Sinnliche Vergeltung, sündige Küsse

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Vogelfrei! Das grausame Urteil des Earl of Aberfoyle verdammt Highlander Duncan Carlyle zu einem Leben im Verborgenen. Mit einer Handvoll Vertrauter versteckt er sich und schwört Rache an dem Earl! Als er eines Tages in den rauen Bergen eine verletzte junge Frau findet, scheint die Stunde seiner Vergeltung gekommen: Sie ist die Tochter seines Todfeindes - und sie hat ihr Gedächtnis verloren! Völlig ausgeliefert ist sie ihm in seinem Unterschlupf. Aber ausgerechnet diese Lady, für deren Familie er nur Hass empfindet, weckt ein verhängnisvolles Verlangen in dem schottischen Rächer, das seine Pläne gefährlich ins Wanken bringen könnte …


  • Erscheinungstag 17.07.2018
  • Bandnummer 329
  • ISBN / Artikelnummer 9783733734107
  • Seitenanzahl 264
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

WIDMUNG

Für Laura Lee, meine Autorenkollegin und liebe Freundin:

Danke für das Brainstorming und die langen Telefonate,

bei denen wir über Gott und die Welt plaudern.

Ich wünschte, uns würde nicht fast

ein ganzer Kontinent trennen.

1. KAPITEL

Schottland, 1727

Der Regen war es, der sie weckte. Hart peitschte er ihr ins Gesicht. Einen ausgedehnten Moment lang hielt sie die Augen geschlossen, verwirrt und verunsichert – und von Schmerzen gepeinigt. Gott, wie sehr ihr der Kopf wehtat. Zunächst nur ein vages Pochen, drohte das Hämmern ihr den Schädel zu sprengen, je mehr sie zu sich kam. Der Regen prasselte ihr gegen Lider und Wangen und rann ihr ins durchtränkte Haar unter ihrem Kopf. Etwas stimmte nicht, abgesehen vom Regen, der Pein und dem aufgeweichten, unebenen Boden, auf dem sie lag. Doch darüber nachzudenken verstärkte ihr Unwohlsein nur. Sie versuchte, sich zu rühren, bewegte Hände und Füße, zog die Schultern an. Eine Woge der Übelkeit überkam sie, die sie niederrang, zitternd, zähneklappernd und von bohrenden Kopfschmerzen gequält.

Warum befand sie sich unter freiem Himmel auf der Erde? Dazu fiel ihr nichts ein – rein gar nichts.

Das liegt sicherlich an den Kopfschmerzen, sagte sie sich und kämpfte gegen die wachsende Angst an. Sie sehnte sich nach Wärme, nach einem Abebben der Schmerzen. Solange sie hier herumlag, würde sich nichts ändern.

Sie kniff die Augen zusammen, blinzelte mehrmals und schlug sie auf. Der Himmel war grau verhangen, und hier und da hoben sich noch dunklere Wolken von ihm ab, aus denen wahre Sturzbäche niedergingen. Sie zwang sich, den Kopf zu drehen, und erspähte über sich einen Steilhang, auf dessen kargem Untergrund vereinzelt Büsche wuchsen. Im Boden fanden sich Abdrücke, die aussahen, als hätte ein Riese seine Finger in die Erde gegraben. Die Spuren endeten bei ihr.

Stöhnend wälzte sie sich auf die Seite und spürte jeden einzelnen Muskel protestieren.

Jäh starrte sie in die leeren Augen eines toten Mannes.

Sie schrie auf, heiser, erstickt, unfähig, den Blick abzuwenden. Das Gesicht des Mannes war blutig, sein Hals unnatürlich verdreht.

Sie musste sich beide Hände vor den Mund schlagen, um ein lautes Schluchzen zu unterdrücken. Sie wollte sich von dem Anblick losreißen, brachte es jedoch nicht über sich. Der Arme war tot, aber er war auch ein Fremder. Da lag er am Fuße eines Abhangs, direkt neben ihr, und sein Gesicht war ihr völlig unbekannt.

Nicht einmal sich selbst kannte sie.

Sie kam nicht länger umhin, sich das einzugestehen – sie wusste beim besten Willen nicht, wer sie war oder warum sie neben einem Toten lag. Vor jenem Augenblick, da der Regen sie geweckt hatte, gähnte ein großes Nichts in ihrer Erinnerung.

Während sie sich von der Leiche abwandte, machte sie sich bewusst, dass sie die Dinge um sich her benennen konnte – wenigstens das war ihr geblieben. Da waren der Himmel und der Regen und der Schlamm. Sie hatte Hände, die zitterten, einen Kopf, der schmerzhaft pochte, und Hüften, die wehtaten, als sie das Gewicht verlagerte, um einem Stein auszuweichen, der sich ihr in den Rücken bohrte.

Stöhnend stemmte sie sich hoch, bis sie bebend zum Sitzen kam. Prompt fiel ihr Blick auf einen weiteren reglosen Körper. Ein ängstliches Stöhnen entfuhr ihr, und sie sah sich um, wie um den Widersacher auszumachen, der für all dies verantwortlich war. Doch sie war allein, umgeben nur von der Weite der öden Berge und dem tosenden Regen.

Der Mann hinter ihr war tot, aber vielleicht lebte jener dort noch. Auf Händen und Knien kroch sie die kurze Strecke bis zu ihm, wobei ihr Felsbrocken in die Handflächen schnitten und Morast zwischen den Fingern hindurchquoll.

„Sir? Alles in Ordnung?“

Als sie seinen durchweichten Umhang berührte, wusste sie Bescheid; der Mann war steif und kalt und mausetot. Sie zwang sich, ihm ins Gesicht zu schauen. Seine Augen waren halb geschlossen und starrten ins Leere. Auch er war ihr fremd.

Sie hockte sich auf die Fersen und schlang sich die Arme um den Oberkörper, von Verzweiflung befallen, einem Gefühl, so nass und erbärmlich wie der Regen selbst. Aber sie durfte sich nicht von Furcht übermannen lassen. Auf keinen Fall würde sie hier draußen sterben, mutterseelenallein. Sie sah sich um und entdeckte einen Wasserlauf, der durch die Schlucht toste und über die Ufer getreten war. Vor ihr fiel der zerklüftete, felsige Untergrund ab, um in der Ferne in kahle braune Hänge überzugehen. Dazwischen taten sich dunkelgrüne Täler auf, hier und dort von Hainen gesprenkelt. Die Welt bestand aus nichts als Verlassenheit und Leere. Es gab keine Häuser, keine Dörfer, keine Straßen.

Sie blickte abermals die Schlucht hinauf. Von dort oben musste sie herabgestürzt sein, gemeinsam mit diesen Männern. Vielleicht rührten die Abdrücke in der Erde daher. Falls sie drei tatsächlich zu Pferd unterwegs gewesen sein sollten, so waren die Tiere längst fort und mit ihnen alle Habseligkeiten, die hätten erklären können, wer die Männer waren oder wohin sie hatten reiten wollen.

Sie wusste nicht, wann es dunkeln würde, aber sie musste Hilfe oder zumindest Obdach finden, ehe die Kälte sie umbrachte, so wie der Sturz jene Männer umgebracht hatte.

Schwankend kam sie auf die Füße und setzte sich in Bewegung, bergab und fort von dem gefährlich angeschwollenen Fluss. Bei jedem Schritt machten sich ihre Prellungen bemerkbar, aber wenigstens hatte sie sich nichts gebrochen – nur ihr Kopf schmerzte so stark, dass es ihr schwerfiel, die Lider zu heben. Ihr durchnässtes Kleid und ihr ebenso klatschnasser Umhang wogen schwer und ließen sie bei jedem Schritt taumeln.

Duncan Carlyle, der für vogelfrei erklärte Anführer des Carlyle-Clans, ritt durch den Regen. Auf seinem Fuchswallach Arran folgte er langsam dem schmalen Pfad, der sich zwischen den Bergen der südlichen Highlands hindurchschlängelte. Ein reißender Bach führte durch den Wolkenbruch Hochwasser und strömte reißend dem Meer entgegen. Es war ein kühler Septembertag, nichts Ungewöhnliches in den Highlands. Sein wollenes Plaid hielt ihn leidlich warm, und unter seinen bloßen Schenkeln dampften die Flanken seines Pferdes. Sein Lager war noch eine Stunde entfernt, aber dennoch war er ständig auf der Hut. Er mochte jederzeit auf Feinde treffen. Vor sechs Wochen wäre er beinahe gefasst worden und war mit knapper Not entkommen. Nur durch einen schonungslosen zweitägigen Ritt hatte er seine Verfolger abhängen können. Seitdem blieben er und seine Männer in Lagernähe und mieden Außenstehende.

Als der Pfad eine Kurve beschrieb, legte Arran die Ohren an. Duncan spürte die Anspannung des Pferdes in den Zügeln. Eine Frau kam ihm entgegen, die Kapuze zurückgeschlagen, ihr unbedeckter Schopf dunkel vom Regen – und noch etwas anderem? Er stellte sich in den Steigbügeln auf und schaute sich um, sah jedoch nichts als die schroffen Berge der Highlands, von welker violetter Heide bedeckt. Die Frau war dem Lager viel zu nah für seinen Geschmack, und er fragte sich, wo ihre Begleiter sein mochten.

