Wie im Märchen

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Seit ihrer ersten Begegnung mit Rashid ist Bridget dem attraktiven Scheich total verfallen. Aber er ist der Freund ihrer Cousine! Erst als sie in einer heißen Nacht in seinen Armen liegt, wagt sie zu hoffen ...


  • Erscheinungstag 06.09.2015
  • ISBN / Artikelnummer 9783733742881
  • Seitenanzahl 128
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Die Sonne schien durch die bunten Fenster der alten Kirche und zauberte ihre Farbenpracht auf die frisch gebohnerten Fliesen. Bridget Rossi starrte wie betäubt darauf. Sie hatte noch nicht vollständig begriffen, dass ihr geliebter Vater sie für immer verlassen hatte. Auf seinen ausdrücklichen Wunsch hin hatte sie ihn heim nach Italien gebracht. Diese Kirche war um einiges größer als ihre zu Hause in San Francisco, und sie war voller Menschen, ihren Verwandten, die Bridget kaum kannte, und Fremden, Bekannten aus der Zeit vor ihres Vaters Emigration nach Amerika.

Tante Donatella saß neben ihr in der ersten Bank. Auf ihrer anderen Seite saß ruhig und gefasst Antonio, Bridgets Bruder. Wahrscheinlich fragte er sich, wann er endlich in die Staaten und zu seinen Geschäften zurückkehren könnte.

Hinter sich hörte Bridget das gedämpfte Murmeln der Gemeinde, die den Beginn der Predigt erwartete. Wie langsam doch die Zeit verging.

Dann wurden die Stimmen lauter. Bridget wandte sich um und sah zum Kircheneingang hinüber. Francesca erregt immer die allgemeine Aufmerksamkeit, dachte Bridget liebevoll, als ihre ältere Cousine das Kirchenschiff durchschritt. Bank für Bank drehten sich die Menschen zu ihr um. Francesca genoss es sichtlich. Sie warf ihr glänzend schwarzes Haar nach hinten und ging elegant wie auf dem Laufsteg zu ihrem Platz ganz vorne. Das schicke schwarze Kleid stand ihr ungemein gut. Neben ihr wirkten alle anderen beinahe gewöhnlich.

Bridget sah an ihrem eigenen schwarzen Kostüm hinunter. Es war funktionell und schlicht. Mit einem inneren Seufzen rückte sie näher an Tante Donatella, um Platz für ihre Cousine zu machen. Niemals würde sie Francescas Stil haben, und mochte sie hundert Jahre alt werden.

Francesca winkte Bekannten zu und küsste hier und da einen Verwandten. Dann wandte sie sich an ihren Begleiter, den Bridget noch nie gesehen hatte, und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Zu jedem Ereignis brachte Francesca einen anderen Mann mit.

„Hallo, Bridget.“ Francesca beugte sich zu ihrer Cousine hinüber und umarmte sie herzlich, wobei sie einen Kuss andeutete. Ihr Parfüm kitzelte Bridget in der Nase. Wie in allen Dingen hatte Francesca wieder ein wenig zu dick aufgetragen.

„Ich bin so froh, dass du kommen konntest“, flüsterte Bridget und klammerte sich einen Moment an ihre Cousine. Francesca war die einzige Verwandte hier in Italien, in deren Gegenwart sie sich wohlfühlte.

„Das ist doch selbstverständlich. Er war schließlich mein Onkel. Ich habe ihn sehr geliebt.“ Francesca begrüßte ihre Mutter und Antonio, setzte sich und schenkte dann dem Mann an ihrer anderen Seite ein strahlendes Lächeln. „Rashid, das ist meine Cousine aus Amerika, Bridget Rossi. Bridget, das ist Seine Hoheit Scheich Rashid Al Halzid.“

Der gut aussehende Mann beugte sich vor und reichte Bridget die Hand. Überrascht erwiderte Bridget den Händedruck. Normalerweise hatten die Männer an Francescas Seite nur Augen für sie.

Seit wann ging ihre Cousine mit einem Scheich aus? Er war atemberaubend und entstammte einer Welt, die Bridget faszinierte. Es sah ihrer Cousine ähnlich, sich solch einen sexy Mann zu angeln.

