope dem Mann hingeben, vor dessen erotischer Ausstrahlung sie einst von Neuseeland bis nach Australien geflüchtet ist. Aber der Unternehmer Keir Carmichael, der sie endlich gefunden hat, lässt seine süße Beute nicht entkommen. Doch er will ihr nur eine Affäre anbieten! Was soll Hope tun? Noch einmal ohne Abschied fliehen? Oder der Sehnsucht nachgeben?


  • Erscheinungstag 23.05.2018
  • ISBN / Artikelnummer 9783733757243
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

PROLOG

Reglos kauerte sie auf dem winzigen Balkon, die Hände schützend vor das Gesicht geschlagen. Sie hätte besser daran getan, sich die Ohren zuzuhalten. Die Dunkelheit und Kälte eines typisch neuseeländischen Herbstabends setzten ihr zu, doch das Frösteln, das ihre zarte Gestalt durchlief, kam von ihrer inneren Erregung.

Ihr Kopf hallte von den ungeheuerlichen Worten ihres Vaters wider. „Einigen Sie sich mit mir, und Hope gehört Ihnen“, hatte er gesagt, als wäre seine Tochter ein Aktienpaket. „Sollten Sie jedoch eine feindliche Übernahme planen, können Sie eine Verbindung mit meiner Tochter vergessen.“ Ein drohender Unterton trat in seine Stimme: „Wenn ich Hope verbiete, mit Ihnen auszugehen, wird sie mir gehorchen. Darauf können Sie sich verlassen.“

Hope fühlte sich gedemütigt. Nervös wartete sie, dass Keir ihrem Vater Kontra bieten würde.

Doch Keir klang eher amüsiert als empört. „Wie kommen Sie darauf, dass ich Hope heiraten will? Für Sie wäre das von Vorteil, aber was hätte ich davon?“

Hope stöhnte leise auf, als ihr Vater höhnisch erwiderte: „Ach, kommen Sie, Carmichael, Sie wollen sie doch – Sie führen sie jetzt schon seit zwei Monaten aus. Männer Ihres Schlages gehen nicht mit kleinen Mädchen ins Bett – bisher jedenfalls haben Sie Frauen mit Erfahrung bevorzugt. Hope dagegen ist noch ein unschuldiges Kind. Etwas anderes als eine Heirat kommt also nicht infrage. Liegt ja auch in Ihrem Interesse – meine Tochter wäre Ihnen eine gute, nachgiebige Ehefrau, und sie kennt alle wichtigen Leute in Neuseeland. Und nach meinem Tod erbt sie alles.“

Eine lange Pause folgte. Hope hielt den Atem an. Ihre Anspannung steigerte sich ins Unerträgliche.

Schließlich lenkte Keir ein: „Also gut, reden wir übers Geschäft.“

Hopes Herz setzte einen Schlag lang aus. Verzweifelt wünschte sie sich, es würde ganz aufhören zu schlagen, damit ihre Schmach ein Ende hätte. Aber ihr Pulsschlag setzte wieder ein, und ihr blieb nichts anderes übrig, als weiter mit anzuhören, wie ihre zart gehegten Hoffnungen enttäuscht wurden.

Ihr Vater sagte siegessicher: „Heiraten Sie Hope, und Sie bekommen die Firma ohne dieses unwürdige Gezerre. Ich überschreibe Ihnen das Unternehmen ganz offiziell. Ich will nur die Geschäftsleitung behalten, bis ich mich zur Ruhe setze.“ Nach einer bedeutungsschweren Pause fügte er langsam hinzu: „Anderenfalls lasse ich es auf einen Kampf ankommen. Ich kenne viele Tricks und ein paar sehr einflussreiche Leute. Wenn es sein muss, treibe ich Ihre kleine Privatbank in den Ruin.“

Hope hatte das Gefühl, in einem Albtraum gefangen zu sein. Krampfhaft presste sie ihre Faust gegen den Mund, um den erstickten Aufschrei zurückzuhalten, der aus ihr hervorbrechen wollte.