Er ließ Arran antraben und hielt, als er sie erreicht hatte. Sie schleppte sich humpelnd vorwärts und blieb stehen, als ihr gesenkter Blick auf die Vorderbeine seines Pferdes fiel. Langsam hob sie den Kopf, und Duncan atmete scharf ein. Ein hässlicher Bluterguss zierte ihre Stirn, und daneben prangte eine Wunde, aus der Blut rann. Unter ihren Augen lagen bläuliche Schatten, die von Schmerz kündeten, und ihr Gesicht war kreidebleich. Blind blickte sie zu ihm auf, und kurz konnte er ihre goldfarbenen Augen erkennen, ehe sie diese verdrehte und zusammenbrach.

Fluchend schwang Duncan sich aus dem Sattel und beugte sich vorsichtig über die reglose Gestalt, sein Verhalten von jahrelanger Wachsamkeit geprägt. „Mistress? Könnt Ihr mich hören?“

Als er sie an der Schulter berührte, spürte er, von welch feiner Qualität ihr Umhang war. Nachdem er sie auf dem Boden ausgestreckt hatte, hob er ihren Oberkörper an und bettete ihn in seinem linken Arm. Ihren Kopf barg er an seinem Körper, sodass dieser den Regen abschirmte. Mit der rechten Hand betastete er behutsam die Haut um die Wunde, woraufhin sie das Gesicht verzog und kraftlos versuchte, sich abzuwenden.

Sein Argwohn wuchs. Etwas an ihr war ihm vage vertraut, ohne dass er es benennen konnte.

„Wo bin ich?“, fragte sie flüsternd und mit englischem Akzent. „Was ist passiert?“

Eine englische Dame in den Highlands? Er beschloss, die erste Frage zu übergehen und die zweite zu beantworten. „Ihr habt eine scheußliche Kopfwunde, Mistress. Seid Ihr gestürzt?“

Ihre Lider flatterten, als stünde sie kurz davor, das Bewusstsein zu verlieren. „Wo bin ich? Was ist geschehen?“

Nun war es an ihm zu blinzeln. Ihm fiel ein, dass Kopfverletzungen Verwirrung auslösen konnten. Er musste die Blutung stillen.

„Mistress, könnt Ihr aufstehen?“

Wieder öffnete sie ihre großen, goldfarbenen Augen. Ihr Gesicht war fein geschnitten, ihr dunkles Haar fiel ihr nach hinten, der Haaransatz lief spitz zu.

Plötzlich erkannte er sie. Eine Erinnerung blitzte auf, an etwas, das sich vor einigen Jahren in Stirling ereignet hatte. Er hatte dem Earl of Aberfoyle einen hasserfüllten Blick zugeworfen, als dieser, hochmütig auf seinem Pferd thronend, ein armes, hochschwangeres Mädchen genötigt hatte, ihm Platz zu machen. Die Familie des Earls weilte selten in Schottland, weshalb ihre Ankunft in den Highlands Aufsehen erregt hatte. Duncan hatte diese Frau, die er jetzt in seinen Armen hielt, unmittelbar hinter dem Earl reiten sehen. Ihr feines Kleid sowie ihr fescher Hut hatten sie als adelige Dame ausgewiesen. Wenigstens hatte das Gebaren ihres Vaters sie sichtlich abgestoßen.

Catriona Duff war die Tochter von Aberfoyle, Anführer des Duff-Clans und Duncans Erzfeind. Vor allem Aberfoyle war es zu verdanken, dass Duncan heute ein Geächteter war und seinen Clan aus dem Verborgenen heraus schützen und versorgen musste.

Er sah sich um, als lauerten der Earl und dessen gesamtes Gefolge irgendwo in der Nähe und warteten nur darauf, ihn anzugreifen. „Wo sind Eure Männer?“, verlangte er zu wissen.

„Was ist geschehen?“, wiederholte sie matt.

„Ihr habt Euch den Kopf angeschlagen. Wo sind Eure Männer?“

„Meine … Männer?“

Sie hob sich eine bebende Hand an die Stirn, aber er ließ sie die Wunde nicht berühren.

Offenbar durchzuckte sie Schmerz, denn sie verengte kurz die Augen. „Ich habe sie … tot aufgefunden“, hauchte sie. „Was ist mir widerfahren?“

„Ich weiß es nicht.“ Er konnte nur hoffen, dass sie die Wahrheit sagte. Auch sechs Wochen nachdem er beinahe gefasst worden wäre, befiel ihn noch Argwohn, wann immer ihm in seinem Teil der Highlands etwas ungewöhnlich vorkam. Die Leichen der Männer würden die Geschichte der Frau untermauern, aber darum konnte er sich jetzt nicht kümmern.

„Ich … ich erinnere mich nicht … Ich kann mich an gar nichts erinnern!“, brachte sie hervor. In ihrer Stimme lagen Überforderung und Angst.

„Ihr erinnert Euch nicht an Euren Unfall?“

„Nicht … an den Unfall, nicht einmal … an meinen Namen.“

Stirnrunzelnd sah er auf sie hinab und überlegte, welch intrigantes Spiel sie mit ihm trieb – hinter dem ihr Vater stecken mochte. Zugetraut hätte er es dem Bastard.

Sie umklammerte sein Plaid. „Was ist mit mir passiert?“, rief sie verzweifelt.

„Ich habe keine Ahnung. Ich muss die Wunde säubern. Könnt Ihr aufstehen? Dann hole ich Euch zu mir aufs Pferd.“

Er stand auf und zog sie mit sich, bis sie sich am Sattel festhalten konnte. Nachdem er aufgesessen war, beugte er sich zu ihr hinab. Es wäre ihm lieber gewesen, sie rittlings hinter sich zu haben, aber sie wirkte so schwach, dass er sie sich quer auf den Schoß setzte. Sie lehnte sich an ihn, und ihr Kopf fiel ihm gegen die Brust, sodass das Schwarz, Rot und Gelb seines Plaids von ihrem Blut besudelt wurde.

Es dauerte nicht lange, den Felsvorsprung zu erreichen, den er schon mehrmals als Unterstand genutzt hatte. Sobald sie im Trockenen waren, durchsuchte er seine Satteltasche, fand jedoch nichts, was sich als sauberer Verband hätte verwenden lassen. Schließlich schnitt er ihr mit seinem Langdolch mehrere Streifen aus dem Unterrock. Die Wunde schien ihm durch den Regen hinreichend gereinigt worden zu sein, weshalb er der Frau bloß den improvisierten Verband um den Kopf wickelte und hoffte, damit die Blutung zu stillen.

Die ganze Zeit über schaute sie ihn hilflos an. Er hatte den Eindruck, dass sie sich seine Züge einprägte. Auch er musterte sie. Ihre hohen Wangenknochen betonten die schmalen Wangen darunter, und ihre üppigen Lippen verliehen ihrem Mund etwas Ausdrucksvolles. Ihr blasses Gesicht war so unnahbar und schön wie das einer Statue. In ihm regte sich eine primitive Lust, deren Existenz er sich niemals eingestanden hätte.

Was machte sie in den abgelegenen Highlands? Gerüchten zufolge, die ihm vor langer Zeit zu Ohren gekommen waren, besuchte sie die väterlichen Burgen nur selten. War sie die Vorhut einer größeren Truppe, die es auf Duncans arglosen Clan abgesehen hatte? Sie war seinem geheimen Lager sehr nah. Ließe er sie gehen, mochte sie ihre Männer die Gegend durchkämmen lassen. Damit würde er seinen Clan gefährden – und das Gute, das er zu bewirken trachtete. Er durfte sie nicht ziehen lassen, bis er Genaueres wusste.

Während er sie anblickte, fielen ihr die Augen zu. Ihre wächserne Haut und das Zucken, das über ihr Gesicht flackerte, verrieten, dass sie Schmerzen hatte. Ihm fiel noch mehr auf – die Brosche an ihrer Schulter bewies, wer sie war: das Schmuckstück wurde von den Insignien des Duff-Clans geziert. Er löste die Brosche und versteckte sie in seiner Satteltasche. Es war sicherer für sie, wenn niemand erführe, wer sie war. In seinem Clan gab es zu viele verzweifelte Männer, die gewalttätig reagieren konnten.

„Zeit, aufzubrechen“, sagte er barsch und richtete sie auf.

Er sah die Furcht in ihrem gequälten Blick und hatte kaum Zeit, ihr den Kopf zur Seite zu drehen, als sie auch schon zu würgen begann. So sehr er ihren Vater verabscheute, bedauerte er doch, dass sie derart litt. Schlaff hing sie in seinen Armen, als er sie auf die Füße hievte. Er streifte ihr die Kapuze ihres Umhangs über den bandagierten Kopf in der Hoffnung, dass diese sie ein wenig schützte. Sein Wallach, der geduldig im Regen gegrast hatte, trug willig das doppelte Gewicht und schlug von selbst den Heimweg ein. Duncan wickelte die Frau in den losen Teil seines Plaids, um sie zu wärmen und den Regen abzuhalten. Noch immer gelang es ihm nicht, den Blick von ihrem blassen Gesicht zu lösen.

Sie stand für alles, was er hasste, war die Tochter des Mannes, der sich so wenig um das schottische Volk scherte, dass er tatenlos zusah, wie Kinder in die amerikanischen Kolonien und auf karibische Plantagen verschleppt und dort als Schuldknechte – praktisch als Sklaven – ausgebeutet wurden. Als Duncan versucht hatte, auf diesen Missstand aufmerksam zu machen, hatten ihm der Sheriff sowie ein Teil des Glasgower Magistrats zusammen mit ihrem Gönner, dem Earl of Aberfoyle, rundheraus mit Gefängnis gedroht. Sie hatten behauptet, mit ihrem Vorgehen das Problem zu bekämpfen, das Arme und Waisen darstellten. Nach seiner eigenen schweren Kindheit brachte Duncan es nicht über sich zu dulden, dass Kinder misshandelt wurden. Vielleicht hätte er bedachtsamer vorgehen sollen, aber das hätte bedeutet, zu zaudern und damit zuzulassen, dass noch mehr Kinder verschleppt wurden.

