Zur Liebe verführt

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Wie kein Mann zuvor zieht der heißblütige Italiener Luca die schöne Parisa in seinen Bann. Als sie zum Schein seine Verlobte spielen muss, steigt die erotische Spannung zwischen ihnen ins Unermessliche. Bald gibt es kein Entrinnen mehr vor dem erregenden Verlangen, das er in ihr weckt...


  • Erscheinungstag 05.07.2017
  • ISBN / Artikelnummer 9783733778958
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Mit den Füßen voran kletterte Parisa durch das Badezimmerfenster. „Verdammt!“, fluchte sie leise, als sie dabei mit einem Fuß in der Toilette aufkam und Wasser in ihren Turnschuh lief. Falls sie diese Eskapade je unbeschadet überstehen sollte, würde sie ihre Freundin Moya erwürgen!

Vermutlich hatte sie nicht mehr alle Tassen im Schrank gehabt, als sie in deren verrückten Plan eingestimmt hatte, in einer Wohnung im dritten Stock im Londoner Stadtteil Mayfair einzubrechen. Was kümmerte es sie, wenn Moya erpresst wurde? Warum war sie auch so dumm gewesen, für irgend so einen Südländer halb nackt an einem Strand in Südfrankreich zu posieren? Sobald ihre Verlobung mit dem Sohn eines Richters, dessen Bruder Bischof war, in der Times bekannt gegeben worden war, hatte dieser Mistkerl sich bei ihr gemeldet und Geld verlangt.

Parisa seufzte erleichtert auf, als sie endlich festen Boden unter den Füßen hatte. Einen Moment blieb sie regungslos stehen, um sich zu orientieren. Gestern, bei Tageslicht, war ihr der Plan noch einfach erschienen. Moya hatte den Kerl an diesem Vormittag in seiner Wohnung besucht, angeblich um über die Übergabe der Fotos zu verhandeln, und dabei heimlich das Fenster im Bad geöffnet. Zum Glück hatte er nicht gemerkt, dass das Fenster offen stand, bevor er zur Arbeit gefahren war. Da er Manager eines Spielcasinos in London war, würde er an einem Freitagabend um zehn sicher nicht zu Hause sein.

Bis jetzt war alles nach Plan verlaufen. Nun brauchte sie, Parisa, nur noch ins Wohnzimmer zu gehen, wo die kompromittierenden Fotos in einer Schreibtischschublade liegen sollten. Moya hatte nämlich beobachtet, wie der Kerl sie dort hineingetan hatte, während sie ihm versprochen hatte, ihm das Geld am nächsten Tag zu geben. Dennoch fragte sich Parisa, warum ihr nun erhebliche Zweifel kamen.

Sobald ihre Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten, trat sie auf die Tür an der gegenüberliegenden Wand zu. Plötzlich blieb sie entsetzt stehen, denn zu ihrer Rechten fiel in diesem Moment ein Lichtstrahl durch eine weitere Tür, die halb offen stand. In dem Raum dahinter waren Stimmen zu hören. Mit klopfendem Herzen kauerte sie sich hinter die Tür. Von dort aus konnte sie in dem Spiegel auf der gegenüberliegenden Wand einen Mann erkennen. Er hatte ihr den Rücken zugewandt, doch neben ihm stand mit dem Gesicht zum Spiegel eine zierliche rothaarige Frau, die Parisa sofort erkannte. Es war Margot Mey, eine bekannte Kabarettsängerin.

Aus Angst, jeden Moment entdeckt zu werden, wagte Parisa es nicht, sich von der Stelle zu rühren.

„Ich werde dich morgen ganz bestimmt anrufen, Margot, aber heute Abend muss ich einige wichtige geschäftliche Dinge erledigen.“

Als sie die tiefe Stimme mit dem leichten Akzent hörte, erschauerte Parisa. Dies war also der „schäbige kleine Schleimer“, wie Moya ihn genannt hatte. Allerdings war dieser Mann alles andere als klein, denn er war ungefähr einen Meter fünfundneunzig groß. Und er befand sich ganz gewiss nicht in irgendeinem Casino, sondern in seinem Schlafzimmer.