„Mein herzliches Beileid zum Tod Ihres Vaters“, sagte er in einem Englisch, dem ein sympathischer britischer Akzent anhaftete.

Sie nickte und entzog ihm ihre Hand, denn plötzlich erinnerte sie sich, wo sie sich befanden. Rashid wirkte hier ebenso fehl am Platz, wie sie selbst sich hier fühlte. Wer war dieser Mann, der so viel Autorität ausstrahlte, und welcher Natur war seine Beziehung zu ihrer schönen Cousine?

Einen Moment vergaß Bridget über ihrem Interesse an diesem Mann sogar ihren Kummer. Sie versuchte, sich zu erinnern, ob Francesca ihn erwähnt hatte, aber konnte sich nicht erinnern. Die Sorge über ihren Vater hatte ihr gesamtes Denken in den letzten Monaten beherrscht. Und in den zwei Tagen, die sie nun in Italien war, hatte auch niemand etwas von ihm erzählt.

In diesem Moment trat der Priester ein, und der Gottesdienst begann. Sofort waren alle Gedanken an den attraktiven Scheich wie fortgeweht, und die Trauer schien sie zu überwältigen.

Glücklicherweise verging die Gedenkfeier wie im Flug. Nun würde sie zusammen mit den anderen Trauergästen zu dem alten Friedhof fahren, wo ihr Vater neben seiner geliebten Isabella beigesetzt werden würde.

Als Bridget still an der Seite ihres Bruders aus der Kirche trat, sah sie eine weiße Limousine neben dem schwarzen Leichenwagen stehen. Sie blickte sich um und entdeckte Francesca, die an Rashids Arm auf den Luxuswagen zusteuerte. Ein leises Seufzen entwich ihrer Kehle. Im Stillen hatte Bridget gehofft, gemeinsam mit ihrer Cousine zum Friedhof zu fahren. Aber anscheinend hatte sie andere Pläne.

„Vielleicht möchte deine Cousine uns begleiten?“, schlug Rashid Francesca vor. „Ihr habt euch lange nicht gesehen, und es ist für euch beide eine schwere Zeit.“

Francesca lächelte und strich ihm mit dem Finger über die Wange. „Es war geplant, dass sie mit meiner Mutter und ihrem Bruder zur Beisetzung fährt. Außerdem müssen wir direkt im Anschluss zum Flughafen. Wie soll sie dann zurückkommen? Ich denke, wir sollten es bei den ursprünglichen Plänen belassen.“

„Wir können den Abflug jederzeit verschieben. Ich kann es gut verstehen, wenn du noch ein wenig Zeit mit deiner Familie verbringen möchtest.“

„Das wäre schön, Rashid.“

Familie hatte für ihn einen hohen Stellenwert, und Francescas Cousine wirkte sehr verloren, fand Rashid: Donatella Bianchetti sprach mit einer Gruppe von Freunden. Der Mann, der ihm als Antonio Rossi vorgestellt worden war, schenkte seiner Schwester keine Aufmerksamkeit. Augenscheinlich konnte sie Francescas Trost wirklich gebrauchen.

Als Francesca langsam zu Bridget schlenderte, beobachtete er die beiden. Wenn er nicht gewusst hätte, dass sie miteinander verwandt waren, wäre er nie auf die Idee gekommen. Francesca war groß und sehr schlank. Ihr glänzend schwarzes Haar war dicht und leicht gewellt. Ihre Augen blickten herausfordernd. Rashid war nun seit mehreren Jahren mit Francesca befreundet, und er genoss die Zeit mit ihr. Aber ihr Lebensstil war flüchtiger als seiner. Ein kurzer Besuch, dann war sie wieder bei einem Fototermin oder einer Modenschau.

Bridget Rossi dagegen wirkte ruhig und ausgeglichen. Ihr kastanienbraunes Haar glänzte in der Sonne. Sie war schlank, aber nicht dünn und ihre Figur ausgesprochen weiblich. Ihre Augen waren gerötet vom Weinen. Der Verlust ihres Vaters nahm sie offensichtlich sehr mit. Doch ihre Haut schimmerte rein und ebenmäßig, und Bridget trug ihre Trauer mit aufrechter Haltung.