Er hatte geschworen, ein besserer Clananführer als sein Vater zu sein, doch stattdessen hatte er alles verschlimmert. Er hatte sein Anliegen vor den schottischen Zivilgerichtshof gebracht, aber die Richter hatten nicht einmal Zeugen zugelassen. Duncan war im Kerker gelandet und hatte kurz davorgestanden, selbst verkauft zu werden. Wäre er nicht entkommen, hätte sein Clan ohne jeden Schutz dagestanden. Seit fünf Jahren nun wurde er gesucht. Er war zum Gesetzlosen geworden, auf den ein Kopfgeld ausgesetzt war, während der Earl of Aberfoyle und der Magistrat weiterhin vom Leid anderer profitierten.

Seit jenem Tag nagten die Carlyles am Hungertuch, wohingegen die Duffs aus dem Vollen schöpften, da ihre Besitzungen sich über weite Teile Großbritanniens erstreckten. Catrionas Kleider waren teuer und stammten aus London, wohingegen seine Schwestern raue Stoffe trugen, die sie selbst gewebt hatten. Die Kinder des Duff-Clans legten sich abends mit vollem Bauch in ein warmes Bett, während die Kinder der Carlyles sich im Dunkeln an ihre Eltern schmiegten, in ständiger Angst davor, aus dem Bett gezerrt zu werden.

Inzwischen schlug Duncan zurück und führte seinerseits einen Feldzug gegen seine Feinde. Er hatte gelernt, sich in Geduld zu üben. Wenn er von einem Saumzug mit Fässern voller Duff-Whisky durch die Highlands erfuhr, war es ein Leichtes, die Waren zu stehlen. Die Duff-Wachen ließ er Reißaus nehmen, auf dass sie sich zu Fuß durch die Berge kämpfen mussten. Er hatte begonnen, den Whisky in die Lowlands zu schmuggeln oder per Boot über den Fluss Clyde bis zum Atlantik zu verschiffen. Mit dem Erlös hatte er neues Saatgut kaufen können, nachdem eine Hungersnot seinen Clan beinahe dahingerafft hätte. Nie stahl er zu viel Whisky, und nie überfiel er dieselbe Route zweimal. Er wartete, bis die Wachen wieder nachlässig wurden, bevor er erneut zuschlug. Seine Hauptanliegen – die Aufhebung des Haftbefehls gegen ihn und das Ende der Kindesentführungen – setzte er damit zwar nicht durch, aber es war immerhin eine erste Vergeltungsmaßnahme.

Und nun war ihm Catriona Duff direkt in die Arme gelaufen. Wenn er sie eine Weile lang bei sich behielte – und was sonst blieb ihm angesichts ihres Zustands übrig? –, könnte er die Duffs leiden lassen, so wie die Carlyles jahrelang gelitten hatten. Es könnte der krönende Abschluss seiner Rache werden. Sollte der alte Earl sich ruhig den Kopf darüber zerbrechen, wohin sein Töchterchen verschwunden war. Duncan würde ihr kein Haar krümmen, und sofern sie keine Spionin war, würde sie sich selbst ein Bild davon machen können, was ihr Vater seinem Clan angetan hatte.

2. KAPITEL

Als sie erwachte, spürte sie das gemächliche Schaukeln eines dahinschreitenden Pferdes. Kurz fühlte sie sich geborgen und einigermaßen warm. Sie wurde von kräftigen Armen gestützt und gehalten, und nachdem sie sich an dieser männlichen Brust hatte ausruhen können, waren ihre Kopfschmerzen ein wenig abgeklungen. An ihrem Ohr hörte sie das stete Schlagen eines starken Herzens.

Langsam öffnete sie die Augen und sah den Mann an, der sie gerettet hatte. Alles an ihm war dunkel – das zu einem Zopf gebundene Haar unter dem Hut, die Bartstoppeln am markanten Kiefer, ja selbst die Augen, die so schwarz waren, dass die Pupillen kaum zu sehen waren. Weshalb sie sich so sicher fühlte, vermochte sie nicht zu sagen – immerhin war der Mann ein Fremder. Er hätte sie liegen lassen können, hätte sie ausrauben und zusammenschlagen können, doch stattdessen half er ihr. Und was den Umstand anging, dass er ihr fremd war – nun, sie war sich ja selbst fremd.

Sie hatte gehofft, der Schlaf würde ihr die Erinnerungen zurückbringen, aber das war nicht geschehen. Es war schmerzhaft anstrengend, die Winkel ihres Geistes auszuloten; es war, als wären diese von Spinnweben verhangen. Da fiel es ihr leichter, über diesen Mann nachzudenken, dem sie auf Gedeih und Verderb ausgeliefert war. Er sprach barsch und nicht mehr als nötig, wie es schien. Aber zu ihrem Erstaunen war seine Berührung sanft gewesen, als er ihr den Kopf verbunden hatte. Obgleich seine Kleider schlicht und derb waren, drückte er sich wie jemand aus, der Bildung genossen hatte. Er wirkte … vornehm, wie ein Mann, dem das Schicksal übel mitgespielt hat. Ihre eigene Kleidung war weitaus feiner als seine; offenkundig stammte sie aus einer wohlhabenden Familie.

Den Blick starr geradeaus gerichtet, sagte er: „Ihr mustert mich ja wirklich gründlich.“

Sie war seinem Hals so nah, dass sie sah, wie sich sein Adamsapfel oberhalb des Halstuchs bewegte. Ihr wurden die Wangen heiß, als ihr die Intimität seiner Umarmung bewusst wurde.

Er sah sie an, der Blick seiner dunklen Augen durchdringend. „Erinnert Ihr Euch an etwas?“

Sie schüttelte den Kopf. „Nein, an nichts. Wo bin ich?“

„Schottland.“

„Ich … bin Schottin? Aber ich rede anders als Ihr.“

„Ihr klingt mir nach einer Engländerin.“

„Oh, verstehe. Und Engländer und Schotten sind nicht gerade Freunde.“

Er hob eine Braue.

„Daran erinnere ich mich!“, rief sie und atmete sogleich vor Schmerz scharf ein. „Es fühlt sich überaus merkwürdig an, nur noch belanglose Dinge zu wissen …“

„Die Feindschaft zwischen England und Schottland ist belanglos?“, fragte er und klang um einiges frostiger als zuvor.

„Nein, so habe ich das nicht gemeint“, erwiderte sie rasch. „Ich wollte sagen, dass ich die Dinge um mich her benennen kann, aber nicht das Geringste über mich selbst weiß, nicht einmal meinen eigenen Namen. Glaubt Ihr, das alles wird zurückkommen?“

Sie studierte sein Gesicht, suchte nach Trost, jedoch vergebens. Er zuckte nur mit den Schultern und schwieg. Vermutlich würde er sie im nächstbesten Weiler absetzen – und das konnte sie ihm kaum verübeln.

„Wohin bringt Ihr mich?“, fragte sie und hörte selbst, wie kleinlaut und verzagt sie klang.

Abermals sah er sie an. „Zu meinem Clan.“

Die Dankbarkeit, die sie überkam, raubte ihr kurz alle Kraft. „Ich … ich kenne nicht einmal Euren Namen.“

„Duncan Carlyle.“

Als er seinen Nachnamen aussprach, blickte er sie prüfend an, offenbar auf eine Reaktion gefasst. Aber der Name sagte ihr nichts. Durch die Leere in ihrem Kopf fühlte sie sich ohnmächtig und wehrlos, und sie spürte, dass sie es nicht gewohnt war, sich so zu fühlen.

„Habt Dank für Eure Hilfe, Duncan Carlyle.“

Sie durfte sich nicht von ihren Ängsten überwältigen lassen. Ihr Gedächtnis würde zurückkehren; sie musste nur Geduld haben.

Ihr brannten zahllose Fragen auf der Seele, doch sie schluckte sie hinunter, als sie seine abweisende Miene sah. Offenbar neigte er nicht zum Plaudern. Aber wenn sie zu seinem Clan kämen, würde es genügend Menschen geben, die sie befragen konnte.

Sie glitt sie in einen Dämmerzustand, wobei der Schmerz, der sie immer wieder durchfuhr, einen tiefen Schlaf unmöglich machte. Dennoch musste sie eingeschlummert sein, denn das Nächste, was sie wahrnahm, war, dass sie seitlich vom Pferd gelassen und fremden Armen übergeben wurde. Keuchend fuhr sie hoch, konnte jedoch kaum die Augen öffnen. Sie vernahm die Stimme eines anderen Mannes. Er redete in einer ihr unbekannten Sprache, und sie verstand kein Wort.

„Nehmt Eure Hände fort!“ Von Furcht gepackt, kam ihr der Gedanke, dass Mr. Carlyle seine Meinung vielleicht geändert hatte und sie doch irgendwo zurücklassen wollte.

Der Mann verstärkte seinen Griff, und plötzlich sprach er Englisch. „He, hört euch diese geleckte Sprache an.“

Wie ein Kompliment klang das nicht.

„Laird Carlyle, was sollen wir mit dieser Sassenach anfangen?“

Sassenach? Sie spannte sich an, denn sie wusste, dass diese Bezeichnung für „Engländer“ stand. Aus unerfindlichen Gründen war sie gekränkt. Sie schlug die Augen auf, um sich dem Laird zu stellen, der über ihre Zukunft entscheiden würde.