„Luc, Schatz, nun reg dich doch nicht auf.“ Margot legte ihm die Arme um den Nacken. „Ich musste dich unbedingt sehen. Ich habe dich so vermisst.“

Parisa spürte, wie ihre Wangen zu glühen begannen. Luc … Sie hatte den Namen schon einmal gehört, aber das war unmöglich. Obwohl sie den Gedanken gleich wieder verwarf, traten ihr feine Schweißperlen auf die Stirn. Sie trug nämlich eine schwarze Kapuzenmütze, die sie sich tief ins Gesicht gezogen hatte, um ihr platinblondes Haar zu verdecken. Sie musste so schnell wie möglich von hier verschwinden! Die beiden küssten sich gerade und würden vermutlich gleich aufs Bett sinken. Parisa stellte jedoch erstaunt fest, dass der Mann sich aus Margots Griff befreite und einen Schritt zurücktrat.

„Nicht heute Abend, Margot“, erklärte er kühl. „Ich sagte dir doch, dass ich zu tun habe. Ich bringe dich jetzt mit dem Wagen nach Hause.“

„Aber …“

„Kein Aber.“

Sie beobachtete, wie Margot vor Zorn errötete, ihre Wut aber mit einem sinnlichen Lächeln überspielte. „Der Meister der Leidenschaft weist mich zurück?“, erkundigte sie sich verführerisch. „Es ist so schön mit dir gewesen, und außerdem ist es so lange her.“

Parisa musste sich beherrschen, um nicht laut aufzulachen. „Meister der Leidenschaft“ … „Meister der Pornografie“ hätte besser zu ihm gepasst.

„Ich verspreche dir, dass wir es morgen nachholen werden. Aber du musst jetzt gehen.“

„Heißt das, du hast es dir anders überlegt und nimmst mich nächste Woche mit nach Italien zur Party deiner Mutter? Schließlich sind wir schon fast ein Jahr zusammen. Und es war ein wundervolles Jahr“, fügte Margot hinzu.

Parisa hätte sich beinah verschluckt. Hatte die Frau denn gar keinen Stolz?

„Margot, du weißt, dass ich dich auf keinen Fall meiner Mutter vorstellen kann. Immerhin bist du ziemlich bekannt“, fügte er schmunzelnd hinzu. „Ganz Italien hat das Foto von dir gesehen, auf dem du in einem der exklusivsten Restaurants Roms mit einem Politiker nackt auf dem Tisch tanzt.“

„Du meinst, fürs Bett bin ich gut genug, aber nicht zum Heiraten“, erinnerte Margot ihn bitter.

„Wir hatten doch eine Abmachung, also komm jetzt nicht auf die Idee, mehr von mir zu verlangen. Wie hast du mich überhaupt gefunden?“ Als er Margot zur Schlafzimmertür führte, war Parisa erleichtert. Dennoch hatte sie das ungute Gefühl, dass sie seine Stimme kannte.

„In der Zeitung stand, dass du wieder in London bist. Außerdem wusste ich, dass du das Casino gekauft hast. Da du nicht an unserem Treffpunkt warst, habe ich mich beim Casino erkundigt. Dort hat man mir die Adresse …“

Da die beiden das Schlafzimmer verlassen hatten, bekam Parisa das Ende des Satzes nicht mit. Kurz darauf hörte wie, wie die Wohnungstür ins Schloss fiel.

Parisa wischte sich ihre feuchten Handflächen an dem schwarzen Trikot ab, das sie trug. Sobald ihr Herzschlag sich wieder normalisiert hatte, stahl sie sich aus dem Badezimmer in den Flur.