Vielleicht war das Ganze ja wirklich ein böser Traum, und sie würde gleich aufwachen …

Keirs verächtliche Stimme raubte ihr diese Illusion. „Die Zeiten, in denen man eine Tochter opferte, um dem Bankrott zu entgehen, sind längst vorbei. Warum sollte ich eine Achtzehnjährige heiraten wollen? Aber versuchen Sie ruhig Ihr Glück, lassen Sie Ihre Beziehungen spielen – Ihre Firma bekomme ich so oder so.“

Es herrschte ein bedrückendes Schweigen.

„In Ordnung“, hörte Hope ihren Vater in die Stille hinein sagen, „vergessen Sie die Heirat. Sie wollen meine Tochter, Sie können sie haben. Hübsch genug ist sie ja, um Sie glücklich zu machen, bis Sie ihrer überdrüssig geworden sind.“

„Sie wollen sie an mich verkaufen?“, vergewisserte Keir sich kühl. Hope schluckte. Keirs Stimme klang zwar ungläubig, aber weder überrascht noch entrüstet. „Dann steht Ihnen das Wasser wohl bis zum Hals. Aber abgesehen davon stellt Hope sich ihre Zukunft ja vielleicht ganz anders vor.“

In der Stimme ihres Vaters schwang ein harter Unterton mit, den Hope nur zu gut kannte: „Sie wird tun, was ich ihr sage.“

„Tatsächlich?“, fragte Keir amüsiert.

Hopes Herz raste. Verzweifelt hoffte sie, dass der Mann, den sie liebte, das dreiste Angebot ihres Vaters zurückweisen würde.

„Worauf Sie sich verlassen können“, höhnte James Sanderson.

„Zugegeben, sie ist ganz niedlich“, räumte Keir ein. „Aber sehen Sie, mir fehlt einfach die Zeit, einem unbedarften kleinen Mädchen beizubringen, was es heißt, einen Mann zu befriedigen. Ich erwarte, dass die Frauen, mit denen ich mich abgebe, ihr Geld wert sind, und Hope weiß nichts über die Kunst der Verführung. Außerdem ist sie, wie Sie schon sagten, ohnehin bis über beide Ohren in mich verliebt. Ich hätte sie in den letzten Wochen jederzeit haben können, ich hätte nur mit den Fingern zu schnippen brauchen.“

Wieder hörte Hope lange Zeit kein Wort. Dann sagte ihr Vater wütend: „Verstehe. Sie haben die ganze Zeit über mit gezinkten Karten gespielt – meiner Tochter den Kopf verdreht, um sie über mich auszuhorchen.“

„Warum sollte ich sonst mit einem Schulmädchen ausgehen? Aber Sie können beruhigt sein, ich habe nichts aus ihr herausbekommen – sie weiß nichts über Ihre Firma.“ Keir nahm jetzt kein Blatt mehr vor den Mund. „Begreifen Sie doch, Sanderson, Ihre Position ist unhaltbar. Ihr Unternehmen geht den Bach hinunter, weil Sie ein machtgieriger Narr sind, der es vierzig Jahre lang versäumt hat, sich anzupassen. Wenn Sie wirklich mit mir ins Geschäft kommen wollen, müssen Sie mir etwas bieten, was mir genauso nützt wie Ihnen. Anderenfalls verschwenden Sie nur meine Zeit.“

Hope konnte es nicht mehr ertragen. Sie presste ihre Hände an die Ohren. Ihr dröhnte der Kopf, und sie wusste, dass Keirs Verrat ihr das Herz brechen würde.

1. KAPITEL

Keir Carmichael?

„Danke, Madam.“ Hope wartete, bis die Kundin den Kreditkartenbeleg zu unterzeichnen begann, bevor sie den Blick ihrer bernsteinfarbenen Augen verstohlen durch den Verkaufsraum zu dem Mann gleiten ließ, der ungeduldig am Eingang stand.

Der Mann an der Tür war tatsächlich Keir Carmichael.

Hope nahm sich zusammen und wandte ihre Aufmerksamkeit wieder der Kundin zu, aber sie konnte nicht anders, als noch einmal zu Keir hinüberzusehen, der inzwischen stirnrunzelnd ein ebenso hässliches wie geschmackloses Diamantcollier begutachtete.