Aber es war Duncan Carlyle, der, die Hände in die Hüften gestemmt, vor ihr stand und sie betrachtete. Seine breite Brust war ihr bereits vertraut, und unter der eng geschnittenen Jacke, die er über Hemd, Weste und Plaid trug, zeichneten sich seine muskulösen Arme ab. Oberhalb seiner Strümpfe waren seine bloßen Knie zu sehen, und auch diese wirkten kräftig. Ihre Reaktion sagte ihr, dass sie den Anblick nackter Männerbeine nicht gewohnt war.

„Meint Ihr, Ihr könnt stehen, Mistress?“, erkundigte er sich.

„Ihr seid Laird Carlyle?“, fragte sie. „Wieso habt Ihr das nicht gesagt?“

Er hob eine seiner dunklen Brauen. „Ich hielt es nicht für nötig.“ Er schaute den Mann an, der sie steif und ungeschickt hielt. „Versuch, sie auf die Füße zu stellen, Ivor. Aber halte sie fest. Die Kopfwunde ist übel.“

Als ihre Füße den Boden berührten, merkte sie, wie wackelig ihre Beine waren. Die Jacke des Mannes umklammernd, wandte sie den Kopf in der Erwartung, eine Kate, einen Gutshof oder irgendein anderes Gebäude in der Nähe der Bäume zu entdecken, die sie vor dem Regen schützten. Stattdessen sah sie, dass über ihr eine schroffe Felswand gen Himmel ragte. Unmittelbar vor ihnen befand sich eine dunkle Öffnung, die wie ein Schlund in der Bergflanke gähnte. Sie wusste nicht, was sie davon halten sollte. Flüchtig schaute sie Ivor an, den bärtigen Mann, der sie stützte. Sein Haar war dunkelblond und reichte ihm bis fast auf die Schultern. Er trug keinen ordentlichen Zopf, aber das gleiche Plaid in Schwarz, Rot und Gelb wie Laird Carlyle.

„Das ist Ivor. Er befehligt meine Krieger“, stellte Laird Carlyle ihn vor.

Ivor zwinkerte ihr zu. „Und wer mögt Ihr sein, Mädchen?“

Sie wollte etwas sagen, brachte jedoch nichts heraus. Der eigene Name war das Erste, das man einem Fremden über sich preisgab, und sie hatte keinen zu bieten.

„Sie hat sich den Kopf angeschlagen“, erklärte Laird Carlyle, „und ist verwirrt.“

Ivor senkte die buschigen Augenbrauen und starrte sie an wie ein Kuriosum. Sie konnte nichts tun, als das Kinn zu recken und eine einnehmende Miene aufzusetzen. Das fiel ihr schwer. Nun da sie stand, begann ihr Kopf, der bislang nur noch leicht geschmerzt hatte, erneut zu pochen. Sie spürte sich schwanken, als Ivor sie auch schon fester am Arm packte.

Und dann drehte sich abermals alles um sie her, denn Laird Carlyle hob sie hoch. Sie protestierte nicht – schließlich waren seine Arme die einzige Sicherheit, die sie in dieser so neu anmutenden Welt kannte. Er schritt geradewegs auf das Loch im Felsmassiv zu und trat hindurch. Sie keuchte leise, weil sie damit rechnete, von tiefer Dunkelheit verschluckt zu werden. Zu ihrer Überraschung weitete sich der Durchgang zu einer Höhle, deren Decke zu hoch war, um sie auszumachen. Fackeln säumten die rauen Wände und warfen Licht auf eine Schar Menschen. Hier und da brannten kleine Feuer, über denen Bratspieße oder Kessel hingen. Tische aus grob behauenem Holz waren umgeben von abgeflachten Baumstümpfen, die als Stühle dienten. Rechts stapelten sich Matratzen und Decken, und im hinteren Teil befanden sich Truhen und Kisten. Entlang der Wand zu ihrer Linken sah sie einen kleinen Bach, der die Höhle der Länge nach durchzog. Es gab sogar eine flache Holzbrücke, die diesen überspannte und zu einem weiteren finsteren Durchgang führte.

Dorthin wandte sich Laird Carlyle, wobei er sie so mühelos trug, als wöge sie nichts. Etwa ein halbes Dutzend Menschen befand sich in der Höhle, vorwiegend Frauen, die sie verblüfft anstarrten. Dabei beobachtet zu werden, wie sie getragen wurde, ließ ihr das Blut heiß in die Wangen schießen. Aber was sollte sie tun?

„Laird Carlyle?“, rief eine Frau.

Er blieb nicht stehen, sondern sagte über die Schulter hinweg: „Maeve, hol deine Heiltränke. Die Frau ist verletzt.“

Er überquerte die flache Brücke, die unter seinen Schritten federte. Das Wasser darunter verströmte den Geruch feuchter Erde. Der Durchlass in der Höhlenwand beschrieb einen Knick nach rechts, aber Laird Carlyle betrat eine kleine, rustikale Kammer, die links abging. In der Kammer befanden sich ein Schlaflager auf dem Boden, zwei Truhen und ein Stuhl an einem Tisch voller ordentlich gestapelter Bücher und Unterlagen. Pflöcke waren in die Felswand getrieben worden, und daran hingen Männerkleider.

Laird Carlyle bückte sich, um sie auf dem Lager abzulegen, und sie spürte die weiche Füllung einer Matratze unter sich.

„Wo sind wir?“, fragte sie, als er sich aufrichtete.

„Schottland“, antwortete er knapp.

Sie hätte glauben können, dass er sie foppte, wäre er nicht so ernst gewesen. Daher war sie sich nicht sicher. „Ihr wisst, was ich meine.“

Sie erahnte jemanden im Eingang hinter ihm, aber er drehte sich nicht um, sondern musterte aus schmalen Augen weiterhin sie. Er hatte die dunkelsten Augen, die sie je gesehen hatte; die Pupillen schienen darin unterzugehen.

„Dies ist ein sicherer Ort, den mein Clan benutzt, wann immer es notwendig ist.“

„Er wirkt, als würde er häufig benutzt werden“, erwiderte sie. „Tobt ein Krieg, der mir entfallen ist? Einer, vor dem Ihr Euch verstecken müsst?“

Nay. Hört auf, so viele Fragen zu stellen, und lasst Euch von Maeve versorgen. Wir unterhalten uns morgen früh, nachdem ich Eure Männer begraben habe.“

Sie atmete zittrig ein. „Das ist überaus freundlich von Euch. Diese bedauernswerten Männer – ohne zu wissen, wer sie waren, kann ich sie nicht einmal angemessen betrauern. Ihre armen Angehörigen …“ Sie verstummte aus Angst, in Tränen auszubrechen.

„Mistress, Ihr hattet einen bösen Unfall, an dem Ihr keinerlei Schuld tragt“, sagte er brüsk. „Sobald Ihr Euer Gedächtnis wiedererlangt, werden wir uns ihrer Familien annehmen.“

Sie schniefte. „Ich werde Euch Eure Güte niemals vergelten können.“

Er wandte den Blick ab, als bereitete ihre Dankbarkeit ihm Unbehagen.

„Ich kann Euch nicht einmal sagen, wo sie liegen“, fügte sie hinzu.

„Weit könnt Ihr nicht gelaufen sein. Ich werde sie finden.“ Mit einem Nicken verließ er die kleine Höhlenkammer.

Maeve trat ein. Sie trug ein Wollkleid mit einem Fichu um den Hals, dessen Enden in ihre Schnürbrust gesteckt waren. Die Leinenhaube saß ihr schräg auf dem Kopf; dennoch konnte der Rand nicht die breite, entstellende Narbe verdecken, die sich ungleichmäßig an ihrer linken Gesichtshälfte hinabzog, knapp am Auge vorbei. Sie sah aus wie eine Brandnarbe. Die andere Gesichtshälfte zeigte, dass Maeve nicht älter als dreißig sein konnte.

Ehe sie sich zum Narren machen konnte, indem sie Maeve auf die Versehrung ansprach, kehrte Laird Carlyle zurück. Er trug ein mit Torf befülltes Kohlenbecken. Sie und Maeve warteten, bis er Feuer gemacht hatte, knapp nickte und die Kammer wieder verließ.

Maeves Lächeln geriet schief, bedingt durch die Narbe, doch es war warmherzig. Sie stellte das Tablett auf dem Tisch ab und legte einen Armvoll Kleidung auf den Stuhl. „Guten Tag, Mistress. Ihr habt ja schon gehört, dass ich Maeve bin. Und wie heißt Ihr?“

Sie schaute über Maeves Schulter hinweg und wünschte, Laird Carlyle würde zurückkommen und alles in so schlichten Worten erklären, wie er es gegenüber Ivor getan hatte. „Das mag sonderbar klingen, aber … ich kenne meinen Namen nicht. Ich bin im Regen aufgewacht, mit hämmernden Kopfschmerzen, und … das ist alles, was ich weiß. Euer Laird hat mich gefunden, als ich umherirrte.“ Sie erschauerte.

Die Neugier in Maeves Miene wich tiefer Besorgnis. „Wie furchtbar, Mistress. Verwundet und obendrein tropfnass – Ihr holt Euch noch den Tod. Erst einmal müsst Ihr wieder auf die Beine kommen, an nichts anderes solltet Ihr denken. Dann wird Euer Gedächtnis ganz von selbst zurückkehren. Sorgen wir dafür, dass Ihr aus den durchweichten Kleidern herauskommt.“

Es dauerte zu lange, sämtliche Spangen, Schleifen und Schnüre zu lösen, denn die nassen Bänder erwiesen sich als widerspenstig. Endlich war sie in ein sauberes Nachthemd gewandet. Ihr Kopf war mit einem Umschlag versehen und verbunden, und die Kratzer auf ihren Handflächen waren gereinigt. Ein Kleid wäre ihr tagsüber lieber gewesen, aber Maeve hatte darauf beharrt, dass sie sich mit einer solch schlimmen Verletzung ausruhen müsse, und dagegen hatte sie nur halbherzig aufbegehrt.