Als sie über die Feuerleiter nach oben geklettert war, war sie lediglich aufgeregt gewesen, während sie nun fast panische Angst hatte. Du musst völlig verrückt sein, sagte sie sich, während sie eine Tür auf der anderen Seite des Flurs öffnete und einen großen Raum betrat, in dem es ebenfalls dunkel war. Da sie es nicht wagte, das Licht einzuschalten, nahm sie die Taschenlampe aus ihrer Gürteltasche und knipste sie an. Nun sah sie den Schreibtisch. Schnell ging sie darauf zu und zog an der obersten Schublade, doch die war verschlossen. Zum Glück hatte sie ein Taschenmesser dabei.

Sie nahm das Messer aus der Tasche, beugte sich über den Schreibtisch und versuchte, die Schublade damit aufzuhebeln. Doch es passierte nichts, und erst als sie das Schloss mit dem Messer bearbeitete, gab es schließlich nach.

Die Fotos lagen tatsächlich in der Schublade. Nachdem Parisa sie herausgenommen hatte, richtete sie sich auf und leuchtete sie mit der Taschenlampe an. Wenn man bedachte, dass viele Leute nackt im Atlantik badeten, konnte man die Aufnahmen kaum als pornografisch bezeichnen. Wenn Moya in eine andere Familie hineingeheiratet hätte, hätte kein Hahn danach gekräht. Parisa lächelte zufrieden. Ihre Mission war beendet. Sie drehte sich um und wollte das Zimmer verlassen, als sie mit jemandem zusammenstieß.

„Habe ich Sie erwischt.“

Bevor sie reagieren konnte, hatte dieser Jemand ihre Taille umfasst und sie zu Boden geworfen. Sie wollte schreien, doch der Angreifer setzte sich mit seinem ganzen Gewicht auf sie, so dass sie kaum einen Ton hervorbrachte. Mit einer Hand drückte er ihre Handgelenke über ihrem Kopf auf den Boden, während er mit der anderen ausholte, um sie zu schlagen.

„Gehen Sie von mir runter, Sie brutaler Kerl!“, schrie sie schließlich. „Sonst rufe ich die Polizei.“ Sie war zu wütend, um zu merken, wie wenig angebracht ihre Drohung war, und versuchte verzweifelt, ihren Angreifer abzuschütteln.

Offenbar wollte er sie gar nicht schlagen, denn er zog ihr nun die Mütze vom Kopf, so dass ihr langes blondes Haar zum Vorschein kam. Dann umfasste er ihr Kinn.

„Was haben wir denn da?“

Er klingt wie ein zweitklassiger Schauspieler in einem B-Movie, ging es Parisa durch den Kopf, doch im nächsten Moment wurde ihr klar, in welch verfänglicher Situation sie sich befand. Sie war völlig hilflos, und da der Mann sich über sie gebeugt hatte, spürte sie seinen warmen Atem. In dem schwachen Schein der Taschenlampe, die neben ihr lag, konnte sie jetzt sein Gesicht erkennen.

„Du!“, brachte sie hervor. „Das hätte ich mir denken können.“ Er war zwar älter geworden, aber die schwarzen, sanft geschwungenen Augenbrauen, das markante Kinn und die dunklen Augen mit dem rücksichtslosen Ausdruck waren unverkennbar.

Dio! Parisa.“

Wie gebannt beobachtete sie, wie sein Gesicht näher kam. Dann presste er seine Lippen auf ihre, um sie hungrig zu küssen. Es war jedoch kein leidenschaftlicher Kuss, sondern eher eine Bestrafung. Parisa war, als würde sich alles um sie herum drehen.

Sekunden später wurde es plötzlich hell im Raum, und ihr Angreifer blickte auf, ohne sie jedoch loszulassen. Benommen drehte sie den Kopf zur Seite und sah, dass eine Frau neben ihr stand.

