Feuer der Borgia

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Wegen ihres Kräuterwissens wurde die Apothekertochter Bella nach Rom gerufen. Am Hof der mächtigen Familie Borgia gerät sie in eine gefährliche Intrige. Noch riskanter ist allerdings ihr Verlangen nach Marco Corelli, dem geheimnisvollen Höfling, von dem es heißt, er sei ein Auftragsmörder. Hat er bereits den Befehl erhalten, Bella zu töten?


  • Erscheinungstag 05.07.2017
  • ISBN / Artikelnummer 9783733778347
  • Seitenanzahl 50
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Als Bella den kunstvoll ausgeschmückten Ballsaal betrat, verschlug es ihr angesichts der Pracht den Atem. Die Wände und die Decke unter den Marmorbogen waren mit Fresken verziert, auf denen eine bestrickende Mischung aus frommen Heiligendarstellungen und erotischen heidnischen Abbildungen zu sehen war. Dazu kam ein Wasserspiel, das man anlässlich des aktuellen Ereignisses in der Mitte des Saals präsentierte. Das Wasser ergoss sich aus dem Krug einer barbusigen Nymphe auf die Brust eines steinernen Adonis. Doch so fesselnd dieser Anblick auch war, ihre Blicke suchten den Raum schon bald nach dem Mann ab, den sie einerseits zu sehen hoffte, dem sie sich andererseits jedoch nicht zu nähern wagte.

Marco Corelli. L’Assassino maligno. Ein gefährlicher Attentäter. Als sie ihn vor zwei Wochen bei ihrer Ankunft in Rom zum ersten Mal erblickt hatte, war es, als hätte sie ein Blitz direkt ins Herz getroffen – und dabei auch andere, geheimere Stellen ihres Körpers gestreift. Mit seinem dunklen, fast blauschwarzen Haar, den tiefgrauen Augen und den starken Muskeln eines Soldaten, die sich unter der engen schwarze Hose und der Tunika verbargen, war er schlicht und einfach der begehrenswerteste Mann, dem sie jemals begegnet war. Was allerdings keine große Kunst war, da sie die vierundzwanzig Jahre ihres Lebens größtenteils in Montagne verbracht hatte, einem kleinen Dorf vor Rom, wo sich ihr Onkel als Apotheker, Chemiker und Kräuterarzt einen Namen gemacht und sein Geschäft dann ihr vermacht hatte. Sein und später auch ihr guter Ruf hatten dafür gesorgt, dass sie schließlich hier gelandet war, die Pracht des päpstlichen Hofes der Borgias bewunderte und darauf hoffte, einen Blick auf den gefährlichen Mann zu erhaschen. Man nannte ihn den Außenseiter, weil im Grunde niemand wusste, wer oder was er war. Ein Meuchelmörder? Ein Spion? Oder einfach ein treuer Gefolgsmann des berüchtigten Papstsohnes Cesare Borgia? Aber vielleicht spielte auch sein sinnliches und zugleich durch und durch männliches Aussehen eine Rolle.

Nicht dass sie jemals etwas über seinen Umgang mit Frauen gehört hätte, bei Weitem nicht. Allen Gerüchten zufolge blieb der Außenseiter lieber allein, er war ein geheimnisvoller und gefährlicher Mann. Jemand, von dem sie sich unter allen Umständen fernhalten sollte. Es war schon gefährlich genug für sie, dass die verrufene Familie der Borgias auf sie aufmerksam geworden war. Bella war nicht dumm, und ihr war durchaus bewusst, dass ihr Leben verwirkt sein könnte, sobald sie ihre Aufgabe hier beendet hatte. Sie sollte ihre Zeit lieber damit verbringen, ihre Flucht zu planen, als wegen eines atemberaubenden, aber vollkommen undurchschaubaren Mannes ins Seufzen zu geraten.

Dennoch hoffte sie jedes Mal, wenn sie ihm über den Weg lief, auf ein Lächeln, einen Blick, auf irgendeine Form der Anerkennung, doch da war nichts. Bella zählte Eitelkeit nicht zu ihren Sünden, doch sie wusste, dass sie auf Männer verlockend wirkte. Während der vergangenen zwei Wochen hatte sie sich der Avancen beinahe jedes Mannes im Palast erwehren müssen. Zweifellos empfanden sie ihren Status als alleinstehende und unabhängige Frau als Ärgernis und zugleich als Herausforderung. Doch von dem Außenseiter – nichts. Nicht einmal ein beiläufiger Blick. Dann hatte sie jedoch eines Tages, als sie im Kräutergarten arbeitete, plötzlich seinen Blick auf sich gespürt. Er hatte in den Schatten gestanden und war so vollkommen mit der Umgebung verschmolzen, dass sie sich schon fragte, ob sie es sich nur einbildete. Dann hatte er sich abgewandt, doch ihr war das kurze Aufflackern in seinen Augen nicht entgangen, als er den Blick über ihren Körper wandern und kurz auf dem Ansatz ihrer Brüste über dem Ausschnitt ihres schlichten Kleides ruhen ließ. Dann war er verschwunden, mit eleganten, geschmeidigen Bewegungen, wie ein Jäger auf Beutezug, und sie hatte dort gestanden, den Blick starr auf jene Stelle gerichtet, wo er kurz zuvor noch gestanden hatte.