Sie hatten, in ihrem Rock versteckt, einen kleinen Beutel mit Münzen gefunden, und Maeve hatte ihn schweigend unter das Kissen geschoben, wo niemand ihn sah. Wäre Laird Carlyle ein ehrloser Mensch gewesen, hätte er sie gleich durchsucht und dem sicheren Tod überlassen. Aber er hatte ihr geholfen, hatte sie in Sicherheit gebracht – in eine Höhle, hielt sie sich vor Augen. Was es damit wohl auf sich hatte?

Als sie schließlich, in eine Decke gehüllt, auf der Matratze lag, empfand sie fast so etwas wie Frieden. Zum ersten Mal seit Stunden fror sie nicht. Ihr Kopf schmerzte immer noch, aber das Pochen war dumpfer geworden. Eine Schale Suppe wärmte sie von innen, und sie versuchte, Zufriedenheit aus der Tatsache zu ziehen, dass sie nicht allein war, dass ein gütiger Mann sich ihrer angenommen hatte.

Träge beobachtete sie, wie Maeve ihre Heilmittel verstaute. „Es fühlt sich seltsam an, nicht zu wissen, wer man ist“, sagte sie. „Ich muss einen Namen haben, eine Familie, vielleicht gar einen Ehemann.“

„Ihr tragt keinen Ring und auch nicht den Abdruck eines solchen“, merkte Maeve an.

„Wohl wahr. Wobei ich frisch vermählt sein könnte. Wie dem auch sei … Ich brauche einen Namen, bei dem man mich nennen kann, und sei es nur vorübergehend.“

„Soll ich ein paar Namen aufzählen und Ihr wählt den, der Euch am besten gefällt?“

„Ich soll mir einfach … selbst einen Namen geben?“ Sie blinzelte schläfrig. „Also gut, wonach sehe ich aus, Maeve? Nach einer Mary? Einer Elizabeth? Nein, diese Namen … sprechen mich nicht an.“

Aus schmalen Augen betrachtete Maeve sie.

„Fiona?“, schlug sie vor. „Margaret? Catherine?“

„Catherine!“, rief sie. „Der gefällt mir.“

„Glaubt Ihr, das ist Euer Name?“

„Ich … ich weiß nicht. Aber irgendwie muss ich mich schließlich nennen.“

„Dann seid Ihr nun also Mistress Catherine“, meinte Maeve und stand vom Stuhl auf. Sie stellte einen Becher Wasser auf die Tischkante, wo er leicht zu erreichen war, und prüfte, ob in der Laterne eine frische Kerze brannte. „Ich werde später nach Euch schauen, Mistress Catherine“, sagte sie, den neuen Namen betonend. „Und ich werde versuchen, dafür zu sorgen, dass in der großen Halle nicht zu laut geredet wird.“

„In der großen Halle?“

Maeve lachte leise. „Ein Scherz unter uns. Schlaft gut, Mistress Catherine.“

Catherine.

Nachdem Maeve den Vorhang vor den Eingang gezogen hatte und gegangen war, wiederholte Catherine den Namen im Stillen wieder und wieder, selbst dann noch, als ihr die Augen zufielen. Es war ein guter Name, gediegen, ehrbar. Hoffentlich verdiente sie ihn. Aber welche Sorte Frau, fragte sie sich bang, reiste allein, nur begleitet von zwei Männern? Oder war einer davon der Gemahl gewesen, an den sie sich nicht entsinnen konnte?

Es hatte aufgehört zu regnen. Die Sonne ging bereits unter, aber Duncan trieb sich immer noch auf der Koppel herum und striegelte seinem Pferd Staub und Schweiß aus dem Fell. Das Tier stellte ihm wenigstens keine Fragen, im Gegensatz zu den Menschen, mit denen er sich würde auseinandersetzen müssen, sobald er hineinginge. Der Wind frischte auf, und das unheimliche Heulen hoch über ihm ließ ihn den Kopf heben. Für ihn war es ein alltäglicher Laut, wenngleich so mancher glaubte, in der Burg spuke es. Sogar die meisten Angehörigen seines Clans bekreuzigten sich und hielten sich fern von hier, was von Vorteil war, da so niemand herausfand, wo er sich versteckte. Die paar Dutzend Männer, die mit ihm in den Höhlen hausten, waren handverlesen. Er hatte die Stärksten und Fähigsten ausgewählt – Männer, die keine nahen Verwandten und somit niemanden hatten, den sie versorgen mussten. Der übrige Carlyle-Clan lebte in den umliegenden Dörfern, bestellte sein karges Land und kümmerte sich um sein weniges und daher kostbares Vieh. Dass Duncan als ihr Anführer ein Geächteter war, hatte dazu geführt, dass kaum ein Außenstehender mit ihnen Handel treiben wollte. Allein der Whiskyschmuggel verhinderte, dass die Menschen verhungerten. Woher das Geld stammte, wusste der Clan nicht, obgleich Duncan annahm, dass viele es argwöhnten. Vermutlich hielten sie ihn zudem für einen Viehdieb, auch wenn er es vorzog, den Earl of Aberfoyle zu bestehlen.

Und nun hatte er die Tochter dieses Mannes entführt, um ihm vor Augen zu halten, wie es war, ein Kind zu verlieren.

Duncan legte den Kopf in den Nacken und konnte so gerade den Mauerturm seines Stammsitzes erkennen, der auf dem Berg hoch über dem Tal thronte. Er war meilenweit zu sehen, ein Zeugnis der einstigen, als selbstverständlich erachteten Größe der Carlyles – oder auch eine Mahnung an ihren tiefen Fall. Oh, der Niedergang hatte eingesetzt, lange bevor Duncan das Licht der Welt erblickt hatte. Doch er hatte geschworen, seinen Clan wiedererstarken zu lassen, und darin hatte er kläglich versagt.

Seit Generationen lebte niemand mehr auf Carlyle Castle; wer würde Duncan an einem solch offenkundigen Ort vermuten? Dennoch hatte er Catriona Duff zu seinem Versteck gebracht – die Tochter seines Feindes. Sie war besinnungslos gewesen und hatte den geheimen Weg nicht gesehen. Er würde darauf achten müssen, dass sie im Innern der Höhle bliebe, bis er herausgefunden hatte, ob sie log. Falls sie einen Blick auf die Burg erhaschte, würde sie die Männer ihres Clans herführen können, und das durfte er nicht riskieren. Er gefährdete seinen Clan schon allein dadurch, dass er sie zur Höhle mitgenommen hatte.

Ergeben atmete er durch und folgte dem Pfad am Hang entlang bis zum Eingang der Höhle. Dabei kam er an mehreren Männern vorbei, die sich verborgen hielten und das Lager bewachten. Innen aßen seine Leute gerade zu Abend. Sie saßen auf Holzblöcken oder Steinen und blickten ihm neugierig entgegen. Dies waren die einzigen Menschen seines Clans, die er um sich duldete; diejenigen, denen er am meisten vertraute, wenn es um den Whiskyschmuggel oder auch darum ging, ihm beim Aufspüren der verschleppten Kinder zu helfen, ehe diese zu den Kolonien verschifft wurden. Doch er konnte sich nie zurücklehnen und die Gemeinschaft genießen. Stets war er sich der Gefahr bewusst, in die er sie brachte – wie zum Beispiel vergangenen Monat, als er beinahe gefasst worden wäre. Er war ihr Anführer. Er hatte es zu verantworten, dass sie ein solch hartes Dasein fristeten, und ihm oblag es, ihnen zu einem besseren Leben zu verhelfen.

Maeve brachte ihm einen Teller mit gebratener Forelle, und jemand räumte seinen Platz am Tisch für ihn. Sie alle waren ungewöhnlich still, und er wusste, weshalb.

„Hat die Fremde keinen Hunger?“, fragte er auf Gälisch für den Fall, dass Catriona lauschte.

„Sie muss im Bett bleiben“, erwiderte Maeve. „Ich habe ihr Suppe gebracht.“

Die vier Frauen machten sich wieder daran, Essen aufzutragen, während die Männer ihn fragend ansahen. Die meisten waren jung und ledig. Es waren geradlinige, raue Burschen, an die Härten des Hochlandlebens gewöhnt, was Duncan gelegen kam. Einer der Männer namens Angus hatte eine Frau, aber keine Kinder. Melville hatte eine erwachsene Tochter, die er nicht allein in ihrer gemeinsamen Kate hatte lassen wollen. Und Mrs. Skinner, eine Witwe, deren Sohn zu Duncans Lager gehörte, hatte für sie kochen wollen. All diese Frauen lebten nun bei ihnen und halfen, wofür Duncan dankbar war. Dann war da noch Maeve. Sie war unverheiratet und würde es vermutlich bleiben, da sie sich aufgrund ihrer Entstellung von Männern fernhielt. Sie beide waren seit ihrer Jugend befreundet.

„Ihr habt Euch also ein Mädchen in Eure Kammer geholt“, rief Angus ihm von seinem Platz am Tisch aus zu.