Draußen im hellen australischen Sonnenlicht feierten und winkten Leute in Ferienlaune. Ihre fröhlichen Stimmen bildeten einen ironischen Hintergrund zu dem panischen Schrecken, der Hope auf den Magen schlug. Auch im gut sitzenden Maßanzug hatte Keir nichts Elegant-Raffiniertes an sich. Mit seiner Größe von einem Meter neunzig, seinen breiten Schultern und schmalen Hüften strahlte er pure unnachgiebige Dominanz aus.

„Ich denke, wir sind dann so weit fertig.“ Trotz ihrer gepflegten Aussprache konnte die Kundin ihre Ungeduld ebenso wenig verbergen wie ihre neuseeländische Herkunft.

Hope war die Kehle wie zugeschnürt. „Danke“, stieß sie hervor und schob die Platinkreditkarte über die Ladentheke zurück.

Die Kundin griff nach der Karte und verstaute sie in einem teuren Lederetui. Sie trug keine Ringe, wie Hope beinahe zwanghaft feststellte. Die Frau, die sich für die raffinierte Schmucknadel in Eidechsenform entschieden hatte, war also nicht verheiratet.

Die Kundin erwiderte Hopes Lächeln, nahm das Päckchen und wandte sich dem Ausgang zu. Als sie in Keirs Nähe kam, sagte sie gerade so laut, dass Hope sie hören konnte: „Na siehst du, das hat doch wirklich nicht lang gedauert.“

Keir würdigte seine Begleiterin kaum eines Blickes. Stattdessen hob er plötzlich den Kopf und sah Hope prüfend an. Spürte er ihre heimliche Abneigung?

Seine Blicke trafen Hope wie ein eisiger Regen. Keir Carmichael war mit seinen schwarzen Haaren, dunklen Brauen und Wimpern und seiner dunklen Haut zwar ein südländischer Typ, aber in seinen Augen blitzte das frostige, farblose Grau eines eiskalten Wintermorgens. Er ließ den Blick so grausam gleichgültig über ihr Gesicht gleiten, dass es sie bis ins Mark erschüttere.

Er erkannte sie wirklich nicht. Hope war wie gelähmt. Statt sich erleichtert zu fühlen, wie sie erwartet hatte, zehrten Zorn und bittere Enttäuschung an ihren Kräften.

Sie verzichtete darauf, ihrem ersten Impuls zu folgen und Keir wütend anzufunkeln, und rang sich ein steifes Lächeln ab. Keir zog eine Augenbraue hoch und taxierte sie bewusst unverschämt. Dann drehte er sich um und verließ das Geschäft mit seiner Begleiterin, die sich glücklich bei ihm einhakte.

Aufseufzend stieß Hope den angehaltenen Atem hervor. Es gibt keinen Grund, immer wieder vor ihm wegzulaufen, sagte sie sich. In der Hoffnung, ihren jagenden Puls zu beruhigen, ordnete sie behutsam die kunstvoll gearbeiteten Anstecknadeln, von denen jede mehr wert war, als sie in einem Monat verdiente. Ihre schlanken Finger zitterten, als sie das Sträußchen Wildblumen mit den tiefblauen Saphiren, die elegant-schlichte Agraffe aus Sterlingsilber und die mit Argyle-Diamanten besetzte Goldbrosche in der Form eines Koalabären an ihren Platz zurücklegte – nutzlose, luxuriöse Spielzeuge, wie reiche Männer sie als Mitbringsel für ihre Geliebten oder Ehefrauen kauften.

Was für ein gemeiner kleiner Streich des Schicksals, dachte sie aufgewühlt, dass Keir Carmichael ausgerechnet an meinem dreiundzwanzigsten Geburtstag hier auftaucht. Wenigstens hatte sie sich heute Morgen dafür entschieden, die cremefarbene Seidenbluse und den schwarzen Minirock anzuziehen, die ihr so gut standen.