Immer wieder musste sie nun zu ihm hinübersehen, wie er dort an einer Säule lehnte und mit kühler Miene die Festivitäten um sich musterte. Die anderen Gäste schienen sich prächtig zu amüsieren, der Papst höchstpersönlich tanzte mit einer errötenden – und sehr verheirateten – Hofdame, doch der Außenseiter beobachtete dies alles nur mit regloser Miene. Ob er wohl immer so angespannt war? Musste er jederzeit auf seinem Posten sein und nach Anzeichen von Gefahr und Intrigen Ausschau halten? Es musste ein einsames Leben sein, stets in den Schatten, immer abseits der Menge. Allerdings hatte sie für ihren Teil bereits genug vom dekadenten und gefährlichen Hof der Borgias. Sie konnte nur hoffen, dass sie das Geheimnis, aufgrund dessen sie hier war, bald lüften und danach sicher nach Hause zurückkehren würde. Ein Schauder überlief sie; die Furcht, ihr Zuhause nie wiederzusehen, war ihr mittlerweile vertraut.

„Geht es Euch gut, Signora?“

Sie schrak zusammen. Der Außenseiter stand direkt vor ihr. Amüsiert sah er sie an und ein unbarmherziges und zugleich sinnliches schiefes Lächeln erschien auf seinem Gesicht. Als sie begriff, dass sie einfach dagestanden und in die Luft gestarrt hatte, wurde sie rot und sank hastig in einen Knicks. Jetzt wird er mich für irgendein Dummchen halten, fluchte sie stumm. In ihrem feinen roten Kleid, das sie sich eigens für dieses Ereignis gekauft hatte, kam sie sich ungeschickt vor. Doch er ergriff ihre Hand und stützte sie, als sie sich wieder aufrichtete.

Kühn begegnete sie seinem Blick, doch ihr Herz raste. Sie war ihm so nahe, atmete seinen Duft ein, der sie leicht berauschte. Doch sie würde bei seinem bloßen Anblick nicht ins Schwärmen geraten wie diese geistlosen Dienstmädchen. Oder jedenfalls würde sie es sich nicht anmerken lassen.

„Mir geht es wunderbar. Grazie. Ich bin nur etwas überwältigt. Der Papst hat eine grandiose Feier für seine Tochter ausgerichtet. Ein wahrhaft königliches Fest.“

Ein herablassendes Lächeln erschien auf seinem Gesicht, und Bella war sich nicht sicher, ob es ihr, dem Papst oder seiner Tochter Lucrezia galt. Es war die engelsgesichtige Lucrezia gewesen, die nach Bella geschickt hatte. Man sagte ihr nach, eine Mörderin und Giftmischerin zu sein, und während ihres Aufenthalts im Palast hatte Bella erfahren, dass diese Gerüchte keine Lügen waren. Der Weg, auf dem sie sich so unvermittelt wiedergefunden hatte, war gefährlich, was konnte eine kleine Tändelei mit diesem Mann da schon schaden? Sollte hier tatsächlich ihr Leben auf dem Spiel stehen, dann sollte sie es in vollen Zügen genießen, solange sie es noch konnte. Ihr Herz schlug so schnell, dass es ihr aus der Brust zu springen drohte, doch sie sah ihm fest in die Augen. Sie hatte keinerlei Erfahrung mit dem Hof, sie wusste nicht, wie man jene geistreichen süßen Gespräche der Verlockung führte, und obwohl sie sicher war, dass jeder deutlich sehen musste, wie gefesselt sie von diesem Mann war, wollte – nein, konnte sie den Blick einfach nicht von ihm abwenden. Seine Augen waren wie dunkle Teiche, die sie in ihren Bann zogen, bis sie glaubte, darin zu ertrinken.

„Ihr tanzt nicht“, sagte er.