Gedämpftes Gelächter erklang, doch die meisten betrachteten es wahrscheinlich mit Sorge, dass Duncan gegen die Regeln verstieß, die er ihnen allen auferlegt hatte. Niemand durfte irgendwen ins Lager bringen, ohne dies vorab mit den anderen zu besprechen. Zwar hatte Duncan immer das letzte Wort, aber er wusste, dass seine Männer es vorzogen, gefragt zu werden.

„Ich habe das Mädchen nicht zu meinem Vergnügen hergebracht“, erklärte er. „Ihr habt den Verband an ihrem Kopf gesehen. Sie ist schwer verwundet, und ich konnte sie schlecht sich selbst überlassen. Sie war während des gesamten Ritts hierher bewusstlos – ihr braucht daher nicht zu befürchten, sie könnte etwas wissen, das uns schadet.“ Und er würde dafür sorgen, dass dies so bleiben würde.

„Ihr hättet sie ins Dorf bringen können“, murmelte Melville in seinen Becher.

Duncan war sich nicht sicher, ob er die Bemerkung hatte hören sollen. Er antwortete trotzdem darauf. „Das hätte ich, habe es aber nicht. Sie behauptet, es lägen zwei tote Männer nahe der Stelle, an der ich sie aufgegriffen habe. Morgen früh werde ich nach ihnen suchen, und dann weiß ich Genaueres über die Situation. Es gefällt mir nicht, wie dicht am Lager sie war.“

Maeve bedachte die Männer mit einem ungnädigen Blick, und Duncan wusste, dass sie ihre Meinung nicht für sich behalten würde. Sie war die Glucke des Lagers, und ein jeder respektierte sie. Manchmal war ihm, als führten sie beide dieses kleine Grüppchen ihres Clans gemeinsam. Er wusste ihre Unterstützung, ihren Verstand und ihre Kameradschaft zu schätzen. Was seine Familie ihr schuldete, würde er niemals wiedergutmachen können, auch wenn sein Vater sich darum bemüht hatte.

„Sie ist verstört und verwundet“, warf Maeve ein. „Laird Carlyle hat das Richtige getan.“

Duncan sah sie an. „Hat sie sich an irgendetwas erinnert?“

„An nichts, nicht einmal an ihren Namen.“

Ein Raunen durchlief die Schar. Duncan verspürte einen Anflug von schlechtem Gewissen, weil er seinem Clan Catrionas Identität vorenthielt, aber er würde die anderen nicht zu Komplizen seines Verbrechens machen. Denn es war ein Verbrechen, eine Adelige gefangen zu halten, selbst wenn diese nichts davon ahnte und ihr Vater alle Angst verdiente, die Duncan ihm einzuflößen vermochte.

Er nahm einen Bissen Forelle und einen Schluck Ale. „Bis wir mehr wissen, möchte ich, dass du zusätzliche Wachen patrouillieren lässt, Ivor, falls irgendwer nach der Frau sucht. Solltest du jemanden erspähen, halte dich fern von ihm und gib mir Bescheid.“ Er ließ den Blick über die anderen gleiten. „Und wenn ihr mit der Frau sprecht, sagt ihr nichts über unsere Mission.“

„Wie lange wird sie bleiben?“, fragte Ivor.

Unbewegt betrachtete Duncan den Mann, der seinen Kriegern vorstand. Er musste ihm zumindest einen Teil der Wahrheit sagen. „Ich weiß es nicht. Sie ist verletzt und muss genesen. Bedenklich ist außerdem ihr Gedächtnisverlust. Wir werden sehen.“ Er schaute Maeve an. „Kannst du eine Matratze für mich erübrigen, damit ich hier schlafen kann?“

Angus lachte verhalten. „Habt Ihr etwas dagegen, Euer Zimmer mit der Kleinen zu teilen?“

Duncan war froh, den Männern Anlass zur Heiterkeit zu geben, doch er konnte nicht so recht in ihr Lachen einfallen. Eine Braue gehoben, erwiderte er: „Wohl keiner hier würde sich einer verletzten Frau aufdrängen – mich eingeschlossen.“

Er widmete sich wieder seinem Fisch und lauschte dem Gespräch der anderen. Bei Tagesanbruch würde er sich auf den Weg machen und die Toten aufspüren, von denen sie ihm erzählt hatte. Wenn er Glück hätte, würde er dadurch mehr darüber erfahren, weshalb sie sich so nahe bei seinem Lager herumgetrieben hatte.

Er dachte an Catriona, die in seiner Kammer schlief, und fragte sich, wo ihr Vater sie vermutete. Würden Kummer, Hilflosigkeit und Furcht den Mann in Unruhe versetzen? Duncan hatte so manchen Abend an der Seite einer trauernden Frau verbracht, die ihr Kind unwiederbringlich an die Entführer verloren hatte. Der Earl würde diesen nie abflauenden Schmerz, den er zahllosen Familien zugefügt hatte, nicht zu spüren bekommen; seine Tochter würde letzten Endes zu ihm zurückkehren. Duncan gestand sich selten zu, in Genugtuung zu schwelgen, aber als er sich ausmalte, wie sehr der Earl leiden mochte, machte er eine Ausnahme.

3. KAPITEL

Es war nicht ganz einfach gewesen, das Lager allein zu verlassen, um die Leichen zu begraben. Ivor hatte argwöhnisch reagiert, als Duncan sein Hilfsangebot ausgeschlagen und ihn stattdessen damit betraut hatte, eine Jagd zu beaufsichtigen und für frisches Wildbret zu sorgen. Aber Ivor war ein treuer Mann und hatte nicht widersprochen.

Da Catriona in ihrem Zustand nicht weit hatte laufen können, dauerte es nur etwa eine Stunde, bis Duncan auf den von ihr beschriebenen Ort stieß – eine schroffe Schlucht, ein Wasserlauf, der über die Ufer getreten war. Die beiden Toten lagen nach wie vor da, die Körper durch den Sturz zerschmettert. Sie waren schlicht gekleidet; offenbar handelte es sich um Wachen und nicht um einen frisch angetrauten Gemahl oder einen Verlobten. Obgleich sie ein tragischer Tod ereilt hatte, durfte Duncan ihre Angehörigen nicht benachrichtigen. Eines Tages, wenn er Catriona zurück zum Duff-Clan brächte, würde er ihr verraten, wo er ihre Wachen beerdigt hatte.

Er blickte hinauf zu der Stelle, von der sie herabgestürzt sein mussten. Entwurzeltes Buschwerk und Abdrücke in der Erde markierten den Verlauf ihres Falls. Es war ein Wunder, dass Catriona überlebt hatte. Das gestrige Unwetter hatte übel gewütet, und womöglich hatten die Pferde gescheut und ihre Reiter abgeworfen – aber gleich alle drei? Das glaubte er nicht. Wahrscheinlicher war, dass die Tiere bei dem Ungewitter zu nah an den Abgrund geraten und abgerutscht waren, um anschließend vor lauter Angst das Weite zu suchen. Unversehrt dürften sie nicht davongekommen sein, bedachte man, wie steil die Schlucht abfiel. Und falls sie durchgegangen waren, würde es nicht lange dauern, bis sie gefunden würden und jemand sich auf die Suche nach Catriona machte – etwas, das Duncan verhindern wollte, bis er ergründet hatte, weshalb sie sich derart nah bei seinem Lager aufgehalten hatte.

Es war nicht schwer, die blutige Fährte der verletzten Pferde aufzuspüren und ihr zu folgen. Keines der Tiere war weit gekommen, und er erlöste sie von ihrem Leid. Verscharren konnte er sie nicht. Es war tragisch, das gute Pferdefleisch verkommen lassen zu müssen.

Am meisten Kopfzerbrechen bereitete ihm das Gepäck. Die beiden Männer hatten nicht viel gebraucht bis auf ein sauberes Hemd, Waffen, Munition und Reiseproviant. Sie hatten für den Ritt Breeches getragen und kein Plaid, das Aufschluss über ihre Clanzugehörigkeit gegeben hätte. Catriona hingegen hatte offenbar vorgehabt, eine Weile unterwegs zu sein, denn sie hatte Kleider und Schuhe und Unterwäsche dabeigehabt. Er wollte nicht, dass dies alles gefunden würde – das würde zu viele Fragen aufwerfen und mochte direkt zum Duff-Clan führen. Andererseits wollte er bei Bedarf darauf zugreifen können. Also vergrub er es mithilfe des Spatens, den er mitgebracht hatte, und markierte die Stelle mit einem auffälligen Felsbrocken, damit er sie wiederfände. Als Nächstes wandte er sich den Männern zu und begrub auch sie. Während er schuftete, überlegte er, was er Catriona erzählen sollte.

Als Catherine erwachte, herrschte um sie her Dunkelheit, nur durchbrochen vom Flackerschein einer Kerze. Reglos und angespannt blieb sie liegen, bis sie den Laut vernahm, den sie ihrem Traum zugeordnet hatte – ein hohes Wehklagen, das nicht menschlich klang. Auf ihren Armen bildete sich Gänsehaut. Sie stemmte sich auf die Ellbogen hoch und zuckte zusammen, als ihre Muskeln sich der Bewegung widersetzten, doch der Laut verebbte bereits, geschluckt von Fels und Erde. Vielleicht hatte sie ihn sich doch nur eingebildet. Schließlich konnte sie kaum behaupten, bei klarem Verstand zu sein.