„Äh … Entschuldigung?“ Ein blonder junger Mann riss Hope aus ihren Gedanken. Die aufgesetzte Großspurigkeit, mit der er sie ansah, konnte seine Unsicherheit nicht verbergen. „Die Halskette im Fenster … die mit den Zuchtperlen … Was kostet die denn?“

„Das sind keine Zuchtperlen“, verbesserte Hope nachsichtig, „die Perlen sind echt.“ Sie nannte ihm den Preis.

Der Junge wurde bleich und sagte verlegen: „Das übersteigt leider meine Möglichkeiten. Aber trotzdem, danke.“

Draußen auf der Straße bestaunte ein Mädchen die Perlen. Ihr sehnsüchtiger Blick war hinter den sonnengebleichten Haarsträhnen kaum zu erkennen.

Hope sagte: „Vielleicht möchte Ihre Freundin die Kette ja mal anlegen?“

„Ja, aber ich kann mir ein so teures Schmuckstück nicht leisten“, sagte er und wich zurück.

Hope lächelte. „Na und? Erinnerungen brauchen doch nichts zu kosten.“

Der junge Mann runzelte die Stirn, nickte ihr kurz zu und ging mit raschen Schritten durch die Tür in den gleißend hellen Sommertag hinaus. Als das Mädchen gespannt aufsah, gab es Hope einen seltsamen kleinen Stich. War sie selbst je so jung gewesen? Nein, nicht einmal als kleines Mädchen.

Chloe, die andere Verkäuferin, flüsterte ihr zu: „Diese Kinder können sich doch nicht einmal den Staub leisten, der hier auf dem Boden liegt.“

„Sie wird sich immer daran erinnern, wie sie mit der Kette aussah. Und vielleicht macht sie irgendwann Karriere, kommt hierher zurück und kauft sich genau so eine Kette wie diese.“

„Mädchen, die mit Beachboys herumziehen, machen keine Karriere“, erwiderte Chloe schlecht gelaunt.

Das junge Paar kam herein, und Hope beeilte sich, die Schaufenstervitrine aufzuschließen. Den Perlenstrang, der wie Mondlicht schimmerte, in der Hand, wandte sie sich um – und begegnete dem frostigen Blick des Mannes, der sie vor ein paar Minuten so brüskiert hatte.

Allerdings war die arrogante Gleichgültigkeit von eben einer gewissen Nachdenklichkeit gewichen.

Panik befiel sie, dumme, grundlose Panik … Schließlich war sie kein törichtes, romantisches Mädchen mehr, das noch immer seiner ersten Liebe nachtrauerte.

Sie setzte ein professionelles Lächeln auf und brachte die Kette zum Verkaufstisch hinüber. Das Herz schlug ihr bis zum Hals, als sie die Perlen auf einer Unterlage aus schwarzem Samt anordnete und leise erklärte: „Bitte. Sie heißen Broome-Blues, weil sie aus Broome in Westaustralien kommen und leicht bläulich schimmern. Ich bin gespannt, wie sie Ihnen stehen.“

Nach fünf endlos langen Minuten, in denen das Mädchen ehrfürchtig sein Spiegelbild bewundert hatte, lächelten die jungen Leute Hope an und sagten wie aus einem Mund: „Vielen Dank auch.“ Lachend gingen aus dem Geschäft hinaus in die Sonne, jung, sorglos, verliebt – beneidenswert.

„Würdest du die Kette bitte hierher bringen?“ Chloes abrupte Frage zwang Hope, sich umzudrehen.

Die schweren, warmen Perlen in der Hand, durchschritt sie mit beherrschter Miene das Geschäft. Keir beobachtete sie mit zusammengekniffenen Augen. Kein Anzeichen des Erkennens entspannte seine herrischen Gesichtszüge oder den Mund, der einmal in geheimnisvoller Verzauberung von ihrem Besitz ergriffen hatte.

„Mr. Carmichael würde sich gern die Perlenkette ansehen“, sagte Chloe und sah von einem zum anderen. „Würdest du sie ihm bitte zeigen?“

Hope breitete die Halskette mit umständlicher Sorgfalt auf dem Tisch aus. Den Blick auf die Perlen gerichtet, erklärte sie: „Sie sind exakt aufeinander abgestimmt, Sir. Es hat über zehn Jahre gedauert, sie zu finden, und …“

„Ich möchte sehen, wie die Perlen angelegt wirken“, unterbrach er sie.