„Also wirklich, Luc! Hättest du nicht warten können, bis ihr im Schlafzimmer seid?“

„Tina. Du bist ja schon da.“

„Anscheinend bin ich genau im falschen Moment gekommen.“ Die Frau lachte und stieß gleich darauf einen Schrei aus. „Du meine Güte, das ist ja Parisa Belmont! Ich wusste ja gar nicht, dass ihr beide in Kontakt geblieben seid. Aber es freut mich, denn für mich wart ihr immer das ideale Paar.“

Als Parisa hochschaute, erkannte sie Tina Franco, die eine Zeit lang mit ihr im Internat gewesen war. „Guten Abend, Tina“, murmelte sie automatisch.

Dann schloss sie die Augen. Es war der reinste Albtraum! Doch der Mann, der rittlings auf ihr saß, war sehr real, und der Duft seines After Shave stieg ihr in die Nase … Entsetzt stellte sie plötzlich fest, dass er erregt war. Dieser Mistkerl!

„Lass mich los!“, flüsterte sie, und ihr brannten die Wangen vor Verlegenheit.

Sofort stand er auf, als wäre ihm erst jetzt klar geworden, in was für einer intimen Position sie sich befunden hatten. Nachdem er Parisa aufgeholfen hatte, wandte er sich an Tina.

„Tut mir Leid, Cousinchen, aber du wolltest mich doch anrufen.“

„Stimmt. Allerdings hatten Gino und ich beschlossen, erst zu essen. Er wartet unten im Taxi. Wir fliegen heute Nacht zurück nach Italien.“ Tina reichte ihm eine schwarze Aktenmappe. „Die Papiere, die du haben wolltest, sind hier drin. Ich muss mich beeilen!“ Sie schenkte Parisa ein strahlendes Lächeln, bevor sie hinzufügte: „Es hat mich gefreut, dich wieder zu sehen. Du musst unbedingt zu der Party am Dienstag kommen und Lucs Mutter kennen lernen. Ciao.“

Nachdem sie das Zimmer verlassen hatte, entstand eine spannungsgeladene Stille. Parisa wollte Luc ihre Hand entziehen, doch er verstärkte seinen Griff und zog sie mit sich zu einem großen Ledersofa. Erst dann ließ er sie los. „Setz dich.“

Da sie keine Wahl hatte, gehorchte sie. Wenn sie auch nur geahnt hätte, dass es sich bei dem Unbekannten um Luca Di Maggi – von seinen Freunden Luc genannt – handelte, hätte sie sofort das Weite gesucht. Sie war ihm erst einmal begegnet, und zwar, als sie vierzehn gewesen war. Damals hatte sie gehofft, ihn nie wieder zu sehen.

„So, so, Parisa Belmont. Oder sollte ich sagen: Lady Parisa Hardcourt-Belmont?“, erkundigte er sich spöttisch. „Du bist zwar älter geworden, aber nicht diskreter. Vielleicht erklärst du mir mal, was du hier zu suchen hast, noch dazu in diesem Aufzug.“

Da Luc sich über sie beugte, fühlte sie sich wieder hilflos, als sie zu ihm aufsah. In dem dunklen Jackett und dem weißen Seidenhemd, das am Kragen offen war und so den Blick auf seinen gebräunten Hals freigab, wirkte er elegant und sehr beeindruckend. Er war ein ausgesprochen maskuliner Typ und von einer Aura der Macht umgeben – und im Moment war er außer sich vor Wut.

„Wenn eine Frau mit deinen Reizen so scharf auf Geld ist, hätte sie es vielleicht mit dem ältesten Gewerbe der Welt versuchen sollen, statt einzubrechen“, meinte er zynisch, während er sie anzüglich musterte.

Parisa schluckte nervös und wandte sich ab. Dabei fiel ihr Blick auf die Fotos, die sie zu Boden hatte fallen lassen. Energisch straffte sie sich und hob den Kopf.