So hoffnungsfroh sie auch zu Bett gegangen war, herrschte an diesem Morgen noch immer gähnende Leere in ihrem Kopf. Ihre Erinnerungen setzten erst mit dem gestrigen Tag ein, als sie im Regen zwischen zwei toten Männern zu sich gekommen war. Ihren Männern, nahm sie an, und sie konnte sie nicht einmal gebührend betrauern. Sie wusste nicht, was geschehen war, nur dass sie drei irgendwie am Grund einer Schlucht gelandet waren. War es ein Unfall gewesen? Oder hatte jemand sie hinuntergestoßen und liegen lassen in der Annahme, sie wären tot?

Wie töricht von ihr, irgendwelche Feinde zu ersinnen, um einen Unfall zu erklären. Sie schloss die Augen und streckte sich wieder aus, und die dröhnenden Kopfschmerzen ließen etwas nach. Auch ihr übriger Körper fühlte sich lädiert und wund an. Sie betrachtete die Kleider, die Maeve ihr dagelassen hatte, war jedoch nicht sicher, ob sie sich angesichts ihrer Schwäche allein würde anziehen können. Der Drang, vom Nachttopf Gebrauch zu machen, wurde übermächtig. Sie musste sich am Tisch abstützen, um nicht von Schwindel übermannt zu werden, und ihr Kopf pochte so arg, dass sie die Augen schließen musste. Aber es gelang ihr, sich zu erleichtern. Als sie sich erhob, geriet sie erneut ins Schwanken und klammerte sich am Stuhl fest. In dem Moment ertönten vom Gang her Schritte.

Maeve schob den Vorhang beiseite und kam herein, ein Tablett in den Händen. Sie warf nur einen Blick auf Catherine – die so wackelig auf den Beinen war, dass ihr schwarze Punkte vor den Augen tanzten –, stellte das Tablett auf dem Tisch ab und schlang ihr stützend einen Arm um die Taille. Gemeinsam schafften sie es, die wenigen Schritte bis zum Schlaflager zu bewältigen, wo Catherine dankbar niedersank. Sie und Maeve tauschten ein Lächeln.

Maeve stemmte die Hände in die Hüften. „Guten Morgen, Mistress Catherine. Wie ich sehe, habt Ihr Euch stark genug gefühlt, allein aufzustehen.“

„Nun, mir blieb nichts anderes übrig“, verteidigte sie sich. „Aber vielleicht sollte ich es lieber langsam angehen.“

Aye, das solltet Ihr wohl“, stimmte Maeve gutmütig zu. „Gefällt Euch der Name noch immer?“

„Ich glaube schon, danke. Ich hoffe, Ihr werdet es nicht müde, Euch ständig meinen Dank für all dies anzuhören.“ Mit einer ausladenden Geste wies sie auf das Tablett, meinte aber auch Maeves übrige Bemühungen. „Ich habe vor, bald wieder auf den Beinen zu sein. Dann kann ich Euch Eure Gastfreundschaft vergelten und mich revanchieren.“

„Gern geschehen, Mistress. Hier in Schottland helfen wir Fremden in Not. Und Ihr seid unser Gast – auch wenn wir Euch nur eine Höhle bieten können. Wie sieht es aus, steht Euch der Sinn nach Frühstück?“

Catherine atmete genüsslich ein. „Das riecht gut.“

„Ich hielt es für das Beste, mit etwas Leichtem zu beginnen, da Ihr noch nicht wiederhergestellt seid. Daher habe ich Euch nur Porridge mitgebracht, den aber mit Honig gesüßt.“

Catherine konnte sich vorstellen, dass in einem Lager wie diesem Luxusgüter rar waren, und Honig war gewiss ein Luxus. „Das war freundlich von Euch.“

„Soll ich Euch beim Aufsetzen helfen?“

Mit vereinten Kräften gelang es ihnen, Catherine ein zusätzliches Kissen in den Rücken zu schieben, sodass sie sitzen und das Tablett auf dem Schoß balancieren konnte. Sie stellte fest, dass sie einen Bärenhunger hatte, und das Porridge schmeckte köstlich.

„Ich kann kaum fassen, wie viel Glück ich hatte, von Eurem Anführer gefunden zu werden“, sagte sie, nachdem sie die Schüssel geleert hatte. Sie wünschte, es wäre mehr gewesen. „Ich war so durcheinander, dass ich geradewegs in einen Fluss hätte fallen können. Aber Laird Carlyle war gütig und fürsorglich.“

Maeve sah sie erstaunt an, ehe sie lächelte. „Es freut mich, das zu hören. Nicht viele Leute würden ihn mit diesen Worten beschreiben. Ich kenne ihn seit Kindertagen, und unter seiner rauen Schale steckt ein anständiger Bursche, den die Welt allerdings nicht oft zu Gesicht bekommt.“

„Warum nicht?“

Maeve zögerte. „Er hatte kein leichtes Leben.“

Catherine nickte nachdenklich. „Es kann in der Tat nicht leicht sein, wenn sein Clan in einer Höhle lebt“, erwiderte sie behutsam. Sie wusste, sie war viel zu neugierig, denn dies ging sie nichts an.

„Natürlich nicht der gesamte Clan“, meinte Maeve und verzog das Gesicht. „Es steht mir nicht zu, darüber zu reden, Mistress.“

„Ich wollte Euch nicht aushorchen. Es ist nur so, dass ich mich nicht im Mindesten an mein Leben erinnere und keine Ahnung habe, wohin ich gehen oder was ich als Nächstes tun soll. Fragen zu stellen ist für mich die einzige Möglichkeit, etwas in Erfahrung zu bringen.“

Maeve setzte sich auf den einzigen Stuhl im Raum. „Ich kann mir nicht einmal vorstellen, wie das ist. Ich werde Euch beantworten, was ich kann, nur über unseren Herrn, den Laird, kann ich wenig sagen.“

„Wie viele Menschen leben in dieser Höhle?“

„Sie ist nicht unser eigentliches Zuhause, aber derzeit leben hier über zwanzig.“

„Warum?“

Maeve schwieg.

„Noch mehr Dinge, die ich nicht erfahren darf“, entgegnete Catherine, ihre Enttäuschung verbergend. „Gewiss kann mir Laird Carlyle Näheres sagen. Wo ist er?“

„Fort, um Eure Männer zu begraben, Mistress.“

„Ich kann hier nicht tatenlos herumliegen“, entschied Catherine schließlich und schlug verdrossen mit einer Faust auf die Decke.

„Das müsst Ihr aber, wenigstens noch einen Tag lang. Lasst mich einen Blick auf Eure Kopfwunde werfen.“

Maeve ging gründlich zu Werke. Nachdem sie den Verband entfernt und die Wunde begutachtet hatte, nickte sie bedächtig. „Sie scheint gut zu verheilen. Vermutlich bleibt keine Narbe zurück.“

Sie trug eine Heilsalbe auf, bevor sie Catherine einen sauberen Verband anlegte.

„Würdet Ihr mir verraten, was es mit Eurer Narbe auf sich hat?“, wagte Catherine sich zögerlich vor. „Natürlich nur, wenn Ihr möchtet.“

„Viel gibt es dazu nicht zu sagen.“ Maeve arbeitete weiter, ohne Catherine anzusehen. „Als Kind hat mich ein grausamer Mensch mutwillig verstümmelt.“

Catherine keuchte auf und legte ihr eine Hand auf den Arm. „Das tut mir schrecklich leid.“

„Es ist lange her, am besten rührt man nicht daran.“ Maeve befestigte den Verband und stand auf. „Ich denke, Ihr solltet noch ein wenig schlafen. Ich werde später nach Euch sehen.“

Da Maeves Lächeln so gütig wie stets war, hoffte Catherine, sie mit ihrer Neugier nicht gekränkt zu haben. Maeve tauschte die Kerze in der Laterne gegen eine neue aus und ging. Aus der „großen Halle“ ertönte ausgelassenes Gelächter, und Catherine ertappte sich dabei, dass sie sich einerseits wünschte, dort draußen zu sein, dies jedoch andererseits fürchtete. Ein jeder würde sie anstarren, voller Argwohn, voller Mitleid, vielleicht gar voller Hass, denn schließlich war sie Engländerin – zumindest ihr Akzent war englisch.

Warum dann war sie in den Highlands unterwegs gewesen? Hätte sie sich nicht eher in Edinburgh aufhalten müssen, unten in den Lowlands?

Das lenkte ihre Gedanken auf Laird Carlyle. War er alt genug zum Kämpfen gewesen, als die Jakobiten sich erhoben und zwar die Feldschlacht, nicht jedoch ihre Sache gewonnen hatten? Mochte dies ein Grund dafür sein, dass er und sein Clan sich in einer Höhle versteckten?

Historische Fakten kannte sie augenscheinlich, nur nicht ihren eigenen Namen. Es war zum Aus-der-Haut-Fahren.

„Mein Name ist …“, flüsterte sie laut und hoffte, er möge ihr unwillkürlich über die Lippen kommen. „Mein Name ist …“ Nichts.

Ihr drehte sich der Kopf, und das machte das quälende Pochen hinter ihren Augen nicht eben besser. Sie atmete tief durch, bemüht, ihre Zweifel, ja all ihre Gedanken zu verbannen, um Schlaf zu finden. Leicht war es nicht, aber schließlich gelang es ihr, sich vor der Pein in die dunklen Tiefen der Bewusstlosigkeit zu flüchten.

Vor dem Abendessen versammelte Duncan all seine Männer um sich, doch einer nach dem anderen richtete seine Aufmerksamkeit auf einen Punkt hinter ihm. Er wandte sich um und entdeckte Maeve, die Catriona über die kleine Brücke half. Sogar die Frauen, die, über ihre Kessel gebeugt, mit Kochen beschäftigt waren, schauten auf und begannen zu tuscheln.