Schon vor vier Jahren, mit sechsundzwanzig, war sich Keir der Wirkung seiner leisen, ausdrucksstarken Stimme bewusst gewesen. In ihre Selbstsicherheit hatte sich eine Sinnlichkeit gemischt, deren explosive Gefährlichkeit an das unvermittelte Auftauchen eines Wolfes in einer arktischen Landschaft erinnerte. Heute steigerte zusätzlich eine unerbittliche Autorität die männliche Glut seines Timbres.

Sein markantes Gesicht kennzeichnete Keir als Mann, der sich und das Imperium, das er aufgebaut hatte, völlig unter Kontrolle hatte, als Mann, dessen rücksichtslose Härte ihm ebenso viel Furcht wie Achtung einbrachte.

„Angelegt?“ Hope brachte das Wort kaum über die Lippen.

„Ja.“ Keir warf Chloe einen seiner eisigen Blicke zu und wartete, bis sie sich diskret zurückgezogen hatte. Erst dann richtete er den Blick seiner kristallklaren Augen wieder auf Hope. „Legen Sie sie an.“

Alles in Hope begehrte gegen eine solche Zumutung auf. Einen Moment lang spielte sie mit dem Gedanken, ihm die Perlen ins Gesicht zu schleudern, aber ihr gesunder Menschenverstand hielt sie davon ab.

Mit drei Jahren, als kleines Mädchen, war Hope auf einen Küchenstuhl geklettert, hatte den Deckel der Gefriertruhe geöffnet und in die verbotenen Tiefen gegriffen. Als ihr Vater sie dabei erwischte, presste er die kleine, weit auseinander gespreizte Hand seiner Tochter so lange flach an die Innenseite der Truhe, bis das Eis ihre Haut verletzte.

Die machtlose Empörung, die Hope damals empfunden hatte, lähmte sie auch heute. Gedemütigt, als hätte man ihr befohlen, sich auszuziehen, nahm sie die Kette hoch und streifte sie sich über den Kopf. Mit stockendem Atem begegnete sie wie versteinert Keirs Blick.

Keir sagte ausdruckslos: „Die Perlen haben nicht die richtige Farbe. Sie brauchen welche in einem wärmeren Ton, passend zu Ihren Augen und Ihrem Haar.“

Eine verräterische Hitze stieg in Hope auf, eine Erinnerung an die Zeit, als schon der flüchtigste Blick dieses Mannes sie durcheinandergebracht hatte. Wütend und erregt zugleich legte sie die Kette auf die Samtunterlage zurück und sagte kurz angebunden: „Perlenschmuck muss immer von der Frau anprobiert werden, für die er bestimmt ist.“

„Vielen Dank, Hope“, sagte er.

Hopes Herz begann zu hämmern. Nach einer Schrecksekunde hob sie den Blick, suchte nach einer ironischen Antwort, entschied sich dann aber für distanzierte Gelassenheit und sagte: „Du hast schon immer gern mit anderen dein Spiel getrieben, Keir, aber was wolltest du denn damit bezwecken?“

„Du hast so getan, als würdest du mich nicht erkennen.“

Keir ließ ihr Zeit, eine passende Antwort darauf zu finden. Als Hope stumm blieb, sagte er in das Schweigen hinein: „Wer spielt denn hier mit wem, Hope?“

Langsam ließ er den Blick über ihr Gesicht, ihren schlanken Hals und die Brüste gleiten, die sich unter der cremefarbenen Seidenbluse abzeichneten.

Die Musterung, der er sie unterzog, war die eines Mannes, der seine animalische Lust unverhüllt zeigte. Sein Blick löste in Hope ein so ungebärdiges Verlangen aus, dass sie weiche Knie bekam. Sie versteifte sich, und ihre Finger umklammerten die schwarze Samtunterlage.

Unvermittelt nahm Hope die Hände vom Verkaufstisch und verschränkte sie hinter dem Rücken. „Ich habe gedacht, dass du vielleicht nicht erkannt werden möchtest“, sagte sie und hoffte, souverän zu wirken.