„Im Gegensatz zu dir habe ich es nicht auf Geld abgesehen, Luc. Allerdings hast du dir die Falsche ausgesucht, als du versucht hast, Moya zu erpressen. Sie ist nämlich meine Freundin.“ Sie machte aus ihrer Verachtung keinen Hehl, denn immerhin hatte er das Gesetz übertreten und nicht sie. „Und was das Einbrechen betrifft …“

„Ich habe die Wohnungstür einen Augenblick aufgelassen“, sagte er wie zu sich selbst und blickte sich um. „Du hast die Gelegenheit ergriffen und bist reingekommen.“ Er ging zum Schreibtisch und zog die Schublade auf. Als er die Fotos auf dem Boden sah, hob er sie auf.

Parisa ließ ihn in dem Glauben, denn er musste ja nicht unbedingt wissen, dass sie ihn und seine Geliebte beobachtet hatte.

„Bist du deswegen hier?“, fragte er, wobei er die Fotos hochhielt.

„Natürlich.“ Sie stand auf und ging auf ihn zu. „Und wenn du glaubst, dass Moya Tausende von Pfund dafür bezahlt, kannst du warten, bis du schwarz wirst.“ Als sie ihm die Fotos aus der Hand reißen wollte, umfasste er ihr Handgelenk.

„Moment mal. Du denkst also, ich würde deine Freundin erpressen, und bist hier eingebrochen, um die Beweise zu stehlen. Richtig?“

„Spiel bloß nicht den Unschuldigen, Luc Di Maggi“, höhnte sie. „Du erpresst hilflose junge Frauen, um dein Einkommen aus dem Casino aufzubessern.“

„Du weißt also von dem Casino?“

Wollte er sie etwa zum Narren halten? „Entweder gibst du mir jetzt die Fotos, oder ich rufe die Polizei.“ Seine Nähe übte eine seltsame Wirkung auf sie aus. Sie, Parisa, musste so schnell wie möglich von hier verschwinden, zumal Moya vermutlich nicht mehr allzu lange auf sie warten würde.

„Du willst die Polizei rufen? Ich hätte dich eigentlich für etwas intelligenter gehalten.“

„Erpressung ist gesetzeswidrig“, erinnerte Parisa ihn.

„Bis die Polizei kommt, habe ich das Beweismaterial längst verbrannt. Man wird also nur eine junge Frau antreffen, die wie eine Einbrecherin aussieht.“ Mit einem sinnlichen Lächeln betrachtete er ihre vollen Brüste.

Erst in diesem Moment wurde ihr bewusst, dass das Trikot wie eine zweite Haut saß. Verlegen verschränkte sie die Arme vor der Brust. Wenn er die Fotos verbrannte, wären Moyas Probleme gelöst, aber ihre würden erst beginnen.

„Ja, cara. Wenn man den aufgebrochenen Schreibtisch sieht und ein Bündel Banknoten bei dir findet, wirst du sicher eine lange Gefängnisstrafe verbüßen müssen.“ In seine Augen trat ein kalter Ausdruck. „Ich schlage dir ein Geschäft vor. Wenn du dich darauf einlässt, werde ich deiner Freundin die Fotos samt Negativen zukommen lassen.“

Parisa traute ihm nicht, aber ihr blieb nichts anderes übrig, als ihn ausreden zu lassen. „Und was für ein Geschäft ist das?“

Luc ging lässig auf ein langes Mahagoni-Sideboard zu, in dem er die Fotos deponierte. Anschließend nahm er eine Flasche Whisky von dem silbernen Tablett, das darauf stand, und schenkte sich einen Drink ein. „Ich werde es dir bei einem Drink erklären.“ Er wandte sich ihr zu. „Ich glaube, ein Brandy würde dir gut tun. Du siehst ein bisschen mitgenommen aus.“

„Nein, danke“, entgegnete sie. „Sprich weiter.“

„Warum so ungeduldig?“, meinte er spöttisch, bevor er zurückkam und sich ihr gegenüber in einen Sessel setzte. Während er einen Schluck Whisky trank, betrachtete er sie nachdenklich. „Also, es ist ganz einfach“, fuhr er schließlich fort. „Wie Tina bereits erwähnte, muss ich am Dienstag zur Geburtstagsparty meiner Mutter in Italien gehen.“

„Es überrascht mich, dass du eine Mutter hast“, murmelte sie.