Unwillig schüttelte Rashid den Kopf. Was tat er hier eigentlich? Verglich er die beiden Frauen? Er war Francescas Freund, auch wenn sie nicht mehr als platonische Freundschaft verband. Bridget Rossi dagegen hatte er gerade erst kennengelernt. Er wusste überhaupt nichts über sie, außer dass sie ihren Vater verloren hatte.

Als Francesca sie fragte, ob sie sich zu ihnen gesellen wollte, nahm Bridget dankbar an. Sie war gerne mit ihrer schillernden Cousine zusammen. Ohnehin verbrachten sie zu wenig Zeit miteinander. In ein paar Tagen schon würde Bridget nach Amerika zurückkehren. Wer weiß, wann Francesca das nächste Mal Zeit hätte, sie zu besuchen?

Bridget wusste, dass Francescas Beruf hohe Anforderungen an sie stellte. Seit Bridget denken konnte, war Francesca in Europa ein bekanntes Supermodel. Dennoch wünschte sie, ihre Cousine würde sie für ein paar Wochen in die Staaten begleiten, nur bis sie über die erste Zeit nach dem Tod ihres Vaters hinweggekommen wäre.

Müde strich sie sich mit den Fingern unter den Augen entlang. Während des Gottesdienstes hatte sie viel geweint, und nun hoffte sie, dass ihr Mascara so wasserfest war, wie in der Werbung behauptet wurde. Sie sah ohnehin schon durchschnittlich genug aus, da musste sie nicht auch noch durch schwarze Streifen verunstaltet werden.

Der Weg zu dem alten Friedhof war kurz. Bridget saß zwischen Francesca und Rashid und hörte zu, wie Francesca von ihren beruflichen Erfolgen erzählte. Ihr Leben war trotz der Anstrengungen so viel interessanter als das einer Bibliothekarin in San Francisco.

Bridget war sich Rashids Gegenwart so bewusst, dass es ihr schwerfiel, sich ganz auf Francescas Schilderung zu konzentrieren. Der Duft seines Aftershaves war frisch, nicht süßlich wie das vieler Männer. Sie sah auf seine Hände mit den langen Fingern und den perfekt manikürten Nägeln. Welche Arbeiten verrichtete ein Scheich? Wahrscheinlich keine, bei denen er Schwielen bekommen konnte. Soweit sie gesehen hatte, war er groß und schlank und hatte nicht ein Gramm zu viel am Körper. Bridget seufzte. Sie musste immer darauf achten, was sie aß, damit sie nicht sofort Rundungen an den falschen Stellen bekam. Sie wünschte, sie wäre so schlank wie Francesca.

Der Wagen war bei Weitem luxuriöser als der des Bestattungsunternehmens. Lebte Rashid in der Toskana? Stand ihm deshalb eine eigene Limousine zur Verfügung? Sein Reichtum zeigte sich nicht allein in seiner Kleidung. Man merkte ihm an, dass er es gewohnt war, zu bekommen, was er wünschte. Kein Wunder, als Scheich waren ihm wahrscheinlich alle Untertanen ergeben. Wie mochten er und Francesca sich kennengelernt haben?

„Leben Sie in Italien?“, fragte Bridget. Rashids Englisch war geradezu perfekt. Er hatte gar nicht erst versucht, Italienisch mit ihr zu sprechen, was sehr für ihn sprach. Bridgets Italienisch konnte im besten Fall als mäßig bezeichnet werden, und inmitten ihrer Verwandten väterlicherseits, die einfach drauflosplapperten, fühlte sie sich ziemlich unsicher. Die Geduld, die ihr Vater gehabt hatte, wenn sie gelegentlich Italienisch gesprochen hatten, fand sie unter ihren Tanten und Onkeln nicht. Und ihre Cousinen und Cousins – außer Francesca – lachten gutmütig über ihre Ausdrucksweisen.