Ein rätselhaftes Lächeln umspielte Keirs Mund. „Na komm, das glaubst du doch selbst nicht. Warum sollte ich von einer schönen Frau nicht erkannt werden wollen?“

Hope wünschte inständig, Chloe möge ihre Gefühle erraten und ihr zu Hilfe kommen, aber ihre Kollegin beschäftigte sich weiter angelegentlich mit dem Ordnen der Goldketten.

Draußen bahnten sich Menschen und Autos ihren Weg durch die schmale Straße, und die Palmenblätter raschelten im leichten Wind. Drinnen war es so still, dass Hope hören konnte, wie ihr Herz pochte.

Keir sagte: „Du hast dich natürlich verändert. Das bezaubernde kleine Mädchen von damals ist zu einer strahlenden Schönheit erblüht – deine Haare haben das tiefe, dunkle Gold vom Manuka-Honig, fast die gleiche Farbe wie deine Augen.“ Wieder ließ er einen vielsagenden Blick über ihren Körper gleiten, und wieder wurde Hope unvermutet von einer Welle der Erregung fortgerissen.

„Du hast dich auch verändert“, sagte sie kurz angebunden.

Keir ging lächelnd über ihre Antwort hinweg. „Du warst ja vor vier Jahren schon hübsch, Hope, aber jetzt siehst du einfach großartig aus. Sogar deine Haut erinnert an helle, honigfarbene Seide. Das muss die australische Sonne sein. Oder steckt ein Mann dahinter?“

Seine Frage kam so unvermittelt, dass sie ihrer Wachsamkeit entging. Ohne zu überlegen, antwortete Hope: „Nein.“ Es hatte nie mehr einen anderen Mann in ihrem Leben gegeben. Keir hatte sie gegen andere Männer immunisiert, sie so sehr geprägt, dass sie erstarrte, wenn ein anderer sie auch nur berührte.

Sie war noch so jung gewesen, als sie sich in Keir verliebt und er ihre Liebe so grausam verraten hatte. Vielleicht war sie deshalb darauf programmiert, dass sie nur hochmütige und markante Gesichtszüge sexy fand, dass nur eisige Blicke ihr Interesse weckten, dass sie nur diesen einen großen, breitschultrigen Mann wollte, der so mühelos eine einschüchternde Aura der Autorität ausstrahlte.

„Hast du vor, auf Dauer in Noosa zu bleiben?“

„Solange ich hier arbeite jedenfalls.“ Konnte ihr kühler Tonfall ihre aufgewühlten Gefühle verbergen? „Und du … machst du Urlaub hier?“

„Ja, eine Woche. Wir müssen uns mal treffen und uns über die letzten vier Jahre unterhalten.“ Gnadenlos glitt Keirs eisiger Blick über ihr Gesicht.

Hopes Herz flatterte, setzte ein paar Schläge lang aus und verfiel dann in einen ungleichmäßigen Rhythmus. Warum, ach warum, hatte sie nicht lieber einen Job in einem gut besuchten Café angenommen? Hier in diesem ruhigen Juweliergeschäft war sie Keir hilflos ausgeliefert. Chloe würde sich weiter diskret im Hintergrund halten, und falls ihr Chef hereinschauen sollte, würde er annehmen, dass sie ein Verkaufsgespräch führte, bei dem er sie nicht stören wollte.

Keir Carmichael besaß eine sexuelle Anziehungskraft, die Hope noch immer um den Verstand brachte. Vielleicht war er sogar der einzige Mann, der sie aus dem Kokon ihrer Verschlossenheit befreien konnte – aber er war ein gemeiner Verräter, der ihr Leben bedenkenlos in Trümmer geschlagen hatte.

Hope setzte ein strahlendes Lächeln auf und sagte: „Ich glaube, das ist kein guter Vorschlag.“

„Und warum nicht?“

Immer noch lächelnd, erwiderte sie: „Weil uns nichts verbindet. Und noch nie verbunden hat.“ Außer der Firma ihres Vaters.

„Vor vier Jahren hast du das anders gesehen“, stellte Keir sachlich fest.