„Meine Mutter ist siebzig, und leider geht es ihr gesundheitlich nicht gut. Daher ist es ihr größter Wunsch, dass ich heirate. Dazu habe ich zwar keine Lust, aber ihr zuliebe möchte ich wenigstens so tun, als ob. Und da kommst du ins Spiel.“

Parisa betrachtete ihn misstrauisch. Luc war ein sehr attraktiver Mann. Das dichte schwarze Haar fiel ihm in die Stirn, und seine dunklen Augen waren von langen Wimpern gesäumt. Sein Mund war sinnlich, und seine Züge wären geradezu klassisch gewesen, hätte er nicht ein so markantes Kinn und eine römische Nase gehabt.

„Inwiefern?“, erkundigte sie sich.

„Du begleitest mich nach Italien, um für einige Tage meine Verlobte zu spielen, und ich gebe deiner Freundin ihre Fotos zurück. Da meine Mutter überaus erfreut sein wird bei der Aussicht, eine englische Lady als Schwiegertochter zu bekommen, werde ich eine Weile meine Ruhe vor ihr haben.“

Nun war ihr alles klar. Als seine Geliebte ihn gebeten hatte, ihn nach Italien begleiten zu dürfen, hatte er sie abgewiesen. Obwohl Parisa ihren Titel nie benutzte, war sie es gewohnt, dass andere Leute es taten, um damit Eindruck zu machen. Aber konnte sie es ertragen, mehrere Tage zusammen mit einem Gauner zu verbringen? Hatte sie überhaupt eine Wahl?

„Und was genau muss ich tun?“, fragte sie, um Zeit zu gewinnen.

Luc stellte sein Glas ab, stand auf und kam auf sie zu. „Du musst nett zu mir sein und so tun, als wären wir ineinander verliebt.“ Ehe sie sich’s versah, hatte er sie hochgezogen und presste sie an sich.

„Ich bin aber keine gute Schauspielerin.“ Am liebsten hätte sie ihm eine Ohrfeige verabreicht, doch sie war unfähig, sich zu bewegen.

„Das lässt sich ändern“, meinte er spöttisch.

„Du arroganter Mistkerl!“ Bevor sie ihm noch mehr Schimpfworte an den Kopf werfen konnte, beugte er sich zu ihr herunter, um sie zu küssen. Zuerst wehrte sie sich dagegen, aber schon bald verrauchte ihr Zorn und wich einem starken Verlangen.

Entsetzt bemerkte sie, wie ihr Puls zu rasen begann und ihre Brustspitzen sich aufrichteten. Zu allem Überfluss löste Luc sich nun auch noch von ihr, um ihren Hals mit brennenden kleinen Küssen zu bedecken. Dann hielt er sie ein Stückchen von sich.

„Das reicht für den Anfang“, sagte er kühl. „Und du irrst dich, Parisa. Nach diesem Kuss zu urteilen, besitzt du immer noch schauspielerische Fähigkeiten.“

Parisa blickte ihn benommen an. Er lächelte zynisch, als hätte er sie nie geküsst. Dafür verachtete sie ihn, vor allem aber sich selbst. Wie hatte sie nur zulassen können, dass ein Mann wie er sie so erregte? Sie fühlte sich erniedrigt. Auf keinen Fall würde sie ihn nach Italien begleiten. Moya musste sich selbst aus ihrem Schlamassel heraushelfen.