Nicht, dass sie lange in Italien bleiben würde. Sobald ihre traurige Pflicht erfüllt wäre, würde sie heimkehren in die Einsamkeit, die sie zu Hause ohne ihren Vater erwartete.

Francesca lachte. „Nein. Im Gegensatz zu meiner Familie denkt nicht jeder, die Toskana sei der Nabel der Welt. Rashid lebt in Aboul Sari. Er ist der jüngste Sohn des herrschenden Scheichs. Heute hat er mich freundlicherweise hergeflogen, damit ich bei der Beerdigung dabei sein konnte. Ich habe die traurige Nachricht in Aboul Sari erhalten, wo wir Urlaub machten.“

„Oh, das wusste ich nicht. Ich dachte, du seist bei einem Shooting oder so.“ Bridget sah ihre Cousine an. Francesca wirkte nicht gereizt, weil sie ihren Urlaub hatte unterbrechen müssen. Sie fragte sich, ob Francesca auch gekommen wäre, wenn Bridget ihren Vater in San Francisco hätte beerdigen lassen, wie sie es sich gewünscht hätte.

„Ich habe mir ein paar Wochen freigenommen. Die Erholung brauche ich wirklich. Rashid hat ein paar Gäste aus England eingeladen – und mich natürlich. Wir verleben eine wunderbare Zeit.“

Bridget fühlte sich wie das fünfte Rad am Wagen. Vielleicht hätte sie doch lieber mit Tante Donatella und Antonio fahren sollen. So bald wie möglich würde sie Francesca ihrem Scheich überlassen und nach Hause zurückkehren, um dort ihr einsames Leben wieder aufzunehmen – ohne ihren Vater.

Die schlichte Beisetzung war kurz, aber anrührend. Als Bridget dem Grab den Rücken kehren wollte, fiel ihr Blick auf den Grabstein von Isabella Rossi, der ersten Frau ihres Vaters und Antonios Mutter. Ihr Vater hatte seinen Willen bekommen: Er wurde neben seiner Isabella bestattet. Nicht neben Bridgets Mutter, mit der er länger verheiratet gewesen war als mit Isabella. Aber er hatte darauf bestanden, und Bridget hatte seinen letzten Wunsch respektiert.

Arme Mom. Nicht einmal im Tod hatte er wirklich ihr gehört.

Bridget schritt den Friedhofsweg entlang und war sich Rashids bewusst, der ihr langsam folgte.

Francesca war stehen geblieben, um mit einer anderen Cousine zu sprechen. Sie kannte die anderen so gut, da sie selbst hier aufgewachsen war.

„Was haben Sie nun für Pläne?“, fragte Rashid, als Bridget vor dem Wagen ihrer Tante stehen blieb.

„Ich fliege heim. Hier hält mich nichts mehr.“ Traurig ließ sie den Blick über den Friedhof schweifen.

„Und doch haben Sie Ihren Vater hergebracht.“

„Er hat darauf bestanden. Er wusste, dass er sterben würde, und hat uns das Versprechen abgenommen, dass wir ihn an den Ort zurückbringen, an dem er geboren wurde.“ Sie versuchte, sich das Bild einzuprägen. So schnell käme sie hier nicht mehr hin. Wäre er in San Francisco beerdigt worden, hätte sie sein Grab pflegen und ihn besuchen können, wie sie es für ihre Mutter tat.

„Sie hätten ihn lieber in San Francisco bestatten lassen“, bemerkte Rashid ruhig.

„Meine Mutter ist zu Hause beerdigt. Sie war auch seine Frau.“ Bridget versuchte vergeblich, nicht traurig zu klingen.

„Und Isabella war seine erste Frau?“

„Ja. Antonios Mutter. Molly O’Brien meine. Er hatte sie als Kinderfrau für seinen Sohn angestellt, als seine schöne Isabella gestorben war. Später haben sie geheiratet und mich bekommen.“ Ihr ganzes Leben lang hatte Bridget diese Geschichte zu hören bekommen. Oberflächlich klang sie romantisch, aber ihr Vater hatte ihre Mutter nie wirklich geliebt, und ihre Mutter hatte das gewusst. Wie hatte sie es ertragen können, mit einem Mann zu leben, dessen Herz nur seiner verstorbenen Frau gehörte?