„Nein.“ Sie lächelte wegen dieser Offensichtlichkeit. „Und Ihr auch nicht, Signore.“

Er zuckte mit den Schultern, eine elegante Bewegung trotz der rauen Kraft, die von ihm auszugehen schien. Er ist wie ein schönes, wildes Tier, dachte Bella. Wie eine dieser geschmeidigen Katzen, die sie auf Bildern gesehen hatte. Oder auch wie ein Wolf. Wenn sie auch nur einen Funken Verstand hatte, dann sollte sie sich schleunigst entschuldigen, sich zurückziehen und zu den anderen Frauen aus Lucrezias Haushalt gesellen. Doch er fesselte sie vollkommen. Sie wusste, wie leichtsinnig sie handelte, doch sie wusste auch, dass sie es bitter bereuen würde, wenn sie jetzt ging. Wenn sie den Hof verließ, ohne jemals seine Hände auf ihrem Körper gespürt zu haben.

„Ich habe keine Zeit zu tanzen. Aber Ihr, Signora, es gibt sicher viele Männer, die auf Eure Gunst hoffen.“

Sie fühlte sich lächerlich verlegen. Sein Kompliment klang aufrichtig, so als meinte er es ernst und wollte ihr nicht nur schmeicheln. Tatsächlich bezweifelte sie, dass der Außenseiter jemals jemandem auf unehrliche Weise schmeicheln würde.

Bella fragte sich, wie viel er wohl über ihre Anwesenheit am Hof wusste. Vermutlich mehr als sie. Man munkelte, dass in den inneren Kreisen Roms nichts geschah, was den Ohren dieses Mannes entging. Die offizielle Geschichte lautete, dass sie hier war, um Lucrezias immer wiederkehrende Kopfschmerzen zu kurieren, was bisher keinem ihrer Ärzte gelungen war. Die Gerüchte besagten jedoch, dass Bella eine meisterliche Giftmischerin war, die den Auftrag hatte, einen tödlichen neuen Trank für einen nicht weniger tödlichen Gönner zusammenzubrauen. Wie meistens lag die Wahrheit irgendwo dazwischen, doch Bella wusste nicht, wie viel der rätselhafte Außenseiter wusste. Seine Frage zu beantworten war hingegen nicht weiter schwierig.

„Vielleicht, aber ich mache mir nichts aus dem Tanzen. Ich habe keine Ahnung von den Schritten. Selbst die Küchenmägde beherrschen es besser als ich.“

„Einen so schönen Körper wie den Euren kann man auch zu angenehmeren Dingen einsetzen“, sagte er, und obwohl seine Miene so unbewegt und kühl blieb wie zuvor, schien sein Blick zu glühen. Es war das Verlangen eines Mannes, der es gewohnt war, zu bekommen, was er wollte. Hitze stieg Bella in die Wangen und ihr Mund wurde trocken, während er ihre zierliche Gestalt musterte. Das Kleid brachte ihre Brüste bestens zur Geltung und schmiegte sich schmeichelnd um ihre Hüften und die schlanke Taille, die noch von keiner Schwangerschaft gezeichnet war.

Bella war keine Jungfrau. Sie war einmal verlobt gewesen, doch die Gerüchte und der Klatsch, denen eine zu gebildete Frau, die mehr von Kräutern und Tränken verstand, als gut für sie war, nun einmal nicht entgehen konnte, hatten ihren Verlobten schließlich verscheucht. Natürlich hatte er ihr zuvor aber noch die Unschuld geraubt. Seitdem hatte sie sich keinem Mann mehr hingegeben. Und sie hatte auch kein sonderlich großes Verlangen danach verspürt. Nach diesem ersten Mal, zu dem es nur ihrer mädchenhaften Neugierde und einem Gefühl wegen gekommen war, das sie irrtümlicherweise für Liebe gehalten hatte, war ihr nicht mehr danach zumute gewesen, sich einen weiteren Liebhaber zu nehmen. Bis jetzt. Sie schluckte, wusste nicht, was sie ihm antworten sollte.

„Dann kommt ein Tanz jedenfalls nicht infrage.“ Fieberhaft überlegte sie, was sie noch sagen könnte. Der Außenseiter hob eine Augenbraue.

„Vielleicht sollten wir unsere anderen Möglichkeiten ausloten?“ Er kam ihr noch näher. Wie ein Wolf, der seine Beute in die Enge trieb.

Bella fühlte, wie ihr Gesicht ein ebenso dunkles Rot annahm wie ihr Kleid. Er lachte, und es war ein echtes Lachen, kein höhnisches Grinsen.

Sie schämte sich, doch sie konnte einfach nicht anders, als sein gutes Aussehen zu bewundern.

Autor

Michelle Kelly
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