„Nun mach nicht so ein schockiertes Gesicht, cara. So oft wirst du nicht spielen müssen.“

„Also gut“, erklärte Parisa so ruhig wie möglich. Sie wusste bereits, was zu tun war. „Wir können gleich die Einzelheiten besprechen. Allerdings muss ich erst einmal ins Bad.“

„Braves Mädchen“, erwiderte er lächelnd. „Ich wusste, dass du einverstanden bist. Schließlich werden wir beide davon profitieren.“

Sie lächelte gezwungen, bevor sie sich abwandte. Dann fiel ihr etwas ein, und sie drehte sich noch einmal zu ihm um. „Wo ist das Bad?“, fragte sie mit Unschuldsmiene.

„Direkt gegenüber. Ich zeige es dir.“ Luc legte ihr eine Hand auf den Rücken und führte sie in den Flur, wo er mit der anderen Hand auf die Badezimmertür zeigte. „Ich öffne gleich eine Flasche Champagner, damit wir unser Geschäft begießen können.“

„Wie schön!“ Der Mistkerl wird gleich sein blaues Wunder erleben, dachte sie schadenfroh.

Innerhalb weniger Minuten war sie wieder durchs Fenster gestiegen und die Feuerleiter heruntergeklettert. Sie atmete erleichtert auf, als sie den blauen Fiat auf der Straße sah. Moya wartete also noch auf sie. Schnell lief Parisa zum Wagen, riss die Beifahrertür auf und sprang hinein.

„Fahr los. Schnell.“

„Hast du sie?“, wollte Moya wissen.

„Nicht jetzt, Moya. Los, fahr!“

Eine halbe Stunde später saßen die beiden Frauen in Moyas Wohnung in Kensington. Parisa trank einen großen Schluck Brandy und entspannte sich allmählich.

„Spann mich bitte nicht länger auf die Folter“, drängte Moya. „Hast du die Fotos?“

Parisa betrachtete ihre Freundin, die ihr gegenübersaß. Moya war mittelgroß und hatte langes kastanienbraunes Haar, braune Augen und eine geradezu aufregende Figur. Doch jetzt, mit ihrer ängstlichen Miene und den Schatten unter den Augen, wirkte sie ziemlich mitgenommen.

„Tut mir Leid, Moya. Das Ganze war ein Flop.“

„Aber warum? Du musstest doch nur durchs Fenster steigen und die Fotos holen“, jammerte Moya. „Du warst meine letzte Hoffnung.“

„Das Einsteigen war auch kein Problem. Allerdings war dein Italiener zu Hause. Und er war alles andere als klein. Er hat mich überwältigt.“

„Ach du meine Güte!“

„Ich möchte mit der Geschichte jedenfalls nichts mehr zu tun haben“, verkündete Parisa. „Ich hätte mich gar nicht darauf einlassen sollen. Wie bist du überhaupt darauf gekommen, dass der Mann Luigi heißt? Sein Name ist Luca Di Maggi, und wenn ich das gewusst hätte, hätte ich einen großen Bogen um seine Wohnung gemacht.“

„Luigi oder Luca, das ist doch egal“, entgegnete Moya aufgeregt. „Was hat er überhaupt gesagt?“

In wenigen Sätzen berichtete Parisa, was passiert war, ohne jedoch Margot Mey zu erwähnen. „Ich lag also auf dem Teppich“, sagte sie schließlich, „und dachte gerade, er würde mich umbringen, als diese Frau hereinkam. Erinnerst du dich noch an Tina Franco?“

„Ja, diese geheimnisvolle Italienerin aus dem Internat. Wir dachten damals, ihre Familie hätte Verbindungen zur Mafia … Aber was spielt das für eine Rolle, wenn mein Leben …?“

„Sie ist seine Cousine“, fiel Parisa ihrer Freundin ins Wort. „Jedenfalls hat sie mich wieder erkannt, und offenbar dachte sie, wir wären ein Paar. Seine Mutter feiert nächste Woche Geburtstag, und er hat mir doch tatsächlich vorgeschlagen, ihn nach Italien zu begleiten und seine Verlobte zu spielen und dir im Gegenzug die Fotos zurückzugeben.“