„Arbeiten Sie in San Francisco?“ Rashid lehnte sich gegen die Limousine und sah Bridget mit seinen dunklen Augen forschend an.

Sie wandte den Blick ab. „Ja, ich bin Bibliothekarin in San Francisco und besitze dort ein Apartment.“

„Sie lebten also nicht mit Ihrem Vater zusammen?“

Bridget schüttelte den Kopf. „Vielleicht wäre das besser gewesen, dann hätte ich bemerkt, wie krank er ist, bevor er es uns gesagt hat. Vielleicht hätte ich etwas tun können.“

„Unwahrscheinlich.“

Erstaunt sah sie ihn an. „Wie können Sie da so sicher sein?“

„Was meinen Sie denn, was Sie hätten tun können?“

„Ich weiß nicht. Ihn früher zum Arzt bringen oder so.“ Sie blickte wieder in Rashids dunkle Augen und bekam weiche Knie. Die breiten Schultern, sein dunkles Haar, die klugen Augen – er war der perfekte Partner für Francesca. Sie gaben ein atemberaubendes Paar ab. Beide schön und selbstbewusst.

Hatten Francesca und er romantische Stunden am Pool miteinander verbracht? Wobei waren sie unterbrochen worden, als sie zur Beerdigung gerufen wurden?

Neid beschlich sie. Bridget hätte auch gerne einen tollen, sexy Mann, der sie Tag und Nacht leidenschaftlich liebte. Und sie hätte gerne fremde Länder bereist.

„Haben die Ärzte gesagt, dass eine frühere Behandlung seinen Tod hätte herauszögern können?“, hakte Rashid ruhig nach.

Bridget schüttelte den Kopf. „Nein, aber trotzdem wäre vielleicht alles anders gekommen.“

„Und was denkt Ihr Bruder?“

„Dass wir nichts tun konnten.“

„Ihr Vater ist sehr alt geworden …“

„Er war über vierzig, als Antonio geboren wurde. Und bei meiner Geburt noch älter. In jungen Jahren ist er nach Kalifornien immigriert, um es zu etwas zu bringen, bevor er eine Familie gründete. Er hat eines der bestens Restaurants in Little Italy eröffnet. Weitere folgten. Als er genug Geld hatte, kehrte er heim, um eine Braut zu finden. Seine schöne Isabella war fünfzehn Jahre jünger als er, aber sie liebten sich.“

Rashid lächelte. „So heißt es. Sie hören sich an, als haben Sie diese Geschichte sehr oft zu hören bekommen.“

Bridget nickte. „Dad hat oft von Isabella gesprochen, besonders nach dem Tod meiner Mutter. Wahrscheinlich meinte er, mir macht es nichts aus, aber ich wünschte, er hätte sie ebenso geliebt.“

Francesca winkte und bahnte sich den Weg zu ihnen.

„Ich bin sicher, beide waren mit ihrer Ehe zufrieden. Nicht jede Ehe muss auf Liebe beruhen.“

„Glauben Sie nicht an eine Liebesheirat?“ Bridget wusste, dass sie zu viele Liebesromane las, aber die Liebe war nun mal das stärkste Band im Leben. Sie hatte ihre Eltern geliebt. Sie empfand große Zuneigung für ihren Bruder und ihre Cousine. Auch ihre engen Freunde liebte sie. Natürlich wollte sie eines Tages auch mit ihrem Mann wahre Liebe teilen.

„Es gibt viele Motive für eine Heirat. Liebe ist vergänglich. Auch andere Dinge können eine gute Basis für eine Ehe sein.“

„Zum Beispiel?“ Bridget konnte nicht glauben, dass sie vor einem Friedhof mit einem Scheich über Liebe und Ehe diskutierte. Sie hatte ihn gerade erst kennengelernt! Wahrscheinlich würde sie ihn nie wiedersehen – es sei denn, Francesca und er meinten es ernst miteinander. Wusste ihre Cousine, dass er solch eine zynische Einstellung zur Liebe hatte?