Catriona hatte nach wie vor einen Verband um den Kopf, doch ihr offen herabfallendes dunkles Haar verdeckte ihn teilweise. Duncan bemerkte, dass er nicht der Einzige war, dem ihre Schönheit ins Auge stach. Selbst in der schlichten Tracht seines Clans verschlug ihr Anblick ihm den Atem. Ihre Taille war schlank, und das Mieder betonte ihre vollen Brüste, obgleich sie sich bemüht hatte, sie mit einem Fichu zu kaschieren. In ihrer Miene stand Entschlossenheit, auch wenn sie sich von Maeve stützen ließ.

Nicht alle schauten Catriona bewundernd oder neugierig entgegen. Sie hatten sie mit englischem Akzent sprechen hören, und Duncan sah Melville misstrauisch die Stirn runzeln. Aber ich bin ihr Anführer, und mein Wort ist Gesetz.

Maeve führte sie an den ersten Tisch und half ihr, sich ans Ende einer Bank zu setzen. Ein Mann stand auf und ging; ein anderer rutschte ans andere Ende. Alle beäugten sie argwöhnisch.

Catriona schaute sich nur kurz gekränkt um, ehe sie das Kinn reckte. Aus dieser Geste sprach ein Hochmut, der ihr im Blut lag, der als unterschwellige Erinnerung in ihr wirkte – sofern sie ihren Gedächtnisverlust nicht überhaupt bloß vortäuschte. Diese Möglichkeit hatte Duncan noch nicht verworfen. Catriona weilte erst einen Tag bei ihnen.

„Mistress Catherine bittet um Erlaubnis, zusammen mit dem Clan essen zu dürfen, Laird Carlyle“, verkündete Maeve.

Duncan gelang es, seine Überraschung über diesen Namen zu verhehlen. „Erinnert sie sich wieder daran, wer sie ist?“

„Ihr braucht nicht zu reden, als wäre ich nicht hier“, warf Catriona ein.

Sie sprach höflich, aber dennoch erhob sich Geraune unter den Männern, vermutlich, weil ihr englischer Akzent sie wie eine Ausländerin klingen ließ. Nur er wusste, dass sie Schottin war.

„Ich erinnere mich noch immer nicht“, fügte sie hinzu. „Aber ich brauchte einen Namen.“

Und zufällig hatte sie sich für die englische Variante ihres eigenen Namens Catriona entschieden? Das kam Duncan verdächtig vor. Seinen Männern, die zu lange schon von den Engländern unterjocht wurden, war klar, dass sie keine gewöhnliche Frau war; er hoffte, dass er Catriona nicht vor deren gerechten Zorn würde beschützen müssen.

„Wir haben mehrere Namen in Betracht gezogen“, erklärte Maeve und musterte die Männerschar finster.

„Und der Klang von Catherine hat mir gefallen“, ergänzte Catriona. „Ihr solltet auch wissen, dass ich mich nicht entsinne, Gälisch zu sprechen. Ich nehme an, das ist die Sprache, in der Ihr Euch mit Euren Männern unterhaltet.“

Er nickte. Auch dessen konnte er nicht sicher sein. Sie mochte lügen. Und falls sie die Wahrheit sagte: Wieso sollte die Tochter eines Earls, die die meiste Zeit in London verbrachte, Gälisch beherrschen? Trotzdem würde er darauf achten, in ihrer Gegenwart nichts allzu Wichtiges zu bereden, in welcher Sprache auch immer.

Sie sah sich um. „Darf ich mich vor dem Essen waschen?“

„Wir waschen uns im Bach.“ Mit einem Nicken wies er auf den schmalen Wasserlauf. „Wascht Euch da, wo er aus der Höhle austritt, jenseits der Stelle, an der wir unser Trinkwasser entnehmen.“

„Aber solange Ihr nicht genesen seid, bringe ich Euch eine Waschschüssel“, sagte Maeve nachdrücklich und warf Duncan einen strengen Blick zu, der Catriona verborgen blieb.

Duncan verschränkte die Arme vor der Brust. Er wollte, dass Catriona die Regeln kannte und sich wie jedermann daran hielt – andererseits hatte er nicht vor, gefühllos über ihre Verletzungen hinwegzugehen.

„Ich kann mich im Bach waschen“, beharrte Catriona.

„Und das werdet Ihr – irgendwann“, wandte Duncan ein. „Maeve hat recht.“

Maeve holte einen Seifentiegel und eine Schüssel und ging ihr beim Waschen zur Hand.

„Ihr seht blass aus, Mistress Catherine“, stellte Duncan fest, den Namen betonend, den sie sich selbst gegeben hatte. Aber sie reagierte nicht so, als ob sie wüsste, dass sie in Wahrheit anders hieß. „Solltet Ihr nicht ruhen?“

Sie lächelte matt. „Vielleicht, Laird Carlyle, aber ich habe den ganzen Tag lang im Bett gelegen. Ich hatte gehofft, Ihr hättet nichts dagegen, dass ich das Abendmahl gemeinsam mit Eurem Clan einnehme.“ Sie senkte die Stimme. „Und ich hatte gehofft zu erfahren, was Ihr am Ort meines Unfalls herausgefunden habt.“

Wie aufs Stichwort erhoben sich die vier noch verbliebenen Männer am Tisch, lieferten ihre leeren Teller demonstrativ bei den Frauen ab und verließen die Höhle.

Catriona schaute ihnen beklommen nach, während Duncan ihr gegenüber Platz nahm. Er nahm einen Schluck Ale aus seinem Humpen.

„Ich wollte niemanden vertreiben“, sagte sie leise.

„Sie haben erfasst, dass Ihr mit mir sprechen wollt“, erwiderte er. „Durch unsere Lebensweise haben wir ein Gespür für Diskretion entwickelt.“

Sie schaute sich interessiert um, als wollte sie dieses von ihm erwähnte Gespür näher untersuchen, ehe sie ihn mit ihren goldfarbenen Augen ansah, Beherztheit im Blick. „Was habt Ihr in Erfahrung gebracht, Laird Carlyle? Habt Ihr alles so vorgefunden, wie ich es in Erinnerung hatte?“

„Ganz genau so, Mistress. Zwei arme tote Seelen. Ich habe sie beerdigt und ihre Gräber markiert, damit man sie wiederfindet.“

Ihre Miene war ernst. „Also seid Ihr auf nichts gestoßen, was darauf hinweist, wer sie waren?“

Oder wer sie war – die Frage stand unausgesprochen im Raum.

„Nichts“, antwortete er. „Eure Pferde haben sich beim Sturz verletzt. Ich habe sie aufgespürt, aber keines von ihnen war mehr zu retten.“

Scharf sog sie die Luft ein. „Die armen Tiere“, murmelte sie, ehe sie hinzufügte: „Und meine Taschen? Gewiss gab es doch Gepäck oder … irgendetwas.“

„Gestohlen, Mistress“, entgegnete er, und die Lüge kam ihm leicht über die Lippen.

Sie keuchte. „Jemand hat meine Habe gestohlen, aber die Pferde leiden lassen?“

Sie war scharfsinnig – er hätte behaupten sollen, die Pferde wären bereits tot gewesen, hatte das aber nicht bedacht. „Wahrscheinlich waren die Diebe in Eile aus Angst, überrascht zu werden. Viele Hochlandbewohner nutzen verzweifelt jede Gelegenheit, ihre Familie zu ernähren.“

Sie nickte, musterte ihn jedoch viel zu eindringlich. „Ich nehme an, Euer Clan weiß, was wahre Verzweiflung ist.“

Er sah sie unwirsch an. „Wollt Ihr uns etwa vorwerfen …“

„Nein, versteht mich nicht falsch.“ Sie riss die Augen auf und hob eine Hand. „Ich meinte nur, dass die Dinge für Euren Clan nicht zum Besten stehen können, wenn Ihr in einer Höhle lebt.“

„Dies ist nicht mein gesamter Clan.“

„Das hat Maeve mir schon erzählt, aber wenn man sich nicht einmal an die grundlegendsten Dinge erinnert, ist es schwierig, etwas einzuschätzen.“ Sie lächelte, als Maeve ihr einen Teller mit Salzhering und gesottenem Lauch und Kohl brachte.

„Esst langsam, Mistress“, riet sie. „Ich denke immer noch, dass Ihr Euch lieber an Suppe halten solltet.“

„Die hatte ich schon als Mittagsmahl, Maeve. Ich brauche etwas Gehaltvolleres, ansonsten nagt sich mein Magen noch durch mein Rückgrat.“

Maeve nickte und ging. Catriona schaute sich um und bemerkte, dass einige Männer verächtlich feixten. „Habe ich etwas Falsches gesagt?“, fragte sie flüsternd.

„Mittagsmahl. Das sagen nur Damen von vornehmer Herkunft. Bei uns kommt einfach nur ein Mittagessen auf den Tisch.“

„Oh.“

Sie blickte auf ihren Teller hinab, die Schultern eingezogen, als hätte sie eine Niederlage erlitten. Er ertappte sich dabei, dass er sie bedauerte. Das traf ihn unerwartet.

„Vermutlich hat Euer Clan keinen Anlass, den Reichen gewogen zu sein“, sagte sie leise. „Ich habe keine Ahnung, wie ich an meine feinen Kleider gekommen bin. Nach allem, was ich weiß, könnte ich ebenso gut irgendjemandes Mätresse sein.“

Duncan schüttelte den Kopf. „So gehoben, wie Ihr Euch ausdrückt? Wahrscheinlicher ist, dass Ihr jemandes Gemahlin seid.“

Autor

Gayle Callen
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