„Du musst es tun, Parisa. Bitte! Es geht um meine Zukunft. Ich könnte es nicht ertragen, Simon zu verlieren, und das werde ich, wenn diese Fotos jemals veröffentlicht werden …“

„Nein, Moya. Ich werde mit Di Maggi nirgendwohin fahren, und ich verstehe beim besten Willen nicht, wie du dich mit ihm einlassen konntest. Am besten ist es wohl, wenn du Simon alles erklärst. Er liebt dich und wird dir einen Seitensprung sicher verzeihen.“

„Seitensprung?“, wiederholte Moya empört. „Ich habe ihn kennen gelernt, als ich mit meiner Clique im Casino war. Als ich letzten Sommer mit denselben Leuten Urlaub in Nizza gemacht habe, war er zufällig auch da. Er hat die Fotos gemacht, als wir alle am Strand waren. In London bin ich nur einmal mit ihm ausgegangen, weil er so aufdringlich war. Ich bin immer noch Jungfrau“, fügte sie mit bebender Stimme hinzu.

„Na ja, dann brauchst du dir erst recht keine Sorgen zu machen. Sag Simon einfach die Wahrheit, und vergiss diesen Gauner.“

„Das kann ich nicht. Simon betet mich an, und ich liebe ihn. Wenn diese Fotos veröffentlicht werden, wird seine Familie mich enterben. Du musst mir helfen.“ Moya beugte sich vor und umfasste Parisas Arm. „Du hast doch Ferien. Ruf einfach deine Haushälterin an, und sag ihr, dass du länger in London bleibst, weil wir dein Brautjungfernkleid kaufen müssen. Du bist die Einzige, die mir helfen kann.“

Parisa hätte beinah nachgegeben, doch dann entstand vor ihrem geistigen Auge das Bild eines Mannes, der auf ihr lag und sie hungrig küsste. Sie erschauerte und versteifte sich unwillkürlich.

„Nein, Moya. Es tut mir Leid. Ich werde morgen Früh gleich den ersten Zug nach Hause nehmen. Der Mann kennt deine Adresse, und ich möchte kein Risiko eingehen. Sprich mit Simon, oder wende dich an die Polizei.“ Sie stand auf. „Ich gehe jetzt ins Bett.“

„Bitte, Parisa!“, flehte Moya. „Wir haben uns noch nie im Stich gelassen. Erinnerst du dich daran, wie ich dir geholfen habe, als du heimlich das Internat verlassen hast, um zu dem Popkonzert zu gehen?“

Obwohl Parisa sich schuldig fühlte, weil sie ihre Freundin im Stich ließ, konnte sie ihr nicht erklären, warum Luc Di Maggi ihr solche Angst einflößte. Dann hätte sie ihr nämlich auch erzählen müssen, was an jenem Sommertag vor zehn Jahren passiert war, und das hatte sie bisher noch niemandem anvertraut. Sie hatte Luc Di Maggi zum Narren gemacht, und er war nicht der Typ, der einer Frau so etwas verzieh. Es war zu gefährlich, sich mit ihm einzulassen … „Tut mir Leid“, sagte sie leise, während sie zur Tür ging.

„Wenn du es nicht kannst, dann eben nicht“, meinte Moya traurig. „Dann muss ich wohl mit dem Kerl schlafen. Allein beim Gedanken daran bekomme ich eine Gänsehaut.“

„Was?“, Parisa wirbelte zu ihr herum.

Autor

Jacqueline Baird
Wenn Jacqueline Baird nicht gerade an einer Romance schreibt, dann liest sie viel und spielt gern Karten. Falls das Wetter es erlaubt, schwimmt sie häufig im Meer und bedauert, dass sie seit einer schweren Knieverletzung nicht mehr Segeln kann.

Zwar ist sie dadurch zu einem „Leben an Land“ verurteilt, aber...
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