„In meinem Land sind arrangierte Ehen seit Generationen Tradition. Die Verbindung großer Familien aus finanziellen Gründen ist eine Sicherheit für den Fortbestand der Blutlinie.“

Bridget sah Francesca an. Vielleicht hatte sie die Situation doch missverstanden? Vielleicht unterschied sich dieses Verhältnis doch nicht von den flüchtigen Beziehungen ihrer Cousine? Bridget konnte sich einfach nicht vorstellen, dass Francesca sich mit weniger als leidenschaftlicher, wahrer Liebe zufriedengeben würde.

„Planen Sie in nächster Zeit zu heiraten?“

„Ich war bereits verheiratet.“

Erstaunt sah sie ihn an. „Wirklich? Und was ist passiert?“

„Sie starb.“

„Oh.“ Bridget fehlten die Worte. Rashid wirkte nicht traurig. Allerdings kannte sie ihn auch nicht, wie sollte sie da seine Gefühle einschätzen können?

„Es tut mir leid“, sagte sie.

„Fatima war eine schöne Frau. Intelligent. Und eine gute Gefährtin. Ich vermisse sie immer noch.“

Bridget war nicht überrascht, das zu hören. Rashid war äußerst gut aussehend, und er umgab sich offensichtlich gerne mit schönen Frauen. Wie traurig, dass ihm so wenig Zeit mit seiner Frau vergönnt gewesen war.

„Ich werde mit Tante Donatella zurückfahren. Francesca sagte, Sie fahren direkt zum Flughafen“, erklärte Bridget und versuchte so, ein neutrales Thema anzuschneiden. Je eher sie sich von Rashid trennte, desto besser für sie. Er war wie ein Filmstar, von dem man träumen konnte, aber jenseits ihrer Möglichkeiten. Sicher reagierte sie nur so stark auf ihn, weil sie aufgrund der Beerdigung emotional aus dem Gleichgewicht geraten war. Morgen würde sie lachen, wenn sie daran dachte, dass sie sich zum Freund ihrer Cousine hingezogen gefühlt hatte.

Sie musste packen und sich für ihren eigenen Flug fertig machen. Außerdem war es nicht wichtig, noch mehr über Rashid zu erfahren. Falls er und Francesca heirateten, hätte sie noch Zeit genug, ihn besser kennenzulernen. Und falls nicht …

„Ich würde mich freuen, wenn Sie sich Ihrer Cousine anschließen würden“, unterbrach Rashid ihre Gedanken. „Sie trauern beide um Ihren Vater. Francesca hat auf dem Hinflug so liebevoll von ihm gesprochen. Ein oder zwei Wochen in einer anderen Umgebung würden Ihnen guttun. Sie könnten ein wenig ausspannen, zur Ruhe kommen, bevor Sie in Ihre gewohnte Umgebung zurückkehren.“

Bridget war erstaunt, wie einfühlsam Rashid war. Tatsächlich fürchtete sie sich davor, nach San Francisco zurückzukehren, in ihr Apartment, wenige Straßen vom nun leeren Haus ihres Vaters entfernt. So viele traurige Pflichten erwarteten sie dort. Sie musste seinen Nachlass ordnen, denn ihr Vater hatte ihr alles hinterlassen, was das Haus betraf. Das Geschäft war mit allem, was dazugehörte, an Antonio gefallen.

Auch wenn es ihr schwerfiel. Sie musste lernen, ohne die tröstliche Gegenwart ihres Vaters zu leben.

Hatte Rashid beim Tod seiner Frau ähnlich empfunden?

Ein bisschen Zeit mit Francesca zu haben wäre wunderbar. Bridget konnte sich kaum erinnern, wann sie zuletzt mehr als zwei Tage miteinander verbracht hatten.

„Ich möchte nicht aufdringlich wirken“, erklärte sie unsicher.

„Wir haben im Moment vier Gäste, ansonsten leben noch meine Großmutter und mein Sohn im Hause. Auf eine Person mehr oder weniger kommt es nun wirklich nicht an. Die anderen Gäste bleiben auch noch mindestens eine Woche. Kommen Sie doch mit. Francesca freut sich sicher.“ Seine Bitte klang unterschwellig wie ein Befehl.