In Hopes Ohren klangen noch immer Keirs Worte von damals nach. Sie hatte in den Jahren, die seither vergangen waren, weder ihre vergiftende Wirkung vergessen noch die Demütigung, die sie dabei empfunden hatte.

Ohnmächtige Wut stieg in ihr auf und ließ ihre Augen funkeln wie Edelsteine. Dann sagte sie: „Vor vier Jahren war ich eben naiv und leicht beeinflussbar.“

Keir kniff die Augen zusammen. „Naiv, das stimmt, aber leicht beeinflussbar sicher nicht. Du warst intelligent, leidenschaftlich und humorvoll und hast eine Reife besessen, die dich erwachsener wirken ließ, als du warst. Aber du hast recht – das ist hier nicht der Ort, um über die Vergangenheit zu reden. Wann machst du Mittagspause?“

Was sprach dagegen? Wir tauschen ein paar Banalitäten aus, überlegte Hope, und ich habe eine gute Entschuldigung, mich schnell wieder zu verabschieden. Außerdem würde sie ihn auf diese Weise leicht loswerden. Und wenn Keir es sich in den Kopf gesetzt hatte, sich mit ihr zu treffen, konnte sie ohnehin genauso gut gleich nachgeben. Seine Hartnäckigkeit war legendär. Sie hatte ihn dorthin gebracht, wo er heute stand. Andererseits käme Hopes Einwilligung einer Kapitulation gleich. Wenigstens diesen kleinen Sieg wollte sie ihm vorenthalten.

„Falls das eine Einladung zum Mittagessen sein soll, heißt die Antwort nein, danke“, sagte Hope und schenkte Keir ihr charmantestes Lächeln. „Es war interessant, dich wieder zu sehen, aber dieser Teil meines Lebens gehört der Vergangenheit an, und ich war immer der Meinung, dass es sich nicht auszahlt, eine alte Geschichte wieder aufzuwärmen.“ Sie konnte sich einen kleinen Seitenhieb nicht verkneifen: „Und das ist doch wichtig, nicht wahr – ich meine, dass es sich auszahlt?“

„Aber doch nicht so wichtig wie Freunde, sollte man meinen?“, erwiderte er.

Seine Worte rührten an die alte Wunde. Hope schluckte und sagte: „Wenn du nichts kaufen möchtest, muss ich dich leider bitten zu gehen. Mein Chef sieht private Besuche während der Arbeitszeit nicht gern.“

Sie wandte sich ab, tastete nach den Schaufensterschlüsseln, richtete sich gerade auf und griff nach der Perlenkette. Im gleichen Augenblick umfasste Keir ihre Hand und presste sie zusammen mit den warmen, glatten Perlen gegen die weiche Samtunterlage.

Seine Berührung riss ihre Blockaden nieder und erschütterte in einer einzigen irrwitzigen Sekunde die Selbstbeherrschung, die sie sich seit vier Jahren abverlangte. Aschfahl sagte sie kaum hörbar: „Lass mich los.“

Keir gab ihre Hand frei – und schon sehnte sich ihr willenloser Körper erneut nach seiner Berührung.

In Keirs Stimme lag eine faszinierende Mischung aus Spott und ungezügeltem Verlangen. „Wovor hast du Angst, Hope? Vor mir oder vor dir selbst?“

Arroganter Fiesling! Dachte er, sie wäre leicht zu haben? Und warum, zum Teufel, wollte er sie wieder sehen? Es musste einen Grund dafür geben – Keir Carmichael tat nie etwas ohne Grund.

Hope verbiss sich die unbedachten Worte, die ihr auf der Zunge lagen, und sagte so ausdruckslos höflich wie möglich: „Weder noch.“ Sie schwieg einen Moment und fügte dann leise hinzu: „Deiner … Begleiterin … wird es nicht gefallen, dass du sie so vernachlässigst.“

„Aline ist eine Mitarbeiterin von mir“, sagte Keir und sah Hope mit zusammengekniffenen Augen an. „Und um alle Unklarheiten zu beseitigen: Wenn ich mit einer Frau zusammen bin, gehe ich nicht mit einer anderen aus.“

„Wie anständig von dir!“ Hope gab sich keine Mühe, den Hohn in ihren Worten zu verbergen.