„Sie sind sehr großzügig zu einer Fremden, die Sie gerade erst kennengelernt haben.“ Bridget zögerte noch.

„Vielleicht bin ich es ja Francesca zuliebe. Meinen Sie nicht, dass sie sich sorgen würde, Sie allein nach San Francisco reisen zu sehen?“

„Ich bin nicht wirklich allein. Mein Bruder ist da, und meine Freunde …“ Sie gab sich einen Ruck. „Dennoch wäre es schön, wenn ich nicht direkt zurückkehren müsste.“

„Dann kommen Sie mit nach Aboul Sari und seien Sie mein Gast.“

„Vielen Dank. Ich komme gerne.“ Ein Stein fiel ihr vom Herzen. Sie brauchte sich noch nicht mit der harten Wirklichkeit auseinanderzusetzen. Sie konnte alles ein wenig aufschieben. Und Urlaub hatte sie sowieso eingereicht.

„Dann fliegen wir zusammen, wenn Sie gepackt haben.“

„Verpassen Sie dann nicht Ihren Flug? Ich kann nachkommen …“

„Ich fliege die Maschine selbst. Daher geht sie nicht ohne mich.“

Rashid schnippte mit den Fingern, und ein Mann eilte herbei. In seiner Landessprache gab der Scheich Anweisungen. Als er geendet hatte, verbeugte sich der Mann und eilte davon.

Bridget lauschte amüsiert. Sie kannte niemanden, der einen eigenen Jet besaß oder jemanden mit einem Fingerschnippen herbeirufen konnte, der ihm dann zu Diensten war. Es machte sicher Spaß, Zeit mit einem Scheich zu verbringen. Sie musste sich alles genau einprägen, damit sie ihren Freundinnen zu Hause davon erzählen konnte.

Francesca war ein Star, und Bridget wurde oft gefragt, wie sie so ihre Zeit verbrachte. Und nun dies. Wer hätte gedacht, dass die fade Bridget Rossi Urlaub bei einem Scheich machen würde?

Francesca verabschiedete sich von der Menschentraube, die sie belagert hatte, und bahnte sich den Weg zu Rashid. Bridget wünschte, sie könnte auch so gelassen wirken, ganz gleich, was geschah. Sie wünschte, sie würde so sexy und faszinierend aussehen. Stattdessen war sie schüchtern und in fremden Situationen gehemmt. Vor allem aber konnte sie mit Francescas Schönheit nicht konkurrieren. Bridget hatte das irische Aussehen ihrer Mutter geerbt: kastanienbraunes Haar, helle Haut mit Sommersprossen auf der Nase. Ihre blauen Augen waren langweilig und nicht so exotisch wie Francescas dunkelbraune.

„Verzeiht, dass ihr warten musstet, meine Lieben“, sagte Francesca, als sie sich zu ihnen gesellte. „Familiäre Verpflichtungen, ihr wisst schon. Jetzt können wir los.“

„Ich habe deine Cousine eingeladen, uns zu begleiten“, erklärte Rashid.

„Oh!“ Francescas Blick wanderte zu Bridget, dann wieder zu Rashid. „Das ist ja eine Überraschung.“

„Sie kann ein wenig Abwechslung gebrauchen, um mit der Situation fertig zu werden. Und sie freut sich, etwas Zeit mit ihrer Lieblingscousine zu verbringen. Du hast doch nichts dagegen?“

„Natürlich nicht. Danke, Rashid. Das ist wunderbar. Wir können Nächte durchplaudern. Ich hätte mich nie getraut, sie zu dir einzuladen, aber wenn du so großzügig bist, freue ich mich.“ Sie küsste ihn auf die Wange.

Autor

Barbara McMahon
Barbara McMahon wuchs in einer Kleinstadt in Virginia auf. Ihr großer Traum war es, zu reisen und die Welt kennenzulernen. Nach ihrem College-Abschluss wurde sie zunächst Stewardess und verbrachte einige Jahre damit, die exotischsten Länder zu erforschen. Um sich später möglichst genau an diese Reisen erinnern zu können, schreib Barbara...
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