Im hinteren Teil des Geschäfts wurde eine Tür geöffnet, und Markus kam herein. Er sprach kurz mit Chloe, warf Hope und dem Mann neben ihr einen kurzen Blick zu und ging zum Büro hinüber.

Keir, der Markus natürlich gesehen hatte, sagte ruhig: „Geh mit mir essen, Hope, und wir reden dann weiter.“

In seiner Stimme schwang mit: Andernfalls bleibe ich hier, bis du mir sagst, was ich wissen will. Keirs erpresserische Absicht war offenkundig. Seine Worte mochten harmlos sein, doch sein Ton ließ keinen Zweifel daran, dass er entschlossen war, seinen Kopf durchzusetzen.

Hope nahm die Perlenkette vom Tisch.

„Hast du etwa gedacht, ich würde die Unberührbare mimen, nur um dann doch mit dir auszugehen?“, fragte sie gespielt interessiert. „Tut mir leid, Keir, aber über solche Tricks bin ich erhaben.“ Sie setzte das milde Lächeln einer Mutter auf, die ein quengelndes Kind beschwichtigt, und sagte freundlich: „Es war interessant, dich wieder zu sehen. Ich wünsche dir noch eine schöne Zeit in Noosa.“

Hope hatte erwartet, noch einmal die Wut in Keirs Augen aufflackern zu sehen, aber diesen Gefallen tat Keir ihr nicht. Stattdessen sah er sie unverwandt an und sagte mit einer Stimme, die ihr leise Schauer über den Rücken herunterlaufen ließ: „Ich will dir ja deinen Triumph nicht verderben, aber ich warne dich: Ich werde dich vor meiner Abreise noch allein sehen.“

Keir drehte sich um und ging aus dem Geschäft hinaus auf die sonnendurchflutete Straße, wo er mit seinen kraftvoll geschmeidigen Bewegungen die Blicke der vorbeigehenden Frauen auf sich zog. Aufatmend schloss Hope einen Moment lang die Augen und versuchte, sein Bild aus ihrem benommenen Kopf zu verbannen.

„Was hatte das denn zu bedeuten?“, fragte Chloe gespannt und kam jetzt, da es zu spät war, zu Hope herüber.

„Ich war einmal mit ihm befreundet“, sagte Hope ausdruckslos. Sie nahm die Perlen, um sie in die Schaufenstervitrine zurückzulegen. Ihre Glieder fühlten sich schwer an, als hätte Keir sie all ihrer Energie und Willenskraft beraubt. Selbst in hundert Jahren noch würde sie ein Wiedersehen mit ihm verfrüht finden.

Die ältere Frau sah sie neugierig an. „Wie ist er denn so?“

„Schwierig, kaltblütig, ein brillanter Geschäftsmann“, sagte Hope kurz angebunden.

Sorgfältig ließ sie die Kette zurück auf ihren Platz im Schaufenster gleiten und arrangierte sie so, dass jede einzelne Perle so vorteilhaft wie möglich zur Geltung kam. Ein Passant blieb vor der Auslage stehen, und als Hope hochsah, standen ihr feine Schweißperlen auf der Stirn. Der Mann, der sie anlächelte, besaß jedoch weder eisgraue Augen noch das Gesicht eines kampferprobten Adonis. Hope trat einen Schritt zurück, machte die Schaufenstertür zu und sperrte sie sorgfältig ab.

Hinter ihr sagte Chloe: „Und dazu noch steinreich und mächtig – unverschämt mächtig. Wo habt ihr euch denn kennengelernt?“

Autor

Robyn Donald

Die Neuseeländerin Robyn Donald ist überzeugt, dass Schreiben und Gärtnern viel gemeinsam haben: Beide Tätigkeiten sind mit Fantasie, Gefühlen, Visionen, viel Arbeit und Rückenschmerzen verbunden - und machen, wenn sie erfolgreich abgeschlossen sind, sehr glücklich.

Schon als Kind erzählte Robyn ihren vier jüngeren Schwestern und ihrem Bruder sehr gern haarsträubende Abenteuer...

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